Kurzgeschichtensammlung: Neverendig Night Of Nar Shaddaa

  • Neverendig Night Of Nar Shaddaa:


    HuttSec Tellem Bog, verdammt zu überleben


    Kurzgeschichte im Star Wars (The Old Republic) Universum


    Tom Whiskey


    16.05.2015-16.10.2015


    https://www.youtube.com/watch?v=dz1iNl7Bng4


    HuttSec Squad Redlight 5-R-12 Personalliste


  • Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Ich wurde heute in einen der Subsektoren der Fleischstadt eingesetzt. Es ist nicht einmal ärgerlich, das selbst die Obdachlosen mich verachten. Ihre Achtung zu verdienen ist kein erstrebenswertes Ziel. Selbst in meiner Einheit heiße ich „aus dem Schleim gekrochen“. Aber die Huttensöhne, die mit mir Streife gehen wissen, das ich etwas wert bin. Und das alleine zählte für mich. Darauf war ich stolz.
    Jetzt bin ich nur derjenige, der überlebt hat. Ich habe Schuld, meinen meine Kameraden. Aber was anderes soll ich von Leuten erwarten, die nicht lesen oder schreiben können, oder Basic verstehen? Die meisten sind Ex-Sträflinge, Ex-Sklaven und Ex-Soldaten. Leute, die als Söldner nichts taugen und als Verbrecher zu blöd sind. Aber wir haben einen wichtigen Job, und das hatte mich mit Stolz erfüllt.
    Ich blicke zurück auf mein Leben, wenn man es so nennen kann. Aus dem Sumpf gekrochen, ja diese Huttensöhne können das sagen. Sie selbst wurden ja aus ihren weiblichen Elternteilen heraus geschleudert in diese Welt.
    Aber was hinter unseren Helmen für Gedanken kreisen, das interessiert niemanden. Das Herzen in unserer Brust schlagen, die sich nach Anerkennung, Lebensrecht und Freiheit sehnen, sieht niemand. Nur die Uniform. Das Argusauge der Hutten. Wir sind überall, wir sind der Grund und das Mittel gegen Verbrechen und manchmal auch beides. Wer von uns keine Bestechung akzeptiert, wird nicht lange überleben. Und dennoch wird keiner dieser edlen Spezies aus der halben Galaxis, die an uns vorbei flanieren ohne uns wahr zu nehmen darauf kommen, das wir das einzige sind, was hier auf dem Schmugglermond dafür sorgt, das die gesammelte Huttenscheiße von zehntausenden Jahren nicht gärt und explodiert.


    Die Schicht begann wie jede andere. Mehr oder weniger pünktlich nahmen wir von den Vap Aufstellung und erhielten unseren Kontrollsektor. Einsatzbesprechung wäre zu viel gesagt. Der Vap beschrieb die Vorkommnisse der letzten elf Stunden. Die Bandenaktivitäten wurden kurz angerissen, besondere Fahndungen kurz erklärt. Nichts, was irgendwie auf die Huttenscheiße hingedeutet hätte, in die wir gerieten.
    Blastercheck, Betäubungsschlagstock, Ausgabe der Gasgranaten... ja, die Gasgranaten waren knapp, man gab uns daher je eine Granate ohne Splittermantel. Ich habe aber gesehen, wie der Mensch Bkhonse Neyoha zwei Thermaldetonatoren einsteckte. Sein Ding, dachte ich mir. Hätte ich auch solche gehabt.


    Es war eine langweilige Schicht. Wir hatten den Nordquadrant im Rotlicht-Sektor. Wenig Geld, nur kleine Läden, da fiel kaum was für uns ab. Wir verscheuchten eine Gruppe Monkeys, die wussten angeblich nicht, das die Bluter-Gang hier das Sagen hat. Um die Mittagszeit luden wir uns in die Salva Lounge ein. Der Besitzer beschwerte sich über das Essverhalten von Bia, aber nachdem er ein paar in den Magen geboxt bekam, ging er schnell zu Boden. Unsere gute Seele Mipa Bayana strich dem in Embryonalhaltung am Boden liegenden Menschling mit ihrem Schlagstock über die Arschritze und erklärte, beim nächsten Mal wäre der Schocker geladen. Wir lachten uns kaputt über den Wicht. Er erzählte uns was von den Blutern, aber ich wies ihn höflich darauf hin, dass wir Grüße ausrichten sollten, er sei im Verzug. Das war nur eine Finte von mir, aber ich kenne diese Typen. Sein Gesichtsausdruck sagte mir, das ich richtig lag. Er verzog sich und wir setzten unsere Streife fort.
    Haben zwei Kinder aufgelesen und ordentlich verprügelt. Sie sollten sich daran erinnern, wie ihre Ärsche brannten, nicht, wie sie mit Blaulicht als Helden zurück in den Kinderhort geschafft wurden. Soweit war alles normal. Glaube zwei oder drei Schlägereien in knapp Acht Stunden. Bia hatte bei der letzten Schlägerei ordentlich mitgemischt. Er liebt es, die Bußgelder mit seinen Fäusten aus zu stellen. Er sagt, das ist Tradition bei ihm zu Hause. Wer versteht schon einen Gamorreaner? Wenn er das sagt, sage ich Rat und halte die Fresse.
    Ja, als ich dann auf meinen Komlink blickte, dachte ich noch so, das wir noch zwei Stunden durchhalten müssen, bis die Schicht um ist. Daran kann ich mich genauer erinnern als an den Rest. Den Rest.
    Es war ein Notruf von Streife Drei, die waren eigentlich in einem anderen Quadranten unterwegs. Hatten heute die Gesundheitskontrollen durch zu führen, wenn ich mich recht erinnere. Pussycontrol, sagt Bkhonse Neyoha dazu, aber der ist echt ein Arsch mit Ohren.
    Als ich meldete, das wir auf dem Weg sind, sagte der Koumolasa von Streife Drei, nur nicht die Truppe von Uueca solle kommen! Wir sollten – wegen mir- bleiben wo wir sind, sie brauchen hier echte Banbonzahag, nicht die Schleimküsser. Bu Hhonvei und Bia waren natürlich sofort vor gelaufen. Wir würden erst einmal unsere Kollegen verdreschen und ihnen dann helfen. Wenn sie es überlebten. Na, so wie immer halt. Auf mich ließen sie nichts kommen. Das ich ein Evocii war, darüber machten sie andauernd Witze. Aber sobald ein Passant oder Kollege was wegen meiner Herkunft sagte, waren sie schneller am Totschläger und Knüppel als ich HuttSec sagen kann.
    Ich vermisse sie.
    Es dauerte eine Weile, und wir starrten zu zweit auf die Ebenenpläne, Mipa Bayana und ich. Wir mussten öfter die Straßenzüge wechseln, dass Bu Hhonvei witzelte, wir hätten uns mal so Raketenrucksäcke besorgen sollen. Bia wollte einen Frachtgleiter requirieren, aber der hatte einen Aufkleber von
    Firma Taerab drauf, und das bedeutete meist Imperiale. Mit denen wollten wir uns nicht anlegen, waren schon so 11 Minuten unterwegs und sollten mit dem nächsten Turbolift runter zu unseren Kollegen kommen. Falls dieser funktionierte. Immerhin hatten wir bereits 5 Minuten Umweg hinter uns. Aber diesmal lief alles glatt. Es lief sogar so komische Musik im Lift, das unsere Menschenfrau schon drauf und dran war, die Lautsprecher mit ihrer Scattergun aus zu blasen. Ich riet ihr erfolgreich davon ab, der Lärm hätte uns alle Taub gemacht. Besser als das Gesäusel, meinte sie.
    War glaube ich das letzte, was sie in ihrem Leben gesagt hatte. Ihr richtiger Name war natürlich nicht „Zuckerpopo“, sondern Jen oder Jenna Doran. Hatte zwei Kinder und eine alte Mutter, die sie mit ihrem Gehalt bei der HuttSec versorgte. Vermutlich sind die beiden jetzt schon im Kinderhort im Corellianischen Sektor, ich will es gar nicht wissen. Ich will die ganze Sache vergessen. Aber es ist unfair. Unfair gegenüber meinen Kameraden. Der Familie, die mich als Lebewesen akzeptierte, obwohl ich nur ein Evocii bin.


    Der Typ war ein Rattataki oder kahlköpfiger Mensch. Seine teigige, Graue Haut konnte ich nicht einordnen. Erinnerte mich an die Leiche von Vorgestern, die mindestens Drei Tage gelegen hatte und inzwischen schon wieder weich war. Die Lifttüren öffneten sich und der Kerl kam herein gestolpert und warf sich auf Mipa Bayana, umklammerte sie und biss ihr in den Hals. Bia ist schnell. Bei seiner Größe und Körperfülle mögen ihn manche unterschätzen. Er spricht Drei Sprachen fließend und abgesehen von seinem Essverhalten ist er ein reinliches, nettes Wesen mit blöden Witzen und unheimlichem Aggressionspotential. Bu Hhonvei hatte mal gewitzelt, dass Bia vermutlich von einem Psychiater geraten wurde, entweder an einem Anti-Stress-Training teil zu nehmen oder zur HuttSec zu gehen. Bia hatte nur gegrunzt und erklärt, dass er unter ADHS leide, und die Wahl lag eher zwischen Psychopharmaka und der HuttSec. Ich weiß zwar nicht, was die Abkürzung bedeutet, aber zu jeder passenden oder unpassenden Zeit, immer wenn es um eine Rechtfertigung oder Begründung geht, sagte Bu Hhonvei „Adhs“, und Bia grunzt jedes mal, egal wie ernst die Lage ist.
    Bia hatte seine Pranken auf den Angreifer gelegt, als ich an dem Blaster in meinem Holster fummelte. Wie eine Strohpuppe riss er ihn von Mipa Bayana, schleuderte ihn raus auf den Korridor vor dem Lift. Dort waren noch zwei weitere Gestalten zu erkennen. Das Licht war sehr diffus. Dort unten arbeitet nur Wartungspersonal, es war so etwas wie Notbeleuchtung eingeschaltet. Die Luft roch nach einer Mischung aus Moder und Scheiße. Modernde Scheiße. Sieht so das Innere eines Huttenschwanzes aus? Wir kamen selten so nahe an die Bodenebene, das Leben spielt sich hunderte Meter über uns ab. Ich verstehe heute noch nicht, wie bei dem Arsch eines Hutten Streife Drei so tief in die Eingeweide von Nar Shaddaa vorgedrungen ist. Während ich hinter Bia auf den Korridor stürmte, kümmerte sich Bu Hhonvei um die Verletzte. Ich schrie den Typen was zu, vermutlich, dass sie die Hände und Extremitäten heben sollten. Humanoide, drei Stück. Nummer eins versuchte sich gerade vom Boden zu erheben, als Bia ihn mit seinen übergroßen Kampfstiefel an der Stirn erwischte. Ich glaube sogar, ich hörte ein Knacken. Bia zog daraufhin seinen Schlagstock, um den Kerl zu betäuben. Auch wenn er Spaß an Gewalt hat, er hatte in den zwei Jahren, die ich mit ihm auf Streife lief, noch nicht einen getötet.
    Die beiden anderen Gestalten kamen näher. Bhkonse Neyoha trat an meine Seite und schoss mit seinem kurz läufigen Blastergewehr auf die weibliche Person zu unserer rechten. Blaue Lichtblitze umhüllten sie, aber sie fiel nicht betäubt zu Boden. Nach dem zweiten oder dritten Schuss fiel sie hart auf ihre Knie, das ich wirklich ein Knacken hörte, aber mein Kollege feuerte insgesamt Fünf mal auf den am Boden zuckenden Körper. Ich war wie betäubt, wollte sagen, das es das nicht gibt. Ich hielt meine Fresse. Keine Ahnung, was mir alles im Kopf herum ging. In der Zwischenzeit hatte sich der Dritte genähert, eindeutig ein Mensch, aber mit blinden Augen. Ich hatte inzwischen zweimal auf diesen gefeuert, aber die Betäubungsschüsse zeigte auch bei diesem keine Wirkung. Während also die Frau zu Boden ging, schaltete ich auf Partikelstrahlung und schoss dem Typen in den Oberschenkel. Der Blasterschuss erwischte ihn, das musste höllisch schmerzen. Der ekelhafte Gestank wurde um verkohltes Fleisch und brennende Härchen bereichert und stechend in der Nase. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Bia immer und immer wieder mit funkenden Entladungen auf den ersten Angreifer einschlug und wie Bkhonse Neyoha an meiner Seite mit seinem Blaster jetzt Betäubungsstrahlen auf meinen Gegner schoss. Der Typ vor mir ging einfach weiter auf uns zu. Alles lief wie in Zeitlupe ab. Ich hatte seinen Oberschenkel getroffen, er machte einen weiteren Schritt. Blaue Energieentladungen umhüllten ihn, er machte den nächsten Schritt. Ich schoss ihm in die Kniescheibe, und sein Gelenk explodierte unter der harten Energiestrahlung des Blasterbolzen. Er fiel zu Boden. Dann begann er auf uns zu zu robben. Ich sah links neben ihm die Frau, die sich gerade auf die Füße erhob. Ich schoss ihr in die Schulter. Sie stand auf und bewegte sich auf uns zu. Von rechts kam Bia an gewalzt, und er trat dem dritten Angreifer in die Niere, das er über den Boden zur Seite rollte.
    Bkhonse Neyoha feuerte jetzt vollautomatisch Betäubungsstrahlen auf die Frau, die wieder zusammen sackte. Der dritte Mann hatte sich wieder auf den Bauch gerollt und kroch auf uns zu. Bia stand neben ihm und versetzte ihm mit dem Schlagstock einen in den Nacken. Ein bläulicher Funken blitze auf, als die Schockladung ausgelöst wurde. Es war uns verboten, auf solche Stellen zu schlagen, denn sie konnten bei den meisten Spezies bleibende Gehirnschäden oder Lähmungen verursachen. Allerdings reichte die Wucht des Schlages bereits aus, den Schädel von der Wirbelsäule zu trennen. Es war ein ekeliges, dumpfes Geräusch, das wegen dem ganzen Schießen kaum heraus zu hören war. Jemand griff mich am linken Oberarm, ich starrte in die Schlägervisage unseres Menschen. Bkhonse Neyoha starrte mich mit irren Augen an. Ich fragte, was los sei. Er sagte mit Panik in der Stimme, das sein Energieclip leer sei. Ich fauchte zurück, er solle nachladen. Da nickte er nur und fummelte mit zittrigen Händen an seinem Blastergewehr. Ich blicke mich um und sah, wie sich die Frau fast erhoben hatte, als Bia sie an einem Arm zog, einmal um die eigene Achse wirbelte und sie mit dem Kopf voran gegen einen Plastbetonpfeiler schleuderte. Ich blicke nach rechts und sah, wie sich unser erster Gegner mit grotesk verrenktem und eingedelltem Kopf erhoben hatte und mit ausgestreckten Armen auf uns zu humpelte. Ich verpasste ihm drei Schüsse in den Brustkorb. Ich hatte wohl die Wirbelsäule getroffen, denn sein Oberkörper schrumpfe irgendwie zusammen, und jetzt wackelte mit jedem Schritt der obere Teil seines Brustkorps unnatürlich hin und her. Es ist so unwirklich, das ich diesen Anblick wohl nie mehr vergessen kann. Als Kind in meinem Dorf hatten wir einen Puppenspieler. Mit Holzstöcken und Stoffresten hatte er Puppen gebastelt und deren Glieder mit Fäden verbunden. An diesen Fäden zog der Puppenspieler, das ich als Kind glaubte, er würde die Puppen zum Leben erwecken. Aber diese Leute hier hatten keine Fäden. Und sie bestanden aus Fleisch und Knochen.


    Das war der Beginn einer Horror Show.


    Und ich war mitten drin.

  • Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Wir alle waren sehr schweigsam. Nicht so wie üblich, sondern alle in uns zurück gezogen und verschlossen. Ich dachte nur an die Kollegen von Streife Drei. Ich klammerte mich daran fest, versuchte alles andere aus zu blenden. Es waren siffige Korridore, schlecht beleuchtet, jeder verdammte Schatten groß genug, ein weiteres dieser verdammten Kreaturen darin zu verstecken. Wir waren über Komlink gewarnt worden, als der Leichnam unserer Kollegin auskühlte und unsere drei Gegner endlich nicht mehr zuckten. Man sprach von Rakghoul Seuche. Wir wussten es besser. Deshalb waren wir weiter auf dem Weg zur Streife Drei. Es ging nicht um eine verdammte Seuche, das ist unmöglich. Ich habe in meinem Beruf bei der HuttSec viele Amokläufer gesehen. Auf Droge, geistig verwirrt oder was sonst noch die Ursachen waren. Wenn man sie mit Betäubungsstrahlen beschoss, wurden sie früher oder später bewusstlos. Klar, Rüstung und Energieschilde konnten den Effekt verzögern oder vermeiden. Aber egal welche Substanzen der Dreckschädel gefressen hatte, er fiel um und war betäubt. Unsere drei Gegner waren immer nur so lange liegen geblieben, wie die verkrampften Muskeln eine Bewegung unmöglich machten. An der Stelle währen andere, die ich gesehen habe, bereits tot gewesen. Schock steife Körper habe ich schon gesehen, wenn ein übereifriger Kollege im Eifer eines Gefechtes vergessen hatte, seine Betäubungssalven zu streuen und ein Gegner versehentlich dutzende von Energieentladungen gleichzeitig kassierte. Huttenscheiß passiert, sagen wir immer. Oder Adhs. Ich kann kaum glauben, das ich noch sarkastisch sein kann nach all dem Grauen.
    Nichts, aber auch gar nichts ereignete sich. Und wir alle bewegten uns quasi in Zeitlupe, und das über mehr als zwei Kilometer. Nicht ein weiteres Lebewesen, von ein paar Insekten und Nagetieren abgesehen. Alle diese düsteren Schatten waren ohne weitere Gefahr. Wir waren spätestens da vollkommen fertig, als wir endlich die Position von Streife Drei erreichten.
    Ich zitterte und Schwitzte. Meine Knie waren weich, als ich das Jaulen eines Blasterschusses hörte und zeitgleich ein gelber Plasmastreifen entgegen kam und so nah an meinem Kopf vorbei flog, das ich die Hitze spüren konnte. Ich duckte mich- natürlich zu spät, wie sollte man auch einem Blasterschuss ausweichen können. Aber zumindest sauste ein weiterer Blasterbolzen weit über und neben mir vorbei. Ich hörte von vorne Rufe. Bia antwortete, das hier die huttenbeschissene HuttSec wäre und er sie zerreißen würde, wenn noch ein Schuss abgegeben würde. Er war einfach immer Derjenige gewesen, der sich am schnellsten bewegten und den kühlsten Kopf bewahrte. Armer Bia. Einen Gamorreaner seines Schlages habe ich nie kennen gelernt. Ignoranten glauben, wegen dem feisten Gesicht, der breiten Nase und den tief in den Augenhöhlen liegenden kleinen Äuglein wäre dieses Kriegervolk dumm und behäbig. Sie kannten keinen Bia. Und ich trauere um ihn, unseren Kollegen mit den unappetitlichen Essgewohnheiten. Ohne ihn währen wir nicht so weit gekommen. Er hatte die Lage erkannt und uns befohlen, die Leichen der Gegner zu zerstückeln. Ich, sein Vorgesetzter, wäre nie auf den Einfall gekommen. Ich hätte weiter meine Energieclips leer geschossen und mir stumm die Frage „warum sterben sie nicht einfach“ gestellt. Ich habe ihn einmal von zu Hause abgeholt. Zu meiner Schande weiß ich bis heute nicht, ob er zwei Ehefrauen hatte oder eine Ehefrau und eine erwachsene Tochter. Zumindest hat er ein kleines Kind, das mir nur bis zur Brust gereichte. Ein Junge mit einem forschen Blick, triefender Schweinsnase und überraschten klugen Fragen, auch wenn ich ihn auf höchstens Acht Standartjahre einschätze. Dachte noch, er ist seinem Vater aber sehr ähnlich. Daran möchte ich mich erinnern, nicht an das, was heute geschehen ist.


    Streife Drei stellte den Beschuss auf uns ein. Wir näherten uns vorsichtig, bis wir in ihre verängstigten und glasigen Augen sehen konnten. Der Mensch entschuldigte sich. Sagte, das er nach dem ersten Schuss hätte aufhören sollen. Ich fragte, warum erst nach dem ersten. Er blickte mich mit einem sonderbaren leeren Ausdruck an und spuckte auf den Boden, bevor er erklärte, das „Sie“ sich nicht ducken. Ich wollte ihm in die Visage schlagen, aber sein Gesichtsausdruck war so bar jeder Gefühlsregung, das ich irgendwie Mitleid bekam mit dem Huttenarsch, der mich eben noch erschießen wollte. Die Lage war recht einfach. Streife Drei war in einen Hinterhalt geraten, hatte Hilfe gerufen und sich hier verschanzt. Wir waren die ersten, die zu ihnen gekommen waren. Da zwischenzeitlich die Meldungen über eine Rakghoulseuche über unsere Komlink lief, vermutete ich, das weitere Hilfe sich zurück gezogen hatte. Vielleicht war ein Trupp Droiden unterwegs, wir hatten lauter Störungen im Komlink. Jeder verdammte Hacker versuchte wohl, die Sendungen der HuttSec mit zu hören. Ich blickte auf die verbrannten und in Fetzen geschossenen Leichenteile. Im Hinterkopf dachte ich kurz an die Rakghoul Habe keine große Ahnung davon. Waren letztes Jahr auf Tatooine gewesen, und mehrmals auf Alderaan, wenn ich mich nicht irre. Alderaan ist irgendwo am Arsch der Galaxis, keine Ahnung wo genau. Tatooine ist ebenfalls weit, weit entfernt am Rande der Galaxis. Was ein Rakghoul ist, hat man uns letztes Jahr mal erklärt. So genau habe ich das nicht mehr im Kopf. Über verdammte Epidemien und Seuchen bekommen wir ständig Memos. Nar Shaddaa ist in etwa so keimfrei wie ein eiterndes Geschwür. In der Regel nichts, über das man sich Sorgen machen muss. Mir fällt wieder ein, wie es auf der Müllhalde war, die ich mein Heim nannte bis ich zwölf wurde. Vielleicht bin ich gegen viele Krankheiten immun.
    Das hier waren keine Rakghoul, dachte ich erneut, als mein Blick fassungslos über die stinkenden Fetzen schweifte. Ich fragte, wer der Bahzanh der Streife sei. Der Mensch nannte den Namen von Nestor Solomon. Mir kam schon wieder die Galle hoch, aber ich hatte ausgiebig am Lift gekotzt, als wir die Gegner zerstückelt hatten und wir Zeit hatten zu bemerken, dass unsere Kollegin wegen dem Blutverlust gestorben war.
    Ihr fehlte ein ansehnliches Stück aus dem Hals, das man Teile der Luftröhre in dem Blutigen etwas sehen konnte. Mir wird übel, wenn ich an den Anblick denke. Vielleicht kann ich diese Bilder nicht mehr aus meinem Kopf verbannen, aber ich schreibe weiter und versuche jedes Detail zu schildern. Vielleicht verschwindet das Grauen dann und nistet sich in meinen Aufzeichnungen ein.


    Solomon ist ein Mensch, was soll ich noch dazu sagen? Wie alle Menschen ist er ein Huttenarsch zwischen zwei Ohren. Arrogant, egozentrisch, selbst überschätzend. Sie haben also die besten Eigenschaften der Hutten und sind daher vermutlich so erfolgreich in der Galaxis verbreitet. Verschanzt hatten sie sich hier in einem Wohnblock, den ich nun mit Bu Hhonvei betrat. Der scharfe Geruch von Killersticks kitzelte meine Nüstern. Ich war am Rande überrascht, das hier unten überhaupt etwas anderes als Wartungsebenen existierten, aber irgendwann, vor tausenden Jahren war das hier mal die oberste Etage von Nar Shaddaa gewesen. Bis zum Grund des Mondes waren es höchstens Dreißig Meter, und entsprechend alt waren die Strukturen. Baustil war mir völlig unbekannt. Ich glaube, die Eingangstüren waren schmaler und kürzer als üblich. Da ich als Evocii eh im unteren Durchschnitt der humanoiden Spezies rangiere, nahm ich das alles eher so beiläufig wahr. Der frische Duft ordentlich funktionierender Luftaustauscher war allerdings selbst in den meisten Bereichen, in denen ich Streife ging ungewohnt. Eine Blutspur zog sich über eine Wand, ich konnte einen Handabdruck darin sehen. Eine Blutverschmierte Hand hatte die Wand entlang gestrichen. Es sah ansonsten so sauber aus, das ich irgendwie dachte, ich würde ein einem Traum wandeln. Wir passierten einen weiteren Posten, ein Mensch, der auf seinem Helm hockte und mit glasigen Augen unser Näherkommen misstrauisch beäugte. Er trug unsere Uniform, war vermutlich ein Jüngling und hatte nur einen Streifen dunkles Haar auf dem Kopf. Sein Blastergewehr hielt er wie ein Baby im Arm. Ich fragte ihn, wie es ihm geht, aber er starrte durch uns hindurch. Da draußen meine beiden Leute Wache hielten, ignorierte ich ihn und ging rechter Hand an ihm vorbei in einen Raum. Solomon begrüßte mich. Er verbreitete mit seinem Killerstick den Geruch, den ich zuvor bemerkt hatte. Er grinste über beide Ohren und Grinsende Menschen sehen ja bekanntlicher Maßen noch hässlicher aus, als wenn sie einfach die Fresse halten. Er fragte mich, was uns in sein bescheidenes „Domizil“ führte. Er hielt sich vermutlich für besonders mutig oder mit dicken Eiern behangen. Da sind ja die meisten Spezies gleich. Wenn du Angst hast, mach einen auf dicke Hose und spiele den Herrn über Zeit und Welt. Ja, ja. Ich nickte ihm zu und erwähnte den gequälten Hilferuf seiner Streife. Ich dachte, die Spitze würde er eh nicht verstehen, aber er stand breitbeinig von dem Drehstuhl auf und rollte mit den Schultern, als er von oben herab erklärte, er habe doch ausdrücklich gesagt, das ich mit meinem Pack nicht kommen solle. Da musste ich ihm eine in die Fresse schlagen. Das wusste er und irgendwie schaffte ich es sogar ihn zu treffen, als er versuchte, zur Seite aus zu weichen. Da er knapp zwei Köpfe größer war, erwischte ich ihn rechts seitlich am Kinn mit einem Aufwärtshaken. Er plumpste in seinen Drehstuhl zurück und machte einen benommenen Eindruck. Aber das täuschte, denn nach zweimaligem Blinzeln war ein Mordsausdruck in seiner Menschenvisage. Neben mir sah ich aus den Augenwinkeln den Lauf eines Blasters. Mein Rattataki zielte auf ihn und er sagte Solomon, wir hätten uns jetzt genug begrüßt, er wolle wissen, was hier überhaupt los ist. Klar, das war das wichtigste, aber wir alle wussten, als Bahzanh meiner Streife war der Schlag wichtiger gewesen. Was für ein verdammter Huttenscheiß! Aber das Leben geht weiter, und wo bleiben wir ohne unsere Ehre? Ich hätte meinen Streifen zurückgeben können, aber das hätte bedeutet, das ich nicht nur Evocii, sondern Ex-Bahzanh und Feigling gewesen wäre. Früher oder später hätte mich der kleinste Beamte so lange gemoppt, bis ich oder jemand anders tot im Dreck gelegen hätte. Das sind die verdammten Spiele, die ich – die wir spielen müssen, wenn wir hier in dieser Welt unseren Platz einfordern. Ich hasste es. Aber das Leben in meinem Dorf hasse ich noch viel mehr. Vielleicht sollte ich doch zurück gehen. Dort gibt es keine Toten, die versuchen, einen auf zu fressen.
    Der Grund für die gereinigte Luft wurde durch Solomons knappe Erklärung und einiger Kombination deutlich. Ich durchsuchte die weiteren Räume. Ein Schlachterhaus. Ich war vor drei Jahren das erste mal in einem Schlachterhaus gewesen. In Erinnerung geblieben ist mir vor allem das süffisante Lächeln des Schlachters. Sein erhabener Blick, sein gnädiges Lächeln. Ein Kerl, der weiß, wir dürfen ihn nicht anrühren, denn er steht über unseren Gesetzen. Ich hasste diese Leute. Aber ich habe im Laufe der Jahre gelernt, das so ziemlich alles über einem Evocii steht, und eine gewisse Gelassenheit entwickelt. Das hier war ähnlich wie damals. Ich fuhr mit den Fingern über die Wand. Mit rotem Samt bespannt, es fühlte sich so weich und warm an. Elegante Beleuchtung in satten, gelblichen Tönen. In der Luft lag der feine Geruch von Pisse und verwesendem Fleisch. Ja, Käfige, aber leer. Nicht ganz. Eine Frau, vermutlich menschlich, hockte in einem offenen Käfig. Sie war mit einer grauen Decke verhüllt. Unter der Decke lugten ihre bloßen Füße hervor, sodass ich mit Abscheu vermutete, die Frau wäre unbekleidet. In ihrem Blick lag eine Unsicherheit, aber keine Angst. Solomon legte mir eine Pranke auf die Schulter und sagte, das ginge mich nichts an. Ich solle mir mal das „Kunstwerk“ ansehen.
    Im nächsten Raum war ein unbestimmter Duft von Schweiß, Fäkalien und Desinfektionsmitteln. An den Wänden waren Rahmen aufgehängt, die mit Leder oder Haut bespannt waren. Sahen eher wie von Hobbygerbern aus, hatte in meinem Dorf professionellere arbeiten gesehen. Mich beschlich allerdings das Gefühl, das diese Haut nicht von erlegten Tieren stammte. Es roch auch nicht nach Tieren, sondern nach Menschen und Twi'lek
    Was die Galaxis immer um die Twi'lek für ein Brimborium veranstaltet, kann ich nicht verstehen. Wenn mein Volk als Sklavenrasse die unterste Preisklasse bildet, sind Twi'lek wohl so ziemlich an der Spitze. Warum? Weshalb überhaupt dieses Vorrecht, ein denkendes Wesen besitzen zu müssen? Das ist wie legale Form der Vergewaltigung. Ein Gefangener, lebenslänglich, mit dem der „Master“ verdammt noch einmal alles anstellen kann. Fast alles. Die Hutten, unsere verehrten Herren und Arbeitgeber hatten eine Jahrtausende lange Tradition der Sklavenhaltung kultiviert. Sklaven mit Sklavenrechten. Zum Schutz des Individuums und zur Erhaltung des Wertes. Eigentlich nur zur Werterhaltung. Wer mehr will als „anständig“ seinen Sklaven zu misshandeln, der zieht sich zurück und „vergnügt“ sich mit seinem „beweglichen Besitz“. Zum Beispiel in ein elegant ausgestattetes Etablissement unter dem geschäftigen Treiben des Rotlicht-Sektor. Mir wird noch übel bei dem Gedanken an die Grauen. Wer war hier die ekelhaftere Bestie? Diese Hardliner, die sich an Verstümmeln und Vergewaltigen ergötzen oder die gehirnlosen Marionetten, die man erst zerfetzen muss, bevor sie von einem Ablassen. Ich denke mit einem Schaudern daran, das beide in meiner Skala verdammt weit oben rangieren. Aber ich bin HuttSec. Ich weiß, es gibt immer eine Steigerung, auch wenn ich sie noch nicht kenne. Schlimmer geht immer, und mir bricht der kalte Schweiß aus wenn ich mir vorstelle, das all das, was ich Heute erlebt habe, noch nicht das schlimmste ist, was existiert.


    Es war abscheulich. Aber ich schluckte die saure Galle herunter und machte ein Pazaak-Gesicht. Festgeschnallt auf einer Liege rüttelte und wackelte eine Kreatur. Ich dachte zunächst, es wäre einfach nur ein misshandelter Twi'lek Arme und Beine waren an Ellenbogen und Knien amputiert. Ebenso die Lekkus. Mir wurde im Spezieslehrgang bei gebracht, das Lekkus Teil des Gehirns sind. So ganz bekomme ich das nicht mehr zusammen. Das wichtigste wusste ich noch: Nicht an den Tentakeln ziehen oder sie quetschen, nicht mit geladenen Schockstöcken schlagen. Aus Erfahrung wusste ich, das sie doch einiges vertrugen. Es hatte etwa den gleichen Effekt, als wenn ich so einen Menschen bei den Eiern packe, wenn ich grob einen Lekku greife und zudrücke. Sehr nützlich, um noch halbwegs geistig klare Twi'lek ein zu schüchtern. War auch schon mal einer Amok gelaufen, hatte mir den Kiefer gebrochen. Aber wir von der HuttSec schüchtern immer zuerst ein, bevor wir wirklich zuschlagen. Wir sind immerhin Ordnungsbeamte, keine verdammten Schlägertrupps irgendwelcher Banden. Klar, manchmal erkenne ich Freund und Feind nur an unseren Uniformen. Der neben mir süffisant grinsende Solomon trug allerdings die gleiche Uniform wie ich- und das machte ihn noch lange nicht zu einem Kollegen. Ich blickte zurück zu dem misshandelten Mann. Erkannte, das die Amputationen nicht das einzige waren. Ich sah zahlreiche Wunden. Halbmondförmig. Er war von mehr oder weniger stumpfen Zahnreihen gebissen worden. Er geiferte und blickte mit irren Augen zu uns, als wolle er den Hals recken und nach uns schnappen.
    Solomon meinte mit einem lockeren Tonfall, das dieser Sklave wohl von mehreren der Ghoulen gebissen worden war. Er habe sich verwandelt, erklärte er mit hochgezogenen Brauen. Ich erkannte in seiner hässlichen Menschenvisage mit der großen langen Nase und der hohen Stirn, das er wohl nicht so kalt war, wie seine Stimmlage das vermitteln sollte. Ich kämpfte gegen die Übelkeit und fragte, was da auf dem zweiten Tisch unter der Plane zuckte. Solomon blickte mich sauer an. Was hatte ich denn falsches gesagt, frage ich mich, aber es wäre dumm gewesen, so eine Frage diesem Huttensohn zu stellen. Ich ging daher einfach hinüber und zog mit einem Ruck die Plane ein Stück herunter.
    Zweifelsohne war er ein Mensch. Die primitiven, affenartigen Gesichtszüge, die Stirn hoch, die große Nase, alles ganz hübsch hässlich. Aber sein halbes Gesicht war weggefressen, das linke Ohr auch. Und er trug zweifelsohne eine Rüstung der HuttSec. Ich vermute sogar, das ich ihn keine zehn Stunden früher in unserer Zentrale gesehen hatte. Vielleicht sogar öfter. Die Menschen sehen alle gleich für mich aus, wenigstens hat diese Spezies ein breites Spektrum von Hautfärbungen von blassrosa über Gelblich und Oliv zu dunkelbraun. Das erleichtert mir, neben ihrer Gesichtsbehaarung natürlich, die Unterscheidungen. Ein Kollege also. Aber er hatte die gleichen gierigen Augen wie der misshandelte Twi'lek. Die Sache wurde immer schlimmer. Die Sache wurde ansteckend. So langsam verstand ich, warum man dachte, diese Kreaturen währen Rakghoul Ich wandte mich Solomon zu, der sich einen neuen Killerstick angezündet hatte und dem blauhäutigen Twi'lek ins Gesicht spuckte, seinen geöffneten Rachen traf. Ich hätte beinahe gekotzt über diese abscheuliche Handlung. Was konnte denn der Sklave dafür, das irgendein reiches Wesen Spaß daran hatte, seine Sklaven zu verstümmeln? Ich fragte, ob das da absichtlich geschehen wäre. Solomon zuckte einfach die Schultern, weil es ihm wohl egal war. Es war für ihn kein Lebewesen, nur ein Sklave, ein Infizierter dazu. Das wäre passiert, bevor sie eingetroffen waren, sagte er schließlich. Ich fragte ihn, wo der Boss dieser... Einrichtung seie. Solomon drehte den Kopf und nickte zur Eingangstür. Er läge bei den anderen. Er meinte wohl die Leichenteile vor dem Eingang. Ich blickte an ihm herab und sah die rotbraunen Flecken getrockneten Blutes an seiner Uniform und vor allem den Stiefeln. Der Boden hier war gefliest, aber Blut und Fleischstücke verschmierten den Boden. Es würde keine Hilfe kommen, sagte Solomon jetzt. Ich nickte.
    Er zuckte mit den Schultern und sah mich verächtlich an. Wir hätten wieder verschwinden sollen, als die Meldung über Rakghoul durchgegeben worden war, erklärte er abfällig. Als wenn wir Kollegen im Stich lassen würden. Wer kommt den der HuttSec zur Hilfe, wenn nicht die HuttSec? Ich sagte nichts, er verdiente keine Antwort. Einen Dank erwartete ich nicht, schon gar nicht von dem Huttensohn Solomon. Ich ließ ihn stehen und ging wieder raus, mein Mann folgte mir tonlos. Es hatte unserem Rattataki die Sprache verschlagen. Mir war nicht nach Reden zumute.


    Bkhonse Neyoha war aufgeregt. Er zeigte mir einen Gleiter, der keine dreihundert Meter weiter auf dem Boden lag. Ich meinte einen Rauchfaden zu sehen. Einer der Kollegen von Drei erklärte, das wäre der Airspeeder von Ken'kal Nik. Ich fragte nach, wer das seie. Der Mann antwortete nicht, sag mich nur abfällig an. Bia klopfte ihm auf die Schulter und ließ seine olivfarbene Pranke dann schwer auf der Schulter ruhen. Sein Bahzanh habe etwas gefragt, erklärte er mit seinem akzentfreiem Basic. Der Typ zuckte unter jeder Silbe zusammen und antwortete mir sofort, das Nik dieses Schlachthaus gehöre. Er habe Solomon angerufen wegen einer Gang, die ihn bedrohe. Ich nickte. Privater Schutzauftrag, Extrakredite für die Jungs von Solomon. Konnte ja keiner ahnen, das hier kannibalische Marionetten herumgeistern. Hätte ich so einen Gönner und einen Anruf von ihm bekommen, ich wäre wie Solomon mit meinen Kollegen hier auch in den Hinterhalt gekommen. Aber so war es eben nicht. Solomon hatte den Privatauftrag angenommen und dann um Hilfe gefunkt, als die Huttenscheiße bereits in Flammen stand. Er war dafür verantwortlich, das wir ihm zur Hilfe kamen. Er trägt die Schuld an dem Tod meiner Kollegin. So dachte ich und wurde immer wütender. Ja selbst jetzt, wo alle anderen Kameraden Tod sind, gebe ich dem Huttensohn zumindest eine Teilschuld. Aber alleine ihn verantwortlich zu machen, das ist mir jetzt nicht mehr möglich. Meine Leute hätten vielleicht überlebt, wenn ich sie nicht weiter gedrängt hätte. Wir hätten mit dem Lift wieder hoch fahren können. Als die Nachricht über Rakghoul durch die Komlink kam, hätten wir den weg wieder zurück gehen können. Aber nein, ich wollte den Tod von Mipa Bayana nicht sinnlos machen, indem ich den Schwanz ein kniff und die Flucht ergriff. Drei Typen auf Kamikaze-Droge allein sind kein Grund, die offensichtlich in Gefahr schwebende Streife Drei ihrem Schicksal zu überlassen. Das dachte ich damals. Vielleicht hätte ich meine Streife umkehren lassen, hätte ich gewusst, das Solomon die Streife Drei anführt.


    Ich kann mir nichts vor machen. Meine Kollegen haben recht. Ich trage nicht nur die Last des einzigen Überlebenden, ich selbst habe das Blut meiner Leute an den Fingern.


    Aber, wie hätte ich das alles nur vorhersehen können?

  • Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Verlockend sah der abgestürzte Gleiter aus. Keine dreihundert Meter entfernt. Vielleicht flugtüchtig. Wir sollten das vergessen, riet der müde Kollege von Streife Drei. Der Besitzer dieser Einrichtung musste zuerst eine Nachricht an Solomon gesendet haben und danach einen Fluchtversuch unternommen haben. Die Marionetten hatten ihn irgendwie erwischt und infiziert. Als Streife Drei an kam, wurden sie beinahe überrannt. Sie setzten einen Hilferuf ab. Schließlich hatte Solomon Zeit, sich mit der Zentrale in Verbindung zu setzen. Die dachten sofort an die Rakghoulseuche und sperrten den Sektor. Isolation. Und wir mitten drin... oder besser ganz tief unten in der Huttenscheiße. Die Komlink waren noch immer gestört. Der Störsender musste sich in unserer Nähe befinden, es kamen nicht einmal Pixel oder Rauschgeräusche an. Ich setzte das meinen Leuten ganz ruhig auseinander. Bu Hhonvei hatte sich das schon zusammen gereimt, der Rattataki blieb stumm. Bkhonse Neyoha sah mich mit diesen Wasserblauen Augen an und machte eklige Schniefgeräusche. Er war am Rande eines Nervenzugsamenbruches. Aber wer war das nicht? Vermutlich Solomon, der Huttensohn. Hatte sich bestimmt ne Dosis Kamikaze-Stim gespritzt und rauchte in aller Ruhe seine Killersticks. Bia blieb auch ruhig. Zumindest oberflächlich. Doch die tief unter den wulstigen Augenbrauen liegenden Augen blickten gehetzt umher. Auch unseren Berg ließ das alles nicht kalt. Das half mir. Nicht, weil wir alle die Hosen voll hatten, sondern weil irgendetwas in meinem Evocii-Schädel sagte, ich müsse mich jetzt zusammen reißen, um meine Kollegen hier heil raus zu bekommen. Wie sagt man? Die Hoffnung stirbt zuletzt? Ich habe mich daran festgekrallt wie ein wahnsinniger, aber am Ende ist nicht die Hoffnung, sondern alle Anderen sind gestorben.


    Zunächst fing alles vielversprechend an. Solomon war heraus gekommen und hatte seinen Kollegen mitgeschleppt. Wir waren jetzt sieben. Wir hätten zwei Optionen, sagte Solomon. Verschanzen oder der Gleiter. Ich fragte nach dem Aufzug. Immerhin waren wir unbehelligt bis hierher vorgestoßen.
    Der Huttensohn winkte ab. Das wäre vor dem Notstand wegen dem Seuchenalarm gewesen. Er hatte nicht unrecht. Wir waren alle keine Hacker, und im Liftschacht nach oben klettern... ja, wir wussten nicht, ob so etwas möglich war. Ich fragte, und nur zwei antworteten. Beide waren der Meinung, es ginge nicht. Solomon lachte nur. Ich wurde nicht einmal wütend. Ausharren, meinte Bia entschieden und erklärte uns, das Seuchenkommandos sicher schon auf dem Weg währen. Würden wir lange genug die Position halten, die ja auch der Zentrale bekannt war, würde ein Kommando uns früher oder später finden.
    Solomon lobte gönnerhaft Bia, der zu Solomons Glück eine gute Selbstbeherrschung hatte. Bia schüttelte nur den Kopf und fragte, ob ich das auch röche. Ein süßliche Gestank frischen Urins wehte aus dem Eingang zu uns herüber. Ich glaubte ein Keuchen oder Wimmern zu hören. Bia war wieder schneller und bereits unterwegs. Ich folgte seinen riesigen Quadratlatschen auf dem Fuße. Da er ungefähr dreimal so massig und anderthalb mal so groß war wie ich, konnte ich nur seinem fetten Hintern folgen und im Notfall durch seine Beine nach vorne springen. Warum mir so eine wahnsinnige Idee damals durch den Kopf schoss, ich weiß es nicht. Es ging alles schnell, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie wir in den gekachelten Behandlungsraum gekommen sind. Das was folgte, daran erinnere ich mich in jeder Einzelheit.


    Zuerst roch ich die metallische Note frischen Blutes. Meine Haare stellten sich auf, als meine Nüstern sich forsch blähten. Angstschweiß von einer Menschenfrau. Ein anderer Duft, den ich nicht einzuordnen wusste. Und frischer Urin, nur ein Hauch eines Gestankes.
    Es war das schmatzende Geräusch, das mich aufschrecken ließ, meinen Blaster entsicherte ich ohne ihn an zu schauen, fühlte den Hebel über dem Abzug. Ich spürte das mehrmalige Einrasten, drückte ihn mit der Innenseite des Daumens auf unterste Einstellung. Vollautomatisch und tödlich. Etwas anderes wäre ja nach unseren jüngsten Erfahrungen Podoo gewesen.
    Meine Augen erkannten noch nicht die neue Situation in der Folterkammer, aber meine Nüstern hatten meinen Kopf bereits nach rechts drehen lassen. Als mein Blick über die Tische glitt und schließlich nach vorne starrten, sah ich direkt auf jenen Käfig, in dem die Menschenfrau hockte.
    Jetzt sah ich nur den verstümmelten Körper des Twi'lek und ein blasses, dürres Beinchen mit einem schlanken Fuß. Der verdammte Tote musste sich irgendwie vom Tisch befreit haben und war auf seinen Arm- und Beinstümpfen zu der Frau gerobbt. Den Bewegungen seines Kopfes nach zu urteilen biss er gerade Teile aus dem Oberkörper der Frau. Wie er sich befreit hatte, warum sie nicht davon gelaufen war... das geht mir ständig durch den Kopf. Vielleicht ist sie so lange gefoltert und gefangen gehalten worden, das sie nicht in der Lage war zu fliehen. Vielleicht aber hatte sie das Monstrum vor Schreck erstarren lassen.
    Solomon war weiter vorne und als erster am Käfig. Mit einem leisen brummen wurde das Prallfeld aktiviert und ein orangener Schimmer legte sich um den Käfig. Das Wesen nahm keine Notiz, fraß weiter. Ich war irgendwie betäubt.
    Was das solle, fragte Bia und wollte den Käfig öffnen, vermutlich um sich den Twi'lek zu schnappen. Solomon winkte lässig ab, es wäre bereits zu spät. Das seie die beste Gelegenheit um zu erfahren, ob die Seuche wirklich ansteckend seie. Ich konnte kaum noch das Würgen unterdrücken.
    Aber damals wollte ich glauben, er habe recht. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das Wesen sich wirklich selbst befreit hatte. Gelegenheit. Motiv und Mittel hatte er gehabt. Und sein Kollege war vielleicht nicht einmal beteiligt gewesen. Solomon hatte ihn vielleicht einfach im Korridor angetroffen und mit zu und heraus gebracht. So, wie ich ihn einschätze, muss es so passiert sein. Vielleicht war es wirklich gut zu wissen, dass nicht alle sich in diese Monstren verwandelten. Die Frau wurde einfach aufgefressen, keine unnatürlichen Bewegungen durchzuckten den Körper. Aber was bewies diese primitive, menschenverachtende Methode denn nun? Es war einfach nur grausam und sinnlos. Es reichte bereits, von einem Rakghoul gekratzt zu werden, um sich zu verwandeln. Und die Verwandlungen brauchte Zeit. Zeit genug, um ein Gegenmittel zu spritzen. Es war doch selbst für mich ungebildeten Evocii an zu nehmen, das es sich bei dieser Krankheit ähnlich verhielt. Selbst ein Schnupfen brauchte einige Tage, sich im Körper aus zu breiten, bevor man die Symptome bemerkte. Ich wollte glauben, das der Tod der Frau Sinn machte. Vielleicht hatte ich Angst vor der Alternative. Nämlich Solomon gleich dort mit einem Kopfschuss hin zu richten, bevor er noch mehr Missetaten begehen konnte.
    Bia hatte inzwischen das umfangreiche Sortiment Messer und Beile gefunden und hielt mir einen Ulltraschallschneider vor die Nüstern. Er meinte, wenn diese „Dinger“ nur durch Zerstückeln auf zu halten waren, dann müssten wir unsere „Werkzeuge“ darauf ausrichten. Der Vorschlag hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet.


    Ich wollte nicht länger an diesem Ort bleiben. Dieses Schlachthaus verdiente seinen Namen. Ich konnte den Geruch nicht länger ertragen. Ich konnte seinen Anblick nicht mehr ertragen. Schon gar nicht die schmatzenden Geräusche aus der Zelle. Draußen verkündete Solomon seine superheftigwissenschaftlichen Schlussfolgerungen. Zumindest beruhigte er damit unseren Kollegen. Wir machten uns auf den Weg zum Airspeeder.


    Bkhonse Neyoha teilte ich für die Nachhut ein, Bia und einer von Solomons Streife liefen zwanzig Meter voraus. Die Luft hier war stickig, man konnte schlecht atmen. Nebelschwaden zogen über den verbauten Platz. Wir umrundeten vorsichtig gigantische Sockel der Nächsten Ebenen über unseren Köpfen. Hier unten gab es keine Freiflächen, die hoch zum Himmel offen waren. Der Platz, den wir überquerten war aber an die 25 Meter hoch, zumindest größtenteils. Die Sockel waren Fünf Meter breit wie lang und scheinbar planlos verteilt. Aber der Platz war recht groß, und als wir so die Mitte erreichten, wo eine flache Rampe zu einer Erhebung anstieg, glaubte ich ein Muster zu erkennen. Hier war alles mit verrottender Vegetation überwuchert. Eine Art Parkanlage, mit einem schlammartigen, nach Fäulnis stinkenden Bächlein, das sich wie ein Wurm über das mit Schimmel und Moosen bewachsene Gelände wand. Weiter rechts war in dem fahlen Schein unserer Lampen eine kränklich schimmernde, mehr oder weniger ovale Fläche zu sehen. Vielleicht ein Teich. Der übelriechende Gestank betäubte meine Geruchsnerven. Die Lichter des Airspeeder wurden deutlicher sichtbar, wir hatten knapp einhundert Meter geschafft und vielleicht noch zweihundert vor uns. Hier war deutlich zu sehen, das der Platz sich nach Nordwesten öffnete. Dort war vielleicht dieser Teil des Sektors zu Ende. Dort würden wir vielleicht auf- oder wenigstens absteigen können. Ich glaubte sogar, von dort Geräusche des Luftverkehrs heran wehen zu hören. Bia stockte. Seine Massige Gestalt war als Scherenschnitt vor dem durch die Handlampen beleuchteten Boden zu sehen. Da ahnte ich bereits, das etwas nicht stimmte. Denn er hielt nie an, sondern wurde nur langsamer, wenn er auf der Pirsch war und sich orientierte. Aber wie er so regungslos stehen blieb, da wurde mir plötzlich heiß und kalt.
    Dann wehte ein Geruch an mich heran, und ich blickte wieder wie ferngesteuert zum offenen Teil des Platzes. Von dort wehte nicht nur das weit entfernte Jaulen einer HuttSec-Sirene heran, sondern auch der Geruch brandigen Fleisches. Eine Erinnerung kam in mir hoch. Grauen ergriff Besitz von meinem Herzen und ich habe Schwierigkeiten, diese Kindheitserinnerungen nieder zu schreiben. Denn dann muss ich wieder daran denken. Der Geruch von totem, verfaulenden Fleisch meines Volkes ist mir bekannt. Und er wurde immer stärker. Ich konnte kaum noch atmen, wollte nicht atmen.
    Wir alle hatten in der letzten Stunde schreckliches, unbegreifliches erlebt. Unsere Streife bemerkte mein halten, instinktiv drehten sich die Kollegen in die Richtung, in welche ich stierte. Vor dem schwachen Glimmen der Stadt zeichneten sich wogende Schatten ab. Im Schein der Lampen wurden Humanoide sichtbar. Aber diese Masse stiller, hinkender, schlurfender und torkelnder Kreaturen verstärkte wieder das grauenhafte Gefühl, einem grotesken Marionettenspiel bei zu wohnen. Solomon befahl sofort den Rückzug zum Schachtbaus. Doch nachdem ich mehr oder weniger deutlich die Puppen gesehen hatte, war in meinem Kopf etwas passiert und ich war wieder hier, zurück aus der Kindheit. Wir alle konnten nichts eindeutig erkennen, keiner von uns war von einer nachtaktiven Spezies. Was ich zu erkennen glaubte war, das der Weg zurück uns mehr oder weniger in Richtung der Horde bringen musste. Soweit, so gut. Natürlich ging mir durch den Kopf, das es ja einen Grund gab, warum dem perversen Schlachter seine Flucht mit dem Airspeeder nicht geglückt war. Was, wenn wir den Airspeeder nicht starten konnten? Ich musste also in Sekunden die Entscheidung treffen, ob wir es an der Gruppe Kannibalen vorbei zurück zum Schlachthaus schafften, oder beim Airspeeder unser Glück finden würden. Ich gebe zu, ich hatte das Bild der Unterarm- und Unterschenkelamputierten Monstrosität in meinem Kopf, das genüsslich die wehrlose Frau fraß. Ich befahl sofort, im Laufschritt zum Airspeeder zu rennen. Die Gruppe teilte sich. Solomon verfluchte mich, schrie etwas von Dienstalter. Er meinte, ich, der Sklave wäre wahnsinnig geworden. Meine Kollegen zögerten nicht, meinem Befehl zu folgen. Wir waren wieder allein.
    Wir stockten, als Solomons Streife das Feuer eröffnete. Ich blickte zurück, als ich meine Streife anfeuerte und selbst die Nachhut übernahm. Die Wesen waren schneller als erwartet oder der Abstand war im Dunkeln schlechter einzuschätzen gewesen. Einige der Marionetten waren plötzlich Solomons Streife im Weg, und die Männer schossen Dauerfeuer und Salven, während sie rannten. Solomon rief, sie sollen nicht stehen bleiben.
    Ich sah etwas, das zu meiner Schande eine Erleichterung war: die Horde schwenkte um und bewegte sich mehr oder weniger auf Solomons Leute zu. Wir hatten Zeit gewonnen. Ich flitzte meiner Streife hinterher und wünschte im Stillen Solomon Glück. Nicht ihm zuliebe, aber wegen den anderen beiden Kollegen. Das war das letzte Mal, das wir sie sahen. Nun, es ist alles erst vor ein paar Stunden passiert. Vielleicht sitzen sie ja noch immer fest und werden demnächst gerettet.


    Der Airspeeder war Schrott. Keiner meiner Leute verstand sich auf Cybertech, oder wie das heißt. Irgendwelche Fehlermeldungen sagten eindeutig, das eine Werkstatt aufgesucht werden solle. Es muss in etwa so gewesen sein: Ken'kal Nik hatte irgendetwas vor seinem Schlachthaus bemerkt. Er rief seinen Mann Solomon um Hilfe, entschied sich dann aber, sich durch zu schlagen. Er schaffte es bis zu seinem Airspeeder, verlor aus irgendeinem Grund die Kontrolle und schlitterte bis hier her, wo er die Front eines seit Jahrhunderten verlassenen Ladenlokals tuschierte und liegen blieb. Irgendwie verwandelte er sich in eine der Marionetten und wurde später am Schlachthaus von Solomons Leuten in Fetzen geschossen.


    Natürlich war es kein geschlossener Airspeeder. Huttenschiss, wir hätten in einem Gleiter vielleicht einen Ansturm der Kreaturen überleben können. Blieb nur die Flucht oder das Verschanzen in einem der Gebäude. Vor uns gähnte ein breiter Tunnel und der Schimmer von Lichtern. Besser als der Weg zurück. Bkhonse Neyoha verlor die Nerven, als ich noch wild an den Kontrollen herum fummelte. Er sah, das sich vereinzelte Kreaturen auf uns zu bewegten und gab ein paar Salven ab, bevor ihm Bia die rauchende Waffe aus den Händen riss. Da war es bereits zu spät und es zeichnete sich eine Bewegung in der undeutlichen Masse von Lebewesen ab. Sagte ich Lebewesen? Ich befahl, weiter zu laufen. Wir waren schneller als diese Marionetten, das war nicht das Problem.


    Problematischer wurde es zehn Minuten Später und nach zwei Wohnkomplexen. Denn da wurden wir immer langsamer und die Marionetten schienen auf zu holen. Meine Beine schmerzten, meine Kehle fühlte sich verdorrt an. Der Atem ging rasselnd. Die Stumme Masse folgte uns einfach, und das war irgendwie grauenhafter. Sie waren wie Schatten, die man nicht abschütteln konnte. Wir stießen tatsächlich auf vereinzelte Wesen, die plötzlich aus einer Seitengasse oder einem Nebentunnel tappten. Diese Wesen waren hier verbreitet, und ich verstand einfach nicht, was das alles hier bedeuten sollte.
    Zweifelsfrei waren es alle verschiedene Spezies, ähnlich wie beim Rakghoul-Virus. Da ich ansonsten keinerlei genaue Vorstellungen von diesen Wesen hatte, wollte mir nicht einfallen, wie wir sie aufhalten konnten. Das Denken fiel mir schwer mit diesen Wesen auf den Fersen. Ich überlegte fieberhaft, ob es nicht besser wäre, in eines der Gebäude ein zu dringen und sich dort zu verschanzen.
    Wir mussten irgendwie Kontakt mit Seuchentrupps bekommen, die vielleicht inzwischen auf dem Weg waren, um die vermeintliche Rakghoulseuche ein zu dämmen. Vielleicht gab es ja noch irgendwo einen Lift in die oberen Bereiche des Sektors, der eine eigene Energiequelle hatte. Mit den Marionetten auf den Fersen würden wir keine Fünf Minuten Zeit haben, um etwas zu erreichen, das bedeutete, der erste Versuch musste klappen.
    Bu Hhonvei rief plötzlich aus, er habe Evocii gesehen. Ich dachte sofort, er meinte wieder tote Kreaturen meiner Spezies, aus der die Horde hauptsächlich zu bestehen schien. Aber seine Taschenlampe beleuchtete einen Balkon in einem Gebäude an einer Kreuzung. Da standen mehrere meiner Spezies auf einem breiten Balkon. Ich glaubte, ein hin und her schwingendes Seit in dem trüben Licht spärlicher Beleuchtung zu sehen. Wir näherten uns so schnell wir konnten, die Waffen natürlich im Anschlag. Die Drei Männer riefen uns zu, zu ihnen hoch zu klettern. Ich sah keine andere Möglichkeit, wohl wissend, das es von dort vielleicht keine Fluchtmöglichkeit gab. Aber meine Kollegen waren am Ende, und ich auch. Wir waren jetzt 11 Stunden im Dienst, eine Viertelstunde gerannt wie der Teufel und verängstigt. Das hier war keine Aufgabe für die HuttSec. Das war die Aufgabe für Laserschwertschwingende Jedi oder kriegsgeile Mandalorianer. Gegen einen schwer gepanzerten Mandalorianer hätten die Marionetten vielleicht nichts ausrichten können, obwohl sie ihn vielleicht einfach auseinander gerissen hätten.
    Ich will nicht das Grauen beschreiben, als wir nacheinander hoch kletterten.
    Vielleicht hatten wir wirklich einen Vorsprung von Vier bis Fünf Minuten, aber als die wogende Masse toter bewegter Körper immer näher schlurfte, da machte ich mir in die Hosen. Wir feuerten, was die Blaster und Scattergun her gaben. Ich war der vorletzte, aber nur, weil Bia mich anschrie, ich solle meinen kleinen Evocii-Hintern sofort hoch bekommen. Als Bahzanh wollte ich als letzter hoch klettern, und ich sage das nicht, weil ich besonders tapfer bin. Bia war tapfer, denn ich war einfach so weit dem Grauen erlegen, das ich einfach emotionslos Befehle bellte und den Gegner die Beine weg schoss, so schnell mein Blaster im Einzelfeuer schießen konnte. Die Wesen bewegten sich zwar auch ohne Beine weiter, aber nur langsamer. Bias Befehl brachte mich halb wieder zu Bewusstsein und ich kletterte das Seil hoch, als unser Gamorreaner bereits zwei Hackmesser aus seinem Gürtel zog, die er im Schlachthaus erbeutet hatte und die ersten Gegner im Nahkampf zerstückelte. Ja, er hat es nicht geschafft. Aber er hat es auch nicht mehr versucht. Anstelle auf unsere Schreie zu reagieren, hackte und schlitzte er einfach immer weiter, bis die Masse über ihn wogte und wir ihn nicht mehr sehen konnten. Natürlich hatte er keine Chance mehr gehabt, denn wir waren alle zu langsam gewesen. Er hätte buchstäblich von Feinden umzingelt einen Kletterversuch unternehmen müssen. Unsere Schüsse vom Balkon aus hatten ja nur wenig Erfolg, und von hier oben aus sah die Masse der Gegner nach rund 30-40 Kreaturen aus. Wäre er als erster, als stärkster zuerst hoch geklettert, dann wäre der Letzte oder die letzten Beiden verdammt gewesen. Aber Bia wusste das. Er war ein Krieger, und es gab keine Situation die ich mit ihm erlebt habe oder mir vorstellen könnte, wo er nicht für uns Partei ergriffen hätte oder als letzter vom Platz gegangen wäre.
    Wir schossen was das Zeug hielt und bis unsere Energiezellen alle leer waren. Da bewegten sich vielleicht noch Fünf Leiber. Aber vielleicht hatten unsere Schüsse weitere angelockt, oder sie hatten irgendwie Verstärkung gerufen. Aus allen Richtungen kamen weitere Marionetten, vereinzelt oder in kleinen Gruppen. Schließlich hatte sich eine Herde von vielleicht 20 unter dem Balkon versammelt und wartete Stumm auf ein Häppchen. Es war zum Schreien.


    Einer der Evocii legte mir eine Hand auf die Schulter. Vielleicht hatte ich das auch jetzt erst bemerkt. Er erklärte, sie würden vielleicht wieder fort gehen, wir sollten ihnen nach drinnen folgen. Ich war viel zu erschöpft und verzweifelt, als das ich ihm widersprochen hätte.

  • Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Schüsse blitzen in der Dunkelheit. Das Jaulen von Blasterbolzen wurde durch Echos durch die dunkle Stadt getragen. Südöstlich von uns, bei einem Gebäude, das ich für einen Luftaustauscher hielt, fand ein Gefecht statt. Es war sicher nur eine kleine Einheit. Verlockend. Mein Herz tat einen Sprung, als wir aufschreckten und die Schüsse hörten. Vom Balkon aus waren die Schüsse nicht besonders spektakulär. Bkhonse Neyoha war Feuer und Flamme, schrie wild und ignorierte meine Landsleute, die ihm sagten, das das viel zu weit entfernt wäre. Nach einigen Minuten war das Gefecht zu Ende. Waren sie besiegt worden oder hatten sie die Marionetten aufgehalten? Zumindest hatten sie welche angelockt mit den ganzen Explosionen und den Schüssen. Ich wusste nicht, ob dort die Hilfe oder nur eine weitere Gruppe monströser wandelnder Leichen auf uns wartete.
    Das Gelände lag nach Aussage meiner Landsleute in der Nähe der Blockgrenze, nur wenige Blocks vom Ende des Sektors entfernt. Das war bei unseren Überlegungen einer der Richtungen gewesen, um den Rotlicht-Sektor zu verlassen. Doch hier waren wir sicher. Oder nicht? Wie viele konnte es denn von diesen Wesen geben? Sie vermehrten sich offenbar dadurch, das manche ihrer Opfer sich zu ihnen gesellten, aber nicht alle. Mir wurde schlecht und meine Kopfschmerzen wurden stärker. Der Gestank war für meine Nüstern schlecht aus zu halten. Erinnerte mich vage an zu Hause, und wer will sich schon daran erinnern? Ich blickte zu meinen Männern. Ein Rattataki und ein Mensch. Dann die Evocii. Zweiundzwanzig Leute, darunter zwei Kinder, die so klein waren, das man sie tragen musste.
    Ihre Geschichte war grotesk. Zum Leben als Lohnsklaven verdammt hatten sie sich vor einigen Jahren hier angesiedelt, wo sie niemand schikanieren würde. Ab und zu wurden Leute auf den Weg zu den Liften von Kanalratten oder wilden Salkys angefallen. Aber sie hatten sich hier gut eingerichtet, konnten kostenlos wohnen, kochten auf Energieöfen wie unten auf Nal Hutta. Nur die ewigen Dunkelheit und die schlechte Luft waren anders als auf unserem verseuchten Heimatplaneten, den wir gerade umkreisten. Wen sollte ich mehr bedauern? Diese Leute hatte nichts und waren ins Nichts geflohen. Sie gingen rauf in den Rotlicht-Sektor und arbeiteten 14 Stunden, um dann in die Dunkelheit zurück zu kehren und ein wenig zu schlafen. So eine Huttenscheiße war nicht lebenswerter als unten in der Müllhalde, die ich zu Hauese nennen muss. Ich habe ein Apartment im Corellianischen Sektor, das ich mir mit einem Weequay teile. Er ist sehr sauber, aber ich kann seinen Körpergeruch einfach nicht ausstehen. Diese Evocii hier leben wie Schaben im Keller des gigantischen, Jahrtausendelang gewachsenen Stadtmondes. Wenn ich nicht so viel Abscheu vor diesen armseligen Wesen hätte, würde ich sie zutiefst bedauern.
    Ich entschied, das wir hier nicht bleiben konnten. Man würde uns nicht retten.
    Mein Plan war es gewesen, zu einem der Störsender zu gelangen und sich dort bemerkbar zu machen. Unsere Kommunikationsgeräte würden dabei allerdings nur eine schlechte Peilung ermöglichen und keiner hatte eine Ausbildung, um das zu verbessern. Es war besser als hier zu versauern, dachte ich. Dachten wir alle. Aber das war ein Fehler, der meinen Kameraden das Leben kostete. Vielleicht wenn ich abgewartet hätte, wenn die Karantäne aufgehoben und die Störsender abgeschaltet worden währen. Dann hätten wir einfach Senden und uns abholen lassen können. Damals, als ich in dem kleinen schäbigen Wohnzimmer stand und die Tür zum Balkon verschloss, kam mir diese Idee ziemlich blöd vor. Ich bin es wohl, der ziemlich blöd war. In Wirklichkeit war ich zutiefst erschreckt über das Leben, das meine Landsleute hier führten und wollte so schnell wie möglich weg.
    Ja, ich bin ein verdammter Feigling und Dummkopf. Sagen das nicht alle von Evocii? Ist das vielleicht das richtige Schimpfwort für mich? Ich selbst zu sein, ein Evocii zu sein?
    Ich werde zu sentimental, zu depressiv. Ich begreife ja, das alles, was ich erlebt habe, ein Grauen ist, das man nicht erklären kann, sondern nur fühlen. Diese Marionetten hatten mich ausgesaugt, mir alle Hoffnungen genommen. Das soll keine Entschuldigung sein. Aber wer beim Huttenschwanz wurde von toten Lebewesen gehetzt, die man verstümmeln und mit Blastern zerstrahlen kann, die aber einfach weiter auf einen zu humpeln oder kriechen, bis sie endlich ein Stück aus einem heraus gebissen haben? Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich morgen die Schicht antreten soll. Und wenn ich nicht arbeiten gehe, lande ich wieder im selben Dreck, den mein Vater gerade jätet um seine Pflanzen im brackigen Wasser an zu bauen. Wo meine Schwester im Schlaf von Ratten zerbissen wurde und meine Mutter am Sumpffieber verstorben ist. Ist denn die Galaxis voll von Tod und Elend? Warum dieses ganze Ding, das man Leben nennt? Was wollen diese toten Kreaturen von den Lebenden? Und wo werden sie wieder auf mich warten? Ich weiß, das sie da draußen sind. Sie warten auf mich. Ich bin der letzte. Mich werden sie auch bekommen.

  • Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Alles, was ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte, war nur ein Teil des Grauens. Die seit Wochen eingesperrten Familien hatten kaum noch Nahrungsmittel. Es roch nach Tod und Verwesung, Fäkalien und wer weiß welche Huttenscheiße sonst noch.
    Meine beiden Kollegen waren ziemlich fertig, und das ich das bemerkte zeigte mir, das ich noch halbwegs auf der Höhe war.
    Bia hatte mich ganz schön mitgenommen, uns alle. Der stärkste, den nichts umhauen konnte. Aber auch wenn ich es nicht so sah, die Evocii halfen mir, nicht auf zu geben. Da waren Lebewesen, die meinen Schutz bedurften. Zwar hielt ich überheblicher Huttensohn mich für etwas besseres, aber ein wenig Stolz und Ehrgeiz war das einzige, an das ich mich noch klammern konnte. Fleischfressende Marionetten wuselten stumm und unheimlich durch die Gassen.
    Ein Teil der stummen Gaffer unter unserem Balkon waren davon getorkelt, als einige Minuten zuvor das Gefecht bei dem wuchtigen Gebäude statt fand. Und das wir hier nicht ewig warten konnten, war klar.
    Der Störsender war unsere Rettung. Mit eigener Energieversorgung, Wartungsarm, einer Gruppe droidischer Wach- und Reparatureinheiten und einer Kabelkommunikationsverbindung zum hiesigen Büro der HuttSec.
    Wenn es in diesem Slum einen Ort gab, wo wir Hilfe anfordern konnten, dann dort. Und vielleicht waren die Vorgesetzten zu überzeugen, das diese Plage nicht so ansteckend war, wie befürchtet. Es gab ja keinen Grund, uns hier zurück zu lassen. Die Marionetten konnten weder klettern noch fliegen. Mit genügend Kondition konnte man ihnen spielend davon laufen. Nur in ihre leprösen Klauen durfte man nicht gelangen.
    Das waren die Argumente, die mir von allen genannt wurden. Bkhonse Neyoha war dafür, hier zu bleiben. Und als deutlich wurde, das ich mich entschlossen hatte, wurde er gar ausfallend. Ich würde auf meine Schlammfamilie hören, und nicht das einzig sinnvolle machen, nämlich abwarten und auf Rettungsteams warten. Bald würden wir wider Funkkontakt bekommen und einfach einen Gleiter anfordern.
    Ich roch seine Angst, der hoch gewachsene, hässliche Mensch. Vielleicht darf ich ihn sogar Freund nennen. Er ist als mein Freund gestorben.
    Aber ich verstand ihn, denn ich hatte auch Angst. Ich sah einfach keinen Ausweg. Ich war es, der alle in den Untergang führte. Es war nun einmal als Bahzanh meine Entscheidung. Ich irrte mich, und sie starben meinetwegen. Ich hätte sie auch selbst auffressen, erwürgen und zerfetzen können.
    Bei den Mächten dieses grausamen Universums, hat es euch Spaß gemacht, alle leiden zu sehen?
    Da draußen sehe ich viel Schwärze und nur wenige Sterne leuchten. Ist das die große, geheime Wahrheit, das es da draußen nur Tod und ewige Qualen gibt, und nur an wenige Plätzen Strahlen des Friedens und des Glücks hoffnungslos in der Unterzahl existieren?


    Ich werde morgen eine Passage runter nach Nal Hutta buchen. Hier gibt es nichts mehr, das ich mit diesen Händen bewirken kann. Ich kam aus dem Dreck und kehre zurück. Alles, was ich mir hier aufgebaut habe, verwelkt und verschimmelt so wie die Leiber der armen Kreaturen, die sich von den Marionetten haben verwandeln lassen.


    Ich bin so ein Weichei! Ich bin zumindest ehrlich und gebe es zu. Ich erinnere mich an jeden Atemzug in der abgestandenen, staubgeschwängerten Luft. Wie ich versuchte, die wenigen Kräftigen als Schutz um unsere 24-köpfige Truppe zu verteilen. Bu Hhonvei machte einen gesunden Eindruck und übernahm mit zwei Evocii die Rückendeckung. Ich und Bkhonse Neyoha bildeten die Vorhut, denn ich wollte ihn nicht da hinten haben, wenn die Nerven mit ihm durch gingen. Frauen und Kinder, die galt es zu beschützen. Und ich versuchte mir das krampfhaft zu merken, denn in den letzten paar Minuten hatte ich mich mehrmals verhaspelt, Worte verdreht und sogar einige Brocken Evocii gesprochen, anstelle ordentliches Basic. Ein kleiner vierjähriger Stinker war zu mir hin gewatschelt, und hatte gesagt, ich brauche keine Angst zu haben, denn sein Vater würde uns alle beschützen. Beinahe hätte ich geweint, aber ich wollte den Kleinen nicht weiter verunsichern.


    So spielte ich den überlegenen Anführer, bellte Befehle und behandelte die Zivilisten wie eine Militäreinheit, obwohl ich davon so viel verstand wie von der Feldarbeit meines Vaters. Es klappte, zumindest bis zur Feindberührung.
    Wir waren vielleicht ein oder zwei Gebäude vom Sender entfernt, denn ich hatte gerade auf unseren Plan geschaut. Das Gerät an meinem Arm hatte zwar seit Stunden keinen Funkempfang, hatte aber irgendwie dennoch versucht, mit seinen Sensoren den Weg zu verfolgen. Da ich genau an der Kreuzung hockte, die auch auf dem Display aufleuchteten, war ich beruhigt und hoffte bereits, das wir es vielleicht doch noch schaffen könnten.
    Dann kamt ihr wieder, Götter des Universums, und brachtet uns eine Herde Marionetten.
    Ich war wirklich wie gelähmt. Mein Kopf wollte das einfach nicht glauben. Schwankend und wogend näherten sich mindestens dreißig der mit blinden Augen stolpernden Kreaturen. Über ihnen, keine 15 Meter oberhalb des Bodenniveaus hörte ich Getrappel, schwere Schritte von mehreren Personen. Graue Masse so bedrückend stumm schlurfte, waren diese Schritte eindeutig als lebendig ein zu stufen. Bkhonse Neyoha klopfte mir auf die Schulter und flüsterte in mein Ohr, während die Schritte sich weiter entfernten. Die Gruppe Marionetten torkelte ihnen munter hinter her, bis plötzlich ein paar aus der Gruppe aus brachen und genau auf uns zu wankten.
    Ich glaube, als sich meine Nackenhaare aufstellten, konnte ich wieder klar denken. Bkhonse Neyoha flüsterte nicht mehr. Er machte nur noch so sonderbare, leise Pfeilgeräusche, und wackelte mit de Kopf. Ich hatte den Eindruck, seine schweinsfarbene Haut wäre so Grau wie bei unserem Rattataki Bu Hhonvei und überlegte, das er als unser Sanitäter vielleicht was dagegen machen könnte. Ich schlug ihm zunächst in das Gesicht, das es klatschte, aber er konnte einfach nicht mehr normal atmen. Ich schleifte ihn zurück. Ein paar Blicke über die Schulter zeigen mir etwa sechs langsame Verfolger. Diese Horde war genau in die Richtung unseres Störsenders gewatschelt, wir musste also irgendwie anders herum an dem Häuserzug und ihnen auch noch zuvor kommen. Das würde knapp werden, dachte ich noch, als Bkhonse Neyoha plötzlich gar nicht mehr nach Luft schnappte, sondern einfach seine Beine einknickten und er mich beinahe mit zu Boden riss. Ich fluchte irgend etwas über unsere Huttenmeister und wuchtete ihn mir auf den Rücken. Diese Menschen stinken nicht nur unangenehm, selbst wenn sie gewaschen sind, nein, sie sind auch viel größer und ungleich schwerer als wir Evocii. Ich hatte keine Wahl, zurück lassen konnte ich ihn einfach nicht. Sich das vor zu stellen, ging über meine überanstrengte Phantasie.
    So wankte und tippelte ich keuchend vorwärts und konnte bei dem ganzen Unrat und Dreck nicht mal eben stehen bleiben und zurück schauen. Mir wurde immer heißer in meiner gepanzerten Uniform und mit Grauen fühlte ich die Monstrositäten stumm aufholen.
    Noch knapp zwanzig Meter, in einem Ladenlokal ohne Scheiben würde meine Gruppe auf mich warten, da erblickte ich schemenhaft etwas vor mir in der Dunkelheit und ich verschluckte mich beinahe am eigenen Speichel.
    Sie huschten lautlos an mir vorbei. Ich hörte das Schmatzen, als ein Beil in modriges Fleisch ein drang. Das klatschen von einem Knüppel an einem vertrockneten Schädel mit abblätternder Kopfhaut. Meine Evocii – Männer waren mir entgegen geeilt und kümmerten sich um unsere Verfolger.
    Leider brach weiter hinten Panik aus, und ich sah kleine Gruppen panisch aus dem Unterschlupf davon spritzen.
    Ich rief mit so viel Autorität in der Stimme wie ich nur konnte. Aber ich war total außer Puste und es klang eher wie ein verärgertes Krächzen.
    Ein paar Familien kamen nicht zurück. Bu Hhonvei spritze unserem bewusstlosen Menschen irgend ein Zeug, aber wir hatten keine Zeit. Dann wandte sich der Rattataki an mich uns erklärte, für besondere Gelegenheiten habe er sich etwas beiseite gelegt. Ohne mich zu fragen, rammte er mir einen Injektor in meine Halsschlagader, Hals abwärts waren wir ja in der HuttSec Uniform recht gut gepanzert.
    Ich stieß ihn überrascht zur Seite und fühlte mich frisch und irgendwie wie nach 20 Stunden Schlaf und einer heißen Dusche mit Selucaa, meiner bevorzugten Prostituierten. Ich grinste ihn - vermutlich blöde - an und sagte lachend, das er allen hier das Zeug geben solle. Ich kniff die Augen zusammen, scharte die restlichen Personen um mich und ärgerte mich fürchterlich, das wir nur noch 16 Personen waren. Ich erklärte ihnen die Lage. Wir würden jetzt laufen müssen.
    Keiner widersprach, wenige murmelten etwas und die Kinder plärrten am laufenden Band, während ihre Mütter nicht wussten, ob sie sie länger fest halten konnten.
    Es war mir egal. Das Stim brodelte in meinen Adern und ich wusste, es gab nur noch diesen einen Weg. Und nur diese eine Chance, vor den Marionetten den umzäunten Bereich zu erreichen.
    Unser Mensch kam grunzend zu sich, aber ich befahl zwei Evocii, ihn zu schleppen und drückte seinen Blaster einem weiteren in die Hände. Dann ging es auch schon los.


    Es klappte. Aber ein Hochgefühl kam nicht auf, denn eine Gruppe HuttSec der Ungezieferstaffel hatten wir schon den halben Block lang gehört und sahen jetzt, wie sie die Wellen der an brandenden Marionetten mit schweren Waffen beschossen. Aus Seitengassen kamen vereinzelte getorkelt, und diese schwenkten sofort zu uns um, sodass wir sie von den Frauen und Kindern fern halten mussten. Ich versuchte, immer nur ein Bein zu treffen, da sie anscheinend mühe hatten, mit Armen und einem Bein vorwärts zu kommen, wohingegen komplett beinlose Marionetten relativ schnell über den Boden krochen. Wir waren keine zwanzig Meter von dem Umzäunten und durch Flutscheinwerfer erleuchtetem Gelände entfernt, als ich mehrere Frauen kreischen hörte.
    Irgendwie war ein Teil der Wesen durch einen breiten Korridor im angrenzenden Gebäude geströmt, woher sie immer den kürzesten Weg zu ihrem Futter kennen, werde ich wohl nie erfahren. Bu Hhonvei stemmte sich der Gruppe entgegen. Warum er seine Waffe nicht benutze, weiß ich nicht. Überraschung oder war der Clip alle? Wir alle hatten nur noch wenig Energie und kaum noch Blastergas in den Kartuschen. So eine Kartusche hat Gas für 200 bis 500 Schuss, aber als Banbonzahag liefern wir uns keine andauernden Kämpfe. Zu drohen und oder sich bestechen zu lassen war immer die traditionelle Konfliktlösungsstrategie. Diese gierigen Marionetten verhandelten nicht lange. Nur einer von ihnen schaffte es, sich an Bu Hhonvei fest zu krallen, aber das war sein Ende. Er wurde zu langsam, konnte sich nicht weg drehen, als ein anderes Monster nach ihm Griff und dann verschwand er unter Drei oder Vier der Wesen, als ich noch versuchte, irgendwie in meiner Zieloptik eine Stelle zu finden, die ihn nicht verletzte und einen der Monster erwischen sollte. Dann erschien kurz der bleich schimmernde kahle Schädel in der Menge morscher Knochen und verwesender Leiber. Ich sah in seine stahlgrauen Augen. Er hatte keine Angst. Unsere Blicke trafen sich und kurz zuckten seine Augen hin und her, bis er gebannt auf die Mündung meiner Waffe blickte.
    Sein Gesicht verwelkte, als der nadelfeine Blasterbolzen aus superheißem ionisiertem Plasma durch seinen Kopf schoss und alles um ihn herum verdampfte. Das zumindest konnte ich für ihn tun, und es war vielleicht das einzige, das ich nicht bereuhe. Er würde nicht wieder auf stehen, er durfte liegen bleiben. Das hatte ich gut gemacht.


    Dann bellte ich meine Befehle, und wir schleppten uns ohne weitere Verluste zum elektrisch geladenen Zaun.
    Ein bulliger Typ mit einer dieser tragbaren Blastergeschütze bellte uns zu, wie sollen unsere Ärsche herüber schwingen. Meine Gruppe rannte sofort dort hin, wir schlüpften hinter ihm und zwei weiteren HuttSec-Bacota durch den Eingang.


    Es war ein wildes durcheinander. Die Servicedroiden wollten gar das Feuer eröffnen. Eine Menschenfrau brachte sie schnell zur Ruhe. Sie war hoch gewachsen, hatte schwarze Haare und grüne oder blaue Augen. Ihr sommersprossiges Gesicht und die kurze Nase erinnerte mich an ein leckeres Ferkelchen, das ich mal auf einem Markt serviert bekam. Aber so sehen ja alle Menschenfrauen aus, mit ihren viel zu großen Brustdrüsen und der kahlen, einfarbigen Haut.
    Ihre kalten Augen verengten sich zu einem belustigten Ausdruck. Ob ich wohl die Uniform eines Anderen trüge, fragte sie herausfordernd, als würden ihre Kollegen nicht gerade dutzende von vertrockneten Marionetten abschlachten.
    Es war typisch, das man mich als Evocii-Abschaum nicht für mehr als einen Koumolasa hielt. Und jene, die es akzeptieren mussten, waren meist nicht besonders freundlich zu mir. Normalerweise musste ich an so einer Stelle erst einmal Faustschläge verteilen, aber irgendwie kam mir das hier so schwachsinnig vor.
    Ich sah ihr Rangabzeichen und schluckte meinen Ärger herunter. Wenn eine Vap Kantmapkay mich verarschen will, sage ich „Jawohl, Vap.“ und fertig. Das hat man mir jahrelang eingetrichtert. Ich sagte also: „Nein, Vap. Ich bin der Bahzanh Tellem Bog vom Hovcanh Wewha-Miha-Jojoba und benötige Evakuierung für diese Zivilisten, Vap“.
    Sie grinste plötzlich und sagte „nett“ oder „fein“ oder so etwas, da sich etwas verdutzt war.
    „Flauschköpfchen, die Kavallerie ist unterwegs,“ rief sie über den Lärm der vollautomatischen Blaster und Scatter Guns und was weiß ich nicht noch alles und deutete zu den anderen HuttSec. Ich sah zwei Fahrzeuge durch die Straße auf uns zu schweben. Ein kastenförmiger Transporter und ein zweisitziger Airspeeder.
    Ich war dermaßen erleichtert, das ich beinahe ohnmächtig wurde.
    „Hast du Energieclips für uns, Vap?“ fragte ich, denn noch waren wir nicht gerettet. Ich konnte nicht so kurz vor dem Ziel die Kontrolle abgeben, ich versuchte stark zu sein, bis wir in dem Fahrzeug waren. Dann stutze ich, denn bei diesen Gedanken ging mir auf, das wir alle da nicht hinein passten.
    Misstrauisch und mit rümpfenden Näschen blickte mich die Vap an.
    „Was aus zu setzen, Bahzanh Bog? Dann raus damit. Wir spielen hier nicht Meister und Diener sondern alle kämpfen ums überleben, Rat?“
    Ich war überrascht. Und verärgert. Trotzig sagte ich: „Die Evocii bleiben nicht zurück,“ und ich spürte plötzlich, dass ich krampfhaft den Griff meines Blastergewehres umklammerte.
    Sie schnalzte mit der Zunge und schüttelte tadelnd den Kopf, legte eine Hand lasziv auf die Hüfte.
    „Pisua see Ukoua, Rat?“ fragte sie herausfordernd. Ich schluckte hart, entschlossen fixierte ich ihren Blick.
    Dann nickte sie und wies mit einem Multifunktionswerkzeug auf die Stelle, wo ein kleiner Rucksack und ein klobiger, dreiläufiger Blaster an dem Sendemast lehnte.
    „Schnapp dir den Blaster und scheuch deine Leute da rüber...“ meinte sie schmunzelnd und deutete auf einen schmalen Bereich zwischen Zaun und dem Energiemeiler. Gleichzeitig winkte sie mit der anderen Hand und mein Blick folgte dem Finger. Ich verstand plötzlich. Sie wollte den Transporter in der Umzäunung landen lassen.
    „Keine Sorge, Flauschköpfchen. Willkommen beim Bmaleoi Rulya An Hopkepa von Bareesh dem Hutten. Du bist so eben von mir versetzt worden. Das heißt, du hast die Ehre, bei uns zu bleiben, wenn der erste Schwung hier raus fliegt.
    In etwa 22 Minuten kommt ein weiterer Transporter. Schöne Grüße von einem gewissen Solomon soll ich aus richten.“
    Ich stockte kurz in den Bemühungen, die Evocii in die Ecke zu treiben. Sie lachte mich frech an. Ich blickte auf mein HUD und sah, das die Störungen in diesem Bereich sehr gering aus fielen. Die Vap hatte wohl kurz vor unserem Eintreffen den Störsender deaktiviert.
    Solomon lebte? Im Nachhinein war das ein weiterer Dolchstoß. Der gesamte Weg vom Schlachthaus bis hier her war vollkommen umsonst. Wir alle wurden gerettet von diesem Eingreifteam. Genau so, wie es Solomon, das korrupte Schwein vorher gesagt hatte.
    Ich brach innerlich komplett zusammen.
    Alles war umsonst gewesen. Alle meine Freunde wegen meiner dummen Pläne tot oder auch gefressen.
    Wie ein paar Minuten später ein Mensch in einer Söldneruniform fest stellte, war inzwischen mein Kollege Bkhonse Neyoha an Herzversagen gestorben.
    Für mich war die Nachricht des irgendwie affig ausschauenden Menschen ein weiterer Schlag in die Nieren. Wie viele Schläge sollte ich noch bekommen, bevor ich zu Boden ging?


    Der fratzengesichtiger Sanitäter quetschte so viele Frauen und Kinder wie möglich in das Fahrzeug, sodass ich und drei Evocii übrig blieben. Wir gesellten uns zu den Drei Menschen am Eingang und den zwei HuttSec-Droiden.
    Dieser dreiläufige Blaster bockte in der Hand wie ein Bantha, bis ich heraus fand, wie man die Feuermodi änderte. Im Einzelschussmodus war die kolbenlose Waffe einfach zu bedienen wie ein Blaster-Karabiner, aber irgendwie ungenau. Wenn alle drei Läufe gleichzeitig Blasterbolzen verschossen, war das Ding völlig unkontrollierbar. Ich glaube, ich fragte mich, gegen was denn so eine komische Waffe eingesetzt wurde. Das ist mir noch heute schleierhaft aber inzwischen egal.


    So genau erinnere ich mich nicht mehr an alles.


    Mit dem Tod von Bkhonse Neyoha war irgendwie auch die Wirkung des Stim abgeebbt und ich fühlte mich wie von einem Hutten ausgeschissen, auch wenn einige Leute behaupten, unsere Meister würden gar nicht scheißen gehen. So ein Quatsch! Irgendwann nach tausenden von Jahren und Millionen von labbrigen, schwankenden Marionetten war ein Transporter da, diesmal mit offiziellen Huttenauge und Sirene. Ich denke, ich schrie dem Piloten zu, er solle das Gejaule aus machen, damit nicht noch mehr von den Viechern angelockt wurden, aber kann auch sein, das ich das nur dachte und nichts sagte.


    Danach hatte ich wirklich so was wie einen Blackout.


    Dann das Verhör im Verhörraum. Ich verstand gar nichts. Irgendwie gab es gar kein Rettungsteam. Eine Frau hatte sich mit falschen Codes gemeldet und ein Fahrzeug geordert. Aber weder die dunkelhaarige Frau, noch ihre drei HuttSec-Bacota waren echte HuttSec B.R.AnHo. .
    Alle wollten wissen, was zum Huttenschwanz diese falschen Typen da während der Abriegelung gemacht hatten.
    Wie sie einen gesicherten Störsender ausschalten konnten.
    Woher sie die Codes für den Kontakt über die Festleitung besaßen. Natürlich von mir, wurde mir unterstellt.
    So ein dummer kleiner Evocii, der plappert doch alles aus.


    Ich weiß nur, das sie 12 Zivilisten gerettet haben und ich 4 Freunde in den Tod geschickt habe.


    Und jetzt? Inzwischen wurde die Ordnung wider her gestellt, habe ich nach vier Stunden im Verhörraum erfahren. Alles ist wieder gut.
    Wirklich?
    Wie kann das alles nur ein kleiner Übergriff von Ungeziefer sein?
    Wem machen die da was vor?


    Ich bin fertig mit Nar Shadda.
    Ich habe in ihren Abgrund geblickt und er hat zurück gestarrt.
    Nar Shaddaa hat mich am Leben gelassen, damit ich es erzählen kann.
    Wer sich mit Nar Shadda anlegt, der wird von ihr gefressen.


    Lauf weg und baue im verseuchten Schlamm von Nal Hutta Pflanzen an bis dich das Fieber dahinrafft oder die Kreaturen fressen. Denn dort gehörst du hin.



    Lauf weg, oder ich fresse dich und mache dich zu meinem Sklaven für immer, Tellem Bog.

  • Neverendig Night Of Nar Shaddaa:


    Streetdoc


    Kurzgeschichte im Star Wars (The Old Republic) Universum


    Tom Whiskey


    08.11.15 – 05.12.15


    Inspiriert von Crewaufträgen, Beruf Hacken


    Eine Hommage auf Harrisons James Bolivar di Griz, die Edelstahlratte
    „Wenn du in Schwierigkeiten bist, tu stets das Unerwartete.“
    Harry Harrison (* 12. März 1925; † 15. August 2012)


    Anlagen


  • Schlüpfriger Jin Digis



    Zufrieden legte Iaco seine Beine übergeschlagen auf den Tisch, stellte die Lehne seines Stuhles nach hinten und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Auch sein schmales Gesicht mit den kleinen Augen war von Lachfältchen an den Mund- und Augenwinkeln zu einer selbstgerechten Mine verzogen. Dann begann er zu allem Überfluss auch noch zu pfeifen.
    Er verdrehte kurz die Augen, um aus den Augenwinkeln ein Licht auf seiner Konsole blinken zu sehen, bemühte sich jedoch, seine Haltung um keinen Millimeter zu ändern. Kurze Zeit später öffnete sich mit einem kaum hörbaren Kratzen die etwas unrund in der Schiene laufende Tür zu seiner Rechten und er blickte scheinbar überrascht herüber. Seine rechte Hand griff bereits unter seinen sportlich geschnittenen, graue Jacke mit den dezent eingebetteten Panzergewebe. Die Silhouette einer Frau war kurz zu sehen, lässig die Hand auf der linken Hüfte abgestützt, fuhr sie sich mit der Rechten durch die langen schwarzen Haare. Iaco's Mundwinkel zuckten kurz und ein verschmitztes Lächeln flackerte auf, als er sah, das sie heute ihre Haare offen trug. Mit wiegenden Hüften betrat sie den Raum- da bemerkte er, dass sie heute hochhackige Stiefeletten trug. Er blickte auf die Datumanzeige.
    Es war der 22. des 3. Monats nach imperialer Zeitrechnung, 63:31 Uhr Ortszeit auf Nar Shaddaa.
    „JB, was flüstert die Stadt?“ fragte die Frau mit einem schmalen Lächeln ihres sommersprossigen Gesichtes. „Hallo Monique. Freut mich auch.“ Er verschränkte wieder die Arme hinter dem Nacken. Ein Astromech- Droide rollte zaghaft in den Raum und fuhr seinen Konnektor aus, um sich mit der unter dem Tisch stehenden Computereinheit zu verbinden.
    Nach einer kurzen künstlerischen Pause sagte Iaco: „Monique, der Schmugglermond hat eines der größten Holodatennetze der Galaxis. Im Moment konzentriert sich alles auf die Imps. Die Schnecken haben Panik in den Schwanzspitzen, seit der Krieg gegen diesen Revan-Nachahmer auf Yavin 4 tobt. Anscheinend ist man noch unklar, ob die Imps nicht selbst dahinter stecken.
    Die Schnecken haben in den letzten Tagen tonnenweise Kristalle gehortet und ihre Isotop-5 Reserven aufgestockt.“
    Die Frau trat näher und fuhr ihm durch die elegant gestylten Haare, verwuschelte seine ölig glitzernde Frisur mit dem kecken Haarspitzen. Er riss die Beine vom Stuhl und beugte sich vor, um aus ihrer Reichweite zu kommen, legte die Hände auf den Kopf und strich mit beiden Händen seine Haare hektisch glatt.
    Monique war inzwischen an den Computer getreten und steckte ein Datenkabel in das Gerät. Das Kabel verband den Computer mit einen Datenport in ihrem linken Handgelenk. Sie blickte plötzlich ausdruckslos, als hätte jemand sie mit einem Neuraldisruptor getroffen.
    Iaco blickte derweil immer noch ärgerlich auf. Missbilligend schaute er zum Display herüber und sah, welche cybernetischen Eingaben die Frau auf seinem Gerät tätigte.
    „Bukee, ga doth du chawinu echuta.“ erklang eine Stimme aus den Lautsprechern des Computers. Iaco verstand Huttisch, sagte aber lässig in Basic: „Ich bin kein Anfänger! Warum sollte ich in Gefahr sein? Das kriegen die nie raus!“
    Monique schien aus der Lethargie zu erwachen, schlang den Zeigefinger um das Kabel und zog es mit einem eleganten Ruck aus dem Computer. Dann zog sie bedächtig das andere Ende des Kabels aus dem im Körper implantierten Anschluss. Währenddessen sagte sie langsam und jedes Wort betonend, fast wie eine Mutter belehrend zu ihrem Sohne: „Für die 87M Credits Gewinn am galaktischen Auktionshaus hast du Transaktionskonten benutzt, die für eine Tarnfirma als stille Reserve verwendet werden, JB. Damit ist das Konto kompromittiert, und wir müssen das Geld waschen. Das wird uns schätzungsweise 22 Prozent kosten, das sind hochgerechnet 123 M. Du hast also auf Kosten von Klienten einen Verlust von 35 M eingefahren.“ Sie blickte ihm jetzt in die Augen. Ihre Augen strahlten sattblau, aber er wusste, das waren keine echten Augen, sondern nur exzellente cybernetische Implantate mit verschiedenen Funktionen. Ihr Blick war eher mitleidig oder besser enttäuscht, als verärgert.
    Der Droide neben ihr piepste und quietschte aufgeregt. Iaco machte ein verdutztes Gesicht. Jetzt das Ganze zu überspielen, würde zu inkompetent wirken, und er wollte es nicht übertreiben. „Ich mach mich sofort an die Arbeit,“ sagte er langsam und mit gereizter Stimme. Innerlich amüsierte er sich köstlich. Sie war schnell, aber er war schlauer.
    Die Frau blickte auf den Droiden, der erneut in binärer Sprache seine Besorgnis aussprach.
    „Rakghoul-Seuche im Rotlicht-Sektor?“ fragte Iaco überrascht? Das würde allerdings eine entscheidende Veränderung auf den Aktienmärkten verursachen. Er griff sich das Eingabegerät und wischte und tippte, bis er die Meldungen auf dem Schirm hatte. Der Holoprojektor am Nebentisch sprang auf seinen Befehl hin an und zeigte einen NNN Nachrichtensprecher, der in huttischer Sprache die aktuellen Blitzberichte brachte.
    „...Tarisseuche auf dem Vormarsch? Mutierte Humanoide, die uns die Gesichter abfressen? Erfahren Sie mehr in unserem Sonderbericht mit den Explosivbericht von Doktor Sindael Turn-Thule, dem anerkannten alderaanischen Wissenschaftler....“
    „Auf HuttSpaceNews das gleiche.“ sagte er mit weniger bestürzt, als mehr interessierter Stimme.
    Die Frau hob ihr linkes Bein und stemmte den Stilett Absatz gegen die Tischkante. Sie zog ein Vibromesser aus dem Stiefelschaft und prüfte die Ladeanzeige im Griffstück.
    „Und ich dachte schon, hier auf Nar Shaddaa bin ich so weit vom Schuss, das der Krieg mich nicht erwischt.“ sagte sie grimmig. Iaco drehte den Kopf nach rechts, sah an ihrem Unterschenkel entlang nach oben und betrachtete ihr Gesicht. „Krieg? Und was willst Du denn mit einem Vibromesser gegen einen Rakghoul ausrichten?“ fragte er mit einem aggressiven Tonfall. Sie steckte die Waffe zurück und setze ihr Bein wieder am Boden ab. Dann legte sie ihm die linke Hand auf die rechte Schulter. Mit einem kurzen, kraftvollen Stoß drehte sie ihn auf seinem drehbaren Bürostuhl zu sich herum. Entschlossenheit lag in ihrem Blick, der er nur mit Überraschung begegnete. Sollte er seine Waffe ziehen oder den Arm auf seiner Schulter ergreifen und sie mit waffenlosen Techniken zu Boden werfen? Ehe er es sich versah, saß sie auf seinem Schoß. Sie war schwer, und er stöhnte kurz auf, als sie auf seinen Oberschenkeln Platz nahm und beide Hände auf seinen Schultern lagen, dann seinen Hals umschlangen und plötzlich seinen Nacken kraulten. Verblüfft, überrascht und über seine Reflexe verärgert blickte er zu ihr auf. Er roch ihren Atem, sie hatte anscheinend irgendeinen fettigen Mist auf dem Markt gegessen. Die Haare dufteten nach abgestandenem Rauch von Killersticks, ein leicht ranziger Geruch stieg von ihrer speckigen Pilotenjacke auf. „Lass das!“ sagte er, um seine Abneigung zu verbergen. „Bevor wir sterben, will ich wenigstens wissen, ob mir was entgeht,“ flüsterte sie, als die Spitzen ihrer Haare sein Gesicht kitzelten. Er spürte, wie seine Angst in Erregung umschlug, und verdammte sich dafür. Sie war eine imperiale Agentin, eine Feindin der Republik. Wüsste sie, das er in Wirklichkeit sie aus spionierte, würde sie ihm das Genick brechen. Aber er hatte sie jetzt schon mehr als drei Monate an der Nase herumgeführt. Was hatten diese SID Deppen noch einmal über die hervorragende Ausbildung imperialer Agenten gefaselt? Sie war ein Wildfang, ungestüm, unkonventionell, wahnsinnig clever, aber natürlich nicht so gerissen und schlau wie er selbst. Ja, eigentlich war sie genauso wie er, nur das er die Rolle seines Lebens spielte, den kriminellen Computerhacker. Quasi sich selbst nur ohne den Teil in seinem Lebenslauf, wo er vom SID rekrutiert wurde. Alleine waren die ja zu blöd, da brauchten sie gewiefte Kerle wie ihn, um die Imps in Schach zu halten.
    Das die Sache so persönlich wurde, war nicht geplant. Andererseits, was konnte ein Kuss schon schaden? Sie war eh nicht sein Typ. Sie stank nach Nar Shaddaa, sah aus wie eine Söldnerin von der Straße. Sie soff ständig was hochprozentiges, wenn er nur genüsslich an seinem Ron nippte. Sie rauchte Killersticks, wo er handgerollte Zigarren bevorzugte. Sie gab einen Poodoo auf Gesetze und Regeln... ja wie er auch.
    Wie sie es schaffte, auf ihm zu sitzen und leicht mit dem Becken zu kreisen, fiel ihm plötzlich auf, dann berührten sich ihre Lippen und er spürte, wie sie ihm die Zunge in den Mund steckte.
    Als ihre Zungenspitzen sich berührten und er ihren Atem auf seiner Wange spürte, die Hitze ihres Körpers und das wohlige Kribbeln in seinem Nacken, wurde es plötzlich wieder kälter und heller. Der Vorhang ihrer Haare war von seinem Gesicht verschwunden und sie hatte ein Komgerät in der Hand. Irgendwie war er enttäuscht, aber auch interessiert. Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber er konnte die Worte nicht verstehen.
    „Hm,“ sagte Monique. „Verstehe. Verletzungen? Hm.“ sagte sie in einem neutralen Tonfall, erhob sich und schwenkte ihr rechtes Bein herum, stand dann neben Iaco, ohne die linke Hand von seinem Nacken zu nehmen. Sie kraulte mit ihren Fingerkuppen die Stelle zwischen Schädelbasis und dem ersten Nackenwirbel, aber inzwischen prickelte es bei Iaco nicht mehr. Er versuchte unbeteiligt zu blicken und die Worte zu hören. Rat oder Raz hieß diese Connection. Plötzlich nahm Moniques Stimme einen herrischen Tonfall an und wurde eine Oktave tiefer. „Was erwartest Du von mir? Mitleid, Abbitte? Du möchtest einen Gefallen für einen Gefallen.“
    Monique sah hinab zu Iaco und lächelte ihm kurz zu. Dann gab sie ihm eine Backpfeife, aber es war eher ein Tätscheln seiner Wange. Sie tigerte durch den Raum. „Nein, das weiß ich nicht. Das sie Dich umbringen will, ist aber durchaus plausibel. … Ich habe nicht gesagt, das das nett ist, Chum. Sie ist jung und wild, und ihr Leben lang hat sie alles zerstört, was sie bedroht. Kannst Du mir soweit folgen. ... Ja, dachte ich mir, das Du das auch dachtest. Aber Du wirkst überrascht. Ich habe gerade hier einen andere Sache am laufen ... Hm.“
    Iaco fuhr sich durch die Haare und brachte seine Gefühle unter Kontrolle. In den letzten drei Monaten hatte sie gerade zwei Mal mit Raz gesprochen, allein in den letzten zwei Wochen aber dreimal. Die Agentin hatte offensichtlich noch weitere „Kriminelle“ auf ihrer Liste, die ihr Informationsnetzwerk bildeten, aber Raz war der einzige, mit dem sie in seiner Anwesenheit sprach. Iaco hatte daher gefolgert, das Raz eben nicht zu dem Imperialen Netzwerk gehörte, aber das war vielleicht ein Fehler. Ihr Wegwerf-Holokom an zu zapfen war zu riskant. Er würde später die Wanzen in diesem Raum überprüfen, und vielleicht mit den geeigneten Protokollen etwas von der Unterhaltung hörbar machen können. Wer bedrohte das Leben von Raz? Zu wenig Informationen.
    Inzwischen wandte er sich wider dem Computer zu und sah sich die Nachrichtenfeeds an.
    Mit leiser, ruhiger Stimme sagte Monique gerade: „Das ist etwas anderes. Ich habe da noch einen kleinen Auftrag, und dann bin ich in etwa zwei Stunden soweit. … dann musst Du wohl zunächst ohne mich mit ihr sprechen... das ist Dein Auftrag, ich habe keinen Vertrag mit Crevan. Halte sie hin, Du hast doch ein Talent für Geschichten. Vid Valle.“ Corellianisch? Iaco versuchte, interessiert auf den Bildschirm zu starren. War Raz vielleicht ein Corellianer, oder war die Verwendung des Corellesi ein geheimer Code? Dieser dämliche Verbindungsoffizier hatte ihm nicht einmal eine Akte über diesen Raz besorgen können. Alles musste er selbst heraus finden. Anscheinend würde Monique die nächsten paar Stunden aus gehen. Er hörte ihre Schritte über den Boden tapsend nähern. Eine Hand legte sich auf seine Schulter.
    „Ich weiß wirklich nicht, warum Du immer so verdammt professionell zu mir bist, J-Boy,“ hörte er sie in sein Ohr hauchen, das ihm ein Schauer über den Rücken lief. Die Antwort war eigentlich ganz einfach. Nicht das er sie nicht mochte, spätestens nach dem Kuss eben hatte er seine Gefühle erkannt. Er war eben kein Spion, zum Wohle der Republik oder für das Vaterland oder was auch immer was sexuelles mit dem Feind anfing. So weit gingen seine patriotischen Gefühle nicht. Ab fürs Vaterland und dieser ganze romantisch-chauvinistische Mist. Das hier war echt, und sie war der Feind.
    Dann hörte er ihre Stimme entfernter, sie hatte sich anscheinend wieder auf gerichtet. „Wenn Du Deine Meinung änderst, bevor wir von Rakghoulen gefressen werden... Du hast ja meine Nummer. Ich muss los, Iaco. Habe noch eine kleine Liste zu besorgen. Pass auf Deinen Knackarsch auf, Du Superhacker. Und bringe das mit dem Bankkonto in Ordnung, sonst muss ich Dich vielleicht killya, klar?“
    Er zuckte mit den Schultern, blickte aber nicht auf. Niemand beim SID hatte ihm gesagt, das ein Under-Cover-Einsatz auch unter die Haut geht.


    Check Up



    „Sie werden jetzt gleich ein Ziehen spüren und dann dürfte es kurz Schwarz vor Ihren Augen werden. Sind sie bereit, Misstress Doe23?“
    „Sicher Doktorchen. Ich bin ganz in Ihrer Hand, mein Bester.“
    Monique starrte mit unbeweglichen Augen und ohne Blinzeln an die Decke. Sie lag auf einem Metalltisch, dessen Ränder hoch gebogen waren. Am Fußende war eine Mulde mit einem Abfluss eingelassen. Der Tisch war wohl auch für größere Lebewesen geeignet. Monique füllte mit ihrer Körpergröße von 1,69 Metern gerade einmal zwei Drittel. Ihre rabenschwarzen Haare Haaren hochgesteckt, von ihren Nacken aus schlängelte sich ein dickes, gelbes Kabel zu einem Computerterminal auf Rollen, das rechts neben dem Kopfende des Tisches stand.
    Ihre Augen blieben weiter starr, bis sie kräftig blinzelte. Sie blinzelte erneut und seufzte gestresst auf. Ein missmutiger Ausdruck erschien auf ihrem sommersprossigen Gesicht.
    „Doc,“ sagte sie mit einem gestressten Unterton. Der Mann in dem schmuddeligen weißen Kittel beugte sich über die Kante und leuchtete mit einer Stiftlampe in die blauen Augen der Frau.
    „Ich habe so ein taubes Gefühl und kann nichts sehen.“ beschwerte sie sich verärgert und drehte den Kopf hin und her.
    „Äh, und ich glaube, ich höre nichts mehr.“ ergänzte sie mit einem Anflug von Panik in der Stimme.
    Der Mann betrachtete schweigend die Anzeigen auf dem Monitor, blickte zwischendurch zu Monique herüber. Er strich sich über das glatt rasierte Kinn und nickte ausdruckslos, während seine Augen über die Anzeigewerte huschten. Dann betätigte er einige Tastenfelder an dem Terminal. Monique keuchte erleichtert auf und fixierte mit einem tadelnden Blick den ergrauten alten Mann.
    Er blickte kalt zurück.
    „Wurde auch Zeit,“ grummelte sie, „Sie sagten, es wird kurz schwarz.“
    „Ich war unschlüssig,“ erklärte er mit einem nicht gerade unschlüssigen, dafür aber kalten Ton in der Stimme.
    Sie hob eine ihrer feinen Augenbrauen zur Frage und machte einen Schmollmund.
    „Unschlüssig,“ begann er erneut, „Ob ich Ihnen sofort den Saft abdrehe oder noch einige Fragen habe, Agent.“


    Monique schrie und rollte den Kopf hin und her. Aber ihr Körper zuckte nicht einmal. Sie fluchte gekonnt und Akzentfrei in zehn verschiedenen Sprachen und bezichtigte ihn inzestuöser Geschlechtspraktiken sowie Paarungen mit Nicht-Intelligenten Lebensformen. Der alte Mann schmunzelte nicht einmal.
    „Sind Sie fertig?“ fragte er mit einem ungeduldigen Unterton.
    „Schalten Sie doch meine Stimme ab, wenn Ihnen nicht gefällt, was ich sage.“ zischte Monique herausfordernd.
    „Ein kleiner Schnitt und die Stimmbänder sind durch,“ sagte der Mann und griff in ein Tablett mit kleinen Werkzeugen und medizinischem Besteck auf einem kleinen, rollbaren Tisch.
    „Ihr Stimmverzerrer ist wie der Rest Ihrer Cyberware deaktiviert. Nicht, das Sie laut genug schreien könnten, um meine Dämpfungssysteme zu übertönen.“
    „Na los doch, machen Sie mit mir, was Sie wollen, alter Perversling!“ keuchte Monique und warf ihm tödliche Blicke zu. Er schlenderte herüber zu dem Computer und veränderte einige Eingaben. Monique stöhnte verärgert auf.
    „So, Sie müssen mich nicht sehen, um meine Fragen zu beantworten. Was Ihre Taubheitsgefühle angeht....“ Es klatschte, ein Schmerz blühte in der linken Wange auf, gefolgt von einem Brennen.
    „Ihre verdrahteten Reflexe habe ich abgestellt. Ihr vegetatives Nervensystem ist natürlich und hält Sie am Leben, aber solange die künstlichen Reflexe die Natürlichen überlagern, werden Sie kaum noch Ihre Bewegungen kontrollieren können. Falls ich Sie foltern wollte, würde das bei Ihnen sehr umständlich werden. Ihr Nervensystem ist biologisch modifiziert, das kann ich nicht hacken. Daher würde ich vorschlagen, wir plauschen ein wenig und vielleicht überleben Sie, wenn mir die Antworten gefallen.“
    „Man weiß, wo ich bin,“ zischte Monique drohend.
    „Mag sein. Aber die Banden da draußen auf der Straße werden gut von mir bezahlt und ich gebe ihnen Rabatte. Diese Leute sind sehr loyal und territorial.“
    „Und wo ist Ihre Loyalität, Tüftler 913?“
    Der Mann verzog das Gesicht abfällig. Er verschränkte die Arme und sah, wie Monique süffisant lächelte, während ihre abgeschalteten cybernetischen Augen blind an die Decke starrten. Seine Hand wanderte kurz zu den Kontrollen, aber dann zog er sie wieder zurück und verschränkte wieder die Arme.
    „Ich habe eine komplette Gesichtsmodifikation und Genanpassung erhalten. Sie können mich nicht identifizieren.“
    Monique lachte höhnisch. „Die gleichen, buschigen Augenbrauen und die fehlenden Eckzähne. Ja, selbst Ihr Habitus und Rhythmus der Sprache haben sich nicht verändert. Sie währen ein schlechter Agent.“
    Drohend hob er den Finger, schnappte nach Luft... und fing sich sogleich. Er blickte über den Körper der Frau.
    Sie war bis auf die Unterwäsche entkleidet. Muskulös, aber mit ästhetischen Rundungen. Ihr Büstenhalter war offensichtlich ein Push-Up, der ihre Körbchengröße von 75C auf D erweiterte. Straffe, milchige Haut einer naturroten Frau, leicht fleckig, sie neige zu Sommersprossen. Feste Schenkel, eine schmale Taille, die Bauchmuskeln zeichneten sich leicht unter der Haut ab. Durchtrainiert, athletisch. Er blickte auf die Messergebnisse. Sie sagten etwas anderes über diese Frau aus. Er scrollte weiter herunter.
    „Lassen Sie sich Zeit, Tüftler. Ich denke, es sollte jetzt knapp 65 Uhr sein. Sie haben noch knapp zwanzig Minuten, bis Ihnen der Arsch aufgerissen wird.“
    „Ha!“ sagte der Doktor. Er blickte in das ein wenig genervt wirkende Gesicht mit geröteten Wangen. Er nickte ihr zu, auch wenn sie das nicht sehen oder gar hören konnte.
    „Ich kenne die Arbeit. Ihre Cyberware ist vom Geheimdienst, ich habe Teile davon mit entwickelt.“
    „Ich sagte bereits, das ich Sie identifiziert habe, Tüftler,“ erklärte Monique gereizt. Sie drehte den Kopf in seine Richtung, als er mit schweren Schritten um den Tisch herum lief und einen Injektor von einem Tablett auf nahm.
    „Ich denke, Sie sind eine Ziffer-Agentin,“ erklärte er mit ruhiger Stimmlage.
    „Die gibt es nicht mehr. Schon vergessen, als Sie aus dem Imperium geflohen sind?“
    Ohne darauf ein zu gehen fuhr er fort. „Einige Ihrer Komponenten sind 19 Jahre alt. Meine Scanner schätzen sie auf 35 bis 44 Jahre alt. In der Zeit habe ich maßgeblich die Forschung beeinflusst.“
    Er stierte sie plötzlich über die Spitze der Nadeln am Injektor an.
    „Meine Errungenschaften sind natürlich unter dem Deckmantel des IG verborgen geblieben. Was Czerka erst Jahre später entwickelte, das war bereits zur Serienreife gelangt bei meinen Kollegen und mir.“
    „Natürlich ohne den gebührenden Dank und Respekt zu erkalten,“ ergänzte Monique in den gleichen Tonfall wie der Doktor. Er nickte sich selbst zu.
    „Und dann diese Experimente. Sie sind unsere Schöpfungen, Agent. Wir haben Sie zu perfekten Killermaschinen gemacht.“
    Monique stöhnte genervt. „Bilden Sie sich nicht zu viel auf Ihre Cybernetik ein, Tüftler,“ erklärte sie mit einem sarkastischen Unterton, „Talent und jahrelanges Training machen uns zu dem, was wir sind. Ihre technischen Spielereien sind eine gute Ergänzung, aber sie können keine perfekten Agenten erschaffen, wenn der biologische Teil nicht passt.“
    „Ja,“ er nickte. „Das fand ich immer so amüsant an euch >>Feldagenten<<. Arroganz und Überheblichkeit, Lebensmüde und eine Priese Intelligenz, Ihr seit alle so verdammt überlegen gewesen. Und jetzt? Der IG ist tot, zerstört von innen heraus, durch Intrigen der Sith, wie ich flüstern höre. Ich denke, ich habe mich nicht zu früh von meinem Dienstherren getrennt.“
    „Ich würde jetzt mit den Schultern zucken, aber … Sie verstehen,“ sagte Monique und lächelte mitfühlend.
    „Wie haben Sie mich denn gefunden?“ fragte der Doktor mit gerunzelter Stirn und legte den Injektor zurück auf das Tablett zu den anderen Gegenständen.
    „Ich muss gestehen,“ begann Monique in einer zaghaften Art, während ihre Wangen sich erröteten, „ich bin hier, um Ihre Kundenliste zu kopieren.“
    Jetzt entglitten dem Doktor kurz die faltigen Gesichtszüge. Seine buschigen Augenbrauen wanderten seine Stirn hoch und er wirkte verblüfft.
    „Sie...“ „Genau. Ich bin eben auch nicht mehr in dem Verein. Und Ihr Ruf auf der Straße ist sehr gut.“
    Der Doktor massierte seine Schläfen mit den Fingerkuppen der Zeige- und Mittelfinger.
    „Konkurrenz?“
    „Da müssen Sie mich schon foltern.“
    „Lässt sich einrichten,“ erklärte der Doktor trocken und trat an den Tisch heran, stützte seine Hände am Rand ab und beugte sich vor.
    „Sie wollen sagen, Sie sind durch Zufall auf mich gestoßen? Ich... ich bin schon seit acht Jahren im Untergrund, und jetzt hat mich meine Arbeit verraten?“
    Monique machte ein gequältes Gesicht. „Tüftler, gegen den Mundgeruch sollten Sie dringend was machen. Entweder Magen oder Zähne, oder essen Sie viel exotisches?“
    Der alte Mann stieß sich vom Tisch ab und fuhr sich genervt durch die Haare.
    „Wie Sie selbst sagten, man hat Ihnen Ihren Ruhm vor enthalten. Jetzt, wo Sie hier in Nar Shaddaa cybernetische Implantate her stellen und implantieren, ist Ihr Talent zumindest in der Unterwelt bekannt geworden. Vielleicht nicht die Anerkennung, die Sie verdienen, aber... nun ja, Ihre Kundenliste ist einiges Wert.“
    „Ich soll Ihnen das glauben?“
    Fassungslos stierte der Doktor Monique in die deaktivierten Augen.
    Sie zog einen Flunsch.
    „Tüftler, ich bin Ziffer-Agentin. Ex, meinetwegen. Glauben Sie, wenn ich mit einem Tötungsauftrag hier wäre, hätte ich mich von Ihnen vorher untersuchen lassen?“ Sie klimperte mit den starren Augen, was ein wenig nach einer Puppe ausschaute.
    Der Doktor verschränkte wieder die Arme vor der Brust.
    „Wie wollten Sie denn meine Kundenliste stehlen?“
    „Sie meinen, wie ich sie gestohlen habe?“
    Der Doktor stöhnte entsetzt auf und stiefelte um den Tisch herum zu seinem Terminal. Wild überprüfte er die Einträge.
    „Logdateien wurden schon gelöscht,“ sagte sie in einem belehrenden Tonfall.
    Er blickte sie verwirrt an. Ihre toten Augen machten ihn nervös. Er betätigte einige Funktionen am Terminal und die starren Augen von Monique wuselten plötzlich wie lebendig umher.
    „Danke, Tüftler.“
    „Wann?“
    Sie sah ihm in die stahlgrauen Augen und schmunzelte.
    „Ich habe ein Protokoll geschrieben und in meinem Speicher geladen, das sich über die Cybernetikhardware in ihren Computer gehackt hat. Da ich selbst keinen Datapad zur Verfügung hatte, musste mein Programm intelligent genug sein, alles alleine zu erledigen. Der Vorteil war, das nur ein kleines Datenpaket zu Ihrem Computer, und ein weiteres, noch kleineres Datenpaket von Ihrem Computer über die Leitungen in meinen Kortex-Speicher gesendet wurde. Als Sie mir den Saft abgedreht haben, war ich bereits im Besitz Ihrer Daten.“
    „Und Beweise gibt es dafür nicht?“
    Monique schmunzelte.
    „Geben Sie mir mein Datapad da aus dem Haufen meiner Sachen und ich zeige Ihnen, was ich in meinem Kopf gespeichert habe. Noch weiß ich selbst nicht, was mein Programm geklaut hat.“
    Kalt blitze es in den Augen des Doktors auf. Er schlenderte langsam auf die andere Seite des Tisches, wurde von Moniques Blicken verfolgt.
    „Natürlich kann ich auch Ihren Speicherchip aus dem Kopf entfernen,“ erklärte er mit einem eisigen Unterton.
    „Andererseits... gefällt Ihnen eigentlich Ihr neuer Job? Ist die Bezahlung gut? Gibt es Pensionsansprüche? Machen Sie das, wofür Sie berufen sind oder ist nicht alles hier ein Hindernis? Wo sehen Sie sich denn in, sagen wir, fünf Jahren?“
    Der Doktor hielt inne. Wütend fixierte er den gelassenen Blick der Frau.
    „Sie haben komplett den Verstand verloren, Agent.“
    „Sie haben Ihr Lebensziel verloren, Tüftler.“ antwortete die Frau wie aus dem Blaster gefeuert. Er zuckte überrascht mit den buschigen Augenbrauen.
    „Sie haben >>Freunde<< da draußen, die auf Sie aufpassen? Eine verdammte Streetgang, der Abschaum, der dieses Viertel tyrannisiert. Eine Kinderbande mit leichten Waffen und ein wenig Cybernetik. Glauben Sie, ich gehe in diesen Sektor, ohne mich zu informieren? Mit der Hand in der Tasche an einem Blaster schleichen Sie sich durch die Schatten der Neonbeleuchtung, um in Ihrem luxuriös eingerichtetem Apartment an zu kommen ohne überfallen zu werden. Ständig die Gefahr, von einem Kunden auf Eis gelegt zu werden, der seine Identität geheim halten will und keine Mitwisser braucht. ...“
    Monique tischte ihm eine Geschichte auf, die sich in ihrem Verstand zusammen setzte, während sie die Gestik und Mimik und die bisherigen Erkenntnisse analysierte. In Augenblicken der Lebensgefahr benötigte sie keine cybernetischen Prothesen, um ihren biologisch modifizierten Verstand auf Hochtouren zu bringen.
    Der Doktor holte tief Luft, aber Moniques blaue Augen hielten seinen Blick gefangen und seine Zunge war wie gelähmt, als die halb nackte Frau ihn verächtlich musterte und ohne Unterbrechung fort fuhr.
    „Ja, Ihre Reputation. Verschwiegen, professionell. Der Beste seines Faches. Aber >>nur<< der Beste hier unten in den Sub-Leveln vom corellianischen Sektor. Was bedeutet Ihre Reputation denn wirklich? Das Sie viel Geld von Verbrechern bekommen, um deren Sklaven mit Cybernetik zu modifizieren? Erhalten Sie einen Dank von einem der Streetpunks, der sagt, dass Ihre Implantate dafür gesorgt haben, das er im letzten Bandenkrieg doppelt so viele Gegner abgeschlachtet hat? Was ist mit reichen Schnöseln, die gerne einen Penis hätten, der auf Kommando steif wird? Das ist besser als im Dienste des Imperiums die Überlebenschance von Soldaten und Agenten zu verbessern?“
    Der Doktor griff ohne den Blick zu senken auf das Tablett und umkrallte den Injektor, das seine Knöchel weiß hervor stachen.


    Mit einem mitfühlenden Blick fragte Monique: „Sind Sie glücklich?“

  • Überfällig



    Iaco brütete über einigen Eingaben, die auf seinem Schirm erschienen. Im Hintergrund lief ein Nachrichtenholo vom Nar Shadda News Network. Berichten zufolge war die Rakghoul-Seuche ausgebrochen, doch er ließ sich von den reißerischen Meldungen nicht verunsichern. Seine beiläufigen Nachforschungen im Halapu, dem huttischen Holonetz hatten keine Anzeichen gezeigt. Das ganze beruhte zunächst auf illegal abgefangenen Sendungen der HuttSec, und die waren nicht gerade für ihre professionellen medizinischen Diagnosen bekannt, wie Iaco ironisch dachte.
    Dennoch war diese Aufregung interessant. Sein abgezweigtes Geld jetzt in die Firmen zu investieren, die den Rakghoul-Impfstoff produzierten, konnten ihn reich machen. Er hatte nicht vor, mit dem Leid der Betroffenen Profite zu machen, doch das dies geschehen würde, lag auf der Hand. Das Geld an eine humanitäre Einrichtung zu spenden, zum Beispiel für die 90% der Bevölkerung, die sich keine Impfstoffe leisten konnten, war da sein Gedankengang. Natürlich würde er einen Teil für sich behalten, denn im Prinzip war er ja auch hilfsbedürftig... nur das er sehr wohl in der Lage war, sich selbst zu helfen.
    Der einzige Störfaktor war T7-06, oder Teesevensix. Der kleine arrogante Astromech-Droide hielt sich für einen Hacker und war von Monique offensichtlich umfangreich modifiziert worden. Dabei musste sie die Persönlichkeitsmatrix beschädigt haben, denn der kleine tonnenförmige Droiden auf drei Laufrädern und mit dem diskusförmigen Sensordom verhielt sich wie ein kleiner Ganger. Sein Auftreten war ruppig, er zwitscherte Wiederworte und versuchte, mit seiner eigentlich sehr geradlinigen Droidensprache Flüche und Beschimpfungen zu vokalisieren. Iaco hatte den Eindruck, die Persönlichkeitsmuster gehörten nicht zu einem so logisch operierenden und dienstbeflissenen Droidenmodell. Aber mehr, als das dieses Verhalten unsinnig und ärgerlich war, konnte er dazu nicht sagen. Der kleine Mülleimer war hier geblieben und hatte sich mit seinem Konnektor in das Netzwerk eingesteckt. Er verfolgte alle Aktionen von Iaco, sodass diesem kaum die Möglichkeit blieb, sein ehrlich geklautes Geld in Pharma-Aktien zu investieren, ohne das Teesevensix misstrauisch wurde.


    Iaco schmunzelte und drehte sich mit seinem bequemen Bürostuhl zu der kleinen Nervensäge um, die unverständliches Binär piepte und quietschte
    „Teesevensix, Du solltest Dich mal nützlich machen und unser Sekundärsystem überprüfen.“
    „Bestätigung: Diagnoseprogramme gestartet, ineffiziente biologische Einheit kann mit Kartenspielen fortfahren.“
    Iaco blickte kurz auf sein Datapad und runzelte die Stirn, als er die Antwort von Teesevensix las.
    „Nein, ich meinte, das Du das selbst machst, nicht ein Programm. Wir wollen doch die Betriebsbereitschaft prüfen und sicher gehen, das wir keine Trittbrettfahrer haben.“
    „Zustimmung: Person Iaco entspricht dem Terminus eines Trittbrettfahrers. Iaco kann gehen und T7-06 exekutiert die Aufgaben von Monique autonom.“
    „Was? Ich meinte Hacker...“
    „Bestätigung: Antivirusprogramm geschrieben von T7-06. Hacker nicht im System.“
    Iaco lächelte breit. Von einem Droiden veralbert und beleidigt zu werden, war etwas neues. Aber nichts, mit dem das Ego der Durastahlratte nicht fertig geworden wäre! Er ließ klatschend die Hände auf die Oberschenkel fallen.
    „So, du Experte. Dein Antivirus-Programm ist also sicher? Das möchte ich mal sehen!“
    Er wandte sich seinem Eingabefeld zu und wischte und tippte los. Er würde dem kleinen Kerl schon zeigen, das er besser war. Soviel zu seiner Gelassenheit. Der Angriff auf die eigenen Sicherheitssysteme würde ihm zugleich die Möglichkeit geben, ein paar Transaktionen vor zu bereiten, die er während des Systemangriffes an die Börse senden konnte.
    „Einwand: Monique ist jetzt über der Zeit. Rettungsmaßnahmen einleiten.“
    Iaco grinste siegessicher. Als Durastahlratte war er mit Dateneinbrüchen vertraut. Und natürlich hatte er schon vor einer ganzen Weile das Antivirus-Programm überprüft und kannte es daher. Er war sich sicher, die Schwachstellen zu finden, und ließ ein selbstgeschriebenes Scanprogramm laufen, das seine vermuteten Schwachstellen aufdecken würde. Er bemerkte nicht, wie eine Zangenklaue an seinem Bein zupfte. Erst, als er unter einem Stromstoß zusammen zuckte, wurde er aus seiner Trance gerissen und quietschte sehr feminin auf, rieb sich den rechten Unterschenkel und starrte den Droiden wütend an, der eine Energiekupplung in sein Gehäuse zurück zog.
    „Verdammter Mülleimer! Was soll das? Willst Du mich so besiegen?“
    Der filigrane Droidenarm von Teesevensix nahm das Datapad vom Tisch auf und drehte es so, das Iaco die Übersetzung der Droidensprache lesen konnte.
    „Einwand: Monique ist jetzt über der Zeit. Rettungsmaßnahmen einleiten.“
    „Rückfrage: Hast Du defekter Säuger meinen Einwand verstanden?“
    „Drohung: WENN Rückantwort gleich negativ dann Elektroschock!“
    „Drohung: Antwort oder Elektroschock.“
    „Erklärung: Elektroschock ist gut für Iaco. Niedrige Einstellung. Wenn Kooperation gleich negativ dann wird Einstellung erhöht.“
    Iaco bekam heiße Ohren und er hörte auf, sein Bein zu reiben.
    „Du hast Spaß daran, Du rollendes Ersatzteillager.“
    Zur Antwort schob sich die Energiekupplung aus dem Gehäuse des Astromech.
    Iaco hob ergebend die Hände und lehnte sich an seinem Stuhl an.
    „Okay, verstanden, ja, gut. Monique ist überfällig, was immer das zu bedeuten hat. Hat sie mir jemals gesagt, was sie macht? Sie sagt mir ständig, was ich machen soll, aber wenn sie mal einen Auftrag aus führt, dann erfahre ich nichts.“
    „Einwand: Iaco ist nicht vertrauenswürdig.“
    „Hä? Das musst Du gerade sagen. Also, was erwartest Du jetzt von mir? Ich weiß nichts über ihren Auftrag und … „ ihm fiel ein, das es nicht gut wäre zu erwähnen, das er vor mehr als einer halben Stunde den Kontakt zu Moniques Holokom verloren hatte. Der Droide könnte auf die Idee kommen zu fragen, woher er das wusste. Iaco war sich sehr wohl darüber im klaren, das der Droide ihn für Monique überwachen sollte. Seine Aussage gerade hatte diesen Verdacht hinreichend bestätigt.
    „Äh, ich habe keine Ahnung, wie wir sie aufspüren können.“
    Der Droide zwitscherte wieder etwas, und Iaco riss ihm sein Datapad aus der Hand.
    „Schön, das Du Bescheid weist. Bevor wir da runter fliegen, sollten wir jedoch noch ein wenig über diesen Stadtteil in Erfahrung bringen. Ich habe das Gefühl, das sich dort eine Menge Drecksgesindel herum treibt, und ich würde gerne meine schöne neue Jacke sauber behalten.“
    „Warnung: Faktor Zeit gleich entscheidend!“


    ***


    Der Doktor überprüfte den Injektor. Kritisch beäugte Monique seine professionellen Handgriffe. „Ihnen zu drohen würde keinem von uns beiden helfen,“ erklärte sie mit ruhiger Stimme, „aber ich sagte bereits, das Ihre Zeit ab läuft. Tick, Tack.“
    Der Mann betrachte sie mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck. „Soll das eine von den berühmten Überredungskünsten sein, mit denen Ihr jeden in der Galaxis um den Finger wickelt, damit er freiwillig oder gar unbewusst für das Imperium arbeitet? Ich habe gefährlichere Drohungen und attraktivere Angebote bekommen. Sie halten mich wahrscheinlich für einen Fachidioten.“
    Mit einem entsetzten Blick starrte sie ihn an. Er dachte kurz, das sie endlich begriffen hatte, das er sie jetzt als Ersatzteillager benutzen würde.
    Doch dann sagte sie: „Ich halte Sie für ein Geschenk, Tüftler. Schauen Sie, ich wollte von einem Streetdoc mit hervorragender Reputation Kundendaten stehlen, stattdessen bekomme ich meinen eigenen Cybernetiker. Mit Ihrem Fachwissen, meinen Verbindungen und den Lieferungen aus dem Imperium können wir sie groß auf bauen und sie versorgen meine Agenten und mich mit Updates, Reparatur und neuer Cyberware Sie würden nicht direkt für das Imperium arbeiten, sondern für mich. Das gibt ihnen den Freiraum, den sie brauchen aber die Ressourcen, die sie benötigen. Der Imperiale Geheimdienst braucht Sie, und was noch viel wichtiger ist, ich kann Sie gebrauchen.“
    Der Doktor überlegte einen Moment angestrengt. Dann schüttelte er den Kopf.
    „Ich werde Sie karbonisieren, dann kann ich später Ihre Cyberware ausschlachten. Die ist zwar schon älter, aber für heutige Standarts auf dem Schwarzmarkt noch fast erstklassig.“ Er wechselte die Phiole im Injektor gegen eine andere aus und blickte beinahe wehmütig zu Monique herüber, die abgesehen von Kopfbewegungen und gelegentlichem Gliederzucken keinen Muskeln koordiniert bewegen konnte.
    „Es war ein Versuch wert,Tüftler,“ sagte sie mit einem Bedauern in der Stimme und einem beinahe traurigen Ausdruck. Der Arzt ließ sich nicht verwirren und näherte sich dem Tisch, auf dem Monique lag.
    Dann war eine Cantina-Melodie zu hören....
    Dem Doktor fiel beinahe der Injektor aus der Hand. Verängstigt wirbelte er herum, blickte zu der Kleidung von Monique, die auf einem Sofa, das zwischen einem Schrank und einem Kühlschrank eingezwängt war, am anderen Ende des Raumes lag.
    „Gehen Sie ruhig ran,“ sagte Monique. Der Doktor blickte zu ihr herüber, der Anflug von Panik war in seinen Augen zu sehen.
    „Es ist für Sie, Tüftler“
    „Wie ist das möglich, Agent?“
    „Ach, lassen Sie doch einer Frau ihre Geheimnisse. Gehen Sie lieber an mein Holokom, das könnte für ihr Überleben wichtig sein.“
    Der Arzt blickte grimmig.
    „Sie wollen mir allen Ernstes erzählen, das Ihr Holokom durch meine Abschirmung hindurch Kontakt hat? Das ist doch eines von diesen Agenten-Spielzeugen.“
    Monique machte ein gequältes Gesicht. „Tüftler, ich kann nicht mit den Schultern zucken. Das ist mir sehr unangenehm, aber ich konnte bereits vor dem Betreten Ihres Schuppens....“
    „Das ist eine Klinik! Ich arbeite hier unter aseptischen Bedingungen! Die Einrichtung entspricht dem Besten, was ich auf diesem huttischen Sondermülllager besorgen konnte!“
    Monique kicherte. Das Holokom verstummte.
    Der Arzt blickte ratlos. Monique kopierte seinen Gesichtsausdruck.
    „Was soll das jetzt wieder bedeuten?“
    „Ihre Frist läuft ab. Sie sollten jetzt besser Ihr Testament überprüfen, ein letztes Holokom mit Mutti führen oder sich meinen Vorschlag durch den Kopf gehen lassen.
    Solange er noch auf den Schultern sitzt.“



    Das ehrenwerte Handwerk



    Iaco blickte angestrengt durch sein kompaktes, kleines Fernglas. Er zoomte einige Stellen des Gebäudes heran, schaltete die Modis durch. Dabei paffte er an einer dicken Zigarre und kaute gedankenversunken an dem getrockneten, handgerollten Blättern. Schließlich entdeckte er auffällige Temperaturunterschiede und glaubte ein Sensornetz zu erkennen. Neben ihm zwitscherte Teesevensix ungeduldig.
    „Ich weiß, was Du sagen willst, und Du hast natürlich Recht, mein kleiner strahlender Ritter in Blechrüstung. Wir schießen Dich mit einer Magnetkanone in das Oberfenster und Du blasterst Dir einen Weg durch die Verteidiger, Rettest Monique und bekommst sie zur Frau.“
    Teesevensix schnatterte empört und fuhr eine Art Abschussvorrichtung für Pfeilgeschosse aus seinem tonnenförmigen Körper aus. Er richtete bedrohlich schnatternd die Röhre auf den Hintern von Iaco aus.
    Der selbst ernannte Superverbrecher und Gelegenheits-SID-Agent ignorierte das Geschnatter in seinem Rücken und plapperte munter weiter.
    „Ja, Teekanne, ich bin auch ganz begeistert von meinen Ideen. Ich komme überall rein, kann jedes Schloss knacken und allen Behörden dieser Galaxis entkommen. Aber dieses Macht-Ding habe ich nicht, nur meinen überragenden Intellekt und meine umfangreiche Schulung im Handwerk des Verbrechens. Und das einzige, was ich überhaupt nicht mag, ist unvorbereitet in eine Situation zu stolpern.“
    Er nahm das Fernglas von den dunklen Augen, paffte noch zwei Züge und drehte sich dann um, um die Spitze seiner Zigarre in die Abschussröhre des Astromechdroiden zu stecken.
    „Halte das mal eben für mich. Ich brauche jetzt ein wenig Inspiration, um Deine Braut zu retten.“ erklärte er arrogant und zog aus der Gesäßtasche einen Flachmann, während er das Fernglas in eine Innentasche seiner Jacke verstaute. Mit einem Schmatzen der Vorfreude schraubte er den Verschluss ab und ließ einen tiefen Zug goldener Flüssigkeit gluckernd die Kehle hinablaufen. Dann seufzte er zufrieden und schüttete einen Schluck in seine hohle Hand, steckte die offene Flasche zurück in die Tasche.
    Er benetzte beide Hände mit dem starken alkoholischen Getränk und begann, mit den feuchten Fingern seine gestylten Haare durch zu kneten.
    „Siehst Du das Gebäude vor uns?“ fragte er rhetorisch und betrachtete besagten Bau. Ein keine zwölf Stockwerke hohes Gebäude, dessen Eingang aus einem Turbolift bestand, der auf Bodenlevel überdacht war.
    „Das soll der Ort sein, wo ein Streetdoc eine Schattenklinik betreibt? Sieht für mich nach einem Bandenversteck aus. Der einzige Wohnblock in dieser herunter gekommenen Gegend, der halbwegs sauber ausschaut und wo keine Obdachlosen herum lungern. Nur die beiden verdächtigen Jugendlichen.“
    Teesevensix nahm die besagten Typen in sein Visier. Iaco plauderte weiter:
    „Offensichtlich verbringt der kleine wandelnde Schrank sein ganzes Leben im Fitnessstudio und frisst Steroide oder aber er hat massive cybernetische Muskelimplantate. Die Oberarme sehen aus, als würden Schläuche unter seiner Haut liegen, typische Billigware. Der Andere hat so ein nervöses Zucken, ich vermute entweder, er ist auf einem miesen Trip oder aber er verwendet cybernetische Reflexverstärker, die ihm langsam sein Nervensystem zersetzen. Was sagst Du dazu, Teekanne? Ach ja, Fu kannst ja nur flöten und piepsen, armer Kumpel. Warum wohl hat Dir die liebliche Monique keinen ordentlichen Voicecoder spendiert? Ich wette, weil Du nichts wichtiges zu sagen hast, He, He.“
    Sorgsam knetete Iaco seine Haare zu einer Art Hahnenkamm oder Irokese, der allerdings wegen der kurzen Haare recht mickerig aus fiel. Teesevensix zwitscherte meckernd, wurde langsam nervös, weil er durchaus bemerkte, das der Mitarbeiter von Monique nicht ein einziges Mal auf das Datapad die Übersetzung von Binär nach Basic gelesen hatte. Iaco hielt inne, hob den rechten Zeigefinger mahnend und sagte: „Ja, das ist nicht perfekt.“
    Er wischte mit seinen Händen über den dreckigen Boden und strich dann über seine modische graue Jacke, klopfte seine Hose mit den dreckigen Händen ab. Schließlich drehte er sich wieder zu dem Astromech um und nahm die Zigarre aus dem Rohr, hob beide Hände auf Hüfthöhe und posierte vor dem Droiden. „Nicht perfekt, aber ich bin hier ja auch gezwungen, mich unter Wert zu verkaufen und zu improvisieren. Was für ein lächerliches Wort für schlampige Arbeit. Aber Dein Liebchen hat vermutlich nicht mehr viel Zeit über, wenn sie in Gefahr schwebt. Der aalglatte JB eilt zur Rettung... äh ich meine der Ritter Teesevensix eilt zur Rettung, begleitet von seinem hilfreichen Knappen JB.“


    ***


    „Aufmachen!“ grollte der komische Vogel vor der Tür.
    Drinnen war Stimmengemurmel zu hören. Iaco bollerte wieder gegen die Tür und machte dabei ein verärgertes Gesicht. Er drehte den Kopf von der Tür und dem Sensor darüber weg und grinste Teesevensix frech an.
    „Du fragst Dich sicher, warum der clevere JB im Nachbarhaus ist, und Deine Frage ist berechtigt. Meinen Plan wirst Du gleich erkennen, tapferer Rosteimer!“
    „Wer begehrt eine Audienz?“ piepste eine Stimme auf Rhodianisch. Iaco stierte wieder zur Tür und versuchte seine Augen wild rollen zu lassen. Er hatte zwar kein Wort verstanden, doch die kehligen Laute sagten ihm, das er es hier mit einem untypischen Bewohner des Corellia-Sektors zu tun hatte: einem nicht Corellianer und vielleicht sogar von einer anderen Spezies.
    „Sel Valle Volgoth Al dormi de mi? Don mi kelca Bantha Bifshek Il Frihi!“ erklärte er ärgerlich auf corellianisch, was so fast die einzigen beiden Sätze waren, die er flüssig beherrschte, wobei er gerade ein anzügliches Angebot mit einer Menuebestellung kombiniert hatte. Das zeigte seine Wirkung. Eine verunsicherte Pieps stimme versuchte in schlechtem Basic aber sehr unterwürfig zu antworten: „Ich verstehen nicht.“
    „Zahltag, alter Mann! Und lerne gefälligst mal unsere Sprache, cerha?“
    Es rumpelte hinter der Tür. Die Stimme kam eingeschüchtert und schwach herüber: „Zahlen Woche vorher.“
    Iaco versuchte fies und gleichzeitig blutrünstig zu schauen.
    „Dann findet jetzt eine Räumung statt, Fremdweltler!


    Öffne Tür, Du Aas
    und zahl daas,
    sonst setzt es waas!“


    Tatsächlich öffnete sich die Tür, und Iaco zog seine Pfeilpistole, während Teesevensix plötzlich an ihm vorbei zischte, die Tür auf rammte und dabei fast umgefallen wäre. Iaco stutzte überrascht, als der kleine, auf Krawall gebürstete Droide in das Ein- Zimmer- Apartment preschte und einen altersschwachen Rhodianer verfolgte, der humpelnd rückwärts taumelte und hilfesuchend in rhodianischer Sprache kreischte. Bevor Iaco auf ihn mit einem Betäubungspfeil angelegt hatte, war die umgebaute Energiekupplung des Astromechdroiden ausgefahren und ein Stromstoß erwischte den Rhodianer, das er zuckend zu Boden schlug.
    Der Schurke verschloss zunächst sorgsam die Tür von innen und lief dann an die Seite des alten Wesens und fühlte dessen Puls.
    „Junge, Du hast vielleicht Manieren. Ich hatte doch alles unter Kontrolle! Schon mal was von einen Ehrenkodex gehört? Wenn der Alte einen Herzinfarkt erleidet, wirst Du ausgeschlachtet und als mobiler Mülleimer verwendet!“
    Eine Art keckerndes Geräusch kam von dem Droiden, und er fuhr ein ganzes Arsenal irgendwie bedrohlich aussehender Werkzeuge aus. Offensichtlich verlor die Einheit gerade den Geduldsfaden mit Iaco.
    Iaco seufze auf und stemmte die Hände in die Hüften, um dann mit der Rechten zur gegenüber liegenden Wand zu weisen.
    „Nerve mich nicht, wenn ich gerade in Fahrt komme. Ich bereue es bereits, Dich als wandelnden Werkzeugkasten mitgenommen zu haben. Wie Du hättest bemerken können, teil sich dieses Gebäude die Wand mit dem daneben liegenden Gebäude. Das liegt daran, das diese Wand ein tragendes Element für die nächste Ebene über uns in diesem Sektor bildet. Hat Dir Monique etwa diesen Teil Deines Ingenieurprotokolle gelöscht, um Deine unverschämte Persönlichkeit zu speichern?“
    Iaco wartete nicht auf eine Antwort, zog aus einer Tasche, die im Rückenbereich seiner Jacke versteckt war, einen handlichen Scanner und begann, die Wand zu untersuchen.
    „Punkt Nummer Eins eines jeden Planes ist ein Rückzugsplan, Du kleiner Nörgler,“ erklärte er beiläufig und grinste dann unverschämt in Richtung des diskusförmigen Sensordoms von Teesevensix.
    „Wir bereiten hier eine kleine Sprengung vor. Wenn ich Dich so ansehe... ne , tragen mag ich Dich nicht, Rosteimer. Also auf Bodenhöhe und mindestens Sechzig mal Einhundert. Ja, da siehts gut aus. Ich schiebe mal das Regal zur Seite.... und jetzt brauche ich das Thermit und Axidit, das Du für mich aufbewahrt hast.“

    ***


    „Ich frage mich, warum eine Kinderbande sich Corelian Cavaliers nennt. Wissen die überhaupt, was das bedeutet? Oder glauben sie, mit Speederbikes unter dem pickeligen Ärschen Ritter zu sein? Die sind der primitivste Abschaum, total unprofessionell! Simple Verbrechen wie Schutzgelder, Spiceschmuggel und Organdiebstahl. Nicht einmal den Sklavenhandel oder Spiceverkauf haben die hier unter ihrer Kontrolle. Nicht, das ich das gut heiße. Aber dann währen sie zumindest irgendwie >>kompetent<< in ihrem Gewerbe. Im Rest des corellianischen Sektors hat bestimmt noch keiner von diesen glorreichen und berüchtigten Super-Gangstern gehört,“ höhnte Iaco gut gelaunt. Er hatte sich noch einen Schluck aus seinem Flachmann gegönnt und zog seine schmutzige Jacke aus.
    Zusammen mit seinem unfreiwillige und inzwischen total angenervten Droidenpartner stand er in der Lobby des Gebäudes, das rechts neben dem bedeutend niedrigeren Gebäude angrenzte, in dem sich Monique und der Streetdoc aufhalten sollten.
    „Wir kommen jetzt zu Teil zwei unseres Plans: Einbrechen und Stehlen. In diesem Fall Deine heißgeliebte Misstress Monique. Na, aufgeregt, Blechkamerad? Keine Sorge. Der schlüpfrige JB hat alles unter Kontrolle,“ erklärte er stolz und über beide Ohren grinsend, während er seine Jacke auf links drehte. Sie war jetzt schwarz und mit zahlreichen Taschen besetzt, wirkte eher wie eine Gefechtsweste eines Sondereinsatzkommandos. Er winkte ungeduldig Teesevensix und zeigte zur Lobby.
    „Schau mal nach, ob draußen noch die beiden Trottel Wache stehen, Kumpel. Ich muss mich noch stylen.“
    Der Astromech rollte zum Ausgang, fuhr einen biegsamen Schlauch aus seinem Sensordom aus und ließ diesen nach draußen durch die geöffnete Doppeltür schlängeln. Rechts vom Eingang war der Lift mit dem Vordach zu sehen, vor dem der kleine breite Mensch und der dürre zuckende Mann standen. Die beiden machten auf den Droiden einen verschlagenen Eindruck. Nach seinen Datenbanken waren die Corellian Cavaliers eine kleine Speederbike-Gang im Corellianischen Sektor von Nar Shaddaa, die mehrere Wohnblocks beherrschte. Keine Größen der Unterwelt, doch der kleine Droide wusste, das sein Schildgenerator nur eine begrenzte Menge Schutz bieten würde. Und Gegner zu unterschätzen gehörte nicht zu seinem Kampfprotokoll. Insbesondere der zwischendurch immer wieder einmal zuckende junge Mann schien gefährlich zu sein. Seine Augen blickten irre, so weit Teesevensix dieses Konzept des Gesundheitszustandes richtig extrapoliert hatte. Der Andere war natürlich auch nicht ohne. Er sah so aus, als könne er den durchaus schwer gebauten Astromech mühelos hoch heben und gegen die Wand schleudern. Das würde ihm natürlich schlecht bekommen, wenn er seine Außenhaut unter Spannung setzte. In Berechnungen vertieft, wie er die beiden Gestalten ordentlich in den leblosen Zustand befördern könne, entging ihm beinahe, wie Iaco an ihm vorbei spazierte.
    „Komm schon, Assistent. Ich mach aus dir noch eine richtige Durastahlratte.“

  • Ratte in der Falle



    Morhili fummelte mit seinen Wurstfingern tief in seiner Nase herum. Sein Hauptinteresse galt den krümeligen Rückständen eines letzten Nasenbluten. Sein alter Kumpel Fulmo rümpfte derweil die Nase und schob sich seine breite Brille auf der Nase zurecht. Er sondierte die Umgebung, von gelegentlichen Ticks unterbrochen.
    „Was ist mit Deinem Nervenfieber, Fulmo?“ fragte der Chum auf alt-Corellianisch. Der schlaksige junge Mann schniefte kurz und hob sein Kinn, bevor er schwerfällig antwortete: „M-mach der Doc ha-heile. Pflaster wiiirken scho-on.“ Fulmo klopfte auf den Unterarm, wo am Handgelenk ein Pflaster sichtbar wurde, das über die Haut Wirkstoffe in den Körper absonderte. Seine Bewegungen wirkten fahrig, aber das täuschte. Er befand sich in einem dauerhaften, traumwandlerischen Zustand, in welchem die Umgebung wie durch einen Schleier erschien und alle Bewegungen träge und zäh dahin flossen. Sein Gehirn war permanent überreizt mit den gesteigerten Sinneseindrücken, weshalb der Streetdoc ihm die getönte Brille empfohlen hatte. Sein Schniefen war auch nur ein hastiges Luft holen, da er immer de Eindruck hatte, das er zu wenig Sauerstoff bekam. Schon mit vierzehn Jahren hatte der im corellianischen Sektor geborene Junge seine ersten cybernetischen Upgrades erhalten. Die minderwertige Ware und die vor Abschluss des Entwicklungsprozesses implantierte Hardwear hatte sein natürliches Nervensystem dauerhaft geschädigt. Inzwischen wirkten sich die Schäden bereits auf das vegetative Nervensystem aus, was tatsächlich dazu führen konnte, das er einfach vergaß zu atmen. Nachts trug er daher ein Atemgerät oder aber auch, wenn die Gang einen Überfall durch führte.
    Die permanente Überreizung führte dazu, das sein Geist träge und seine Aufmerksamkeit gestört war. Der massiv gebaute Morhili reagierte daher schneller als sein verdrahteter Chum, als eine verdächtige Gestalt aus dem Nachbargebäude trat, ein paar Augenblicke stehen blieb.


    Der zwielichtig drein schauende Kerl hatte kleine Schweinsäuglein, eine billige Punk-Frisur und schwarze Kleidung mit lauter Taschen auf seiner Weste verteilt. Er blickte überrascht, und die Blicke von Morhili trafen sich mit dem fremden alten Knacker, der bestimmt weit über zwanzig Jahre alt war. Seine Bewegungen stoppten abrupt, seine Nase zuckte, die feinen Augenbrauen gingen nach oben. Dann machte er kehrt und verschwand wieder im Nebengebäude. Morhili wurde misstrauisch, Fulmo raunzte ihm auf Corellesi zu: „Ganger? Wa mad Kerl i Zweizwanzignullacht? Festnemh?“
    Der untersetzte junge Mann grübelte noch, als Fulmo sich bereits auf den Weg machte. Morhili war als Flüchtling nach Nar Shaddaa gekommen, als sein Vater bei einer Explosion in einem Lagerhaus auf Corellia verstarb. Imperiale, Konkurrenzkonzerne, Republikaner, CorSek... wer schuld war, war schon immer nebensächlich. Fakt war, das er das einzige auf dem Planeten Corellia geborene Gangmitglied der Corellian Cavaliers war. Als untersetzt und kleinwüchsig war er zunächst nicht in den Kern der Gang gekommen, das traute man ihm nicht zu. Jedoch hatte er sich über Botendienste hoch gedient, war aber erst mit 17 Jahren in den Kern der Bande aufgenommen worden. Ein Alter, das ihn schon damals „zu den Opas“ der Gang machte. Sein Scharfsinn wurde von einigen geschätzt, andere hielten ihn für einen Dummschwätzer. Das lag immer daran, das er bei Kämpfen nur Unterstützung leisten konnte. Spezielle Mittel und regelmäßiges Training konnten aus ihm nicht schnell genug einen Kämpfer machen. Ihm fehlte die harte Jugend auf der Straße, und bedeutend jüngere Gangmitglieder hatten höhere Ränge in der Bande. Das änderte sich, als er genug Geld gespart hatte für cybernetische Implantate. Noch war es ungewohnt für ihn, ein Sturmgewehr einhändig zu bedienen und schwere Frachtkisten alleine zu tragen, doch er fühlte sich in diesem umgestalteten Körper nicht unwohl.


    Im Gegensatz zu seinem Chum dachte er zunächst nach, bevor er handelte. Das hatte viele körperliche Nachteile ausgeglichen. Eigentlich war er im Rang höher als der fahrige Fulmo, doch jetzt war ihm die Initiative genommen worden. Etwas stimmte mit dem fremden, alten Mann nicht. Der Blickkontakt war zu lange gewesen, seine Bewegungen zu offensichtlich.
    Morhili zog im Laufschritt seinen Blaster, als er seinem Chum folgte. Der verschwand gerade im Eingang. Morhili wurde jedoch nimmer langsamer, als er sich dem Eingang des Gebäudes 82-08 näherte, blickte sich schnell um und nahm die Straßenszene in sich auf. Vorwiegend beherrschten hier Brauntöne, was von der gelblichen Beleuchtung stammte, die einige noch funktionierende Straßenlaternen spendeten. Rote und ein paar Blaue Werbeholos priesen Waren an, darunter auch die weiblichen Umrisse von Humanoiden. Ihm ging kurz durch den Kopf, das er selbst seinen besten Chums nicht erzählen durfte, das er eine feste Freundin hatte, das würde ihn Reputation kosten. Er galt so oder so schon als alt, und alte Gangmitglieder wurden schnell aus der Gang befördert, wenn sie nicht mit halten konnten. Nachdenken war nicht gerade ein Vorteil, der angemessen gewürdigt wurde. Aber er kannte genug Mitglieder befreundeter und verfeindeter Gangs um zu wissen, das es immer so war. Er musste sich bald einer großen Gang anschließen. Vielleicht als Schläger bei der Schwarzen Sonne anfangen, dafür war er jetzt alt und erfahren genug. Doch zunächst entdeckte er auf der staubigen Straße mit dem bewachsenen Mittelstreifen keine Auffälligkeiten. Bewachsen war vielleicht zu viel gesagt. Eine alte Duros-Dame hatte die Straße weiter rauf Blumen gepflanzt, die sie lebensmüde vor den achtlosen Kindern verteidigte, die dort regelmäßig mit Knüppeln und Pfeilpistolen Huttenball spielten. Hier war der Mittelstreifen unregelmäßig mit einem braunen etwas wie Gras bewachsen.
    Er hörte eine unbekannte Stimme aus dem Gebäude rufen: „Ich bin unbewaffnet.“
    Der Eingang von Block 82-08 war fast erreicht, als er mit dem Daumen die Sicherung seines Blasters ausschaltete und näher an das Gebäude heran rückte. Von innen hörte er das dumpfe, nur all zu vertraute Klatschen von hartem Material auf weichen Körper und das typische Keuchen von seinem Chum Fulmo. Der schlaksige Ganger war verdammt schnell, aber fast noch viel unvorsichtiger, und Morhili war etwas besorgt, ob er wieder in eine Banthascheiße hinein gerast war wie schön des Öfteren.
    Er hörte ein metallisches Klacken, das ihm bekannt vor kam.
    Er legte die linke Hand an den Rahmen der in der Wand versenkten Schiebetür und spähte über die Zieloptik seines Blasters in das schlecht beleuchtete Gebäudeinnere.
    Vor der verschlossenen Tür zum Treppenhaus lag der komische Kerl auf allen Vieren und spuckte eine dunkelbraune oder rote Flüssigkeit auf den Boden. „Das habe ich nicht kommen sehen,“ murmelte der Typ kaum verständlich wie zu sich selbst. Viel zu sehen gab es nicht, da Fulmo mit seinem ausgefahrenen Teleskopschlagstock zwischen dem Fremden und ihm stand, er trat dem Mann vor sich gerade in die Rippen, sodass dieser zur Seite um fiel und mit dem Rücken gegen die Tür fiel.
    In den Adern des kunstmuskelbepackten Morhili kreiste inzwischen einiges Adrenalin, aber die sonderbare Art und Weise des Mannes wirkte so aufgesetzt, das er weiterhin misstrauisch blieb, auch wenn ihm klar war, das sein Chum ihn unter Kontrolle hatte. Langsam betrat er die Lobby des Gebäudes, spähte nach links und sah einen Astromechdroiden halb im Schatten des Tresens der Anmeldung stehen. Sein Fadenkreuz senkte sich auf den Droiden. So ein Droide war viel zu wertvoll, um ihn hier in diese Gegend zu schleppen. Er war fehl am Platz, und auch, wenn dieser Droide offensichtlich gar keine Vorrichtung für Waffen hatte, so bezweifelte Morhili stark, das er in diesem Gebäude die Wartungsarbeiten für den Hausmeister verrichtete. Zu teuer. Das hier war das Revier seiner Gang, er kannte fast jedes Gesicht, insbesondere in diesem speziellen Haus, in dem ein paar Nicht-Menschen hausten, die von vielen dieser corellianischen Migranten mit Argwohn betrachtet wurden. Nicht, das sich Morhili erinnern konnte, das auf Corellia eine Speziesfeindlichkeit geherrscht hatte... aber Nar Shaddaa war ein Nährboden für organisierte Kriminalität. Und Vorurteile, Neid und Misstrauen waren der Baustoff des Schmugglermondes. Man mochte hier „gleich“ sein, aber nur, wenn man seine Rechte auch verteidigen konnte oder zumindest einen Beschützer hatte. Sonst war man nur ein Opfer, gleich welcher Herkunft. Zumindest hier „unten“, wo die HuttSec keine Streife lief und nur mit ganzen Kampfeinheiten ein rückte, wenn auf der Straßen Krieg herrschte.
    Morhili hatte gehört, das da draußen in der Galaxis wieder Republik und Imperium gegeneinander kämpften. Für ihn hatte, seit er mit seiner Mutter in diesem Sektor eine neue Heimat fand, immer ein Krieg getobt.
    „W-was m-machste hiiier?“ fragte Fulmo in seiner unvergleichlichen Art, die für außenstehende kaum zu verstehen war. Morhili wusste, das Fulmo jetzt gefährlich aufgedreht war. Würde der komische Kerl auch nur mit der Wimper zucken, würde er die Schläge nicht kommen sehen, die auf ihn nieder prasselten. Morhili widerstand dem Drang, zu den beiden herüber zu schauen. Er behielt den harmlos ausschauenden Droiden im Auge.
    „Das ist eine gute Frage, Sir,“ erklärte der Typ näselnd und keuchend, „es ist an der Zeit, das auf zu klären. Hörst Du?“
    Der muskulöse kleine Jugendliche runzelte die Stirn, als er versuchte, den letzten Satz zu verstehen. Wer war da gemeint? Dann aktivierte Teesevensix mit einem Funkbefehl die Betäubungsgranate, die Iaco über der Tür installiert hatte. Morhili wurden die Knie weich und er bemerkte, wie seine Kniescheiben auf dem Boden auf schlugen, spürte jedoch keinen Schmerz, als ihm auch schon schwarz vor Augen wurde.


    Es waren vielleicht Zehn Sekunden vergangen, seit Fulmo in das Gebäude gestürmt war und gesehen hatte, wie der Gangster an der Tür zum Treppenhaus herum nestelte. Mit weit erhobenen Händen, die ein Multifunktionswerkzeug fallen ließen, hatte der Typ mit dem hässlichen Irokesen sich um gedreht. Dabei hatte Fulmo ihn von oben bis unten mustern können und keinen waffenähnlichen Gegenstand gesehen. Als der Kerl „Ich … bin … un … be … wa … ff … net.“ rief, war der schlaksige Junge bereits heran, und er sah mit Genugtuung das ungläubige Stieren und die herabfallende Kinnlade des komischen alten Sacks, als er erkannte, das Fulmo bereits direkt vor ihm stand und ihn aus dem Lauf mit angewinkeltem rechten Knie an sprang. Der Mann duckte sich mit schützend verschränkten Armen, die eine Kampfsporttechnik andeuteten. Aber der Wirbelwind war zu schnell, sodass er den komischen Einbrecher noch mit seinem Schienenbein im Gesicht streifte. Der Typ fiel benommen zu Boden, schaffte es aber noch, sich mit seinen Händen ab zu stützen. Fulmo zog bereits seinen kleinen Schlagstock und es klackte befriedigend, als die Metallröhrchen arretierten und so aus einem kompakten Griff ein knapp dreißg Zentimeter langer flexibler Schläger wurde.
    „Das … ha... be … ich … ni … ch ... t … komm ... en … se … hen,“ sagte das Opfer zu seinen Füßen.
    Er konnte gar nicht ahnen, welch Kompliment das in den Ohren des jungen Gangers war. Immer war er der Kleine gewesen. Selbst, als er nach einem Wachstumsschub größer als die meisten wurde, war sein Spitznahme Kleiner geblieben, und das hatte ihn immer geärgert. Dann die verpfuschten Operationen. Zunächst war er gelähmt gewesen, bis seine Jungs den Streetdoc ausgeweidet hatten. War damals eine große Sache gewesen, an die er sich noch beinahe mit Tränen der Rührung erinnerte. Von dem Zeug und den Organen des Streetdoc hatten sie ihm eine Operation bei einem „echten“ Arzt bezahlt. Er wusste, das die paar Nervenschäden besser waren als die Alternative. Der Streetdoc von 82-10, der vor ein paar Wochen ein gezogen war, machte seiner Gang Sonderrabatte, anstelle Schutzgelder zu zahlen. Ein Deal, der vielen der Corellian Cavaliers zu Gute kam. Geld verdienten sie einiges, aber das Leben auf der Straße war kurz und schnell. Wer nicht hart genug war, flog aus der Gang. Cybernetik half mehr noch als hochwertige militärische Waffen. Fulmo sah sich gerne als einer der Härtesten, und seine Chum hatten mächtig Respekt vor seinen cybernetischen Reflexen.
    Er hörte über das langgezogene Stöhnen seines Opfers knirschende Geräusche von schweren Schritten nähern, sah seinen Chum Morhili im Eingang erscheinen und trat dem Kerl zu seinen Füßen fast beiläufig in die Rippen.


    Der hässliche Vogel vor ihm war kein Gegner. Ein alter Mann, bestimmt weit über zwanzig, mit einer Frisur, mit der er selbst die blödesten Schlampen eher abschrecken würde. Dann auch noch Einbrechen gehen im Gebiet der
    Corellian Cavaliers und als weiterer Beweis seiner Dummheit ohne Waffe herum laufen. Der Kerl gehörte ausgeweidet und an die Organbanken verkauft. Sein Gehirn würde aber bestimmt nichts einbringen, da war der Teen-Ganger sich sicher.
    Langsam und bedächtig sagte er „Was machst Du hier?“ damit der Wookiekopf ihn verstehen konnte. Zäh wie ein ausgelutschtes Kaugummie dehnte sich die Zeit, bis der wie ein Mastsalky keuchende alte Mann endlich antwortete.
    Träge und langsam floss die Zeit für den cybernetisch frisierten Gangjungen dahin, die Worte des Kerls zu seinen Füßen klangen daher in seinen Ohren, als würde ein Bantha langgezogene Laute auskotzen.
    „Daas ... isst“ erklärte der Typ näselnd, weil seine Nase gebrochen war und ihm träge das Blut aus den Nasenlöchern tropfte, „ein … ee … gu … tee … Fra … gee.“
    Die kleinen dunklen Augen des Typs hatten einen verschlagenen Ausdruck, der irgendwie nicht in die Situation passte. „Siir,“ ergänzte der blöde Kerl. Natürlich hatte Fulmo irgend wo schon einmal das Wort gehört, aber er konnte es nicht in einen Zusammenhang bringen. Der Tonfall war so unterwürfig, das er sich fragte, ob das vielleicht ein Kompliment sein sollte. Er sah den Adamsapfel hüpfen und die Brust heben, als der Typ zu weiteren Worten an setzte. „Ees … isst … aan … deer ... Zei … t,“ säuselte der Typ, und der Ganger wurde sofort hellhörig. An der Zeit wofür? Warum floss die Welt so träge dahin, die Zeit von dem Kerl hier war so oder so ab gelaufen!
    „Dass ... auff ... zuu … klä... renn,“ brabbelte der Mann weiter. Wie jetzt? Fulmo verlor für eine Millisekunde den Faden. Jetzt wurde etwas erklärt? Vielleicht würde er ihn mit seinem Schläger den Schädel zerschlagen, damit der blöde Typ endlich mal was verständliches sagte!
    „Hoersst ... Duu?“ Ja, verdammt, du alter Mann! Ich höre dich und werde gleich wahnsinnig! wollte Fulmo schreien und ihm den Kopf zertreten. Er überlegte, ob er vorher um Erlaubnis fragen musste. Morhili war ja im Rang der Gang über ihm. Für einen so alten Jungen war er nett, auch wenn er noch vor einem Jahr nicht richtig dazu gehört hatte. Aber er konnte so toll Corellesi sprechen. Die besten geheimen Wörter für ihre „Räubersprache“ kamen immer von ihm. Und es war lustig, das er so einen komischen Akzent hatte und trotzdem viel fließender Corellesi sprechen konnte als alle anderen in der Gang. Es tat ihm gut, mit jemand zu sprechen, der nicht so unheimlich langsam und stotternd brabbelte. Da bekam er bei längeren Unterhaltungen auch keine Kopfschmerzen. Der Typ hier am Boden war aber echt die Härte. So ein gedehntes Gestammel, da halfen auch keine Pillen und Injektionen gegen die Kopfschmerzen. Was hatte der Doc ihm gesagt? „Lass es langsam angehen.“ Wusste der Doc nicht, das er in einer Welt der Entschleunigung lebte? Alles lief so träge ab, während er sich ganz normal bewegte. Selbst dieses Erd-Anziehungs-Dings zerrte manchmal an seinen Armen und Beinen, und die Luft war immer wie Sirup und hatte viel zu wenig von dem Luft-dings drin, das man so zum Atmen braucht.
    So zumindest nahm der junge Corellian Cavalier sich selbst wahr.


    Fulmo hörte einen dumpf dröhnenden Knall hinter sich und wirbelte herum, sah, wie sein Chum „tot“ zu Boden sackte. Er bemerkte die sich öffnenden Klappen an dem Droiden, den er bis jetzt übersehen hatte. Der Droide sah aus wie einer dieser Servierdroiden in schicken Lokalen, die sich zu fein waren für barbusige Servierschlampen. Das kleine Drecksteil war mit einer Projektilwaffe ausgestattet, folgerte er daher. Den Qualm und die glühenden Reste über dem Türrahmen am Eingang direkt über der „Leiche“ seines Chum sah er, aber sein Gehirn zog da keine Zusammenhänge. Ein Rohr senkte sich aus einer der Klappen an dem Droiden mit den drei Laufrädern, das bemerkte er sehr wohl. Daher ließ er sich zur Seite fallen um gleich darauf mit einer seitlichen Schulterrolle auf die Füße zu springen. Ein Pfeil oder ein anderer langsamer Gegenstand schoss aus dem Rohr des Droiden und an Fulmos linken Flanke vorbei und er registrierte einen metallischen Ton, als es hinter ihm knapp neben dem Lift in der Wand ein Schlug.
    Das bösartige Zwitschern des kleinen Killerdroiden erfüllte plötzlich den Raum und schmerzte in Fulmos Ohren. Er zog einen Blaster aus dem Schulterhalfter und hechtete dabei hinter den Tresen. Hier landete er in einigem Unrat und ein paar Vertreter der Schabengattung wuselten Schutz suchend unter einen Karton, der nach verfaultem Essen roch. Ein Hausmeister oder Concierge hatte an diesem Platz seit Jahrzehnten nicht mehr gesessen. Der scharfe Geruch von Urin und anderen Fäkalien deutete auf eine ganz andere Form der Benutzung.
    Der Blaster war betriebsbereit und entsichert in seiner Hand. Egal, was irgend welche Chums erzählten, sein Blaster war immer aktiv und entsichert. Er hatte nur dann Krämpfe und Ticks, wenn er gezwungen war, dumm herum zu lungern. Wenn es darum ging, um sein Leben zu laufen oder zu kämpfen, dann funktionierte jede Faser seines Körpers präzise.
    Er lief geduckt bis zum rechten Rand des Tresens und streckte seinen Blaster über die Wand, um dann blind auf die Stelle hinter dem Tresen zu feuern, wo er keine drei Sekunden zuvor den Droiden stehen gesehen hatte. Etwas heißes biss in seinen Arm und er konnte sich gerade noch zusammen reißen, den Blaster nicht fallen zu lassen. Er war Schmerzen und Krämpfe gewohnt, sie gehörten seit der verpfuschten Operation zu seinen täglichen Begleitern. Er zog die Hand zurück, verkniff sich auch jeden Ton und sah, das Daumenkuppe und ein Teil seiner Finger verfärbt waren. Ein ekelhafter, beißender Gestank von verbranntem Haar lag in der Luft. Sein kleiner Finger schien taub zu sein, die anderen Finger brannten und stachen wie wild.
    Dann bemerkte Fulmo einen klassischen Fehler, bevor er das Bewusstsein verlor. Der Tresen bestand aus Kunststoff und er hätte einfach durch ihn hindurch schießen können.
    Was der fiese, böse, gemeine, kleine Droide gerade tat und ihn damit voll erwischte.


    Durastahlratte meldet sich krank



    Da saß ich nun angelehnt an die Wand und lehnte den Kopf zurück, um eine Minute aus zu ruhen. Auf, JB, sagte ich mir, keine Zeit zu verlieren!
    Ich hatte zwar alles unter Kontrolle, sagte ich mir, aber vielleicht hatte mir der nervige Droide den Tag gerettet. Ächzend stand ich auf, bekam gerade wenig Luft durch meine verstopfte Nase. Sie fühlte ich irgendwie taub an, und ich konnte nur hoffen, das sie nicht gebrochen war. Egal, ich wollte ja so oder so zum Arzt.
    Teesevensix rollte langsam und scheinbar selbstzufrieden aus der Ecke des Foyer, umrundete die Theke, hinter der ein schlackiger Streetpunk lag. Falls der Bengel tot war, konnte ich nichts mehr machen. Der kleine Muskelberg am Fronteingang zumindest war von meiner Betäubungsgranate flach gelegt. Ich schlurfte schniefend zum Eingang und betastete immer wieder meine Nasenlöcher, wollte wissen, ob langsam das Blut geronn. Vorsichtig schaute ich mich im Schatten des Einganges draußen um. Meine kleine Granate hatte nicht gerade viel Lärm produziert, aber wo zwei Gangster Wache stehen, waren weitere zu vermuten. Das Hauptquartier der Corellian Cavaliers lag 3 Blocks weiter Richtung Zentrum uns eine Ebenen über uns. Aber sie waren hier Präsent, das war ihr Revier. Ich zerrte den ungewöhnlich schweren kleinen Teen an den Füßen bis zur Theke. Der Blecheimer rollte mir aus dem Weg. Dann besah ich mir meine beiden Gefangenen. Ich schälte den schlaksigen aus seiner Gangjacke. Ich würde sie zwar nicht schließen können, aber sie passte halbwegs. Den speckigen Geruch musste ich wohl ertragen. Dann überkam mich ein Geistesblitz und ich kramte aus meinen Jackentaschen einen Scanner hervor. Während ich mich noch fragte, was ich alles benötigen würde, und was ich zurücklassen konnte, kamen die Messwerte durch. Befriedigt grinste ich. Es war zu erwarten gewesen, das ein Cybertech irgendwelche Spielereien mit seinen Patienten anstellte. Ich suchte den ganzen Körper nach Sendern ab und kam zu der Vermutung, das die cybernetischen Systeme der beiden Jungs nicht durch Zufall die gleiche Biosignatur abstrahlten. Das würde ich mit einem Kleinen Sender imitieren, und hatte so eine zusätzliche Doppelkarte gegen die Sensoren im Gebäude.
    Ich steckte einige Granaten, Betäubungspfeile und Werkzeuge von meiner Jacke in die Taschen der speckigen Gangjacke. Mein Datapad steckte ich mir am Steiß in die Hose. Unbequem, aber schnell erreichbar.
    Ein Kurzer Blick auf mein Armbandholokom zeigte mir, das es Zeit wurde. Schließlich war noch eine holde Maid zu retten. Ein wenig Vorfreude durchflutete mich. Monique, das eiskalte Luder, gerettet durch mich. Bisher war ich eher ihr Botenjunge und Computerspezialist gewesen. Vielleicht würde sie in Zukunft meine wahren Qualitäten mehr zu schätzen wissen, nein, ich war sicher, das sie es musste. Andererseits... wer wollte schon zu viel Aufmerksamkeit von einer imperialen Agentin kassieren? Das Spiel war gefährlich, aber Spannend. Vorsicht, Planung und Ausdauer, das waren bisher immer meine besten Werkzeuge gewesen. Ich würde die Kleine nach Strich und Faden hintergehen. Wenn dieser M. Shan erst einmal von meinem Kontakt meine Berichte erhalten hatte, würde ich sicher in Zukunft meine Aufträge selber aussuchen können.
    Ich schlenderte mit meiner neuen Verkleidung und abgewischtem Gesicht zum Eingang des neben liegenden Gebäudes. Ich hatte keine Zeit gehabt, mir Pläne des Gebäudes zu besorgen, auch die Kanalisation war mir unbekannt. Äußerst schlechte Voraussetzungen. Auf dem Dach befand sich ein Landeplatz und mehrere Repulsorfahrzeuge waren dort geparkt. Eine Fluchtmöglichkeit, aber auch sehr wahrscheinlich der Ort, wo Verstärkung landen würde.
    In meiner Hosentasche vibrierte es. Ich zog das Holokom von dem schlaksigen Jungen mit dem übersteigerten Reflexen hervor. Die Anzeige sagte Frenecahom, vermutlich ein Kumpel von dem Früchtchen. Ich stockte kurz, wartete, bis der Anruf stoppte. Dann deaktivierte ich die Ortungsfunktionen in dem Gerät und verstaute es wieder. Ich weiß, was sie sagen wollen, und es lag auf der Hand, das Kontrollanrufe und gegebenenfalls eine Wachablösung auf dem Weg waren. Aber jetzt war wirklich nicht die Zeit für Kleinigkeiten. Nur weil ich es absolut nicht ausstehen konnte, unvorbereitet und planlos vor zu preschen bedeutet es ja nicht, das ich nicht die besten Ideen und tollsten Pläne tollkühn durchgezogen hätte. Wenn du in Schwierigkeiten bist, tu stets das Unerwartete.
    Ich bestieg den Lift, der die Größe eines Lastenaufzuges hatte und spähte kurz über die teilweise defekten Anzeigen für die einzelnen Stockwerke. Von meinem Streetdoc war nichts zu sehen. Laut Teesevensix befand sich die Schattenklinik im zehnten, also fuhr ich rauf zum zwölften, dem Stock unter dem Dach. Der kleine Quälgeist an meiner Seite nervte wieder mit seinem rumgepiepse, aber es war nicht nötig nach zu schauen, was er jetzt wieder zu meckern hatte.
    „Was ich in den nächsten Minuten von Dir hören will, ist ein unverdächtiges Flöten, keine unflätigen Keckernden Geräusche und schrillen Pfiffe, Held in Blechbüchse,“ instruierte ich den Droiden. Er pfiff irgendwie traurig und ich wusste, langsam gehorchte der kleine Nervtöter. Vielleicht hatte er endlich erkannt, das er mit einem Profi arbeitete, dachte ich so bei mir, als sich die Türen des Liftes öffneten und ich mich einem Pickeligen Jungen gegenüber sah, der zufällig die gleiche Jacke trug wie ich.
    Seine Augen weiteten sich, als sich meine Augen weiteten. Ich war aber schneller. „Guld mahen. Kolvaseho Il ovo!“ erklärte ich vergnügt und hätte damit vermutlich etwas leckeres auf Corellia bestellt, doch bevor der kleine Hosenscheißer an seinen fetten Blaster dachte, nickte ich, trat einen Schritt näher und verpasste ihm eine Kopfnuss. Er taumelte zurück, harter Schädel, das musste ich ihm lassen. Mein Handkantenschlag gegen den Schädelknochen hinter seinem linken Ohr sah er nicht kommen, und danach sah er vermutlich tanzende Galaxien, bevor er bewusstlos zu Boden sackte.
    Schnell schaute ich mich um, hatte bereits in meiner linken Hand eine scharfe Blitzgranate, doch anscheinend war der Junge allein. War ich etwa in ein Quartier der Rotzlöffel gestoplert? Egal, jetzt war nicht die Zeit für Schuldzuweisungen. Ich zog den Hosenscheißer in den Lift und sorgte dafür, das er in nächster Zeit nicht mehr fahren Würde. Das nächste Problem- wo war das Treppenhaus? Ich versuchte auf gut Glück den Korridor auf der rechten Seite. So konnte ich schon einmal sehen, wo später mein Notausgang liegen würde.
    Weit kam ich nicht. Der Gang endete an einer Tür, die offenbar in eine Wohnung führte, welche diese Seite des Gebäudes einnahm.
    Selbstsicher und mit hoch erhobenem Kinn stakste ich auf die Tür zu und zog schon einmal meinen elektronischen Dietrich. Kamu war ich an der Tür angelangt, da öffnete sie sich, und der Duft von Parfum und die gedämpften Geräusche von Musik drangen an meine Ohren. Die Frau im Eingang ließ mich kurz stocken. Mein Blick wurde unweigerlich zu den beiden her vor tretenden Attributen in schwarzer Spitze gezogen, das ich nur mit Mühe den Rubin im Bauchnabel übersah und krampfhaft versuchte, das süße Grübchen am Kinn zu überspringen, die vollen, grellrot geschminkten Lippen zu übersehen und in ein hübsches Pärchen Rehäuglein zu starren.
    „Na, Dich habe ich ja noch nicht gehabt,“ säuselte die Frau mit einer angenehmen, heiseren Stimme und ich schluckte kurz aber schwer.
    „Aufzug kaputt,“ stotterte ich plötzlich, und diesmal nicht, weil ich wie einer der Teenie-Gangster sprechen wollte. „Muss die Treppe nehmen, Misstress“
    Vermutlich hätte ich besser den Hauptgang nehmen sollen, der sich direkt vom Lift auf der Front- bis hin zur Rückseite des Gebäudes erstreckte. Aber warum den geraden Weg nehmen, wenn es auch unbemerkter geht?
    Sie öffnete die Tür und trat zur Seite, war mir sagte, das ich tatsächlich von hier aus zu dem Treppenhaus oder zu einem der Treppenhäuser gelangen würde.
    „Das ist aber schade,“ säuselte sie und schlug die Augen schmachtend nieder. Alle Achtung, die kleinen Männer werden hier nicht schlecht umsorgt, dachte ich so bei mir. Bedauerlich war nur, das dieses attraktive Geschöpf mit Vergnügen Geld verdienen musste. Eine wahre Verschwendung- was wenn in diesem aufreizenden Äußeren eine Künstlerin steckte und sie gezwungen war, den besten Spaß ihres Lebens mit pickeligen, testosterongesteuerten Halbstarken mit vollautomatischen Blastern zu verbringen? Ich wollte nicht weiter darüber nach denken, ich hatte jetzt die Herzensdame meines drängend klingenden Astromech-Kumpels zu retten!


    Bedauerlicherweise war kein Fallschacht vorhanden, sodass ich mir Sorgen machte, wie ich den kleinen Droiden die Treppen herunter bekommen konnte, ohne ihn zu arg zu zerbeulen und mir den Rücken zu verknacksen. Aber der kleine Kerl klappte ein paar Düsen aus und sauste an mir vorbei.
    Irgendwie ballerte er dabei wild um sich, sein Pfeilwerfer hustete. Nach der ersten Biegung sah ich, das er einen Pfeil mit einem Sendekopf neben einen der Sensoren in den Wänden des Treppenhausschachtes geschossen hatte. Cleveres kleines Kerlchen, überlegte ich. Ohne den Droiden hätte ich auf derlei verzichten können, aber das war nicht schlecht. Je weniger wir uns auffällig hielten, desto besser. Und ein Astromech im Treppenhaus würde bei keinem Sicherheitssystem normal erscheinen.
    Ich hatte die Nummer der Wohnung gelesen, 12-04. Davor war ich an 12-02 vorbei gekommen. Da sich die Klinik in 10-05 befinden sollte, würde ich das zehnte Stockwerk komplett durchqueren müssen. Ich prüfte noch einmal meinen Pfeilwerfer. Das Magazin war mit Betäubungspfeilen geladen, die alles bis auf einen Wookie ausschalten sollten. Wie ich an die stark cybernetisch Modifizierten Wächter dachte, kam ich zu dem Schluss, das ein paar Neuralschockgranaten vermutlich geeigneter waren als die Blitzgranate, mit der ich die üblichen Gegner gut verwirren konnte. Meine Handschuhe waren Elektroschocker, und die Ladeanzeigen waren auf Grün eingestellt. Ich wollte hier keinen Kampf anfangen, aber wenn man mich zum Äußersten trieb, würde ich mir zu helfen wissen. Es galt also, weiterhin die Initiative zu behalten, alle an der Nase herum zu führen und heimlich, still und leise zu dem Streetdoc zu gelangen. Ich hoffte nur, das Monique noch in einem Stück war. Aus irgendeinem Grund mochte ich die arrogante, kleine Feindin, es schüttelte mich bei dem Gedanken. Jetzt bloß nicht weich werden, JB, sagte ich mir.
    Der Weg durch den Korridor war unbewacht. Ich sah ein paar nachträglich installierte Sensoren und machte mir mehr Sorgen um jene, die ich nicht sehen konnte. Mein Auftreten war selbstsicher. Meine Biosignatur wurde von einem falschen Signal überlagert, meine Kleidung war nicht unüblich, und das die Jacke schlecht saß, hielt ich nicht unbedingt für verdächtig. An der Kreuzung sah ich nach schnellen, verstohlenen Blicken niemanden. Vielleicht zu einfach, dachte ich mir, als mir kalter Schweiß aus brach. Vor mir waren de Türen von 10-05 zu sehen, und ich ging ohne zu stocken auf die 10-05 zu, die rechter Hand lag. Eine Wohnung im Zentrum des Gebäudes, keine Außenmauern, zwei Mauern angrenzend an die beiden Korridore. Vermutlich früher Büroräume, ganz sicher keine Wohnräume.
    Ich stockte kurz. Ich war gerade an der Kreuzung vorbei gekommen, und hatte rechts eine Tür gesehen, aber nicht linker Hand. Warum hatte 10-05 nur an einer Wand eine Tür, 10-06 aber an beiden Wänden zu beiden Korridoren? Oder umgekehrt warum 2 Türen zu einer Wohnung? Ich merkte mir diese Besonderheit und betätigte den Sensor. Wie um den Sitz meiner Handschuhe zu kontrollieren zupfte ich an ihnen und schaltete dabei die Schockfunktionen ein. Ich wartete zappelig und ungeduldig, wie es sich für einen schlampigen, unprofessionellen Kleinkriminellen gehörte. Ein kurzer Blick nach links zeigte mir, das der getreue Teesevensix an der Kreuzung alles im Blick seiner Sensoren hatte. Ich klingelte erneut. Ich wirkte nicht nur ungeduldig. Schon vor einer dreiviertel Stunde hatte mein nerviger Begleiter erklärt, Monique seie überfällig. Was sie hier trieb, hatte er mir Schnatternd und Piepsend erklärt. Datendiebstahl bei einem in den Schatten tätigen Cybertech. Kundenliste, Warenbestand, als so etwas. Ich dachte gleich an Erpressung. Aber dann fiel mir ein, das sie ja eine elende Spionin für das Imperium war. Was, wenn durch die biometrischen Daten der Kundenliste Personen identifiziert werden konnten? Ging es vielleicht nicht um Erpressung, sondern darum, den Aufenthaltsort von Personen zu ermitteln, die Ersatzteile und Wartung benötigten, und sich nicht an legale oder offizielle Einrichtungen wenden konnten. Bisher waren alle meine Aufträge für Monique so typisch kriminell gewesen. Nichts hatte auf den ersten Blick darauf hin gedeutet, das es ihr um etwas anderes Ging, als Geld zu verdienen. Sie schreckte auch nicht davor zurück, Mordaufträge an zu nehmen und schleppte mich als „Sicherheitsexperten“ mit, wenn sie als Bodyguard angeheuert wurde. Und jedes Mal fragte ich mich, was hat das ganze mit einer Terrorzelle des Imperiums auf Nar Shadda zu tun? Was war daran Spionage im Dienste der Sith-Meister?


    Ich nahm mir vor, die Daten dieses Arztes selbst zu stehlen und zu schauen, was man alles daraus ableiten konnte. Ich betätigte ein drittes Mal den Sensor, streckte dem kleinen schwarzen Punkt links neben dem Türrahmen die Zunge heraus, da ich bei unauffälligen Kopfbewegungen eine verräterische Lichtveränderung des Punktes bemerkt hatte und eine Kamera vermutete. Vielleicht war ich verdächtig, weil ich eine angeschwollene Nase und gerötetes Jochbein hatte? Oder weil ich nicht offen irgendeinen wild modifizierten Blaster spazieren führte? Hatte man mich vielleicht schon enttarnt, war einer meiner meiner Jungs aufgewacht und hatte Alarm geschlagen? Der Anruf auf dem Holokom vor knapp sechs Minuten kam mir in den Sinn. Ruhig bleiben und gelangweilt Blicken, JB, ermunterte ich mich.
    Ich blickte auf mein Holokom am Handgelenk. Das Gerät zeigte Verbindungsstörungen an. Vermutlich Störgeräte in dem Raum vor mir.


    Ich schlug mit der Faust gegen die Tür- mit der Unterseite, um nicht Schockladungen aus zu lösen und stöhnte: „Doc, mach auf! Habe komisches Kribbeln. Brauche dringend eine Untersuchung.“

  • Gäste



    Auf alles war ich vorbereitet. Eine Horde jugendlicher Mörder mit Spaß am Handwerk. Verrückte Wissenschaftler mit säurespritzenden Rachenimplantaten. Hausdroiden mit Kreissägen anstelle von Händen.
    Ein paar strahlende, blaue Augen erwarteten mich, als die Tür geräuschlos in die Wand fuhr. Ich hätte beinahe mit meinen Schockhandschuhen zugeschlagen.
    „Hi JB. Du bist ein wenig spät dran, mein Schatz.“
    Ich muss sagen, ich wusste nicht, was ich sagen soll.
    Monique trug ihre typische Kleidung, eine kurze Banthahaut-Jacke mit Schulterhalftern für ihre Blaster darüber, Vibromesserscheide am linken Unterarm. Eine enge, schwarze Hose, hochschaftige Stiefel mit flachen, weichen Absätzen. Nichts davon beeinträchtigte ihren weibliche Silhouette, die gepanzerte Kleidung war maß geschnitten. Sie hatte oft genug gemeckert, das sie nicht zu viel essen durfte. Gemampft hatte sie aber immer wie ein Hutte, was vermutlich an irgendwelchen künstlichen Organen lag, die mehr Nahrung benötigten. Ich riss mich aus meiner Starre und versuchte überlegen und geschäftsmäßig zu wirken. Herrisch winkte ich Teesevensix zu, zeigte mit gespreizten Zeige- und Mittelfinger meiner Hand auf meine Augen und hörte ein kurzes Pfeifen als Antwort. Monique war von der Tür zurück getreten und ich betrat die Schattenklinik.
    „Sind die eingeschaltet?“ sagte Monique und als ich ihren Blick erwiderte, wanderten ihre Augen kurz zu meinen Händen, bevor sie mich erneut an sah. Ich verkniff mir ein Grummeln und deaktivierte die Schockhandschuhe.
    „So,“ sagte ich gedehnt und blickte mich langsam mit einer kritisch erhobenen Augenbraue in dem Zimmer um, „Du brauchst also meine Hilfe?“
    Sie legte die Hände in die Hüften und blickte mich überrascht an, als wolle sie sagen: „Ich?“
    Ich betrachte den Schreibtisch. Kein Stuhl dahinter, vermutlich wurde die Konsole darauf von einem Droiden bedient. das speckige Sofa auf der gegenüber liegenden Seite sah gemütlich zerknautscht aus, ein kleines Tischchen mit Zeitschriften... Papier? Warum mussten alle Ärzte als Beweis ihrer Zunft Zeitschriften im Wartezimmer haben? War das irgend ein geheimer Kodex? Das Bild über dem Sofa zeigte einen Droidenarm, der mit seinem künstlichen Muskelsträngen und der Form der Klauen fast wie ein menschlicher Arm aufgebaut war. Es war ein gemaltes Bild, ich konnte die Pinselstriche erkennen. Gegenüber der Eingangstür ging es weiter, ein schmaler Korridor, der knapp Drei Meter weiter vorne in ein hell erleuchtetes Zimmer Mündete. Monique ging langsam, und mit wiegenden Hüften hindurch und verschwand nach rechts. Am Rücken ihres Halfters sah ich ein Weiteres Vibromesser kopfüber in einem Halfter stecken, der schräg über den Rücken ihrer Jacke geschnallt war.
    „Was ist überhaupt los?“ fragte ich, erhielt aber keine Nachricht.
    Als ich den Korridor durchschritt, fielen mir die Sensoren und Scanner auf, die Wände waren offensichtlich nachträglich eingezogen worden. Ich zog kurz mein Datapad hinter dem Rücken hervor, was meinen Lendenwirbeln unheimlich gut tat und prüfte ein paar Messwerte. Hohlräume, Energiesysteme und Metall und Keramik. Das war ein Spießrutenlauf, wenn es der Besitzer darauf anlegte. Ich vermutete, das ich bei einer Flucht besser einen eigenen Weg durch die Wand frei schießen sollte, anstelle diesen Korridor erneut zu betreten.
    Und tatsächlich führte mich Monique durch eine Art Ersatzteillager und vorbei an zwei weiteren, geschlossenen Räumen, sodass wir nach meiner Einschätzung fast die gesamte Wohnung Nummer 10-05 durchquert haben sollten. An dem linken Teil waren wir allerdings nicht vorbei gekommen, dort vermutete ich einen geheimen Ausgang auf den Hauptflur. Ich merkte mir den Weg, was nicht all zu schwierig war. Falls das Licht aus fiel, würde es allerdings ein Spießrutenlauf werden, denn das Lager, das wir eben durchquerten, war doch recht voll gestopft mit Kisten und Regalen. Sonderbarer Weg für Besucher vielleicht erfüllte das eine Schutzfunktion oder so war die Lieferung einfacher ab zu wickeln. Ich pappte in jeden Raum, wenn ich zufällig die Türrahmen streifte, einen Sensor in Hüfthöhe daran. So würde ich nachher eine Holokomverbidung nach außen haben. Falls wir die Hilfe des Droiden benötigten oder er unsere.
    Monique wartete neben einer weiteren Tür und lächelte mich unter lasziv halb geschlossenen Augen an als wolle sie mich vernaschen. Mein Holokom vibrierte und ich las eine Textnachricht... von ihr.
    „Spiel mit und verrate nichts.“ stand da. Ja, ihre cybernetische Komverbindung funktionierte ja innerhalb des gleichen Raumes ohne von den Dämpfungssystemen gestört zu werden. Bei dem Blick auf die Nachricht sendete ich eine Nachricht an Teesevensix. Ich ließ ihn wissen, das im Moment alles gut sei und er uns retten solle, wenn ich mich nicht in Fünf Minuten melde. „65 Uhr 29,“ sagte ich, um meine eigentlichen Taten zu verschleiern.
    Sie lächelte verschmitzt und machte eine kurze Wischbewegung, sodass die Tür sich automatisch öffnete.
    Ein kleines Büro, vollgestopft. So langsam bekam ich den Eindruck, alles, was ich gesehen hatte, wäre irgendwie für einen Umzug vor bereitet. Ja, der Streetdoc war vermutlich immer auf der Flucht und hatte mehrere Ausweichorte für seine Klinik. Eine Zwickmühle, sicher unter zu kommen aber auch für die Kunden erreichbar zu bleiben. Ich lebte in den Zwischenräumen der galaktischen Gesellschaft. Reiste mit leichtem Gepäck und kaufte mir alles, was austauschbar war an meinen neuen Standorten.
    Meinen ersten selbst konstruierten Dietrich trug ich unter einem Lappen synthetischer Haut am linken Oberschenkel, ein Kreditchip befand sich in der Füllung meines linken oberen Weisheitszahns. Was braucht man mehr als den eigenen Intellekt und einen Multifunktionsdietrich?
    Ich baute mich mit Fäusten in die Hüften gestemmt breit beinig vor dem Streetdoc auf. Der Mann war sicher weit über Fünfzig Jahre alt, trug nur einen verräterischen Konnektor hinter dem rechten Ohr, den sein schütteres, graues Haar nicht verdeckte. Seine Augen strahlten klar und wissbegierig, doch sie starrten mich mit einer Kühle an, das mir ein wenig schauderte. Sein Blick glitt über meinen Körper, und hin und wieder wanderte er über meine Schulter an die Stelle, wo Monique stehen sollte.
    „Sie sind also der Arzt, wegen dem meine Partnerin ihre Termine verpasst?“
    fragte ich gerade heraus, denn die Sache war mir unangenehm. Ich spiele nicht nur gerne die erste Geige, ich bin gut darin. Irgend wo einfach mit zu spielen, liegt mir dagegen weniger.
    Der Mann brummte und sah auf ein Datapad, das er in den Händen hielt.
    „Und sie sind hier so einfach herein gekommen?“ fragte er mit einem derartig ungläubigen Unterton, das ich mich gerade zu gekränkt fühlte.
    „Tja, ich kann hier auch genau so leicht wieder heraus spazieren, mein Wehrtester. Ihr Sicherheitsteam ist eine Bande Schuljungen, die Scanner sind Schrott vom letzten Jahr und das Ding hat mehr Löcher als mein alderaanischer Hochlandkäse, den ich mir heute Morgen aufs Brötchen gelegt habe,“ erklärte ich stolz und reckte zur Unterstreichung mein Spitzes Kinn ein wenig höher.
    „Meine automatischen Schussanlagen habe ich deaktiviert,“ sagte der alte Mann trocken, als würde das eine Rolle spielen.
    Ich wischte ein imaginäres Staubkörnchen von der dreckigen, engen Bandenjacke und erklärte in einem beiläufigen Tonfall: „Das ist mir aufgefallen. Drahtlose Netzwerksysteme, ich nehme an, Sie glauben, weil eine Abschirmung besteht, könne das System nicht gehackt werden. Soll ich mal eben die Kontrolle Ihrer Geschütze übernehmen?“ ich zog mein Datapad hinter dem Rücken hervor und grinste den Arzt spöttisch an. Er mochte auf dem Gebiet der Cybernetik ein Ass sein, aber das war mein Spezialgebiet. Er winkte ab.
    „Wie viele Cavaliers haben sie getötet, Mister...“
    „Iaco. Keinen. Vielleicht ein paar Kopfschmerzen oder Muskelkater.“ erklärte ich gelassen und steckte mein Datapad zurück hinter den Gürtel.
    „Sie werden es überleben.“
    Der Mann starrte ungläubig. War ich denn nur von mordlüsternen Leuten umgeben, alle respektlos dem Leben gegenüber? Immer dieses stereotype ich oder die. Warum, wenn man dem Ärger aus dem Weg gehen kann? Warum, wenn ein bewusstloser Gegner keine Gefahr dar stellt? Wer schlau genug war, der musste weder töten noch rennen. Monique, dieser Arzt hier, die Gang-Jungs, sie alle waren einfach zu blöd, um andere am Leben lassen zu dürfen. Traurig. Bedauerlich.
    Ich verkniff mir lieber mein Bedauern. Dieser Typ zeigte keinen Sinn für Ironie. „So, mein Guter. Ist meine Partnerin jetzt repariert oder was?“ fragte ich, um das Thema zu wechseln. Monique schob sich an mir vorbei, als ob der Raum ein Schlauch wäre und tätschelte dabei meine Po, ohne das der Arzt das sehen konnte. Ich konnte gerade noch ein empörtes Stöhnen unterdrücken. Eine echte Chauvinistin!
    „Und, mein Guter. Sind Sie jetzt mit von der Partie?“ säuselte Monique und setzte sich auf die Tischkante, schaffte es, die Beine dabei über zu schlagen und machte eine sehr attraktive Pose dabei. Ich ignorierte meine Gefühle, vielleicht habe ich ja einfach eine Schwäche für böse Mädchen.
    Sie blinzelte den Arzt an und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, der Blaster in ihrem rechten Schulterhalfter reckte sich dabei kurz vor ebenso wie ihre Brust. Ich verstand immer noch Binär, was sollte das alles hier? Teesevensix sagte doch, das sie in Schwierigkeiten stecke, dann lege ich harmlose, alte Rentner und schwere Jungs schlafen, um dann hier einem Verkaufsgespräch bei zu wohnen? Irgend etwas ging hier mal wieder an meiner Aufmerksamkeit vorbei. Ich musste Monique mehr im Auge behalten, wenn ich ihr auf die Schliche kommen wollte!
    Der Arzt grummelte wieder, blickte von seinem Datapad auf.
    „Eben ist eine Horde Cavaliers vor gefahren und auf dem Dach gelandet...“ erklärte der Mann trocken und fast simultan vibrierte mein Handgelenk. Der Astromech berichtete das Gleiche über die Relaisverbindung, die ich durch meine in der Klinik verteilten Sensoren aufgebaut hatte. Er stand mit unseren Überwachungssensoren in Verbindung, die wir vor knapp zwanzig Minuten aufgestellt hatten. Es wurde Zeit, den Fluchtplan ein zu setzen. Wo war der verdammte Geheimausgang? Wenn sie erst einmal auf den beiden Korridoren dieses Stockwerkes waren... was ja nur über die drei Treppen ging... dann saßen wir wie die Ratten in der Falle!
    Monique beute sich seitwärts über den Tisch auf dem sie saß, stütze sich mit den Armen auf und saß so verdreht, wie das wohl nur Frauen können. Ihr Gesicht war jetzt auf Augenhöhe mit dem des Arztes und nur wenige Zentimeter entfernt. Ich sah, das er dem Impuls widerstand, den Kopf zurück zu biegen. Er hatte Angst vor ihr, schoss es mir durch den Kopf.
    „Sie haben geglaubt, das sie mich haben,“ hörte ich Monique flüstern, ich verstand kaum eine Silbe, weil sie so leise sprach.
    „Jetzt wollen sie einen Patt aushandeln? Ich biete Ihnen das, was Sie wollen, was Sie brauchen, und Sie wollen mit mir Spielchen spielen?“
    Sie richtete sich wieder auf, ihre Körperbeherrschung war so ausgeprägt, das sie dabei ihre Hände nicht benötigte, sondern sich einfach ausbalancierte und aufrichtete.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Mein guter Doc,“ sagte sie mit deutlicher Stimme und einem vibrierenden Unterton, „ich bin hier die einzige, die Spielt. Und alle tanzen nach meiner Pfeife. Ich biete ihnen eine Partnerschaft an, und Sie können durchaus ab lehnen. Aber ich diktiere den Vertrag, haben Sie das soweit verstanden oder muss ich deutlicher werden?“
    Hecktisch sah ich auf mein Holokom. Warum hatte ich keine Sensoren an den Treppenhäusern verteilt? Keine Zeit und nicht genügend Ausrüstung, aber war das wirklich ein Grund, mein so junges Leben jetzt schon vorzeitig beendet zu sehen? Wir sollten hier schleunigst gehen, und ich fing an herum zu zappeln.
    Der Doktor starrte weiter sprachlos zu Monique auf. Ich konnte förmlich die Rädchen und Pumpen in seinem Schädel arbeiten sehen. Schweißperlen bildeten sich, und der hohe Haaransatz bekam eine Schimmer.
    Mir wurde langsam auch heiß. Sicher wollte Monique gerade jetzt den Eindruck erwecken, die Kontrolle zu haben. Aber ich malte mir gerade aus, wie wir Opfer eines Gangbang im wahrsten Sinne des Wortes werden würden, wenn die knapp 26 Halbstarken erst einmal im Stockwerk angekommen waren. Sollten wir den Arzt als Geisel nehmen? Mir lag da überhaupt nichts daran. Man muss nehmen, was das Deck einem bietet, seine Karten richtig spielen und wenn man ein Spiel verliert seine Credits krallen und ganz ganz schnell verschwinden. Kein Sicherheitsmann der Galaxis hat mich je geschnappt (okay, ich wurde geschnappt, konnte aber immer entschlüpfen). Wenn ich es mir aussuchen konnte, ließ ich mich lieber von der HuttSec verhaften als von diesen moralisch total verkommenen Bengels, die hier die Straßen kontrollierten.
    Der Doc schien noch nach zu denken. Monique machte es ihm leicht.
    Sie hüpfte vom Tisch, griff sich ihren schweren schwarzen Mantel und das darunter verborgene kurzläufge Blastergewehr und sagte: „Also dann, Doc, ich muss langsam los. Ich habe woanders noch eine Verabredung. Lassen Sie sich mal durch den Kopf gehen, was ich im Kopf habe und was eine Kooperation für sie bedeuten kann. Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen können: einfach zu Hause anrufen.“


    Ich wusste zwar nicht, was sie damit genau meinte, doch ich war mir ziemlich sicher, dass sie nicht bluffte. Oder... wenn ich heute so darüber nach denke... warum eigentlich nicht?
    Monique drückte mir den klobigen Blaster in die Hand. Kein Kolben, drei Läufe, ich dachte, das Teil kann doch nichts taugen.
    Als sie den Mantel trug, nahm sie mir den Blaster aus den Händen und drückte mir einen Schmatzer auf die Wange. Mir wurde ein wenig heiß.
    „Danke für die Rettung, mein Held!“
    „Eine meiner leichtesten Übungen. Und ich wollte nicht von Teesevensix geröstet werden,“ erklärte ich lässig. Was sollte der Mist denn nun wieder, fragte ich mich derweil und wusste nicht wie sie mich jetzt wieder auf den Arm genommen hatte. Es hatte nicht den Anschein gehabt, das sie irgend eine Hilfe brauchte.
    „Gibst Du mir die Zugriffscodes auf die Verbindung zum kleinen Desperado? Wir sollten uns schleunigst aus dem Staub machen. Ich habe keine Zeit für Feuergefechte mit Stümpern.“
    Ich sah flüchtig zu ihr herüber, während ich um ein Regal herum lief. Wir bewegten und mit zügigen Schritten, ihrem Gang konnte ich inzwischen entnehmen, das sie die verdrahteten Reflexe eingeschaltet hatte.
    „Was ist hier überhaupt passiert?“ wollte ich zum wiederholten Male wissen.
    Sie grinste mich kurz an und sagte dann: „Ohren zu halten!“
    Ich legte die Hände auf die Ohren und nicht zu früh. Ihr Blaster bockte in ihren Händen, das Ding verhielt sich wie eine Scattergun, und drei Blasterbolzen fetzten durch die Wand vor uns, ein stroboskopartiger Blitz erhellte den spärlich beleuchteten Lagerraum. Ohne langsamer zu werden näherte sie sich der Wand und gab weitere Schüsse ab. Woher sie wusste, das die Wand nicht massiv war, konnte ich nur spekulieren. Einen Raum weiter hatte ich den Scanner eingesetzt, da hatte ich mir eine Anomalie gemerkt, die auf eine verborgene Tür hin deutete. Nun, was sie tat, funktionierte. Knisternd und knackend rauchte die Waffe in ihrer Hand, als sie die letzten zwei Meter beschleunigte und wie eine Rakete mit der Schulter die zerschossene Wand rammte. Sie fiel zu Boden, allerdings im angrenzenden Raum. Staub rieselte aus der Verschalung der Wand.
    Monique hustete und grinste zu mir herauf, als ich durch das schmale Loch stieg und ihr die Hand reichte.
    „Danke. Wo bleiben die Zugriffscodes? Ich habe noch einen Termin mit meiner Tochter.“
    „Tochter?“ Sie schaffte es immer wieder, mich zu überraschen. Okay, sie war älter als ich, das hatte ich bereits gewusst. Mein Verbindungsmann beim SID kannte sie als Jaresa Camoni, Starfighter-Pilotin der republikanischen Streitkräfte, Missing In Action. Da war sie als vierzigjährige aufgetreten. Ich war gerade dreiundzwanzig geworden. Ich stellte mir daher eine kleine Tochter vor, die mit vollen Windeln mit Mammi kuscheln wollte. Das war nicht das letzte Mal, das ich mich irrte.
    Ich half ihr auf und aktivierte mein Holokom. „Teesevensix, wir kommen gleich am Gang Richtung Lift raus. Behalte alles schön im Sensor.“
    Ich kopierte die Zugangsdaten und sendete sie an die Komlink-Nummer, die zur Zeit auf das Gerät im Schädel von Monique passte. Ich ließ das Gerät eingeschaltet und lief Monique hinter her, die in einem Operationsraum plötzlich links ab gebogen war und eine Tür öffnete. Als ich hinzu kam, sah ich einen Raum mit Regalen, Putzmitteln und einem kleinen diskusförmigen Reinigungsdroiden, der auf Anweisung hin über den Boden wuseln würde um die Bodenkacheln zu reinigen. Einen Moment dachte ich, jetzt währen wir falsch abgebogen, aber dann kam mir in den Sinn, das ich ja durch die zahlreichen Umbaumaßnahmen ein wenig mit der Architektur durcheinander geraten war. Monique suchte hektisch das linke Regal ab, fasste hier- und dort hin, und ich zog schnell meinen Scanner, denn sicher konnte ich eine Geheimtür damit erkennen.
    „Das gehört zu der Abschirmung, da wirst Du keine brauchbaren Anzeigen finden. Da hilft nur Suchen, mein Großer.“ behauptete meine dunkelhaarige Chefin und drückte mir den immer noch warmen Blaster in die Finger. Inzwischen piepste Teesevensix über den Lautsprecher an meinem Handgelenk-Holokom. Natürlich verstand ich nichts.
    „Isst gut, Teeseven,“ sagte Monique, „wir sind gleich bei Dir.“
    Sie blickte mich plötzlich ausdruckslos an. Eine Sekunde verstrich, und ich hob schon eine Augenbraue, und wollte fragen, was ich denn nun schon wieder angestellt hätte. Dann zog sie ihrerseits eine der dunkelroten, feinen Augenbrauen hoch und gleichzeitig hörte ich ein Klicken. Sie zog den Arm aus dem Regal hervor und griff an eine der Stützstreben. Das Regal schwang herum und mit ihr ein Teil der Wand dahinter. Ich sah unseren kleinen Droiden heran rollen.
    „Prinzessin ja? Und Teesevensix ist ein Ritter? Zu was macht Dich das dann? Das Pferd?“ fragte Monique und trat aus dem Gang. Ich folgte ihr schweigend und überlegte mir eine süffisante Antwort. Ich dachte nur: Teesevensix, die alte Petze!
    Monique wollte zu den Aufzügen, ich hielt sie an der Schulter zurück.
    Sie wandte sich um, blickte fragend und nahm ihren Blaster von mir entgegen. Ich nickte zur Kreuzung. „In Wohnung 10-08 habe ich einen Notausgang zum Nachbargebäude. Ein kurzer Funkbefehl und wir haben ein Schönes Loch in der Wand, steigen hinüber und verkrümeln uns mit dem Gleiter, den ich in der Tiefgarage gefunden und geknackt habe.“
    Sie grinste anerkennend und ihre sommersprossigen Wangen wurden gerötet. „Okay, Du bist doch nicht das Pferd!“ sagte sie lachend und blickte auf den Astromechdroiden herunter. „Hi mein kleiner Co-Pilot. Lass uns hier verschwinden und danke, das Du meinen Arsch gerettet hast.“
    „Begrüßung: Hallo Muttereinheit!“ zwitscherte der kleine Blechkopf, wie ich später nachlesen konnte.
    Natürlich gelang es durch meinen tollkühnen Plan zu fliehen, bevor wir noch einem Rotzlöffel den Arsch versohlen mussten.


    Ich werde nicht umsonst schlüpfriger JB genannt!


    Plothole: Moniques Rettung vom Operationstisch

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