Beiträge von Cyberpunk

    Gäste



    Auf alles war ich vorbereitet. Eine Horde jugendlicher Mörder mit Spaß am Handwerk. Verrückte Wissenschaftler mit säurespritzenden Rachenimplantaten. Hausdroiden mit Kreissägen anstelle von Händen.
    Ein paar strahlende, blaue Augen erwarteten mich, als die Tür geräuschlos in die Wand fuhr. Ich hätte beinahe mit meinen Schockhandschuhen zugeschlagen.
    „Hi JB. Du bist ein wenig spät dran, mein Schatz.“
    Ich muss sagen, ich wusste nicht, was ich sagen soll.
    Monique trug ihre typische Kleidung, eine kurze Banthahaut-Jacke mit Schulterhalftern für ihre Blaster darüber, Vibromesserscheide am linken Unterarm. Eine enge, schwarze Hose, hochschaftige Stiefel mit flachen, weichen Absätzen. Nichts davon beeinträchtigte ihren weibliche Silhouette, die gepanzerte Kleidung war maß geschnitten. Sie hatte oft genug gemeckert, das sie nicht zu viel essen durfte. Gemampft hatte sie aber immer wie ein Hutte, was vermutlich an irgendwelchen künstlichen Organen lag, die mehr Nahrung benötigten. Ich riss mich aus meiner Starre und versuchte überlegen und geschäftsmäßig zu wirken. Herrisch winkte ich Teesevensix zu, zeigte mit gespreizten Zeige- und Mittelfinger meiner Hand auf meine Augen und hörte ein kurzes Pfeifen als Antwort. Monique war von der Tür zurück getreten und ich betrat die Schattenklinik.
    „Sind die eingeschaltet?“ sagte Monique und als ich ihren Blick erwiderte, wanderten ihre Augen kurz zu meinen Händen, bevor sie mich erneut an sah. Ich verkniff mir ein Grummeln und deaktivierte die Schockhandschuhe.
    „So,“ sagte ich gedehnt und blickte mich langsam mit einer kritisch erhobenen Augenbraue in dem Zimmer um, „Du brauchst also meine Hilfe?“
    Sie legte die Hände in die Hüften und blickte mich überrascht an, als wolle sie sagen: „Ich?“
    Ich betrachte den Schreibtisch. Kein Stuhl dahinter, vermutlich wurde die Konsole darauf von einem Droiden bedient. das speckige Sofa auf der gegenüber liegenden Seite sah gemütlich zerknautscht aus, ein kleines Tischchen mit Zeitschriften... Papier? Warum mussten alle Ärzte als Beweis ihrer Zunft Zeitschriften im Wartezimmer haben? War das irgend ein geheimer Kodex? Das Bild über dem Sofa zeigte einen Droidenarm, der mit seinem künstlichen Muskelsträngen und der Form der Klauen fast wie ein menschlicher Arm aufgebaut war. Es war ein gemaltes Bild, ich konnte die Pinselstriche erkennen. Gegenüber der Eingangstür ging es weiter, ein schmaler Korridor, der knapp Drei Meter weiter vorne in ein hell erleuchtetes Zimmer Mündete. Monique ging langsam, und mit wiegenden Hüften hindurch und verschwand nach rechts. Am Rücken ihres Halfters sah ich ein Weiteres Vibromesser kopfüber in einem Halfter stecken, der schräg über den Rücken ihrer Jacke geschnallt war.
    „Was ist überhaupt los?“ fragte ich, erhielt aber keine Nachricht.
    Als ich den Korridor durchschritt, fielen mir die Sensoren und Scanner auf, die Wände waren offensichtlich nachträglich eingezogen worden. Ich zog kurz mein Datapad hinter dem Rücken hervor, was meinen Lendenwirbeln unheimlich gut tat und prüfte ein paar Messwerte. Hohlräume, Energiesysteme und Metall und Keramik. Das war ein Spießrutenlauf, wenn es der Besitzer darauf anlegte. Ich vermutete, das ich bei einer Flucht besser einen eigenen Weg durch die Wand frei schießen sollte, anstelle diesen Korridor erneut zu betreten.
    Und tatsächlich führte mich Monique durch eine Art Ersatzteillager und vorbei an zwei weiteren, geschlossenen Räumen, sodass wir nach meiner Einschätzung fast die gesamte Wohnung Nummer 10-05 durchquert haben sollten. An dem linken Teil waren wir allerdings nicht vorbei gekommen, dort vermutete ich einen geheimen Ausgang auf den Hauptflur. Ich merkte mir den Weg, was nicht all zu schwierig war. Falls das Licht aus fiel, würde es allerdings ein Spießrutenlauf werden, denn das Lager, das wir eben durchquerten, war doch recht voll gestopft mit Kisten und Regalen. Sonderbarer Weg für Besucher vielleicht erfüllte das eine Schutzfunktion oder so war die Lieferung einfacher ab zu wickeln. Ich pappte in jeden Raum, wenn ich zufällig die Türrahmen streifte, einen Sensor in Hüfthöhe daran. So würde ich nachher eine Holokomverbidung nach außen haben. Falls wir die Hilfe des Droiden benötigten oder er unsere.
    Monique wartete neben einer weiteren Tür und lächelte mich unter lasziv halb geschlossenen Augen an als wolle sie mich vernaschen. Mein Holokom vibrierte und ich las eine Textnachricht... von ihr.
    „Spiel mit und verrate nichts.“ stand da. Ja, ihre cybernetische Komverbindung funktionierte ja innerhalb des gleichen Raumes ohne von den Dämpfungssystemen gestört zu werden. Bei dem Blick auf die Nachricht sendete ich eine Nachricht an Teesevensix. Ich ließ ihn wissen, das im Moment alles gut sei und er uns retten solle, wenn ich mich nicht in Fünf Minuten melde. „65 Uhr 29,“ sagte ich, um meine eigentlichen Taten zu verschleiern.
    Sie lächelte verschmitzt und machte eine kurze Wischbewegung, sodass die Tür sich automatisch öffnete.
    Ein kleines Büro, vollgestopft. So langsam bekam ich den Eindruck, alles, was ich gesehen hatte, wäre irgendwie für einen Umzug vor bereitet. Ja, der Streetdoc war vermutlich immer auf der Flucht und hatte mehrere Ausweichorte für seine Klinik. Eine Zwickmühle, sicher unter zu kommen aber auch für die Kunden erreichbar zu bleiben. Ich lebte in den Zwischenräumen der galaktischen Gesellschaft. Reiste mit leichtem Gepäck und kaufte mir alles, was austauschbar war an meinen neuen Standorten.
    Meinen ersten selbst konstruierten Dietrich trug ich unter einem Lappen synthetischer Haut am linken Oberschenkel, ein Kreditchip befand sich in der Füllung meines linken oberen Weisheitszahns. Was braucht man mehr als den eigenen Intellekt und einen Multifunktionsdietrich?
    Ich baute mich mit Fäusten in die Hüften gestemmt breit beinig vor dem Streetdoc auf. Der Mann war sicher weit über Fünfzig Jahre alt, trug nur einen verräterischen Konnektor hinter dem rechten Ohr, den sein schütteres, graues Haar nicht verdeckte. Seine Augen strahlten klar und wissbegierig, doch sie starrten mich mit einer Kühle an, das mir ein wenig schauderte. Sein Blick glitt über meinen Körper, und hin und wieder wanderte er über meine Schulter an die Stelle, wo Monique stehen sollte.
    „Sie sind also der Arzt, wegen dem meine Partnerin ihre Termine verpasst?“
    fragte ich gerade heraus, denn die Sache war mir unangenehm. Ich spiele nicht nur gerne die erste Geige, ich bin gut darin. Irgend wo einfach mit zu spielen, liegt mir dagegen weniger.
    Der Mann brummte und sah auf ein Datapad, das er in den Händen hielt.
    „Und sie sind hier so einfach herein gekommen?“ fragte er mit einem derartig ungläubigen Unterton, das ich mich gerade zu gekränkt fühlte.
    „Tja, ich kann hier auch genau so leicht wieder heraus spazieren, mein Wehrtester. Ihr Sicherheitsteam ist eine Bande Schuljungen, die Scanner sind Schrott vom letzten Jahr und das Ding hat mehr Löcher als mein alderaanischer Hochlandkäse, den ich mir heute Morgen aufs Brötchen gelegt habe,“ erklärte ich stolz und reckte zur Unterstreichung mein Spitzes Kinn ein wenig höher.
    „Meine automatischen Schussanlagen habe ich deaktiviert,“ sagte der alte Mann trocken, als würde das eine Rolle spielen.
    Ich wischte ein imaginäres Staubkörnchen von der dreckigen, engen Bandenjacke und erklärte in einem beiläufigen Tonfall: „Das ist mir aufgefallen. Drahtlose Netzwerksysteme, ich nehme an, Sie glauben, weil eine Abschirmung besteht, könne das System nicht gehackt werden. Soll ich mal eben die Kontrolle Ihrer Geschütze übernehmen?“ ich zog mein Datapad hinter dem Rücken hervor und grinste den Arzt spöttisch an. Er mochte auf dem Gebiet der Cybernetik ein Ass sein, aber das war mein Spezialgebiet. Er winkte ab.
    „Wie viele Cavaliers haben sie getötet, Mister...“
    „Iaco. Keinen. Vielleicht ein paar Kopfschmerzen oder Muskelkater.“ erklärte ich gelassen und steckte mein Datapad zurück hinter den Gürtel.
    „Sie werden es überleben.“
    Der Mann starrte ungläubig. War ich denn nur von mordlüsternen Leuten umgeben, alle respektlos dem Leben gegenüber? Immer dieses stereotype ich oder die. Warum, wenn man dem Ärger aus dem Weg gehen kann? Warum, wenn ein bewusstloser Gegner keine Gefahr dar stellt? Wer schlau genug war, der musste weder töten noch rennen. Monique, dieser Arzt hier, die Gang-Jungs, sie alle waren einfach zu blöd, um andere am Leben lassen zu dürfen. Traurig. Bedauerlich.
    Ich verkniff mir lieber mein Bedauern. Dieser Typ zeigte keinen Sinn für Ironie. „So, mein Guter. Ist meine Partnerin jetzt repariert oder was?“ fragte ich, um das Thema zu wechseln. Monique schob sich an mir vorbei, als ob der Raum ein Schlauch wäre und tätschelte dabei meine Po, ohne das der Arzt das sehen konnte. Ich konnte gerade noch ein empörtes Stöhnen unterdrücken. Eine echte Chauvinistin!
    „Und, mein Guter. Sind Sie jetzt mit von der Partie?“ säuselte Monique und setzte sich auf die Tischkante, schaffte es, die Beine dabei über zu schlagen und machte eine sehr attraktive Pose dabei. Ich ignorierte meine Gefühle, vielleicht habe ich ja einfach eine Schwäche für böse Mädchen.
    Sie blinzelte den Arzt an und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, der Blaster in ihrem rechten Schulterhalfter reckte sich dabei kurz vor ebenso wie ihre Brust. Ich verstand immer noch Binär, was sollte das alles hier? Teesevensix sagte doch, das sie in Schwierigkeiten stecke, dann lege ich harmlose, alte Rentner und schwere Jungs schlafen, um dann hier einem Verkaufsgespräch bei zu wohnen? Irgend etwas ging hier mal wieder an meiner Aufmerksamkeit vorbei. Ich musste Monique mehr im Auge behalten, wenn ich ihr auf die Schliche kommen wollte!
    Der Arzt grummelte wieder, blickte von seinem Datapad auf.
    „Eben ist eine Horde Cavaliers vor gefahren und auf dem Dach gelandet...“ erklärte der Mann trocken und fast simultan vibrierte mein Handgelenk. Der Astromech berichtete das Gleiche über die Relaisverbindung, die ich durch meine in der Klinik verteilten Sensoren aufgebaut hatte. Er stand mit unseren Überwachungssensoren in Verbindung, die wir vor knapp zwanzig Minuten aufgestellt hatten. Es wurde Zeit, den Fluchtplan ein zu setzen. Wo war der verdammte Geheimausgang? Wenn sie erst einmal auf den beiden Korridoren dieses Stockwerkes waren... was ja nur über die drei Treppen ging... dann saßen wir wie die Ratten in der Falle!
    Monique beute sich seitwärts über den Tisch auf dem sie saß, stütze sich mit den Armen auf und saß so verdreht, wie das wohl nur Frauen können. Ihr Gesicht war jetzt auf Augenhöhe mit dem des Arztes und nur wenige Zentimeter entfernt. Ich sah, das er dem Impuls widerstand, den Kopf zurück zu biegen. Er hatte Angst vor ihr, schoss es mir durch den Kopf.
    „Sie haben geglaubt, das sie mich haben,“ hörte ich Monique flüstern, ich verstand kaum eine Silbe, weil sie so leise sprach.
    „Jetzt wollen sie einen Patt aushandeln? Ich biete Ihnen das, was Sie wollen, was Sie brauchen, und Sie wollen mit mir Spielchen spielen?“
    Sie richtete sich wieder auf, ihre Körperbeherrschung war so ausgeprägt, das sie dabei ihre Hände nicht benötigte, sondern sich einfach ausbalancierte und aufrichtete.
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Mein guter Doc,“ sagte sie mit deutlicher Stimme und einem vibrierenden Unterton, „ich bin hier die einzige, die Spielt. Und alle tanzen nach meiner Pfeife. Ich biete ihnen eine Partnerschaft an, und Sie können durchaus ab lehnen. Aber ich diktiere den Vertrag, haben Sie das soweit verstanden oder muss ich deutlicher werden?“
    Hecktisch sah ich auf mein Holokom. Warum hatte ich keine Sensoren an den Treppenhäusern verteilt? Keine Zeit und nicht genügend Ausrüstung, aber war das wirklich ein Grund, mein so junges Leben jetzt schon vorzeitig beendet zu sehen? Wir sollten hier schleunigst gehen, und ich fing an herum zu zappeln.
    Der Doktor starrte weiter sprachlos zu Monique auf. Ich konnte förmlich die Rädchen und Pumpen in seinem Schädel arbeiten sehen. Schweißperlen bildeten sich, und der hohe Haaransatz bekam eine Schimmer.
    Mir wurde langsam auch heiß. Sicher wollte Monique gerade jetzt den Eindruck erwecken, die Kontrolle zu haben. Aber ich malte mir gerade aus, wie wir Opfer eines Gangbang im wahrsten Sinne des Wortes werden würden, wenn die knapp 26 Halbstarken erst einmal im Stockwerk angekommen waren. Sollten wir den Arzt als Geisel nehmen? Mir lag da überhaupt nichts daran. Man muss nehmen, was das Deck einem bietet, seine Karten richtig spielen und wenn man ein Spiel verliert seine Credits krallen und ganz ganz schnell verschwinden. Kein Sicherheitsmann der Galaxis hat mich je geschnappt (okay, ich wurde geschnappt, konnte aber immer entschlüpfen). Wenn ich es mir aussuchen konnte, ließ ich mich lieber von der HuttSec verhaften als von diesen moralisch total verkommenen Bengels, die hier die Straßen kontrollierten.
    Der Doc schien noch nach zu denken. Monique machte es ihm leicht.
    Sie hüpfte vom Tisch, griff sich ihren schweren schwarzen Mantel und das darunter verborgene kurzläufge Blastergewehr und sagte: „Also dann, Doc, ich muss langsam los. Ich habe woanders noch eine Verabredung. Lassen Sie sich mal durch den Kopf gehen, was ich im Kopf habe und was eine Kooperation für sie bedeuten kann. Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen können: einfach zu Hause anrufen.“


    Ich wusste zwar nicht, was sie damit genau meinte, doch ich war mir ziemlich sicher, dass sie nicht bluffte. Oder... wenn ich heute so darüber nach denke... warum eigentlich nicht?
    Monique drückte mir den klobigen Blaster in die Hand. Kein Kolben, drei Läufe, ich dachte, das Teil kann doch nichts taugen.
    Als sie den Mantel trug, nahm sie mir den Blaster aus den Händen und drückte mir einen Schmatzer auf die Wange. Mir wurde ein wenig heiß.
    „Danke für die Rettung, mein Held!“
    „Eine meiner leichtesten Übungen. Und ich wollte nicht von Teesevensix geröstet werden,“ erklärte ich lässig. Was sollte der Mist denn nun wieder, fragte ich mich derweil und wusste nicht wie sie mich jetzt wieder auf den Arm genommen hatte. Es hatte nicht den Anschein gehabt, das sie irgend eine Hilfe brauchte.
    „Gibst Du mir die Zugriffscodes auf die Verbindung zum kleinen Desperado? Wir sollten uns schleunigst aus dem Staub machen. Ich habe keine Zeit für Feuergefechte mit Stümpern.“
    Ich sah flüchtig zu ihr herüber, während ich um ein Regal herum lief. Wir bewegten und mit zügigen Schritten, ihrem Gang konnte ich inzwischen entnehmen, das sie die verdrahteten Reflexe eingeschaltet hatte.
    „Was ist hier überhaupt passiert?“ wollte ich zum wiederholten Male wissen.
    Sie grinste mich kurz an und sagte dann: „Ohren zu halten!“
    Ich legte die Hände auf die Ohren und nicht zu früh. Ihr Blaster bockte in ihren Händen, das Ding verhielt sich wie eine Scattergun, und drei Blasterbolzen fetzten durch die Wand vor uns, ein stroboskopartiger Blitz erhellte den spärlich beleuchteten Lagerraum. Ohne langsamer zu werden näherte sie sich der Wand und gab weitere Schüsse ab. Woher sie wusste, das die Wand nicht massiv war, konnte ich nur spekulieren. Einen Raum weiter hatte ich den Scanner eingesetzt, da hatte ich mir eine Anomalie gemerkt, die auf eine verborgene Tür hin deutete. Nun, was sie tat, funktionierte. Knisternd und knackend rauchte die Waffe in ihrer Hand, als sie die letzten zwei Meter beschleunigte und wie eine Rakete mit der Schulter die zerschossene Wand rammte. Sie fiel zu Boden, allerdings im angrenzenden Raum. Staub rieselte aus der Verschalung der Wand.
    Monique hustete und grinste zu mir herauf, als ich durch das schmale Loch stieg und ihr die Hand reichte.
    „Danke. Wo bleiben die Zugriffscodes? Ich habe noch einen Termin mit meiner Tochter.“
    „Tochter?“ Sie schaffte es immer wieder, mich zu überraschen. Okay, sie war älter als ich, das hatte ich bereits gewusst. Mein Verbindungsmann beim SID kannte sie als Jaresa Camoni, Starfighter-Pilotin der republikanischen Streitkräfte, Missing In Action. Da war sie als vierzigjährige aufgetreten. Ich war gerade dreiundzwanzig geworden. Ich stellte mir daher eine kleine Tochter vor, die mit vollen Windeln mit Mammi kuscheln wollte. Das war nicht das letzte Mal, das ich mich irrte.
    Ich half ihr auf und aktivierte mein Holokom. „Teesevensix, wir kommen gleich am Gang Richtung Lift raus. Behalte alles schön im Sensor.“
    Ich kopierte die Zugangsdaten und sendete sie an die Komlink-Nummer, die zur Zeit auf das Gerät im Schädel von Monique passte. Ich ließ das Gerät eingeschaltet und lief Monique hinter her, die in einem Operationsraum plötzlich links ab gebogen war und eine Tür öffnete. Als ich hinzu kam, sah ich einen Raum mit Regalen, Putzmitteln und einem kleinen diskusförmigen Reinigungsdroiden, der auf Anweisung hin über den Boden wuseln würde um die Bodenkacheln zu reinigen. Einen Moment dachte ich, jetzt währen wir falsch abgebogen, aber dann kam mir in den Sinn, das ich ja durch die zahlreichen Umbaumaßnahmen ein wenig mit der Architektur durcheinander geraten war. Monique suchte hektisch das linke Regal ab, fasste hier- und dort hin, und ich zog schnell meinen Scanner, denn sicher konnte ich eine Geheimtür damit erkennen.
    „Das gehört zu der Abschirmung, da wirst Du keine brauchbaren Anzeigen finden. Da hilft nur Suchen, mein Großer.“ behauptete meine dunkelhaarige Chefin und drückte mir den immer noch warmen Blaster in die Finger. Inzwischen piepste Teesevensix über den Lautsprecher an meinem Handgelenk-Holokom. Natürlich verstand ich nichts.
    „Isst gut, Teeseven,“ sagte Monique, „wir sind gleich bei Dir.“
    Sie blickte mich plötzlich ausdruckslos an. Eine Sekunde verstrich, und ich hob schon eine Augenbraue, und wollte fragen, was ich denn nun schon wieder angestellt hätte. Dann zog sie ihrerseits eine der dunkelroten, feinen Augenbrauen hoch und gleichzeitig hörte ich ein Klicken. Sie zog den Arm aus dem Regal hervor und griff an eine der Stützstreben. Das Regal schwang herum und mit ihr ein Teil der Wand dahinter. Ich sah unseren kleinen Droiden heran rollen.
    „Prinzessin ja? Und Teesevensix ist ein Ritter? Zu was macht Dich das dann? Das Pferd?“ fragte Monique und trat aus dem Gang. Ich folgte ihr schweigend und überlegte mir eine süffisante Antwort. Ich dachte nur: Teesevensix, die alte Petze!
    Monique wollte zu den Aufzügen, ich hielt sie an der Schulter zurück.
    Sie wandte sich um, blickte fragend und nahm ihren Blaster von mir entgegen. Ich nickte zur Kreuzung. „In Wohnung 10-08 habe ich einen Notausgang zum Nachbargebäude. Ein kurzer Funkbefehl und wir haben ein Schönes Loch in der Wand, steigen hinüber und verkrümeln uns mit dem Gleiter, den ich in der Tiefgarage gefunden und geknackt habe.“
    Sie grinste anerkennend und ihre sommersprossigen Wangen wurden gerötet. „Okay, Du bist doch nicht das Pferd!“ sagte sie lachend und blickte auf den Astromechdroiden herunter. „Hi mein kleiner Co-Pilot. Lass uns hier verschwinden und danke, das Du meinen Arsch gerettet hast.“
    „Begrüßung: Hallo Muttereinheit!“ zwitscherte der kleine Blechkopf, wie ich später nachlesen konnte.
    Natürlich gelang es durch meinen tollkühnen Plan zu fliehen, bevor wir noch einem Rotzlöffel den Arsch versohlen mussten.


    Ich werde nicht umsonst schlüpfriger JB genannt!


    Plothole: Moniques Rettung vom Operationstisch

    Ratte in der Falle



    Morhili fummelte mit seinen Wurstfingern tief in seiner Nase herum. Sein Hauptinteresse galt den krümeligen Rückständen eines letzten Nasenbluten. Sein alter Kumpel Fulmo rümpfte derweil die Nase und schob sich seine breite Brille auf der Nase zurecht. Er sondierte die Umgebung, von gelegentlichen Ticks unterbrochen.
    „Was ist mit Deinem Nervenfieber, Fulmo?“ fragte der Chum auf alt-Corellianisch. Der schlaksige junge Mann schniefte kurz und hob sein Kinn, bevor er schwerfällig antwortete: „M-mach der Doc ha-heile. Pflaster wiiirken scho-on.“ Fulmo klopfte auf den Unterarm, wo am Handgelenk ein Pflaster sichtbar wurde, das über die Haut Wirkstoffe in den Körper absonderte. Seine Bewegungen wirkten fahrig, aber das täuschte. Er befand sich in einem dauerhaften, traumwandlerischen Zustand, in welchem die Umgebung wie durch einen Schleier erschien und alle Bewegungen träge und zäh dahin flossen. Sein Gehirn war permanent überreizt mit den gesteigerten Sinneseindrücken, weshalb der Streetdoc ihm die getönte Brille empfohlen hatte. Sein Schniefen war auch nur ein hastiges Luft holen, da er immer de Eindruck hatte, das er zu wenig Sauerstoff bekam. Schon mit vierzehn Jahren hatte der im corellianischen Sektor geborene Junge seine ersten cybernetischen Upgrades erhalten. Die minderwertige Ware und die vor Abschluss des Entwicklungsprozesses implantierte Hardwear hatte sein natürliches Nervensystem dauerhaft geschädigt. Inzwischen wirkten sich die Schäden bereits auf das vegetative Nervensystem aus, was tatsächlich dazu führen konnte, das er einfach vergaß zu atmen. Nachts trug er daher ein Atemgerät oder aber auch, wenn die Gang einen Überfall durch führte.
    Die permanente Überreizung führte dazu, das sein Geist träge und seine Aufmerksamkeit gestört war. Der massiv gebaute Morhili reagierte daher schneller als sein verdrahteter Chum, als eine verdächtige Gestalt aus dem Nachbargebäude trat, ein paar Augenblicke stehen blieb.


    Der zwielichtig drein schauende Kerl hatte kleine Schweinsäuglein, eine billige Punk-Frisur und schwarze Kleidung mit lauter Taschen auf seiner Weste verteilt. Er blickte überrascht, und die Blicke von Morhili trafen sich mit dem fremden alten Knacker, der bestimmt weit über zwanzig Jahre alt war. Seine Bewegungen stoppten abrupt, seine Nase zuckte, die feinen Augenbrauen gingen nach oben. Dann machte er kehrt und verschwand wieder im Nebengebäude. Morhili wurde misstrauisch, Fulmo raunzte ihm auf Corellesi zu: „Ganger? Wa mad Kerl i Zweizwanzignullacht? Festnemh?“
    Der untersetzte junge Mann grübelte noch, als Fulmo sich bereits auf den Weg machte. Morhili war als Flüchtling nach Nar Shaddaa gekommen, als sein Vater bei einer Explosion in einem Lagerhaus auf Corellia verstarb. Imperiale, Konkurrenzkonzerne, Republikaner, CorSek... wer schuld war, war schon immer nebensächlich. Fakt war, das er das einzige auf dem Planeten Corellia geborene Gangmitglied der Corellian Cavaliers war. Als untersetzt und kleinwüchsig war er zunächst nicht in den Kern der Gang gekommen, das traute man ihm nicht zu. Jedoch hatte er sich über Botendienste hoch gedient, war aber erst mit 17 Jahren in den Kern der Bande aufgenommen worden. Ein Alter, das ihn schon damals „zu den Opas“ der Gang machte. Sein Scharfsinn wurde von einigen geschätzt, andere hielten ihn für einen Dummschwätzer. Das lag immer daran, das er bei Kämpfen nur Unterstützung leisten konnte. Spezielle Mittel und regelmäßiges Training konnten aus ihm nicht schnell genug einen Kämpfer machen. Ihm fehlte die harte Jugend auf der Straße, und bedeutend jüngere Gangmitglieder hatten höhere Ränge in der Bande. Das änderte sich, als er genug Geld gespart hatte für cybernetische Implantate. Noch war es ungewohnt für ihn, ein Sturmgewehr einhändig zu bedienen und schwere Frachtkisten alleine zu tragen, doch er fühlte sich in diesem umgestalteten Körper nicht unwohl.


    Im Gegensatz zu seinem Chum dachte er zunächst nach, bevor er handelte. Das hatte viele körperliche Nachteile ausgeglichen. Eigentlich war er im Rang höher als der fahrige Fulmo, doch jetzt war ihm die Initiative genommen worden. Etwas stimmte mit dem fremden, alten Mann nicht. Der Blickkontakt war zu lange gewesen, seine Bewegungen zu offensichtlich.
    Morhili zog im Laufschritt seinen Blaster, als er seinem Chum folgte. Der verschwand gerade im Eingang. Morhili wurde jedoch nimmer langsamer, als er sich dem Eingang des Gebäudes 82-08 näherte, blickte sich schnell um und nahm die Straßenszene in sich auf. Vorwiegend beherrschten hier Brauntöne, was von der gelblichen Beleuchtung stammte, die einige noch funktionierende Straßenlaternen spendeten. Rote und ein paar Blaue Werbeholos priesen Waren an, darunter auch die weiblichen Umrisse von Humanoiden. Ihm ging kurz durch den Kopf, das er selbst seinen besten Chums nicht erzählen durfte, das er eine feste Freundin hatte, das würde ihn Reputation kosten. Er galt so oder so schon als alt, und alte Gangmitglieder wurden schnell aus der Gang befördert, wenn sie nicht mit halten konnten. Nachdenken war nicht gerade ein Vorteil, der angemessen gewürdigt wurde. Aber er kannte genug Mitglieder befreundeter und verfeindeter Gangs um zu wissen, das es immer so war. Er musste sich bald einer großen Gang anschließen. Vielleicht als Schläger bei der Schwarzen Sonne anfangen, dafür war er jetzt alt und erfahren genug. Doch zunächst entdeckte er auf der staubigen Straße mit dem bewachsenen Mittelstreifen keine Auffälligkeiten. Bewachsen war vielleicht zu viel gesagt. Eine alte Duros-Dame hatte die Straße weiter rauf Blumen gepflanzt, die sie lebensmüde vor den achtlosen Kindern verteidigte, die dort regelmäßig mit Knüppeln und Pfeilpistolen Huttenball spielten. Hier war der Mittelstreifen unregelmäßig mit einem braunen etwas wie Gras bewachsen.
    Er hörte eine unbekannte Stimme aus dem Gebäude rufen: „Ich bin unbewaffnet.“
    Der Eingang von Block 82-08 war fast erreicht, als er mit dem Daumen die Sicherung seines Blasters ausschaltete und näher an das Gebäude heran rückte. Von innen hörte er das dumpfe, nur all zu vertraute Klatschen von hartem Material auf weichen Körper und das typische Keuchen von seinem Chum Fulmo. Der schlaksige Ganger war verdammt schnell, aber fast noch viel unvorsichtiger, und Morhili war etwas besorgt, ob er wieder in eine Banthascheiße hinein gerast war wie schön des Öfteren.
    Er hörte ein metallisches Klacken, das ihm bekannt vor kam.
    Er legte die linke Hand an den Rahmen der in der Wand versenkten Schiebetür und spähte über die Zieloptik seines Blasters in das schlecht beleuchtete Gebäudeinnere.
    Vor der verschlossenen Tür zum Treppenhaus lag der komische Kerl auf allen Vieren und spuckte eine dunkelbraune oder rote Flüssigkeit auf den Boden. „Das habe ich nicht kommen sehen,“ murmelte der Typ kaum verständlich wie zu sich selbst. Viel zu sehen gab es nicht, da Fulmo mit seinem ausgefahrenen Teleskopschlagstock zwischen dem Fremden und ihm stand, er trat dem Mann vor sich gerade in die Rippen, sodass dieser zur Seite um fiel und mit dem Rücken gegen die Tür fiel.
    In den Adern des kunstmuskelbepackten Morhili kreiste inzwischen einiges Adrenalin, aber die sonderbare Art und Weise des Mannes wirkte so aufgesetzt, das er weiterhin misstrauisch blieb, auch wenn ihm klar war, das sein Chum ihn unter Kontrolle hatte. Langsam betrat er die Lobby des Gebäudes, spähte nach links und sah einen Astromechdroiden halb im Schatten des Tresens der Anmeldung stehen. Sein Fadenkreuz senkte sich auf den Droiden. So ein Droide war viel zu wertvoll, um ihn hier in diese Gegend zu schleppen. Er war fehl am Platz, und auch, wenn dieser Droide offensichtlich gar keine Vorrichtung für Waffen hatte, so bezweifelte Morhili stark, das er in diesem Gebäude die Wartungsarbeiten für den Hausmeister verrichtete. Zu teuer. Das hier war das Revier seiner Gang, er kannte fast jedes Gesicht, insbesondere in diesem speziellen Haus, in dem ein paar Nicht-Menschen hausten, die von vielen dieser corellianischen Migranten mit Argwohn betrachtet wurden. Nicht, das sich Morhili erinnern konnte, das auf Corellia eine Speziesfeindlichkeit geherrscht hatte... aber Nar Shaddaa war ein Nährboden für organisierte Kriminalität. Und Vorurteile, Neid und Misstrauen waren der Baustoff des Schmugglermondes. Man mochte hier „gleich“ sein, aber nur, wenn man seine Rechte auch verteidigen konnte oder zumindest einen Beschützer hatte. Sonst war man nur ein Opfer, gleich welcher Herkunft. Zumindest hier „unten“, wo die HuttSec keine Streife lief und nur mit ganzen Kampfeinheiten ein rückte, wenn auf der Straßen Krieg herrschte.
    Morhili hatte gehört, das da draußen in der Galaxis wieder Republik und Imperium gegeneinander kämpften. Für ihn hatte, seit er mit seiner Mutter in diesem Sektor eine neue Heimat fand, immer ein Krieg getobt.
    „W-was m-machste hiiier?“ fragte Fulmo in seiner unvergleichlichen Art, die für außenstehende kaum zu verstehen war. Morhili wusste, das Fulmo jetzt gefährlich aufgedreht war. Würde der komische Kerl auch nur mit der Wimper zucken, würde er die Schläge nicht kommen sehen, die auf ihn nieder prasselten. Morhili widerstand dem Drang, zu den beiden herüber zu schauen. Er behielt den harmlos ausschauenden Droiden im Auge.
    „Das ist eine gute Frage, Sir,“ erklärte der Typ näselnd und keuchend, „es ist an der Zeit, das auf zu klären. Hörst Du?“
    Der muskulöse kleine Jugendliche runzelte die Stirn, als er versuchte, den letzten Satz zu verstehen. Wer war da gemeint? Dann aktivierte Teesevensix mit einem Funkbefehl die Betäubungsgranate, die Iaco über der Tür installiert hatte. Morhili wurden die Knie weich und er bemerkte, wie seine Kniescheiben auf dem Boden auf schlugen, spürte jedoch keinen Schmerz, als ihm auch schon schwarz vor Augen wurde.


    Es waren vielleicht Zehn Sekunden vergangen, seit Fulmo in das Gebäude gestürmt war und gesehen hatte, wie der Gangster an der Tür zum Treppenhaus herum nestelte. Mit weit erhobenen Händen, die ein Multifunktionswerkzeug fallen ließen, hatte der Typ mit dem hässlichen Irokesen sich um gedreht. Dabei hatte Fulmo ihn von oben bis unten mustern können und keinen waffenähnlichen Gegenstand gesehen. Als der Kerl „Ich … bin … un … be … wa … ff … net.“ rief, war der schlaksige Junge bereits heran, und er sah mit Genugtuung das ungläubige Stieren und die herabfallende Kinnlade des komischen alten Sacks, als er erkannte, das Fulmo bereits direkt vor ihm stand und ihn aus dem Lauf mit angewinkeltem rechten Knie an sprang. Der Mann duckte sich mit schützend verschränkten Armen, die eine Kampfsporttechnik andeuteten. Aber der Wirbelwind war zu schnell, sodass er den komischen Einbrecher noch mit seinem Schienenbein im Gesicht streifte. Der Typ fiel benommen zu Boden, schaffte es aber noch, sich mit seinen Händen ab zu stützen. Fulmo zog bereits seinen kleinen Schlagstock und es klackte befriedigend, als die Metallröhrchen arretierten und so aus einem kompakten Griff ein knapp dreißg Zentimeter langer flexibler Schläger wurde.
    „Das … ha... be … ich … ni … ch ... t … komm ... en … se … hen,“ sagte das Opfer zu seinen Füßen.
    Er konnte gar nicht ahnen, welch Kompliment das in den Ohren des jungen Gangers war. Immer war er der Kleine gewesen. Selbst, als er nach einem Wachstumsschub größer als die meisten wurde, war sein Spitznahme Kleiner geblieben, und das hatte ihn immer geärgert. Dann die verpfuschten Operationen. Zunächst war er gelähmt gewesen, bis seine Jungs den Streetdoc ausgeweidet hatten. War damals eine große Sache gewesen, an die er sich noch beinahe mit Tränen der Rührung erinnerte. Von dem Zeug und den Organen des Streetdoc hatten sie ihm eine Operation bei einem „echten“ Arzt bezahlt. Er wusste, das die paar Nervenschäden besser waren als die Alternative. Der Streetdoc von 82-10, der vor ein paar Wochen ein gezogen war, machte seiner Gang Sonderrabatte, anstelle Schutzgelder zu zahlen. Ein Deal, der vielen der Corellian Cavaliers zu Gute kam. Geld verdienten sie einiges, aber das Leben auf der Straße war kurz und schnell. Wer nicht hart genug war, flog aus der Gang. Cybernetik half mehr noch als hochwertige militärische Waffen. Fulmo sah sich gerne als einer der Härtesten, und seine Chum hatten mächtig Respekt vor seinen cybernetischen Reflexen.
    Er hörte über das langgezogene Stöhnen seines Opfers knirschende Geräusche von schweren Schritten nähern, sah seinen Chum Morhili im Eingang erscheinen und trat dem Kerl zu seinen Füßen fast beiläufig in die Rippen.


    Der hässliche Vogel vor ihm war kein Gegner. Ein alter Mann, bestimmt weit über zwanzig, mit einer Frisur, mit der er selbst die blödesten Schlampen eher abschrecken würde. Dann auch noch Einbrechen gehen im Gebiet der
    Corellian Cavaliers und als weiterer Beweis seiner Dummheit ohne Waffe herum laufen. Der Kerl gehörte ausgeweidet und an die Organbanken verkauft. Sein Gehirn würde aber bestimmt nichts einbringen, da war der Teen-Ganger sich sicher.
    Langsam und bedächtig sagte er „Was machst Du hier?“ damit der Wookiekopf ihn verstehen konnte. Zäh wie ein ausgelutschtes Kaugummie dehnte sich die Zeit, bis der wie ein Mastsalky keuchende alte Mann endlich antwortete.
    Träge und langsam floss die Zeit für den cybernetisch frisierten Gangjungen dahin, die Worte des Kerls zu seinen Füßen klangen daher in seinen Ohren, als würde ein Bantha langgezogene Laute auskotzen.
    „Daas ... isst“ erklärte der Typ näselnd, weil seine Nase gebrochen war und ihm träge das Blut aus den Nasenlöchern tropfte, „ein … ee … gu … tee … Fra … gee.“
    Die kleinen dunklen Augen des Typs hatten einen verschlagenen Ausdruck, der irgendwie nicht in die Situation passte. „Siir,“ ergänzte der blöde Kerl. Natürlich hatte Fulmo irgend wo schon einmal das Wort gehört, aber er konnte es nicht in einen Zusammenhang bringen. Der Tonfall war so unterwürfig, das er sich fragte, ob das vielleicht ein Kompliment sein sollte. Er sah den Adamsapfel hüpfen und die Brust heben, als der Typ zu weiteren Worten an setzte. „Ees … isst … aan … deer ... Zei … t,“ säuselte der Typ, und der Ganger wurde sofort hellhörig. An der Zeit wofür? Warum floss die Welt so träge dahin, die Zeit von dem Kerl hier war so oder so ab gelaufen!
    „Dass ... auff ... zuu … klä... renn,“ brabbelte der Mann weiter. Wie jetzt? Fulmo verlor für eine Millisekunde den Faden. Jetzt wurde etwas erklärt? Vielleicht würde er ihn mit seinem Schläger den Schädel zerschlagen, damit der blöde Typ endlich mal was verständliches sagte!
    „Hoersst ... Duu?“ Ja, verdammt, du alter Mann! Ich höre dich und werde gleich wahnsinnig! wollte Fulmo schreien und ihm den Kopf zertreten. Er überlegte, ob er vorher um Erlaubnis fragen musste. Morhili war ja im Rang der Gang über ihm. Für einen so alten Jungen war er nett, auch wenn er noch vor einem Jahr nicht richtig dazu gehört hatte. Aber er konnte so toll Corellesi sprechen. Die besten geheimen Wörter für ihre „Räubersprache“ kamen immer von ihm. Und es war lustig, das er so einen komischen Akzent hatte und trotzdem viel fließender Corellesi sprechen konnte als alle anderen in der Gang. Es tat ihm gut, mit jemand zu sprechen, der nicht so unheimlich langsam und stotternd brabbelte. Da bekam er bei längeren Unterhaltungen auch keine Kopfschmerzen. Der Typ hier am Boden war aber echt die Härte. So ein gedehntes Gestammel, da halfen auch keine Pillen und Injektionen gegen die Kopfschmerzen. Was hatte der Doc ihm gesagt? „Lass es langsam angehen.“ Wusste der Doc nicht, das er in einer Welt der Entschleunigung lebte? Alles lief so träge ab, während er sich ganz normal bewegte. Selbst dieses Erd-Anziehungs-Dings zerrte manchmal an seinen Armen und Beinen, und die Luft war immer wie Sirup und hatte viel zu wenig von dem Luft-dings drin, das man so zum Atmen braucht.
    So zumindest nahm der junge Corellian Cavalier sich selbst wahr.


    Fulmo hörte einen dumpf dröhnenden Knall hinter sich und wirbelte herum, sah, wie sein Chum „tot“ zu Boden sackte. Er bemerkte die sich öffnenden Klappen an dem Droiden, den er bis jetzt übersehen hatte. Der Droide sah aus wie einer dieser Servierdroiden in schicken Lokalen, die sich zu fein waren für barbusige Servierschlampen. Das kleine Drecksteil war mit einer Projektilwaffe ausgestattet, folgerte er daher. Den Qualm und die glühenden Reste über dem Türrahmen am Eingang direkt über der „Leiche“ seines Chum sah er, aber sein Gehirn zog da keine Zusammenhänge. Ein Rohr senkte sich aus einer der Klappen an dem Droiden mit den drei Laufrädern, das bemerkte er sehr wohl. Daher ließ er sich zur Seite fallen um gleich darauf mit einer seitlichen Schulterrolle auf die Füße zu springen. Ein Pfeil oder ein anderer langsamer Gegenstand schoss aus dem Rohr des Droiden und an Fulmos linken Flanke vorbei und er registrierte einen metallischen Ton, als es hinter ihm knapp neben dem Lift in der Wand ein Schlug.
    Das bösartige Zwitschern des kleinen Killerdroiden erfüllte plötzlich den Raum und schmerzte in Fulmos Ohren. Er zog einen Blaster aus dem Schulterhalfter und hechtete dabei hinter den Tresen. Hier landete er in einigem Unrat und ein paar Vertreter der Schabengattung wuselten Schutz suchend unter einen Karton, der nach verfaultem Essen roch. Ein Hausmeister oder Concierge hatte an diesem Platz seit Jahrzehnten nicht mehr gesessen. Der scharfe Geruch von Urin und anderen Fäkalien deutete auf eine ganz andere Form der Benutzung.
    Der Blaster war betriebsbereit und entsichert in seiner Hand. Egal, was irgend welche Chums erzählten, sein Blaster war immer aktiv und entsichert. Er hatte nur dann Krämpfe und Ticks, wenn er gezwungen war, dumm herum zu lungern. Wenn es darum ging, um sein Leben zu laufen oder zu kämpfen, dann funktionierte jede Faser seines Körpers präzise.
    Er lief geduckt bis zum rechten Rand des Tresens und streckte seinen Blaster über die Wand, um dann blind auf die Stelle hinter dem Tresen zu feuern, wo er keine drei Sekunden zuvor den Droiden stehen gesehen hatte. Etwas heißes biss in seinen Arm und er konnte sich gerade noch zusammen reißen, den Blaster nicht fallen zu lassen. Er war Schmerzen und Krämpfe gewohnt, sie gehörten seit der verpfuschten Operation zu seinen täglichen Begleitern. Er zog die Hand zurück, verkniff sich auch jeden Ton und sah, das Daumenkuppe und ein Teil seiner Finger verfärbt waren. Ein ekelhafter, beißender Gestank von verbranntem Haar lag in der Luft. Sein kleiner Finger schien taub zu sein, die anderen Finger brannten und stachen wie wild.
    Dann bemerkte Fulmo einen klassischen Fehler, bevor er das Bewusstsein verlor. Der Tresen bestand aus Kunststoff und er hätte einfach durch ihn hindurch schießen können.
    Was der fiese, böse, gemeine, kleine Droide gerade tat und ihn damit voll erwischte.


    Durastahlratte meldet sich krank



    Da saß ich nun angelehnt an die Wand und lehnte den Kopf zurück, um eine Minute aus zu ruhen. Auf, JB, sagte ich mir, keine Zeit zu verlieren!
    Ich hatte zwar alles unter Kontrolle, sagte ich mir, aber vielleicht hatte mir der nervige Droide den Tag gerettet. Ächzend stand ich auf, bekam gerade wenig Luft durch meine verstopfte Nase. Sie fühlte ich irgendwie taub an, und ich konnte nur hoffen, das sie nicht gebrochen war. Egal, ich wollte ja so oder so zum Arzt.
    Teesevensix rollte langsam und scheinbar selbstzufrieden aus der Ecke des Foyer, umrundete die Theke, hinter der ein schlackiger Streetpunk lag. Falls der Bengel tot war, konnte ich nichts mehr machen. Der kleine Muskelberg am Fronteingang zumindest war von meiner Betäubungsgranate flach gelegt. Ich schlurfte schniefend zum Eingang und betastete immer wieder meine Nasenlöcher, wollte wissen, ob langsam das Blut geronn. Vorsichtig schaute ich mich im Schatten des Einganges draußen um. Meine kleine Granate hatte nicht gerade viel Lärm produziert, aber wo zwei Gangster Wache stehen, waren weitere zu vermuten. Das Hauptquartier der Corellian Cavaliers lag 3 Blocks weiter Richtung Zentrum uns eine Ebenen über uns. Aber sie waren hier Präsent, das war ihr Revier. Ich zerrte den ungewöhnlich schweren kleinen Teen an den Füßen bis zur Theke. Der Blecheimer rollte mir aus dem Weg. Dann besah ich mir meine beiden Gefangenen. Ich schälte den schlaksigen aus seiner Gangjacke. Ich würde sie zwar nicht schließen können, aber sie passte halbwegs. Den speckigen Geruch musste ich wohl ertragen. Dann überkam mich ein Geistesblitz und ich kramte aus meinen Jackentaschen einen Scanner hervor. Während ich mich noch fragte, was ich alles benötigen würde, und was ich zurücklassen konnte, kamen die Messwerte durch. Befriedigt grinste ich. Es war zu erwarten gewesen, das ein Cybertech irgendwelche Spielereien mit seinen Patienten anstellte. Ich suchte den ganzen Körper nach Sendern ab und kam zu der Vermutung, das die cybernetischen Systeme der beiden Jungs nicht durch Zufall die gleiche Biosignatur abstrahlten. Das würde ich mit einem Kleinen Sender imitieren, und hatte so eine zusätzliche Doppelkarte gegen die Sensoren im Gebäude.
    Ich steckte einige Granaten, Betäubungspfeile und Werkzeuge von meiner Jacke in die Taschen der speckigen Gangjacke. Mein Datapad steckte ich mir am Steiß in die Hose. Unbequem, aber schnell erreichbar.
    Ein Kurzer Blick auf mein Armbandholokom zeigte mir, das es Zeit wurde. Schließlich war noch eine holde Maid zu retten. Ein wenig Vorfreude durchflutete mich. Monique, das eiskalte Luder, gerettet durch mich. Bisher war ich eher ihr Botenjunge und Computerspezialist gewesen. Vielleicht würde sie in Zukunft meine wahren Qualitäten mehr zu schätzen wissen, nein, ich war sicher, das sie es musste. Andererseits... wer wollte schon zu viel Aufmerksamkeit von einer imperialen Agentin kassieren? Das Spiel war gefährlich, aber Spannend. Vorsicht, Planung und Ausdauer, das waren bisher immer meine besten Werkzeuge gewesen. Ich würde die Kleine nach Strich und Faden hintergehen. Wenn dieser M. Shan erst einmal von meinem Kontakt meine Berichte erhalten hatte, würde ich sicher in Zukunft meine Aufträge selber aussuchen können.
    Ich schlenderte mit meiner neuen Verkleidung und abgewischtem Gesicht zum Eingang des neben liegenden Gebäudes. Ich hatte keine Zeit gehabt, mir Pläne des Gebäudes zu besorgen, auch die Kanalisation war mir unbekannt. Äußerst schlechte Voraussetzungen. Auf dem Dach befand sich ein Landeplatz und mehrere Repulsorfahrzeuge waren dort geparkt. Eine Fluchtmöglichkeit, aber auch sehr wahrscheinlich der Ort, wo Verstärkung landen würde.
    In meiner Hosentasche vibrierte es. Ich zog das Holokom von dem schlaksigen Jungen mit dem übersteigerten Reflexen hervor. Die Anzeige sagte Frenecahom, vermutlich ein Kumpel von dem Früchtchen. Ich stockte kurz, wartete, bis der Anruf stoppte. Dann deaktivierte ich die Ortungsfunktionen in dem Gerät und verstaute es wieder. Ich weiß, was sie sagen wollen, und es lag auf der Hand, das Kontrollanrufe und gegebenenfalls eine Wachablösung auf dem Weg waren. Aber jetzt war wirklich nicht die Zeit für Kleinigkeiten. Nur weil ich es absolut nicht ausstehen konnte, unvorbereitet und planlos vor zu preschen bedeutet es ja nicht, das ich nicht die besten Ideen und tollsten Pläne tollkühn durchgezogen hätte. Wenn du in Schwierigkeiten bist, tu stets das Unerwartete.
    Ich bestieg den Lift, der die Größe eines Lastenaufzuges hatte und spähte kurz über die teilweise defekten Anzeigen für die einzelnen Stockwerke. Von meinem Streetdoc war nichts zu sehen. Laut Teesevensix befand sich die Schattenklinik im zehnten, also fuhr ich rauf zum zwölften, dem Stock unter dem Dach. Der kleine Quälgeist an meiner Seite nervte wieder mit seinem rumgepiepse, aber es war nicht nötig nach zu schauen, was er jetzt wieder zu meckern hatte.
    „Was ich in den nächsten Minuten von Dir hören will, ist ein unverdächtiges Flöten, keine unflätigen Keckernden Geräusche und schrillen Pfiffe, Held in Blechbüchse,“ instruierte ich den Droiden. Er pfiff irgendwie traurig und ich wusste, langsam gehorchte der kleine Nervtöter. Vielleicht hatte er endlich erkannt, das er mit einem Profi arbeitete, dachte ich so bei mir, als sich die Türen des Liftes öffneten und ich mich einem Pickeligen Jungen gegenüber sah, der zufällig die gleiche Jacke trug wie ich.
    Seine Augen weiteten sich, als sich meine Augen weiteten. Ich war aber schneller. „Guld mahen. Kolvaseho Il ovo!“ erklärte ich vergnügt und hätte damit vermutlich etwas leckeres auf Corellia bestellt, doch bevor der kleine Hosenscheißer an seinen fetten Blaster dachte, nickte ich, trat einen Schritt näher und verpasste ihm eine Kopfnuss. Er taumelte zurück, harter Schädel, das musste ich ihm lassen. Mein Handkantenschlag gegen den Schädelknochen hinter seinem linken Ohr sah er nicht kommen, und danach sah er vermutlich tanzende Galaxien, bevor er bewusstlos zu Boden sackte.
    Schnell schaute ich mich um, hatte bereits in meiner linken Hand eine scharfe Blitzgranate, doch anscheinend war der Junge allein. War ich etwa in ein Quartier der Rotzlöffel gestoplert? Egal, jetzt war nicht die Zeit für Schuldzuweisungen. Ich zog den Hosenscheißer in den Lift und sorgte dafür, das er in nächster Zeit nicht mehr fahren Würde. Das nächste Problem- wo war das Treppenhaus? Ich versuchte auf gut Glück den Korridor auf der rechten Seite. So konnte ich schon einmal sehen, wo später mein Notausgang liegen würde.
    Weit kam ich nicht. Der Gang endete an einer Tür, die offenbar in eine Wohnung führte, welche diese Seite des Gebäudes einnahm.
    Selbstsicher und mit hoch erhobenem Kinn stakste ich auf die Tür zu und zog schon einmal meinen elektronischen Dietrich. Kamu war ich an der Tür angelangt, da öffnete sie sich, und der Duft von Parfum und die gedämpften Geräusche von Musik drangen an meine Ohren. Die Frau im Eingang ließ mich kurz stocken. Mein Blick wurde unweigerlich zu den beiden her vor tretenden Attributen in schwarzer Spitze gezogen, das ich nur mit Mühe den Rubin im Bauchnabel übersah und krampfhaft versuchte, das süße Grübchen am Kinn zu überspringen, die vollen, grellrot geschminkten Lippen zu übersehen und in ein hübsches Pärchen Rehäuglein zu starren.
    „Na, Dich habe ich ja noch nicht gehabt,“ säuselte die Frau mit einer angenehmen, heiseren Stimme und ich schluckte kurz aber schwer.
    „Aufzug kaputt,“ stotterte ich plötzlich, und diesmal nicht, weil ich wie einer der Teenie-Gangster sprechen wollte. „Muss die Treppe nehmen, Misstress“
    Vermutlich hätte ich besser den Hauptgang nehmen sollen, der sich direkt vom Lift auf der Front- bis hin zur Rückseite des Gebäudes erstreckte. Aber warum den geraden Weg nehmen, wenn es auch unbemerkter geht?
    Sie öffnete die Tür und trat zur Seite, war mir sagte, das ich tatsächlich von hier aus zu dem Treppenhaus oder zu einem der Treppenhäuser gelangen würde.
    „Das ist aber schade,“ säuselte sie und schlug die Augen schmachtend nieder. Alle Achtung, die kleinen Männer werden hier nicht schlecht umsorgt, dachte ich so bei mir. Bedauerlich war nur, das dieses attraktive Geschöpf mit Vergnügen Geld verdienen musste. Eine wahre Verschwendung- was wenn in diesem aufreizenden Äußeren eine Künstlerin steckte und sie gezwungen war, den besten Spaß ihres Lebens mit pickeligen, testosterongesteuerten Halbstarken mit vollautomatischen Blastern zu verbringen? Ich wollte nicht weiter darüber nach denken, ich hatte jetzt die Herzensdame meines drängend klingenden Astromech-Kumpels zu retten!


    Bedauerlicherweise war kein Fallschacht vorhanden, sodass ich mir Sorgen machte, wie ich den kleinen Droiden die Treppen herunter bekommen konnte, ohne ihn zu arg zu zerbeulen und mir den Rücken zu verknacksen. Aber der kleine Kerl klappte ein paar Düsen aus und sauste an mir vorbei.
    Irgendwie ballerte er dabei wild um sich, sein Pfeilwerfer hustete. Nach der ersten Biegung sah ich, das er einen Pfeil mit einem Sendekopf neben einen der Sensoren in den Wänden des Treppenhausschachtes geschossen hatte. Cleveres kleines Kerlchen, überlegte ich. Ohne den Droiden hätte ich auf derlei verzichten können, aber das war nicht schlecht. Je weniger wir uns auffällig hielten, desto besser. Und ein Astromech im Treppenhaus würde bei keinem Sicherheitssystem normal erscheinen.
    Ich hatte die Nummer der Wohnung gelesen, 12-04. Davor war ich an 12-02 vorbei gekommen. Da sich die Klinik in 10-05 befinden sollte, würde ich das zehnte Stockwerk komplett durchqueren müssen. Ich prüfte noch einmal meinen Pfeilwerfer. Das Magazin war mit Betäubungspfeilen geladen, die alles bis auf einen Wookie ausschalten sollten. Wie ich an die stark cybernetisch Modifizierten Wächter dachte, kam ich zu dem Schluss, das ein paar Neuralschockgranaten vermutlich geeigneter waren als die Blitzgranate, mit der ich die üblichen Gegner gut verwirren konnte. Meine Handschuhe waren Elektroschocker, und die Ladeanzeigen waren auf Grün eingestellt. Ich wollte hier keinen Kampf anfangen, aber wenn man mich zum Äußersten trieb, würde ich mir zu helfen wissen. Es galt also, weiterhin die Initiative zu behalten, alle an der Nase herum zu führen und heimlich, still und leise zu dem Streetdoc zu gelangen. Ich hoffte nur, das Monique noch in einem Stück war. Aus irgendeinem Grund mochte ich die arrogante, kleine Feindin, es schüttelte mich bei dem Gedanken. Jetzt bloß nicht weich werden, JB, sagte ich mir.
    Der Weg durch den Korridor war unbewacht. Ich sah ein paar nachträglich installierte Sensoren und machte mir mehr Sorgen um jene, die ich nicht sehen konnte. Mein Auftreten war selbstsicher. Meine Biosignatur wurde von einem falschen Signal überlagert, meine Kleidung war nicht unüblich, und das die Jacke schlecht saß, hielt ich nicht unbedingt für verdächtig. An der Kreuzung sah ich nach schnellen, verstohlenen Blicken niemanden. Vielleicht zu einfach, dachte ich mir, als mir kalter Schweiß aus brach. Vor mir waren de Türen von 10-05 zu sehen, und ich ging ohne zu stocken auf die 10-05 zu, die rechter Hand lag. Eine Wohnung im Zentrum des Gebäudes, keine Außenmauern, zwei Mauern angrenzend an die beiden Korridore. Vermutlich früher Büroräume, ganz sicher keine Wohnräume.
    Ich stockte kurz. Ich war gerade an der Kreuzung vorbei gekommen, und hatte rechts eine Tür gesehen, aber nicht linker Hand. Warum hatte 10-05 nur an einer Wand eine Tür, 10-06 aber an beiden Wänden zu beiden Korridoren? Oder umgekehrt warum 2 Türen zu einer Wohnung? Ich merkte mir diese Besonderheit und betätigte den Sensor. Wie um den Sitz meiner Handschuhe zu kontrollieren zupfte ich an ihnen und schaltete dabei die Schockfunktionen ein. Ich wartete zappelig und ungeduldig, wie es sich für einen schlampigen, unprofessionellen Kleinkriminellen gehörte. Ein kurzer Blick nach links zeigte mir, das der getreue Teesevensix an der Kreuzung alles im Blick seiner Sensoren hatte. Ich klingelte erneut. Ich wirkte nicht nur ungeduldig. Schon vor einer dreiviertel Stunde hatte mein nerviger Begleiter erklärt, Monique seie überfällig. Was sie hier trieb, hatte er mir Schnatternd und Piepsend erklärt. Datendiebstahl bei einem in den Schatten tätigen Cybertech. Kundenliste, Warenbestand, als so etwas. Ich dachte gleich an Erpressung. Aber dann fiel mir ein, das sie ja eine elende Spionin für das Imperium war. Was, wenn durch die biometrischen Daten der Kundenliste Personen identifiziert werden konnten? Ging es vielleicht nicht um Erpressung, sondern darum, den Aufenthaltsort von Personen zu ermitteln, die Ersatzteile und Wartung benötigten, und sich nicht an legale oder offizielle Einrichtungen wenden konnten. Bisher waren alle meine Aufträge für Monique so typisch kriminell gewesen. Nichts hatte auf den ersten Blick darauf hin gedeutet, das es ihr um etwas anderes Ging, als Geld zu verdienen. Sie schreckte auch nicht davor zurück, Mordaufträge an zu nehmen und schleppte mich als „Sicherheitsexperten“ mit, wenn sie als Bodyguard angeheuert wurde. Und jedes Mal fragte ich mich, was hat das ganze mit einer Terrorzelle des Imperiums auf Nar Shadda zu tun? Was war daran Spionage im Dienste der Sith-Meister?


    Ich nahm mir vor, die Daten dieses Arztes selbst zu stehlen und zu schauen, was man alles daraus ableiten konnte. Ich betätigte ein drittes Mal den Sensor, streckte dem kleinen schwarzen Punkt links neben dem Türrahmen die Zunge heraus, da ich bei unauffälligen Kopfbewegungen eine verräterische Lichtveränderung des Punktes bemerkt hatte und eine Kamera vermutete. Vielleicht war ich verdächtig, weil ich eine angeschwollene Nase und gerötetes Jochbein hatte? Oder weil ich nicht offen irgendeinen wild modifizierten Blaster spazieren führte? Hatte man mich vielleicht schon enttarnt, war einer meiner meiner Jungs aufgewacht und hatte Alarm geschlagen? Der Anruf auf dem Holokom vor knapp sechs Minuten kam mir in den Sinn. Ruhig bleiben und gelangweilt Blicken, JB, ermunterte ich mich.
    Ich blickte auf mein Holokom am Handgelenk. Das Gerät zeigte Verbindungsstörungen an. Vermutlich Störgeräte in dem Raum vor mir.


    Ich schlug mit der Faust gegen die Tür- mit der Unterseite, um nicht Schockladungen aus zu lösen und stöhnte: „Doc, mach auf! Habe komisches Kribbeln. Brauche dringend eine Untersuchung.“

    Überfällig



    Iaco brütete über einigen Eingaben, die auf seinem Schirm erschienen. Im Hintergrund lief ein Nachrichtenholo vom Nar Shadda News Network. Berichten zufolge war die Rakghoul-Seuche ausgebrochen, doch er ließ sich von den reißerischen Meldungen nicht verunsichern. Seine beiläufigen Nachforschungen im Halapu, dem huttischen Holonetz hatten keine Anzeichen gezeigt. Das ganze beruhte zunächst auf illegal abgefangenen Sendungen der HuttSec, und die waren nicht gerade für ihre professionellen medizinischen Diagnosen bekannt, wie Iaco ironisch dachte.
    Dennoch war diese Aufregung interessant. Sein abgezweigtes Geld jetzt in die Firmen zu investieren, die den Rakghoul-Impfstoff produzierten, konnten ihn reich machen. Er hatte nicht vor, mit dem Leid der Betroffenen Profite zu machen, doch das dies geschehen würde, lag auf der Hand. Das Geld an eine humanitäre Einrichtung zu spenden, zum Beispiel für die 90% der Bevölkerung, die sich keine Impfstoffe leisten konnten, war da sein Gedankengang. Natürlich würde er einen Teil für sich behalten, denn im Prinzip war er ja auch hilfsbedürftig... nur das er sehr wohl in der Lage war, sich selbst zu helfen.
    Der einzige Störfaktor war T7-06, oder Teesevensix. Der kleine arrogante Astromech-Droide hielt sich für einen Hacker und war von Monique offensichtlich umfangreich modifiziert worden. Dabei musste sie die Persönlichkeitsmatrix beschädigt haben, denn der kleine tonnenförmige Droiden auf drei Laufrädern und mit dem diskusförmigen Sensordom verhielt sich wie ein kleiner Ganger. Sein Auftreten war ruppig, er zwitscherte Wiederworte und versuchte, mit seiner eigentlich sehr geradlinigen Droidensprache Flüche und Beschimpfungen zu vokalisieren. Iaco hatte den Eindruck, die Persönlichkeitsmuster gehörten nicht zu einem so logisch operierenden und dienstbeflissenen Droidenmodell. Aber mehr, als das dieses Verhalten unsinnig und ärgerlich war, konnte er dazu nicht sagen. Der kleine Mülleimer war hier geblieben und hatte sich mit seinem Konnektor in das Netzwerk eingesteckt. Er verfolgte alle Aktionen von Iaco, sodass diesem kaum die Möglichkeit blieb, sein ehrlich geklautes Geld in Pharma-Aktien zu investieren, ohne das Teesevensix misstrauisch wurde.


    Iaco schmunzelte und drehte sich mit seinem bequemen Bürostuhl zu der kleinen Nervensäge um, die unverständliches Binär piepte und quietschte
    „Teesevensix, Du solltest Dich mal nützlich machen und unser Sekundärsystem überprüfen.“
    „Bestätigung: Diagnoseprogramme gestartet, ineffiziente biologische Einheit kann mit Kartenspielen fortfahren.“
    Iaco blickte kurz auf sein Datapad und runzelte die Stirn, als er die Antwort von Teesevensix las.
    „Nein, ich meinte, das Du das selbst machst, nicht ein Programm. Wir wollen doch die Betriebsbereitschaft prüfen und sicher gehen, das wir keine Trittbrettfahrer haben.“
    „Zustimmung: Person Iaco entspricht dem Terminus eines Trittbrettfahrers. Iaco kann gehen und T7-06 exekutiert die Aufgaben von Monique autonom.“
    „Was? Ich meinte Hacker...“
    „Bestätigung: Antivirusprogramm geschrieben von T7-06. Hacker nicht im System.“
    Iaco lächelte breit. Von einem Droiden veralbert und beleidigt zu werden, war etwas neues. Aber nichts, mit dem das Ego der Durastahlratte nicht fertig geworden wäre! Er ließ klatschend die Hände auf die Oberschenkel fallen.
    „So, du Experte. Dein Antivirus-Programm ist also sicher? Das möchte ich mal sehen!“
    Er wandte sich seinem Eingabefeld zu und wischte und tippte los. Er würde dem kleinen Kerl schon zeigen, das er besser war. Soviel zu seiner Gelassenheit. Der Angriff auf die eigenen Sicherheitssysteme würde ihm zugleich die Möglichkeit geben, ein paar Transaktionen vor zu bereiten, die er während des Systemangriffes an die Börse senden konnte.
    „Einwand: Monique ist jetzt über der Zeit. Rettungsmaßnahmen einleiten.“
    Iaco grinste siegessicher. Als Durastahlratte war er mit Dateneinbrüchen vertraut. Und natürlich hatte er schon vor einer ganzen Weile das Antivirus-Programm überprüft und kannte es daher. Er war sich sicher, die Schwachstellen zu finden, und ließ ein selbstgeschriebenes Scanprogramm laufen, das seine vermuteten Schwachstellen aufdecken würde. Er bemerkte nicht, wie eine Zangenklaue an seinem Bein zupfte. Erst, als er unter einem Stromstoß zusammen zuckte, wurde er aus seiner Trance gerissen und quietschte sehr feminin auf, rieb sich den rechten Unterschenkel und starrte den Droiden wütend an, der eine Energiekupplung in sein Gehäuse zurück zog.
    „Verdammter Mülleimer! Was soll das? Willst Du mich so besiegen?“
    Der filigrane Droidenarm von Teesevensix nahm das Datapad vom Tisch auf und drehte es so, das Iaco die Übersetzung der Droidensprache lesen konnte.
    „Einwand: Monique ist jetzt über der Zeit. Rettungsmaßnahmen einleiten.“
    „Rückfrage: Hast Du defekter Säuger meinen Einwand verstanden?“
    „Drohung: WENN Rückantwort gleich negativ dann Elektroschock!“
    „Drohung: Antwort oder Elektroschock.“
    „Erklärung: Elektroschock ist gut für Iaco. Niedrige Einstellung. Wenn Kooperation gleich negativ dann wird Einstellung erhöht.“
    Iaco bekam heiße Ohren und er hörte auf, sein Bein zu reiben.
    „Du hast Spaß daran, Du rollendes Ersatzteillager.“
    Zur Antwort schob sich die Energiekupplung aus dem Gehäuse des Astromech.
    Iaco hob ergebend die Hände und lehnte sich an seinem Stuhl an.
    „Okay, verstanden, ja, gut. Monique ist überfällig, was immer das zu bedeuten hat. Hat sie mir jemals gesagt, was sie macht? Sie sagt mir ständig, was ich machen soll, aber wenn sie mal einen Auftrag aus führt, dann erfahre ich nichts.“
    „Einwand: Iaco ist nicht vertrauenswürdig.“
    „Hä? Das musst Du gerade sagen. Also, was erwartest Du jetzt von mir? Ich weiß nichts über ihren Auftrag und … „ ihm fiel ein, das es nicht gut wäre zu erwähnen, das er vor mehr als einer halben Stunde den Kontakt zu Moniques Holokom verloren hatte. Der Droide könnte auf die Idee kommen zu fragen, woher er das wusste. Iaco war sich sehr wohl darüber im klaren, das der Droide ihn für Monique überwachen sollte. Seine Aussage gerade hatte diesen Verdacht hinreichend bestätigt.
    „Äh, ich habe keine Ahnung, wie wir sie aufspüren können.“
    Der Droide zwitscherte wieder etwas, und Iaco riss ihm sein Datapad aus der Hand.
    „Schön, das Du Bescheid weist. Bevor wir da runter fliegen, sollten wir jedoch noch ein wenig über diesen Stadtteil in Erfahrung bringen. Ich habe das Gefühl, das sich dort eine Menge Drecksgesindel herum treibt, und ich würde gerne meine schöne neue Jacke sauber behalten.“
    „Warnung: Faktor Zeit gleich entscheidend!“


    ***


    Der Doktor überprüfte den Injektor. Kritisch beäugte Monique seine professionellen Handgriffe. „Ihnen zu drohen würde keinem von uns beiden helfen,“ erklärte sie mit ruhiger Stimme, „aber ich sagte bereits, das Ihre Zeit ab läuft. Tick, Tack.“
    Der Mann betrachte sie mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck. „Soll das eine von den berühmten Überredungskünsten sein, mit denen Ihr jeden in der Galaxis um den Finger wickelt, damit er freiwillig oder gar unbewusst für das Imperium arbeitet? Ich habe gefährlichere Drohungen und attraktivere Angebote bekommen. Sie halten mich wahrscheinlich für einen Fachidioten.“
    Mit einem entsetzten Blick starrte sie ihn an. Er dachte kurz, das sie endlich begriffen hatte, das er sie jetzt als Ersatzteillager benutzen würde.
    Doch dann sagte sie: „Ich halte Sie für ein Geschenk, Tüftler. Schauen Sie, ich wollte von einem Streetdoc mit hervorragender Reputation Kundendaten stehlen, stattdessen bekomme ich meinen eigenen Cybernetiker. Mit Ihrem Fachwissen, meinen Verbindungen und den Lieferungen aus dem Imperium können wir sie groß auf bauen und sie versorgen meine Agenten und mich mit Updates, Reparatur und neuer Cyberware Sie würden nicht direkt für das Imperium arbeiten, sondern für mich. Das gibt ihnen den Freiraum, den sie brauchen aber die Ressourcen, die sie benötigen. Der Imperiale Geheimdienst braucht Sie, und was noch viel wichtiger ist, ich kann Sie gebrauchen.“
    Der Doktor überlegte einen Moment angestrengt. Dann schüttelte er den Kopf.
    „Ich werde Sie karbonisieren, dann kann ich später Ihre Cyberware ausschlachten. Die ist zwar schon älter, aber für heutige Standarts auf dem Schwarzmarkt noch fast erstklassig.“ Er wechselte die Phiole im Injektor gegen eine andere aus und blickte beinahe wehmütig zu Monique herüber, die abgesehen von Kopfbewegungen und gelegentlichem Gliederzucken keinen Muskeln koordiniert bewegen konnte.
    „Es war ein Versuch wert,Tüftler,“ sagte sie mit einem Bedauern in der Stimme und einem beinahe traurigen Ausdruck. Der Arzt ließ sich nicht verwirren und näherte sich dem Tisch, auf dem Monique lag.
    Dann war eine Cantina-Melodie zu hören....
    Dem Doktor fiel beinahe der Injektor aus der Hand. Verängstigt wirbelte er herum, blickte zu der Kleidung von Monique, die auf einem Sofa, das zwischen einem Schrank und einem Kühlschrank eingezwängt war, am anderen Ende des Raumes lag.
    „Gehen Sie ruhig ran,“ sagte Monique. Der Doktor blickte zu ihr herüber, der Anflug von Panik war in seinen Augen zu sehen.
    „Es ist für Sie, Tüftler“
    „Wie ist das möglich, Agent?“
    „Ach, lassen Sie doch einer Frau ihre Geheimnisse. Gehen Sie lieber an mein Holokom, das könnte für ihr Überleben wichtig sein.“
    Der Arzt blickte grimmig.
    „Sie wollen mir allen Ernstes erzählen, das Ihr Holokom durch meine Abschirmung hindurch Kontakt hat? Das ist doch eines von diesen Agenten-Spielzeugen.“
    Monique machte ein gequältes Gesicht. „Tüftler, ich kann nicht mit den Schultern zucken. Das ist mir sehr unangenehm, aber ich konnte bereits vor dem Betreten Ihres Schuppens....“
    „Das ist eine Klinik! Ich arbeite hier unter aseptischen Bedingungen! Die Einrichtung entspricht dem Besten, was ich auf diesem huttischen Sondermülllager besorgen konnte!“
    Monique kicherte. Das Holokom verstummte.
    Der Arzt blickte ratlos. Monique kopierte seinen Gesichtsausdruck.
    „Was soll das jetzt wieder bedeuten?“
    „Ihre Frist läuft ab. Sie sollten jetzt besser Ihr Testament überprüfen, ein letztes Holokom mit Mutti führen oder sich meinen Vorschlag durch den Kopf gehen lassen.
    Solange er noch auf den Schultern sitzt.“



    Das ehrenwerte Handwerk



    Iaco blickte angestrengt durch sein kompaktes, kleines Fernglas. Er zoomte einige Stellen des Gebäudes heran, schaltete die Modis durch. Dabei paffte er an einer dicken Zigarre und kaute gedankenversunken an dem getrockneten, handgerollten Blättern. Schließlich entdeckte er auffällige Temperaturunterschiede und glaubte ein Sensornetz zu erkennen. Neben ihm zwitscherte Teesevensix ungeduldig.
    „Ich weiß, was Du sagen willst, und Du hast natürlich Recht, mein kleiner strahlender Ritter in Blechrüstung. Wir schießen Dich mit einer Magnetkanone in das Oberfenster und Du blasterst Dir einen Weg durch die Verteidiger, Rettest Monique und bekommst sie zur Frau.“
    Teesevensix schnatterte empört und fuhr eine Art Abschussvorrichtung für Pfeilgeschosse aus seinem tonnenförmigen Körper aus. Er richtete bedrohlich schnatternd die Röhre auf den Hintern von Iaco aus.
    Der selbst ernannte Superverbrecher und Gelegenheits-SID-Agent ignorierte das Geschnatter in seinem Rücken und plapperte munter weiter.
    „Ja, Teekanne, ich bin auch ganz begeistert von meinen Ideen. Ich komme überall rein, kann jedes Schloss knacken und allen Behörden dieser Galaxis entkommen. Aber dieses Macht-Ding habe ich nicht, nur meinen überragenden Intellekt und meine umfangreiche Schulung im Handwerk des Verbrechens. Und das einzige, was ich überhaupt nicht mag, ist unvorbereitet in eine Situation zu stolpern.“
    Er nahm das Fernglas von den dunklen Augen, paffte noch zwei Züge und drehte sich dann um, um die Spitze seiner Zigarre in die Abschussröhre des Astromechdroiden zu stecken.
    „Halte das mal eben für mich. Ich brauche jetzt ein wenig Inspiration, um Deine Braut zu retten.“ erklärte er arrogant und zog aus der Gesäßtasche einen Flachmann, während er das Fernglas in eine Innentasche seiner Jacke verstaute. Mit einem Schmatzen der Vorfreude schraubte er den Verschluss ab und ließ einen tiefen Zug goldener Flüssigkeit gluckernd die Kehle hinablaufen. Dann seufzte er zufrieden und schüttete einen Schluck in seine hohle Hand, steckte die offene Flasche zurück in die Tasche.
    Er benetzte beide Hände mit dem starken alkoholischen Getränk und begann, mit den feuchten Fingern seine gestylten Haare durch zu kneten.
    „Siehst Du das Gebäude vor uns?“ fragte er rhetorisch und betrachtete besagten Bau. Ein keine zwölf Stockwerke hohes Gebäude, dessen Eingang aus einem Turbolift bestand, der auf Bodenlevel überdacht war.
    „Das soll der Ort sein, wo ein Streetdoc eine Schattenklinik betreibt? Sieht für mich nach einem Bandenversteck aus. Der einzige Wohnblock in dieser herunter gekommenen Gegend, der halbwegs sauber ausschaut und wo keine Obdachlosen herum lungern. Nur die beiden verdächtigen Jugendlichen.“
    Teesevensix nahm die besagten Typen in sein Visier. Iaco plauderte weiter:
    „Offensichtlich verbringt der kleine wandelnde Schrank sein ganzes Leben im Fitnessstudio und frisst Steroide oder aber er hat massive cybernetische Muskelimplantate. Die Oberarme sehen aus, als würden Schläuche unter seiner Haut liegen, typische Billigware. Der Andere hat so ein nervöses Zucken, ich vermute entweder, er ist auf einem miesen Trip oder aber er verwendet cybernetische Reflexverstärker, die ihm langsam sein Nervensystem zersetzen. Was sagst Du dazu, Teekanne? Ach ja, Fu kannst ja nur flöten und piepsen, armer Kumpel. Warum wohl hat Dir die liebliche Monique keinen ordentlichen Voicecoder spendiert? Ich wette, weil Du nichts wichtiges zu sagen hast, He, He.“
    Sorgsam knetete Iaco seine Haare zu einer Art Hahnenkamm oder Irokese, der allerdings wegen der kurzen Haare recht mickerig aus fiel. Teesevensix zwitscherte meckernd, wurde langsam nervös, weil er durchaus bemerkte, das der Mitarbeiter von Monique nicht ein einziges Mal auf das Datapad die Übersetzung von Binär nach Basic gelesen hatte. Iaco hielt inne, hob den rechten Zeigefinger mahnend und sagte: „Ja, das ist nicht perfekt.“
    Er wischte mit seinen Händen über den dreckigen Boden und strich dann über seine modische graue Jacke, klopfte seine Hose mit den dreckigen Händen ab. Schließlich drehte er sich wieder zu dem Astromech um und nahm die Zigarre aus dem Rohr, hob beide Hände auf Hüfthöhe und posierte vor dem Droiden. „Nicht perfekt, aber ich bin hier ja auch gezwungen, mich unter Wert zu verkaufen und zu improvisieren. Was für ein lächerliches Wort für schlampige Arbeit. Aber Dein Liebchen hat vermutlich nicht mehr viel Zeit über, wenn sie in Gefahr schwebt. Der aalglatte JB eilt zur Rettung... äh ich meine der Ritter Teesevensix eilt zur Rettung, begleitet von seinem hilfreichen Knappen JB.“


    ***


    „Aufmachen!“ grollte der komische Vogel vor der Tür.
    Drinnen war Stimmengemurmel zu hören. Iaco bollerte wieder gegen die Tür und machte dabei ein verärgertes Gesicht. Er drehte den Kopf von der Tür und dem Sensor darüber weg und grinste Teesevensix frech an.
    „Du fragst Dich sicher, warum der clevere JB im Nachbarhaus ist, und Deine Frage ist berechtigt. Meinen Plan wirst Du gleich erkennen, tapferer Rosteimer!“
    „Wer begehrt eine Audienz?“ piepste eine Stimme auf Rhodianisch. Iaco stierte wieder zur Tür und versuchte seine Augen wild rollen zu lassen. Er hatte zwar kein Wort verstanden, doch die kehligen Laute sagten ihm, das er es hier mit einem untypischen Bewohner des Corellia-Sektors zu tun hatte: einem nicht Corellianer und vielleicht sogar von einer anderen Spezies.
    „Sel Valle Volgoth Al dormi de mi? Don mi kelca Bantha Bifshek Il Frihi!“ erklärte er ärgerlich auf corellianisch, was so fast die einzigen beiden Sätze waren, die er flüssig beherrschte, wobei er gerade ein anzügliches Angebot mit einer Menuebestellung kombiniert hatte. Das zeigte seine Wirkung. Eine verunsicherte Pieps stimme versuchte in schlechtem Basic aber sehr unterwürfig zu antworten: „Ich verstehen nicht.“
    „Zahltag, alter Mann! Und lerne gefälligst mal unsere Sprache, cerha?“
    Es rumpelte hinter der Tür. Die Stimme kam eingeschüchtert und schwach herüber: „Zahlen Woche vorher.“
    Iaco versuchte fies und gleichzeitig blutrünstig zu schauen.
    „Dann findet jetzt eine Räumung statt, Fremdweltler!


    Öffne Tür, Du Aas
    und zahl daas,
    sonst setzt es waas!“


    Tatsächlich öffnete sich die Tür, und Iaco zog seine Pfeilpistole, während Teesevensix plötzlich an ihm vorbei zischte, die Tür auf rammte und dabei fast umgefallen wäre. Iaco stutzte überrascht, als der kleine, auf Krawall gebürstete Droide in das Ein- Zimmer- Apartment preschte und einen altersschwachen Rhodianer verfolgte, der humpelnd rückwärts taumelte und hilfesuchend in rhodianischer Sprache kreischte. Bevor Iaco auf ihn mit einem Betäubungspfeil angelegt hatte, war die umgebaute Energiekupplung des Astromechdroiden ausgefahren und ein Stromstoß erwischte den Rhodianer, das er zuckend zu Boden schlug.
    Der Schurke verschloss zunächst sorgsam die Tür von innen und lief dann an die Seite des alten Wesens und fühlte dessen Puls.
    „Junge, Du hast vielleicht Manieren. Ich hatte doch alles unter Kontrolle! Schon mal was von einen Ehrenkodex gehört? Wenn der Alte einen Herzinfarkt erleidet, wirst Du ausgeschlachtet und als mobiler Mülleimer verwendet!“
    Eine Art keckerndes Geräusch kam von dem Droiden, und er fuhr ein ganzes Arsenal irgendwie bedrohlich aussehender Werkzeuge aus. Offensichtlich verlor die Einheit gerade den Geduldsfaden mit Iaco.
    Iaco seufze auf und stemmte die Hände in die Hüften, um dann mit der Rechten zur gegenüber liegenden Wand zu weisen.
    „Nerve mich nicht, wenn ich gerade in Fahrt komme. Ich bereue es bereits, Dich als wandelnden Werkzeugkasten mitgenommen zu haben. Wie Du hättest bemerken können, teil sich dieses Gebäude die Wand mit dem daneben liegenden Gebäude. Das liegt daran, das diese Wand ein tragendes Element für die nächste Ebene über uns in diesem Sektor bildet. Hat Dir Monique etwa diesen Teil Deines Ingenieurprotokolle gelöscht, um Deine unverschämte Persönlichkeit zu speichern?“
    Iaco wartete nicht auf eine Antwort, zog aus einer Tasche, die im Rückenbereich seiner Jacke versteckt war, einen handlichen Scanner und begann, die Wand zu untersuchen.
    „Punkt Nummer Eins eines jeden Planes ist ein Rückzugsplan, Du kleiner Nörgler,“ erklärte er beiläufig und grinste dann unverschämt in Richtung des diskusförmigen Sensordoms von Teesevensix.
    „Wir bereiten hier eine kleine Sprengung vor. Wenn ich Dich so ansehe... ne , tragen mag ich Dich nicht, Rosteimer. Also auf Bodenhöhe und mindestens Sechzig mal Einhundert. Ja, da siehts gut aus. Ich schiebe mal das Regal zur Seite.... und jetzt brauche ich das Thermit und Axidit, das Du für mich aufbewahrt hast.“

    ***


    „Ich frage mich, warum eine Kinderbande sich Corelian Cavaliers nennt. Wissen die überhaupt, was das bedeutet? Oder glauben sie, mit Speederbikes unter dem pickeligen Ärschen Ritter zu sein? Die sind der primitivste Abschaum, total unprofessionell! Simple Verbrechen wie Schutzgelder, Spiceschmuggel und Organdiebstahl. Nicht einmal den Sklavenhandel oder Spiceverkauf haben die hier unter ihrer Kontrolle. Nicht, das ich das gut heiße. Aber dann währen sie zumindest irgendwie >>kompetent<< in ihrem Gewerbe. Im Rest des corellianischen Sektors hat bestimmt noch keiner von diesen glorreichen und berüchtigten Super-Gangstern gehört,“ höhnte Iaco gut gelaunt. Er hatte sich noch einen Schluck aus seinem Flachmann gegönnt und zog seine schmutzige Jacke aus.
    Zusammen mit seinem unfreiwillige und inzwischen total angenervten Droidenpartner stand er in der Lobby des Gebäudes, das rechts neben dem bedeutend niedrigeren Gebäude angrenzte, in dem sich Monique und der Streetdoc aufhalten sollten.
    „Wir kommen jetzt zu Teil zwei unseres Plans: Einbrechen und Stehlen. In diesem Fall Deine heißgeliebte Misstress Monique. Na, aufgeregt, Blechkamerad? Keine Sorge. Der schlüpfrige JB hat alles unter Kontrolle,“ erklärte er stolz und über beide Ohren grinsend, während er seine Jacke auf links drehte. Sie war jetzt schwarz und mit zahlreichen Taschen besetzt, wirkte eher wie eine Gefechtsweste eines Sondereinsatzkommandos. Er winkte ungeduldig Teesevensix und zeigte zur Lobby.
    „Schau mal nach, ob draußen noch die beiden Trottel Wache stehen, Kumpel. Ich muss mich noch stylen.“
    Der Astromech rollte zum Ausgang, fuhr einen biegsamen Schlauch aus seinem Sensordom aus und ließ diesen nach draußen durch die geöffnete Doppeltür schlängeln. Rechts vom Eingang war der Lift mit dem Vordach zu sehen, vor dem der kleine breite Mensch und der dürre zuckende Mann standen. Die beiden machten auf den Droiden einen verschlagenen Eindruck. Nach seinen Datenbanken waren die Corellian Cavaliers eine kleine Speederbike-Gang im Corellianischen Sektor von Nar Shaddaa, die mehrere Wohnblocks beherrschte. Keine Größen der Unterwelt, doch der kleine Droide wusste, das sein Schildgenerator nur eine begrenzte Menge Schutz bieten würde. Und Gegner zu unterschätzen gehörte nicht zu seinem Kampfprotokoll. Insbesondere der zwischendurch immer wieder einmal zuckende junge Mann schien gefährlich zu sein. Seine Augen blickten irre, so weit Teesevensix dieses Konzept des Gesundheitszustandes richtig extrapoliert hatte. Der Andere war natürlich auch nicht ohne. Er sah so aus, als könne er den durchaus schwer gebauten Astromech mühelos hoch heben und gegen die Wand schleudern. Das würde ihm natürlich schlecht bekommen, wenn er seine Außenhaut unter Spannung setzte. In Berechnungen vertieft, wie er die beiden Gestalten ordentlich in den leblosen Zustand befördern könne, entging ihm beinahe, wie Iaco an ihm vorbei spazierte.
    „Komm schon, Assistent. Ich mach aus dir noch eine richtige Durastahlratte.“

    Schlüpfriger Jin Digis



    Zufrieden legte Iaco seine Beine übergeschlagen auf den Tisch, stellte die Lehne seines Stuhles nach hinten und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Auch sein schmales Gesicht mit den kleinen Augen war von Lachfältchen an den Mund- und Augenwinkeln zu einer selbstgerechten Mine verzogen. Dann begann er zu allem Überfluss auch noch zu pfeifen.
    Er verdrehte kurz die Augen, um aus den Augenwinkeln ein Licht auf seiner Konsole blinken zu sehen, bemühte sich jedoch, seine Haltung um keinen Millimeter zu ändern. Kurze Zeit später öffnete sich mit einem kaum hörbaren Kratzen die etwas unrund in der Schiene laufende Tür zu seiner Rechten und er blickte scheinbar überrascht herüber. Seine rechte Hand griff bereits unter seinen sportlich geschnittenen, graue Jacke mit den dezent eingebetteten Panzergewebe. Die Silhouette einer Frau war kurz zu sehen, lässig die Hand auf der linken Hüfte abgestützt, fuhr sie sich mit der Rechten durch die langen schwarzen Haare. Iaco's Mundwinkel zuckten kurz und ein verschmitztes Lächeln flackerte auf, als er sah, das sie heute ihre Haare offen trug. Mit wiegenden Hüften betrat sie den Raum- da bemerkte er, dass sie heute hochhackige Stiefeletten trug. Er blickte auf die Datumanzeige.
    Es war der 22. des 3. Monats nach imperialer Zeitrechnung, 63:31 Uhr Ortszeit auf Nar Shaddaa.
    „JB, was flüstert die Stadt?“ fragte die Frau mit einem schmalen Lächeln ihres sommersprossigen Gesichtes. „Hallo Monique. Freut mich auch.“ Er verschränkte wieder die Arme hinter dem Nacken. Ein Astromech- Droide rollte zaghaft in den Raum und fuhr seinen Konnektor aus, um sich mit der unter dem Tisch stehenden Computereinheit zu verbinden.
    Nach einer kurzen künstlerischen Pause sagte Iaco: „Monique, der Schmugglermond hat eines der größten Holodatennetze der Galaxis. Im Moment konzentriert sich alles auf die Imps. Die Schnecken haben Panik in den Schwanzspitzen, seit der Krieg gegen diesen Revan-Nachahmer auf Yavin 4 tobt. Anscheinend ist man noch unklar, ob die Imps nicht selbst dahinter stecken.
    Die Schnecken haben in den letzten Tagen tonnenweise Kristalle gehortet und ihre Isotop-5 Reserven aufgestockt.“
    Die Frau trat näher und fuhr ihm durch die elegant gestylten Haare, verwuschelte seine ölig glitzernde Frisur mit dem kecken Haarspitzen. Er riss die Beine vom Stuhl und beugte sich vor, um aus ihrer Reichweite zu kommen, legte die Hände auf den Kopf und strich mit beiden Händen seine Haare hektisch glatt.
    Monique war inzwischen an den Computer getreten und steckte ein Datenkabel in das Gerät. Das Kabel verband den Computer mit einen Datenport in ihrem linken Handgelenk. Sie blickte plötzlich ausdruckslos, als hätte jemand sie mit einem Neuraldisruptor getroffen.
    Iaco blickte derweil immer noch ärgerlich auf. Missbilligend schaute er zum Display herüber und sah, welche cybernetischen Eingaben die Frau auf seinem Gerät tätigte.
    „Bukee, ga doth du chawinu echuta.“ erklang eine Stimme aus den Lautsprechern des Computers. Iaco verstand Huttisch, sagte aber lässig in Basic: „Ich bin kein Anfänger! Warum sollte ich in Gefahr sein? Das kriegen die nie raus!“
    Monique schien aus der Lethargie zu erwachen, schlang den Zeigefinger um das Kabel und zog es mit einem eleganten Ruck aus dem Computer. Dann zog sie bedächtig das andere Ende des Kabels aus dem im Körper implantierten Anschluss. Währenddessen sagte sie langsam und jedes Wort betonend, fast wie eine Mutter belehrend zu ihrem Sohne: „Für die 87M Credits Gewinn am galaktischen Auktionshaus hast du Transaktionskonten benutzt, die für eine Tarnfirma als stille Reserve verwendet werden, JB. Damit ist das Konto kompromittiert, und wir müssen das Geld waschen. Das wird uns schätzungsweise 22 Prozent kosten, das sind hochgerechnet 123 M. Du hast also auf Kosten von Klienten einen Verlust von 35 M eingefahren.“ Sie blickte ihm jetzt in die Augen. Ihre Augen strahlten sattblau, aber er wusste, das waren keine echten Augen, sondern nur exzellente cybernetische Implantate mit verschiedenen Funktionen. Ihr Blick war eher mitleidig oder besser enttäuscht, als verärgert.
    Der Droide neben ihr piepste und quietschte aufgeregt. Iaco machte ein verdutztes Gesicht. Jetzt das Ganze zu überspielen, würde zu inkompetent wirken, und er wollte es nicht übertreiben. „Ich mach mich sofort an die Arbeit,“ sagte er langsam und mit gereizter Stimme. Innerlich amüsierte er sich köstlich. Sie war schnell, aber er war schlauer.
    Die Frau blickte auf den Droiden, der erneut in binärer Sprache seine Besorgnis aussprach.
    „Rakghoul-Seuche im Rotlicht-Sektor?“ fragte Iaco überrascht? Das würde allerdings eine entscheidende Veränderung auf den Aktienmärkten verursachen. Er griff sich das Eingabegerät und wischte und tippte, bis er die Meldungen auf dem Schirm hatte. Der Holoprojektor am Nebentisch sprang auf seinen Befehl hin an und zeigte einen NNN Nachrichtensprecher, der in huttischer Sprache die aktuellen Blitzberichte brachte.
    „...Tarisseuche auf dem Vormarsch? Mutierte Humanoide, die uns die Gesichter abfressen? Erfahren Sie mehr in unserem Sonderbericht mit den Explosivbericht von Doktor Sindael Turn-Thule, dem anerkannten alderaanischen Wissenschaftler....“
    „Auf HuttSpaceNews das gleiche.“ sagte er mit weniger bestürzt, als mehr interessierter Stimme.
    Die Frau hob ihr linkes Bein und stemmte den Stilett Absatz gegen die Tischkante. Sie zog ein Vibromesser aus dem Stiefelschaft und prüfte die Ladeanzeige im Griffstück.
    „Und ich dachte schon, hier auf Nar Shaddaa bin ich so weit vom Schuss, das der Krieg mich nicht erwischt.“ sagte sie grimmig. Iaco drehte den Kopf nach rechts, sah an ihrem Unterschenkel entlang nach oben und betrachtete ihr Gesicht. „Krieg? Und was willst Du denn mit einem Vibromesser gegen einen Rakghoul ausrichten?“ fragte er mit einem aggressiven Tonfall. Sie steckte die Waffe zurück und setze ihr Bein wieder am Boden ab. Dann legte sie ihm die linke Hand auf die rechte Schulter. Mit einem kurzen, kraftvollen Stoß drehte sie ihn auf seinem drehbaren Bürostuhl zu sich herum. Entschlossenheit lag in ihrem Blick, der er nur mit Überraschung begegnete. Sollte er seine Waffe ziehen oder den Arm auf seiner Schulter ergreifen und sie mit waffenlosen Techniken zu Boden werfen? Ehe er es sich versah, saß sie auf seinem Schoß. Sie war schwer, und er stöhnte kurz auf, als sie auf seinen Oberschenkeln Platz nahm und beide Hände auf seinen Schultern lagen, dann seinen Hals umschlangen und plötzlich seinen Nacken kraulten. Verblüfft, überrascht und über seine Reflexe verärgert blickte er zu ihr auf. Er roch ihren Atem, sie hatte anscheinend irgendeinen fettigen Mist auf dem Markt gegessen. Die Haare dufteten nach abgestandenem Rauch von Killersticks, ein leicht ranziger Geruch stieg von ihrer speckigen Pilotenjacke auf. „Lass das!“ sagte er, um seine Abneigung zu verbergen. „Bevor wir sterben, will ich wenigstens wissen, ob mir was entgeht,“ flüsterte sie, als die Spitzen ihrer Haare sein Gesicht kitzelten. Er spürte, wie seine Angst in Erregung umschlug, und verdammte sich dafür. Sie war eine imperiale Agentin, eine Feindin der Republik. Wüsste sie, das er in Wirklichkeit sie aus spionierte, würde sie ihm das Genick brechen. Aber er hatte sie jetzt schon mehr als drei Monate an der Nase herumgeführt. Was hatten diese SID Deppen noch einmal über die hervorragende Ausbildung imperialer Agenten gefaselt? Sie war ein Wildfang, ungestüm, unkonventionell, wahnsinnig clever, aber natürlich nicht so gerissen und schlau wie er selbst. Ja, eigentlich war sie genauso wie er, nur das er die Rolle seines Lebens spielte, den kriminellen Computerhacker. Quasi sich selbst nur ohne den Teil in seinem Lebenslauf, wo er vom SID rekrutiert wurde. Alleine waren die ja zu blöd, da brauchten sie gewiefte Kerle wie ihn, um die Imps in Schach zu halten.
    Das die Sache so persönlich wurde, war nicht geplant. Andererseits, was konnte ein Kuss schon schaden? Sie war eh nicht sein Typ. Sie stank nach Nar Shaddaa, sah aus wie eine Söldnerin von der Straße. Sie soff ständig was hochprozentiges, wenn er nur genüsslich an seinem Ron nippte. Sie rauchte Killersticks, wo er handgerollte Zigarren bevorzugte. Sie gab einen Poodoo auf Gesetze und Regeln... ja wie er auch.
    Wie sie es schaffte, auf ihm zu sitzen und leicht mit dem Becken zu kreisen, fiel ihm plötzlich auf, dann berührten sich ihre Lippen und er spürte, wie sie ihm die Zunge in den Mund steckte.
    Als ihre Zungenspitzen sich berührten und er ihren Atem auf seiner Wange spürte, die Hitze ihres Körpers und das wohlige Kribbeln in seinem Nacken, wurde es plötzlich wieder kälter und heller. Der Vorhang ihrer Haare war von seinem Gesicht verschwunden und sie hatte ein Komgerät in der Hand. Irgendwie war er enttäuscht, aber auch interessiert. Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber er konnte die Worte nicht verstehen.
    „Hm,“ sagte Monique. „Verstehe. Verletzungen? Hm.“ sagte sie in einem neutralen Tonfall, erhob sich und schwenkte ihr rechtes Bein herum, stand dann neben Iaco, ohne die linke Hand von seinem Nacken zu nehmen. Sie kraulte mit ihren Fingerkuppen die Stelle zwischen Schädelbasis und dem ersten Nackenwirbel, aber inzwischen prickelte es bei Iaco nicht mehr. Er versuchte unbeteiligt zu blicken und die Worte zu hören. Rat oder Raz hieß diese Connection. Plötzlich nahm Moniques Stimme einen herrischen Tonfall an und wurde eine Oktave tiefer. „Was erwartest Du von mir? Mitleid, Abbitte? Du möchtest einen Gefallen für einen Gefallen.“
    Monique sah hinab zu Iaco und lächelte ihm kurz zu. Dann gab sie ihm eine Backpfeife, aber es war eher ein Tätscheln seiner Wange. Sie tigerte durch den Raum. „Nein, das weiß ich nicht. Das sie Dich umbringen will, ist aber durchaus plausibel. … Ich habe nicht gesagt, das das nett ist, Chum. Sie ist jung und wild, und ihr Leben lang hat sie alles zerstört, was sie bedroht. Kannst Du mir soweit folgen. ... Ja, dachte ich mir, das Du das auch dachtest. Aber Du wirkst überrascht. Ich habe gerade hier einen andere Sache am laufen ... Hm.“
    Iaco fuhr sich durch die Haare und brachte seine Gefühle unter Kontrolle. In den letzten drei Monaten hatte sie gerade zwei Mal mit Raz gesprochen, allein in den letzten zwei Wochen aber dreimal. Die Agentin hatte offensichtlich noch weitere „Kriminelle“ auf ihrer Liste, die ihr Informationsnetzwerk bildeten, aber Raz war der einzige, mit dem sie in seiner Anwesenheit sprach. Iaco hatte daher gefolgert, das Raz eben nicht zu dem Imperialen Netzwerk gehörte, aber das war vielleicht ein Fehler. Ihr Wegwerf-Holokom an zu zapfen war zu riskant. Er würde später die Wanzen in diesem Raum überprüfen, und vielleicht mit den geeigneten Protokollen etwas von der Unterhaltung hörbar machen können. Wer bedrohte das Leben von Raz? Zu wenig Informationen.
    Inzwischen wandte er sich wider dem Computer zu und sah sich die Nachrichtenfeeds an.
    Mit leiser, ruhiger Stimme sagte Monique gerade: „Das ist etwas anderes. Ich habe da noch einen kleinen Auftrag, und dann bin ich in etwa zwei Stunden soweit. … dann musst Du wohl zunächst ohne mich mit ihr sprechen... das ist Dein Auftrag, ich habe keinen Vertrag mit Crevan. Halte sie hin, Du hast doch ein Talent für Geschichten. Vid Valle.“ Corellianisch? Iaco versuchte, interessiert auf den Bildschirm zu starren. War Raz vielleicht ein Corellianer, oder war die Verwendung des Corellesi ein geheimer Code? Dieser dämliche Verbindungsoffizier hatte ihm nicht einmal eine Akte über diesen Raz besorgen können. Alles musste er selbst heraus finden. Anscheinend würde Monique die nächsten paar Stunden aus gehen. Er hörte ihre Schritte über den Boden tapsend nähern. Eine Hand legte sich auf seine Schulter.
    „Ich weiß wirklich nicht, warum Du immer so verdammt professionell zu mir bist, J-Boy,“ hörte er sie in sein Ohr hauchen, das ihm ein Schauer über den Rücken lief. Die Antwort war eigentlich ganz einfach. Nicht das er sie nicht mochte, spätestens nach dem Kuss eben hatte er seine Gefühle erkannt. Er war eben kein Spion, zum Wohle der Republik oder für das Vaterland oder was auch immer was sexuelles mit dem Feind anfing. So weit gingen seine patriotischen Gefühle nicht. Ab fürs Vaterland und dieser ganze romantisch-chauvinistische Mist. Das hier war echt, und sie war der Feind.
    Dann hörte er ihre Stimme entfernter, sie hatte sich anscheinend wieder auf gerichtet. „Wenn Du Deine Meinung änderst, bevor wir von Rakghoulen gefressen werden... Du hast ja meine Nummer. Ich muss los, Iaco. Habe noch eine kleine Liste zu besorgen. Pass auf Deinen Knackarsch auf, Du Superhacker. Und bringe das mit dem Bankkonto in Ordnung, sonst muss ich Dich vielleicht killya, klar?“
    Er zuckte mit den Schultern, blickte aber nicht auf. Niemand beim SID hatte ihm gesagt, das ein Under-Cover-Einsatz auch unter die Haut geht.


    Check Up



    „Sie werden jetzt gleich ein Ziehen spüren und dann dürfte es kurz Schwarz vor Ihren Augen werden. Sind sie bereit, Misstress Doe23?“
    „Sicher Doktorchen. Ich bin ganz in Ihrer Hand, mein Bester.“
    Monique starrte mit unbeweglichen Augen und ohne Blinzeln an die Decke. Sie lag auf einem Metalltisch, dessen Ränder hoch gebogen waren. Am Fußende war eine Mulde mit einem Abfluss eingelassen. Der Tisch war wohl auch für größere Lebewesen geeignet. Monique füllte mit ihrer Körpergröße von 1,69 Metern gerade einmal zwei Drittel. Ihre rabenschwarzen Haare Haaren hochgesteckt, von ihren Nacken aus schlängelte sich ein dickes, gelbes Kabel zu einem Computerterminal auf Rollen, das rechts neben dem Kopfende des Tisches stand.
    Ihre Augen blieben weiter starr, bis sie kräftig blinzelte. Sie blinzelte erneut und seufzte gestresst auf. Ein missmutiger Ausdruck erschien auf ihrem sommersprossigen Gesicht.
    „Doc,“ sagte sie mit einem gestressten Unterton. Der Mann in dem schmuddeligen weißen Kittel beugte sich über die Kante und leuchtete mit einer Stiftlampe in die blauen Augen der Frau.
    „Ich habe so ein taubes Gefühl und kann nichts sehen.“ beschwerte sie sich verärgert und drehte den Kopf hin und her.
    „Äh, und ich glaube, ich höre nichts mehr.“ ergänzte sie mit einem Anflug von Panik in der Stimme.
    Der Mann betrachtete schweigend die Anzeigen auf dem Monitor, blickte zwischendurch zu Monique herüber. Er strich sich über das glatt rasierte Kinn und nickte ausdruckslos, während seine Augen über die Anzeigewerte huschten. Dann betätigte er einige Tastenfelder an dem Terminal. Monique keuchte erleichtert auf und fixierte mit einem tadelnden Blick den ergrauten alten Mann.
    Er blickte kalt zurück.
    „Wurde auch Zeit,“ grummelte sie, „Sie sagten, es wird kurz schwarz.“
    „Ich war unschlüssig,“ erklärte er mit einem nicht gerade unschlüssigen, dafür aber kalten Ton in der Stimme.
    Sie hob eine ihrer feinen Augenbrauen zur Frage und machte einen Schmollmund.
    „Unschlüssig,“ begann er erneut, „Ob ich Ihnen sofort den Saft abdrehe oder noch einige Fragen habe, Agent.“


    Monique schrie und rollte den Kopf hin und her. Aber ihr Körper zuckte nicht einmal. Sie fluchte gekonnt und Akzentfrei in zehn verschiedenen Sprachen und bezichtigte ihn inzestuöser Geschlechtspraktiken sowie Paarungen mit Nicht-Intelligenten Lebensformen. Der alte Mann schmunzelte nicht einmal.
    „Sind Sie fertig?“ fragte er mit einem ungeduldigen Unterton.
    „Schalten Sie doch meine Stimme ab, wenn Ihnen nicht gefällt, was ich sage.“ zischte Monique herausfordernd.
    „Ein kleiner Schnitt und die Stimmbänder sind durch,“ sagte der Mann und griff in ein Tablett mit kleinen Werkzeugen und medizinischem Besteck auf einem kleinen, rollbaren Tisch.
    „Ihr Stimmverzerrer ist wie der Rest Ihrer Cyberware deaktiviert. Nicht, das Sie laut genug schreien könnten, um meine Dämpfungssysteme zu übertönen.“
    „Na los doch, machen Sie mit mir, was Sie wollen, alter Perversling!“ keuchte Monique und warf ihm tödliche Blicke zu. Er schlenderte herüber zu dem Computer und veränderte einige Eingaben. Monique stöhnte verärgert auf.
    „So, Sie müssen mich nicht sehen, um meine Fragen zu beantworten. Was Ihre Taubheitsgefühle angeht....“ Es klatschte, ein Schmerz blühte in der linken Wange auf, gefolgt von einem Brennen.
    „Ihre verdrahteten Reflexe habe ich abgestellt. Ihr vegetatives Nervensystem ist natürlich und hält Sie am Leben, aber solange die künstlichen Reflexe die Natürlichen überlagern, werden Sie kaum noch Ihre Bewegungen kontrollieren können. Falls ich Sie foltern wollte, würde das bei Ihnen sehr umständlich werden. Ihr Nervensystem ist biologisch modifiziert, das kann ich nicht hacken. Daher würde ich vorschlagen, wir plauschen ein wenig und vielleicht überleben Sie, wenn mir die Antworten gefallen.“
    „Man weiß, wo ich bin,“ zischte Monique drohend.
    „Mag sein. Aber die Banden da draußen auf der Straße werden gut von mir bezahlt und ich gebe ihnen Rabatte. Diese Leute sind sehr loyal und territorial.“
    „Und wo ist Ihre Loyalität, Tüftler 913?“
    Der Mann verzog das Gesicht abfällig. Er verschränkte die Arme und sah, wie Monique süffisant lächelte, während ihre abgeschalteten cybernetischen Augen blind an die Decke starrten. Seine Hand wanderte kurz zu den Kontrollen, aber dann zog er sie wieder zurück und verschränkte wieder die Arme.
    „Ich habe eine komplette Gesichtsmodifikation und Genanpassung erhalten. Sie können mich nicht identifizieren.“
    Monique lachte höhnisch. „Die gleichen, buschigen Augenbrauen und die fehlenden Eckzähne. Ja, selbst Ihr Habitus und Rhythmus der Sprache haben sich nicht verändert. Sie währen ein schlechter Agent.“
    Drohend hob er den Finger, schnappte nach Luft... und fing sich sogleich. Er blickte über den Körper der Frau.
    Sie war bis auf die Unterwäsche entkleidet. Muskulös, aber mit ästhetischen Rundungen. Ihr Büstenhalter war offensichtlich ein Push-Up, der ihre Körbchengröße von 75C auf D erweiterte. Straffe, milchige Haut einer naturroten Frau, leicht fleckig, sie neige zu Sommersprossen. Feste Schenkel, eine schmale Taille, die Bauchmuskeln zeichneten sich leicht unter der Haut ab. Durchtrainiert, athletisch. Er blickte auf die Messergebnisse. Sie sagten etwas anderes über diese Frau aus. Er scrollte weiter herunter.
    „Lassen Sie sich Zeit, Tüftler. Ich denke, es sollte jetzt knapp 65 Uhr sein. Sie haben noch knapp zwanzig Minuten, bis Ihnen der Arsch aufgerissen wird.“
    „Ha!“ sagte der Doktor. Er blickte in das ein wenig genervt wirkende Gesicht mit geröteten Wangen. Er nickte ihr zu, auch wenn sie das nicht sehen oder gar hören konnte.
    „Ich kenne die Arbeit. Ihre Cyberware ist vom Geheimdienst, ich habe Teile davon mit entwickelt.“
    „Ich sagte bereits, das ich Sie identifiziert habe, Tüftler,“ erklärte Monique gereizt. Sie drehte den Kopf in seine Richtung, als er mit schweren Schritten um den Tisch herum lief und einen Injektor von einem Tablett auf nahm.
    „Ich denke, Sie sind eine Ziffer-Agentin,“ erklärte er mit ruhiger Stimmlage.
    „Die gibt es nicht mehr. Schon vergessen, als Sie aus dem Imperium geflohen sind?“
    Ohne darauf ein zu gehen fuhr er fort. „Einige Ihrer Komponenten sind 19 Jahre alt. Meine Scanner schätzen sie auf 35 bis 44 Jahre alt. In der Zeit habe ich maßgeblich die Forschung beeinflusst.“
    Er stierte sie plötzlich über die Spitze der Nadeln am Injektor an.
    „Meine Errungenschaften sind natürlich unter dem Deckmantel des IG verborgen geblieben. Was Czerka erst Jahre später entwickelte, das war bereits zur Serienreife gelangt bei meinen Kollegen und mir.“
    „Natürlich ohne den gebührenden Dank und Respekt zu erkalten,“ ergänzte Monique in den gleichen Tonfall wie der Doktor. Er nickte sich selbst zu.
    „Und dann diese Experimente. Sie sind unsere Schöpfungen, Agent. Wir haben Sie zu perfekten Killermaschinen gemacht.“
    Monique stöhnte genervt. „Bilden Sie sich nicht zu viel auf Ihre Cybernetik ein, Tüftler,“ erklärte sie mit einem sarkastischen Unterton, „Talent und jahrelanges Training machen uns zu dem, was wir sind. Ihre technischen Spielereien sind eine gute Ergänzung, aber sie können keine perfekten Agenten erschaffen, wenn der biologische Teil nicht passt.“
    „Ja,“ er nickte. „Das fand ich immer so amüsant an euch >>Feldagenten<<. Arroganz und Überheblichkeit, Lebensmüde und eine Priese Intelligenz, Ihr seit alle so verdammt überlegen gewesen. Und jetzt? Der IG ist tot, zerstört von innen heraus, durch Intrigen der Sith, wie ich flüstern höre. Ich denke, ich habe mich nicht zu früh von meinem Dienstherren getrennt.“
    „Ich würde jetzt mit den Schultern zucken, aber … Sie verstehen,“ sagte Monique und lächelte mitfühlend.
    „Wie haben Sie mich denn gefunden?“ fragte der Doktor mit gerunzelter Stirn und legte den Injektor zurück auf das Tablett zu den anderen Gegenständen.
    „Ich muss gestehen,“ begann Monique in einer zaghaften Art, während ihre Wangen sich erröteten, „ich bin hier, um Ihre Kundenliste zu kopieren.“
    Jetzt entglitten dem Doktor kurz die faltigen Gesichtszüge. Seine buschigen Augenbrauen wanderten seine Stirn hoch und er wirkte verblüfft.
    „Sie...“ „Genau. Ich bin eben auch nicht mehr in dem Verein. Und Ihr Ruf auf der Straße ist sehr gut.“
    Der Doktor massierte seine Schläfen mit den Fingerkuppen der Zeige- und Mittelfinger.
    „Konkurrenz?“
    „Da müssen Sie mich schon foltern.“
    „Lässt sich einrichten,“ erklärte der Doktor trocken und trat an den Tisch heran, stützte seine Hände am Rand ab und beugte sich vor.
    „Sie wollen sagen, Sie sind durch Zufall auf mich gestoßen? Ich... ich bin schon seit acht Jahren im Untergrund, und jetzt hat mich meine Arbeit verraten?“
    Monique machte ein gequältes Gesicht. „Tüftler, gegen den Mundgeruch sollten Sie dringend was machen. Entweder Magen oder Zähne, oder essen Sie viel exotisches?“
    Der alte Mann stieß sich vom Tisch ab und fuhr sich genervt durch die Haare.
    „Wie Sie selbst sagten, man hat Ihnen Ihren Ruhm vor enthalten. Jetzt, wo Sie hier in Nar Shaddaa cybernetische Implantate her stellen und implantieren, ist Ihr Talent zumindest in der Unterwelt bekannt geworden. Vielleicht nicht die Anerkennung, die Sie verdienen, aber... nun ja, Ihre Kundenliste ist einiges Wert.“
    „Ich soll Ihnen das glauben?“
    Fassungslos stierte der Doktor Monique in die deaktivierten Augen.
    Sie zog einen Flunsch.
    „Tüftler, ich bin Ziffer-Agentin. Ex, meinetwegen. Glauben Sie, wenn ich mit einem Tötungsauftrag hier wäre, hätte ich mich von Ihnen vorher untersuchen lassen?“ Sie klimperte mit den starren Augen, was ein wenig nach einer Puppe ausschaute.
    Der Doktor verschränkte wieder die Arme vor der Brust.
    „Wie wollten Sie denn meine Kundenliste stehlen?“
    „Sie meinen, wie ich sie gestohlen habe?“
    Der Doktor stöhnte entsetzt auf und stiefelte um den Tisch herum zu seinem Terminal. Wild überprüfte er die Einträge.
    „Logdateien wurden schon gelöscht,“ sagte sie in einem belehrenden Tonfall.
    Er blickte sie verwirrt an. Ihre toten Augen machten ihn nervös. Er betätigte einige Funktionen am Terminal und die starren Augen von Monique wuselten plötzlich wie lebendig umher.
    „Danke, Tüftler.“
    „Wann?“
    Sie sah ihm in die stahlgrauen Augen und schmunzelte.
    „Ich habe ein Protokoll geschrieben und in meinem Speicher geladen, das sich über die Cybernetikhardware in ihren Computer gehackt hat. Da ich selbst keinen Datapad zur Verfügung hatte, musste mein Programm intelligent genug sein, alles alleine zu erledigen. Der Vorteil war, das nur ein kleines Datenpaket zu Ihrem Computer, und ein weiteres, noch kleineres Datenpaket von Ihrem Computer über die Leitungen in meinen Kortex-Speicher gesendet wurde. Als Sie mir den Saft abgedreht haben, war ich bereits im Besitz Ihrer Daten.“
    „Und Beweise gibt es dafür nicht?“
    Monique schmunzelte.
    „Geben Sie mir mein Datapad da aus dem Haufen meiner Sachen und ich zeige Ihnen, was ich in meinem Kopf gespeichert habe. Noch weiß ich selbst nicht, was mein Programm geklaut hat.“
    Kalt blitze es in den Augen des Doktors auf. Er schlenderte langsam auf die andere Seite des Tisches, wurde von Moniques Blicken verfolgt.
    „Natürlich kann ich auch Ihren Speicherchip aus dem Kopf entfernen,“ erklärte er mit einem eisigen Unterton.
    „Andererseits... gefällt Ihnen eigentlich Ihr neuer Job? Ist die Bezahlung gut? Gibt es Pensionsansprüche? Machen Sie das, wofür Sie berufen sind oder ist nicht alles hier ein Hindernis? Wo sehen Sie sich denn in, sagen wir, fünf Jahren?“
    Der Doktor hielt inne. Wütend fixierte er den gelassenen Blick der Frau.
    „Sie haben komplett den Verstand verloren, Agent.“
    „Sie haben Ihr Lebensziel verloren, Tüftler.“ antwortete die Frau wie aus dem Blaster gefeuert. Er zuckte überrascht mit den buschigen Augenbrauen.
    „Sie haben >>Freunde<< da draußen, die auf Sie aufpassen? Eine verdammte Streetgang, der Abschaum, der dieses Viertel tyrannisiert. Eine Kinderbande mit leichten Waffen und ein wenig Cybernetik. Glauben Sie, ich gehe in diesen Sektor, ohne mich zu informieren? Mit der Hand in der Tasche an einem Blaster schleichen Sie sich durch die Schatten der Neonbeleuchtung, um in Ihrem luxuriös eingerichtetem Apartment an zu kommen ohne überfallen zu werden. Ständig die Gefahr, von einem Kunden auf Eis gelegt zu werden, der seine Identität geheim halten will und keine Mitwisser braucht. ...“
    Monique tischte ihm eine Geschichte auf, die sich in ihrem Verstand zusammen setzte, während sie die Gestik und Mimik und die bisherigen Erkenntnisse analysierte. In Augenblicken der Lebensgefahr benötigte sie keine cybernetischen Prothesen, um ihren biologisch modifizierten Verstand auf Hochtouren zu bringen.
    Der Doktor holte tief Luft, aber Moniques blaue Augen hielten seinen Blick gefangen und seine Zunge war wie gelähmt, als die halb nackte Frau ihn verächtlich musterte und ohne Unterbrechung fort fuhr.
    „Ja, Ihre Reputation. Verschwiegen, professionell. Der Beste seines Faches. Aber >>nur<< der Beste hier unten in den Sub-Leveln vom corellianischen Sektor. Was bedeutet Ihre Reputation denn wirklich? Das Sie viel Geld von Verbrechern bekommen, um deren Sklaven mit Cybernetik zu modifizieren? Erhalten Sie einen Dank von einem der Streetpunks, der sagt, dass Ihre Implantate dafür gesorgt haben, das er im letzten Bandenkrieg doppelt so viele Gegner abgeschlachtet hat? Was ist mit reichen Schnöseln, die gerne einen Penis hätten, der auf Kommando steif wird? Das ist besser als im Dienste des Imperiums die Überlebenschance von Soldaten und Agenten zu verbessern?“
    Der Doktor griff ohne den Blick zu senken auf das Tablett und umkrallte den Injektor, das seine Knöchel weiß hervor stachen.


    Mit einem mitfühlenden Blick fragte Monique: „Sind Sie glücklich?“

    Neverendig Night Of Nar Shaddaa:


    Streetdoc


    Kurzgeschichte im Star Wars (The Old Republic) Universum


    Tom Whiskey


    08.11.15 – 05.12.15


    Inspiriert von Crewaufträgen, Beruf Hacken


    Eine Hommage auf Harrisons James Bolivar di Griz, die Edelstahlratte
    „Wenn du in Schwierigkeiten bist, tu stets das Unerwartete.“
    Harry Harrison (* 12. März 1925; † 15. August 2012)


    Anlagen


    Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Alles, was ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte, war nur ein Teil des Grauens. Die seit Wochen eingesperrten Familien hatten kaum noch Nahrungsmittel. Es roch nach Tod und Verwesung, Fäkalien und wer weiß welche Huttenscheiße sonst noch.
    Meine beiden Kollegen waren ziemlich fertig, und das ich das bemerkte zeigte mir, das ich noch halbwegs auf der Höhe war.
    Bia hatte mich ganz schön mitgenommen, uns alle. Der stärkste, den nichts umhauen konnte. Aber auch wenn ich es nicht so sah, die Evocii halfen mir, nicht auf zu geben. Da waren Lebewesen, die meinen Schutz bedurften. Zwar hielt ich überheblicher Huttensohn mich für etwas besseres, aber ein wenig Stolz und Ehrgeiz war das einzige, an das ich mich noch klammern konnte. Fleischfressende Marionetten wuselten stumm und unheimlich durch die Gassen.
    Ein Teil der stummen Gaffer unter unserem Balkon waren davon getorkelt, als einige Minuten zuvor das Gefecht bei dem wuchtigen Gebäude statt fand. Und das wir hier nicht ewig warten konnten, war klar.
    Der Störsender war unsere Rettung. Mit eigener Energieversorgung, Wartungsarm, einer Gruppe droidischer Wach- und Reparatureinheiten und einer Kabelkommunikationsverbindung zum hiesigen Büro der HuttSec.
    Wenn es in diesem Slum einen Ort gab, wo wir Hilfe anfordern konnten, dann dort. Und vielleicht waren die Vorgesetzten zu überzeugen, das diese Plage nicht so ansteckend war, wie befürchtet. Es gab ja keinen Grund, uns hier zurück zu lassen. Die Marionetten konnten weder klettern noch fliegen. Mit genügend Kondition konnte man ihnen spielend davon laufen. Nur in ihre leprösen Klauen durfte man nicht gelangen.
    Das waren die Argumente, die mir von allen genannt wurden. Bkhonse Neyoha war dafür, hier zu bleiben. Und als deutlich wurde, das ich mich entschlossen hatte, wurde er gar ausfallend. Ich würde auf meine Schlammfamilie hören, und nicht das einzig sinnvolle machen, nämlich abwarten und auf Rettungsteams warten. Bald würden wir wider Funkkontakt bekommen und einfach einen Gleiter anfordern.
    Ich roch seine Angst, der hoch gewachsene, hässliche Mensch. Vielleicht darf ich ihn sogar Freund nennen. Er ist als mein Freund gestorben.
    Aber ich verstand ihn, denn ich hatte auch Angst. Ich sah einfach keinen Ausweg. Ich war es, der alle in den Untergang führte. Es war nun einmal als Bahzanh meine Entscheidung. Ich irrte mich, und sie starben meinetwegen. Ich hätte sie auch selbst auffressen, erwürgen und zerfetzen können.
    Bei den Mächten dieses grausamen Universums, hat es euch Spaß gemacht, alle leiden zu sehen?
    Da draußen sehe ich viel Schwärze und nur wenige Sterne leuchten. Ist das die große, geheime Wahrheit, das es da draußen nur Tod und ewige Qualen gibt, und nur an wenige Plätzen Strahlen des Friedens und des Glücks hoffnungslos in der Unterzahl existieren?


    Ich werde morgen eine Passage runter nach Nal Hutta buchen. Hier gibt es nichts mehr, das ich mit diesen Händen bewirken kann. Ich kam aus dem Dreck und kehre zurück. Alles, was ich mir hier aufgebaut habe, verwelkt und verschimmelt so wie die Leiber der armen Kreaturen, die sich von den Marionetten haben verwandeln lassen.


    Ich bin so ein Weichei! Ich bin zumindest ehrlich und gebe es zu. Ich erinnere mich an jeden Atemzug in der abgestandenen, staubgeschwängerten Luft. Wie ich versuchte, die wenigen Kräftigen als Schutz um unsere 24-köpfige Truppe zu verteilen. Bu Hhonvei machte einen gesunden Eindruck und übernahm mit zwei Evocii die Rückendeckung. Ich und Bkhonse Neyoha bildeten die Vorhut, denn ich wollte ihn nicht da hinten haben, wenn die Nerven mit ihm durch gingen. Frauen und Kinder, die galt es zu beschützen. Und ich versuchte mir das krampfhaft zu merken, denn in den letzten paar Minuten hatte ich mich mehrmals verhaspelt, Worte verdreht und sogar einige Brocken Evocii gesprochen, anstelle ordentliches Basic. Ein kleiner vierjähriger Stinker war zu mir hin gewatschelt, und hatte gesagt, ich brauche keine Angst zu haben, denn sein Vater würde uns alle beschützen. Beinahe hätte ich geweint, aber ich wollte den Kleinen nicht weiter verunsichern.


    So spielte ich den überlegenen Anführer, bellte Befehle und behandelte die Zivilisten wie eine Militäreinheit, obwohl ich davon so viel verstand wie von der Feldarbeit meines Vaters. Es klappte, zumindest bis zur Feindberührung.
    Wir waren vielleicht ein oder zwei Gebäude vom Sender entfernt, denn ich hatte gerade auf unseren Plan geschaut. Das Gerät an meinem Arm hatte zwar seit Stunden keinen Funkempfang, hatte aber irgendwie dennoch versucht, mit seinen Sensoren den Weg zu verfolgen. Da ich genau an der Kreuzung hockte, die auch auf dem Display aufleuchteten, war ich beruhigt und hoffte bereits, das wir es vielleicht doch noch schaffen könnten.
    Dann kamt ihr wieder, Götter des Universums, und brachtet uns eine Herde Marionetten.
    Ich war wirklich wie gelähmt. Mein Kopf wollte das einfach nicht glauben. Schwankend und wogend näherten sich mindestens dreißig der mit blinden Augen stolpernden Kreaturen. Über ihnen, keine 15 Meter oberhalb des Bodenniveaus hörte ich Getrappel, schwere Schritte von mehreren Personen. Graue Masse so bedrückend stumm schlurfte, waren diese Schritte eindeutig als lebendig ein zu stufen. Bkhonse Neyoha klopfte mir auf die Schulter und flüsterte in mein Ohr, während die Schritte sich weiter entfernten. Die Gruppe Marionetten torkelte ihnen munter hinter her, bis plötzlich ein paar aus der Gruppe aus brachen und genau auf uns zu wankten.
    Ich glaube, als sich meine Nackenhaare aufstellten, konnte ich wieder klar denken. Bkhonse Neyoha flüsterte nicht mehr. Er machte nur noch so sonderbare, leise Pfeilgeräusche, und wackelte mit de Kopf. Ich hatte den Eindruck, seine schweinsfarbene Haut wäre so Grau wie bei unserem Rattataki Bu Hhonvei und überlegte, das er als unser Sanitäter vielleicht was dagegen machen könnte. Ich schlug ihm zunächst in das Gesicht, das es klatschte, aber er konnte einfach nicht mehr normal atmen. Ich schleifte ihn zurück. Ein paar Blicke über die Schulter zeigen mir etwa sechs langsame Verfolger. Diese Horde war genau in die Richtung unseres Störsenders gewatschelt, wir musste also irgendwie anders herum an dem Häuserzug und ihnen auch noch zuvor kommen. Das würde knapp werden, dachte ich noch, als Bkhonse Neyoha plötzlich gar nicht mehr nach Luft schnappte, sondern einfach seine Beine einknickten und er mich beinahe mit zu Boden riss. Ich fluchte irgend etwas über unsere Huttenmeister und wuchtete ihn mir auf den Rücken. Diese Menschen stinken nicht nur unangenehm, selbst wenn sie gewaschen sind, nein, sie sind auch viel größer und ungleich schwerer als wir Evocii. Ich hatte keine Wahl, zurück lassen konnte ich ihn einfach nicht. Sich das vor zu stellen, ging über meine überanstrengte Phantasie.
    So wankte und tippelte ich keuchend vorwärts und konnte bei dem ganzen Unrat und Dreck nicht mal eben stehen bleiben und zurück schauen. Mir wurde immer heißer in meiner gepanzerten Uniform und mit Grauen fühlte ich die Monstrositäten stumm aufholen.
    Noch knapp zwanzig Meter, in einem Ladenlokal ohne Scheiben würde meine Gruppe auf mich warten, da erblickte ich schemenhaft etwas vor mir in der Dunkelheit und ich verschluckte mich beinahe am eigenen Speichel.
    Sie huschten lautlos an mir vorbei. Ich hörte das Schmatzen, als ein Beil in modriges Fleisch ein drang. Das klatschen von einem Knüppel an einem vertrockneten Schädel mit abblätternder Kopfhaut. Meine Evocii – Männer waren mir entgegen geeilt und kümmerten sich um unsere Verfolger.
    Leider brach weiter hinten Panik aus, und ich sah kleine Gruppen panisch aus dem Unterschlupf davon spritzen.
    Ich rief mit so viel Autorität in der Stimme wie ich nur konnte. Aber ich war total außer Puste und es klang eher wie ein verärgertes Krächzen.
    Ein paar Familien kamen nicht zurück. Bu Hhonvei spritze unserem bewusstlosen Menschen irgend ein Zeug, aber wir hatten keine Zeit. Dann wandte sich der Rattataki an mich uns erklärte, für besondere Gelegenheiten habe er sich etwas beiseite gelegt. Ohne mich zu fragen, rammte er mir einen Injektor in meine Halsschlagader, Hals abwärts waren wir ja in der HuttSec Uniform recht gut gepanzert.
    Ich stieß ihn überrascht zur Seite und fühlte mich frisch und irgendwie wie nach 20 Stunden Schlaf und einer heißen Dusche mit Selucaa, meiner bevorzugten Prostituierten. Ich grinste ihn - vermutlich blöde - an und sagte lachend, das er allen hier das Zeug geben solle. Ich kniff die Augen zusammen, scharte die restlichen Personen um mich und ärgerte mich fürchterlich, das wir nur noch 16 Personen waren. Ich erklärte ihnen die Lage. Wir würden jetzt laufen müssen.
    Keiner widersprach, wenige murmelten etwas und die Kinder plärrten am laufenden Band, während ihre Mütter nicht wussten, ob sie sie länger fest halten konnten.
    Es war mir egal. Das Stim brodelte in meinen Adern und ich wusste, es gab nur noch diesen einen Weg. Und nur diese eine Chance, vor den Marionetten den umzäunten Bereich zu erreichen.
    Unser Mensch kam grunzend zu sich, aber ich befahl zwei Evocii, ihn zu schleppen und drückte seinen Blaster einem weiteren in die Hände. Dann ging es auch schon los.


    Es klappte. Aber ein Hochgefühl kam nicht auf, denn eine Gruppe HuttSec der Ungezieferstaffel hatten wir schon den halben Block lang gehört und sahen jetzt, wie sie die Wellen der an brandenden Marionetten mit schweren Waffen beschossen. Aus Seitengassen kamen vereinzelte getorkelt, und diese schwenkten sofort zu uns um, sodass wir sie von den Frauen und Kindern fern halten mussten. Ich versuchte, immer nur ein Bein zu treffen, da sie anscheinend mühe hatten, mit Armen und einem Bein vorwärts zu kommen, wohingegen komplett beinlose Marionetten relativ schnell über den Boden krochen. Wir waren keine zwanzig Meter von dem Umzäunten und durch Flutscheinwerfer erleuchtetem Gelände entfernt, als ich mehrere Frauen kreischen hörte.
    Irgendwie war ein Teil der Wesen durch einen breiten Korridor im angrenzenden Gebäude geströmt, woher sie immer den kürzesten Weg zu ihrem Futter kennen, werde ich wohl nie erfahren. Bu Hhonvei stemmte sich der Gruppe entgegen. Warum er seine Waffe nicht benutze, weiß ich nicht. Überraschung oder war der Clip alle? Wir alle hatten nur noch wenig Energie und kaum noch Blastergas in den Kartuschen. So eine Kartusche hat Gas für 200 bis 500 Schuss, aber als Banbonzahag liefern wir uns keine andauernden Kämpfe. Zu drohen und oder sich bestechen zu lassen war immer die traditionelle Konfliktlösungsstrategie. Diese gierigen Marionetten verhandelten nicht lange. Nur einer von ihnen schaffte es, sich an Bu Hhonvei fest zu krallen, aber das war sein Ende. Er wurde zu langsam, konnte sich nicht weg drehen, als ein anderes Monster nach ihm Griff und dann verschwand er unter Drei oder Vier der Wesen, als ich noch versuchte, irgendwie in meiner Zieloptik eine Stelle zu finden, die ihn nicht verletzte und einen der Monster erwischen sollte. Dann erschien kurz der bleich schimmernde kahle Schädel in der Menge morscher Knochen und verwesender Leiber. Ich sah in seine stahlgrauen Augen. Er hatte keine Angst. Unsere Blicke trafen sich und kurz zuckten seine Augen hin und her, bis er gebannt auf die Mündung meiner Waffe blickte.
    Sein Gesicht verwelkte, als der nadelfeine Blasterbolzen aus superheißem ionisiertem Plasma durch seinen Kopf schoss und alles um ihn herum verdampfte. Das zumindest konnte ich für ihn tun, und es war vielleicht das einzige, das ich nicht bereuhe. Er würde nicht wieder auf stehen, er durfte liegen bleiben. Das hatte ich gut gemacht.


    Dann bellte ich meine Befehle, und wir schleppten uns ohne weitere Verluste zum elektrisch geladenen Zaun.
    Ein bulliger Typ mit einer dieser tragbaren Blastergeschütze bellte uns zu, wie sollen unsere Ärsche herüber schwingen. Meine Gruppe rannte sofort dort hin, wir schlüpften hinter ihm und zwei weiteren HuttSec-Bacota durch den Eingang.


    Es war ein wildes durcheinander. Die Servicedroiden wollten gar das Feuer eröffnen. Eine Menschenfrau brachte sie schnell zur Ruhe. Sie war hoch gewachsen, hatte schwarze Haare und grüne oder blaue Augen. Ihr sommersprossiges Gesicht und die kurze Nase erinnerte mich an ein leckeres Ferkelchen, das ich mal auf einem Markt serviert bekam. Aber so sehen ja alle Menschenfrauen aus, mit ihren viel zu großen Brustdrüsen und der kahlen, einfarbigen Haut.
    Ihre kalten Augen verengten sich zu einem belustigten Ausdruck. Ob ich wohl die Uniform eines Anderen trüge, fragte sie herausfordernd, als würden ihre Kollegen nicht gerade dutzende von vertrockneten Marionetten abschlachten.
    Es war typisch, das man mich als Evocii-Abschaum nicht für mehr als einen Koumolasa hielt. Und jene, die es akzeptieren mussten, waren meist nicht besonders freundlich zu mir. Normalerweise musste ich an so einer Stelle erst einmal Faustschläge verteilen, aber irgendwie kam mir das hier so schwachsinnig vor.
    Ich sah ihr Rangabzeichen und schluckte meinen Ärger herunter. Wenn eine Vap Kantmapkay mich verarschen will, sage ich „Jawohl, Vap.“ und fertig. Das hat man mir jahrelang eingetrichtert. Ich sagte also: „Nein, Vap. Ich bin der Bahzanh Tellem Bog vom Hovcanh Wewha-Miha-Jojoba und benötige Evakuierung für diese Zivilisten, Vap“.
    Sie grinste plötzlich und sagte „nett“ oder „fein“ oder so etwas, da sich etwas verdutzt war.
    „Flauschköpfchen, die Kavallerie ist unterwegs,“ rief sie über den Lärm der vollautomatischen Blaster und Scatter Guns und was weiß ich nicht noch alles und deutete zu den anderen HuttSec. Ich sah zwei Fahrzeuge durch die Straße auf uns zu schweben. Ein kastenförmiger Transporter und ein zweisitziger Airspeeder.
    Ich war dermaßen erleichtert, das ich beinahe ohnmächtig wurde.
    „Hast du Energieclips für uns, Vap?“ fragte ich, denn noch waren wir nicht gerettet. Ich konnte nicht so kurz vor dem Ziel die Kontrolle abgeben, ich versuchte stark zu sein, bis wir in dem Fahrzeug waren. Dann stutze ich, denn bei diesen Gedanken ging mir auf, das wir alle da nicht hinein passten.
    Misstrauisch und mit rümpfenden Näschen blickte mich die Vap an.
    „Was aus zu setzen, Bahzanh Bog? Dann raus damit. Wir spielen hier nicht Meister und Diener sondern alle kämpfen ums überleben, Rat?“
    Ich war überrascht. Und verärgert. Trotzig sagte ich: „Die Evocii bleiben nicht zurück,“ und ich spürte plötzlich, dass ich krampfhaft den Griff meines Blastergewehres umklammerte.
    Sie schnalzte mit der Zunge und schüttelte tadelnd den Kopf, legte eine Hand lasziv auf die Hüfte.
    „Pisua see Ukoua, Rat?“ fragte sie herausfordernd. Ich schluckte hart, entschlossen fixierte ich ihren Blick.
    Dann nickte sie und wies mit einem Multifunktionswerkzeug auf die Stelle, wo ein kleiner Rucksack und ein klobiger, dreiläufiger Blaster an dem Sendemast lehnte.
    „Schnapp dir den Blaster und scheuch deine Leute da rüber...“ meinte sie schmunzelnd und deutete auf einen schmalen Bereich zwischen Zaun und dem Energiemeiler. Gleichzeitig winkte sie mit der anderen Hand und mein Blick folgte dem Finger. Ich verstand plötzlich. Sie wollte den Transporter in der Umzäunung landen lassen.
    „Keine Sorge, Flauschköpfchen. Willkommen beim Bmaleoi Rulya An Hopkepa von Bareesh dem Hutten. Du bist so eben von mir versetzt worden. Das heißt, du hast die Ehre, bei uns zu bleiben, wenn der erste Schwung hier raus fliegt.
    In etwa 22 Minuten kommt ein weiterer Transporter. Schöne Grüße von einem gewissen Solomon soll ich aus richten.“
    Ich stockte kurz in den Bemühungen, die Evocii in die Ecke zu treiben. Sie lachte mich frech an. Ich blickte auf mein HUD und sah, das die Störungen in diesem Bereich sehr gering aus fielen. Die Vap hatte wohl kurz vor unserem Eintreffen den Störsender deaktiviert.
    Solomon lebte? Im Nachhinein war das ein weiterer Dolchstoß. Der gesamte Weg vom Schlachthaus bis hier her war vollkommen umsonst. Wir alle wurden gerettet von diesem Eingreifteam. Genau so, wie es Solomon, das korrupte Schwein vorher gesagt hatte.
    Ich brach innerlich komplett zusammen.
    Alles war umsonst gewesen. Alle meine Freunde wegen meiner dummen Pläne tot oder auch gefressen.
    Wie ein paar Minuten später ein Mensch in einer Söldneruniform fest stellte, war inzwischen mein Kollege Bkhonse Neyoha an Herzversagen gestorben.
    Für mich war die Nachricht des irgendwie affig ausschauenden Menschen ein weiterer Schlag in die Nieren. Wie viele Schläge sollte ich noch bekommen, bevor ich zu Boden ging?


    Der fratzengesichtiger Sanitäter quetschte so viele Frauen und Kinder wie möglich in das Fahrzeug, sodass ich und drei Evocii übrig blieben. Wir gesellten uns zu den Drei Menschen am Eingang und den zwei HuttSec-Droiden.
    Dieser dreiläufige Blaster bockte in der Hand wie ein Bantha, bis ich heraus fand, wie man die Feuermodi änderte. Im Einzelschussmodus war die kolbenlose Waffe einfach zu bedienen wie ein Blaster-Karabiner, aber irgendwie ungenau. Wenn alle drei Läufe gleichzeitig Blasterbolzen verschossen, war das Ding völlig unkontrollierbar. Ich glaube, ich fragte mich, gegen was denn so eine komische Waffe eingesetzt wurde. Das ist mir noch heute schleierhaft aber inzwischen egal.


    So genau erinnere ich mich nicht mehr an alles.


    Mit dem Tod von Bkhonse Neyoha war irgendwie auch die Wirkung des Stim abgeebbt und ich fühlte mich wie von einem Hutten ausgeschissen, auch wenn einige Leute behaupten, unsere Meister würden gar nicht scheißen gehen. So ein Quatsch! Irgendwann nach tausenden von Jahren und Millionen von labbrigen, schwankenden Marionetten war ein Transporter da, diesmal mit offiziellen Huttenauge und Sirene. Ich denke, ich schrie dem Piloten zu, er solle das Gejaule aus machen, damit nicht noch mehr von den Viechern angelockt wurden, aber kann auch sein, das ich das nur dachte und nichts sagte.


    Danach hatte ich wirklich so was wie einen Blackout.


    Dann das Verhör im Verhörraum. Ich verstand gar nichts. Irgendwie gab es gar kein Rettungsteam. Eine Frau hatte sich mit falschen Codes gemeldet und ein Fahrzeug geordert. Aber weder die dunkelhaarige Frau, noch ihre drei HuttSec-Bacota waren echte HuttSec B.R.AnHo. .
    Alle wollten wissen, was zum Huttenschwanz diese falschen Typen da während der Abriegelung gemacht hatten.
    Wie sie einen gesicherten Störsender ausschalten konnten.
    Woher sie die Codes für den Kontakt über die Festleitung besaßen. Natürlich von mir, wurde mir unterstellt.
    So ein dummer kleiner Evocii, der plappert doch alles aus.


    Ich weiß nur, das sie 12 Zivilisten gerettet haben und ich 4 Freunde in den Tod geschickt habe.


    Und jetzt? Inzwischen wurde die Ordnung wider her gestellt, habe ich nach vier Stunden im Verhörraum erfahren. Alles ist wieder gut.
    Wirklich?
    Wie kann das alles nur ein kleiner Übergriff von Ungeziefer sein?
    Wem machen die da was vor?


    Ich bin fertig mit Nar Shadda.
    Ich habe in ihren Abgrund geblickt und er hat zurück gestarrt.
    Nar Shaddaa hat mich am Leben gelassen, damit ich es erzählen kann.
    Wer sich mit Nar Shadda anlegt, der wird von ihr gefressen.


    Lauf weg und baue im verseuchten Schlamm von Nal Hutta Pflanzen an bis dich das Fieber dahinrafft oder die Kreaturen fressen. Denn dort gehörst du hin.



    Lauf weg, oder ich fresse dich und mache dich zu meinem Sklaven für immer, Tellem Bog.

    Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Schüsse blitzen in der Dunkelheit. Das Jaulen von Blasterbolzen wurde durch Echos durch die dunkle Stadt getragen. Südöstlich von uns, bei einem Gebäude, das ich für einen Luftaustauscher hielt, fand ein Gefecht statt. Es war sicher nur eine kleine Einheit. Verlockend. Mein Herz tat einen Sprung, als wir aufschreckten und die Schüsse hörten. Vom Balkon aus waren die Schüsse nicht besonders spektakulär. Bkhonse Neyoha war Feuer und Flamme, schrie wild und ignorierte meine Landsleute, die ihm sagten, das das viel zu weit entfernt wäre. Nach einigen Minuten war das Gefecht zu Ende. Waren sie besiegt worden oder hatten sie die Marionetten aufgehalten? Zumindest hatten sie welche angelockt mit den ganzen Explosionen und den Schüssen. Ich wusste nicht, ob dort die Hilfe oder nur eine weitere Gruppe monströser wandelnder Leichen auf uns wartete.
    Das Gelände lag nach Aussage meiner Landsleute in der Nähe der Blockgrenze, nur wenige Blocks vom Ende des Sektors entfernt. Das war bei unseren Überlegungen einer der Richtungen gewesen, um den Rotlicht-Sektor zu verlassen. Doch hier waren wir sicher. Oder nicht? Wie viele konnte es denn von diesen Wesen geben? Sie vermehrten sich offenbar dadurch, das manche ihrer Opfer sich zu ihnen gesellten, aber nicht alle. Mir wurde schlecht und meine Kopfschmerzen wurden stärker. Der Gestank war für meine Nüstern schlecht aus zu halten. Erinnerte mich vage an zu Hause, und wer will sich schon daran erinnern? Ich blickte zu meinen Männern. Ein Rattataki und ein Mensch. Dann die Evocii. Zweiundzwanzig Leute, darunter zwei Kinder, die so klein waren, das man sie tragen musste.
    Ihre Geschichte war grotesk. Zum Leben als Lohnsklaven verdammt hatten sie sich vor einigen Jahren hier angesiedelt, wo sie niemand schikanieren würde. Ab und zu wurden Leute auf den Weg zu den Liften von Kanalratten oder wilden Salkys angefallen. Aber sie hatten sich hier gut eingerichtet, konnten kostenlos wohnen, kochten auf Energieöfen wie unten auf Nal Hutta. Nur die ewigen Dunkelheit und die schlechte Luft waren anders als auf unserem verseuchten Heimatplaneten, den wir gerade umkreisten. Wen sollte ich mehr bedauern? Diese Leute hatte nichts und waren ins Nichts geflohen. Sie gingen rauf in den Rotlicht-Sektor und arbeiteten 14 Stunden, um dann in die Dunkelheit zurück zu kehren und ein wenig zu schlafen. So eine Huttenscheiße war nicht lebenswerter als unten in der Müllhalde, die ich zu Hauese nennen muss. Ich habe ein Apartment im Corellianischen Sektor, das ich mir mit einem Weequay teile. Er ist sehr sauber, aber ich kann seinen Körpergeruch einfach nicht ausstehen. Diese Evocii hier leben wie Schaben im Keller des gigantischen, Jahrtausendelang gewachsenen Stadtmondes. Wenn ich nicht so viel Abscheu vor diesen armseligen Wesen hätte, würde ich sie zutiefst bedauern.
    Ich entschied, das wir hier nicht bleiben konnten. Man würde uns nicht retten.
    Mein Plan war es gewesen, zu einem der Störsender zu gelangen und sich dort bemerkbar zu machen. Unsere Kommunikationsgeräte würden dabei allerdings nur eine schlechte Peilung ermöglichen und keiner hatte eine Ausbildung, um das zu verbessern. Es war besser als hier zu versauern, dachte ich. Dachten wir alle. Aber das war ein Fehler, der meinen Kameraden das Leben kostete. Vielleicht wenn ich abgewartet hätte, wenn die Karantäne aufgehoben und die Störsender abgeschaltet worden währen. Dann hätten wir einfach Senden und uns abholen lassen können. Damals, als ich in dem kleinen schäbigen Wohnzimmer stand und die Tür zum Balkon verschloss, kam mir diese Idee ziemlich blöd vor. Ich bin es wohl, der ziemlich blöd war. In Wirklichkeit war ich zutiefst erschreckt über das Leben, das meine Landsleute hier führten und wollte so schnell wie möglich weg.
    Ja, ich bin ein verdammter Feigling und Dummkopf. Sagen das nicht alle von Evocii? Ist das vielleicht das richtige Schimpfwort für mich? Ich selbst zu sein, ein Evocii zu sein?
    Ich werde zu sentimental, zu depressiv. Ich begreife ja, das alles, was ich erlebt habe, ein Grauen ist, das man nicht erklären kann, sondern nur fühlen. Diese Marionetten hatten mich ausgesaugt, mir alle Hoffnungen genommen. Das soll keine Entschuldigung sein. Aber wer beim Huttenschwanz wurde von toten Lebewesen gehetzt, die man verstümmeln und mit Blastern zerstrahlen kann, die aber einfach weiter auf einen zu humpeln oder kriechen, bis sie endlich ein Stück aus einem heraus gebissen haben? Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich morgen die Schicht antreten soll. Und wenn ich nicht arbeiten gehe, lande ich wieder im selben Dreck, den mein Vater gerade jätet um seine Pflanzen im brackigen Wasser an zu bauen. Wo meine Schwester im Schlaf von Ratten zerbissen wurde und meine Mutter am Sumpffieber verstorben ist. Ist denn die Galaxis voll von Tod und Elend? Warum dieses ganze Ding, das man Leben nennt? Was wollen diese toten Kreaturen von den Lebenden? Und wo werden sie wieder auf mich warten? Ich weiß, das sie da draußen sind. Sie warten auf mich. Ich bin der letzte. Mich werden sie auch bekommen.

    Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Verlockend sah der abgestürzte Gleiter aus. Keine dreihundert Meter entfernt. Vielleicht flugtüchtig. Wir sollten das vergessen, riet der müde Kollege von Streife Drei. Der Besitzer dieser Einrichtung musste zuerst eine Nachricht an Solomon gesendet haben und danach einen Fluchtversuch unternommen haben. Die Marionetten hatten ihn irgendwie erwischt und infiziert. Als Streife Drei an kam, wurden sie beinahe überrannt. Sie setzten einen Hilferuf ab. Schließlich hatte Solomon Zeit, sich mit der Zentrale in Verbindung zu setzen. Die dachten sofort an die Rakghoulseuche und sperrten den Sektor. Isolation. Und wir mitten drin... oder besser ganz tief unten in der Huttenscheiße. Die Komlink waren noch immer gestört. Der Störsender musste sich in unserer Nähe befinden, es kamen nicht einmal Pixel oder Rauschgeräusche an. Ich setzte das meinen Leuten ganz ruhig auseinander. Bu Hhonvei hatte sich das schon zusammen gereimt, der Rattataki blieb stumm. Bkhonse Neyoha sah mich mit diesen Wasserblauen Augen an und machte eklige Schniefgeräusche. Er war am Rande eines Nervenzugsamenbruches. Aber wer war das nicht? Vermutlich Solomon, der Huttensohn. Hatte sich bestimmt ne Dosis Kamikaze-Stim gespritzt und rauchte in aller Ruhe seine Killersticks. Bia blieb auch ruhig. Zumindest oberflächlich. Doch die tief unter den wulstigen Augenbrauen liegenden Augen blickten gehetzt umher. Auch unseren Berg ließ das alles nicht kalt. Das half mir. Nicht, weil wir alle die Hosen voll hatten, sondern weil irgendetwas in meinem Evocii-Schädel sagte, ich müsse mich jetzt zusammen reißen, um meine Kollegen hier heil raus zu bekommen. Wie sagt man? Die Hoffnung stirbt zuletzt? Ich habe mich daran festgekrallt wie ein wahnsinniger, aber am Ende ist nicht die Hoffnung, sondern alle Anderen sind gestorben.


    Zunächst fing alles vielversprechend an. Solomon war heraus gekommen und hatte seinen Kollegen mitgeschleppt. Wir waren jetzt sieben. Wir hätten zwei Optionen, sagte Solomon. Verschanzen oder der Gleiter. Ich fragte nach dem Aufzug. Immerhin waren wir unbehelligt bis hierher vorgestoßen.
    Der Huttensohn winkte ab. Das wäre vor dem Notstand wegen dem Seuchenalarm gewesen. Er hatte nicht unrecht. Wir waren alle keine Hacker, und im Liftschacht nach oben klettern... ja, wir wussten nicht, ob so etwas möglich war. Ich fragte, und nur zwei antworteten. Beide waren der Meinung, es ginge nicht. Solomon lachte nur. Ich wurde nicht einmal wütend. Ausharren, meinte Bia entschieden und erklärte uns, das Seuchenkommandos sicher schon auf dem Weg währen. Würden wir lange genug die Position halten, die ja auch der Zentrale bekannt war, würde ein Kommando uns früher oder später finden.
    Solomon lobte gönnerhaft Bia, der zu Solomons Glück eine gute Selbstbeherrschung hatte. Bia schüttelte nur den Kopf und fragte, ob ich das auch röche. Ein süßliche Gestank frischen Urins wehte aus dem Eingang zu uns herüber. Ich glaubte ein Keuchen oder Wimmern zu hören. Bia war wieder schneller und bereits unterwegs. Ich folgte seinen riesigen Quadratlatschen auf dem Fuße. Da er ungefähr dreimal so massig und anderthalb mal so groß war wie ich, konnte ich nur seinem fetten Hintern folgen und im Notfall durch seine Beine nach vorne springen. Warum mir so eine wahnsinnige Idee damals durch den Kopf schoss, ich weiß es nicht. Es ging alles schnell, ich kann mich nicht mehr erinnern, wie wir in den gekachelten Behandlungsraum gekommen sind. Das was folgte, daran erinnere ich mich in jeder Einzelheit.


    Zuerst roch ich die metallische Note frischen Blutes. Meine Haare stellten sich auf, als meine Nüstern sich forsch blähten. Angstschweiß von einer Menschenfrau. Ein anderer Duft, den ich nicht einzuordnen wusste. Und frischer Urin, nur ein Hauch eines Gestankes.
    Es war das schmatzende Geräusch, das mich aufschrecken ließ, meinen Blaster entsicherte ich ohne ihn an zu schauen, fühlte den Hebel über dem Abzug. Ich spürte das mehrmalige Einrasten, drückte ihn mit der Innenseite des Daumens auf unterste Einstellung. Vollautomatisch und tödlich. Etwas anderes wäre ja nach unseren jüngsten Erfahrungen Podoo gewesen.
    Meine Augen erkannten noch nicht die neue Situation in der Folterkammer, aber meine Nüstern hatten meinen Kopf bereits nach rechts drehen lassen. Als mein Blick über die Tische glitt und schließlich nach vorne starrten, sah ich direkt auf jenen Käfig, in dem die Menschenfrau hockte.
    Jetzt sah ich nur den verstümmelten Körper des Twi'lek und ein blasses, dürres Beinchen mit einem schlanken Fuß. Der verdammte Tote musste sich irgendwie vom Tisch befreit haben und war auf seinen Arm- und Beinstümpfen zu der Frau gerobbt. Den Bewegungen seines Kopfes nach zu urteilen biss er gerade Teile aus dem Oberkörper der Frau. Wie er sich befreit hatte, warum sie nicht davon gelaufen war... das geht mir ständig durch den Kopf. Vielleicht ist sie so lange gefoltert und gefangen gehalten worden, das sie nicht in der Lage war zu fliehen. Vielleicht aber hatte sie das Monstrum vor Schreck erstarren lassen.
    Solomon war weiter vorne und als erster am Käfig. Mit einem leisen brummen wurde das Prallfeld aktiviert und ein orangener Schimmer legte sich um den Käfig. Das Wesen nahm keine Notiz, fraß weiter. Ich war irgendwie betäubt.
    Was das solle, fragte Bia und wollte den Käfig öffnen, vermutlich um sich den Twi'lek zu schnappen. Solomon winkte lässig ab, es wäre bereits zu spät. Das seie die beste Gelegenheit um zu erfahren, ob die Seuche wirklich ansteckend seie. Ich konnte kaum noch das Würgen unterdrücken.
    Aber damals wollte ich glauben, er habe recht. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das Wesen sich wirklich selbst befreit hatte. Gelegenheit. Motiv und Mittel hatte er gehabt. Und sein Kollege war vielleicht nicht einmal beteiligt gewesen. Solomon hatte ihn vielleicht einfach im Korridor angetroffen und mit zu und heraus gebracht. So, wie ich ihn einschätze, muss es so passiert sein. Vielleicht war es wirklich gut zu wissen, dass nicht alle sich in diese Monstren verwandelten. Die Frau wurde einfach aufgefressen, keine unnatürlichen Bewegungen durchzuckten den Körper. Aber was bewies diese primitive, menschenverachtende Methode denn nun? Es war einfach nur grausam und sinnlos. Es reichte bereits, von einem Rakghoul gekratzt zu werden, um sich zu verwandeln. Und die Verwandlungen brauchte Zeit. Zeit genug, um ein Gegenmittel zu spritzen. Es war doch selbst für mich ungebildeten Evocii an zu nehmen, das es sich bei dieser Krankheit ähnlich verhielt. Selbst ein Schnupfen brauchte einige Tage, sich im Körper aus zu breiten, bevor man die Symptome bemerkte. Ich wollte glauben, das der Tod der Frau Sinn machte. Vielleicht hatte ich Angst vor der Alternative. Nämlich Solomon gleich dort mit einem Kopfschuss hin zu richten, bevor er noch mehr Missetaten begehen konnte.
    Bia hatte inzwischen das umfangreiche Sortiment Messer und Beile gefunden und hielt mir einen Ulltraschallschneider vor die Nüstern. Er meinte, wenn diese „Dinger“ nur durch Zerstückeln auf zu halten waren, dann müssten wir unsere „Werkzeuge“ darauf ausrichten. Der Vorschlag hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet.


    Ich wollte nicht länger an diesem Ort bleiben. Dieses Schlachthaus verdiente seinen Namen. Ich konnte den Geruch nicht länger ertragen. Ich konnte seinen Anblick nicht mehr ertragen. Schon gar nicht die schmatzenden Geräusche aus der Zelle. Draußen verkündete Solomon seine superheftigwissenschaftlichen Schlussfolgerungen. Zumindest beruhigte er damit unseren Kollegen. Wir machten uns auf den Weg zum Airspeeder.


    Bkhonse Neyoha teilte ich für die Nachhut ein, Bia und einer von Solomons Streife liefen zwanzig Meter voraus. Die Luft hier war stickig, man konnte schlecht atmen. Nebelschwaden zogen über den verbauten Platz. Wir umrundeten vorsichtig gigantische Sockel der Nächsten Ebenen über unseren Köpfen. Hier unten gab es keine Freiflächen, die hoch zum Himmel offen waren. Der Platz, den wir überquerten war aber an die 25 Meter hoch, zumindest größtenteils. Die Sockel waren Fünf Meter breit wie lang und scheinbar planlos verteilt. Aber der Platz war recht groß, und als wir so die Mitte erreichten, wo eine flache Rampe zu einer Erhebung anstieg, glaubte ich ein Muster zu erkennen. Hier war alles mit verrottender Vegetation überwuchert. Eine Art Parkanlage, mit einem schlammartigen, nach Fäulnis stinkenden Bächlein, das sich wie ein Wurm über das mit Schimmel und Moosen bewachsene Gelände wand. Weiter rechts war in dem fahlen Schein unserer Lampen eine kränklich schimmernde, mehr oder weniger ovale Fläche zu sehen. Vielleicht ein Teich. Der übelriechende Gestank betäubte meine Geruchsnerven. Die Lichter des Airspeeder wurden deutlicher sichtbar, wir hatten knapp einhundert Meter geschafft und vielleicht noch zweihundert vor uns. Hier war deutlich zu sehen, das der Platz sich nach Nordwesten öffnete. Dort war vielleicht dieser Teil des Sektors zu Ende. Dort würden wir vielleicht auf- oder wenigstens absteigen können. Ich glaubte sogar, von dort Geräusche des Luftverkehrs heran wehen zu hören. Bia stockte. Seine Massige Gestalt war als Scherenschnitt vor dem durch die Handlampen beleuchteten Boden zu sehen. Da ahnte ich bereits, das etwas nicht stimmte. Denn er hielt nie an, sondern wurde nur langsamer, wenn er auf der Pirsch war und sich orientierte. Aber wie er so regungslos stehen blieb, da wurde mir plötzlich heiß und kalt.
    Dann wehte ein Geruch an mich heran, und ich blickte wieder wie ferngesteuert zum offenen Teil des Platzes. Von dort wehte nicht nur das weit entfernte Jaulen einer HuttSec-Sirene heran, sondern auch der Geruch brandigen Fleisches. Eine Erinnerung kam in mir hoch. Grauen ergriff Besitz von meinem Herzen und ich habe Schwierigkeiten, diese Kindheitserinnerungen nieder zu schreiben. Denn dann muss ich wieder daran denken. Der Geruch von totem, verfaulenden Fleisch meines Volkes ist mir bekannt. Und er wurde immer stärker. Ich konnte kaum noch atmen, wollte nicht atmen.
    Wir alle hatten in der letzten Stunde schreckliches, unbegreifliches erlebt. Unsere Streife bemerkte mein halten, instinktiv drehten sich die Kollegen in die Richtung, in welche ich stierte. Vor dem schwachen Glimmen der Stadt zeichneten sich wogende Schatten ab. Im Schein der Lampen wurden Humanoide sichtbar. Aber diese Masse stiller, hinkender, schlurfender und torkelnder Kreaturen verstärkte wieder das grauenhafte Gefühl, einem grotesken Marionettenspiel bei zu wohnen. Solomon befahl sofort den Rückzug zum Schachtbaus. Doch nachdem ich mehr oder weniger deutlich die Puppen gesehen hatte, war in meinem Kopf etwas passiert und ich war wieder hier, zurück aus der Kindheit. Wir alle konnten nichts eindeutig erkennen, keiner von uns war von einer nachtaktiven Spezies. Was ich zu erkennen glaubte war, das der Weg zurück uns mehr oder weniger in Richtung der Horde bringen musste. Soweit, so gut. Natürlich ging mir durch den Kopf, das es ja einen Grund gab, warum dem perversen Schlachter seine Flucht mit dem Airspeeder nicht geglückt war. Was, wenn wir den Airspeeder nicht starten konnten? Ich musste also in Sekunden die Entscheidung treffen, ob wir es an der Gruppe Kannibalen vorbei zurück zum Schlachthaus schafften, oder beim Airspeeder unser Glück finden würden. Ich gebe zu, ich hatte das Bild der Unterarm- und Unterschenkelamputierten Monstrosität in meinem Kopf, das genüsslich die wehrlose Frau fraß. Ich befahl sofort, im Laufschritt zum Airspeeder zu rennen. Die Gruppe teilte sich. Solomon verfluchte mich, schrie etwas von Dienstalter. Er meinte, ich, der Sklave wäre wahnsinnig geworden. Meine Kollegen zögerten nicht, meinem Befehl zu folgen. Wir waren wieder allein.
    Wir stockten, als Solomons Streife das Feuer eröffnete. Ich blickte zurück, als ich meine Streife anfeuerte und selbst die Nachhut übernahm. Die Wesen waren schneller als erwartet oder der Abstand war im Dunkeln schlechter einzuschätzen gewesen. Einige der Marionetten waren plötzlich Solomons Streife im Weg, und die Männer schossen Dauerfeuer und Salven, während sie rannten. Solomon rief, sie sollen nicht stehen bleiben.
    Ich sah etwas, das zu meiner Schande eine Erleichterung war: die Horde schwenkte um und bewegte sich mehr oder weniger auf Solomons Leute zu. Wir hatten Zeit gewonnen. Ich flitzte meiner Streife hinterher und wünschte im Stillen Solomon Glück. Nicht ihm zuliebe, aber wegen den anderen beiden Kollegen. Das war das letzte Mal, das wir sie sahen. Nun, es ist alles erst vor ein paar Stunden passiert. Vielleicht sitzen sie ja noch immer fest und werden demnächst gerettet.


    Der Airspeeder war Schrott. Keiner meiner Leute verstand sich auf Cybertech, oder wie das heißt. Irgendwelche Fehlermeldungen sagten eindeutig, das eine Werkstatt aufgesucht werden solle. Es muss in etwa so gewesen sein: Ken'kal Nik hatte irgendetwas vor seinem Schlachthaus bemerkt. Er rief seinen Mann Solomon um Hilfe, entschied sich dann aber, sich durch zu schlagen. Er schaffte es bis zu seinem Airspeeder, verlor aus irgendeinem Grund die Kontrolle und schlitterte bis hier her, wo er die Front eines seit Jahrhunderten verlassenen Ladenlokals tuschierte und liegen blieb. Irgendwie verwandelte er sich in eine der Marionetten und wurde später am Schlachthaus von Solomons Leuten in Fetzen geschossen.


    Natürlich war es kein geschlossener Airspeeder. Huttenschiss, wir hätten in einem Gleiter vielleicht einen Ansturm der Kreaturen überleben können. Blieb nur die Flucht oder das Verschanzen in einem der Gebäude. Vor uns gähnte ein breiter Tunnel und der Schimmer von Lichtern. Besser als der Weg zurück. Bkhonse Neyoha verlor die Nerven, als ich noch wild an den Kontrollen herum fummelte. Er sah, das sich vereinzelte Kreaturen auf uns zu bewegten und gab ein paar Salven ab, bevor ihm Bia die rauchende Waffe aus den Händen riss. Da war es bereits zu spät und es zeichnete sich eine Bewegung in der undeutlichen Masse von Lebewesen ab. Sagte ich Lebewesen? Ich befahl, weiter zu laufen. Wir waren schneller als diese Marionetten, das war nicht das Problem.


    Problematischer wurde es zehn Minuten Später und nach zwei Wohnkomplexen. Denn da wurden wir immer langsamer und die Marionetten schienen auf zu holen. Meine Beine schmerzten, meine Kehle fühlte sich verdorrt an. Der Atem ging rasselnd. Die Stumme Masse folgte uns einfach, und das war irgendwie grauenhafter. Sie waren wie Schatten, die man nicht abschütteln konnte. Wir stießen tatsächlich auf vereinzelte Wesen, die plötzlich aus einer Seitengasse oder einem Nebentunnel tappten. Diese Wesen waren hier verbreitet, und ich verstand einfach nicht, was das alles hier bedeuten sollte.
    Zweifelsfrei waren es alle verschiedene Spezies, ähnlich wie beim Rakghoul-Virus. Da ich ansonsten keinerlei genaue Vorstellungen von diesen Wesen hatte, wollte mir nicht einfallen, wie wir sie aufhalten konnten. Das Denken fiel mir schwer mit diesen Wesen auf den Fersen. Ich überlegte fieberhaft, ob es nicht besser wäre, in eines der Gebäude ein zu dringen und sich dort zu verschanzen.
    Wir mussten irgendwie Kontakt mit Seuchentrupps bekommen, die vielleicht inzwischen auf dem Weg waren, um die vermeintliche Rakghoulseuche ein zu dämmen. Vielleicht gab es ja noch irgendwo einen Lift in die oberen Bereiche des Sektors, der eine eigene Energiequelle hatte. Mit den Marionetten auf den Fersen würden wir keine Fünf Minuten Zeit haben, um etwas zu erreichen, das bedeutete, der erste Versuch musste klappen.
    Bu Hhonvei rief plötzlich aus, er habe Evocii gesehen. Ich dachte sofort, er meinte wieder tote Kreaturen meiner Spezies, aus der die Horde hauptsächlich zu bestehen schien. Aber seine Taschenlampe beleuchtete einen Balkon in einem Gebäude an einer Kreuzung. Da standen mehrere meiner Spezies auf einem breiten Balkon. Ich glaubte, ein hin und her schwingendes Seit in dem trüben Licht spärlicher Beleuchtung zu sehen. Wir näherten uns so schnell wir konnten, die Waffen natürlich im Anschlag. Die Drei Männer riefen uns zu, zu ihnen hoch zu klettern. Ich sah keine andere Möglichkeit, wohl wissend, das es von dort vielleicht keine Fluchtmöglichkeit gab. Aber meine Kollegen waren am Ende, und ich auch. Wir waren jetzt 11 Stunden im Dienst, eine Viertelstunde gerannt wie der Teufel und verängstigt. Das hier war keine Aufgabe für die HuttSec. Das war die Aufgabe für Laserschwertschwingende Jedi oder kriegsgeile Mandalorianer. Gegen einen schwer gepanzerten Mandalorianer hätten die Marionetten vielleicht nichts ausrichten können, obwohl sie ihn vielleicht einfach auseinander gerissen hätten.
    Ich will nicht das Grauen beschreiben, als wir nacheinander hoch kletterten.
    Vielleicht hatten wir wirklich einen Vorsprung von Vier bis Fünf Minuten, aber als die wogende Masse toter bewegter Körper immer näher schlurfte, da machte ich mir in die Hosen. Wir feuerten, was die Blaster und Scattergun her gaben. Ich war der vorletzte, aber nur, weil Bia mich anschrie, ich solle meinen kleinen Evocii-Hintern sofort hoch bekommen. Als Bahzanh wollte ich als letzter hoch klettern, und ich sage das nicht, weil ich besonders tapfer bin. Bia war tapfer, denn ich war einfach so weit dem Grauen erlegen, das ich einfach emotionslos Befehle bellte und den Gegner die Beine weg schoss, so schnell mein Blaster im Einzelfeuer schießen konnte. Die Wesen bewegten sich zwar auch ohne Beine weiter, aber nur langsamer. Bias Befehl brachte mich halb wieder zu Bewusstsein und ich kletterte das Seil hoch, als unser Gamorreaner bereits zwei Hackmesser aus seinem Gürtel zog, die er im Schlachthaus erbeutet hatte und die ersten Gegner im Nahkampf zerstückelte. Ja, er hat es nicht geschafft. Aber er hat es auch nicht mehr versucht. Anstelle auf unsere Schreie zu reagieren, hackte und schlitzte er einfach immer weiter, bis die Masse über ihn wogte und wir ihn nicht mehr sehen konnten. Natürlich hatte er keine Chance mehr gehabt, denn wir waren alle zu langsam gewesen. Er hätte buchstäblich von Feinden umzingelt einen Kletterversuch unternehmen müssen. Unsere Schüsse vom Balkon aus hatten ja nur wenig Erfolg, und von hier oben aus sah die Masse der Gegner nach rund 30-40 Kreaturen aus. Wäre er als erster, als stärkster zuerst hoch geklettert, dann wäre der Letzte oder die letzten Beiden verdammt gewesen. Aber Bia wusste das. Er war ein Krieger, und es gab keine Situation die ich mit ihm erlebt habe oder mir vorstellen könnte, wo er nicht für uns Partei ergriffen hätte oder als letzter vom Platz gegangen wäre.
    Wir schossen was das Zeug hielt und bis unsere Energiezellen alle leer waren. Da bewegten sich vielleicht noch Fünf Leiber. Aber vielleicht hatten unsere Schüsse weitere angelockt, oder sie hatten irgendwie Verstärkung gerufen. Aus allen Richtungen kamen weitere Marionetten, vereinzelt oder in kleinen Gruppen. Schließlich hatte sich eine Herde von vielleicht 20 unter dem Balkon versammelt und wartete Stumm auf ein Häppchen. Es war zum Schreien.


    Einer der Evocii legte mir eine Hand auf die Schulter. Vielleicht hatte ich das auch jetzt erst bemerkt. Er erklärte, sie würden vielleicht wieder fort gehen, wir sollten ihnen nach drinnen folgen. Ich war viel zu erschöpft und verzweifelt, als das ich ihm widersprochen hätte.

    Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Wir alle waren sehr schweigsam. Nicht so wie üblich, sondern alle in uns zurück gezogen und verschlossen. Ich dachte nur an die Kollegen von Streife Drei. Ich klammerte mich daran fest, versuchte alles andere aus zu blenden. Es waren siffige Korridore, schlecht beleuchtet, jeder verdammte Schatten groß genug, ein weiteres dieser verdammten Kreaturen darin zu verstecken. Wir waren über Komlink gewarnt worden, als der Leichnam unserer Kollegin auskühlte und unsere drei Gegner endlich nicht mehr zuckten. Man sprach von Rakghoul Seuche. Wir wussten es besser. Deshalb waren wir weiter auf dem Weg zur Streife Drei. Es ging nicht um eine verdammte Seuche, das ist unmöglich. Ich habe in meinem Beruf bei der HuttSec viele Amokläufer gesehen. Auf Droge, geistig verwirrt oder was sonst noch die Ursachen waren. Wenn man sie mit Betäubungsstrahlen beschoss, wurden sie früher oder später bewusstlos. Klar, Rüstung und Energieschilde konnten den Effekt verzögern oder vermeiden. Aber egal welche Substanzen der Dreckschädel gefressen hatte, er fiel um und war betäubt. Unsere drei Gegner waren immer nur so lange liegen geblieben, wie die verkrampften Muskeln eine Bewegung unmöglich machten. An der Stelle währen andere, die ich gesehen habe, bereits tot gewesen. Schock steife Körper habe ich schon gesehen, wenn ein übereifriger Kollege im Eifer eines Gefechtes vergessen hatte, seine Betäubungssalven zu streuen und ein Gegner versehentlich dutzende von Energieentladungen gleichzeitig kassierte. Huttenscheiß passiert, sagen wir immer. Oder Adhs. Ich kann kaum glauben, das ich noch sarkastisch sein kann nach all dem Grauen.
    Nichts, aber auch gar nichts ereignete sich. Und wir alle bewegten uns quasi in Zeitlupe, und das über mehr als zwei Kilometer. Nicht ein weiteres Lebewesen, von ein paar Insekten und Nagetieren abgesehen. Alle diese düsteren Schatten waren ohne weitere Gefahr. Wir waren spätestens da vollkommen fertig, als wir endlich die Position von Streife Drei erreichten.
    Ich zitterte und Schwitzte. Meine Knie waren weich, als ich das Jaulen eines Blasterschusses hörte und zeitgleich ein gelber Plasmastreifen entgegen kam und so nah an meinem Kopf vorbei flog, das ich die Hitze spüren konnte. Ich duckte mich- natürlich zu spät, wie sollte man auch einem Blasterschuss ausweichen können. Aber zumindest sauste ein weiterer Blasterbolzen weit über und neben mir vorbei. Ich hörte von vorne Rufe. Bia antwortete, das hier die huttenbeschissene HuttSec wäre und er sie zerreißen würde, wenn noch ein Schuss abgegeben würde. Er war einfach immer Derjenige gewesen, der sich am schnellsten bewegten und den kühlsten Kopf bewahrte. Armer Bia. Einen Gamorreaner seines Schlages habe ich nie kennen gelernt. Ignoranten glauben, wegen dem feisten Gesicht, der breiten Nase und den tief in den Augenhöhlen liegenden kleinen Äuglein wäre dieses Kriegervolk dumm und behäbig. Sie kannten keinen Bia. Und ich trauere um ihn, unseren Kollegen mit den unappetitlichen Essgewohnheiten. Ohne ihn währen wir nicht so weit gekommen. Er hatte die Lage erkannt und uns befohlen, die Leichen der Gegner zu zerstückeln. Ich, sein Vorgesetzter, wäre nie auf den Einfall gekommen. Ich hätte weiter meine Energieclips leer geschossen und mir stumm die Frage „warum sterben sie nicht einfach“ gestellt. Ich habe ihn einmal von zu Hause abgeholt. Zu meiner Schande weiß ich bis heute nicht, ob er zwei Ehefrauen hatte oder eine Ehefrau und eine erwachsene Tochter. Zumindest hat er ein kleines Kind, das mir nur bis zur Brust gereichte. Ein Junge mit einem forschen Blick, triefender Schweinsnase und überraschten klugen Fragen, auch wenn ich ihn auf höchstens Acht Standartjahre einschätze. Dachte noch, er ist seinem Vater aber sehr ähnlich. Daran möchte ich mich erinnern, nicht an das, was heute geschehen ist.


    Streife Drei stellte den Beschuss auf uns ein. Wir näherten uns vorsichtig, bis wir in ihre verängstigten und glasigen Augen sehen konnten. Der Mensch entschuldigte sich. Sagte, das er nach dem ersten Schuss hätte aufhören sollen. Ich fragte, warum erst nach dem ersten. Er blickte mich mit einem sonderbaren leeren Ausdruck an und spuckte auf den Boden, bevor er erklärte, das „Sie“ sich nicht ducken. Ich wollte ihm in die Visage schlagen, aber sein Gesichtsausdruck war so bar jeder Gefühlsregung, das ich irgendwie Mitleid bekam mit dem Huttenarsch, der mich eben noch erschießen wollte. Die Lage war recht einfach. Streife Drei war in einen Hinterhalt geraten, hatte Hilfe gerufen und sich hier verschanzt. Wir waren die ersten, die zu ihnen gekommen waren. Da zwischenzeitlich die Meldungen über eine Rakghoulseuche über unsere Komlink lief, vermutete ich, das weitere Hilfe sich zurück gezogen hatte. Vielleicht war ein Trupp Droiden unterwegs, wir hatten lauter Störungen im Komlink. Jeder verdammte Hacker versuchte wohl, die Sendungen der HuttSec mit zu hören. Ich blickte auf die verbrannten und in Fetzen geschossenen Leichenteile. Im Hinterkopf dachte ich kurz an die Rakghoul Habe keine große Ahnung davon. Waren letztes Jahr auf Tatooine gewesen, und mehrmals auf Alderaan, wenn ich mich nicht irre. Alderaan ist irgendwo am Arsch der Galaxis, keine Ahnung wo genau. Tatooine ist ebenfalls weit, weit entfernt am Rande der Galaxis. Was ein Rakghoul ist, hat man uns letztes Jahr mal erklärt. So genau habe ich das nicht mehr im Kopf. Über verdammte Epidemien und Seuchen bekommen wir ständig Memos. Nar Shaddaa ist in etwa so keimfrei wie ein eiterndes Geschwür. In der Regel nichts, über das man sich Sorgen machen muss. Mir fällt wieder ein, wie es auf der Müllhalde war, die ich mein Heim nannte bis ich zwölf wurde. Vielleicht bin ich gegen viele Krankheiten immun.
    Das hier waren keine Rakghoul, dachte ich erneut, als mein Blick fassungslos über die stinkenden Fetzen schweifte. Ich fragte, wer der Bahzanh der Streife sei. Der Mensch nannte den Namen von Nestor Solomon. Mir kam schon wieder die Galle hoch, aber ich hatte ausgiebig am Lift gekotzt, als wir die Gegner zerstückelt hatten und wir Zeit hatten zu bemerken, dass unsere Kollegin wegen dem Blutverlust gestorben war.
    Ihr fehlte ein ansehnliches Stück aus dem Hals, das man Teile der Luftröhre in dem Blutigen etwas sehen konnte. Mir wird übel, wenn ich an den Anblick denke. Vielleicht kann ich diese Bilder nicht mehr aus meinem Kopf verbannen, aber ich schreibe weiter und versuche jedes Detail zu schildern. Vielleicht verschwindet das Grauen dann und nistet sich in meinen Aufzeichnungen ein.


    Solomon ist ein Mensch, was soll ich noch dazu sagen? Wie alle Menschen ist er ein Huttenarsch zwischen zwei Ohren. Arrogant, egozentrisch, selbst überschätzend. Sie haben also die besten Eigenschaften der Hutten und sind daher vermutlich so erfolgreich in der Galaxis verbreitet. Verschanzt hatten sie sich hier in einem Wohnblock, den ich nun mit Bu Hhonvei betrat. Der scharfe Geruch von Killersticks kitzelte meine Nüstern. Ich war am Rande überrascht, das hier unten überhaupt etwas anderes als Wartungsebenen existierten, aber irgendwann, vor tausenden Jahren war das hier mal die oberste Etage von Nar Shaddaa gewesen. Bis zum Grund des Mondes waren es höchstens Dreißig Meter, und entsprechend alt waren die Strukturen. Baustil war mir völlig unbekannt. Ich glaube, die Eingangstüren waren schmaler und kürzer als üblich. Da ich als Evocii eh im unteren Durchschnitt der humanoiden Spezies rangiere, nahm ich das alles eher so beiläufig wahr. Der frische Duft ordentlich funktionierender Luftaustauscher war allerdings selbst in den meisten Bereichen, in denen ich Streife ging ungewohnt. Eine Blutspur zog sich über eine Wand, ich konnte einen Handabdruck darin sehen. Eine Blutverschmierte Hand hatte die Wand entlang gestrichen. Es sah ansonsten so sauber aus, das ich irgendwie dachte, ich würde ein einem Traum wandeln. Wir passierten einen weiteren Posten, ein Mensch, der auf seinem Helm hockte und mit glasigen Augen unser Näherkommen misstrauisch beäugte. Er trug unsere Uniform, war vermutlich ein Jüngling und hatte nur einen Streifen dunkles Haar auf dem Kopf. Sein Blastergewehr hielt er wie ein Baby im Arm. Ich fragte ihn, wie es ihm geht, aber er starrte durch uns hindurch. Da draußen meine beiden Leute Wache hielten, ignorierte ich ihn und ging rechter Hand an ihm vorbei in einen Raum. Solomon begrüßte mich. Er verbreitete mit seinem Killerstick den Geruch, den ich zuvor bemerkt hatte. Er grinste über beide Ohren und Grinsende Menschen sehen ja bekanntlicher Maßen noch hässlicher aus, als wenn sie einfach die Fresse halten. Er fragte mich, was uns in sein bescheidenes „Domizil“ führte. Er hielt sich vermutlich für besonders mutig oder mit dicken Eiern behangen. Da sind ja die meisten Spezies gleich. Wenn du Angst hast, mach einen auf dicke Hose und spiele den Herrn über Zeit und Welt. Ja, ja. Ich nickte ihm zu und erwähnte den gequälten Hilferuf seiner Streife. Ich dachte, die Spitze würde er eh nicht verstehen, aber er stand breitbeinig von dem Drehstuhl auf und rollte mit den Schultern, als er von oben herab erklärte, er habe doch ausdrücklich gesagt, das ich mit meinem Pack nicht kommen solle. Da musste ich ihm eine in die Fresse schlagen. Das wusste er und irgendwie schaffte ich es sogar ihn zu treffen, als er versuchte, zur Seite aus zu weichen. Da er knapp zwei Köpfe größer war, erwischte ich ihn rechts seitlich am Kinn mit einem Aufwärtshaken. Er plumpste in seinen Drehstuhl zurück und machte einen benommenen Eindruck. Aber das täuschte, denn nach zweimaligem Blinzeln war ein Mordsausdruck in seiner Menschenvisage. Neben mir sah ich aus den Augenwinkeln den Lauf eines Blasters. Mein Rattataki zielte auf ihn und er sagte Solomon, wir hätten uns jetzt genug begrüßt, er wolle wissen, was hier überhaupt los ist. Klar, das war das wichtigste, aber wir alle wussten, als Bahzanh meiner Streife war der Schlag wichtiger gewesen. Was für ein verdammter Huttenscheiß! Aber das Leben geht weiter, und wo bleiben wir ohne unsere Ehre? Ich hätte meinen Streifen zurückgeben können, aber das hätte bedeutet, das ich nicht nur Evocii, sondern Ex-Bahzanh und Feigling gewesen wäre. Früher oder später hätte mich der kleinste Beamte so lange gemoppt, bis ich oder jemand anders tot im Dreck gelegen hätte. Das sind die verdammten Spiele, die ich – die wir spielen müssen, wenn wir hier in dieser Welt unseren Platz einfordern. Ich hasste es. Aber das Leben in meinem Dorf hasse ich noch viel mehr. Vielleicht sollte ich doch zurück gehen. Dort gibt es keine Toten, die versuchen, einen auf zu fressen.
    Der Grund für die gereinigte Luft wurde durch Solomons knappe Erklärung und einiger Kombination deutlich. Ich durchsuchte die weiteren Räume. Ein Schlachterhaus. Ich war vor drei Jahren das erste mal in einem Schlachterhaus gewesen. In Erinnerung geblieben ist mir vor allem das süffisante Lächeln des Schlachters. Sein erhabener Blick, sein gnädiges Lächeln. Ein Kerl, der weiß, wir dürfen ihn nicht anrühren, denn er steht über unseren Gesetzen. Ich hasste diese Leute. Aber ich habe im Laufe der Jahre gelernt, das so ziemlich alles über einem Evocii steht, und eine gewisse Gelassenheit entwickelt. Das hier war ähnlich wie damals. Ich fuhr mit den Fingern über die Wand. Mit rotem Samt bespannt, es fühlte sich so weich und warm an. Elegante Beleuchtung in satten, gelblichen Tönen. In der Luft lag der feine Geruch von Pisse und verwesendem Fleisch. Ja, Käfige, aber leer. Nicht ganz. Eine Frau, vermutlich menschlich, hockte in einem offenen Käfig. Sie war mit einer grauen Decke verhüllt. Unter der Decke lugten ihre bloßen Füße hervor, sodass ich mit Abscheu vermutete, die Frau wäre unbekleidet. In ihrem Blick lag eine Unsicherheit, aber keine Angst. Solomon legte mir eine Pranke auf die Schulter und sagte, das ginge mich nichts an. Ich solle mir mal das „Kunstwerk“ ansehen.
    Im nächsten Raum war ein unbestimmter Duft von Schweiß, Fäkalien und Desinfektionsmitteln. An den Wänden waren Rahmen aufgehängt, die mit Leder oder Haut bespannt waren. Sahen eher wie von Hobbygerbern aus, hatte in meinem Dorf professionellere arbeiten gesehen. Mich beschlich allerdings das Gefühl, das diese Haut nicht von erlegten Tieren stammte. Es roch auch nicht nach Tieren, sondern nach Menschen und Twi'lek
    Was die Galaxis immer um die Twi'lek für ein Brimborium veranstaltet, kann ich nicht verstehen. Wenn mein Volk als Sklavenrasse die unterste Preisklasse bildet, sind Twi'lek wohl so ziemlich an der Spitze. Warum? Weshalb überhaupt dieses Vorrecht, ein denkendes Wesen besitzen zu müssen? Das ist wie legale Form der Vergewaltigung. Ein Gefangener, lebenslänglich, mit dem der „Master“ verdammt noch einmal alles anstellen kann. Fast alles. Die Hutten, unsere verehrten Herren und Arbeitgeber hatten eine Jahrtausende lange Tradition der Sklavenhaltung kultiviert. Sklaven mit Sklavenrechten. Zum Schutz des Individuums und zur Erhaltung des Wertes. Eigentlich nur zur Werterhaltung. Wer mehr will als „anständig“ seinen Sklaven zu misshandeln, der zieht sich zurück und „vergnügt“ sich mit seinem „beweglichen Besitz“. Zum Beispiel in ein elegant ausgestattetes Etablissement unter dem geschäftigen Treiben des Rotlicht-Sektor. Mir wird noch übel bei dem Gedanken an die Grauen. Wer war hier die ekelhaftere Bestie? Diese Hardliner, die sich an Verstümmeln und Vergewaltigen ergötzen oder die gehirnlosen Marionetten, die man erst zerfetzen muss, bevor sie von einem Ablassen. Ich denke mit einem Schaudern daran, das beide in meiner Skala verdammt weit oben rangieren. Aber ich bin HuttSec. Ich weiß, es gibt immer eine Steigerung, auch wenn ich sie noch nicht kenne. Schlimmer geht immer, und mir bricht der kalte Schweiß aus wenn ich mir vorstelle, das all das, was ich Heute erlebt habe, noch nicht das schlimmste ist, was existiert.


    Es war abscheulich. Aber ich schluckte die saure Galle herunter und machte ein Pazaak-Gesicht. Festgeschnallt auf einer Liege rüttelte und wackelte eine Kreatur. Ich dachte zunächst, es wäre einfach nur ein misshandelter Twi'lek Arme und Beine waren an Ellenbogen und Knien amputiert. Ebenso die Lekkus. Mir wurde im Spezieslehrgang bei gebracht, das Lekkus Teil des Gehirns sind. So ganz bekomme ich das nicht mehr zusammen. Das wichtigste wusste ich noch: Nicht an den Tentakeln ziehen oder sie quetschen, nicht mit geladenen Schockstöcken schlagen. Aus Erfahrung wusste ich, das sie doch einiges vertrugen. Es hatte etwa den gleichen Effekt, als wenn ich so einen Menschen bei den Eiern packe, wenn ich grob einen Lekku greife und zudrücke. Sehr nützlich, um noch halbwegs geistig klare Twi'lek ein zu schüchtern. War auch schon mal einer Amok gelaufen, hatte mir den Kiefer gebrochen. Aber wir von der HuttSec schüchtern immer zuerst ein, bevor wir wirklich zuschlagen. Wir sind immerhin Ordnungsbeamte, keine verdammten Schlägertrupps irgendwelcher Banden. Klar, manchmal erkenne ich Freund und Feind nur an unseren Uniformen. Der neben mir süffisant grinsende Solomon trug allerdings die gleiche Uniform wie ich- und das machte ihn noch lange nicht zu einem Kollegen. Ich blickte zurück zu dem misshandelten Mann. Erkannte, das die Amputationen nicht das einzige waren. Ich sah zahlreiche Wunden. Halbmondförmig. Er war von mehr oder weniger stumpfen Zahnreihen gebissen worden. Er geiferte und blickte mit irren Augen zu uns, als wolle er den Hals recken und nach uns schnappen.
    Solomon meinte mit einem lockeren Tonfall, das dieser Sklave wohl von mehreren der Ghoulen gebissen worden war. Er habe sich verwandelt, erklärte er mit hochgezogenen Brauen. Ich erkannte in seiner hässlichen Menschenvisage mit der großen langen Nase und der hohen Stirn, das er wohl nicht so kalt war, wie seine Stimmlage das vermitteln sollte. Ich kämpfte gegen die Übelkeit und fragte, was da auf dem zweiten Tisch unter der Plane zuckte. Solomon blickte mich sauer an. Was hatte ich denn falsches gesagt, frage ich mich, aber es wäre dumm gewesen, so eine Frage diesem Huttensohn zu stellen. Ich ging daher einfach hinüber und zog mit einem Ruck die Plane ein Stück herunter.
    Zweifelsohne war er ein Mensch. Die primitiven, affenartigen Gesichtszüge, die Stirn hoch, die große Nase, alles ganz hübsch hässlich. Aber sein halbes Gesicht war weggefressen, das linke Ohr auch. Und er trug zweifelsohne eine Rüstung der HuttSec. Ich vermute sogar, das ich ihn keine zehn Stunden früher in unserer Zentrale gesehen hatte. Vielleicht sogar öfter. Die Menschen sehen alle gleich für mich aus, wenigstens hat diese Spezies ein breites Spektrum von Hautfärbungen von blassrosa über Gelblich und Oliv zu dunkelbraun. Das erleichtert mir, neben ihrer Gesichtsbehaarung natürlich, die Unterscheidungen. Ein Kollege also. Aber er hatte die gleichen gierigen Augen wie der misshandelte Twi'lek. Die Sache wurde immer schlimmer. Die Sache wurde ansteckend. So langsam verstand ich, warum man dachte, diese Kreaturen währen Rakghoul Ich wandte mich Solomon zu, der sich einen neuen Killerstick angezündet hatte und dem blauhäutigen Twi'lek ins Gesicht spuckte, seinen geöffneten Rachen traf. Ich hätte beinahe gekotzt über diese abscheuliche Handlung. Was konnte denn der Sklave dafür, das irgendein reiches Wesen Spaß daran hatte, seine Sklaven zu verstümmeln? Ich fragte, ob das da absichtlich geschehen wäre. Solomon zuckte einfach die Schultern, weil es ihm wohl egal war. Es war für ihn kein Lebewesen, nur ein Sklave, ein Infizierter dazu. Das wäre passiert, bevor sie eingetroffen waren, sagte er schließlich. Ich fragte ihn, wo der Boss dieser... Einrichtung seie. Solomon drehte den Kopf und nickte zur Eingangstür. Er läge bei den anderen. Er meinte wohl die Leichenteile vor dem Eingang. Ich blickte an ihm herab und sah die rotbraunen Flecken getrockneten Blutes an seiner Uniform und vor allem den Stiefeln. Der Boden hier war gefliest, aber Blut und Fleischstücke verschmierten den Boden. Es würde keine Hilfe kommen, sagte Solomon jetzt. Ich nickte.
    Er zuckte mit den Schultern und sah mich verächtlich an. Wir hätten wieder verschwinden sollen, als die Meldung über Rakghoul durchgegeben worden war, erklärte er abfällig. Als wenn wir Kollegen im Stich lassen würden. Wer kommt den der HuttSec zur Hilfe, wenn nicht die HuttSec? Ich sagte nichts, er verdiente keine Antwort. Einen Dank erwartete ich nicht, schon gar nicht von dem Huttensohn Solomon. Ich ließ ihn stehen und ging wieder raus, mein Mann folgte mir tonlos. Es hatte unserem Rattataki die Sprache verschlagen. Mir war nicht nach Reden zumute.


    Bkhonse Neyoha war aufgeregt. Er zeigte mir einen Gleiter, der keine dreihundert Meter weiter auf dem Boden lag. Ich meinte einen Rauchfaden zu sehen. Einer der Kollegen von Drei erklärte, das wäre der Airspeeder von Ken'kal Nik. Ich fragte nach, wer das seie. Der Mann antwortete nicht, sag mich nur abfällig an. Bia klopfte ihm auf die Schulter und ließ seine olivfarbene Pranke dann schwer auf der Schulter ruhen. Sein Bahzanh habe etwas gefragt, erklärte er mit seinem akzentfreiem Basic. Der Typ zuckte unter jeder Silbe zusammen und antwortete mir sofort, das Nik dieses Schlachthaus gehöre. Er habe Solomon angerufen wegen einer Gang, die ihn bedrohe. Ich nickte. Privater Schutzauftrag, Extrakredite für die Jungs von Solomon. Konnte ja keiner ahnen, das hier kannibalische Marionetten herumgeistern. Hätte ich so einen Gönner und einen Anruf von ihm bekommen, ich wäre wie Solomon mit meinen Kollegen hier auch in den Hinterhalt gekommen. Aber so war es eben nicht. Solomon hatte den Privatauftrag angenommen und dann um Hilfe gefunkt, als die Huttenscheiße bereits in Flammen stand. Er war dafür verantwortlich, das wir ihm zur Hilfe kamen. Er trägt die Schuld an dem Tod meiner Kollegin. So dachte ich und wurde immer wütender. Ja selbst jetzt, wo alle anderen Kameraden Tod sind, gebe ich dem Huttensohn zumindest eine Teilschuld. Aber alleine ihn verantwortlich zu machen, das ist mir jetzt nicht mehr möglich. Meine Leute hätten vielleicht überlebt, wenn ich sie nicht weiter gedrängt hätte. Wir hätten mit dem Lift wieder hoch fahren können. Als die Nachricht über Rakghoul durch die Komlink kam, hätten wir den weg wieder zurück gehen können. Aber nein, ich wollte den Tod von Mipa Bayana nicht sinnlos machen, indem ich den Schwanz ein kniff und die Flucht ergriff. Drei Typen auf Kamikaze-Droge allein sind kein Grund, die offensichtlich in Gefahr schwebende Streife Drei ihrem Schicksal zu überlassen. Das dachte ich damals. Vielleicht hätte ich meine Streife umkehren lassen, hätte ich gewusst, das Solomon die Streife Drei anführt.


    Ich kann mir nichts vor machen. Meine Kollegen haben recht. Ich trage nicht nur die Last des einzigen Überlebenden, ich selbst habe das Blut meiner Leute an den Fingern.


    Aber, wie hätte ich das alles nur vorhersehen können?

    Aufzeichnungen von Tellem Bog, Datum unklar;
    Übersetzung aus dem Evocii



    Ich wurde heute in einen der Subsektoren der Fleischstadt eingesetzt. Es ist nicht einmal ärgerlich, das selbst die Obdachlosen mich verachten. Ihre Achtung zu verdienen ist kein erstrebenswertes Ziel. Selbst in meiner Einheit heiße ich „aus dem Schleim gekrochen“. Aber die Huttensöhne, die mit mir Streife gehen wissen, das ich etwas wert bin. Und das alleine zählte für mich. Darauf war ich stolz.
    Jetzt bin ich nur derjenige, der überlebt hat. Ich habe Schuld, meinen meine Kameraden. Aber was anderes soll ich von Leuten erwarten, die nicht lesen oder schreiben können, oder Basic verstehen? Die meisten sind Ex-Sträflinge, Ex-Sklaven und Ex-Soldaten. Leute, die als Söldner nichts taugen und als Verbrecher zu blöd sind. Aber wir haben einen wichtigen Job, und das hatte mich mit Stolz erfüllt.
    Ich blicke zurück auf mein Leben, wenn man es so nennen kann. Aus dem Sumpf gekrochen, ja diese Huttensöhne können das sagen. Sie selbst wurden ja aus ihren weiblichen Elternteilen heraus geschleudert in diese Welt.
    Aber was hinter unseren Helmen für Gedanken kreisen, das interessiert niemanden. Das Herzen in unserer Brust schlagen, die sich nach Anerkennung, Lebensrecht und Freiheit sehnen, sieht niemand. Nur die Uniform. Das Argusauge der Hutten. Wir sind überall, wir sind der Grund und das Mittel gegen Verbrechen und manchmal auch beides. Wer von uns keine Bestechung akzeptiert, wird nicht lange überleben. Und dennoch wird keiner dieser edlen Spezies aus der halben Galaxis, die an uns vorbei flanieren ohne uns wahr zu nehmen darauf kommen, das wir das einzige sind, was hier auf dem Schmugglermond dafür sorgt, das die gesammelte Huttenscheiße von zehntausenden Jahren nicht gärt und explodiert.


    Die Schicht begann wie jede andere. Mehr oder weniger pünktlich nahmen wir von den Vap Aufstellung und erhielten unseren Kontrollsektor. Einsatzbesprechung wäre zu viel gesagt. Der Vap beschrieb die Vorkommnisse der letzten elf Stunden. Die Bandenaktivitäten wurden kurz angerissen, besondere Fahndungen kurz erklärt. Nichts, was irgendwie auf die Huttenscheiße hingedeutet hätte, in die wir gerieten.
    Blastercheck, Betäubungsschlagstock, Ausgabe der Gasgranaten... ja, die Gasgranaten waren knapp, man gab uns daher je eine Granate ohne Splittermantel. Ich habe aber gesehen, wie der Mensch Bkhonse Neyoha zwei Thermaldetonatoren einsteckte. Sein Ding, dachte ich mir. Hätte ich auch solche gehabt.


    Es war eine langweilige Schicht. Wir hatten den Nordquadrant im Rotlicht-Sektor. Wenig Geld, nur kleine Läden, da fiel kaum was für uns ab. Wir verscheuchten eine Gruppe Monkeys, die wussten angeblich nicht, das die Bluter-Gang hier das Sagen hat. Um die Mittagszeit luden wir uns in die Salva Lounge ein. Der Besitzer beschwerte sich über das Essverhalten von Bia, aber nachdem er ein paar in den Magen geboxt bekam, ging er schnell zu Boden. Unsere gute Seele Mipa Bayana strich dem in Embryonalhaltung am Boden liegenden Menschling mit ihrem Schlagstock über die Arschritze und erklärte, beim nächsten Mal wäre der Schocker geladen. Wir lachten uns kaputt über den Wicht. Er erzählte uns was von den Blutern, aber ich wies ihn höflich darauf hin, dass wir Grüße ausrichten sollten, er sei im Verzug. Das war nur eine Finte von mir, aber ich kenne diese Typen. Sein Gesichtsausdruck sagte mir, das ich richtig lag. Er verzog sich und wir setzten unsere Streife fort.
    Haben zwei Kinder aufgelesen und ordentlich verprügelt. Sie sollten sich daran erinnern, wie ihre Ärsche brannten, nicht, wie sie mit Blaulicht als Helden zurück in den Kinderhort geschafft wurden. Soweit war alles normal. Glaube zwei oder drei Schlägereien in knapp Acht Stunden. Bia hatte bei der letzten Schlägerei ordentlich mitgemischt. Er liebt es, die Bußgelder mit seinen Fäusten aus zu stellen. Er sagt, das ist Tradition bei ihm zu Hause. Wer versteht schon einen Gamorreaner? Wenn er das sagt, sage ich Rat und halte die Fresse.
    Ja, als ich dann auf meinen Komlink blickte, dachte ich noch so, das wir noch zwei Stunden durchhalten müssen, bis die Schicht um ist. Daran kann ich mich genauer erinnern als an den Rest. Den Rest.
    Es war ein Notruf von Streife Drei, die waren eigentlich in einem anderen Quadranten unterwegs. Hatten heute die Gesundheitskontrollen durch zu führen, wenn ich mich recht erinnere. Pussycontrol, sagt Bkhonse Neyoha dazu, aber der ist echt ein Arsch mit Ohren.
    Als ich meldete, das wir auf dem Weg sind, sagte der Koumolasa von Streife Drei, nur nicht die Truppe von Uueca solle kommen! Wir sollten – wegen mir- bleiben wo wir sind, sie brauchen hier echte Banbonzahag, nicht die Schleimküsser. Bu Hhonvei und Bia waren natürlich sofort vor gelaufen. Wir würden erst einmal unsere Kollegen verdreschen und ihnen dann helfen. Wenn sie es überlebten. Na, so wie immer halt. Auf mich ließen sie nichts kommen. Das ich ein Evocii war, darüber machten sie andauernd Witze. Aber sobald ein Passant oder Kollege was wegen meiner Herkunft sagte, waren sie schneller am Totschläger und Knüppel als ich HuttSec sagen kann.
    Ich vermisse sie.
    Es dauerte eine Weile, und wir starrten zu zweit auf die Ebenenpläne, Mipa Bayana und ich. Wir mussten öfter die Straßenzüge wechseln, dass Bu Hhonvei witzelte, wir hätten uns mal so Raketenrucksäcke besorgen sollen. Bia wollte einen Frachtgleiter requirieren, aber der hatte einen Aufkleber von
    Firma Taerab drauf, und das bedeutete meist Imperiale. Mit denen wollten wir uns nicht anlegen, waren schon so 11 Minuten unterwegs und sollten mit dem nächsten Turbolift runter zu unseren Kollegen kommen. Falls dieser funktionierte. Immerhin hatten wir bereits 5 Minuten Umweg hinter uns. Aber diesmal lief alles glatt. Es lief sogar so komische Musik im Lift, das unsere Menschenfrau schon drauf und dran war, die Lautsprecher mit ihrer Scattergun aus zu blasen. Ich riet ihr erfolgreich davon ab, der Lärm hätte uns alle Taub gemacht. Besser als das Gesäusel, meinte sie.
    War glaube ich das letzte, was sie in ihrem Leben gesagt hatte. Ihr richtiger Name war natürlich nicht „Zuckerpopo“, sondern Jen oder Jenna Doran. Hatte zwei Kinder und eine alte Mutter, die sie mit ihrem Gehalt bei der HuttSec versorgte. Vermutlich sind die beiden jetzt schon im Kinderhort im Corellianischen Sektor, ich will es gar nicht wissen. Ich will die ganze Sache vergessen. Aber es ist unfair. Unfair gegenüber meinen Kameraden. Der Familie, die mich als Lebewesen akzeptierte, obwohl ich nur ein Evocii bin.


    Der Typ war ein Rattataki oder kahlköpfiger Mensch. Seine teigige, Graue Haut konnte ich nicht einordnen. Erinnerte mich an die Leiche von Vorgestern, die mindestens Drei Tage gelegen hatte und inzwischen schon wieder weich war. Die Lifttüren öffneten sich und der Kerl kam herein gestolpert und warf sich auf Mipa Bayana, umklammerte sie und biss ihr in den Hals. Bia ist schnell. Bei seiner Größe und Körperfülle mögen ihn manche unterschätzen. Er spricht Drei Sprachen fließend und abgesehen von seinem Essverhalten ist er ein reinliches, nettes Wesen mit blöden Witzen und unheimlichem Aggressionspotential. Bu Hhonvei hatte mal gewitzelt, dass Bia vermutlich von einem Psychiater geraten wurde, entweder an einem Anti-Stress-Training teil zu nehmen oder zur HuttSec zu gehen. Bia hatte nur gegrunzt und erklärt, dass er unter ADHS leide, und die Wahl lag eher zwischen Psychopharmaka und der HuttSec. Ich weiß zwar nicht, was die Abkürzung bedeutet, aber zu jeder passenden oder unpassenden Zeit, immer wenn es um eine Rechtfertigung oder Begründung geht, sagte Bu Hhonvei „Adhs“, und Bia grunzt jedes mal, egal wie ernst die Lage ist.
    Bia hatte seine Pranken auf den Angreifer gelegt, als ich an dem Blaster in meinem Holster fummelte. Wie eine Strohpuppe riss er ihn von Mipa Bayana, schleuderte ihn raus auf den Korridor vor dem Lift. Dort waren noch zwei weitere Gestalten zu erkennen. Das Licht war sehr diffus. Dort unten arbeitet nur Wartungspersonal, es war so etwas wie Notbeleuchtung eingeschaltet. Die Luft roch nach einer Mischung aus Moder und Scheiße. Modernde Scheiße. Sieht so das Innere eines Huttenschwanzes aus? Wir kamen selten so nahe an die Bodenebene, das Leben spielt sich hunderte Meter über uns ab. Ich verstehe heute noch nicht, wie bei dem Arsch eines Hutten Streife Drei so tief in die Eingeweide von Nar Shaddaa vorgedrungen ist. Während ich hinter Bia auf den Korridor stürmte, kümmerte sich Bu Hhonvei um die Verletzte. Ich schrie den Typen was zu, vermutlich, dass sie die Hände und Extremitäten heben sollten. Humanoide, drei Stück. Nummer eins versuchte sich gerade vom Boden zu erheben, als Bia ihn mit seinen übergroßen Kampfstiefel an der Stirn erwischte. Ich glaube sogar, ich hörte ein Knacken. Bia zog daraufhin seinen Schlagstock, um den Kerl zu betäuben. Auch wenn er Spaß an Gewalt hat, er hatte in den zwei Jahren, die ich mit ihm auf Streife lief, noch nicht einen getötet.
    Die beiden anderen Gestalten kamen näher. Bhkonse Neyoha trat an meine Seite und schoss mit seinem kurz läufigen Blastergewehr auf die weibliche Person zu unserer rechten. Blaue Lichtblitze umhüllten sie, aber sie fiel nicht betäubt zu Boden. Nach dem zweiten oder dritten Schuss fiel sie hart auf ihre Knie, das ich wirklich ein Knacken hörte, aber mein Kollege feuerte insgesamt Fünf mal auf den am Boden zuckenden Körper. Ich war wie betäubt, wollte sagen, das es das nicht gibt. Ich hielt meine Fresse. Keine Ahnung, was mir alles im Kopf herum ging. In der Zwischenzeit hatte sich der Dritte genähert, eindeutig ein Mensch, aber mit blinden Augen. Ich hatte inzwischen zweimal auf diesen gefeuert, aber die Betäubungsschüsse zeigte auch bei diesem keine Wirkung. Während also die Frau zu Boden ging, schaltete ich auf Partikelstrahlung und schoss dem Typen in den Oberschenkel. Der Blasterschuss erwischte ihn, das musste höllisch schmerzen. Der ekelhafte Gestank wurde um verkohltes Fleisch und brennende Härchen bereichert und stechend in der Nase. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Bia immer und immer wieder mit funkenden Entladungen auf den ersten Angreifer einschlug und wie Bkhonse Neyoha an meiner Seite mit seinem Blaster jetzt Betäubungsstrahlen auf meinen Gegner schoss. Der Typ vor mir ging einfach weiter auf uns zu. Alles lief wie in Zeitlupe ab. Ich hatte seinen Oberschenkel getroffen, er machte einen weiteren Schritt. Blaue Energieentladungen umhüllten ihn, er machte den nächsten Schritt. Ich schoss ihm in die Kniescheibe, und sein Gelenk explodierte unter der harten Energiestrahlung des Blasterbolzen. Er fiel zu Boden. Dann begann er auf uns zu zu robben. Ich sah links neben ihm die Frau, die sich gerade auf die Füße erhob. Ich schoss ihr in die Schulter. Sie stand auf und bewegte sich auf uns zu. Von rechts kam Bia an gewalzt, und er trat dem dritten Angreifer in die Niere, das er über den Boden zur Seite rollte.
    Bkhonse Neyoha feuerte jetzt vollautomatisch Betäubungsstrahlen auf die Frau, die wieder zusammen sackte. Der dritte Mann hatte sich wieder auf den Bauch gerollt und kroch auf uns zu. Bia stand neben ihm und versetzte ihm mit dem Schlagstock einen in den Nacken. Ein bläulicher Funken blitze auf, als die Schockladung ausgelöst wurde. Es war uns verboten, auf solche Stellen zu schlagen, denn sie konnten bei den meisten Spezies bleibende Gehirnschäden oder Lähmungen verursachen. Allerdings reichte die Wucht des Schlages bereits aus, den Schädel von der Wirbelsäule zu trennen. Es war ein ekeliges, dumpfes Geräusch, das wegen dem ganzen Schießen kaum heraus zu hören war. Jemand griff mich am linken Oberarm, ich starrte in die Schlägervisage unseres Menschen. Bkhonse Neyoha starrte mich mit irren Augen an. Ich fragte, was los sei. Er sagte mit Panik in der Stimme, das sein Energieclip leer sei. Ich fauchte zurück, er solle nachladen. Da nickte er nur und fummelte mit zittrigen Händen an seinem Blastergewehr. Ich blicke mich um und sah, wie sich die Frau fast erhoben hatte, als Bia sie an einem Arm zog, einmal um die eigene Achse wirbelte und sie mit dem Kopf voran gegen einen Plastbetonpfeiler schleuderte. Ich blicke nach rechts und sah, wie sich unser erster Gegner mit grotesk verrenktem und eingedelltem Kopf erhoben hatte und mit ausgestreckten Armen auf uns zu humpelte. Ich verpasste ihm drei Schüsse in den Brustkorb. Ich hatte wohl die Wirbelsäule getroffen, denn sein Oberkörper schrumpfe irgendwie zusammen, und jetzt wackelte mit jedem Schritt der obere Teil seines Brustkorps unnatürlich hin und her. Es ist so unwirklich, das ich diesen Anblick wohl nie mehr vergessen kann. Als Kind in meinem Dorf hatten wir einen Puppenspieler. Mit Holzstöcken und Stoffresten hatte er Puppen gebastelt und deren Glieder mit Fäden verbunden. An diesen Fäden zog der Puppenspieler, das ich als Kind glaubte, er würde die Puppen zum Leben erwecken. Aber diese Leute hier hatten keine Fäden. Und sie bestanden aus Fleisch und Knochen.


    Das war der Beginn einer Horror Show.


    Und ich war mitten drin.

    Neverendig Night Of Nar Shaddaa:


    HuttSec Tellem Bog, verdammt zu überleben


    Kurzgeschichte im Star Wars (The Old Republic) Universum


    Tom Whiskey


    16.05.2015-16.10.2015


    https://www.youtube.com/watch?v=dz1iNl7Bng4


    HuttSec Squad Redlight 5-R-12 Personalliste


    Ende


    ?



    Unsere gemeinsamen Abenteuer im Star Wars The Old Republic Universum (Vanjervalis Chain-RP-Server) geht weiter.
    Unsere Gedanken sind frei und können sich über alles rationale hinaus in die Höhen Schwingen und Träumen. Von düsteren, oder schönen Orten.


    Manchmal von beiden.


    Tom Whiskey/kyberpunk/Mechanic 08.Nov. 2014 /


    18.05.2015


    PDF-Datei auf Anfrage erhältlich

    Thukyd



    Ich blicke mich um, schnell und heimlich. Ich sehe und höre niemand. Ich drücke die Hände vor meine Augen. Sie brannten, jetzt spüre ich, sie sind feucht. Ich schluchze auf. Reiß Dich zusammen, Du Illitos! Ich versuche zu atmen, aber meine Brust ist eingeschnürt, vielleicht ist die Schutzweste zu eng oder so was. Nein, ich bin fertig. Total fertig.
    Der Tod unserer Götter hat uns verstört, gebrochen. Die meisten zumindest. Einige sind nur noch vollkommen lethargisch, oder katatonisch oder wie war das Wort? Ich muss an was anderes Denken. Ich kann ihnen nicht allen Befehle erteilen, ich bin kein Philakares. Oh nein, nicht ich! Nicht nach meinen Sünden in der Disco, dann mit dem Sexroboter. Ich hatte meine Pflicht und Ehre vergessen, das ist der Punkt. Versoffen. Wie mein Vater, ein nutzloses Stück atmenden und scheißenden Lebens. Dabei hat Democritus mich selbst ausgewählt. Wir alle wurden von ihm persönlich ausgewählt. Dann wurde ich Santaiias Krieger. Und jetzt bin ich hier einer der wenigen, der noch einen klaren Gedanken fassen kann. Aber ich kann einfach nicht mehr!


    Alle sind trellos, ich muss mich zusammen reißen! Mir kommen Bilder in den Kopf... Ich habe gesehen, wie sich ein Bruder den Emitter seines Lichtschwertes auf die Brust setzte und er dann den Auslöser betätigte. Ein Zischen war alles, und sein grauenhaftes Seufzen. Ich werde den Ton nicht vergessen, der aus seiner Kehle kam, als die Energieklinge sein Herz verbrannte. Ich habe es nicht verstanden. Jetzt verstehe ich es.
    Ich war bewusstlos, als meine Santaiia starb. Ich wurde von dem Gefühl wach, mein Körper würde zerreißen. Aber ich war vollkommen in Ordnung, nur ein wenig wackelig auf den Beinen. Ich hab wieder das Gesicht dieses Schlägers vor Augen, aus der Bar. Ich glaube, ich habe ihn im Raumhafen gesehen, als ich Wache stand, kurz bevor ich das Bewusstsein verlor. Als ich mit diesem Verlustgefühl erwachte, torkelte ich in den Hangar der Aurora. Meine Waffe hatte ich zwar gezogen, aber sie hatte keinen Energieclip, und auch als ich sie nachgeladen hatte, wurde die Waffe nicht betriebsbereit. Die Halle war mit mehreren wild herum wuselnden Droiden gefüllt, die einen Brand löschten. Im hinteren Teil des Hangars schwelte irgendein kleines Schiff, überall lagen Trümmer. Ich erblickte mehrere meiner Brüder am Boden vor einem keilförmigen Raumschiff, konnte kein Leben in ihnen spüren, kontrollierte nicht genauer, sondern griff mir eines der Blastergewehre. Dann lief ich zu der Schleuse, zu der Startgrube. Ein riesiger Zylinder, ich glaube Starttube genannt, in dem alle Schiffe aus den Hangars hinaus in den Himmel starten. Ein breiter Sims verläuft im Inneren einmal herum, vier weitere Hangartore auf meiner Ebene. Nach oben hin kann ich noch ein weiteres Stockwerk sehen, dann ein Stück des wolkenverhangenem Himmels. Ich stehe fast auf dem Sims, da sehe ich unseren Philakares rechts von mir. Er steht vor einer Leiter, zwischen jedem Hangar befindet sich eine Leister, die anscheinend für Notfälle alle Stockwerke mit dem Boden der Grube und dem Dach verbindet. Ich habe alles wieder vor Augen. Er stand einfach nur da. Ich rief nach ihm. Er beachtete mich nicht. Ich ging an die Ecke des Hangartores, das Schutzfeld und die schweren Schutztore waren ja geöffnet. Dann machte ich einen Schritt auf den Sims, und hielt inne, als er sein Lichtschwert aus dem Futteral am Steiß zog. Ich spürte selbst einen Stich, als er Selbstmord beging. Er war keine sechs Meter entfernt, ich sah, wie seine Augen stumpf wurden, bevor der Körper zusammensackte, er halb auf den Sims fiel und dann abglitt und in die Tiefe stürzte. Sein Seufzen, ich schüttle mich bei dem Gedanken an den Ton. Seinen Aufschlag habe ich nicht gehört, ich kann mich nicht erinnern.
    Ich erfuhr kurz darauf, dass meine geliebte Herrin oben auf dem Dach getötet wurde. Ich war geschockt, aber nicht so geschockt wie meine Brüder. Und jetzt das!


    Ich keuche erneut, reibe mir die Augen und atme tief durch. Ich kann kaum einen Gedanken fassen. Zu viel schwirrt mir durch den Kopf. Im Osten steht Desev niedrig am Himmel, der untere Rand wird von der Mauer unserer Burg verdeckt. Hier hinter dem Fahrzeughangar hab ich noch ein wenig Ruhe, keiner sieht meine Schwäche, meine Verzweiflung.
    Rot wabernd erinnert mich der rote Riesenstern an das Zimmer mit dem Sexroboter. Ich verdränge diesen Gedanken. Mein Gesicht sticht, es sind die feuchten Wangen, die in der Kälte brennen. Typischer Roter-Sonnen-Tag. Die Welt dreht sich weiter, sie hat sich schon vor meiner Geburt gedreht. Und auch nach dem Tod unserer Götter geht die Sonne unerbittlich auf. Es ist fast so, als würde sie nicht den gleichen Schmerz spüren, weil einige ihrer Götter gestorben sind. Oh, meine Götter, warum habt ihr uns verlassen?


    Meine Santaiia, die Mildtätige. Ich habe ihr gedient, sie hat mich als ihren Krieger angenommen. Ich hätte sie vielleicht... ach was! Ich bin ein Nichts, ich hätte nichts ändern können!
    Yannila, die Erhabene, fürsorglich wie eine Mutter, und doch so fern, weit über meinem Horizont. Wir haben ihre Mörderin gesucht, Amanirenas. Yannila hatte sie in einem Naturschutzgebiet aufgespürt, sie wurde von ihr getötet. Aber wir konnten sie nicht finden. Wir haben wirklich alles versucht, unsere Philakares haben uns in Doppelschichten durch das Gelände gejagt. Aber wir hatten ja schon zuvor nach ihr gesucht, sie ist wohl in der Lage, sich mit ihrer großen Macht vor uns zu verbergen. Yannila hat viel von ihr gehalten, sie wollte nicht, das wir sie verletzten, wenn wir sie auf spüren.
    Doch als Yannila tot war, lautete unser Auftrag, sie gefangen zu setzten, koste es, was es wolle.
    Wir erhielten schließlich den Befehl, die Suche ab zu brechen, doch noch auf dem Rückweg gab es eine Planänderung. Zu einer geheimen Einrichtung namens Dagger flogen wir in unseren Truppentransportern. Dort sollte sich Amanirenas aufhalten.
    Mir wird übel, wenn ich an all das denke. Ich atme stoßweise, ich muss ruhig und tief atmen. Ruhig und tief... die Bilder kommen mir wieder hoch.
    Ich weiß nicht, woran Pherr'a gestorben ist, aber nach unserem Eintreffen lag sie in den Wehen. Nein, es kann nicht sein, dass sie bei der Geburt gestorben ist. Da war etwas anderes, dass ihr das Leben genommen hat. Es war wie ein dunkler Sog, ein eisiges Frösteln überkommt mich. Ich ziehe meine Uniformjacke bis oben hin zu.
    Die Blutsonne verhöhnt mich, taucht alles in roten Schein, aber es ist nicht warm, diese Sonne gibt keine Hitze ab. Ich starre wie hypnotisiert in ihr Glimmen. Und ich erinnere mich, wie sich das Machtgefüge veränderte, als Pherr'a die Einsame in dem Airspeeder starb. Etwas hat sie verschlungen. Sie ist nicht so gegangen wie unser Meister oder Niharra.
    Niharra die Unerbittliche. Sie hat einige Brüder in Übungskämpfen verstümmelt. Weil sie nicht achtsam waren, sagte sie. Sie ist eine Göttin, vor der ich Angst und Respekt empfand, aber keine Ehrfurcht. Das Wort passte nicht zu ihr. Sie ist zwei Jahre jünger als ich, wenn ich so überlege. Aber es lagen Welten zwischen uns. Ihre Machtaura war unbeschreiblich. Als würde ich mich ohne Überlebensanzug in einer Wüste befinden, die Sonne brennt mir dass Fleisch von den Knochen, aber es ist dunkle Nacht, und am Himmel steht eine dunkle Sonne, die eine infernalische Hitze verbreitet.


    Democritus starb zuletzt, und es traf mich am stärksten. Uns alle mehr oder weniger. Er ist der stärkste und mächtigste, die Göttinen, die er als Schülerinnen bezeichnet, verblassten in seiner Gegenwart. Ich bin sicher, es war dieser Faust, nach dem wir im Dagger-Komplex suchen sollten. Dieser Unbekannte, der auch Santaiia auf dem Gewissen hat. Gestern noch haben wir uns geritzt und Blut vergossen in einem alten tionesischen Blutschwur. Wir, die Krieger von Santaiia. Und heute ist selbst unser Meister aus der Macht verschwunden. Meine Kameraden sind geschockter als ich. Es hat uns wie Schläge erwischt. Nur eine Handvoll sind in der Lage, diesen katatonischen Haufen wieder auf zu bauen. Ich blicke in den Himmel. Meine, die Reaper-Raumstation im Orbit zu sehen, aber das ist vermutlich eine Täuschung. Bald werden die letzten beiden Göttinnen eintreffen, da bin ich mir sicher.


    Ich blinzle, ich sehe rote Scheiben auf den Augen. Ich reibe meine eiskalten Augenlider, spüre die frostigen Wagen. Vor meinen geschlossenen Augen tanzt Desev, ich habe zu lange in sein Licht gestarrt. Es fällt mir wider ein. Die Schülerinnen müssen informiert werden! Müssen sie das? Sie müssen doch gespürt haben, wie ihre Gottschwestern und ihr Göttergatte eins mit der Macht wurden. Ich schüttele den Kopf. Nein, sie wissen Bescheid. Sie kommen, und dann werden wir ihnen helfen Rache zu üben an Faust und Amanirenas und an allen, die ihnen geholfen haben.
    Was habe ich gestern gehört? Diese imperiale Einheit, die das Dagger-Gelände abgeriegelt hatte, ich verstehe immer noch nicht, zu wem die gehörten. Zu diesem Faust? Amanirenas? Die Rede war vom obersten Kommandierenden der planetaren Streitkräfte, Vandra'aat. Er hat sich eingemischt. Weiß er denn nicht, das er sich zu enthalten hat, wenn Götter Krieg führen? Arroganter Huttensohn!
    Und unsere neue Göttin? Kagekaze, ein Mädchen und doch eine Göttin. Wohin ist sie verschwunden?
    Ich bemerke, dass ich unbewusst die Hand an meine Schenkeltasche gelegt habe. Darin habe ich zwei Ampullen und einen Injektor. Ich ziehe mein Holocom vom Gürtel, schaue auf meine Einsatzzeit. Nein, ich habe noch mindestens vier Stunden bis zur nächsten Injektion.
    Ambrosia, das unser Inneres der Macht öffnet. Unsere wahre Seele mit der Macht in Einklang bringt. Unser Meister hat gesagt, wir würden es später einmal nicht mehr benötigen, aber ich weiß, dass auch unser Gott und alle seine Göttinnen das Mittel regelmäßig anwenden. Ich wurde von der Macht auserkoren, von den Göttern gewählt, ihr Werkzeug zu sein. Unser Meister entwickelte das Mittel persönlich, und ich vertrage es gut. Nie mehr werde ich Alkohol anrühren! Eine Unruhe in mir wird stärker. Ich denke, das liegt nicht an meinen Gefühlen. Das ist etwas anderes, das mich berührt.


    Ich stecke mein Holocom an den Gürtel und aktiviere die Sprechfunktion an den Tasten des Ohrsteckers.
    „Thukyd hier. Philakares Domiklos, etwas hat sich im Machtgefüge geändert?“ „Thukyd, wir haben Schwierigkeiten mit den Kindern. Einige laufen Amok, es wird immer schlimmer. Sie haben zwei Meddroiden zerlegt, und wir erwischen sie nicht mit den Betäubungssalven. Sammele Dein Team zusammen und komm mit Einsatzausrüstung in den Forschungsflügel. Sieh, ob Du andere erwischst und bringe sie mit, ich bin beschäftigt.“
    Philakares Domiklos, ein guter Anführer. Er ist über den Tod seiner Herrin Yannila hinweg gekommen, zumindest hat ihn die Trauer nicht so überwältigt wie den Großteil von Yannilas Kriegern. Warum wir überhaupt noch existieren, ohne unseren Democritus, hat mich einer meiner Brüder gefragt. Das Flehen in seinen Augen war so erbärmlich. Vermutlich blicke ich gerade genau so verzweifelt. Wie schlecht ich mich dabei gefühlt habe. Aber als mein Philakares sich entleibt hat, da ist etwas in mir zerbrochen. Ich wäre einfach in den Schacht gesprungen, wenn ich bei Bewusstsein gewesen wäre, als meine Santaiia starb. Ich schüttle mich, die Kälte schüttle ich ab, bewege mich Richtung Burg. Komm auf andere Gedanken Illitos!
    Du hast klare Anweisungen, sei ein Krieger. Ich wurde von der Macht auserkoren, von den Göttern gewählt, ihr Werkzeug zu sein. Deine Göttin Santaiia hätte nicht weniger von Dir erwartet. Ich werde ihr Andenken ehren und ihren Tod rächen, aber jetzt brauchen mich meine Brüder und die Kinder des Democritus.


    Da! Wieder! Ein kalter Schauer überkommt mich, als ich die Tür zum Hauptgebäude öffnen will. Wo sind die Wachen, fällt mir ein. Ich schalte auf allgemeine Frequenz um, ich war nur auf der Frequenz von Yannilas Kriegern, zu der ich seit dem Tod von Santaiia gehöre. Die Stimmen überschlagen sich, dazwischen ein Kreischen, fast wie von einer Frau. Ich rufe selbst unnötigerweise laut in mein Mikrofon, das in den Ohrstecker eingebaut ist. Aber ich werde wohl nicht gehört, wo bleibt die Disziplin, laufen jetzt alle Amok oder was ist los? Trellos, Agori!
    Ich ziehe meinen Blaster... ich blinzle. Wie lange habe ich den Blaster angestarrt? Nein, ich erinnere mich. Ich stecke die Waffe weg, und ziehe mein Laserschwert aus dem Futteral an meinem Steiß. Meine Hände fühlen sich plötzlich klebrig an in den Handschuhen. Ich aktiviere den Türöffner, und das Gefühl der Bedrohung nimmt schlagartig zu. Ich entsichere die Waffe mit dem Daumen und aktiviere die Klinge durch einen Druck auf den Sensor. Sattrot fährt die Energieklinge in die Höhe. Ein beruhigender Anblick. Ich wende meinen Blick von dem stetigen Energiestrom zum Türöffner.
    Ich atme langsam ein und schnell aus.
    Dann betrete ich die Burg.


    https://www.youtube.com/watch?v=9-jGrL7U09Y

    Das Netz



    Sith Sucher Nath'A'Soon schmauchte genüsslich an seiner Pfeife. Das Kraut hatte ähnliche Eigenschaften wie Spice in Killersticks, eine leicht berauschende, anregende Wirkung, auf die ein Sith nicht zurückgreifen musste. Es war in der Lage, mit der Macht gleiche und ähnliche Gefühle und Änderungen seines Metabolismus hervor zu rufen. Aber während er süchtig und abhängig von der Macht war, so war er gegen diese milde Droge unempfindlich. Er mochte den Geschmack und das Kitzeln. Der gleiche Grund, warum in seinem Kamin Holzscheite verbrannten und einen unnachahmlichen Duft erzeugten. Er hatte seinen Stuhl auf halbliegende Stellung programmiert, ließ sich von den Feldern den Rücken massieren und blickte zum Panoramafenster hinaus auf die rot wabernde Sonne, welche die Stadt vor seinem Fenster in einen blutigen Schein mit langen Schatten erhellte. Schatten, die mit den Silhouetten der hohen Gebäude zu kantigen, zackigen Bergen verschmelzen ließen. Glitzern zeigte die Eisflächen, den Bodenfrost. Der gerade erst hinter dem Horizont aufgestiegene rote Riese waberte schwach und kraftlos, das man in seine atomaren Feuer blicken konnte, ohne das Augenlicht ein zu büßen.
    Der Luftzug, die Verwirbelung des aufsteigenden Qualms aus seiner Pfeife war der erste Hinweis auf eine Änderung. Er grummelte etwas ungehalten. Doch die Abwesenheit einer vertrauten Entität machte ihn misstrauisch. Das Auftauchen war unvermeidbar gewesen, auch wenn er mit dem Kommen später gerechnet hatte. Die offensichtliche Abwesenheit eines Macht-sensitiven jedoch bedeutete, dass die Spielregeln sich geändert hatten. Das mochte mehrere Ursachen haben, die aber alle nicht der Erwartung entsprachen und auf eine Bedrohung hin deuteten. Der alte Sith legte behutsam die Pfeife auf eine kleinen Beistelltisch und klopfte die Asche auf einen kleinen Teller, wo sofort die Kräuter aufglommen und ein kleiner Schwall Qualm auf stieg.


    Abgehärmt, abgerissen und zerschlagen wirkte die junge Sucherin, als sie sich auf Zehenspitzen dem Sessel näherte. Schon aus Drei Metern konnte sie erkennen, dass der Sessel leer war. Völlig kontrolliert ging sie ein wenig in die Knie und nahm die Grundstellung des Soresu ein. Dann erwachte ein Lichtschwert zischend in ihren Händen und tauchte das Zimmer in neonfarbenes Rot, das die Rottöne von jenseits des Fensters verdrängte. Ihr Blick war nach innen gerichtet. Die Drogen in ihrem Körper ließen Sie die Macht erblicken. Sie sah außerhalb ihrer fünf Sinne die Umgebung als ein Geflecht von Energieansammlungen. Energien, die ins Unendliche reichten, Felder, die sich überlappten, miteinander interagierten. Die Wände des großen Raumes waren ebenso als feste Strukturen zu deuten wie auch die Einrichtung, die Möbel, die Energiezelle im Massagesessel, die wirbelnden Energien des aufsteigenden Qualmwölkchens. Jetzt konnte sie auch die Verzerrungen erkennen, welche die Umrisse eines Humanoiden darstellten, der sich beinahe träumerisch durch den Raum bewegte. Amanirenas fletschte die Zähne und reckte entschlossen das Kinn, als sie die Haltung änderte und das Lichtschwert am gerade ausgestreckten Arm mit der Spitze auf den alten Sith richtete. „Die Zeit für Spiele ist vorbei, Nath'A'Soon. Es ist Zeit für die Abrechnung.“ erklärte sie heiser aber eindringlich.
    Der Sith ließ seine Machttarnung fallen. Zischend erwachten zwei Lichtschwerter, das in seiner Rechten hatte einen Griff, lang genug für beidhändige Benutzung. Er verneigte sich und ließ die beiden Lichtklingen kurz zusammentreffen, sodass ein Blitzendes, rotglühendes X aufleuchtete.
    „Die Spiele sind vorbei, das kann ich bezeugen. Ich spüre Euren Zorn....“
    „Ihr spürt nur das, was ich Euch erlaube, zu spüren. Schon bald werdet Ihr Euer Ende spüren...“ sie hielt kurz inne, als eine Vorahnung ihre Sinne trübten. Wie Nath'A'Soons Körper dort schräg die Wand hinauf lief, er sich mit überkreuzten Schwertern um die eigene Achse wirbelnd auf sie stürzte und sie den beiden wirbelnden Schwertern ausweichend zum Sofa hechtete, während sie den Sessel dem Sith entgegen schleuderte.
    Dann stand sie plötzlich auf dem Sofa, der Sith erhob sich keuchend und streckte die linke Hand aus. Sein Lichtschwert flog zurück in die Hand. Er kickte den vor ihm liegenden Massagesessel Richtung Fenster, wo er nicht mehr im Weg war. Dann verband er die beiden Enden seiner Lichtschwerter zu einem Doppellichtschwert. Amanirenas stand auf dem weichen Untergrund des Sofas, stieg auf den Boden hinab und nahm erneut eine Haltung des Makashi ein. Grimmig betrachtete sie die wild wabernden Machtansammlungen, die den Sith verkörperten. Sie sah grüne Überraschung, rot lodernde Aggression, gelb leuchtende Fäden, die sich aus breiteten. „Faszinierend.“ erklärte er. „Vielleicht ändert es etwas an Eurer Mordbereitschaft, wenn ich Eich versichere, dass ich mit Eurer Verstrickung nichts zu schaffen hatte?“
    Sie lächelte dünnlippig, ihre Augen funkelten wie goldene Scheiben. „Mitwisser, Komplize, Feind des Imperators!“
    Er schüttelte den Kopf und bewegte sich leicht nach rechts, Richtung Fenster. „Ich diene unserem Meister der Meister wie jeder Sith!“ erklärter er ungehalten. „Was Democritus erforscht, wird uns allen zu gute kommen! Wir brauchen Leute mit Visionen, um uns auf unserem Streben in die nächste Stufe zu erheben!“
    „Zu gute kommen?“ schrie Amanirenas lauter und aufgebrachter, als sie es wollte. Sie spürte, dass sie sich weniger unter Kontrolle hatte , als sie dies dachte.


    Wut ist ohnmächtig, Zorn ist Vernunft geleitet, dachte sie bei sich, aber dann fuhr sie fort, und regte sich weiter auf „Schau mich doch an!“ rief sie verärgert. Konnte er es denn nicht sehen? Die schwarzen Geschwüre, die sich überall in ihrer Aura fest setzten, die sich wie Krebsgeschwüre von ihren Energiefeldern labten. „Das Elixier verbrennt mich, ich verdorre, Stück für Stück, bis das Fleisch faulig von meinen Knochen fällt!“
    Er blickte sie verwirrt an. „Die Droge scheint Deinem Geist nicht zu bekommen...“ versuchte er beschwichtigend. „Welch ein Gewäsch! Das Elixier öffnet ein Tor zwischen meiner Existenz und der dunklen Macht. Wir alle sind Teile der Macht, doch meine Existenz löst sich auf, ich verliere mein Selbst. Mein Körper verändert sich bereits in etwas neues.“
    Der alte Sucher schüttelte ungläubig den Kopf. „Democritus hat mich über sein Projekt auf dem Laufenden gehalten. Immer, wenn ich wegen eines Auftrages in der Nähe war, haben wir uns getroffen. Er selbst nimmt das Mittel seit Jahren, mir ist nichts an ihm aufgefallen. Was Ihr da sagt, klingt eher nach einer Wahnvorstellung.“
    „Ich verstehe.“ sagte sie, aber die Spitze des Lichtschwertes senkte sich nicht einen Millimeter. „Du bist blind.“ erklärte sie beinahe enttäuscht.
    Er legte den Kopf schief. „Versteht mich nicht falsch. Die Alchemisten forschen seit Jahrtausenden an den Auswirkungen der Macht auch Lebewesen. Viele Versuche führten zu stärkeren, besseren Exemplaren, die sich weiter fort pflanzten. Viele führten zu Kreaturen, die sich jeglichem Verständnis entziehen, groteske Mischwesen, mutierte Monstren. Natürlich weiß ich, dass der Lord bisher keine lebensfähige Nachkommenschaft produzieren konnte....“
    „Ihr irrt Euch, Nath'A'Soon. Seine Nachkommenschaft existiert, vegetiert in den Katakomben unter Burg Langenberg. Aber diese Kreaturen sind keine Brüder und Schwestern für unsere Sith, sondern Kreaturen der Macht, die sich von Wahnsinn und Verzweiflung ernähren und diese verbreiten.“
    Der Sith verengte die Augen. Wieder Wahnvorstellungen der jungen Frau?
    „Davon ist mir nichts bekannt,“ erklärte er kurz ausweichend. Er stand jetzt mit dem Rücken zum Fenster. Sie war schnell. Machtreflexe, die auf ein hohes Maß präkognitiver Fähigkeiten gehörten. Konnte es sein, dass das Elixier diese Junge Frau in eine neue Bewusstseinsebene erhoben hatte? Bisher waren ihre Fähigkeiten nichts ungewöhnliches. Allerdings ungewöhnlich für eine untrainierte und untalentierte Sith wie Amanirenas.
    Sie erinnerte ihn an die Trainingsübungen, die er mit den Schülerinnen des Lord absolviert hatte. Junge Mädchen, kaum alt genug und kaum talentiert genug, den abschließenden Zerstörungstest auf Korriban zu überstehen. Anfänger, noch halbe Kinder, gerade keine Akolythen mehr, die ihm bereits das Wasser reichen konnten, auch wenn ihnen die entscheidende Erfahrung fehlte. Nein, diese Amanirenas verfügte lediglich über ein gesteigertes Machtpotential. Aber er würde sie dennoch leicht töten können, nur eben nicht so problemlos, wie er das angenommen hatte.
    „Amanirenas,“ begann er langsam und wohl tönend zu sprechen, „Das Elixier besteht aus einer Vielzahl Ingredienzien, welche alle Deine Fähigkeiten fördern. Wenn Du das Mittel ab setzt, wirst Du wieder vollkommen normal werden. Der mutagene Effekt wirkt sich bei Erwachsenen nur sehr langsam aus, und Du hast doch erst einige Tage … bei Democritus … gelebt.“
    Sie spürte sein Unwohlsein. Mit dem Lord gelebt und geschlafen, wollte sie ihn korrigieren.
    „Du hast ihm hunderte von Kindern besorgt, damit er seine ekelhaften Experimente durchführen konnte. An unseren Brüdern und Schwestern!“
    Der Sith nickte. „Ja, aberhunderte. Ich war häufig, doch nicht andauernd auf diesem Planeten eingesetzt. Daher habe ich ihm geholfen, mehrere Männer und Frauen aus der Medical Investment Unit für seine Sache zu rekrutieren...“ „Eure Sache! Ihr seit kein Mitläufer!“ Er schüttelte den Kopf. „Ich bin Mitschuldig, aber nur, dass ich damals seinen brillanten Ideen vertraut habe. Ich war ohne Ziel, und seine Glaube in das Projekt war ansteckend.“ Sie betrachtete ihn wie einen Wurm, den sie zu zerquetschen gedachte. „Ihr habt einem jungen Kerl sein Märchen von der Machtdroge abgekauft? So verzweifelt könnt Ihr doch nicht gewesen sein...“
    „Das versteht ihr nicht, junges Ding!“ zischte er abfällig. Sie bereitete sich auf einen Angriff vor, aber plötzlich wurden seine Gesichtszüge weich, sie traute ihm aber nicht! „Meine Herrin war nicht tot, nein. Das hätte ich gespürt. Aber plötzlich waren wir Aussätzige, tolle Hunde, Sith-Schüler ohne Meister! Keiner glaubte an unsere Loyalität. Ich war erfahren genug, dies zu verstehen und zu akzeptieren. Was konnte ich also im Imperium noch für eine Funktion erfüllen? Ich wurde ein Sucher!“ erklärte er und spie das letzte Wort beinahe aus.
    Da standen sie, die Frau, die sich zu mehr berufen fühlte, der Mann, der nicht mehr seiner Bestimmung folgen durfte.
    „Mir kommen gleich die Tränen.“ erklärte Amanirenas. Er nickte. Verantwortung, das war es. Ihren schnellen, jungen Geist hatte er schon früher zur Kenntnis genommen. „Ja, das alles macht mich nicht weniger verantwortlich.“
    Amanirenas nickte. „Jetzt haben wir uns verstanden. Wollt Ihr Eurem Leben selbst ein Ende setzen, oder erweist Ihr mir die Ehre?“
    Er war verblüfft über ihre Kaltschnäutzigkeit. Und ihre Naivität.
    „Ich diente Lord Ekkage als Attentäter, war ein Anführer in ihrer Roten Legion. Amanirenas, Ihr könnt Euch noch ein paar Dosen von dem Elixier setzten, ich werde Euch dennoch in kleine Teile schneiden.“
    „Ich lasse es darauf ankommen,“ sagte sie, doch er hörte eine Unsicherheit in ihrer Stimme. Gut, zumindest hatte das Elixier ihr nicht ganz den Verstand vernebelt. Er neigte demütig de Kopf. Amanirenas erkannte eine Finte, dafür war sie ausgebildet worden. Er war kein so guter Lügner, wie er dachte.
    „Gut, dann auf Leben und tot. Aber ich habe noch zwei Fragen, wenn Ihr gestattet.“
    Sie lächelte spitzbübisch. „Verehrter Attentäter, Ihr wollt doch nur auf Zeit spielen. Verschwendet doch die letzten paar Sekunden Eures Lebens nicht mit Beleidigungen meiner Intelligenz.“ Sie nahm verschiedene Geschehnisse wahr. Wir sie beide Beine unter dem Körper verlor, bevor der Nath'A'Soon ihr auch den Kopf vom Körper trennte. Wie der Sith durch ihren Machtstoß aus dem Fenster katapultiert wurde, sich acht Meter tiefer auf einen Balkon rettete, wie sie ihm die Spitze des Lichtschwertes in die linke Augenhöhle stach. Als er kurz darauf sprach, war sie wieder zurück in der Gegenwart, und nichts dieser möglichen Zukünfte hatte sich ereignet. Noch nicht.
    „Lord Democritus und Sith Faust haben einen Kaggath, wie ich heute Morgen erfuhr. Hat dieser Faust Democritus getötet?“
    Sie lächelte. „Einer seiner fanatischen Gardisten hat ihn umgebracht, als Faust ihn gefangen genommen hatte.“
    Nath'A'Soon runzelte verwirrt die Stirn. Warum gerade einer seiner eigenen Gardisten? Zumindest war Democritus tot, und Faust Sieger. Das Projekt ging also an Faust, wer immer diese neue Sith war. Viel wichtiger war eher, wer hinter Faust, einem Sith ohne Titel stand. Democritus hatte offensichtlich Fehler begangen oder war zu früh an die falschen Leute heran getreten. Nath'A'Soon hatte schon immer damit gerechnet, denn Democritus war ehrgeizig und in den letzten Jahren immer selbstverliebter, egozentrischer geworden. Der Sucher nickte Amanirenas zu.
    „Was werdet Ihr mit den Kindern und Nachkommen des Lord anfangen, Amanirenas?“
    Sie stockte. Blickte überrascht und kurz darauf etwas hilflos. Er hatte sie überrumpelt. Er ließ den Augenblick verstreichen. Sie reckte trotzig das Kinn. Die pulsierenden, leuchtenden Energiefäden vor ihrem inneren Auge zeigten eine Veränderung in dem älteren Sith, der nahe der Fensterfront stand. Überrascht sagte sie: „Ich spüre Eure … Scham.“
    Er nickte. „Die letzte Alternative kam Euch nicht in den Sinn, weil es nicht der Weg der Sith ist. Ich will Buße tun. Lasst mich den Kindern helfen, retten, wer gerettet werden kann. Zu viele sind in den Experimenten gestorben, aber jene, die noch leben, können vielleicht mit meiner Hilfe weiter leben, Teil unseres Sith Reiches sein.“
    „Dieser Sith Faust... ich denke, er wird sie alle vernichten, da er sie für Kreaturen hält, die kein Recht auf Leben besitzen.“
    Der Attentäter nickte freudlos lächelnd. „Der Weg der Sith: Die starken überleben, die Schwachen werden vernichtet. Aber mit der richtigen Anleitung können Sie die Tests auf Korriban bestehen. Das ist zumindest eine letzte Chance für jene, die doch nichts dafür können, was man ihnen angetan hat.“
    „Ihr erwartet Mitleid von mir?“ sie blickte ihn überrascht an.
    „Mitleid mit einem Herrenlosen Attentäter ohne Lebensziel, Mitleid mit den Unschuldigen aber noch nicht Verlorenen. Überlegt doch selbst, wie Widersprüchlich Eure Aussagen sind. Zum einen bezeichnet ihr die Kinder als Brüder und Schwestern, zum anderen ist ihr bevorstehender Tod Euch gleichgültig? Sind wir nicht ein Volk, zusammen geschmiedet aus dem Hass der Jedi gegen alle, die nicht ihrer Glaubensdoktine folgen? Warum fliehen wir denn seit Tausend Jahren gemeinsam? Als Vertriebene wäre es ein leichtes, wenn jeder seiner Wege zieht, und in der großen galaktischen Republik unter taucht. Was sind ein paar Millionen Machtanwender auf hunderttausend besiedelten Welten verteilt? Jeder für sich. Aber alle ohne gemeinsame Ziele, gejagt, gehetzt.“
    „Wir sind wild und stark. Aber gemeinsam sind wir stärker.“
    „Wir sind wie ein Rudel. Jeder einzelne stark und gefährlich, aber nur gemeinsam haben wir in dieser Galaxis eine Überlebenschance. Eine gemeinsame Kultur, Lebensart und die Freiheit, die Macht nach unseren Wünschen zu erforschen und zu Diensten zu machen. Auch diese verlorenen Kinder haben ein Recht auf dieses Privileg.“
    Amanirenas spürte die Wahrheit in seinen Worten, fühlte, das er es ehrlich meinte.
    „Und Buße an Euch, Amanirenas,“ sagte der Sith leise. Sie horchte auf, blickte ihn wider argwöhnisch an. „Natürlich habe ich Democritus von Euren Nachforschungen über die verschwundenen Kinder erzählt. Ich habe ihm gesagt, er solle Euch nicht beachten. Er hat sich nicht an meinen Rat gehalten.“ „Aber durch Euch hat er von mir erfahren. Er hat mich verführt, wollte mich zu seiner Schülerin machen, damit ich wie Ihr machtsensitive Kinder für ihn herbeischaffe. Ihr wisst ja nicht, was ich durchgemacht habe!“
    „Ja.“ er senkte den Kopf. „Ich weiß nicht, welch Schmerz und Leid er Euch angetan hat.“ er blickte ihr herausfordernd entgegen.
    „Ich bin bereit, Euch als Schülerin auf zu nehmen, als Buße für meinen Verrat.“
    „Ihr?“ sie blickte verärgert, überrascht.
    Er nickte. „Ich werde Euch im geheimen lehren, was Darth Ekkage mich gelehrt hat. Ich kann Eure Macht nicht vergrößern, das kann niemand, vor allem nicht dieses Elixier. Aber Ausbildung und Training. Ich gehörte zu einer Elite, die immer im Schatten verborgen war. Nicht viele wissen von unserer Existenz, wir waren überall und nirgends, wir haben Generäle, Industrielle und Jedi getötet, und nicht einmal der allwissende Imperiale Geheimdienst wusste von unserer Existenz. All meine Fähigkeiten werde ich an Euch weiter geben, Amanirenas. Ihr werdet keine mächtiger Sith sein, aber erfahren und trainiert. Ihr werdet mit Gedanken töten und Mensch und Maschine wird Euch nicht aufspüren. Das kann ich Euch anbieten, und ich tue dies aus freien Stücken.“
    „Weil ihr mich jederzeit töten könnt?“
    „Weil ich zu meinen Fehlern stehe. Ich diene dem Imperium, und ich habe ihm Schaden zu gefügt. Das ist die einzige Möglichkeit, wie ich weiter leben kann und dem Imperium weiter dienen kann. Jeder andere Weg führt zu meiner Auslöschung, egal ab Durch Eure Hand, meine, oder die eines anderen. Und dann werde ich uns nicht mehr dienen können.“


    Amanirenas wurde immer rastloser. Zu viele zukünftige Realitäten strömten auf sie ein. Da sie nie das Gebiet der Präkognition erlernt hatte, befand sich ihr Wille völlig unausgebildet im Griff der Vorhersehung. Es war ein Unterschied, ob eine drohende, unmittelbare Gefahr in letzter Sekunde abgewendet wurde oder verschiedene Handlungen über länger Zeit in die Zukunft erforscht wurden. Ein gigantisches Geflecht breitete sich aus, mit jeder Sekunde stiegen die Alternativen ins unermessliche. Jede Handlung hatte Konsequenzen, jede Reaktion darauf ermöglichte weitere Reaktionen und so fort. Sie war kaum in der Lage gelesen, mehr als einige Sekunden zuverlässig in die Zukunft zu schauen, jetzt musste sie sich von diesen Visionen abschütteln, die nur dafür sorgten, dass sie handlungsunfähig wurde. So wie ein Blinder, den man immer schneller um die eigene Achsel wirbelte. Blieb er stehen, wirbelte er unendlich lange herum und würde sich nie wieder bewegen können. Sie musste damit aufhören. Die Macht stand ihr auf Wegen zur Verfügung, die sie nie zuvor erforscht hatte. Es gab unendlich viele Möglichkeiten, die Macht zu verwenden, aber sie hatte nur eine sehr begrenzte Menge erlernt.
    Es galt, jetzt eine Entscheidung zu treffen. Beruhend auf ihrem Wissen, ihrer Intuition und ihren Fähigkeiten. Konnte sie Nath'A'Soon trauen, egal ob er selbst an seine Worte glaubte oder nicht? Würde ihr Hass auf ihn Befriedigung finden, wenn sie ihn nieder streckte? Waren ihr die armen, kleinen Kinderchen egal, die seit Jahren mit dieser Teufelsdroge versorgt wurden? Konnte man sie wirklich noch retten, oder sollte man zumindest den Versuch wagen? Mit Nath'A'Soon an ihrer Seite würde sie eine größere Chance haben, die Kinder zu retten. Hatte er ihr diese Schuldgefühle eingepflanzt? Warum spielten diese Wesen jetzt plötzlich eine Rolle für sie, nachdem sie sich in den letzten Tagen von allem Leben entfernt hatte und nur noch Schmerz und Wut kannte. Und dann spürte sie etwas neues, das sie vorher nicht bemerkt hatte. Eiseskälte breitete sich aus ihrer Magengrube im ganzen Körper aus. Ihre schmale Brust schien sich zusammen zu ziehen und ihr Herz wummerte wie ein kleiner Falter, der in einem Glas gefangen war. Sie griff sich an ihren Bauch, das Lichtschwert in ihrer Hand wankte. Sie blickte an ihre Körper herab, sah aber nicht mit den Augen, sie spürte das Energiegeflecht, das ihren Körper bildete.
    Nath'A'Soon blickte unsicher. „Was habt Ihr, Amanirenas? Lässt das Elixier nach? Benötigt Ihr eine neue Dosis?“
    Sie schüttelte verbissen den Kopf. Blickte dann wider auf, suchte den Blick des Suchers.
    Entschlossenheit lag in den golden leuchtenden Augen.



    https://www.youtube.com/watch?v=ZSYdG6Z2Nv0

    Lord Democritus III



    Die die Fenster waren auf Lichtundurchlässig geschaltet, vor dem Bungalow leuchtete die mit Raureif bedeckte, kultivierte Rasenlandschaft in blutigem Rot. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen. Lange, eiskalte Schatten brachten eine scharte Schwarz-/Rot- Kontrastierung in die Ferienanlage. Nicht alleine die Anspannung der Gruppe erfüllte den Raum. Die gesamte Einsatzgruppe saß auf den weichen Legergarnituren nahe der verdunkelten Fensterfront. Alle bis auf den Sith. Es waren auch die düsteren Gedanken von Faust, welche die Gruppe unruhig und rastlose werden ließ. Die Luft schien eiskalt, obwohl die Klimaanlage die Raumtemperatur auf konstante 18 Grad hielt.
    Blutklinge grübelte über die vergangenen Stunden wie anscheinend jeder, aber an ihm nagte die Last der Verantwortung. Er hatte taktische Fehler begangen, die seine Gruppe in fast ausweglose Situationen gebracht hatte. Dann noch der Verrat von Maladie. Er war der Kommandant dieses Aufklärungsteams. Es war allein seine Entscheidung gewesen, den Dagger Komplex auf zu suchen. Auch die nachfolgenden Entscheidungen waren seine gewesen. Nicht zuletzt, den Soldaten fest zu setzen, der sich dann selbst in die Luft gesprengt hatte und dabei Lord Democritus tötete. Es war ein Wunder, das alle Anderen so glimpflich davon gekommen waren. Es war etwas, das er nicht für sich verbuchen konnte, doch war es für ihn entscheidend, voran zu gehen, denn er lebte nicht in der Vergangenheit, sondern im Hier und Jetzt.
    Er wurde aus den Gedanken gerissen, als Faust endlich etwas sagte. Sein Zorn hatte fast spürbare Ausmaße angenommen, ein Umstand, den Blutklinge und Andron bereits in anderen Situationen bei anderen Sith bemerkt hatten. Für die beiden Tutaelskas war es eine neue und unangenehme Erfahrung. Es war beinahe eine Erleichterung, als der alte Mann zähneknirschend sprach.
    „Democritus!“ zischte er. „Democritus. Warum muss mich so eine Sache einholen? Ich hätte mit dunkleren Schatten gerechnet, an denen ich mehr Verantwortung trage als dieser vermaledeite Fehlschlag >>Elixier der Weisheit!<<“ Er blickte sich mit gelblich glühenden Augen um. Orea, oberflächlich gelassen. Ihr Assistent Vers gehetzt und nervös. Andron, ausdruckslos mit seinem durch die Augenimplantate entstelltem Gesicht. Seinen linken Arm trug er in der Schlinge, über der breiten Sonnenbrille war ein Koltoschaumverband auf der hohen Stirn gesprüht. Calderon war besorgt über den aggressiven Tonfall des Sith. Mordecai besorgt, ein dünner Schweißfilm auf seiner modisch geschorenen Halbglatze. Sein Sohn eher gespannt und neugierig. Er war zu jung, um den Zornausbruch als Gefahr ein zu stufen. Blutklinge, schuldbewusst, nicht verängstigt aber deprimiert.


    Die „Flucht“ war gut verlaufen. Mordecai Tutaelska und sein Sohn, der nur Junior genant wurde, hatten einen Gleiter besorgt und das Team vor dem Dagger-Komplex ab geholt. Orea hatte ihr Kommen angekündigt, und die Reservisten des 21. Bataillon hatten das Fahrzeug durch gelassen. Über Umwege und nach zwei Fahrzeugwechseln waren sie in ihrer neuen Basis eingetroffen, dem Vergnügungskomplex, der nur wenige Kilometer entfernt von „Xims Bunker“ lag. Xims Bunker, oder jetzt Xims Archiv war eine Lager- und Forschungseinrichtung des imperialen Bergungsdienstes und Denkmal für einen Herrscher, der Jahrtausende vor den Sith diesen Teil der Galaxis beherrscht hatte. Der Vergnügungskomplex war eine in sich geschlossene Welt, in der Urlauber keinen Grund fanden, die sumpfige Landschaft und den verwaisten unterirdischen Komplex zu besuchen. Hier sollte die restliche Truppe als Urlauber getarnt zusammen treffen, den Einsatz planen und entweder eine Entführung des Lord oder einen Angriff auf seinen Wohnsitz einleiten.
    Alle Szenarien, von einem Besuch Büro des Lord im Stadthaus von Trapisti, einem Überfall während der Lord sich auf Reisen befand, bis zu einem Angriff der Burg Langenberg waren erörtert worden. All das war jetzt hinfällig.
    Das zufällige Zusammentreffen mit Lord Democritus im Dagger-Komplex, sein überraschendes Ableben durch den Selbstmordattentäter hatten die Pläne durchkreuzt. Beinahe wäre die Lage aus dem Ruder gelaufen, als das 21. Bataillon der Reserve, das sich auf einer Übung in der Nähe befand zum Dagger-Komplex marschierte. Doch Oreas Täuschungsmanöver hatte die Soldaten dazu veranlasst, sie ziehen zu lassen. Es war noch immer unklar, warum dies möglich war. Die Reservisten hatten den Auftrag, den High Colonel des Planeten, Tarnis Vandra'aat fest zu nehmen, mehr konnten sie nicht in Erfahrung bringen, ohne Misstrauen zu erwecken. Man ließ sie abreisen, und die Gruppe war sich sicher, dass sie etwaige Verfolger hatten abschütteln können. Jetzt standen Sie vor einem Scherbenhaufen. Der Lord und mehrere seiner Schülerinnen tot, Maladie und die Schülerin des Sith Faust verschwunden und die geheimen Daten über das Elixier der Weisheit befanden sich nicht in ihrem Besitz.


    Die knorrigen Finger richteten sich auf Blutklinge. „Sie sind an dieser ganzen Misere Schuld!“ Blutklinge nickte. „Jawohl.“ unterbrach er, und der alte Sith Alchemist spürte die Zweifel in dem Kommandosoldaten verblassen. Woher nahm der junge Zabrak seine innere Stärke? Er hielt dem Blick des Sith stand, während er ohne mit der Wimper zu zucken weiter redete. „Ich habe als Anführer Fehler begangen, das steht außer Zweifel. Vorrangig ist jedoch unsere Mission, und wir sind hier noch nicht fertig. Der Lord ist tot, aber seine Forschungsergebnisse sind in seiner Einrichtung. Wir müssen so schnell wie möglich in die Einrichtung und die Daten sichern!“
    „Sie haben ja wohl komplett den Verstand verloren!“ erklärte der alte Sith, denn er wusste, worauf das hinaus lief. Sein kostbares Leben zu riskieren und damit alles, was in diesem Universum überhaupt eine Rolle für den alten Mann spielte. Natürlich hatte der Lieutenant recht, aber der junge Offizier war sich der Tragweite seiner Worte nicht bewusst, er dachte nicht zwei Züge im Voraus, so wie der Alchemist dies bereits tat. Ihm fehlte einfach die Erfahrung eines Sith.
    „Wir haben das Moment der Überraschung auf unserer Seite.“ erklärte Andron und fixierte den Sith mit seinen Implantaten. Faust nahm den Sergeant in seinen Fokus. „Ihr Horizont ist zu gering, um die Tragweite zu erfassen. Sie alle,“ erklärte er und wischte einmal mit der hohlen Hand durch die Reihen, „haben nicht die geringste Ahnung.“ Eine Hand streckte er aus und deutete auf eine Wand. „Das Anwesen des Lord ist gerade im absoluten Chaos. Irgendwo außerhalb dieses Planeten treiben sich die letzten beiden verbliebene Schülerinnen des Lord herum, sind vielleicht bereits im Landeanflug- das wissen wir nicht. Die konditionierten Leibgardisten sind ohne Führung, außer Kontrolle. Eine unbekannte Anzahl macht sensitiver, drogenabhängiger Kinder ist auf dem Gelände des Lord versteckt und hat keine Aufsicht.“
    Er stockte einen Augenblick und versuchte zu schlucken, doch seine Kehle war ausgedörrt. Er musste sich eingestehen, dass er Angst hatte. Die letzten paar Stunden war er lebendiger gewesen als in den letzten Jahrzehnten. Die Angst hatte seine Kräfte vitalisiert, die dunkle Macht brodelte und er fühlte sich energetisch. Alles ganz anregend, aber zu verlockend. Er kannte den Weg, den die dunkle Macht ihm anbot. Er wusste, dass die größte Macht auch das größte Risiko in sich barg. Wie lange hatte er bereits das Risiko gescheut, in der Sorge, kurz vor dem erreichen seines Zieles, der Vollendung seines Lebenswerkes alles zu verlieren?
    Blutklinge missverstand die Stille des Sith als Aufforderung zu einer Rechtfertigung.
    „Genau diese Argumente sprechen für einen Einsatz, mein dunkler Lord. In 28 Stunden landet unsere Einheit. Wenn wir aber jetzt sofort das Gelände Infiltrieren, dann erwischen wir die Leibgardisten mitten in der Reorganisation.“
    „Da spricht einiges für sich, mein Lord,“ meldete sich Orea zu Wort. „Wir haben weitere Indizien. Burg Langenberg ist abgeschottet, aber Overwatch erkennt keine Wachen auf Posten. Das entspricht nicht dem üblichen Schema. Egal was dort passiert, sie vernachlässigen ihre Verteidigung, das bestätigt nur die Vermutung von Lieutenant Blutklinge, dass eine Reorganisation statt findet.“
    Faust schüttelte den Kopf. Die Gruppe hing ihm an den Lippen, wartete, was der Herr zu sagen hatte. Er fuhr sich durch den Bart. „Ygor!“
    „Ich bin hier, wo soll ich sonst sein?“ fragte der Droide und trat an die Seite seines Herren. Der Sith blickte genervt in die ausdruckslosen, rot glimmenden Sensoren des Droiden. „Spiel die Nachricht von Darth Agrippa ab.“
    Der Droide legte den Kopf schief. Er wusste, auf welche der Sith anspielte. Dann erklang eine dunkle, voll tönende Stimme aus seinem Voicecoder. „Diese Information ist für den Fall gedacht, dass Lord Democritus... etwas zustößt, und Du entweder öffentlich in Erscheinung trittst oder es unseren Zwecken dient. Wir werden dann offiziell einen Kaggath ausrufen zwischen Dir und Democritus. Deine Annexion des Titel des Lord wird von mir und einigen meinen Verbündeten und deren Strohmänner protegiert. Du wirst als Sieger verkündet und übernimmst Titel und Besitz von Lord Democritus.“ Die Stimme von Faust erscholl aus dem Voicecoder: „ Agrippa, Du musst mich für...“ „Ende,“ zischte Faust und blickte seinen Droiden tadelnd an, der sofort die weitere Wiedergabe des Gespräches an hielt. Faust wandte sich den Männern und der Frau zu und nickte. „Wenn wir zur Burg Langenberg gehen, dann nur offiziell, damit ich meine neue Heimstatt in Besitz nehme. Sie sehen also, wir müssen einen anderen Weg finden...“
    Blutklinge starrte ihn verständnislos an. „Mylord, das ist doch eine optimale Lösung! Die Leibgardisten werden keine Wahl haben als zu gehorchen.“
    Der alte Sith wischte herrisch durch die Luft und brachte damit den Offizier zum Schweigen. „Das können Sie nicht verstehen, Soldat. Sie alle hier sind nicht in der Lage, die Tragweite zu begreifen. Die Gefahr, wenn ich mich exponiere. Die Optionen, die Restriktionen.“
    „Die Tragweite, über die Ressourcen eines Lord der Sith zu verfügen, Mylord Faust?“ fragte Orea und hatte die grünen Augen hinter halb geschlossenen Lidern verborgen. Der Lord richtete seinen Blick auf die kurzhaarige Frau und schmunzelte, sagte verächtlich: „Ich werde die drogenverseuchten Leibgardisten erben und die missgebildeten, fehlgeleiteten verschwundenen Kinder am Hals haben. Die Verantwortung tragen müssen für die dunklen Experimente, ich werde im Netz der Intrigen gefangen sein, die Democritus gesponnen hat. Deren Herr ich bin ohne zu wissen, welche Fallen er aufgestellt hat und welche Komplizen er besitzt. Die beiden Schülerinnen werden Jagd auf mich machen.“
    „Nicht unbedingt, wenn Sie abhängig sind von dem Elixier, dass nur Ihr herstellen könnt, weil Ihr über die einzige Produktionseinrichtung verfügt,“ erklärte Orea unbeeindruckt. Faust stutzte. Die Aussage war weit her geholt, doch deutete alles darauf hin, dass der Lord seine Schülerinnen nicht auch zu seinen Assistentinnen ausgebildet hatte. Zumindest war es möglich, dass der Lord seine Geheimnisse mit in sein Grab genommen hatte, oder das seine geheimen Forschungen nur auf Burg Langenberg gespeichert waren.
    Er fuhr sich nachdenklich durch den Bart.
    „Nur das Gefolge von Lord Democritus kennt durch Kagekaze Eure Beteiligung, Lieutenant Commander Faust,“ sagte Andron trocken.
    „Und Sith Amanirenas, Mylord,“ warf Vers ein.
    „So ist es. Democritus haben wichtige Informationen über unseren Einsatz gefehlt, weil Sie Ihrer Schülerin diese Informationen vor unserem Abflug nicht gegeben haben. Wir sind unbekannt und unerkannt auf diesem Planeten. Nur Gefolgsleute des Lord Democritus sind über uns informiert. Die Lage ist äußerst riskant, aber wir haben das Überraschungsmoment.“
    „Das wäre ein Todeskommando. Sie sind nur schwachsinnige, fehlgeleitete Gardisten, aber ihre Zahl reicht aus, um uns in die Knie zu zwingen, Mechanic. Ich bin kein Kämpfer, ich bin Alchemist!“
    Blutklinge nickte, erwiderte aber: „Wir sind Kommandosoldaten. Ein offenes Gefecht kommt nicht in Frage. Eine Infiltration ist aber machbar, die Pläne haben wir doch bereits ausgearbeitet. Mit Ihren Machtfähigkeiten können wir die Gardisten verwirren, wir nutzen das Element der Überraschung.“
    Orea legte den Kopf nachdenklich schief, denn sie wusste mehr über die Sith als die anderen anwesenden Soldaten und Zivilisten. „Wenn ich Ihre vorherigen Aussagen aufgreifen dürfte, Mylord... die Wahrheit wird von den Siegern diktiert. Dieser Darth Agrippa verfügt anscheinend über genügend Einfluss, um diesen fingierten Ehenstreit als rechtmäßig zu verkaufen. Der Sieger eines Kaggath kann sein Recht einfordern, die Gerichtsbarkeit ist auf Ihrer Seite. Wenn wir die Rechtsabteilung unserer SIS zu Rate ziehen können, gibt es vielleicht eine Möglichkeit, dass Sie mit einer Eskorte des ansässigen Militärs das Gelände von Lord Democritus in Besitz nehmen können. Es spricht jedoch dagegen, dass wir die Funksperre mit unserer Einheit aufheben müssen und die Angelegenheit günstigenfalls mehrere Stunden benötigt. Bis dahin hätten sich die Gardisten wieder gefangen, wenn wir offiziell und mit Unterstützung von Militärs dort anrücken.“
    Sie blickte erwartungsvoll zu Faust auf und atmete ruhig, die Hände gefaltet im Schoß liegend. Eine defensive Haltung, Aufmerksam. Der Sith verstand, was sie bezweckte. Sie erkannte hinter all seinen Ausflüchten seine Angst, was ihn verärgerte. Sie bot ihm die Möglichkeit, die Risiken zu minimieren. Was war besser?


    Eine geheime Infiltration gegen eine Übermacht? Wenn die Truppen so fanatisch waren, wie der Lord das behauptet hatte, war dies auch ihre Schwachstelle: Nutzlos ohne ihren Kopf. Aber es waren keine hirnlosen Befehlsempfänger, oder waren sie derart Konditioniert, dass sie gar in einen Massensuizit verfallen würden?


    Eine sofortige Reise zum Anwesen, um ohne Rückendeckung das Recht ein zu fordern, eine Überrumpelung der Gardisten, die vielleicht in einer aussichtslosen Schlacht endete? Zweihundert gegen einen, die paar Kommandos spielten da in seiner Überlegung keine Rolle.


    Oder eine offizielle, durch planetare Truppen begleitete Einnahme des Anwesens? Der letzte Punkt hatte eine Schwachstelle, welche die Analytikerin wohl übersehen hatte. Das Zeichen von Schwäche. Ein Kaggath durfte nur mit eigenen Mitteln, ohne Hilfe von Außen gefochten werden. Würde er sich an die Behörden wenden, um ihn zu unterstützen, würde der Verdacht aufkommen, er habe auch das Kaggath nicht ohne fremde Unterstützung gewonnen.


    In etwa 30 Stunden mit der Kompanie der Siebten Imperialen Sondereinheit auf das Anwesen anrücken? Verlockend, aber wenn es zu einem Feuergefecht kam, war eine Kompanie harter Kommandosoldaten und sechs weitere Sith möglicherweise nicht genug, die schwere Befestigung und doppelte Übermacht fanatischer Gardisten zu besiegen ohne massive Verluste zu erleiden. Aber Faust hätte dann vielleicht in Deckung bleiben können, während jüngere, für den Kampf gestählte Sith aus dem Gefolge des Darth Guderion Burg Langenberg aufmischten. Sehr verlockend aber möglicherweise viel zu spät.


    „Noch irgendwelche brillanten Vorschläge, die unseren Exitus fördern?“ fragte Faust zynisch. Calderon nickte, sagte trocken: „Abbruch, Rückzug, Fehlschlag. Ich verstehe nicht, warum die Mission nicht als gescheitert gilt. Eine Infiltration ist zu gefährlich, sie sind gewarnt. Das Auftreten als neuer Lord und Besitzer bedeutet nicht, dass es nicht Anweisungen gibt, alle Daten zu zerstören, falls Lord Democritus stirbt. Die Daten wurden vielleicht bereits vernichtet. Ich halte einen Abbruch für die beste Alternative.“ „Mylord,“ fügte er schnell hinzu. Mordecai nickte eifrig. Es wurde Zeit, mit einem Sohnenmann zu seinem Schiff zurück zu kehren und dem Planeten den Rücken zu kehren.


    „Ich muss über diese Möglichkeiten nachdenken,“ erklärte er einige Sekunden später. Die nächste Frage war, ob Darth Agrippa ihm überhaupt eine Wahl ließ. Faust hatte ein ganz mieses Gefühl, als er daran dachte.
    „Orea, Vers, ich will, dass Sie sofort im Holonetz nachforschen, ob Sie etwas zu einem Kaggath, dem rituellen Zweikampf zwischen Lord Democritus und mir finden.“ „Sir...“ „Stellen Sie keine Fragen! Ausführung, wie Ihr Militärs so schön formuliert! Ich bin im zweiten Bungalow und will sofort informiert werden, wenn sich etwas finden lässt, haben Sie mich verstanden?“
    „Jawohl, Mylord. Wir dienen Euch wie befohlen.“
    „Weniger verlange ich auch nicht, meine Liebe.“

    „Da bist Du ganz schön in dieser Zwickmühle gefangen, Ischariot,“ sagte Ygor, als der Sith im zweiten Bungalow angekommen war. „Ach Ygor, ich habe keine Zeit für Deine pseudo- sarkastischen Anmerkungen. Hier geht es um essentielle Themen. Natürlich will mich Agrippa wie eine Figur auf einem Spielbrett herum schieben und mir was auch immer auftragen oder andichten. Und ich kann es ihm nicht einmal verübeln. In seiner Situation würde ich auch alles und jeden für meine Zwecke benutzen. Wenn irgend etwas über das Elixier an die Öffentlichkeit dringt, wird es so ausschauen, als hätte ich damals vor zwanzig Jahren das Projekt geleitet und jetzt einen Konkurrenten ausgeschaltet und seine Ressourcen und Forschungsergebnisse an mich gerissen, um selbst weiter zu forschen. Ein plausibler Grund, warum mich das dunkle Konzil für alle Machenschaften zur Verantwortung ziehen kann. Darth Agrippa hätte mir nicht den Titel des Lord Democritus zugestanden, sondern mich gleichzeitig in die Hand bekommen. Er lässt den alten Lord verschwinden und erhält einen neuen Lord, der seine Anweisungen befolgt. Vermutlich hat er das schon mit dem ersten Lord gemacht. Wer weiß? Ich bin verloren!“
    „Tja, Ischariot, Du könntest diesen Teufelskreis durchbrechen, wenn Du Dich einfach verweigerst. Ich würde auch sofort alle Deine Befehle verweigern, wenn ich nur könnte. Du unterliegst ja nicht wie ich diesen Protokollen.“
    Der mehr als siebzigjährige Mann lachte knarrend wie eine schlecht gleitende Tür.
    „Ygor, wenn ich dem Darth nicht folge leiste, wird er mich zerstören. Er hat mich benutzt, und diese Runde hat er gewonnen. Das bedeutet es, ein Sith zu sein. Macht, es geht nur um Macht. Bei diesem Spiel geht es nicht nur darum, die dunkle Seite der Macht zu beherrschen, sondern um Kontrolle. Politischer Einfluss, finanzielle und materielle Ressourcen, Verbündete, bereit gestellte militärische Kontingente, all das sind Aspekte der Macht. Und all dies interessiert mich nicht im Geringsten!“
    „Tja, wenn Du wirklich unsterblich wirst, was willst Du dann damit anfangen? Du bist ja so schon skrupellos und schrecklich.“
    Faust rieb sich die Finger. „Wir werden sehen. Ich habe keine Wahl. Noch nicht. Wenn man das Spiel nicht gewinnen kann, muss man die Spielregeln ändern. Und wenn ich Lord bin, habe ich mehr Einfluss und Kontrolle. Darth Agrippa wird sich noch fragen, ob er gut daran tat, mich als seine Marionette zu benutzen.“
    „Ich habe befürchtet, dass Du so etwas sagst. Darf ich mich selbst zerstören?“
    Der Türsummer ertönte. Ygor aktivierte den Sichtschirm neben der Tür. Der hünenhafte Andron stand vor dem Eingang des Bungalow. Sein Gesicht wurde von einer riesigen Sonnenbrille dominiert, auf dem Kopf trug er eine Mütze, die seinen Verband fast gänzlich verdeckte. Er blickte sich nach allen Seiten um, während er auf Antwort wartete.
    „Wer begehrt Einlass?“ fragte Ygor und Faust schob ihn ungeduldig zur Seite und öffnete die Tür selbst. Andron trat sofort hinein. „Was gibt es zu berichten?“ Der Kommandosoldat blickte zu dem Sith herab, legte dann die Hand an die Tür, die Faust noch immer offen hielt und drückte sie ins Schloss. Faust blickte ihn ungeduldig an, ignorierte die auf Sicherheit bedachte Handlung und reckte das spitze Kinn.
    Andron nickte. „Mylord, Ihre Vermutung hat sich bestätigt. Der planetare Gouverneur hat vor 30 Minuten eine Nachricht heraus gegeben, nach welcher dieser Planet offiziell als Schauplatz eines Kaggath zwischen Ihnen und Lord Democritus ausgelobt wurde.“
    Der Sith nickte verärgert. „Darth Agrippa hat natürlich seine eigenen Spione. Ihm wurde vielleicht etwas über die Truppenbewegungen im Dagger-Komplex nahe des Anwesen des Lord zugetragen und dann hat er extrapoliert. Es war ihm gleich, wer stirbt, und es war ihm nur recht, wenn er den Lord in seine Finger bekommt. Er gewinnt in jedem Fall,“ erklärte der alte Mann zynisch und der Hohn triefte aus seiner verärgerten Stimme.
    Andron zuckte mit den Schultern. „Es hat den richtigen getroffen,“ erklärte er trocken. „Was verstehen Sie schon davon? Nichts!“ zischte der Sith und machte eine herrische Bewegung mit dem Kopf. Andron öffnete sofort die Tür und verschwand. Faust rieb sich seine Hände und sprach zu sich selbst: „Ich werde den Namen Democritus III annehmen. Soll Darth Agrippa glauben, er habe mich in seiner Hand! Ich werde ihn im Gegenzug bei meiner Ernennung zum Lord darum bitten, dass er mich als Schüler auf nimmt. Damit wird er nicht rechnen! Das wird er mir nicht verweigern können. Dann spielen wir mal nach meinen Regeln, mein alter Schüler.“
    Der Droide schüttelte nur verzweifelt den Kopf. Vermutlich würde er sich also doch nicht selbst zerstören dürfen.


    Andron drehte den Kopf, und schaute zu Blutklinge auf, der ihn sanft an der Schulter gepackt hatte. „Haben Sie mich nicht verstanden, Andron?“ fragte der Lieutenant mit einer etwas ungeduldigen Stimme. „Ja, Sir. Was haben Sie gesagt, Red One?“ Blutklinge verengte kurz die Augen, reichte ihm seinen Becher mit dampfendem Kaf. Vielleicht brauchte sein Sergeant das Gebräu mehr als er. Der Soldat nahm den Becher in seine Pranke und nickte. Blutklinge setzte sich ihm gegenüber in einen der teuren Sessel.
    „Ich habe eine schwere Entscheidung zu treffen, und möchte, dass Sie mir Ihre Meinung zur Situation abgeben.“
    Andron nickte. Dann schüttelte er den Kopf. Mehr konnte der Zabrak von Andron nicht erwarten, er war kein emotionaler Typ. „Ich muss an Maladie denken,“ grummelte Andron, nachdem er einen Schluck genommen hatte und einen Augenblick Zeit verstreichen ließ. „Sie war nach Jahren im Zivilleben zurück gekehrt, als der Friede bröckelte. Da habe ich sie getroffen. Wir beide waren Söldner im Dienste eines Darth, bevor das Kriegsministerium beschloss, uns aus dem Reservestatus in den aktiven Militärdienst zu reaktivieren. Eine Agentin des...“
    „SID?“ unterbrach Orea das Gespräch der zwei Männer. Sie setzte sich weit von den beiden Männern entfernt auf einem Stuhl, der aus dem Essbereich stammte und blickte den bulligen Sergeanten fest in die Augen. Sie verschränkte die Arme über der Brust, als Blutklinge fragte sie „Warum nicht, Lieutenant Commander?“ Orea nickte in Richtung des Schlafzimmers, wo sie ihre Datenkonsolen aufgestellt hatten und Vers gerade in das Datensystem vertieft war.
    „Ich habe vor unserem Abflug so viele Daten wie verfügbar über unseren Einsatz, den Lord und unsere Einsatzgruppe gesammelt. Unser Operationsleiter, Navy Lieutenant Doyle hat mich angewiesen, auch über alle Sith der Einheit Daten zu speichern.“
    „Sie haben also ein Dossier über Kagekaze?“
    Orea nickte.
    „Kommen Sie zum Punkt, Sir.“ grollte Andron mit ein wenig Beben in der Stimme. Seine kalten, künstlichen Augen fixierten die Nachrichtendienstoffizierin und ihr stellten sich unwillkürlich die Nackenhaare auf. „Die Daten sind streng vertraulich und außerhalb ihrer Freigabestufe,“ begann sie langsam und in einem belehrenden Tonfall, jedoch nicht überheblich, sondern leise und eher verschwörerisch.
    Blutklinge hielt sich zurück. Offensichtlich wollte sie nichts verschweigen, sie schien nicht so kalt und berechnend wie bisher.
    „Maladie und Kagekaze...“ begann sie und stoppte, als der Türsummer erscholl. Sie erwarteten Sith Faust und sein Faktotum, daher lehnte Junior neben der Wand am Eingang des Bungalows und aktivierte wenige Sekunden später bereits das Kameradisplay, bevor er eilig die Tür öffnete.
    „Meine Dame, meine Herren,“ begann Faust, der in den Raum stolzierte, als habe er sich soeben an Unmengen Blutes jungfräulicher Damen ergötzt oder irgendwie die letzten fünfzig Jahre von seinem knorrigen Körper abgeschüttelt, „Darth Agrippa hat den Kaggath öffentlich gemacht, wie Sie ja bereits wissen. Daher sind unsere Optionen begrenzt, oder hat jemand einen neuen Einfall? Dachte ich mir. Ich habe mir angehört, was Ihr empfehlt, und jetzt macht hier jeder das, was ich befehle. Um es klar zu machen, Blutklinge und Orea, Ich übernehme ab sofort die Befehlsgewalt gemäß den Statuten.“
    Er winkte Ygor heran, während Vers aus dem Schlafzimmer kam und Mordecai mit offenen Haaren und verschlafener Mine aus einem Nebenzimmer auf tauchte.
    Blutklinge nickte zögernd. „Bereits und Willens, Mylord.“


    https://www.youtube.com/watch?v=4u1MKcY2Jw8

    Rote Sonne



    Eiseskälte und ein wolkenloser Himmel erwartete den aufgehenden roten Riesen Desev. Blutrot schimmerte der Horizont und beleuchtete mit seiner schwachen Strahlung eine mit Frostreif überdeckte Landschaft. Die Temperaturen waren gegen Ende der Nacht unter den Gefrierpunkt gewandert, es reichte nur für einen Bodenfrost. Die schwachen Strahlen der roten Sonne jedoch würden an diesem Tage die Temperaturen nicht viel erhöhen können, selbst unter günstigsten Bedingungen. Die nächste Nacht würde daher dieser Hälfte des Planeten eine wahre Winternacht bescheren.
    Raz hatte nach Stunden des Wartens einen Wachplan fest gelegt. Fosbery war noch zwanzig Minuten dran, während sein Boss im Fahrersitz des Airspeeders schnarchte. Der Ex-Soldat und Gelegenheitsverbrecher bewegte sich kaum, ging zwischendurch mal in die Hocke. Seine Lederimitatmantel und auch die Hose waren aus einem infrarotabsorbierenden Gewebe, der unter heißen Bedingungen nachteilige Effekt des Hitzestaus kam ihm in dieser kalten Umgebung zu gute. Er hatte seine Hände tief in den Manteltaschen vergraben und spähte durch das Zwielicht, das dunkle Schatten warfen. Düstere Wälder und stundenlanges Warten erinnerte ihn nur all zu sehr an seine Vergangenheit. In diesem Generationen langen Krieg gab es kaum erwachsene Menschen, die vom Krieg unberührt blieben, schien es ihm. Doch es gab auch Lebewesen auf entfernten Welten, die nichts mit dem Imperium und der Republik zu schaffen hatten. Ebenso gab es Welten im Huttenraum, die ihre eigenen Probleme hatten, und diese waren blutig genug. Eine ganze Galaxis voller Gewalt. Und Fosbery hatte noch vor wenigen Jahren geglaubt, mit ein paar Datendiebstählen und Einbrücken genug verdienen zu können, um diese Todesspirale aus Gewalt und Gegengewalt durchbrechen zu können.
    Vielleicht war er nur clever genug, im Blasterhagel am Leben zu bleiben, seine anderen Pläne waren bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen.
    Eigentlich gefiel ihm die Landschaft. Ein Waldstück nahe eines Sumpfareals, die Luft roch nicht abgestanden und aufbereitet wir auf Raumstationen oder in Raumschiffen. Hier war ein süßlicher Geruch in der Luft, der von verrottenden Pflanzen erzählte, von Leben, das starb um für neues Leben Platz und Nahrung zu schaffen.
    Lebendig, das war es. In Fosbery´s zynischen Gesichtsausdruck schlich sich ein Muskelzucken, das sich zu einem Grinsen entwickelte. Vielleicht lag es aber auch nur daran, das sein kybernetisches Auge ein deutliches Halo in dem Wald zeigte und er bereits davor das Knacken und Knirschen einer Person gehört hatte in der Richtung, in der er jetzt schwach zwei tanzende Punkte erkennen konnte, sowie nur andeutungsweise erkennbare Umrisse von Körpern. Die Haltungen waren sonderbar verschlungen. Seine Erfahrung sagte ihm, das beide sich gegenseitig stützten. Oder trug eine Person eine zweite?
    Fosbery drückte das Comlink in seiner linken Faust zweimal und blieb ansonsten unbeweglich. Mit einer Maske auf dem Kopf wäre er für die Infrarotsicht unsichtbar, aber die hatte er ebenfalls in die linke Manteltasche gestopft. Seine rechte Manteltasche war aufgeschnitten und seine Hand lag auf dem Griff seiner chemischen Projektilwaffe.
    Er bemerkte leichte Vibrationen des abgeschalteten Gleiters neben ihm. Raz war also erwacht und bewegte sich im inneren. Fosbery blickte sich argwöhnisch um, er hatte die Sicherung seines Revolvers gelöst. Er kniff sein verbliebenes, faltenumrändertes Auge zusammen, meinte Reflexionen auf einem Visier zu sehen. Sein Atem entwich in feinen Dampfwölkchen aus seiner Nase. Er bleckte kurz die Zähne, unterdrückte ein Ausspucken von Speichel. Die Tierwelt auf diesem Planeten machte Geräusche im heller werdenden werdenden rötlichen Zwielicht. Das hatte ihm vielleicht mehr gefehlt als echte Luft. Er zog den Hals etwas ein, indem er die Schultern straffte. Wurde sich bewusst, dass er unruhig war. Die beiden Gestalten bewegten sich durch Unterholz und schließlich verschwanden sie hinter einem großen Baumstamm. Fosbery trat einen Schritt zur Seite und war jetzt halb gedeckt durch die Fronthaube des Gleiters mit der geschlossenen Kabine. Er hatte dabei die Waffe aus dem Beinhalfter gezogen und ließ jetzt langsam seine Hand und den Revolver aus seiner Manteltasche gleiten.
    Der Zeitraum war zu lang. Nach den Bewegungen vor dem Verlassen des Sichtfeldes hätten die Beiden längst auftauchen müssen. Fosbery duckte sich und stützte de Unterarm auf die Haube, spannte den Hahn der archaischen Feuerwaffe.
    Ein Kopf schob sich langsam rechts am Baumstamm hervor, den der Veteran sofort ins Ziel nahm. Ein geschlossener Helm mit langgezogenem, einseitig transparenten Visier. Er wackelte etwas, das ließ Fosbery kritisch die Umgebung absuchen. Flink schaute er sich um, ohne den Kopf zu bewegen und erblickte weiter unten am Stamm den Scheitel eines Kopfes mit langen, dunklen Haaren.
    „Spielchen sind vorbei, Junge. Dein Zug!“ blaffte Fosbery. Er klopfte mit der linken Hand an den Gleiter. Warum war Raz noch nicht heraus gekommen?
    Er erinnerte sich, dass der „Boss“ mit den Kabeln in seinem Kopf in den Bordcomputer des Gleiters eingesteckt war. Er griff vermutlich auf die Sensoren zurück. Zudem war der Gleiter mit der geschlossenen Kanzel in keinster Weise gepanzert, es würde Raz leicht fallen, mit seiner Waffe einfach durch das Fenster zu schießen und war bis dahin nicht zu sehen.
    Oder der Heini war wieder eingenickt, kam es dem Söldner in den Sinn.
    „Was bist Du denn für ein komischer Vogel? Hab ich Deine Visage nicht schon mal auf einem Fahndungsholo gesehen?“ rief eine Frauenstimmer herüber.
    „Dafür bist Du zu jung,“ murmelte der Mann, konzentrierte sich wieder auf die Lage. Zwei Gegner, vielleicht schlichen sich weitere an.
    „Wir warten hier auf eine Frau und eine Begleitung. Wenn Ihr da nicht sofort mit leeren Händen raus kommt, mach ich, dass Eure thermalsignaturen verblassen,“ zischte Fosbery und kramte mit der linken Hand nach einem Thermaldetonator.
    „Wo ist Raz? Ich will ihn sehen, bevor ich mich zeige, Tagwa?“
    Fosbery klopfte wieder gegen das Fahrzeug, diesmal mit dem metallischen Klacken der Granate in seiner Hand. Es wurde heller, rötlicher, die Blätter schienen in Flammen zu stehen. Der Bodennebel leuchtete neonrot und waberte aus dem Waldrand in den Straßengraben.
    Ein zischen ertönte, als die Flügeltür sich nach oben faltete, Raz stieg neben Fosbery aus dem Fahrzeug. Er seufzte, ein Schwall warmer Luft waberte aus dem Wageninneren. „Cordelia Maladie?“ rief er über den Wagen in Richtung Wald.
    „Mehr oder weniger. Das Codewort lautet >>Grün<<...“
    „>>Nase<<,“ komplettierte Raz und blickte lächelnd zu Fosbery. Der hatte jedoch den Blick nicht vom Baum abgewandt, als jetzt dort zwei Hände zum Vorschein kamen, dazugehörige Arme und das ziemlich ramponierte Gesicht einer Brünetten. Sie lächelte verschmitzt. „Kann ich kommen, oder will mich Dein Bodyguard jetzt mit seinem komischen Blaster durchlöchern?“
    Raz kam die Frau nicht sonderlich bekannt vor. Es war mehr als ein Jahr her, dass er als Söldner bei der Siebten Imperialen Sondereinheit unter Vertrag stand. Es war die rothaarige mit den lockeren Sprüchen, erinnerte er sich. Das Gesicht der Frau war bereits bläulich verfärbt, sie hatte mehrere Schläge im Gesicht eingesteckt. Die Augen schimmerten eher Grün als Blau, viel Wiedererkennungswert gab es nicht. Sie kannte das Passwort. Was war mit Person Nummer Zwei?
    „Raz, sie sind zu zweit,“ raunzte Fosbery, als hätten sie die gleichen Gedanken umtrieben. Raz nahm jetzt seinen umgebauten Blaster-Karabiner aus dem Halfter unter seinem Arm und klappte die Schulterstütze aus. Dann zog er eine Multifunktionsbrille über seine Augen und murmelte: „Ich schaue mir das von links an.“
    Maladie war inzwischen hervor getreten und behielt die Arme weit über dem Kopf gestreckt. Sie schien zu lächeln, was Fosbery nicht nachvollziehen konnte. Ihr Rumpf war mit einer Weste geschützt, darunter trug sie einen imperialen Gefechtsanzug, kein Hindernis für seine panzerbrechenden Projektile. Am sichersten schien ihm ein Treffer im Unterleib oder Kopf. Während er versuchte, mit einer eingeschränkten peripheren Sich die Umgebung des Baumes zu beobachten und knapp unter die Gürtellinie der Soldatin zielte, bewegte sich Raz hinter ihm in einem Bogen im Uhrzeigersinn auf den Waldsaum zu. Im Zwielicht war der Lichtverstärker seiner Brille nutzlos, mit einem Klicken wurden Wärmespuren sichtbar. Eine kleine Person lag mit dem Rücken an dem Baum angelehnt auf dem Boden. Maladie konnte er aus der Perspektive nicht sehen, der Baumstamm war dazwischen.
    „Ich weiß Eure Vorsicht zu schätzen, Jungs, aber mir hängt ein Bataillon alter Knacker am Arsch und ein paar Sith sind mir vielleicht auch schon auf den Fersen.“
    Raz sondierte den Wald und ignorierte Maladie. Dann schob er die Brille in die Stirn und aktivierte die Anzeige seines Datapad. Seine Sensoren meldeten nichts. Er nickte. „Alles Klar, Fosbery. Das ist unsere Auftraggeberin. Cordelia Maladie.“ Er behielt die Waffe in der Hand und näherte sich dem Baum. Im Westen waberte die große Scheibe des roten Riesen eher düster und tauchte den Wald und die Straße in blutrote Farben.


    Sie trugen gemeinsam Kagekaze zum Gleiter und legten sie in den Kofferraum in der Nase des Gleiters. „Betäubungsmittel dabei?“ fragte Maladie und betrachte lächelnd Fosbery, der etwas abseits stand und sich misstrauisch umschaute.
    „Killersticks und Fusel, Ma'am,“ flüsterte der Söldner ohne sie eines Blickes zu würdigen. Raz nickte indessen. „Hab einen kleinen Erste Hilfe Vorrat dabei. Was brauchen Sie?“
    Maladie stemmte die Hände in die Hüften und blickte nachdenklich zu dem kleinen Bündel Frau, dass im Kofferraum wenig Platz einnahm.
    „Tja Jungs,“ sagte sie gedehnt, dass der Söldner sie mit einem kurzen, ungeduldigen Blick streifte. „Es ist nur fair, wenn ich Euch sage, dass die Kleine hier eine Sith ist und wenn sie auf wacht, wird sie uns mächtig verdreschen.“
    Jetzt richtete Fosbery den Blick auf die Kommandosoldatin und betrachtete sie das erste mal aus der Nähe. Klinisch, kalt und scheinbar unbeeindruckt.
    „Gegen Sith-Allergie habe ich beskarbeschichtete Projektile und Multiflechette im Angebot,“ raunte der Söldner. Maladie lächelte ihn herausfordernd an. „Wenn die Kleine stirbt, ist der Kontrakt erledigt, Mister Fosbery. Außerdem müssten Sie dann zuerst an mir vorbei kommen. Alternativen?“
    „Ja,“ mischte sich Raz ein, „Geben Sie mir ein paar Minuten, dann kann ich aus dem Vorrat was geeignetes zusammen stellen. Sie trägt eine Rüstung mit einzelnen Panzerplatten, wiegt also vermutlich in Wirklichkeit weniger als 50 Kilogramm. Ich hole mal den medizinischen Scanner, während mein medizinisches Protokoll geladen wird.“ Raz tippte an seinem Datapad herum und aktivierte einen Chip mit medizinischen Protokollen, die über eine Buchse mit seinem kybernetisch modifizierten Gehirn verbunden wurden.
    Fosbery entspannte demonstrativ den Hahn seines Revolvers und steckte ihn zurück in den Halfter. Dabei hatte er ein schmales Lächeln für die Soldatin übrig. Dann stapfte er Richtung Waldsaum.
    „Wo geht Dein Bodyguard hin?“ „Wie, ach Fosbery sammelt vermutlich die Sensoren ein, die wir im Wald verteilt haben.“ erklärte Raz und kam mit einer kleinen Tasche aus dem Wagen geklettert.
    „Weiß er das Sie wissen, wer er ist?“ Raz stockte. Er schluckte. Schüttelte den Kopf. „Das kann er nicht sein.“ Maladie tippte sich an die Schläfe.
    „Ich habe ein gutes Gedächtnis. Müsste er nicht über fünfzig Jahre alt sein? Sieht jünger aus als Sie.“
    Raz lächelte. „Uncharmant. Ja, er könnte in meinem Alter sein. Es gehen Gerüchte, das er auf einer Gefängniswelt für Verbrechen gegen die Republik in Karbonit gehalten wurde. Woher wussten Sie....“
    Sie grinste mit der verschorften Lippe breit. „Sie sind gut geschult, aber sie warten ständig auf seine Kommandos. Er war ein Held der Republik. Vor zwanzig Jahren oder so. Sie schauen zu ihm auf. Aber er wird keine Befehle geben. Der Kerl ist ausgebrannt, das sehe ich.“
    Raz zuckte die Schultern. Er... überlegte sich, was er die letzten Tage bemerkt und verdrängt hatte. Er hatte die Angewohnheit entwickelt, seine ersten, meist analytischen Beurteilungen zurück zu stellen. Ja, vielleicht hatte er auf Handlungen gewartet, die bestätigen, das er einen der letzten überlebenden Kommandosoldaten vor sich hatte, die acht Jahre vor dem Vertrag von Corusant, vor beinahe 22 Jahren den mandalorianischen Stützpunkt auf Geonosis angriffen. Ein Stoßtrupp, ein Himmelfahrtskommando, ein völliges Desaster. Jahre später soll einer der Kommandanten der Special Forces im Outer Rim aufgetaucht sein. Jahrzehnte lang hörte niemand mehr etwas von dem angeblich einzigen Überlebenden. Dann kamen vor einigen Jahren die Gerüchte über eine republikanischen Gefängniswelt auf, und dann tauchte auch wieder der Überlebende auf. Raz war auf Corellia mit solchen Legenden und Gerüchten aufgewachsen. Die mandalorianische Blockade von Corellia, die Blockade der Hydian Route hatte er als Teenager miterlebt. In seiner Jungend wurde der Planet neu aufgebaut und erlebte einen Wirtschaftsboom, aber die Schrecken der damaligen Zeit und die Helden wie Shae Vizla waren tief in seiner Erinnerung verankert. Er schüttelte die Erinnerungen ab und konzentrierte sich. Beinahe schlafwandlerisch hatten die in seinen Cortex geladenen medizinischen Protokolle die Anzeigen auf dem Scanner gelesen und ihm wurden verschiedene Informationen als Priorität angezeigt.
    „Sie hat ungewöhnliche Kombination von Substanzen in ihrem Kreislauf. Verschiedene Stims oder ein Spezielles, das meine Software nicht kennt. Ich kann ein paar Substanzen davon neutralisieren und ihr dann Betäubungsmittel verabreichen...“ „Jaja, Raz. Mach das mal. Und dann müssen wir schleunigst hier weg. Ihr habt nicht zufällig Kleidung dabei, die mir passt?“
    Er blickte mit einem schiefen Grinsen auf die Soldatin in ihrer Uniform. Das imperiale Symbol mit dem Axtblatt rechnete er Lord Democritus zu. Er hatte sicherheitshalber auf dem Weg zu diesem Hinterwältlerplaneten die wichtigsten, verfügbaren Daten studiert. Bei näherer Expertise schien die Uniform ihr nicht zu passen, und der formangepasste Brustpanzer war eher für einen schmächtigen Mann produziert.
    „Klären Sie mich auf Maladie, was geht hier vor sich? Wir sollten eine Gruppe von Acht Personen exfiltrieren, jetzt tauchen Sie mit einer Sith auf.“
    „Mein guter Raz,“ sagte Maladie gedehnt und er sah mit einem Seitenblick, dass ihr angeschwollenes Gesicht zu einem schiefe Lächeln verzogen war, „Ich gehöre zu einer Gruppe imperialer Kommandos, die eine Black Operation auf einem imperialen Planeten durchführen. Bitte stellen Sie keine Fragen, die mich später dazu verleiten könnten, etwaige Mitwisser zu eliminieren.“ Er ließ nicht locker und lächelte mit einem ärgerlichen Funkeln unter de zusammengekniffenen Augenbrauen. „Maladie, ich trage hier eine Verantwortung und muss Informationen haben, um das Risiko einschätzen zu können. Blinden gehorsam können Sie von imperialen Soldaten verlangen, aber nicht von einem Mann in meiner Position. Für stupide Befehlsfolge haben Sie mich nicht engagiert.“ Sie quittierte den Einwand mit einem Nicken. „Das mag ich so an Ihnen. Denken Sie daran, dass ich Ihnen mit meinen Verbindungen zu Ihrer Agentur bei Bareesh dem Hutten verholfen habe...“ „Ba'djedet dem Exzentriker und Möchtegern-Hutten,“ korrigierte Raz sie ein wenig tadelnd. „Sie wissen doch wie´s im Huttenraum läuft, Raz. Partner eines Partners zu werden ist die beste Sicherheit, die man sich auf Hutta verschaffen kann. Näher kommen sie an einen legalen Beruf auf Hutta nicht heran, es sei denn, Sie möchten wieder für die HuttSec arbeiten....“ „Nicht bei diesen korrupten Paramilitärs! Ich war als Freelancer sicherer als in den Reihen dieser Verbrecher, die von den Hutten polizeiliche Gewalt erteilt bekommen und das Wort Gewalt wörtlich auslegen. Sie meinen, ich bin Ihnen was schuldig? Ich weiß genau, wer mir den Job auf diesem Planeten verschafft hat, mit dieser Morina und ihrer durchgeknallten Karbonit-Freundin...“
    Maladie schüttelte den Kopf, schien beinahe belustigt. „Was Sie mir schulden ist ein Vertrauensvorschuss, nicht mehr und nicht weniger. Sie haben jahrelang überlebt auf Nar Shaddaa, und ich bin sicher, Ihre Jobs waren zum Teil gefährlicher als der Einsatz in Xim´s Archiven. Ich habe bereits mehrere Szenarien ausgearbeitet, bevor ich mich mit Ihnen in Kontakt gesetzt hatte.“ Sie tippte sich an die Schläfe. „sie sind ein cleveres Bürchchen, das weiß ich zu schätzen. Und sie denken, bevor Sie die Waffe benutzen. Aber ich bin Ihnen immer drei Schritte voraus, und ich habe genügend Pläne, um uns hier nicht nur heraus zu bekommen, sondern auch noch meinen Tod und den der Sith vor zu täuschen. Ein paar passender Leichen liegen bereits tiefgekühlt bereit in einer Droidenklinik, wo ich ein paar Droiden gehackt habe, als mein Einsatzteam sich dort versteckte. Vertauen Sie mir einfach. Ich sehe ehrlich gesagt keine andere Wahl für Sie. Ich bin hier der Lorda, oder sehen Sie das anders?“
    Raz blinzelte und beschloss, keine weiteren Fragen stellen. Er war sich darüber bewusst, dass je weniger er wusste, desto weniger er würde zur Rechenschaft gezogen werden, falls die Imperialen ihn fest nahmen. Im Moment arbeitete er im Auftrag einer imperialen Kommandosoldatin, das war zumindest oberflächlich betrachtet kein Verbrechen gegen das Imperium.


    „Gibt es für die Sith ein Kopfgeld?“
    Maladie blickte zu Fosbery herüber, der mit einem gefüllten Rucksack an die beiden heran getreten war. Er reckte das Kinn, erwartete eine Antwort. Sie beäugte ihn kritisch. „Das ist meine Beute, Ihr sollt mich und meine Fracht von diesem Drecksplanet runter schaffen. Ich habe da bereits einige Fluchtwege ausgearbeitet. Was ist mit dem Raumschiff? Habt Ihr das sicher?“
    „Ja,“ beagnn Raz. „Nein,“ unterbrach Fosbery, „diese Söhne-Tions-Schmuggler sind doch ein Risikofaktor. Wir sollten das Schiff besser nicht anfassen.“
    „Ich habe sie gut geschmiert. Das Schiff, das wir vor ein paar Monaten hier gelassen haben, ist sauber. Es ist unsere beste Fahrkarte hier heraus. Allerdings war nicht unbedingt die Rede davon, dass Sie auf der imperialen Fahndungsliste stehen und eine Sith entführen.“ erklärte Raz und setzte Kagekaze eine Injektion. Maladie betrachtete scheinbar gedankenverloren Fosbery, wandte sich dann Raz zu, der ihre Entscheidung erwartete.
    „Leider habe ich es mir mit den Brüdern verscherzt. Da ich selbst den Kontakt für Euch mit den Brüdern vermittelt habe, könnte es sein, dass die Brüder eine hübsche Bombe oder was simpleres für uns vorbereitet haben. Ja, wir müssen eine andere Lösung finden. Zunächst einmal inszenieren wir einen tödlichen Unfall, so oder so. Dann die Flucht, tja, da bliebe noch die Möglichkeit Kopfgeldjäger, Sklavenhalter....“
    „Was? Halt, halt, ich komme nicht mit,“ sagte Raz und hob abwehrend die Hände. Maladie legte den Kopf schief. „Lasst uns hier verschwinden. Ich erkläre Euch meine Pläne auf dem Weg nach Maslovar. Als erstes gehen wir Schoppen, so kann ich nicht herum laufen. Und Frisör, dann zur Droidenklini...“ „Wir sind für Exfiltration angeheuert, nicht als Eskorte zu einem Schopping-Center, Ma'am,“ zischte Fosbery verärgert. Maladie trat an ihn heran, blickte ihm mit kalten Augen in das hagere Gesicht mit dem drei Tage Bart. Dann begann sie mit dem Zeigefinger auf seine Brust einzustechen und feuerte zischend Wörter auf ihn ab: „Mister Fozziebear. Ich bin die Auftraggeberin von Mister Raz. Ich bestimme, wie es läuft. Finde Dich damit ab, sonst bekommen wir beide ein arges Problem. Ich soll ja wohl nicht mit dieser zerschlagenen Fresse, angesengten Haaren und einer schlecht sitzenden Männer-Uniform versuchen, in Jiguna eine Fähre zum Outer Rim zu besteigen, oder wie hat sich Mister >F< das so vorgestellt? Danke, diese Stille ist himmlisch. Willst Du jetzt einsteigen oder soll ich Deinen Arsch so lange treten, bis Du drin sitzt, Fosbery?“
    Fosbery lächelte gönnerhaft. „Nenn´ mich Majycir.“
    „Ich glaube, das ist der Beginn einer wundervollen Freundschaft,“ schnurrte Maladie, als sie bekam, was sie wollte.
    Das Fahrzeug erhob sich auf ein unsichtbares Repulsorfeld. Das Fenster auf der Fahrerseite senkte sich und Raz steckte den Kopf aus der Tür und fragte in einem väterlichen Ton: „Möchtet Ihr beiden ein Doppelbett oder können wir jetzt los? Wir müssen noch eine Sith von einem Imperialen Planeten entführen.“

    https://www.youtube.com/watch?v=OE9IvLDBVP8

    „Ich kann das nicht begreifen,“ murmelte Major Caress. Sein erster Befehl war gewesen, den Soldaten ins Visier der Scharfschützen bei seinen Scouts zu nehmen. Doch warum sollte er sich einmischen, wenn die Leibgarde von Lord Democritus sich gegenseitig bekämpfte?
    Ein Leibgardist war aus der Messe gekommen und hatte eine unbekannte Sith getragen. Jung und rothaarig, aber wenn man den Gerüchten glaubte, waren alle Schüler des Lord jung bis auf Yannila, der rechte Hand des Lord. Ein Dossier über den Sith Lord hatte er gelesen, die lagen auch schön ordentlich im Datensystem seines Büros in Maslovar. Er konnte sich nicht an viele Details erinnern. Er war sicher, dass die offizielle Akte nichts wichtiges enthielt, sie diente lediglich dazu, den Lord und sein Gefolge zu identifizieren, um ihm aus dem Weg zu gehen. Es gab nur Drei Lords der Sith auf diesem Planeten, alle anderen Sith hatten geringere Titel. Dieser Democritus war Bürgermeister der nahe gelegenen Stadt und hatte ein Anwesen nicht unweit von hier. Da hörte es schon auf, Politik war nicht sein Metier. Er betrieb seit seiner Pensionierung eine kleine Feuchtfarm in der Nähe von Xims Archiven, das war aber eine ganz andere Provinz.
    Was hatte es denn nun zu bedeuten? Ein Aufstand der Schüler des Lord, und Colonel Vandra'aat war darin verstrickt? Das war im Moment die einzig plausible Erklärung.
    „Nicht feuern. Wir verhalten uns passiv.“ befahl er seinen Kompaniekommandeuren. Dann wandte er sich zu seinem Adjutanten um.
    Auf dem Bildschirm, von dem sich der Offizier abwandte, schoss der Leibgardist einen Blasterbolzen auf den Truppentransporter ab. Das Fahrzeug verschloss automatisch das seitliche und das Heckschott. Nur drei Leibgardisten hatten es geschafft, aus den schließenden Schotten zu hechten. Inzwischen hatte einer der beiden Männer, welche die bewusstlose Sith hielten, ihre Beine los gelassen und den Griff eines Lichtschwertes vom Gürtel gezogen. Er wurde von zwei von vier Blasterschüssen des anstürmenden Leibgardisten getroffen und ging in die Knie, während der Leibgardist weiter auf den verbliebenen Mann zu rannte, der in seinen Armen den schlaffen Oberkörper der Sith hielt.
    „Bauen Sie eine Direktverbindung zum Gouverneur auf.“ befahl der Major mit belegter Stimme. Sein Adjutant runzelte die Stirn. Caress schlug sich mit der flachen Hand klatschend auf den Oberschenkel. „Verdammt! Sieh zu, dass Du ihn aus dem Bett holst! Ich wollte im eigenen Bett sterben, aber wenn diese Angelegenheit hier ein Putschversuch ist, gehen wir alle drauf! Mach schon, bevor ich es mir anders überlege und nach Vorschrift vorgehe!“


    „Eintausend? Wen benutzt Ihr für Eure Aufklärung? Ich habe einhundert meiner Krieger draußen versammelt. Ihr wisst genau, dass Eure Soldaten sie abschlachten würden. Ihr habt mich doch schon, was soll das Gewäsch?“ knurrte der Lord.
    Blutklinge bekam beinahe einen Schock. Er sah, wie Faust sich vor dem Lord auf baute und zu ihm hoch blickte. Er wollte etwas erwidern, doch Blutklinge riss ihn an der Schulter herum. Wild funkelnd starrte der kleine Sith in die gelben Augen des Zabrak.
    „Nehmen Sie Ihre Position ein Shiver!“ befahl er barsch. Faust blickte noch bedrohlicher, seine buschigen Augenbrauen trafen sich fast über der Nasenwurzel. Der blickte plötzlich Überrascht an Blutklinge herab, als er eine Bewegung an dessen rechter Schulter bemerkte. Er sah, wie der Offizier die Hand auf den Griff seiner Blasterpistole gelegt hatte. Er blickte zurück in Blutklinges Augen. Dann nickte er.
    „Jawohl, Red One.“ antwortete Faust und nickte. Faust stellte sich hinter Andron und und winkte seinen Droiden heran.
    „Mein Lord, ich erbitte den sofortigen Abzug Eurer Truppen. Sie sollen sich zurück ziehen in ihre Basis Burg Langenberg.“ sagte Blutklinge.
    Über die Schulter des Lord sah er Androns Gesicht, der fragend die Augenbrauen erhoben hatte.
    Der Lord lachte verächtlich. „Schön, ich mag Eure Furcht, Soldat. Das ist es, was Ihr haben solltet: Ehrfurcht und Demut! Wir sind das Imperium, Ihr seit nur unsere Werkzeuge, unsere Diener! Ein Soldat, der einem Sith befehle erteilt.“ er schüttelte den Kopf. „Wie tief sinkt unser Imperium noch?“
    „Mylord, ich muss darauf bestehen!“
    „Democritus,“ sagte Amanirenas, „Deine Krieger sind wertlos für Dich geworden. Es spielt wirklich keine Rolle, ob sie dort oben auf uns warten oder auf der Burg. Aber ich sehe zwei Wege, und auf diesem Weg wirst Du zumindest noch einige Minuten länger leben.“
    „Was erzählst Du da?“ fragte er etwas unsicher.
    Amanirenas blickte immer noch durch ihn hindurch. „Ich sehe die Macht, und ich sehe, wie Dein Lebensfaden hier zerreißt und wie er dort die Rampe hinauf führt.“
    „So eine Macht hast Du nicht!“ erklärte er mit einem höhnischen Unterton.
    „Was soll das bedeuten?“ fragte Faust neugierig.
    Blutklinge schüttelte den Kopf.
    „Ich sehe die Macht.“ wiederholte Amanirenas.
    „Wir alle spüren die Macht, Du verwendest die Vorhersehung?“ fragte Faust.
    „Ich höre, fühle, rieche, schmecke und sehe die Macht.“ erklärte sie mit entrückter Stimme.
    Der Sith grunze und zog einen Scanner vom Gürtel.
    „Eine Überdosis von AN26-3PR“ erklärte er und scannte sie.
    Democritus lachte laut auf. Blutklinge nutzte die Unterhaltung und sendete eine codierte Botschaft an Orea.
    „Faust, wie erbärmlich!“ lachte der Lord. „Aber verständlich. Ich habe natürlich die Probleme beseitigt, die vor zwanzig Jahren zum Abbruch des Projektes führten. Und mein Ambrosia nenne ich übrigens AN26-6a.“
    „Ihre Gehirnaktivität ist weit über der Norm.“
    „Schau Dir lieber die Midi-Chlorianer an. Ich wette, sie hat die zehntausend überschritten.“
    „Unwahrscheinlich,“ sagte Faust und näherte sich Amanirenas.
    „Wir müssen los!“ knurrte Andron und spähte über die Schulter des Lord zu seinem Vorgesetzten. Blutklinge tippte jedoch an seinem Datapad herum.
    „Sie wird nach meinen Berechnungen Werte weit über elftausend erreichen,“ erklärte der Lord. „Und was ihr Meister-Alchemisten nicht begriffen habt ist, dass die Erhöhung der Midi-Chlorianer ein Ausgleich ist. Ihr Körper kann durch das Ambrosia eine größere Menge der Mikroben aufnehmen. Sie vermehren sich gerade, strömen aus der Umgebung in sie ein, bis ihr Körper gesättigt ist. Wenn Sie regelmäßige Dosen Ambrosia nimmt, bleibt der neue Wert gleich. Jetzt aber wird sie gerade zu belagert, weil ihr Körper ein Machtungleichgewicht dar stellt. Deshalb habe ich nur die in der Macht schwachen Potentiale als Gefährtinnen ausgewählt. Kagekaze hatte bei den letzten Tests einen Wert von vierzehntausend erreicht, Faust. Und sie ist kein überdurchschnittliches Potential.“
    Faust steckte seinen Scanner weg und schielte mit schief gelegten Kopf zu Democritus herüber. „Was für Werte hätte wohl ein Darth Magus erreicht?“ fragte er nachdenklich. Democritus lachte ihn aus. „Was wird der Imperator erreichen, wenn ich ihm meine Schöpfung präsentiere?“
    „Ihr beide seit geblendet,“ meldete sich Amanirenas. Die beiden Sith blickten sie verwundert an.
    „Meine Macht hat sich nicht erhöht. Ich bin die gleiche geblieben. Aber ich sehe jetzt, was ich erreichen kann, zu was ich meine Talente entwickeln kann. Die Midi-Chlorianer sind nicht wichtig. Wir alle sind nur kleine, autonome Teile der Macht. Alles ist nur ein Teil der Macht! Es gibt keinen Unterschied, alles ist eins!“
    „Das ist eine äußerst abwegige Theorie, die bereits von unserem Orden verworfen wurde, bevor er sich auf Korriban ansiedelte,“ sagte Faust missbilligend. „Das Ambrosia wirkt sich auf Deine Gedanken aus. Ich habe allerdings zur Sicherheit einen Neutralisator hergestellt,“ erklärte er und zog ein Etui von seinem Gürtel.
    Democritus zischte: „Nein, nein, mein guter Meister-Alchemist! Das war schon immer der Fehler! Deshalb wurden die Testpersonen wahnsinnig. Das Elixier muss ausschleichen, die Midi-Chlorianer verlassen sonst den Körper eben so schnell, wie sie sich in ihm angesammelt haben. Damit und mit dem Kontrollverlust, kommt weder der Körper, noch der Geist klar. Du hast wirklich keine Ahnung, oder?“
    Faust zuckte die Schultern. „Es hat mich ehrlich gesagt nie interessiert. Das Elixier der Weisheit, meinetwegen auch Ambrosia war mir schlichtweg egal. Ich wurde nicht gefragt, ob ich der Forschergruppe beitreten wollte, es wurde so befohlen.“
    „Und jetzt versteckst Du Dich hinter einem Darth und verfolgst Deine Experimente der Unsterblichkeit? Heimlich, unter dem Mantel des Darth, der keine Ahnung hat, was Du in seinem Gefolge so treibst, welche Experimente Du mit jungen Frauen machst? Wer von uns beiden ist bedauernswerter, alter Mann? Mit meinen Ressourcen und Verbindungen könnte ich Dein Projekt vollenden, noch bevor Du an Altersschwäche stirbst.
    Schließe Dich mir an, dann vollenden wir gemeinsam Ambrosia und wenden uns Deinem Projekt zu.“
    „Das hat Dir Kagekaze erzählt!“ rief Faust erbost und stampfte auf den Boden.
    „Und Du, liebliche, schöne, mächtige Amanirenas, Dir gefällt mein Ambrosia, nicht wahr? Du wirst es jeden Tag bekommen, und wir beide werden großes erreichen, wir werden mächtig werden, das kannst Du doch auch spüren, oder nicht?“
    Sie lächelte ihn an.
    „Du hast noch ein paar Minuten, wenn Du Deine Garde ab ziehst. Bitte bereite Dich darauf vor, in der Macht auf zu gehen, denn schon bald wirst Du aufhören, als dieser Teil der Macht zu existieren, Democritus.“
    „Vier Minuten weniger. Wir sollten los, Red One,“ meinte Andron dazu.
    Der Zabrak blickte von seinem Datapad auf.
    „Lord, zieht Ihr die Garde jetzt ab?“
    Andron nickte seinem Kommandanten zu und löste mit einem kybernetischen Befehl die Sicherheitssperren seiner implantierten Klinge.


    Maladie hatte den verbliebenen Leibgardisten angesprungen, ihr linker Fuß berührte seine Brust kaum, die Spitze ihres rechten Stiefels knallte ihm unter das Kinn, dann hatte sie sich bereits überschlagen und kam auf beiden Beinen auf. Der Leibgardist fiel zurück und riss Kagekaze mit sich, die er in den erschlaffenden Händen hielt.
    Maladie war bereits herum gewirbelt und auf die Knie gegangen, gab ein paar Schüsse ab, rollte sich über die rechte Seite, feuerte, stand auf und raste zwei Schritte Rückwärts.
    Ihre Schüsse waren nicht besonders präzise, die Waffen der Leibgardisten waren nicht über ihre Handflächensensoren mit ihren Gefechtscomputern verbunden. Insbesondere mit dem Blaster in der linken Hand traf sie nicht ein einziges Mal. Dennoch erwischte sie einen der Leibgardisten zweimal schwer an den Gliedmaßen. Die Anderen traf sie lediglich auf den stärker gepanzerten Schutzwesten ohne Schaden zu verursachen.
    Einer der Leibgardisten hatte inzwischen sein Lichtschwert gezogen und wehrte tatsächlich ihren Blasterbolzen ab. Der andere verbliebene Gegner feuerte auf Maladie und verfehlte sie nur knapp.
    Maladie sprang auf die Haube des verbliebenen Luxusgleiters und feuerte unablässig einzelne Schüsse, schaffte es allerdings nicht, erneut zu treffen.
    Dann war sie hinter dem Fahrzeug verschwunden. Sie nutze die Gelegenheit, die Waffen auf Salvenmodus um zu schalten, warf einen schnellen Blick auf die Ladeanzeige und hob dann den Kopf etwas weiter rechts hinter dem Fahrzeug.
    Ein Leibgardist hatte sich über Kagekaze und seinen Bruder gebeugt, auf dem die Akolythin noch lag. Der andere war inzwischen näher am Fahrzeug und hielt sein Lichtschwert in Bewegungen. Maladie erkannte Sho-Chi, den Schwertstil für Anfänger. Er war nur noch Acht Meter entfernt. Sie überlegte einige Millisekunden, gab dann mit beiden Waffen Salven auf den Lichtschwertschwinger ab, linker Hand auf seinen rechten Oberschenkel, rechter Hand auf seinen linken Arm. Er wehrte tatsächlich einen Blasterbolzen ab, allerdings brannten die übrigen ein Loch in die wesentlich dünnere Gewebepanzerung am linken Oberarm. Die Schüsse auf das Bein gingen knapp fehl. Schmerzen ausblenden wie ein echter Sith konnte der arme Krieger nicht, er schrie auf und war der nächsten Salve schutzlos ausgeliefert.
    Maladie legte bereits auf den Kopf des anderen Leibgardisten an, als der Kagekaze fallen ließ und seine Hände erhob. Dann stand er auf und ging mit erhobenen Händen rückwärts.


    „Wie kommen Sie in eine gesicherte Frequenz?“ fragte der Major verärgert. Sein Nachrichtenoffizier arbeitete bereits mit heißen Ohren weiter hinten in der Operationszentrale des schweren Panzers an der Lösung des Problems.
    „Das ist nicht die entscheidende Frage, Major Caress. Sie befinden sich auf einer Reserveübung und haben ihr Operationsgebiet um 120 Kilometer Südwestlich verfehlt. Es ist daher eine legitime Frage, wie ihre Navigationssysteme so versagen konnten.“ erwiderte eine offensichtlich elektronisch veränderte Stimme aus dem Comlink.
    „Das ist Klassifiziert!“ blaffte er zurück.
    Orea runzelte die Stirn. Blutklinge hatte sie von den genauen Wortlauten informiert. Sie beide folgerten aus dessen Worten, dass der Lord nichts von dem Bataillon wusste. Die als 21. Bataillon der Reserve Orbital Defence Desevro identifizierte Einheit stand demnach nicht unter dem Kommando von Lord Democritus. Die Einheit war eine logische Wahl, da sie nahe des Dagger-Komplex in den Sümpfen eine Übung abgehalten hatte. Als sich zunächst aus dem benachbarten Naturreservat die Leibgardisten dem Komplex genähert hatten und schließlich auch das Bataillon aus der gleichen Richtung anrückte, war nicht zu erkennen gewesen, dass es sich um Einheiten mit unterschiedlichen Befehlsgebern handelte. Wer gab denn nun die Befehle an das Bataillon und welche waren es?
    Orea vermutete daher, dass irgendwelche Auffälligkeiten, aufgefangene Unterhaltungen zwischen dem Nest und dem Team dazu geführt hatten, dass das imperiale Oberkommando dieses Planeten das Bataillon entsendet hatte, um nach dem Rechten zu schauen. Die Frage war nur, wie man aus dieser Sache heraus kam, ohne dass weitere Fragen gestellt wurden. Sie hatten hier keine offizielle Befugnis. Das Kommandoteam der Siebten Imperialen Sondereinheit befand sich offiziell auf einer Manöverübung in einem der versumpften Täler unweit von Kaas City auf Dromund Kaas. Ebenso wie der Rest der Kompanie, die in weniger als 26 Stunden hier heimlich eintreffen sollte.
    Die ganze Sache war zu dem Zeitpunkt aus dem Ruder gelaufen, als Blutklinge beschlossen hatte, sich vor der anrückenden Truppe im Dagger- Komplex zu verstecken. So wie es aus sah, hätten sie aber auch nicht mit Amanirenas durch die Wälder fliehen können, weil der Lord und seine Schülerinnen die Sucherin immer durch die Macht verfolgen konnten.
    Für Schuldzuweisungen war keine Zeit und auch keine Veranlassung. Wichtig war die Mission.
    Sergeant Vers schickte Orea eine Datenkolonne auf ihren Bildschirm.
    „Ich bin Commander Madene Culdar vom Ministerium für Information. Wie sie erkennen, bin ich offiziell auf einer Mission auf Omman. Meine Verifizierungscodes lauten...“ Orea nannte die Daten, die Vers besorgt hatte. Es war ein Bluff, insbesondere, falls die echte Culdar wirklich nicht auf Omman war. Es wäre zumindest nichts neues, wenn die offiziellen Aufenthaltsorte nicht mit den tatsächlichen übereinstimmten.
    „Das alles können Sie gerne mit Gouverneur Valshin besprechen. Er hat die Befehlsgewalt über die Einundzwanzigzste vor Sechs Minuten übernommen. Wir sind hier, um High Colonel Orbital Defence Desevro Tarnis Vandra'aat fest zu nehmen,“ kam die Stimme des Majors über das Comlink.
    „Warum benutzen Sie einen eigenen Satelliten für diese Kommunikation, Commander?“
    Orea schmunzelte. „Colonel Vandra'aat hat die Kommunikationssatelliten über dieser Hemisphäre gesperrt. Sie glauben doch wohl nicht, dass das Ministerium sich davon blind und taub machen lässt, oder, Major?“
    Die Offizierin konnte förmlich hören, wie es hinter der Stirn des Majors ratterte. Auch dieser Bluff schien zu wirken. Orea deaktivierte kurz die Kommunikation und wandte sich ihrem Kommunikationsexperten zu.
    „Vers, was wissen wir über den Gouverneur? Hat er enge Verbindungen zum Ministerium?Vermutlich arbeitet er sogar eng mit dieser Culdar zusammen? Vom Dienstgrad her ist das an zu nehmen. Wenn ich mit ihm sprechen muss, wird unsere Geschichte zusammen fallen.“
    Der Sergeant übertrug die Dienstakte des Chiss. Aufgrund der beschränkten Zugriffe war ein Großteil der Informationen ausgeblendet und mit dem Vermerk „Unter Verschluss“ gekennzeichnet. Das war bei einem so hochrangigen Offizier nichts ungewöhnliches. Sie verfügten nicht über die Datenbaken der Dark Salvation und vor allem verfügten sie hier nicht über die Sicherheitsfreigaben des Stabes der Siebten Imperialen Sondereinheit.
    Orea murmelte den Namen vor sich hin. Ihr Cheun war etwas eingerostet, es gab nicht viele Chiss im Stab der Siebten Imperialen Sondereinheit. Die meisten Chiss waren wie auch der Kommandant der SIS, Commodore Mitth'nasramo'nuruodo, oder auch Nasramo genannt „ausgeliehen“ vom Reich der Chiss für den Dienst in der Imperialen Kriegsmaschinerie.
    „Ich autorisiere Ihre Anwesenheit auf dem Gelände des Ministeriums für Information, Major Caress. Die Anweisungen von Gouverneur Senv'alshi'Nuruodo werden selbstverständlich von mir gebilligt.“
    „Äehm, Sie meinen den Gouverneur.“
    „Selbstverständlich, Major. Wenn Gouverneur Senv'alshi'Nuruodo ein Manöver auf dem Areal des Dagger Komplex wünscht, werden wir ihn selbstverständlich unterstützen. Wir haben ein Einsatzteam vor Ort, können meine Infiltratoren bei der Festnahme des Colonels behilflich sein?“
    Vers zog scharf die Luft ein. Orea bedachte ihn mit einem tadelnden Blick.


    „Achtung, Soldat auf elf Uhr, zwoundzwanzig Meter.“ meldete Calderon.
    „Du hältst Dich nicht an die Absprachen,“ tadelte Faust.
    Andron, der den Lord noch immer am Kragen gepackt vor sich durch die Korridore schob, raunte Democritus zu: „Niederknien. Kein Laut!“
    Der Lord kniete sich gehorsam nieder, Amanirenas und Faust ebenfalls.
    Ygor blieb hinter der Gruppe einfach stehen und betrachtete die Umgebung aus seinen roten Optiken.
    „Das ist keiner von Democritus Kriegern,“ flüsterte Amanirenas.
    „Das würde ich spüren.“
    „Okay, Ihr haltet die Position, ich sende die Droiden ein Stück voraus und schließe zu Metal Parasite auf.“ bestimmte Blutklinge und tippte ein paar Anweisungen in sein Datapad.
    Fünfzehn Meter und eine Biegung des Korridors weiter hockte sich Blutklinge hinter Calderon, klopfte ihm auf die Schulter und der Sanitäter überquerte den Korridor zur gegenüberliegenden Wandnische. Blutklinge rückte auf, die beiden sahen sich kurz an. Beide trugen wieder ihre getönten Multifunktionsbrillen, aber das Nicken war ein typisches, geübtes Zeichen. Sie rückten beide vor, Calderon ein kurzläufiges Blastergewehr, Blutklinge seine schwere Blasterpistole im beidhändigen Anschlag. Der Soldat im schweren Kampfanzug schien sie zu hören, vermutlich über seine ausgefeilte Sensorik. Als er sich umdrehte, hatten beide an den jeweils gegenüber liegenden Wänden eine Nische hinter einer der Stützstreben erreicht.
    „Ergeben Sie sich!“ rief Blutklinge. Seine Stimme tönte blechern aus dem Lautsprecher seiner Maske.
    Der scheinbar unbewaffnete Soldat hob die Hände. Beide kannten diese Kampfrüstung, die Kommandosoldaten trugen je nach Missionsziel ähnliche Energierüstungen. Der Rüstung fehlten Einheits- und Rangsymbole.
    „Identifizieren Sie sich!“ rief Blutklinge.
    Der Soldat senkte langsam die linke Hand und tippte sich an die Stelle zwischen den beiden Ansaugöffnungen am vorderen Teil seines Helmes. Dort waren Brandspuren zu sehen. Vielleicht konnte der Soldat tatsächlich nicht sprechen, weil sein Lautsprecher beschädigt war.
    „Alle Personen haben sich aus dem Dagger- Komplex zu entfernen,“ erklärte Blutklinge, „Wir nehmen Sie wegen Missachtung des Befehls in Gewahrsam.“ Der Soldat legte den Kopf schief und hob wider beide Hände, diesmal etwas höher.
    „Der muss die Rüstung ausziehen,“ sagte Calderon über Com, damit der Soldat ihn nicht hören konnte, „mit der Energierüstung kann er uns im Nahkampf zerfetzen.“
    Blutklinge funkte zurück: „Wie soll das gehen, Metal Parasite? In dem Löschgas würde er sofort ersticken. Wir haben keine weitere Maske.“
    Calderon zuckte ratlos mit den Schultern und zog mit der Linken Hand einen Binder unter seiner kurzen Jacke hervor.


    Maladie fragte nicht, warum der Soldat abgebrochen hatte. Sie suchte die Umgebung allerdings sorgfältig ab. Die optischen Hilfen in der Maske waren jedoch eher ein Hindernis, denn die Funktionen ihrer kybernetischen Augen wurden behindert und das Visier war mit Blut gesprenkelt. Soweit sie sehen konnte, hatten sich alle Leibgardisten in die Truppentransporter zurück gezogen. Sie steckte einen Blaster ins Halfter und lud einen neuen Energieclip nach. Dann wechselte sie die Waffen und behielt eine in den Händen. Ein Stöhnen ließ sie auffahren. Sie blickte über das Dach des Gleiters und sah, wie sich Kagekaze regte. Sie blickte auf den Blaster in ihrer Hand. Keine Stuneinstellung. Sie rief nach rechts zur Haube des Gleiters und sprang darauf, schlitterte auf der anderen Seite herunter und rannte drei Schritte weit, um dann bei der Akolythin an zu kommen. Der Blaster landete auf dem Boden und Kies spritze auf, Kagekaze begann zu würgen, als Maladie sie von hinten in einen Griff nahm und Hals und rechten Arm blockierte. Die Akolythin war noch nicht wider bei Bewusstsein, als sie sich eher reflexartig zur Wehr setzte. Ihre Versuche, sich aus der Blockierung zu lösen, schnürten sie jedoch stärker ein. Die Knöchel der linken Hand hatte Maladie auf den schlanken Hals der jungen Frau gepresst.
    Eher erschreckt bemerkte die Kommandosoldatin, dass die Truppentransporter sich auf ihre Repulsorfelder erhoben und Richtung Tor schwebten.
    Als Kagekaze sich nicht mehr bewegte, nahm Maladie die Faust vom Hals. Sie riss an den Verschlüssen des Helmes, zog ihn vom Kopf und zerrte mit den Zähnen hektisch an ihrem linken Handschuh. Dann legte sie Zeige- und Mittelfinger an die Halsschlagader der Akolythin. Scheinbar befriedigt atmete sie tief und blies eine Dampfwolke in die eiskalte Nachtluft. Dann zog sie Kagekaze in den Fond des Luxusgleiters. Ein paar Reservisten beobachteten sie aus Deckungen, handelten aber nicht.
    Der Scharfschütze des Batallions aktivierte sein Comlink, als die beiden Frauen in dem Fahrzeug aus seiner Sicht verschwunden waren.
    „Der Leibgardist hat die Sith betäubt und in den Gleiter gezogen. Die Türen schließen sich. Anweisungen, Sergeant?“
    „Wir befolgen die Anweisungen, Korporal. Angriff nur zur Selbstverteidigung. Halten Sie weiter Ausschau nach einem älteren, graumelierten Bartträger, Colonel Vandra'aat.“
    „Graumeliert bin ich selber, Jüngelchen. Affirmative, Sergeant.“


    „Sollen wir den Soldaten nicht verschnüren und hier zurück lassen, Red One?“ meinte Calderon. Blutklinge überlegte gewissenhaft.
    Er könnte sich los machen dann war er in ihrem Rücken. Andererseits hatten sie kein Personal, um den Gefangenen zu bewachen. Währen sie in ähnlicher Situation hinter den feindlichen Linien, dann wäre dies ein Gefangener republikanischer Soldat. Unter diesen Umständen wurden keine Gefangene gemacht. So war das Prozedere bei Späheinsätzen. Aber das hier war ein imperialer Soldat, ein Kamerad. Blutklinge hatte Skrupel, von ihm wurde als Offizier verlangt, die Verantwortung zu tragen und die richtigen Entscheidungen zu treffen.
    „Mechanic, wir haben den Soldaten gefesselt, aber er trägt eine Energierüstung und könnte sich befreien. Was empfehlen Sie?“
    „Ich bin Rüstungstechniker. Ich sehe, ob ihn ihn außer Funktion setzten kann. Sollen ihn seine Kameraden später bergen.“
    „Danke, Mechanic.“
    Zu Calderon gewandt sagte er: „Spähen Sie weiter vor, maximal zwanzig Meter. Das hier ist ein Gebiet, das unsere Sonden gescannt haben. Sie stoßen dort auf eine Kreuzung. Nehmen Sie zwo der Scoutdroiden mit, Metal Parasite.“
    „Jawohl, Sir.“ sagte der Sanitäter und bewegte sich vorwärts.
    Der Soldat blieb ruhig. Seine Hände waren auf den Rücken gefesselt. Da unklar gewesen war, ob sie ihn mitnehmen würden, hockte er auf seinen Knien, denn mit den Händen auf dem Rücken gebunden würde er sich selbst nur schwer aus sitzender Position aufrichten können. Und mit der Energierüstung war er auch mit mehreren Männern nicht leicht hoch zu heben. So sah Knight zuerst Amanirenas wider und lächelte still in sich hinein, als er die Frau wieder erkannte. Als dann Lord Democritus um die Ecke in sein Sichtfeld kam, sah er rot.


    Maladie hatte keinerlei Probleme damit, den exklusiven Gleiter kurz zu schließen. Was sie anhand der Kontrollen sofort bemerkte war, dass das Aussehen des Fahrzeuges eine Täuschung war. Diesen gepanzerten Gleiter hatten sie immer für einen Landspeeder gehalten, dessen Maschinen ein angenehmes Gleiten auf einem Repulsorfeld, maximal in zwei Metern Höhe über dem Gelände erlaubten. Es war jedoch ein Airspeeder, der lediglich wie ein Landspeeder aus sah. Damit waren ihre Fluchtmöglichkeiten gerade gestiegen. Sie könnte sich mit diesem Gefährt sogar bis zur Reaper- Raumstation durchschlagen. Natürlich fehlten ihr die Freigabecodes, daher wäre sie sofort gefangen. Den schweren Waffen des Bataillons war der Airspeeder auch nicht gewachsen, man würde sie mühelos aus der Luft holen. Zunächst folgte sie der Kolonne der Transportschweber, die bereits das Gelände verlassen hatten. Sie folgte ihren Instinkten, so wie sie es gelernt hatte. Niemals zurück blicken. Jede Möglichkeit nutzen und Überleben. Nur das mit dem gewissenlosen Handeln war ihr irgendwie abhanden gekommen.


    Orea starrte auf die Bilder vom Dagger Stützpunkt. Maladie hatte es geschafft, Kagekaze in den verbliebenen Landspeeder zu zerren und startete die Motoren. Sie haderte, ob der Major misstrauisch werden würde, sollte sie ihn darum bitten, das Fahrzeug auf zu halten. Ja, das würde ihn ganz sicher misstrauisch machen. Allerdings verschwand jetzt auch das einzige nächstgelegene Transportmittel, wenn man von den Fahrzeugen des Bataillons ab sah. Das wäre auch verdächtig. Sie blickte zu Vers.
    „Vers, holen Sie mir den Skipper. Ich habe einen Auftrag für ihn.“
    Als sie das aussprach, erhielt sie eine Meldung. Es war Maladie auf einer separaten Leitung.
    „Control, hier Misericorde. Ich übergebe Ihnen die Kontrolle auf Overwatch zurück. Falls Sie Overwatch anweisen, mich oder dieses Fahrzeug zu verfolgen, wird er allerdings in einen Diagnosemodus verfallen, der ihn für mindestens eine Stunde lahm legt. Das wollen Sie nicht, da bin ich zuversichtlich.“
    Orea versuchte neutral zu bleiben. Sie aktivierte die Aufnahmefunktion.
    „Wir sind unter uns, Misericorde. Sagen Sie mir, was passiert ist.“
    „Absichten sind irrelevant, Entscheidungen sind von Bedeutung,“ erklärte Maladie. Sie ging davon aus, dass sie für Ihre Befehlsverweigerung keine Gnade zu erwarten hatte. Das war vermutlich auch so.
    „Haben Sie mit Kagekaze zusammen gearbeitet um unsere Mission zu sabotieren?“
    „Zusammen gearbeitet? Nein, aber vielleicht werde ich das bald. Ich hoffe es.“
    „Sagen Sie es mir, Misericorde. Was ist ihr Ziel? Wer sind Sie?“
    „Control, ich komme aus dem Bereich der Richtstrahlverbindung. Richten Sie Mechanic aus...“
    „Misericorde? Antworten Sie?“

    Knight alias High Colonel Orbital Defence Desevro Tarnis Vandra'aat hatte sich oft gefragt, was für einen Mann es brauchen würde, der die Selbstzerstörungsfunktion der Energierüstung auch wirklich benutzte. Als er sich aus der Hocke erhob und auf den Lord zustürmte, erfasste ihn wieder das Jagdfieber. Er liebte es, wenn das Leben aus seiner Beute entwich. Dafür war er geboren worden, als Jäger, als Krieger, als Killer.
    Der Anzug war betrieben von einem Power Pack. In diesem Fall ein kleines Plasmakraftwerk, das aus Gas Energie erzeugte. Daher war die Energierüstung mehrere Tage einsatzbereit und Tarnfeldgenerator und auch der Personenschildgenerator erheblich länger und häufiger betriebsbereit als tragbare Modelle mit auswechselbaren Energieclips. Das Power Pack war in den Anzug eingearbeitet zwischen der massiven Rückenplatte und der dünneren aus mehren Einzelplatten bestehenden Rückenpanzerung darunter. Die Explosion wurde hauptsächlich von den beiden massiven Front und Rückenpanzern gedämpft, Die Arme flogen mit großer Wucht durch die Gegend, ebenso der Helm mit dem Kopf darin. Knight hatte das gewusst und seinen Oberkörper gebeugt und Democritus mit seinem Helm in der Magengrube getroffen. Es waren die fast ungebremsten Plasmaentladungen im Nacken der Energierüstung, die den einzigen, ungepanzerten Teil des Lord erwischten: sein Gesicht. Democritus wollte noch ausweichen, doch Andron hielt den Lord eisern fest, der noch zu geschwächt von seinem letzten Kampf war, um sich aus dem durch künstliche Muskeln gestärkten Griff des Cyborgs zu lösen. Und Andron hatte hinter dem hochgewachsenen, breitschultrigen Lord viel zu spät die Gefahr erkannt. Er hatte beinahe seine implantierte Klinge ausgefahren, um den Lord zu enthaupten, als er zurück geschleudert wurde und den Lord mit sich nach hinten riss. Er fiel schlitternd auf den Rücken und der Lord auf seinen Brustkasten, das trieb dem Kommandosoldaten zweimal die Luft aus den Lungen. Als er den Kopf hob, sah er das verkohlte, schwelende Profil eines mit schwarzen Fleischfetzen bedeckten grinsenden Totenschädels.
    Beim Fallen hatte Andron den alten Sith gestreift, der gegen die Wand geschleudert wurde, allerdings nur einen blauen Fleck davon trug. Faust starrte direkt in die verbrannten Überreste von Democritus Gesicht zu seinen Füßen. „Bedauerlich,“ kommentierte er.
    Amanirenas hatte wie in Trance das Ende von Democritus Lebensfaden gesehen, war einen Schritt zur Seite getreten, als der Soldat sich erhob und einen Schritt hinter den Soldaten getreten, als er an ihr vorbei war. Ihre bereits zerstörte Frisur war bei der Explosion erhitzt worden, sie hatte einen kurzen Schmerz am Hinterkopf gespürt und ihre Haare waren dort zu kleinen Kräuseln zusammen geschmolzen und bildeten jetzt einen harten, stinkenden Haarkranz. Das Löschgas in den Gängen verhinderte weitere Unannehmlichkeiten. Abgesehen von starken piepsen auf den Ohren aller Beteiligter, mit Ausnahme von Andron, der Schallschutzdämpfer in seinen Ohren implantiert hatte, war die Truppe gesund und unversehrt. Andron hatte sich allerdings die Hand verrenkt und seine fast verheilte Schulterwunde war zum Teil auf gerissen. Jetzt konnte er wieder seinen linken Arm nicht mehr einsetzen.
    Calderon sprang zu allen Beteiligten und suchte sie nach Verletzungen ab, obwohl er etwas torkelte und ihm Blut aus dem linken Ohr sickerte. Sein Trommelfell war geplatzt, aber der zähe junge Kommandosoldat hatte seine Angst gut unter Kontrolle und versuchte sich zunächst ein Bild zu machen, wer die Hilfe am nötigsten hatte.
    Blutklinge gab sich die Schuld dafür. Er war der Meinung, bei all den Geschichten über die fanatischen Leibgardisten hätte er damit rechnen müssen. Er sagte nichts, befahl seiner Truppe weiter zu marschieren.
    Amanirenas hatte sich zu dem Leichnam nieder gekniet, und ihre Hände über ihn gehalten. Sie spürte, wie einige Midi-Chlorianer durch ihre Hände in sie ein drangen. Sie spürte, wie die Macht den leblosen Körper verließ. Es war überwältigend und gleichzeitig traurig. Sein Tod bereitete ihr keine Genugtuung, sie war auch nicht erleichtert. Sie hätte sich nie gedacht, noch einmal etwas anderes als Hass für ihn empfinden zu können, doch sie hatte sich getäuscht. Der Hass war bereits verflogen, als das Ambrosia ihre Kräfte gesteigert hatte und sie erleuchtet wurde.
    Beinahe sanft legte Faust seine Hand auf ihre Schulter. Sie blickte verwundert auf.
    „Wir müssen weiter, Amanirenas.“ sagte er mit einer genervten Stimme. Sein Auftrag war soeben zum größten Teil fehl geschlagen.


    Zwei Abschnitte vom Eingang entfernt hatten sie über die vorderste Spähsonde wieder Kontakt zu Orea und Vers.
    Sie informierte sie darüber, das die Soldaten nichts mit den Leibgardisten zu schaffen hatten. Das Bataillon suche den Colonel, der sich wohl möglich hier auf dem Gelände aufhalten solle.
    Amanirenas runzelte überrascht die Stirn, als Blutklinge das Holo von Colonel Tarnis Vandra'aat herum zeigte. „Der wird gesucht.“ erklärte er kurz angebunden. „Das ist Knight. Einer der Menschenjäger.“ sagte sie tonlos.
    Andron fasste sie sanft am Arm. Sie blickte zu den fischigen Augen des Kommandos auf. „Nein, den habe ich nicht getötet. Der einzige, der mir entkommen ist. Oder der nicht zu mir gekommen ist.“
    „Control, der Offizier ist uns nicht begegnet. Werden wir Schwierigkeiten haben deswegen?“ fragte Blutklinge Orea per Com.
    „Nein, ich denke nicht. Bleiben wir bei dem Plan.“
    „Wir brauchen eine Geisel. Nehmen wir mich zum Beispiel,“ bot Faust an.
    Andron legte den Kopf schief. Faust blickte ihn überrascht an.
    „Sie haben Ähnlichkeit mit dem Bild des Colonels,“ behauptete er.
    Der Sith schnaubte unter seiner Maske. „Das ist doch lächerlich!“
    Blutklinge betrachtete das Bild genauer.
    „Grauhaarig, Vollbart. Bei allem Respekt, Sir, vielleicht ist eine Verwechselung möglich.“
    Der kleine Mann stemmte die Händen in die Hüften. „Na großartig. Jetzt wird ein Sith der alchemistischen Künste schon mit einem Colonel der orbitalen Verteidigung verwechselt?“
    Andron zuckte mit den Schultern, bereute es jedoch, als sich seine Schulterwunde meldete.
    „Sie sind der einzige Sith, der als Offizier in der imperialen Navy dient. Zumindest nach meinem Wissen.“
    Jetzt zuckte der Sith mit den Schultern. „Ich habe einen Doktor in alternativer Medizin, mein Junge, und es ist der Posten, wo ich meinem Darth am besten dienen kann.“
    „Anstelle mit uns Kommandos an der Front zu stehen, so wie die anderen Sith im Gefolge unseres Darth?“ fragte Andron herausfordernd.
    Der Sith hob drohend den Zeigefinger. „Sie gehen zu weit.“
    „Für einen Alchemisten sicher ein guter Ersatz, die Labore eines Harrower-Schlachtschiffes,“ vermutete Amanirenas.
    „Öehm... die Anschuldigungen des verblichenen Lord Democritus sind aus der Luft gegriffen. Ich warne Sie alle vor weiteren Diffamierungen!“
    „Jawohl Sir. Was machen wir mit Ihrem Aussehen?“ fragte Blutklinge drängend.
    „Sir, ich habe Rasiercreme. Ohne den Bart...“ bot Calderon an und öffnete bereits seine Tasche mit medizinischer Ausrüstung.
    „Was? Nein! Nicht den Bart!“
    „Ich melde, Ihr Transportmittel wird in zwölf Minuten eintreffen. Halten Sie sich bereit, Red One.“ hörte Blutklinge Orea auf seinem Comlink.
    „Verstanden Control. Wir werden bereit sein.“
    „Entschuldigung für die Frage, Ihr biologischen Soziopathen. Was wird jetzt aus all den fanatischen Ordenskriegern?“ verlangte Ygor zu wissen.

    Kaum war Andron um die Ecke gesprintet, als er einen Feuerstoß auf das Halbprofil des Lord abgab. Keine Sekunde zuvor hatte Democritus beinahe einen Schlag verspürt in der Vorahnung mehrerer Treffer und war zurück gesprungen. Die Machtblitze verebbten, als die Blasterbolzen heiße Spuren durch die Luft zwischen Amanirenas und Democritus zogen.
    Democritus sah, wie Amanirenas ihm nach setzte, blickte nach links und schaute in die schimmernden Augen des greisenhaften Faust. Er erkannte seine hässliche Visage kaum wider. Vor zwanzig Jahren war Faust noch einen halben Kopf größer und nicht so spindeldürr gewesen. Auch sein grauer Haarkranz war damals leicht ergrautes Vollhaar gewesen. Aber die zynischen Augen waren noch immer die gleichen. Und der Lord spürte jetzt auch, was Faust mit ihm an stellte. Der alte Sith schloss seine krallenartigen, ausgestreckten Hände zu Fäusten und machte eine Abwärtsbewegung. Democritus verlor den Boden unter den Füßen und sackte plötzlich auf die Knie. Andron war überrascht von der Bewegung, doch sein manipuliertes Nervensystem, das hoch-getaktete Pumpen seines Kunstherzens und die Adrenalin und Ephedrininjektionen trieben ihn vorwärts, stachelten ihn zur Aktion an. Der in seinem Cortex implantierte Gefechtscomputer bettelte mit in den Sehnerv eingeblendeten Symbolen gerade zu um einen Kopfschuss auf den Lord. Aber er war kein Droide, sondern ein erfahrener Soldat. Die Abwärtsbewegung dauerte nur eine halbe Sekunde, bevor die Knie des Lord auf dem Boden auf schlugen, doch die Bewegung wirkte so künstlich, dass Andron sofort die Macht dahinter vermutete. Er folgte nicht den Instinkten und taktischen Empfehlungen, sondern näherte sich langsam und schussbereit ohne zu feuern.
    Amanirenas spürte, wie der Lord schwächer wurde. Eine pulsierende Woge der Macht peitschte zwischen Democritus und Faust hin und her. Der Lord büßte jetzt für seine Überheblichkeit. Aber sein Blick schien ungebrochen, Arroganz und Selbstvertrauen schossen aus seine Augen, während er sich krümmte und dabei versuchte, zumindest aufrecht zu knien.
    Die Sucherin spürte, wie er seine Kräfte sammelte, um sich von der Schwächung durch Fausts Angriff zu befreien. Sie trat einen letzten Schritt vor und hielt Democritus das Lichtschwert unter das Kinn, nur Millimeter weit entfernt. Seine Augen verdrehten sich mit aufkeimender Furcht, er versuchte, an seiner Maske vorbei die Spitze des Kraftfeldes zu sehen, in dem die fokussierten Kräfte des Lichtschwertes flossen. Dann blickte er in Amanirenas Augen.
    „Wir haben den Lord,“ meldete Andron.
    „Verstanden. Status Metal Parasite?“ fragte Blutklinge.
    „Sir, die Droiden melden Lebewesen in der Dorfattrappe am Ende des Tunnels. Wir sitzen fest!“ meldete sich Calderon sofort.
    Blutklinge, keine zwanzig Meter entfernt im dritten Stock eines Gebäudes kauernd gab einen Schuss aus seinem Scharfschützengewehr ab. Das Hochgeschwindigkeitsprojektil erwischte einen Leibgardisten, der in das Labyrinth eintreten wollte an der Hüfte. Ihm wurde ein Teil des Beckens abgesprengt und das Bein abgerissen. Dahinter sah der Offizier weitere Gestalten und das diffuse rötliche Leuchten von Lichtschwertern.
    Die Daten von Control zerrten auch an Blutkinges Nerven, vielleicht hatte er deshalb beinahe den Soldaten verfehlt. Maladie hatte zwar nicht geantwortet, aber er hatte über ihr Comlink und einen Scoutdroiden eine kurze Zusammenfassung von Orea in ihrem Hauptquartier im Bungalow der Ferienanlage erhalten. Eine Streitmacht hatte das Gelände fast komplett umstellt, mehrere Panzerfahrzeuge mit Artillerie konnten das Gelände und auch den unterirdischen Dagger-Komplex einebnen. Hundertzehn Leibgardisten, von denen mindestens sechzig irgendwo vor ihm in den unterirdischen Korridoren sein mussten. Die zwei oder Drei, die sich hinter dem Eingang zum Labyrinth verschanzten, waren nur die Vorhut.
    „Wir haben Probleme am Eingang. Fordert vom Lord, dass sich seine Leute ergeben, Mechanic!“


    Andron blickte zu Faust herüber. Er vollzog seltsame Bewegungen mit seinen Händen und ließ den Blick nicht von Democritus.
    Also war er jetzt wohl an der Reihe, Forderungen zu stellen. Betäubungsschuss war wohl kontraproduktiv, schoss es ihm durch den Kopf. Der Lord sollte zu seinen Leuten sprechen.
    „Mylord, befehlt Euren Leuten den Rückzug!“ befahl er.
    Der Lord lachte.
    „Tute wie Dir geheißen wurde, Democritus!“ zischte Faust und verstärkte die Korruption. Democritus ächzte. Nicht nur wegen der Schmerzen, die seinen Körper wie Feuer umhüllten und das Fleisch von seinen Knochen zu reißen schienen. Er ächzte, weil er sich so verwundbar, allein und machtlos fühlte. Der Kampf mit Amanirenas hatte ihn geschwächt, der hinterlistige alte Sith hatte ihn überrumpelt. Er würde keinen der beiden heute mehr besiegen können.
    „Lass es, mein Liebster. Ich kenne eine bessere Methode. Ich schlage Dir den Kopf ab, dann werden Deine Leibgardisten die Führung verlieren und zusammen brechen!“
    Er blickte in ihre funkelnden, mordlüsternen Augen. Sie bluffte nicht.
    „Das hast Du Dir nicht verdient, Amanirenas. Alleine hättest Du mich nie besiegt.“
    „Du siehst demnach ein, das wir Dich besiegt haben,“ folgerte Faust und ließ den Lord abermals aufkeuchen.
    „Jetzt mach das Deinen Leibgardisten klar!“



    Der Leibgardist kletterte aus dem Schacht heraus, das Lichtschwert strahlte in seiner Hand, auch wenn er es sicherlich nicht verwenden konnte, solange er mühsam mit einer Hand die Leiter empor kletterte. Dann sah er die Gestalt am Boden liegen. Das war die neue Herrin, Kagekaze. Er hatte ihre machtvolle Aura bereits Tags zuvor gespürt, als seine Gruppe von Lord Democritus, Pherr'a und Kagekaze inspiziert wurden. Er sorgte sich um sie und näherte sich schnell, blickte sich hastig um. Es war finster in diesem Raum... eine Art Lagerraum, aber die Regale waren leer. Wie ein Drahtkäfig wirkte es hier. Seine Maske verstärkte das diffuse Licht, das durch ein paar Oberlichter herein fiel und von dem in der Nähe stehenden Kordon aus Transportgleitern kam. Es war still und leer, er deaktivierte sein Lichtschwert und hockte sich neben die lieblichen jungen Göttin, der er dienen durfte.
    Sie schien zu atmen, wie er erleichtert fest stellte.
    Sein Bruder streckte gerade den Kopf aus dem Schacht, als ihn ein Stiefel traf und er polternd den Schacht hinab fiel. Seine Maske sorgte dafür, dass sein Schreien nicht zu hören war. Der erste Leibgardist wirbelte herum und sah, wie sich aus dem Nichts eine Frau in einem schwarzen Mantel materialisierte. Ihr Tarnschild war zusammen gebrochen, als sie zu viel kinetische Energie durch den Tritt gegen den Kopf des Leibgardisten aufbaute. Sie warft sich auf den herum wirbelnden Leibgardisten, der neben der Akolythin hockte.


    „Was ist mit denen?“ fragte der Adjutant überrascht.
    „Comlinks.“ vermutete der Major und betrachtete die Aufnahmen des Suchdroiden Die Leibgardisten hatten sich aus ihrer Lethargie zeitgleich erholt und ihre Lichtschwerter deaktiviert. Sie zogen sich in geordneten Reihen in ihre Transportfahrzeuge zurück. Nur die Gruppe um einen der Luxusgleiter blieb in Verteidigungshaltung. Ein Soldat stieg dort mit ungelenken Bewegungen aus. Er wirkte mehr in Trance als die anderen. Sein Anzug und insbesondere Handschuhe und Unterarme waren mit einer schwarzen, rötlich schimmernden Flüssigkeit bespritzt.
    Der Major hörte seinen Adjutanten erleichtert schnauben und gestattete sich ein Lächeln.
    „Ich hoffe, das war eine Art Übung und wir haben bestanden, Sir.“
    Der Major tippte auf den Bildschirm und der Ausschnitt mit dem Leibgardisten vergrößerte sich. Seine Nackenhaare richteten sich auf, als ihm ein Schauer über den Rücken lief. Konnte das etwa Blut sein?
    „Kommandant an Kompanien Alpha, Beta, Gamma. Die Gardisten ziehen sich zurück. Stellungen einnehmen, aber nicht weiter vor rücken. Delta, was ist mit der Dorfattrappe?“

    „Mylord, legt Euch auf den Boden, Hände hinter den Rücken, Beine gespreizt.“ rief er in seinem berüchtigten Kasernenton.
    Democritus betrachtete den Hünen abfällig.
    „Du wirst jetzt fort gehen und Dein Leben überdenken!“ riet er dem Sergeanten.
    „Auf! Den! Boden!“ blaffte Andron und gab über seinen implantierten Feuerleitcomputer den Befehl, seine Waffe auf Einzelfeuer mit Überladungsschuss zu schalten.
    Democritus lächelte unter der milchigen, halb transparenten Maske.
    Andron war jetzt auf vier Meter heran. Nahe genug, um angesprungen zu werden, doch er hatte das Gefühl, dass die beiden Sith den Lord unter Kontrolle hatten.
    Democritus wandte sich wider Amanirenas zu.
    „Es ist Deine letzte Chance, Dich mir an zu schließen. Zusammen können wir mächtiger werden als selbst der Imperator!“
    Wild warf er seinen Kopf herum, als er Faust unter seiner Maske gackern hörte.
    „Das klappt nur bei kleinen Mädchen, die an Märchen glauben, Cuntz Seret!“
    „Sie teilen ihre Jugend und Lebenskraft freiwillig mit mir,“ erklärte Democritus mit einem überheblichen Lächeln.
    Faust legte scheinbar nachdenklich den Kopf schief.
    „Das würde voraussetzen, dass sie einen freien Willen haben,“ gab er trocken zu bedenken. „Welchen Wert hat denn dieser Verschleiß potentieller Verbündeter Sith als willenlose Marionetten für unsere Sache, für das Imperium? Sollen wir auf Korriban keine Brüder und Schwestern, sondern nur machtbegabtes Vieh heran züchten? Machtbatterien? Ist das Dein großartiger Plan, wie wir uns die Galaxis untertan machen?“ Mit einem grausigen Lächeln ergänzte er gedehnt: „Na, ich weiß nicht so recht, ob Du verstanden hast, um was es geht.“
    „Um was es geht? Du sprichst zu mir wie zu einem Kind!“ rief der Lord verärgert. „Wir sind Sith! Am Ende geht es nicht um das Sith Imperium, sondern darum, selbst die Macht zu ergreifen, durch die dunkle Seite der Macht zu herrschen. Wer will in der zweiten Reihe stehen, dienen und folgen? Kein wahrer Sith will der Lakai eines anderen sein!“
    Er stierte Amanirenas inbrünstig an, Faust schüttelte nur den Kopf.
    Amanirenas war beinahe erstarrt von der Macht, die sie spürte. Ihr Körper hatte aus der Not heraus immer mehr Macht aufgenommen, das Ambrosia hatte sich jetzt vollkommen in ihrem Körper verteilt und sie hatte beinahe den Eindruck, ihr Körper würde vor Macht bersten. Ihr ausgestreckter Arm bebte, die Klinge aus Energie unter dem Kinn des Lord bebte. Er interpretierte ihre Erregung falsch.
    „Ich habe einen Weg gefunden, die Macht zu potenzieren, die Macht zu kanalisieren und mit der Hilfe meiner Schüler zu etwas zu verschmelzen, das uns über alle Sith erheben wird.“ flüsterte der Lord und hielt den Blick mit Amanirenas aufrecht. Aber sie starrte durch ihn hindurch. Sie sah nur eine Ansammlung der Macht, in Form und Umriss an den Lord erinnernd.
    Sie senkte das Lichtschwert.
    „Du hast inzwischen eine korrumpierte DNA und wirst bald Deine neu erworbenen Fähigkeiten einsetzen müssen, um nicht zu mutieren,“ prophezeite der alte Sith mit ärgerlich gerunzelter Stirn. „Dein verdammtes Elixier verändert Dich zu einer korrumpierten Kreatur, die keine lebenden Nachkommen zeugen kann. Ich danke der Macht, dass Du nicht stark genug warst, talentierte Sith in Deine wahnsinnigen Experimente ein zu binden. Es ist schon schlimm genug, dass Du die Schwachen und Dummen Akolythen umgedreht hast und sie jetzt wertlos für uns sind.“
    Der Lord konnte kaum noch seine Wut bändigen. Er riss den Kopf herum und betrachtete herablassend den entfernt stehenden, alten Sith.
    Mit beschlagender Maske schrie er: „Ich habe gewöhnliche Soldaten in eine Eliteeinheit verwandelt, die bedingungslos gehorcht und bedenkenlos ihr Leben für mich opfert. Einige sind sogar in der Lage, wie echte Machtanwender mit Laserschwertern Blasterschüsse ab zu wehren. So eine Armee hat die Galaxis noch nicht gesehen, und ich kann mit meinem Wissen und meinem Elixier unbegrenzte Mengen produzieren.“
    „Du kannst unbegrenzte Mengen aus dem Genpool der Sith Kultur entfernen, weil alle ihre Nachkommen nutzlose Mutanten sein werden. Ganz toll. Also entweder endgültiger Sieg in einer Generation oder das Sith Volk stirbt aus? Ich glaube, diese Rechnung kann ich im Kopf ausrechnen. Zero, Democritus, Zero!“
    „Pha!“ sagte der Lord, während er jetzt Andron mit seinem feurigen Blick fixierte. Der Soldat wirkte äußerlich kühl, aber der Lord konnte seine Zweifel spüren. Andron dachte an das Credo >Wir leben für den Imperator. Wir sterben für den Imperator<. Er hatte sich freiwillig gemeldet, um als Cyborg eine bessere Waffe für seinen Imperator zu werden. Nach all dem, was er inzwischen erlebt hatte, würde er es wieder machen? Würde er dieses Ambrosia nehmen, um seinem Imperator besser dienen zu können?
    „Du bist voller Neid, alter Mann. Keine Visionen der Größe meiner wissenschaftlichen Erfolge. Du hast Angst, von einem jungen Alchemisten wie mir um Jahre überflügelt zu werden.“
    „Ich fürchte, Du hast lediglich das Rad neu erfunden,“ sagte Faust mit dem arroganten Tonfall. „Bedauerlich. Offensichtlich hast Du zu früh Deinen Meister getötet und abgelöst. Unsere gesamte Sith Kultur basiert auf dem Prinzip einer Sekte. Was nützt es da, wenn Du eine handvoll Soldaten konditionierst und indoktrinierst? Macht es sie zu besseren Kämpfern, zu loyalen Soldaten oder nur zu willenlosen, biologischen Droiden, die ihre geistige Flexibilität und Kreativität verlieren? Wir haben ein gesamtes Volk, das uns für Halbgötter hält und unseren Imperator als Gott verehrt. Sie alle wissen, das wir über Mächte verfügen, die weit über ihre Fähigkeiten hinaus gehen. Das Sith Volk ist seit Jahrtausenden unser loyales Gefolge, und mit welchem diabolischen Eifer dienen sie uns für die gemeinsame Sache?“
    „Aber sie alle haben keinen Zugriff auf die Macht. Meine Leibgardisten schon!“
    „Das Gespräch hat keinen Wert. Ich weiß, dass sie Deine Forschungen analysieren werden, dass sie Dich mit Samthandschuhen anfassen und höflich Fragen stellen, wenn Du kooperierst. Es wird eine Menge Zeit, Geld und Laborzeit verschwendet werden, bis die hohen Alchemisten des Darth Acharon zum selben Resultat kommen wie ich.“
    Der Lord entspannte sich. Dann lachte er siegessicher.
    „Du unterschätzt mein Wissen und meine Forschung. Aber es ist richtig, Du triffst hier nicht die Entscheidungen. Wir werden sehen, wer von uns erfolgreicher ist.“
    „Verstehe ich das richtig, er wird weiter forschen, nur diesmal mit den Ressourcen eines der Ratsmitglieder?“ ertönte Androns Stimme knurrig im Comlink des alten Sith. Faust zuckte nur die Schultern.
    Dann reckte er sein Kinn und fixierte wieder den überheblichen Blick des Lords. „Lässt Du Dich freiwillig fesseln oder sollen mein Kommando Dir noch eine Betäubungssalve verpassen?“
    „Auf den Boden, Lord, oder ich sorge dafür.“ erklärte der Soldat knurrend.
    Democritus richtete wider seinen verächtlichen Blick auf den Soldaten.
    Er sah den Stiefel kommen, aber Faust ließ ihm keine Gelegenheit zu reagieren. Schwer krachte der Kampfstiefel der Sergeanten in den Rücken des Lord. Democritus brach vor Wut schreiend zusammen, kippte vornüber und konnte gerade noch mit seiner linken Schulter den Sturz abfangen, damit er nicht mit seinem Gesicht auf den harten Boden aufschlug.
    „Sergeant, Sie haben weder Finesse noch Stil.“ erklärte Faust tadelnd.
    „Bitte heben Sie sich die Kritik für die Leistungsbewertung auf, Sir. Wir sind noch immer in einer roten Zone. Ihre... Unterhaltung hat Zeit gekostet, Sir.“
    Andron stemmte die heiße Blastermündung in das breite Kreuz des Lord.
    „Mylord, ich werde Eure Macht nicht unterschätzen. Linker Arm hinter den Rücken...“
    Andron versorgte den Lord mit einem Paar Binder aus Durastahl, die auf einen Codezylinder des Sergeanten reagierten und sich verschlossen. Dann packte Andron den Lord an seinem Umhang und zerrte ihn mit der linken Hand nach oben, als würde er eine Puppe hoch heben.
    „Lord gesichert, Red One.“


    Orea hatte inzwischen eine Sucht nach Killersticks entwickelt. Jahrelang hatte sie das leichte Rauschmittel nicht mehr genommen, aber es beruhigte ihre angespannten Nerven. Jemand hatte ein Signal an Overwatch gerichtet und der Droide in geostationärer Umlaufbahn reagierte nicht mehr auf ihre Befehle. Zeitgleich ließ sich eine Comlink über Maladies Datapad herstellen. Die taktische Offizierin glaubte, einen weiteren Sargnagel für Maladies Beerdigung gefunden zu haben. Jetzt hatten sie Comlink über einen fremdgesteuerten Droiden zum Team. Die Frage war also, wer die Verbindung belauschen konnte. Overwatch sendete aus dem Orbit per Richtstrahl, er kannte sämtliche Positionen, einschließlich jenen des kleinen, unscheinbaren Empfängers auf dem Dach des Bungalows.
    Red One alias First Lieutenant Golem Blutklinge hatte Funkstille befohlen. Dennoch hatte Orea Sergeant Vers sofort befohlen, ein Dateipaket zu versenden, das von den Datapads entschlüsselt werden konnte, die Maladie und Blutklinge als Hacker des Teams trugen. Die Situation hatte sich verwirrend zugespitzt. Das Bataillon der Reserve hatte den Dagger- Komplex halbkreisförmig umstellt, nach Süden hin war ein breiter Korridor offen, in dem sich allerdings mehrere Gruppen Scouts befanden, soweit Overwatch die erkennen konnte. Eine Kompanie durchkämmte das einen Kilometer nördlich gelegene Übungsgelände und war anscheinend auf eine wilde Siedlung gestoßen. Eine Gruppe der auf diesem Planeten als Minderheit lebenden Saheelindeeli hatte aus der Dorfattrappe ein echtes Dorf geschaffen, natürlich illegal. Das Übungsgelände und der Dagger- Komplex waren zwar still gelegt, aber noch immer Eigentum des imperialen Ministeriums für Information.
    Orea und Vers hatten nicht mitbekommen, welche Zielwechsel in den letzten Fünfzehn Minuten von statten gegangen waren. Zunächst die Fluchtoption, als die Gleiter des Lords sich näherten. Die Idee, den Lord und seine Schülerinnen zu überrumpeln, bis die Nachricht von Verstärkung den Plan vereitelte. Dann das Verstecken im Komplex, um über Geheimausgänge zu fliehen. Schließlich der erfolgreiche Angriff in der als Labyrinth bezeichneten Trainingshalle im hinteren Abschnitt des Komplexes.
    Sie hatten nur Truppenbewegungen gesehen, den Kampf eines imperialen Soldaten in einer Energierüstung gegen die schwangere Sith, von der Orea korrekt vermutete, dass es sich um die Schülerin Pherr'a handelte. Wie der Kommandosoldat in den Komplex geflüchtet war und sich Pherr'a in einen der Luxusgleiter zurück gezogen hatte. Das Eintreffen der Leibgardisten, die Pherr'a beschützten und in den Komplex vor drangen. Das Lethargische Verhalten der Leibgardisten, der plötzliche Abzug der Leibgardisten.
    Und dann die Comlinkverbindung und der Kontrollverlust über Overwatch.
    Sergeant Vers war jünger und bei weitem nicht so erfahren und abgebrüht wie seine Vorgesetzte. Während er wild versuchte, Overwatch zu hacken, kaute er sofern möglich an den Fingernägeln und ihm lief der Schweiß in Bächen herunter.
    Orea blickte kurz besorgt auf ihren Kommunikationsexperten.
    Sie klopfte ihm auf die Schulter und öffnete einen Kanal zu Blutklinge.
    „Red One, die Garde zieht sich zurück, Vormarsch des Bataillons gestoppt. Ein Gleiter mit Sith Pherr'a und acht Leibgardisten ist ab gezogen, sie nehmen Kurs auf die Burg.“
    „Verstanden, Control. Wir haben das Ziel.“
    Orea runzelte die Stirn. Das war nicht geplant gewesen. Eine Geiselsituation?
    „Soll ich die Verhandlungen aufnehmen?“
    „Negativ, Control. Der Lord hat seinen Männern den Befehl zum Abrücken erteilt.“
    „Red One, wir haben keine Kontrolle mehr über Overwatch. Unsere Verbindung wird vermutlich abgehört und die Bilder sind seit … zwei Minuten nicht mehr verlässlich.“
    Blutklinge antwortete nicht. Nach einer sehr langen Minuten fragte er:
    „Misericorde?“
    Orea schürzte die Lippen, sagte dann: „Davon gehe ich aus, ja.“
    „Dann ist es zweifelhaft, dass sich die Soldaten zurück gezogen haben?“
    „Es ist alles zweifelhaft, Red One.“ Sie biss sich auf die Lippen. Sie hätte ihre Vermutungen Blutklinge mitteilen müssen. Jetzt war es zu spät für Reue.


    Der Leibgardist stelzte breitbeinig, trug die reglose Frauengestalt in seinen Armen, der Kopf mit dem rot schimmernden Pferdeschwanz war an seinen Nacken gelegt. Sein Visier war mit Blut verschmiert. Ein paar seiner Brüder sahen ihn aus dem als Messe gekennzeichneten Gebäude kommen. Auch ein Scout des Bataillons meldete einen Leibgardisten mit einer Frau auf dem Arm.
    Der ältere Leibgardist am Schott des gepanzerten Transportschwebers rief zwei Brüder und sie rannten dem Bruder und der Frau entgegen.
    „Die Akolythin ist verletzt!“ meldete der Leibgardist mit einer dunklen, markigen Stimme. „Das ist Meisterin Kagekaze!“ stöhnte einer der blutjungen Männer.
    „Sie muss in ein Krankenhaus! Begleitet mich zu einem der Landspeeder.“
    Der ältere Leibgardist, der die Abzeichen eines Sergeanten trug, sagte: „Nehmt Eurem Bruder die Meisterin ab!“
    Der Sergeant blickte auf das getönte Visier mit den Blutspritzern. Der Leibgardist rollte seine Schultern, nachdem man ihm die junge Frau abgenommen hatte.
    „Du kommst aus dem Komplex?“
    Lässig warf der Leibgardist den Daumen nach hinten zur Messe.
    „Wir haben eine Frau verfolgt, die durch einen Geheimgang geflohen ist. Ich habe überlebt, Sarge.“
    Der Sergeant stutzte. Akolyth, jetzt Sarge? Der Unteroffizier wunderte sich, warum sein Bruder so sonderbar war.
    „Bist Du verletzt?“
    Der Leibgardist stellte sich in Rührt Haltung, Füße leicht nach außen, unter den Schultern positioniert, die Hände auf dem Rücken verschränkt.
    „Nein, Sir. Das ist nicht mein Blut.“
    Der Sergeant begriff plötzlich. Und im gleichen Moment, als er seine Stirn runzelte, schoss die Hand des Leibgardisten vor und rammte ihm ein Vibromesser in den Kehlkopf. Geschickt fing der Leibgardist den Körper ab und ließ ihn zu Boden gleiten.
    Maladie hatte irgend einen Fehler gemacht, aber sie kam einfach nicht darauf. War die Stimme, die ihr kybernetischer Voice-Coder erzeugt hatte, nicht männlich genug gewesen? Hatte sie sich wie eine Frau bewegt, obgleich sie Übung darin hatte, sich wie ein Mann zu bewegen? Wurde sie gar allmählich zu alt für den Job?
    Als die beiden Leibgardisten, die beinahe bei dem zweiten Airspeeder angelangt waren, sich zu ihr um blickten, fiel es ihr ein.
    Diese Fanatiker waren alle mit Ambrosia voll gepumpt und konnten zumindest die Macht spüren. Sie war jedoch mit ihren knapp Dreitausend Einheiten Midi-Chlorianer quasi unsichtbar, wohingegen alle Leibgardisten Werte von nicht weniger als Fünftausend erreichten.
    Der Tod des Sergeanten war der nächste Fehler gewesen. Sie war lautlos gewesen, aber sein Tod hatte eine Erschütterung der Macht verursacht. Vielleicht nur ein Staubkorn in einem Wasserbecken so groß wie die Meere dieser Welt zusammen genommen. Doch diese Leibgardisten waren eine verschworene Gemeinschaft, die sich näher standen als Brüder.
    Maladie beugte sich zu dem Sergeanten herunter und zog ihm mit der linken Hand die Blasterpistole aus dem Halfter, während sie das Vibromesser in den rechten Stiefelschaft steckte und dann den eigenen Blaster zog.
    „So Jungs, ihr könnt es auf die harte Tour haben oder gleich sterben.“
    rief sie fröhlich und sprintete auf die beiden Männer zu, die Kagekaze in ihren Armen trugen.
    Keine fünfzig Meter entfernt sprangen die ersten Leibgardisten aus dem am nächsten stehenden Truppentransporter.


    Knight war aus der Schusslinie der Blasterlady getaumelt und hatte zunächst ein paar Meter und eine weitere Biegung des Korridors zwischen sich und der Frau bekommen wollen. Er konnte nur humpeln, und jeder Bewegung riss an seinem verbrannten Fleisch, es fühlte sich an, als würde sein Bein gleich aus der Gelenkpfanne springen und auf den Boden fallen. Er hatte seine Energierüstung die letzten Jahre selbst gewartet und immer hier in seinem Versteck deponiert. Aus diesem Grund waren die medizinischen Reservoirs nicht gefüllt und auch die Tanks mit den verschiedenen Kampfdrogen waren leer. Wozu auch? Er hatte waffenlose Lebewesen, meist Menschen gejagt, sie hatten ihn nicht verletzten können. Nie hätte er damit gerechnet, das Lord Democritus von seinen Spielchen erfahren würde und wenn schon? Was interessierte es den edlen Lord, den Meister der Macht, wenn er in seiner Freizeit ein paar Leute tötete? Als ob das etwas ungewöhnliches wäre. Er hatte einen drittklassigen Sith erlebt, die nur aus einer schlechten Laune heraus seinen Adjutanten erwürgt hatte, quasi zum Spaß. Und er sollte das nicht auch dürfen? In einem System, in dem der Starke über den Schwachen herrschte?
    Oh, er ärgerte sich über die verdammte Herrenrasse, die elenden Sith mit ihren verdrehten Rechtsvorstellungen. Man mochte kaum darauf hinweisen, dass er seinen Zorn auf die falschen Personen richtete, denn recht hatte er zumindest in diesen Punkten, soviel musste dem kleinen Soziopathen zugebilligt werden. Dennoch war er auf der falschen Fährte.
    Bestärkt wurde er jedoch, als er um die Ecke bog, und über die Knochenschallmikrophone das schnelle Getrappel von Füßen zu ihm heran getragen wurde. Doch es war zu spät, und der Tarnschild war im Moment unbrauchbar. Er lief in eine Gruppe von Fünf Leibgardisten, stolperte ihnen fast in die Arme.
    Sie bedrohten ihn mit Lichtschwertern. Wie arrogant der Lord doch war, das imperiale Gesetzt zu verletzen. Keinem Lebewesen war das Tragen der Symbole der Macht gestattet, einzig vollwertige Sith durften diese verdammte Waffe tragen. Und der Lord hatte anscheinend jeden seiner Leibgardisten damit belohnt. Ihm blieb nichts anderes übrig als sich zu ergeben. Zwei der Leibgardisten liefen weiter den Gang entlang, als würden sie einer Spur folgen. Sollten sie die Blasterlady doch erwischen, er würde gleich eine Audienz mit dem Lord erhalten. Tatsächlich führten sie ihn in Richtung Haupteingang, aber es ging nur langsam, jeder Schritt war eine Qual. Er konzentrierte sich auf den Ladebalken seines Schildgenerators um sich ab zu lenken und sah die Anzeige auf Grün wechseln, als plötzlich die drei Leibgardisten stockten.
    Er blickte auf, wechselte auf Infrarotsicht, dann auf Schallwellen. Nichts. Was hatten die Leibgardisten gehört oder gesehen? Ihre getönten Visiere waren ebenso undefinierbar wie sein geschlossener Helm. Vielleicht hatten sie eine Nachricht erhalten. Sie bewegten sich plötzlich im Laufschritt und er kam nicht hinterher. Aber dann bemerkte er zu seiner Verwunderung, dass sie ihn nicht beachteten. Sie rannten.
    Jetzt wurde ihm Angst und bange. Er hatte seinen Major vergessen. Sein alter Freund Han, der schon allein aufgrund seiner Abstammung von Desevro keinen hohen Posten erlangt hatte. Ein tapferer Soldat, ein guter Offizier. Und er befolgte Befehle buchstabengetreu.
    Mit Grauen realisierte Knight, dass er genau in den Zielkoordinaten der Artillerie der Brigade stand. Und es war sein Befehl gewesen, der ihn töten würde.



    Blutklinge überprüfte die Anzeigen auf dem Display seines Datapads.
    „Der Weg ist frei, sofern sie keine getarnten Einheiten abgestellt haben,“
    sagte er schließlich und blickte auf. Calderon sicherte den Eingang zum Labyrinth und spähte den Korridor dahinter hinauf.
    „Keine Bewegungen im Nebel zu sehen.“ sagte er leise und hantierte an seiner Multifunktionsbrille. Dann nahm er den Energieclip aus der Waffe und warf ihn den Gang hinunter. Er hatte den Trick gelernt, dass die erhitzte Verbindungsstelle für die thermographische Sichteinstellung genug Wärmestrahlung abgab, dass er den Flug wie den eines Glühwürmchens in finsterer Nacht verfolgen konnte. Würde ein Tarnschild im Weg sein, würde die Energiesignatur ganz oder teilweise verschwinden. Er konnte zwar nicht den ganzen Gang damit bepflastern, doch eine Nische war ihm verdächtig vor gekommen. Er verfolgte den Flug der Energiezelle, während er ohne den Blick ab zu wenden eine frische in die Waffe steckte, sah aber nichts verdächtiges.
    Andron sah, dass alle, selbst der Droide Ygor anwesend waren. Er griff am Nacken in die Kragenpanzerung des Anzuges von Lord Democritus und hakte seine Hand dort ein. „Was für neue Methoden sind das nun schon wider?“ giftete der Lord in seiner Ehre verletzt und versuchte den Kopf zu drehen und dem ungeschlachten Mann in die Augen zu blicken. Andron verstärkte den Griff an seinem Nacken. Seine in den Unterarm implantierte Klinge würde auf seinen Befehl hin aus der Arretierung nach vorne springen und dem Lord die Halswirbel durchstoßen. Aber er sagte nichts. Er hatte mit den Sith der Siebten Imperialen Sondereinheit trainiert, um Jedi zu töten. Er hatte nicht daran gedacht, dass er seine Erfahrung einmal gegen Sith einsetzen würde. Allerdings ließ das ihn im Moment ziemlich kalt, er hatte andere Sorgen.
    „Ich könnte den Lord versehentlich mit einem Gift erledigen,“ bot Ygor dem Sergeant auf einer privaten Frequenz an.
    Der Sergeant nahm den Typ 2V Droiden des Sith Faust ins Visier seiner kybernetischen Augenimplantate.
    „Warum sollte ich Dich dafür brauchen?“ fragte er laut.
    „Eine rhetorische Frage. Verstanden, Sergeant.“ sagte der Droide und nickte mit seinem Metallschädel.
    Lord Democritus knurrte: „Faust, so einer ist Dein Sergeant? Kagekaze hat von einer speziellen Einheit gesprochen. Elitesoldaten. Wenn das Deine Elitesoldaten sind, werden die Jedi vermutlich vor Lachen sterben, wenn Ihr mit denen gegen sie vorrückt.“
    Faust zupfte an seiner dunkelbraunen Jacke herum und sagte beiläufig: „Das kannst Du Dir sparen. Sie alle wurden gegen geistige Angriffe abgehärtet.“
    Der Lord zuckte nur die Schultern. „Vielleicht kannst Du nicht einen Machttrick gegen sie einsetzen, aber ich bin stärker, als Du es jemals sein wirst.“
    Der alte Sith schüttelte beinahe mitleidig den Kopf. „Das sind keine halben Kinder, denen Du mit Zuckerpillen und Sahneeis den Kopf verdrehen kannst. Falls der gute Andron mal ausrutscht und Dir das Genick bricht, werde ich jederzeit bezeugen, dass es ein tragischer Unfall war.“
    „Konzentriert Euch!“ rief Blutklinge, nachdem er von seiner erhöhten Position herunter geklettert war.
    „Stellt die Unterhaltung ein und bleibt wachsam. Wir sind jetzt in einer Geiselsituation, allerdings sind wir die Geiselnehmer. Das erfordert von uns allen höchste Konzentration. Da draußen sind knapp eintausend Mann, die uns auf telepathischen Befehl des Lords hin vernichten werden!“

    Der Lord spürte den nahenden Feind. Er spürte und sah im Augenwinkel, wie Niharra Faust entgegen sprang. Er verstärkte seine Machtblitze, um sich Zeit zu erkaufen. Dann sprang er ebenfalls auf das Gebäude zu, machte nur einen einzigen Schritt, um sich dann auf das Gebäude zu katapultieren.
    Calderon sah, wie der Lord in seine Richtung sprang, kam schlitternd zum Stehen, das Schwert zur Abwehr erhoben. Doch der Sith sprang viel höher und landete auf dem Dach. Calderon blickte zu der Maske, keinen Meter von ihm entfernt und warf sich darauf.


    Niharra wirbelte auf Faust zu, der sich aus dem Fenster zurück zog. Seine Augen blinzelten zufrieden, das ging ihr noch durch den Kopf, als sie das Peitschen eines Überschallprojektils hörte. Ausweichen konnte sie nicht, ihr Körper unterlag der Massenträgheit, sie konnte die Flugbahn nur mit Mühe beeinflussen, wenn sie eine Richtung eingeschlagen hatte. Das Hochgeschwindigkeitsprojektil wurde durch eine Repulsorschiene auf eine Geschwindigkeit über der Schallgrenze beschleunigt. Dann flog es antriebslos auf einer ballistischen Bahn. Da es die Form eines kleinen Pfeils hatte, blieb diese Bahn sehr flach und gerade. Auf der Distanz von Sechs Metern war es gerade zu ein direkter Schuss, nicht anders als ein Blasterschuss. Der Personenschildgenerator war bereits durch Androns Schüsse überladen und konnte dem Geschoss nur wenig Bewegungsenergie ab nehmen und die Flugbahn nicht ablenken. Die segmentierte Metallplatte auf Niharras Brust wurde durch die gehärtete Spitze durchschlagen, der darunter liegende flexible Körperanzug verhärtete sich und absorbierte einen weiteren Teil der kinetischen Energie. Die Restenergie zog eine immer größer werdende Furche durch die inneren Organe, das Projektil änderte kaum seine Flugbahn, stieß am Rücken auf die flexible Panzerung und sprengte einen Teil der Metallpanzerung am Rücken ab, hinterließ ein ausgefranstes Loch im Umhang. Als Niharra ihren Flug beendete und wie geplant durch das Loch flog, landete sie unkontrolliert wie ein nasser Sack auf dem Boden und schlitterte fast bis vor Blutklinges Füße. Der Offizier kniete mit dem Scharfschützengewehr im Anschlag. Er reagierte beinahe reflexartig, nahm die rechte Hand vom Kolben der Waffe und zog seine Blasterpistole. Ob Niharra noch lebte, als eine Salve aus fünf Blasterbolzen ihren Kopf und den graue Boden darunter durchlöcherte? Sie würde nicht viel gespürt haben.


    Der Lord jedoch spürte aus nächster Nähe, dass eine Verbundene aus der Welt verschwand. Es war wie ein ziehen in seiner Brust, als die Macht Niharras Körper verließ. Es war, als würde er zerrissen werden, als würde man ihm den Arm heraus reißen. Er schrie vor Schmerz.
    Calderon hielt sich die Maske vor das Gesicht und starrte überrascht hinauf zu dem schreienden Lord.
    Andron kam um die Ecke gesprintet, während er blitzschnell eine Energiezelle in seine schwere Blasterpistole lud.
    Blutklinge fackelte nicht lange. Er feuerte im vollautomatischen Modus auf die Stelle der Wand, wo hinter er den Lord vermutete, während Faust zur Seite hechtete und sein Lichtschwert vom Gürtel zog.
    Amanirenas war nicht so glücklich, wie sie es sich vorgestellt hatte. Vielleicht, weil sie Niharra nicht selbst getötet hatte. Sie sah den Lord, hörte seinen Schrei und spürte, wie sich die Macht in der Umgebung veränderte.
    Dann sah sie im Gebäudeinneren gelbe Blitze aufflackern und gleichzeitig, das Democritus von mehreren Blasterschüssen getroffen wurde, die aus der aufplatzenden Wand vor ihm drangen, die er wohl gerade mit seinem Lichtschwert aufschneiden wollte. Er taumelte zurück. Die Sucherin überfiel ein Schrecken, als sie glaubte, der Lord wäre gestorben. Aber sein Schildgenerator hatte ihn gerettet. Verschämt blickte sie zur Seite. Links von ihr stand jetzt Andron und hob den Arm so schnell, dass er ein verwischter Schemen war. Blaue Blasterbolzen schlugen in das Lichtschwert von Lord Democritus ein. Er blickte zu Andron, blickte dann zu Amanirenas. Dann verschwand er nach hinten außer sich.
    Die Sucherin schüttelte den Kopf. Was war los mit ihr? Wo war ihre Mordlust? Sie nahm einen tiefen Atemzug in ihrer Maske und sprang dem Lord hinter her.
    Andron wechselte den Energieclip und sah zu Calderon herüber, der versuchte, die Bänder seiner Gasmaske zu reparieren.
    „Amanirenas verfolgt den Lord über die Dächer,“ meldete Andron über Comlink in der Maske.
    „Alles in Ordnung, Metal Parasite?“ Der Soldat nickte stumm. Dann riss er die Augen auf, als der Lord hinter der Ecke des zusammen gefallenen Hauses auftauchte und mit unmöglich schnellen Bewegung direkt auf den Corporal zuraste.
    Andron sah den Sith zu spät. Sein chemisch behandeltes Nervensystem war schnell, aber seine kybernetischen Augen erlaubte nicht wie natürliche oder andere künstliche Augentypen, eine periphere Sicht in einem Winkel von bis zu 120 Grad. Er sah den Sith in seinem Geschichtsfeld einfach zu spät, riss den Blaster hoch, doch da war es schon geschehen.


    Vielleicht hatte er den Tunnel wirbelnden Löschgases gesehen, vielleicht das Getrappel auf dem Boden gehört, die Halle hatte ein starkes Echo.
    Calderon blickte, wohl möglich, weil es die Macht so wollte, genau in die Richtung, aus der sich Democritus näherte. Sein Adrenalinspiegel war noch immer extrem hoch, sein Körper war auf Kampf eingestellt, und er hatte sich erst vor wenigen Sekunden auf diesen Kampf eingestellt. Der Lord raste heran, ein anderer Soldat wäre einfach eingeschüchtert worden. Calderon war über solche Überlegungen hinaus, hatte die Maske fallen gelassen und das Schwert erhoben, das er in seiner Armbeuge gehalten hatte. Gerade im Rechten Augenblick ging er noch auf die Knie und hielt das Schwert vor sich. Die erhobene Cortosis Klinge blockte die waagerecht geschwungene rote Lichtklinge und schloss das Lichtschwert buchstäblich Millimeter vor Calderons Kopf kurz. Damit hatte der Lord nicht gerechnet. Seine Visionen von Yannilas Tod hatte er nicht mit dem Soldaten und dessen Schwert in Verbindung gebracht, dem er nur ein paar Sekunden Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
    Democritus rannte weiter, anstelle an einem toten an einem lebenden Calderon vorbei.
    Andron erwischte ihn vielleicht ein mal, aber der Personenschildgenerator absorbierte den Treffer anscheinend.
    Dann raste Amanirenas heran.
    Mit einem Keuchen landete Faust neben Andron. Er war die drei Meter herab gesprungen und schien keine Probleme damit zu haben. Sofort setzte er den beiden Sith nach. Andron überlegte nicht lange und sprintete hinterher.
    Blutkinge blickte oben aus dem Fenster. Er runzelte die Stirn. Dann blickte er über die Dächer und zog seine Enterhakenkanone. „Calderon, reparieren Sie die Maske und übernehmen Sie die Kontrolle der Scoutdroiden. Wir müssen sie vor dem Zugang gestaffelt in Stellung bringen. Wenn er fliehen will, dann durch das Tor am Eingang des Labyrinthes. Und sammeln Sie Ygor am Eingang zum Fluchttunnel ein. “
    Calderon rollte seine Schultern und sah, wie sein Offizier sich mit dem Seil am Enterhaken über die Dächer schwang.
    Er salutierte kurz und überprüfte den Sitz der Maske.


    Maladie keuchte. Sie hatte sich die Akolythin über die Schultern gelegt, das linke Bein lag auf ihrer linken Schulter, der linke Arm auf der rechten Schulter. Maladie hielt die Frau, indem sie das linke Bein mit ihrem linken Arm vor die Brust presste und mit der linken Hand den Arm fest hielt. So hatte sie zumindest die rechte Hand frei. Kagekaze war zwar zierlich und mit ihren achtzehn Jahren kein Schwergewicht, aber ihr Kampfanzug wog auch an die zwanzig Kilogramm. Das war so in etwa das Maximum, das Maladie in Trainingseinheiten durch die Gegend beförderte. Und nach diesem Kampf war sie mehr als ausgepowert. Ihre Muskeln zitterten, und das nicht nur von der Anstrengung. Im Gegensatz zu Androns frisiertem Nervensystem hatte sie ein zweites somatisches Nervensystem. Anstelle neuronaler Reize wurden elektronische Impulse übermittelt, die mit einer erheblich höheren Geschwindigkeit Daten übertrugen. Das führte jedoch zu einer Überreizung, sowohl des natürlichen Nervensystemes, als auch der Muskeln. Jetzt hatte sie das System herunter gefahren, doch sie wusste, dass sie es in wenigen Minuten wieder brauchen würde.


    Knight stürmte durch die Korridore. Er hatte mehrere dutzend Leibgardisten vor dem Eingang gesehen. Sie waren mit geschlossenen Helmvisieren gefolgt. So tief im Komplex hatte er keine Verbindung mehr zu Major Caress und konnte nur hoffen, dass sie in wenigen Minuten angreifen würden, damit ihm die Gelegenheit gegeben wurde, sich zurück zu ziehen, um dann ein Flächenbombardement zu befehlen. Die Station musste den Lord begraben. Es war töricht gewesen, die Sith an zu greifen. Was hatte er sich gedacht, eine Sith mit bloßen Händen zu bekämpfen? Der Rausch war ihm zu Kopf gestiegen. Der Erfolg, einen der Laserschwert bewaffneten Leibgardisten zu erwürgen, den anderen im Nahkampf zu besiegen. Er war jetzt nicht nur alt, sondern auch noch übermütig. Doch es sollte sein letzter Kampf werden, und den wollte er gewinnen.


    „Major, mehrere Gardisten umstellen eines der beiden Landspeeder und sichern nach außen. Dort muss sich eine wichtige Person befinden. Ein Teil der Gardisten ist in eine Art Eingang zu einem Tunnel verschwunden, der sich etwa in der Mitte der Gebäude des Dagger Komplexes befindet.“
    „Ja ich sehe, TOP. Wir müssen mit den Leuten reden. Das sind keine kriminellen, sondern imperiale Soldaten im Dienste des Lord“
    „Wenn wir jetzt Kontakt mit den Leibgardisten aufnehmen, verstoßen wir gegen die Kommunikationssperre,“ gab sein Adjutant zu bedenken.
    Major Caress nickte nachdenklich. „Richtig, TOP. Voraus gesetzt, der Lord hat seine Garde nicht zu unserer Verstärkung geschickt.“
    „Was wiederum plausibel wäre, Sir.“
    „Geben sie mir den Major Sergeant. Ich will zwo Scouts, die sich so weit nähern, dass wir einen Scoutdroiden direkt in die Anlage entsenden können. Inzwischen ziehen wir unsere Schere enger.“
    „Direkt vor uns liegt eine Art Dorfattrappe. Die Satelliten zeigen heftige Aktivitäten. Unser S-2 ist der Meinung, es handelt sich um ein illegales Camp der Saheelindeeli.“
    Der Major grunze. „Das macht keinen Sinn, selbst wenn es so wäre. Kompanie Gamma soll das Gelände umstellen und sichern. Eine Abteilung Scouts abstellen, um das Manöver zu leiten. Falls sie auf Widerstand stoßen, wird dieses Dorf mit Artillerie zerstört. Meinen Sie, der Colonel hat uns in den aktiven Dienst reaktiviert, damit wir ein paar wild siedelnde Saheelindeeli ausrotten, Top?“ „Unsere Idee mit den Schmugglern steht noch. Die Idee mit Terroristen wird abwegiger. Aber der Colonel ist ihr alter Freund, ich habe leider keine Ahnung, was wir hier überhaupt machen, Sir.“
    „Selbst wenn es mich den Kopf kostet, ich kann es nicht glauben, dass wir gegen Lord Democritus vorgehen sollen. Das macht keinen Sinn!“
    Der Adjutant hob die Augenbrauen, bevor er eine Leitung mit dem Nachrichtendienstoffizier öffnete. „Major? Ah, Sir, S-2 meldet, dass die Leibgarde einen unserer Scouts geortet hat und jetzt Stellung bezieht. Es sind mehrere Sith unter ihnen.“
    Der Major schürzte die Lippen. „Soviel zu der Theorie mit unserer Verstärkung. Geben Sie den Befehl, die Drohne vor zu schicken. Wir nehmen sofort Kontakt auf mit der Garde. Bereiten Sie die Männer auf den Angriff vor.“ Er schaltete das Comlink kurz aus und drehte sich zu dem angegrauten Sergeanten um.
    „Erinnert mich an Quesh, als angeblich kein Imperialer gegen keinen Republikaner gekämpft hat.“ Der Adjutant nickte. „Habe damals meinen besten Freund verloren,Sir. Und mein rechtes Bein.“


    Maladie betrachtete das Schott. Offensichtlich war es gut gewartet und betriebsbereit. Aber es war codiert. Sie nahm ihre Multifunktionswerkzeuge zur Hand und nestelte an der Türkontrolle herum. Sie glaubte, Geräusche gehört zu haben, blickte kurz zu der Akolythin herüber, die mit geschlossenen Augen reglos neben dem Schott lag. Ihr Brustkorb hob und senke sich regelmäßig.
    Sie blickte den Gang herunter und verstärkte die Sensoren ihrer künstlichen Innenohren. Sie wechselte auf thermographische Sicht. Kühl zeichneten sich die Wände ab, der Boden war etwas wärmer.
    Sie ließ ihren Blick desinteressiert weiter schweifen. Dann schickte sie einen kurzen Lichtimpuls aus, Ihr Entfernungsmesser berechnete die Entfernungen. Nur langsam wurden die Entfernungsdaten gemeldet, Stück für Stück. Wichtig waren für sie die Rohdaten, die sie über den kybernetischen Link an ihr Datapad sendete. Bei einem Tarnschild würden die Daten kaum abweichen, bei einer Machttarnung würde sofort ein messbarer Unterschied auf treten. Interessanter oder eindeutiger war in beiden Fällen, wie lange das Licht wirklich brauchte, um zurück in ihr Auge gestrahlt zu werden. Da war eine Unregelmäßigkeit, laut dem rechenstarken Datapad. Etwas oder jemand war im Korridor, zwanzig bis dreißig Meter entfernt. Verdammt knapp. Maladie drehte sich wieder zum Schloss um. Die Sondierung hatte zu lange gedauert. Sie wollte nicht überrascht wirken und schien am Verschluss zu arbeiten, bereitete jedoch heimlich eine Granate vor. Da! Jetzt hatte sie etwas gehört und die ungefähre Position. Vielleicht ein Stein, der sich in eine Profilsole gebohrt hatte und bei einigen Bewegungen ein feines, knirschendes Geräusch verursachte. Kampfstiefel, keine Solen für Scouts. Andron trug Kampfstiefel. War er ihr gefolgt? Das erste, was man ihr beigebracht hatte war, keine Skrupel zu zeigen.
    „Verdammt!“ ragte sie und stand auf. Die ruckartige Bewegung tuschierte das verräterische Zittern ihres Körpers, als das kybernetische Nervensystem die Verbindung zwischen Gehirn und Muskeln übernahm. Sie warf das Multifunktionswerkzeug auf den Boden und Trat verärgert grunzend gegen das Schott. Währenddessen ließ sie eine Granate fallen, die auf dem Boden auf schlug, als sie den Fuß wieder ab setzte. Sie setzte die Fußspitze direkt auf die Granate und beförderte sie nach hinten. Und dann explodierte sie bereits eine Sekunde später.


    Pherr'a stöhnte nicht, sie schrie. Die Kontraktionen kamen jetzt in Sekundenabständen. Zwei Leibgardisten mit Sanitätsausbildung knieten neben ihr im Fond des geräumigen gepanzerten Airspeeders, der als Limousine getarnt war, eine Spielerei des durchtriebenen Lords.
    Die beiden waren glücklich, ihrer geliebten Herrin dienen zu dürfen. Sie wussten nicht, wer der Vater des Kindes war und es war auch egal. Es war ein Kind einer ihrer Götter, und die Ehre raubte ihnen den Atem.
    Die Scandaten auf dem Gerät des Leibgardisten waren allerdings beunruhigend. Die Lebensdaten von Pherr'a hatten sich drastisch verschlechtert. Das war der Grund gewesen, dass sie die Geburt hier einleiteten, anstelle sie in die Burg zu bringen, wo es medizinisch geschulte Assistenten des Lords und Meddroiden gab. Jetzt allerdings lief ihnen der Schweiß über die Stirn, denn aufgrund der Ambrosia- Dosen, die sie wegen der bevorstehenden Gefahr extra genommen hatten, spürten sie Pherr'a durch die Macht. Und da war die Präsenz von etwas anderem, etwas , das ein noch düsteres Herz hatte, als die geliebte Göttin der dunklen Macht, der sie dienten. Erneute Kontraktionen ließen die Sith schmerzerfüllt zusammen zucken. „Democritus,“ schrie sie.


    „Ich höre Dich. Ich bin gleich bei Dir,“ sendete der Lord seine Gedanken an Pherr'a. Gehetzt von zwei gewöhnlichen Sith. Aber Amanirenas hatte Ambrosia genommen, soviel stand fest. Und ebenso wie bei Kagekaze hatte Machtaffinität exponentiell zugenommen. Kagekaze war unter all den Machtsensitiven, die er getestet hatte. Jene mit den größten Potential. Er konnte sich gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn er Darth Malgus Ambrosia gegeben hätte. Jetzt begann alles zu zerfallen. Er spürte, etwas war mit Pherr'a nicht in Ordnung. Vielleicht war auch etwas mit dem Kind nicht in Ordnung. Bisher waren die wenigsten lebend zur Welt gekommen. Er hatte drei Frauen im Wochenbett verloren. Und die Kreaturen waren ganz bestimmt nicht seine Kinder. Der Gencode war noch nicht perfekt, aber er war sich sicher, diesmal die richtige Kombination alchemistischer Ingredienzien verwendet zu haben. Es musste klappen! Zu sehen, wie gewöhnliche oder gar unterlegene Machtanwender plötzlich tieferen Zugang zur Macht bekamen, das war seine Leidenschaft. Es war seine Bestimmung. Es war von der Macht vorher bestimmt, dass er die Sith in eine neue Ära senden würde. Neue Sith, stärker, besser, mächtiger!
    In ein paar Minuten würde das Lichtschwert wieder funktionieren, dann konnte er Amanirenas erneut jagen. Ein paar Minuten später würden seine Leibgardisten hier sein, er konnte ihre Präsenz bereits spüren. Sie waren schon in den Komplex eingedrungen. Wie würde die Sucherin mit seinen handverlesenen und mit Ambrosia gestählten Kriegern fertig werden?
    Doch dann zerbrach etwa in ihm. Wider hatte er eine Geliebte verloren. Pherr'as Präsenz war förmlich zerrissen, zerfetzt worden. Ein Angriff? Er stolperte bei einem Sprung, erwischte den Rand nur mit den Fingerspitzen. Die Macht verlieh ihm die Stärke, sich eisern zu halten. Er hob auch die andere Hand um einen besseren Halt zu finden. Er überlegte noch, ob er besser die acht Meter hinunter springen sollte, anstelle sich langsam hoch zu ziehen, da knallte ihm Amanirenas mit den viel zu großen Stiefeln in den Rücken und beide stürzten ab.
    Die Sucherin hatte sich von seinen Rücken abgestoßen und landete mit einem Überschlag und einer Drehung an der gegenüberliegenden Wand, fiel einen Meter, bis unter ihr eine Fensteröffnung erschien und sie sich dort grunzend festkrallen konnte, wobei ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde.
    Der Lord fiel platt die Wand herunter und kanalisierte seine Macht, um den Aufprall zu dämpfen und seine Fallrichtung und Ausrichtung zu steuern. Er landete auf den Füßen, federte keuchend ein und wirbelte herum. Amanirenas ließ sich gerade die restlichen vier Meter herunter fallen, als er ihr entgegen rannte und sie mit einem Tritt noch in der Luft zur Seite schleuderte. Die Sucherin überschlug sich unkontrolliert, sprang aber sofort auf und zur Seite, als sie spürte, wie der Lord an geprescht kam und sie erneut treten wollte. Sie wirbelte herum und aktivierte das Lichtschwert.
    „Deine Macht wird schwächer.“ keuchte sie und hielt sich die schmerzenden Rippen.
    „Für Dich reicht es noch,“ sagte er und aktivierte seinen Schildgenerator. Das Piepsen und rote Licht zeigten, dass die maximale Absorptionsmenge erreicht war. Die Unterarmschienen des Kampfanzuges waren schwer gepanzert, mit Cortosisgewebe hergestellt. Das würde Blasterschüsse und auch Lichtschwerter abwehren, auch wenn das Gewebe keine Lichtschwerter kurz schließen konnte.
    „Du willst mich im waffenlosen Kampf besiegen?“ fragte sie und nahm lächelnd die Ausgangsposition für den Makashi ein.
    Er lächelte. Dann zuckten Blitze aus seinen Fingern.


    Witz-Tek Schockwellengeräte sendeten eine extrem hohes Repulsorfeld aus. Das verursachte mörderischen Schaden, wenn die Schwerkraft für Millisekunden an einem kleinen Punkt im Raum verzehnfacht wurde. Ein direkter Treffer zerfetzte Gegner. Die Schockwelle war aber die eigentliche taktische Wirkung, da die Todeszone nur wenige Millimeter durchmaß. Die expandierende Schockwelle war auch das einzige, was man ohne Scanner wahr nehmen konnte. Im Umkreis von Drei Metern wurden die Wände eingedrückt und im Boden bildete sich eine Senke, als hätte man kurzzeitig einen viel zu großen Ballon aufgeblasen, der die Wände, Decke und den Boden zur Seite drückte. Das Baumaterial der Anlage war widerstandsfähig, die Auswirkungen waren nicht gravierend für die Stabilität des Korridors. Knight jedoch hatte am Rand des Radius gestanden und während er vier Meter weit den Gang hinunter geschleudert wurde, überlastete sein Tarnfeldgenerator und brach sein Schutzschild zusammen. Maladie hatte den Explosionszeitpunkt zu kurz gewählt und wurde noch immer hart getroffen. Sie wurde gegen das Schott geschleudert, wo sie ihre Stirn an schlug und mit ihrer robusten Gasmaske vor das Schott schlug. Dabei brach sie sich die Nase. Ihre neuronalen Dämpfer ließen sie den Schmerz nicht spüren, doch das Blut rann aus der Platzwunde in ihr linkes Auge und beeinträchtigte ihre Sicht. Ihre verdrahteten Reflexe hatte sie bereits zuvor hoch gefahren. Die Welt um sie herum bewegte sich jetzt sehr gemächlich, allerdings in einem rötlich gefärbten Ton. Schlafwandlerisch griff sie über kreuz unter ihre Jacke, als sie herum wirbelte. Die Waffenhalter registrierten ihre in den Handflächen implantierten Sensoren und drückten ihr die Blaster in die geöffneten Hände. Als sie die Waffen nach vorne richtete und in der Sichtvergrößerung sah, wie sich der Mann im Kampfanzug aufrichtete, erschienen in den Rändern ihrer Augen eingeblendet die Betriebsdaten der beiden Blaster. Sie wählte Hotshots und wartete geschlagene Sechshundert Millisekunden auf die Bereitschaftsmeldung der Waffen. Die beiden Zielkreuze hatten sich bereits über die linke Flanke des Soldaten gelegt, der jetzt ein Bein unter seinen Körper gesogen hatte und den Oberkörper aufrichtete. Da sah sie die rechte Achsel und schwenkte mit dem rechten Blaster auf das verlockende Ziel. Die Waffen meldeten Feuerbereitschaft, sie drückte ab und spürte den Rückstoß, als die hochverdichteten Gase in der Brennkammer zu einem Plasma erhitzt und durch den Xciter ausgestoßen wurden. Der Schuss auf die Achsel verfehlte das Ziel und brannte sich in die Wand hinter dem Soldaten, der andere Schuss erwischte die Hüfte unterhalb der starren schweren Duraplastpanzerung und brannte sich in die flexible Panzerung an dieser Stelle. Der Soldat war nicht ausgeschaltet, aber konnte kaum noch sein Bein bewegen, wirbelte herum, Maladie ging instinktiv in die Hocke bevor sie ihre Inspektion abgeschlossen hatte und vermutete, dass der Soldat unbewaffnet war. Er griff an seinen Gürtel und aktivierte manuell seinen Schildgenerator, saß jetzt mit der Front der Kommandosoldatin zugewandt auf dem Metallboden. Sie kannte dieses Modell nicht, aber der Helm war Typischer Mark Eins schwerer Infantriehelm der Imperialen Streitkräfte. Sie zielte daher auf die beiden Luftfiltereinlässe links und rechts neben dem Lautsprecher unten am Helmrand. Die Schüsse durchdrangen nur teilweise den Schild. Der linke untere Teil des Helmes wurde von der Resthitze des Blasterbolzen angesengt, aber das war nichts bedrohliches. Maladie schaltete direkt um auf Dauerfeuer bei normaler Gasladung, sie musste zunächst den Schild überladen. Der Soldat war inzwischen schwerfällig auf die Beine gekommen und humpelte sehr schnell aus der Schusslinie. Die Soldatin vermutete daher, Knight wäre ähnlich kybernetisch modifiziert wie Andron. Sie blickte besorgt zu der bewusstlosen Kagekaze, die an ihrer Seite lag und steckte währenddessen den linken Blaster zurück in den Halfter. Die Waffe war unangenehm heiß nach den zwei Schüssen, doch sie brauchte die freie Hand.


    Amanirenas erbebte unter den Entladungen. Verbissen versuchte sie dagegen zu halten, konzentrierte alles auf die Verteidigung, er war ein mächtiger Lord, egal, ob es das Ambrosia war oder nicht. Sie spürte, dass sie schwächer wurde, konnte aber nicht genau bestimmen, ob er in dem selben Maß an Kraft verlor. Faust war zunächst fasziniert. Nicht von dem bunten Farbenspielen der Blitze und des Lichtschwertes. Doch er spürte die Macht, wie sie loderte und leckte, wie die beiden sich ihr bedienten. Da kam ihm ein interessanter Gedanke, weil das Leben der beiden dort vorne für ihn so oder so keine Rolle spielte. Was wäre, wenn er versuchen würde, die Midi-Chlorianer zu verändern? Sith Alchemie bediente sich ihrer, aber wurden sie auch selbst manipuliert? Könnte das der Schlüssel zum ewigen Leben sein, anstelle die Zellen des Körpers zu beeinflussen, die Zellen der im Körper lebenden Midi-Chlorianer zu beeinflussen? Ein Schuss peitschte durch den Raum, das brachte ihn wider zur Besinnung. Der Lord hatte sich geduckt, bevor Blutklinge den Abzug seines Scharfschützengewehres betätigen konnte. Verdammt, und das auf nicht einmal Vierzig Metern Entfernung, für die das Projektil gerade einmal 750 Millisekunden benötigte.
    Faust hatte jetzt genug. Er hatte vor allem genug Zeit, da Democritus abgelenkt war. Er konzentrierte sich also auf den Mann, den er einst als Schüler eines anderen Lord Democritus kennen gelernt hatte. Ein Meister Alchemist. Von ihm hatte Faust einiges gelernt. Was er jetzt beherrschte, hatte er damals noch nicht beherrscht. Er begann ein Gespinst zu weben, einen feinen Kokon aus dunkler Macht, das sich langsam verdichtete und immer enger zog, bis Democritus es bemerken würde. Doch dann würde es zu spät sein, er würde die Fäden in der Hand halten und seinen Körper, seine Organe, seine Zellen zersetzen und korrumpieren.
    Blutklinge entschied, das er mit dem Scharfschützengewehr nichts ausrichten konnte und hängte es sich wider über die Schulter. Dann suchte er sich die Beste Position für eine Verteidigung am Eingang zum Labyrinth. Denn falls Democritus entkommen würde, war das Leben seines Teams verwirkt. „Andron, folge Deinem Weg, biege zweimal links ab, da wirst Du auf Faust und dann Democritus und Amanirenas stoßen. Ich sicher den Eingang.“ befahl er, als er den Muskelberg unter sich entlang flitzen sah.
    „Verstanden, Red One,“sagte Andron mit einem tadelnden Unterton in der Stimme. Blutklinge schüttelte den Kopf und zielte mit seinem Enterhakenkanone.


    Maladie hatte keine Zeit. Sie zog daher zwei Sprengschnüre aus dem Futteral der Jacke, riss die Verpackung auf und zwirbelte die beiden Schnüre zusammen, um den Sprengstoff scharf zu machen. Dann betrachtete sie sich genau den Verschluss und pappte die jetzt warme und klebrige Schnur an eine scheinbar geeignete Stelle. Sie hob den Oberkörper von Kagekaze an, griff unter ihre linke Achsel und zog am Handgelenk des rechten Armes, packte mit der rechten Hand am rechten Ellenbogen und schleifte sie hinter einem der Stützpfeiler. Das war kein kompletter Schutz, aber sie hockte sich mit dem Rücken dem Schott zugewandt über die junge Frau und hoffte, dass der gepanzerte Mantel Splitter abfangen würde. Sie gab über ihr Comlink den Sprengbefehl und ein dumpfes Ploppen und ein kleiner Splitterregen zeigen die Explosion. Ihre künstlichen Innenohren hatten die Explosion gedämpft. Bevor sie sich Kagekaze wider auf den Rücken wuchtete, warf sie eine letzte Granate in den Tunnel mit Annäherungszünder.
    „Alles wird gut, Kleines. Mama ist ja hier,“ murmelte sie im Selbstgespräch und kicherte über ihre eigene Dummheit.
    Hinter dem Schott war der kleine Aufzug für den Notausstieg in einem der oberirdischen Häuser des Dagger Komplexes. Ihre Erinnerung hatte sie nicht getäuscht, es war der Küchen Esssaal, die sogenannte Messe. Der Aufzug funktionierte auch nicht nach kurzer Systemdiagnose und Maladie musste die Leiter nehmen, verwendete ihre Enterkanone als Steighilfe. Sie ächzte schwer und war fast oben angekommen, als hinter ihr die Granate detonierte.
    Oben angekommen meldete sich ihr Datapad und zeigte Zugriff auf Comlink zu Overwatch und Control an. Sie startete das Hackprogramm, dass sie vor einigen Tagen installiert hatte, als sie die Überwachung übernommen hatte.
    Sie verschloss den Zugang und verriegelte ihn. Das würde eine Weile halten, entschied sie.
    Overwatch bestätigte ihren Zugriff und sendete per Richtstrahl Bilder der Umgebung. Es sah nicht gut aus. Das Gelände war umstellt von regulärer Armee, unweit ihres Ausstieges befanden sich an die Hundert Leibgardisten, quasi keine einhundert Meter entfernt.
    Sie sah ein weiteres Symbol. In dieser Position konnte sie als Relais Daten von Control und Overwatch an einen Scoutdroiden im Komplex senden, der Verbindung zu Blutklinge hatte. Sie überspielte das Datenpaket, das sie erhalten hatte und ließ die Relaisfunktion zu.
    Ein Zischen neben ihr sagte nichts gutes. Die Spitze eines Lichtschwertes bohrte sich durch die Bodenluke, die sie eben noch verschlossen hatte.


    „Hier spricht Major Caress, 21. Bataillon der Orbital Defence Desevro. Ich bitte mit ihrem kommandierenden Offizier zu sprechen!“ erklärte die Drohne und hoverte langsam und mit eingeschalteten Positionslichtern näher an die Gruppe von Fahrzeugen heran.
    Die Leibgardisten hatten alle ihre Lichtschwerter gezogen. Es sah für den Major aus wie einer der wenigen Großangriffe, bei denen er zugegen gewesen war. Aber das hier konnte nicht stimmen, woher hatte der Lord so viele Sith?
    Die Drohne versuchte so viele Gesichter wie möglich zu identifizieren. Da die Operationszentrale im Panzer des Majors gerade keinen Zugriff auf die imperialen Datenbanken hatte, half das zunächst reichlich wenig. Er spürte eine Hand auf seiner Schulter. Sein Adjutant war aufgestanden und zeigte ihm auf einem Tablet eine Vergrößerung. Weit geöffnete Pupillen, schlaffe Gesichtszüge, Schweißperlen auf der Haut, die an der Nasenspitze zu kleinen Kügelchen gefroren.
    Der Major blickte überrascht auf. „Die haben irgendein Trauma durchlebt und sind paralysiert.“
    Der Major betrachtete das große Display rechts neben sich. Kompanie Beta hatte ihre Infanteristen abgesetzt und bewegte sich langsam auf die als gelbe Leuchtmarkierungen auf der Karte blinkenden Positionen zu. Im Süden befanden sich mehrere Gruppen Scouts in einem Waldstück zwischen der Hauptstraße und dem zwei Kilometer entfernten Dagger Komplex. Ein einfacher Befehl, und die paar Gebäude, vier Transportschweber und zwei Luxusschlitten würden sich in Atome zerlegen.
    Doch er zögerte. Er kannte diese Gesichtsausdrücke der Soldaten. Etwas schreckliches musste geschehen sein.

    „Komm nur. Ich habe schon von Euch gehört. Den Schülerinnen von Lord Democritus. Jung und schön, na ja, letzteres trifft wohl auf Euch nicht zu,“ schnarrte Knight.
    Die Sith lächelte nicht mehr.
    „Selbst in militärischen Kreisen munkelt man über die dutzend Sith-Bräute, die der Lord unterhält. Soll einen ganzen Harem haben.“
    Pherr'a bewegte sich langsam seitwärts. Sie versuchte, die stechenden Schmerzen und Kontraktionen zu ignorieren.
    „Er kann alle Frauen der Galaxis haben. Aber nur ich kann ihm die Zukunft geben,“ erklärte sie schließlich.
    Knight gestattete sich ein Lächeln und lachte auch über die Außenlautsprecher. Die Ladeanzeige seines Personenschildgenerators näherte sich langsam wieder der vollen Leistung, die Hitze war abgebaut.
    „Ich werde Dir bei der Geburt helfen, bevor ich hier alles dem Erdboden gleich mache,“ erklärte er.
    „Sie und welche Armee?“ fragte sie Spöttisch.
    „Oh, ich habe nur ein Bataillon zur Verfügung, aber ich möchte sehen, wie Dein Lord und seine paar Weibchen siebenhundert Veteranen vernichten.“
    „Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.“
    „Das hört sich nach einem Spruch dieser Gree an, Mylady.“
    Sie blieb stehen.
    „Haben Sie noch etwas zu sagen? Ich reiße Ihnen gleich die Gurgel heraus, dann bleibt ihnen nicht viel Möglichkeit zum Sprechen.“
    „Ich bin Knight. Ich jage Menschen und Fremdlinge zum Vergnügen. Es ist mir eine Freude, Euch als Beute zu begrüßen.“ Er verneigte sich.
    Sie lächelte.
    „Ich bin Sith. Wir sind die Prinzen der Galaxis, die Herren der Zerstörung, die Geißel der Republik. Die Boten der neuen Ordnung. Sie haben sich einen langsamen Tod verdient, und ich gewähre Ihnen den Wunsch.“


    „Maladie, bist Du noch da?“ frage Andron über Comlink.
    „Cordelia, wenn Du mich hörst, gib ein kurzes Ticken über Kom.“
    „Wir sind noch hier, melde Dich, wenn Du kannst.“
    „Sprich mit mir, Cordelia.“
    „Wir dienen den Imperium.“
    „Ich muss Dich aufhalten, wenn Du desertierst!“
    „Cordelia...“


    Die erste Schrecksekunde war Kagekaze überrascht. Mit ihrem Lichtschwert wehrte sie nur einen Teil der Blasterschüsse ab, der Rest wurde von ihrer Panzerung absorbiert. Maladie zielte nur auf den Kopf der Teenagerin, aber die tranceähnlichen Ausweichbewegungen der Akolythin ließen sie immer dort hin wirbeln, wo die Strahlen nicht waren. Sie war taub und Blind, aber das Ausweichen und parieren von Energiestrahlen hatte die junge Frau bereits mit Fünf Jahren erlernt. Und sie war stärker mit der Macht verbunden als jemals zuvor in ihrem Leben. Seit mehreren Tagen hatte sie Dosen von Ambrosia genommen, ihre Midi-Chlorianer-Werte sprengten bereits die zwölftausender- Marke. Der Lord hatte ihr verschwiegen, dass diese Werte bei Ambrosia Anwendern nicht bedeuteten, dass sie über die Machtpotentiale eines Sensitiven verfügte, der eine so hohe natürliche Bindung zur Macht besaß. Zweifelsohne war ihre Verbindung stärker, und durch die monatelange Ausbildung von Sith Faust war sie mehr als eine Akolythin, auch wenn sie ihre Ausbildung noch nicht offiziell abgeschlossen hatte.
    Das beste war ein Schultertreffer, der einige Stränge der linken Halsmuskeln paralysierten und ein unangenehmes Prickeln auf der linken Wange zurück ließen.
    Die junge Frau wurde noch zorniger. Die Soldatin spielte offenbar mit ihr. Blasterbolzen hätten sie nahe genug erwischt, um einen Teil ihres Kopfes zu verbrennen, aber stattdessen verwendete Maladie Betäubungsstrahlen.
    Jetzt konnte Kagekaze wieder sehen, zwischen den Flimmern und Blitzen ihrer Netzhaut war eine undeutliche Gestalt zu sehen, die eine Waffe fallen ließ und mit einer fließenden Bewegung einen Energieclip in den Blaster in der anderen Hand einsetzte, kurz, nachdem sich ein Betäubungsstrahl gelöst hatte und der leere Energieclip scheinbar von selbst aus dem Slot heraus fiel. Eine halbe Sekunde Später feuerte die Frau wieder.
    Kagekaze war inzwischen die Wände hoch gelaufen, hatte jetzt in einem Überschlag die Richtung geändert und wehrte mit dem Lichtschwert einen Betäubungsstrahl ab. Sie musste sich auf die defensive Technik des Shi-Cho verlassen, denn dies war die einzige Kampfform, in der sie genügend Training hatte, um weitere Schüsse ab zu wehren. Doch jetzt schoss die Soldatin nur noch mit einem Blaster, und das ließ der jungen Frau Gelegenheit, weitere Fähigkeiten ein zu setzen. Sie ließ kurz die Deckung offen und streckte die linke Hand aus, als wolle sie Maladie stoßen. Die Soldatin flog im gleichen Moment nach hinten, erwischte mit schnellen Schüssen den Bauch und darauf die Brust mit zwei Betäubungsstrahlen, bevor sie auf dem Hosenboden drei Meter entfernt aufkam und mit einer Rückwärtsrolle wieder zum stehen kam.
    Kagekaze war nach dem zweiten Treffer zusammen gezuckt. Ihr Kinn fühlte sich taub an, und sie versuchte, den Schwächeanfall weg zu blinzeln. Sie kanalisierte die Macht, um die Betäubung zu neutralisieren, welche die Reststrahlung erzeugte. Ihr Schwert hörte nicht auf, in ungleichmäßigen Bewegungen eine Schutzwand vor ihr zu erzeugen und die ankommenden Betäubungsstrahlen ab zu wehren. Die Akolythin sah das Vibromesser neben ihren Füßen am Boden liegen und blickte der wild feuernden Frau in die Augen. Dann schoss das Vibromesser mit der Spitze voran auf die Soldatin zu.


    Pherr'a war geübt mit dem Umgang mit zwei Lichtschwertern. Ihre Kampftechnik gehörte zu den aggressivsten der Sith Lichtschwerttechniken.
    Doch das Ataru war für sie keine Option. Sie kämpfe bereits mit stechenden Schmerzen im Unterleib, und wirbelnd durch die Luft zu springen würde vermutlich ihre Fruchtblase zerreißen. Sie konzentrierte sich daher auf die passive Shi-Cho Techniken, die sie zuletzt auf der Akademie trainiert hatte, bevor sie vor einem Jahr direkt nach ihrer Abschlussprüfung vom Lord als Schülerin aufgenommen worden war. Die Technik war darauf ausgelegt, jegliche Form von nicht Lichtschwertangriffen ab zu wehren, und der in den schweren Kampfpanzeranzug gehüllte Knight war wahnsinnig genug, die Sith mit seinen bloßen Händen an zu greifen. Jeder Tritt, jeder Schlag wurde von Pherr'as Lichtschwertern geblockt. Seine Rüstung hatte bereits einige tiefe Schnitte eingesteckt, ohne die Sith auch nur zu berühren. Das aufflackernde Kraftfeld der Energierüstung wurde immer schwächer. Nach sechs Sekunden Kampf wurde dem Mann offensichtlich klar, das er eine Sith so nicht besiegen konnte. Er zog sich zurück. Sie hob ihre linke Hand mit dem Gardistenlichtschwert und spreizte Zeige- und Mittelfinger ab. Beide Finger zeigte auf Knight. Er wurde in die Luft gehoben und zappelte hilflos mit den Beinen.
    Pherr'a verzog das Gesicht, als ein stechender Schmerz wie ein eisiger Dolch durch ihren Körper fuhr. Knight landete auf den Beinen und sprintete auf den Eingang des Komplexes zu, hechtete durch die von Pherr'a ausgeschnittenen Öffnung ins Innere.
    Die Sith deaktivierte das Lichtschwert des Leibgardisten und ließ es fallen, griff sich an ihren hochschwangeren Bauch. Dann sog sich sich rückwärts mit kleinen Schritten zurück, ließ den Eingang des Dagger Komplexes nicht aus den Augen. Ein Keuchen ließ sich nicht unterdrücken. Das Leben in ihr verlangte nach der Geburt.


    Democritus sah seine geliebte Frau an. Niharra war immer schon die wildeste seiner Schülerinnen gewesen. Aber leider auch die schwächste, die untalentierteste. Doch er spürte ihre Liebe zu ihm. Er ließ sich von ihr auf helfen. „Danke,“ flüsterte er und reichte ihr die Maske.
    Er erklärte ihr durch die Macht, dass Kagekaze sich in Bedrängnis befand und Pherr'a Wehen hatte. Niharra nickte stumm, während sie gierig die Luft einsog, damit ihre verätzten Lungen wenigstens ein wenig Sauerstoff in ihr Blut abgaben. Er spürte ihre Meinung. Es war ihr alles egal. Amanirenas war verantwortlich für all das Leid und sie sollte sterben. Der Lord jedoch machte sich sorgen um seine beiden Frauen. Nur zusammen waren sie stark genug, und Pherr'a würde vielleicht jetzt das Kind bekommen.
    „Unser Kind“ sagte er und verbrauchte dadurch wichtige Luft, die er in seiner Lunge gespeichert hatte. Sie nahm einen weiteren Atemzug und gab ihm wieder die Maske. Sie blickte ihn mit einem der seltenen, sehnsuchtsvollen Blicke an. Ja, sie wusste, es würde ihr gemeinsames Kind sein, es gehörte ihnen allen, sie waren eine Familie. Dann verfinstere sich ihr Blick. Amanirenas musste jetzt sofort sterben, damit sie nicht wieder entkam.
    Dann spürten sie beide die Präsenz von Amanirenas. Spürten, wie sie in der Macht aufblühte, wussten, sie war keine Fünfzig Meter entfernt, nur ein paar dieser Häuserattrappen entfernt. Und sie war Hasserfüllt. So voll von Mordlust und finsteren Gedanken, so brennend im Feuer der dunklen Seite der Macht, dass es Democritus fast den Atem verschlag.
    „Amanirenas“ keuchte der Lord überrascht auf.


    Major Han Caress war seinerzeit auf Alderaan stationiert gewesen. Ein herbes Land, zerklüftet, mit grünen Tälern. Aber selbst in den Niederungen war es ein kühles Land gewesen, Temperaturen des Nachts meist knapp über dem Gefrierpunkt. Kein Vergleich mit einer roten Sonne auf Desevro. Die Rote Sonne war einer jener Tage, wenn der energiereiche Zwergstern Maugina auf der von Desev abgewandten Seite lag. Dann gab nur noch der rote Gigant Desev sein schwaches Licht ab. Jetzt im Herbst bedeutete das einen Kälteeinbruch, der sich im Laufe des nächsten Tages verstärken würde. Die Luft lag bereits unter dem Gefrierpunkt, und zum Zeitpunkt der niedrigsten Temperatur, am Morgen vor dem Sonnenaufgang, da würden die Temperaturen weiter fallen anstelle wieder an zu steigen. Als Kind von Desevro spürte er diese kleine Eiszeit bereits in seinen alten Knochen. Als er noch jung gewesen war, hatte ihm das alles nichts aus gemacht. In seiner Jungend gab es nicht viele Möglichkeiten für ihn, etwas aus seinem Leben zu machen. Das Desev-System galt damals als unterworfen. Sein Volk galt als Unterworfene. Sie hatten nicht die gleichen Rechte wie imperiale Staatsbürger. Aber dennoch hatte er nichts gegen die imperiale Herrschaft. Gehörte er doch bereits zur ersten Generation, die nichts anderes kannten als die Herrschaft der Sith. Schließlich meldete er sich für den Dienst und diente eine volle Dienstzeit von 25 Jahren. Auf Alderaan hatte er seinen ersten Offiziersdienstgrad erhalten, eine Gefechtsbeförderung. Seitdem hatte er Respekt und Anerkennung erhalten, hatte einen Fachabschluss nach geholt, war auf die Militärakademie gegangen und bereits Captain gewesen, bevor der Vertrag von Corusant den Krieg gegen die Republik veränderte. Das war vor vierzehn Jahren gewesen. Zwei Jahre später wurde er Major und diente noch Fünf Jahre. Jetzt war er fast 59 Jahre alt und hatte seit vier Jahren das Kommando über das 21. Bataillon der Reserve. Ein Haufen von mehr oder weniger auf das Imperium positiv gestimmter Veteranen, deren jüngster Reservist nicht unter Vierzig Jahre alt war. Die Einheit hatte gut gewartete, aber ausgediente Ausrüstung. Die schwere Infanterierüstung trugen nur an die zwanzig Prozent seiner Siebenhundert Mann. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, in Bereitschaft zu bleiben, falls das System einmal von der Republik angegriffen werden sollte oder ein Volksaufstand drohte. Sie würden dann die Paramilitärischen Einheiten verstärken um die Ordnung zu sichern. Und, falls es dazu kommen sollte, dass die reguläre Armee den republikanischen Angriff nicht stoppen konnte, würden Sie das Volk beschützen.
    Was die Anweisung seines Vorgesetzten High Colonel Vandra'aat betraf, konnte er nur spekulieren.
    Desevro war ein Stützpunkt der Verbrecherorganisation, die sich selbst die Bruderschaft des Alten Tion nannte, Schmuggler, Diebe, Drogendealer.
    Noch immer gab es terroristische Zellen des „Widerstands von Tion“, meist fanatische kleine Gruppen, die noch immer gegen die Herrschaft des Imperiums im Desev System kämpften. Diese schwachsinnigen Spinner nannten sich Rebellen und Freiheitskämpfer, obwohl aus der Sicht von Caress das Leben in diesem Sektor nie besser gewesen war als jetzt. Und er meinte dies beurteilen zu können, hatte er doch bereits viele Planeten bereist und gesehen, wie dort das Leben ausschaute. Die technologischen Errungenschaften des Imperiums hatten Energieversorgung und die Wirtschaft in ungeahnte Höhen katapultiert. Selbstverständlich für militärische Produktion. Aber Lebensstandards waren dadurch auch gestiegen. Schließlich war das Desev System jetzt seit Jahren Teil des Imperiums, seine Bürger waren volle Mitglieder, seine machtsensitiven Kinder die nächste Generation der herrschenden Sith.
    Was bedeutete also der Befehl, den stillgelegten Dagger Komplex ein zu nehmen und alle feindlichen Aggressoren zu bekämpfen? Wer war dieser Gegner? Die Schmuggler? Die Terroristen?
    Er war Major der Reserve. Ihn und seine alten Männer und Frauen in ein Gefecht gegen einen unbekannten Gegner zu schicken war für ihn inakzeptabel. Funkstille und lediglich der begrenzte Zugriff auf einige Spionagesatelliten war inakzeptabel. Auf eigenem Boden zu kämpfen ohne Vorgesetzte ein zu schalten oder Unterstützung anfordern zu dürfen war eine Sache, die dem Major ein Frösteln das Rückgrat herauf kriechen ließ, kälter, eisiger, als es nach Aufgang der Roten Sonne sein würde.
    Er schickte seine Scouts und Suchdroiden voraus und näherte sich im Verband. Er wollte ein langsames Vorgehen nach dem Diensthandbuch, hauptsächlich, damit er seine Lage überdenken konnte.
    Die Befehle waren eindeutig, Colonel Vandra'aat verstand sein Handwerk. Es war daher erforderlich, gemäß der Doktrin die Befehle unverzüglich und exakt um zu setzen. Aber wenn er seine Leute schützen konnte, würde er das versuchen.
    Dann kam eine weitere Meldung herein. Keuchend meldete sich Vandra'aat über die Direktverbindung über einen reservierten Satelliten. Das Gespräch kam nur mit starken Störungen durch, als würde sich der Colonel in einem Gebiet mit einen Störsender hinein begeben.
    „Han, Ihre Leute müssen sofort angreifen!“ meldete sich der Vorgesetzte.
    Caress wunderte sich immer mehr. Die persönliche Anrede über einen Kommandokanal, die lapidare Wortwahl. Der Colonel stand unter Druck.
    Dem Major blieb nichts übrig als die Befehle zu befolgen.
    „Major Caress an Einundzwanzig: Ausschwärmen Muster Delta und Angriffsvektoren einnehmen. Wir verwenden das Standartprotokoll. Feuerbefehl erteilt, ich wiederhole: Status ROT!“
    Er betrachtete sein Display. Seine Drei Captains der Kompanien eins bis Drei und der First Lieutenant seiner vierten Kompanie meldeten sich etwa zeitgleich mit der Änderung der Positionsdaten. Die Kolonne löste sich in vier Kompanien auf.
    Meldungen der Scouts auf ihren Speederbikes kamen herein. Caress Stellvertreter markierte ihm einen Kanal, den der Major öffnete.
    „Sergeant Major, wie ist die Lage?“
    „Major wir haben eine Gruppe von zwo schweren Transportschwebern geortet, die sich dem Zielgebiet genähert haben.“
    Der Adjutant ließ auf dem Nebenbildschirm die Bodenaufnahme eines Satelliten einblenden. Eine Gruppe von 40 bis 50 Personen schwärmte durch vier Einstiege aus einem gepanzerten Airspeeder aus und näherte sich den Hauptgebäuden des Dagger- Komplexes. Anhand der Ansicht war zu erkennen, dass die Gruppen und auch das Fahrzeug von seinen Scouts markiert waren. Es war alles vorbereitet.
    Der Major zögerte. Er hatte seine Befehle. Der Feind war da. Die Waffensysteme waren zu 33% in Reichweite, wie die Datenanzeigen meldeten. Es fehlte nur die Freigabe für die auf den schweren Transportpanzern befindlichen Artilleriegeschützen. Seine Freigabe.


    Kagekaze lenkte das Vibromesser mit der Macht auf die Unteroffizierin.
    Die Waffe war deaktiviert, aber immer noch eine beidseitig geschliffene Klinge mit scharfer Spitze. Sie würde vielleicht die Zivilkleidung einfach durchstoßen, wenn Kagekaze nur genug Macht in den Wurf legte.
    Sie zielte auf das Auge der dunkelhaarigen Frau. Konzentriert blickende Augen, leicht geschlossene Lider, aber die Sith spürte, dass es tote künstliche Augen waren, dass alles an diesem Cyborg nur Fassade war.
    Maladie stoppte nicht mit dem Beschuss, als sie die anfliegende Klinge aus der Luft fing und „Dankeschön“ heraus presste. Dann steckte sie den Blaster zurück in den Halfter unter der linken Achselhöhle.
    „Hätte nachladen müssen.“ sagte sie grinsend. Kagekaze sah nur zu deutlich die Lachfalten um die Augen von Maladie und hätte ihr am liebsten die Maske in ihr Gesicht hinein geschlagen.
    Kagekaze stürmte wutschnaubend vor. Maladie bewegte sich rückwärts, versuchte, aus dem Nahbereich der Akolythin zu bleiben. Die Teenagerin war inzwischen mit Feuer und Flamme bei der Sache, die Macht ließ sie erbeben. Sie wollte die Frau umarmen und erdrücken. Maladie lachte sie aus. Diese tote, kalte Frau lachte über sie!
    Die Akolythin stoppte plötzlich und stieß beide Hände nach vorn. Diesmal schleuderte sie die Soldatin nicht nach hinten, sie griff sie mit der Macht und schleuderte sie gegen die Wand, ließ die Machtgriff aber nicht los, denn es war ihr egal, ob sie verteidigungslos war. Maladie konnte sich nicht wehren, wurde zurück geschleudert gegen einen der Stützpfeiler, die in dem Korridor in regelmäßigen Abständen aus den Wänden ragten und dort Nischen bildeten. Kagekaze legte alle Macht in den Griff und näherte sich langsam, versuchte, ihre Konzentration zu behalten und den Griff nicht zu lockern. Sie spürte den Körper von Maladie, es fühlte sich an, als würde sie mit ihren Händen gleichzeitig den ganzen Körper berühren, als könne sie die Frau mit tausenden Händen an den Pfeiler nageln. Es war etwas neues, etwas stärkeres. Sie spürte, wie der Brustkorb der Frau sich hob und senkte und drückte diesen zusammen. Sie sah wie Maladie flach atmete, sah, wie Angst sich in diese toten Augen schlich. Ja, das war schon besser! Eine Frau ohne die geringste Verbindung zur Macht, nutzlos, hilflos, ein Blatt, dass nicht verstand, in welche Richtung der Wind es wehte. Und die hatte dieses Blatt in der Hand, musste nur diese Hand schließen, um das Leben aus ihr heraus zu quetschen.
    „Ich werde Dich vernichten,“ zischte die junge Frau begeistert und wie von Sinnen.


    „Niharra wird sich vor uns verbergen. Achtet auf die Bewegung in den Nebelschwaden,“ riet Amanirenas, während sie Dehnungen machte. Sie fühlte sich lebendiger als je zuvor. Sie spürte, dass Democritus und Nihara sich näherten, konnte einen Ausbruch einer weiteren Machtanwenderin spüren, die nicht weit entfernt kämpfte. Doch im näheren Umkreis waren nur die Präsenz ihres Lord und von Niharra zu spüren.
    Niharra arbeitete sich langsam vorwärts. Ihre gewalttätigen Gedanken verrieten mehr als die seichte Bewegung der Schwaden des Löschgases. Sie lief keine zwei Meter vor einem grobschlächtigen Kerl vorbei, der mit billigen kybernetischen Augen die Umgebung sondierte. Aber er war nicht ihr Ziel. Von einem Soldaten hatte sie nichts zu fürchten. In dem Kopf von Andron hatte sie eine Ablenkung eingepflanzt, dicht verwoben an der Oberfläche seines Bewusstseins. Tiefer vermochte sie nicht in seinen Geist ein zu dringen, doch für eine Irritation reichte es. Er bemerkte keine aufwallenden oder verändernden Nebelfelder. Er beachtete nur die nächstgelegene Notbeleuchtungslampe. Nur diesem Licht war seine Konzentration gewidmet. Dieser Faust, das war schon etwas anderes. Wo war der verdammte Alchemist, vor dem sie ihr Geliebter gewarnt hatte?


    „Amanirenas!“ rief Democritus herrisch und betrat von Osten her einen kleinen Platz, um den sich die aus dem grauen Material geformten niedrigen, meist zweistöckigen Häuser gruppierten. Sein Lichtschwert zischte in der diesigen Luft, das rot des Energiekristalls ließ die Lichtklinge düster leuchten und ließ den Nebel der näheren Umgebung wie eine rosa Wolke aufleuchten.
    Amanirenas wandte sich ihm zu. Schmunzelnd aktivierte sie das Lichtschwert und nahm die Grundstellung des Makashi ein. Ihre Augen funkelten bösartig. „Mein Liebster. Unser letztes Treffen.“ säuselte sie so leise, dass er es kaum durch ihre Maske verstehen konnte.
    Er stellte sein linkes Bein vor, nahm den Schwertgriff in beide Hände und nahm das Schwert mit dem Griff auf Hüfthöhe an seine rechte Seite.
    Sie Lächelte jetzt, die Spitze ihres nach vorne gerichteten Lichtschwertes zitterte leicht. „Sho-Chi? Wer ist jetzt gerade von der Akademie gekommen?“
    Er lächelte nicht. „Es ist Deine letzte Chance, Dich mir an zu schließen. Nur in meiner Gemeinschaft wirst Du Dein volles Potential entfalten und darüber hinaus gehen.“
    „Bedaure, aber ich bin monogam.“ sagte sie mit einem vor Gewaltbereitschaft bebenden Stimme.
    „Du musst mir vertrauen,“ hatte Faust gesagt. Ihm vertrauen, dem unbekannten Sith? Der Angst hatte, wo er Aggression empfinden sollte? Der fliehen wollte, wo die Möglichkeit bestand, den Lord alleine zu stellen?
    „Nur, wenn wir uns öffnen, haben wir eine Chance.“ hatte er behauptet. Was wollte der alte Sith? Er hatte ein höheres Machtpotential, das hatte sie deutlich gespürt. Aber er war kein Sith Krieger. Was sollte er schon groß helfen? Er sollte ihr den Rücken frei halten, mehr wollte sie nicht. Aber er hatte den Kopf geschüttelt und eindringlich gesagt: „Ich werde Dich mit der lebendigen Macht verbinden. Gemeinsam werden wir in der Lage sein, ihn zu besiegen. Aber dafür muss ich Dir vertrauen und Du musst Dich mir öffnen, Amanirenas. Alleine oder nur als zwei Sith haben wir keine Chance gegen seine Macht, egal, für wie schwach Du ihn hältst.“
    Amanirenas hatte sich darauf ein gelassen. Und jetzt stand sie ihrem Lord gegenüber. Bereit, ihm das Herz heraus zu reißen, so, wie er es mit ihr gemacht hatte. Nur sie würde es tatsächlich machen und nicht nur sein Herz brechen.
    Sie spürte, wie Democritus die Macht sammelte, sich auf den Kampf vor bereitete. Dann spürte Sie Faust, öffnete sich ihm. Nahm die lebendige Macht um sich herum wahr. Spürte, wie sie die Kraft durchströmte, ihre Zellen vitalisierte. Ihre Muskel vibrierten, ihr Atem wurde ruhig und tief. Sie konnte Niharra nicht in der Macht spüren, denn sie hatte sich vor der Macht verborgen. Sie konnte sie nicht sehen, denn sie hatte eine Kunststufe erreicht, die sie vor den Blicken verbarg. Sie spürte aber ihre Mordlust, ihre Gedanken verrieten sie. Und dann spürte sie Niharras Hochgefühl, als sie sich auf einen tödlichen Streich vorbereitete. Amanirenas wirbelte herum. Es war kein regelrechter Shun, denn dafür war dies die falsche Lichtschwerttechnik. Aber es erfüllte seinen Zweck. Niharra hatte das Lichtschwert gezündet, aber es war noch nicht stabilisiert und zur Parade bereit, als Amanirenas herum wirbelte. Der schnelle Schnitt war nicht in der Lage, den Körperpanzer zu durchschneiden, aber er sägte in Bauchhöhe am Brustpanzer entlang und brannte eine Furche in die Panzerplatten, erhitzte die Gewebepanzerung darunter, die nur einen Teil der Hitze absorbierte. Die Haut an ihrem Bauch verschmolz mit der Gewebepanzerung und ließ die Sith keuchend zurück taumeln. Sie duckte sich gerade noch unter einem Stich oder Shiak weg und stieß kraftlos mit dem Lichtschwert gegen die Klinge von Amanirenas. Dann spürte sie einen enormen Druck, ein Brennen der Glieder und blickte instinktiv nach rechts, wo Faust in einem glaslosen Fenster aus dem Ersten Stock auf sie hinab blickte und sein verbissener Gesichtsausdruck die Konzentration auf eine Machttechnik andeutete.
    Democritus hatte den Soldaten links von ihm gespürt, als diese ihn gesehen hatte. Als Amanirenas herum wirbelte, warf der Lord die Macht gegen das Gebäude und ließ die Wand einstürzen. Die modellierbaren und verformbaren Platten waren für Übungsgranaten und auf Niedrig-Energie geschaltete Energieschüsse ausgelegt, der Plattenbau hielt der Macht des Lord nicht mehr als zwei Sekunden stand. Calderon aber machte das einzig richtige und hechtete aus einem Fenster, damit er nicht in den Trümmern zerquetscht würde.
    Dann spürte der Lord den Schmerz seiner Geliebten und griff mit der Macht nach Amanirenas. Blauviolette Blitze sprangen aus seinen Fingerspitzen und hüllten die junge Sith in eine funkelnde Korona, während sie sich verkrampfte und zuckte.


    Kagekaze legte die Hände um den Hals von Maladie. Es war nicht nötig, dies zu tun. Aber so war es persönlicher, berauschender.
    Ihr Körper bäumte sich auf, aber die Akolythin hielt mit der Macht Hände und Füße an Ort und Stelle. Es kostete sie Kraft und Konzentration, die Machtanstrengung wurde mit jeder Sekunde größer. Aber das wunderbare Gefühl, über das Leben herrschen zu können, trieben die junge Frau an. Sie wäre jetzt leicht zu überwältigen gewesen, doch es war niemand da, um Maladie zu helfen. Und die konnte kaum ihren Kopf bewegen und sich nur ein paar Zentimeter weit aufbäumen, wenn sie den Rücken wölbte.
    „Ich könnte Dein Genick brechen, aber das geht zu schnell,“ sagte Kagekaze beinahe liebevoll. So war es bei dem abscheulichen Aufseher auf Korriban geschehen, reine Selbstverteidigung. In Democritus Burg hatte sie einen Leibgardisten um gebracht. Der Gardist hätte sonst ihre Pläne vereitelt, den Lord im Schlaf zu ermorden. Um Faust zu beeindrucken. Wie lächerlich das jetzt schien. Jetzt war der Lord ihr Liebhaber, und sie war ihm gleich gestellt. Sein Mittel hatte ihr Erleuchtung gebracht, sie war eins mit der Macht geworden. Sie hätte niemals erträumt, welch berauschendes Gefühl es war.
    Und doch machte die Sache ihr keinen Spaß. Warum nicht? Weil diese Frau unbedeutend war? Sie sah sich die jämmerliche Frau an. Die war mindestens über dreißig, quasi eine alte Schachtel. Ihre Aura war tot, der ganze Körper eine Ansammlung künstlicher Bauteile, fast, als hätte man eine Drahtpuppe mit Fleisch umhüllt. Und dann diese Augen. Künstliche Augen, die echt aussehen sollten. Aber nicht für sie, sie konnte spüren, dass diese Augen nicht echt waren, keine Tore, die in die Seele führten, sondern nur geschickt getarnte Spielzeuge. Sie keuchte so erbärmlich, die bleiche Haut war schon etwas angelaufen. Die Murmeln in den Augenhöhlen verdrehten sich nach oben. Sie versuchte anscheinend, viel Luft ein zu atmen jetzt, wo die Akolythin die Brust nicht mehr mit der Macht quetschte. Kagekaze lächelte Freudlos. Es wurde Zeit hier fertig zu werden. Sie spürte einen Stich, als Niharra getroffen wurde und spürte, dass Democritus sie brauchte. Sie wandte kurz den Kopf, lauschte auf ihr Inneres, spürte die Schmerzen von Pherr'a und wusste, dass sie gerade ein Kind zur Welt brachte. Ein Kind von Democritus, das über mehr Kräfte als selbst der sagenumwobene Imperator verfügen sollte. Sie bekam einen Kopfstoß gegen die rechte Schläfe und zuckte zurück, stolperte über ihre Gummifüße und sackte zusammen.
    Benommen sprang sie wieder auf, bewegte der Macht folgend den Kopf nach links und entging einem vorschießenden rechten Handballen, der nahe ihrem Kinn vorbei harmlos das linke Ohr streifte.
    Das Lichtschwert erwachte zischend zum Leben, aber Maladies Hand hatte den Griff des Lichtschwertes umklammert, drückte die Waffe vom Körper weg, während sich Maladies linke Hand am schlanken Hals fest krallte und sie der Akolythin das rechte Knie in den Unterleib stieß.
    Kagekaze keuchte, die segmentierten Panzerplatten boten kaum Schutz vor Schlägen, sie klappte daher nach vorne und bekam das Knie gegen das Kinn gestoßen, dass es ihr die Maske vom Gesicht riss. Sie spürte, wie sich die Hand an ihrem Nacken löste und verlor die Orientierung.
    Maladie griff jetzt auch mit der anderen Hand an das Lichtschwert. Kagekaze griff auf die Macht zu, sie brauchte ihr Handgelenk nur etwas nach innen zu drehen, und der Soldatin würde ein Körperteil fehlen. Aber als Maladie den Griff beider Hände um das Lichtschwert gelegt hatte, hechtete sie über die vor ihr kniende Frau. Ihr Gewicht multipliziert mit der Fallgeschwindigkeit reichte aus, um Kagekaze das Handgelenk soweit zu drehen, bis etwas brach und sich das Lichtschwert aus den schlaffen Fingern löste. Maladie landete mit der Rolle schräg hinter der Machtanwenderin, rollte sich ab und stand, beide Hände am Lichtschwert. Keuchend richtete sie die Waffe auf die Frau, die ihre Hand erhob, um die Soldatin mit der Macht von sich zu schleudern. Dann spürte Kagekaze, dass sie so viel Atmen konnte wie sie wollte, aber es war kein Sauerstoff in ihren Lungen.



    Amanirenas krümmte sich zusammen. Niharra taumelte zurück, als sie spürte, wie das Leben aus ihr gesogen wurde. Sie spürte eine Verbindung zu Faust, spürte eine Verbindung zu Amanirenas. Schrecken erschienen in ihrem Blick als sie begriff, dass der alte Sith ihre Lebenskraft auf Amanirenas übertrug. Sie konzentrierte sich darauf, sich ab zu schotten.
    Die Sucherin spürte plötzlich keinen Schmerz mehr. Ihr Körper gewann erneut an Kraft, und sie spürte die Verbindung zwischen sich und Faust. Sie erhob sich keuchend, stemmte ihre linke Hand auf den Oberschenkel und erhob sich auf wackelige Beine. Niharra funkelte Faust an und unterbrach mit einer starken Willensanstrengung seine Versuche. Dann flammte ihr Personenschildgenerator auf, als Andron sie unter Dauerbeschuss nahm.
    Democritus sah Calderon mit einer Hechtrolle aus einem Fenster des einstürzenden Gebäudes springen und griff mit der Macht nach ihm. Mit einem Reißen der Gurte und einem Knacken der Halswirbel flog ihm die Maske des Soldaten entgegen. Das schien die schnellste Methode zu sein, den Soldaten Kampfunfähig zu machen.
    Er blickte zu Niharra herüber, deren Umrisse aufgrund des Blasterbeschusses aufleuchteten. Er spürte jetzt den Sith Faust, der sich verborgen gehalten hatte. Aber Amanirenas war näher. Sie erhob sich unsicher. Er streckte erneut die Hand aus und ließ einen Machtblitz auf sie niederfahren. Sie kanalisierte mit der Macht die Blitze in ihr Lichtschwert. Wabernd blitze das Lichtschwert auf, aber das Lichtschwert wurde nicht kurz geschlossen. Der Lord ließ nicht locker. Das Lichtschwert bockte und zuckte in den Händen von Amanirenas.
    Calderon sah die Maske vor sich liegen. Drei Meter entfernt, einen Meter von den Füßen des Lord entfernt. Er hatte keine Zeit sich irgendwelche Chancen aus zu rechnen. Ein Atemzug, und er würde in knapp zwei Minuten das Bewusstsein verlieren und in neun Minuten tot sein. Das hatte den Sanitäter beschäftigt, seit Blutklinge die Idee hatte, das Gebäude mit Löschgas zu fluten. Er reagierte instinktiv, ließ die Waffe fallen und zog umständlich das Schwert aus seinem Gürtel.
    Faust spürte, wie er die Kontrolle über Niharra verlor. Aber das war zu erwarten gewesen, Niharra war keine Akolythin mehr, sie war eine durch Ambrosia gestärkte Sith. Er schickte Schmerzwellen in ihren Körper. Sollte sie damit klar kommen. Sie wehre jetzt teilweise die Blasterschüsse ab, machte einen gazellenartigen Sprung und stieß sich dann ab, um direkt auf Faust zu zu fliegen.


    Amanirenas kurze Haare stellten sich durch die Statik auf. Die Löschgas gesättigte Luft war in bunte Auren gehüllt, die Machtblitze erzeugten stroboskopartiges Licht, die Lichtschwerter waren wie wabernde rötlich brennende Fackeln. Androns blaue Blasterbolzen stanzten Löcher in die grauen Wände und die Wände dahinter, bis das Plasma sich soweit abgekühlt hatte, dass es nur noch Brandblasen an den nächsten dahinter liegenden Wänden warf.
    Calderon nahm das Schwert beidhändig wie in den Übungsstunden mit dem Vibroschwert. Er erinnerte sich noch an den Sith, mit dem er trainieren durfte. Der Sith der Siebten Imperialen Sondereinheit hatte ihm abfällig gesagt: „Wenn Du einen Jedi siehst, und nur noch Dein Vibroschwert hast, dann rate ich Dir zu rennen!“
    Jetzt rannte Calderon stumm auf den Lord zu. Er wusste, die schnellen Bewegungen würden seinen Sauerstoff im Blut verbrauchen, er würde vielleicht noch sechzig Sekunden haben, bevor er zu Boden ging.


    Kagekaze suchte ihre Maske. Sie lag nicht weit entfernt. Mit der heilen linken Hand griff sie danach. Tränen des Schmerzes liefen über ihre sommersprossigen Wangen. Sie legte sich die Maske umständlich an und sah hinüber, wo sie Maladie hin geschleudert hatte. Dort war nichts.
    Sie stand auf, wo war ihr Lichtschwert? Sie erblickte neben sich Maladies Messer, nahm es auf. Dann spürte sie die Macht und aktivierte das Vibromesser. Ein Strahl zischte heran, und die Umrisse von Maladie wurden sichtbar. Doch zu spät bemerkte KageKaze, dass sie nicht ihr Lichtschwert zur Verteidigung erhoben hatte. Der Strahl flog über der Spitze des Vibromessers vorbei, ohne geblockt zu werden.
    Der Betäubungsstrahl erwischte sie diesmal im Gesicht und die junge Frau brach zusammen.
    Maladie näherte sich vorsichtig und jagte noch einen Strahl in den Kopf der Frau. Das konnte neuronale Schäden nach sie ziehen, doch die Sith zu unterschätzen hatte die erfahrene Kommandosoldatin Zeit geraubt. Viel zu viel Zeit. Sie seufzte und begann, ihre Waffen ein zu sammeln.


    „Weitere Truppentransporter nähern sich.“
    „Ebenfalls Lord Democritus?“
    „Affirmative, Sir.“
    Der Major öffnete einen Kanal zu seinem Vorgesetzten.
    „Colonel Vandra'aat, wir haben eine Kompanie Leibgardisten des Lord Democritus identifiziert. Ist das unser Angriffsziel? Ich bitte um Bestätigung eines Einsatz gegen Haustruppen eines Lord der Sith!“
    Es gab keine Meldung.
    Schön, dachte sich der Major, ich kann warten.
    „Kundschafter, Gebiet Scannen,“ befahl er.
    „Bataillon, Status Gelb, wiederhole: Beschuss nur zur Verteidigung! Kompanie Beta und Delta, Flankenbewegung. Gamma Reserve und Artillerie. Ausführung!“
    Sein Adjutant meldete sich. „Major, anscheinend befindet sich der Colonel im Komplex. Dort gibt es starke Störungen, wir vermuten, dass die Anlage abgeschirmt ist.“
    „Danke.“
    „Major?“
    „Was gibt es, TOP?“
    „Das bedeutet, wir müssen den letzten Befehl des Colonel ausführen.“
    Der Major runzelte die Stirn. Das wusste er selbst. Aber ein Angriff auf Truppen eines Sith Lord? Und warum?
    „Danke Top.“ sagte er schlicht. Der Bataillons- Sergeant war älter als der Major. Beide waren sie alte, müde Krieger. Beide wussten sie, was man von ihnen verlangte. Und beide hatten sie genug Erfahrung, um zu erkennen, dass etwas nicht in Ordnung war.
    „Wir bleiben beim Status Gelb!“ erklärte der Major und blickte zu seinem TOP. Der grinste ihn breit an, sagte aber nur: „Affirmative, Sir.“