Kurzschluss: Doppeltes Spiel

  • Star Wars The Old Republic Kurzgeschichte
    Zeitlinie: 11/14NVC
    25.02.15-05.03.15 Tom Whiskey


    „Rabenmutter an Schwarm.


    Formation V-Steuerbord. Wegpunkt 5 in 8 Sekunden.“
    Unendliche Nacht, weit, weit entfernte Sterne, deren Licht vor langer Zeit ausgestrahlt wurde, um an diesem Punkt des Universums zu leuchten. Eine Staffel republikanischer Sternenjäger, die wie ein Schwarm Vögel durch den Weltraum glitt, Spuren ionisierter Materie zurück ließen.
    Die Staffelkommandantin deaktivierte ihre Kommverbindung und sprach in die von elektronischem Knacken und dem Surren der Triebwerke erfülltem Cockpit: „Sixdee, wie weit ist die Aufnahme?“
    Piepsend und schnatternd antwortete der Astromech Droide, der in einer speziellen Halterung an dem Platz des Co-Piloten hinter der Frau arretiert war. Anscheinend konnte die Pilotin die Binärsprache verstehen, denn ihr Blick glitt nicht zu dem in Basic aufblitzenden Übersetzungstext auf ihrer Konsole. Stattdessen überprüfte sie die Position der um sie herum verteilten fünf anderen Sternenjäger. Rechter und linker Hand ihres modifizierten Jagdbombers flogen vier Jagdmaschinen, rechter Hand schloss ein weiterer StarGuard Jagdbomber die Formation ab.
    Ein Blick auf die Navigationskarte zeigte das Ziel der Patrouille, ein nicht mehr ganz fünf Minuten entferntes Hyperfunkrelais.
    Ein Blinklicht erregte plötzlich die Aufmerksamkeit der blauen Augen unter der Fliegerbrille.
    Ärgerlich plärrend meldete sich der Droide und kurz darauf meldete sich eine markante, männliche Stimme über die Funkfrequenz der Staffel. „Rabenmutter, Sensorkontakt!“
    Die Pilotin aktivierte die aktiven Sensoren ihres Jagdbombers und sprach in Seelenruhe zu ihrem Astromech „Sixdee, Aufzeichnung nicht abbrechen. Und halte jetzt Schnabel!“
    Mit veränderter Stimmlage, abgehackt und äußerst aggressivem Tonfall blaffte sie plötzlich in die Kommverbindung der Staffel: „Rabenmutter an Schwarm: aktive Sensoren, Aufzeichnung! Oldfella, Triangulation starten. Rotte Zwo, zurückfallen, Sensordämpfung deaktivieren, Formation Y.“
    Zwei NovaDive Jäger schienen an Fahrt zu verlieren und setzten sich hinter und unter die Führungsmaschine. Ein plötzlicher Wechsel des in der Mitte der Formation fliegenden Jagdbombers zwang die Staffel zu einer Positionsanpassung. Mehrere Stimmen sprachen zeitweilig gleichzeitig über die Staffelfrequenz, bis die Kommandantin einen derben Spruch blaffte und die Funkdisziplin wieder eingehalten wurde.
    Der A6 Droide von „Rabenmutter“ meldete das Ende der Aufzeichnung. „Auf Chip kopieren und dann Löschprotokoll Maladie226 ausführen.“ erklärte die Pilotin seelenruhig und zwang durch eine erneute abrupte Kurskorrektur die Staffel in einen andere Richtung. Der Droide stieß einen elektronischen Seufzer aus und beschwerte sich dann lauthals mit logischen Argumenten gegen die Anweisung.
    „Mein Kleiner, bin ich hier der Boss? Protokoll Maladie001 ausführen. Noch Fragen?“
    Der Droide befand sich gerade im Löschprozess seines Kurzzeitspeichers oder wollte aus Trotz nicht antworten. Die Pilotin nahm das zur Kenntnis, wartete noch Fünf Sekunden und schickte dann die Staffel in eine sphärische Formation.
    „Oldfella, Ergebnis?“ presste sie mit einem ärgerlichen Unterton in die Staffelfrequenz.
    „Eine verschlüsselte Meldung vom Hyperfunkrelais, Rabenmutter. Ich habe nur acht Sekunden Aufzeichnung. Der Richtstrahl hat unsere Flugbahn gekreuzt, ein Korridor von zwölf Kilometern im Durchmesser. Die Modulation....“
    „Geschenkt!“ kläffte die Kommandantin und unterbrach ihren Stellvertreter brüsk.
    „Raptor, Sie nehmen Rotte Zwo und Drei und führen die Patrouille zu Ende. Oldfella, geben sie mir die Zieldaten der Funkmeldung, wir verfolgen die Sendung zum Ziel. Formation aufbrechen, Ausführung in Fünf!“
    „Raptor an Rabenmutter: Verstanden.“
    „Bilden Sie sich bloß nichts ein, verdammter Huttensohn! Ich werde Sie noch am Arsch kriegen!“ kläffte die Kommandantin und die Staffel konnte nur froh sein, dass die Kommgeräte die Lautstärke selbstständig herab regelte.
    Die vier Jagdmaschinen richteten Ihre Bahn zum Hyperfunkrelais aus, während die beiden StarGuard´s eine Kehre beschrieben und sich dann seitlich versetzt in die entgegen gesetzte Richtung auf machten.
    Der Flügelmann der Kommandantin öffnete einen privaten Kanal „Oldfella hier. War das nötig, den Jungen so vor allen bloß zu stellen?“
    „In einer Gefechtszone hätte er uns alle ins Grab gebracht! Aktive Sensoren!“ keifte die Pilotin, als ein Teleskoparm sie an die Schulter tippte und ihr einen Daumennagel großen Chip dar bot.
    Sie griff mit der rechten Hand an ihre Schulter und nahm den Chip entgegen.
    „Immerhin scheint das Relais manipuliert zu sein. Und ich befürchte...“
    „Ja, Oldfella!“ knurrte die Rabenmutter mit einem drohenden Unterton, während sie eine Energiezelle aus ihrer Gürtelhalterung entnahm und am Gehäuse drehte, „wir werden keinen Empfänger der Botschaft finden, weil der Richtstahl für unsere Staffel bestimmt war.“
    Sie ließ das Gesagte sacken, das, was ihr Kamerad nicht hatte aussprechen wollen.
    Die Pilotin öffnete die Energiezelle und es stellte sich heraus, dass die Blaster- Energiezelle nur eine Attrappe war. Sie deponierte den Datenchip in der Hülle und verschloss sie wieder. Dann setzte sie die Attrappe in ihren Blaster ein und steckte dessen echte Energiezelle in die Halterung am Gürtel.
    „Einer aus unserer Staffel ist ein Verräter!“ ergänzte sie schließlich theatralisch und mit eiskalter Stimme.
    A6-D12 piepte überrascht über diese Worte von der Frau, die vor ihm an der Konsole saß. Er konnte sich an die letzten paar Minuten nicht mehr erinnern, aber als aufrechter Droide der republikanischen Raummarine war solch eine Vermutung für ihn doch erschreckend, dass ihm ein elektronischer Schauer durch seine Komponenten glitt. Verräter, nein, so etwas war für einen aufrechten Astromech-Droiden wirklich eine gruselige Vorstellung!


    Der Landeanflug erfolgte unter Gefechtsbedingungen. Die Vier Scoutmaschienen landeten gleichzeitig, was aus Sicherheitsgründen bei Routineflügen verboten war. Die beiden Jagdbomber folgten mit minimalem Sicherheitsabstand, doch Rabenmutter und Oldfella waren im Gegensatz zum Rest der Staffel erfahrene Starfighter-Piloten, die ein kalkuliertes Risiko eingingen.


    „Keiner öffnet sein Cockpit!“ blaffte Rabenmutter und setzte hinzu: „Wer sein Cockpit ohne mich öffnet, den erschieße ich in seinem Sitz!“
    Der Befehl war jedoch überflüssig. Ein Zug Rauminfanterie hatte bereits den Hangar gesichert und an dem Kragen zweier Offiziere prangten die Abzeichen vom navalen Nachrichtendienst. Die Sternenjäger folgten den holographischen Landelichtern in die Parkpositionen und dort warteten sie auf die Soldaten.
    Rabenmutter ließ ihr Cockpit aufklappen, riss sich den Helm von ihrem Kopf, dass es ihren Haarknoten mit ab zog und ihr dunkles, schulterlanges Haar zum Vorschein kam. Dann pfefferte sie den Helm zielsicher in den Sitz, kurz bevor ihre Füße den Boden berührten. Sie hatte bereits den Blaster in der Hand und blickte in ein erschrockenes Gesicht eines Rauminfanteristen, der anscheinend noch unter Akne litt. Der junge Mann versuchte, sein Gewehr hoch zu reißen, als sich seine Augen weit öffneten. Er sah die Blasterpistole auf sich zu fliegen und fing sie reflexartig auf, beinahe wäre ihm dabei sein Blastergewehr aus de Händen gefallen.
    „Gute Reflexe, Private,“ sagte die Pilotin schmunzelnd und wischte sich die Haare aus dem Gesicht. Mit wiegenden Hüften und stampfenden Schritten ging sie auf die beiden Offiziere zu.
    „Leibesvisitation, Droiden scannen, Schiffe scannen, Logbücher auslesen!“ ratterte Sie mit einem abgehackten Befehlston herunter und reckte das Kinn provozierend vor, als sie vor den beiden Offizieren stehen blieb und ohne zu salutieren die Arme vor der Brust verschränkte.


    „Lieutenant Camoni, wir haben alles unter Kontrolle. Haltet Euch für die Untersuchung bereit.“ erklärte der linke der beiden Offiziere kühl und ruhig.
    Rabenmutter hob drohend den Finger.
    „Hier ist ein gewaltiger Haufen Bantha Podo am Dampfen, Freundchen!“ erklärte sie verärgert, blickte die beiden unbeteiligt wirkenden Männer der Reihe nach an und fluchte dann leise vor sich hin, stemmte die Arme in die Hüften und drehte sich zu den Jägern ihrer Staffel um. Die beiden Offiziere tauschten in ihrem Rücken kurze Blicke aus.
    Camoni beobachtete, wie ihre Piloten die Kanzeln verließen und schloss sich dann der Gruppe an, als diese langsam Stellung vor ihren Maschinen auf nahmen. Ärgerlich funkelnde Blicke warf sie dabei einem charmanten jungen Mann zu, der klein und drahtig nicht einmal die 1,50 m Marke erreichte und ihrem Blick scheinbar stand hielt, obwohl die Blicke töten sollten. „Raptor,“ murmelte sie zischend wie einen Fluch.
    „Ich weiß wirklich nicht, warum man das Flottenakademie schimpft. Wenn's nach mir ginge, würdet ihr alle der Republik am besten helfen, wenn ihr bei den Imps Starfighter zu Schrott fliegt!“ höhnte Camoni und blickte jedem ihrer Piloten ins Gesicht. Zuletzt blieb ihr Blick auf dem Zabrak mit der Bezeichnung Oldfella hängen. Er war keine 23 Jahre alt und im Gegensatz zu den restlichen vier Piloten kampferprobt.
    „Haltet mich nicht für ungerecht,“ grummelte sie leise, während ihre Blicke wieder über die Piloten glitt, “Ihr seit eine Gefahr für eure Kameraden, und so wie ich die Fuzzis aus dem Oberkommando einschätze, wird man Euch in den nächsten Wochen in ein Gefecht werfen, wo ihr euer bisher sinnloses Leben im Vakuum aushaucht und ein paar Millionen Credits Metallschrott euer Sarg werden wird! Jetzt lasst uns verdammt noch mal zu den Untersuchungen gehen und wundert Euch nicht, wenn sie Euch den Arsch auf reißen. Da kommen nur ein paar Sonden rein. Abmarsch, ihr Küken!“


    „Flight Lieutenant Jaresa Camoni, 46 Jahre, Reservisten 71. Raumgeschwaders Corellia. Seit Drei Monaten aus der Reserve in den aktiven Kriegsdienst reaktiviert. Dienst im Geschwader der Valor Shield of Dufilvian, Fligt Zwo der Gold Schwadron.“ Wing Commander Forrk blickte unter seinen langen Wimpern auf und seine eisgrauen Augen fixierten die Pilotin, die in Hab Acht Stellung vor seinem Pult stand und scheinbar durch die Schiffswand hinter ihm den Weltraum beobachtete.
    „Camoni, was bringen eigentlich die ständigen Predigten vor ihrem Flight?“
    „Ich wirke auf Verhalten und Einstellung meines Flight mit abschreckenden Beispielen positiv ein, Sir!“ erklärte Camoni abgehackt und mit neutraler Stimmlage.
    Forrk versuchte, in ihre blauen Augen zu schauen, aber gab es dann auf. Er erhob sich, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und wanderte zu einem Holotisch in seinem Dienstzimmer. Dabei erklärte er mit ausdruckslosem Gesicht: „Ihre Dienstakte ist voll davon. Vor Siebzehn Jahren haben sie wegen solcher und ähnlicher Aktionen die Beförderung zum Wing Commander verspielt. Aber haben Sie damit aufgehört?“
    Die Frage war rein rhetorisch, die Pilotin antwortete nicht, aber ihr blick wanderte zur Decke, wo sie die Fugen der Wand inspizierte, während ihr der hochrangige Offizier den Rücken zu wand und jetzt den Holotisch aktivierte.
    „Nein, sie haben weiter gemacht, wurden degradiert, haben weiter gemacht und wurden degradiert. Man hätte sie mehrfach vor das Kriegsgericht stellen können....“
    „Aber man brauchte guten Piloten. So wie jetz wieder!“ sagte Camoni mit höhnender Stimme. Forrk blickte über die Schulter. Camoni stand in lässiger Haltung und hatte locker die linke Hand in die Hüfte gestemmt.
    Das Hologramm zeigte eine Simulation einer V-Förmig dahin fliegenden Gruppe aus sechs Starfightern, vier Jäger und zwei Jagdbomber. Ein roter Tunnel wurde eingeblendet.
    „Die Relaisstation hat in Richtung eures Flights eine Subraumwelle abgestrahlt. Wir haben weniger als zehn Sekunden der Sendung in den Systemen gefunden. Leider zu wenig um den Code zu knacken.“
    Er nahm ihren Duft war, bevor er aus den Augenwinkeln sah, wie sie sich über das Hologramm beugte.
    „Wir führen Richtstrahlkommunikation in allen Maschinen mit,“ sagte sie und schien in den Anblick des Holos vertieft zu sein.
    „Ein Sendeimpuls könnte das manipulierte Relais veranlasst haben, seine Nachricht zu senden. Was sagen die Techs?“
    Der Rattataki sah jetzt zu Camoni herüber. Sie erwiderte seinen Blick, ihre Augen waren auf seine Lippen gerichtet.
    „Das Relais wurde vor 122 Tagen gewartet. Die gefundenen Komponenten sind nach der Analyse des Labors aber schon seit mindestens 700 Tagen in Betrieb. Entweder die Wartungscrew gehört mit zu der Verschwörung, oder sie waren nachlässig.“
    „Auf was tippen Sie?“
    Forrk unterdrücke ein Schultern zucken. „Spekulationen sind irrelevant. Das ist nicht mein Ressort. Interessanter ist die Frage, ob es geplant war, dass dieses Relais die Daten versendet und dann sämtliche Speicher löscht oder ob es sich um eines von vielen handelt, die bereit stehen, falls zufällig jemand in der Nähe ist und das richtige Signal sendet.“
    Camoni nickte und wischte sich danach die Strähnen aus dem Gesicht.
    „Unwahrscheinlich, dass zufällig der richtige Spion an diesem Relais ist. Also sind mehrere Relais für mehrere Spione manipuliert.“
    Forrk runzelte die Stirn. „Soweit unser Nachrichtendienst. Die Alternative wäre ein Zufall. Der Strahl könnte zufällig seine Nachricht in die Richtung gesendet haben, als euer Flight ihn gekreuzt hat. Aber bei den ganzen oberflächlichen Informationen, die ich heute erhalten habe, erscheint das für mich am unwahrscheinlichsten.“
    „Wir müssten die Bahn des Strahls Milliarden Kilometer weit verfolgen und würden vielleicht auf eine kleine Empfangsboje stoßen, welche die Sendung speichert. Vermutlich in einem Abstand von nicht mehr als ein paar Lichttagen, sonst währen die Informationen zu alt.“
    Forrk nickte. Camonis Augen weiteten sich überrascht.
    „Ich habe mich schon gewundert, warum die Saphir-Schwadron gestartet ist.“
    „Das ist nur ein Ausschlussverfahren. Eine Eurer Piloten ist ein Spion, da bin ich sicher.“
    „Imps?“ Forrk zuckte schließlich mit den Schultern. „Imperiale, Schreckensmeister, Huttenkartell ... inzwischen ist die Front nicht mehr so eindeutig wie vor fünfzehn Jahren. Habt Ihr einen Verdacht?“
    „Raptor... Pilot Officer Jet Keeran.“ kam es wie aus dem Blaster geschossen.
    Forrk verkniff sich ein Minenspiel. Er wusste nicht, ob er sich ärgern sollte oder darüber lachen. Camoni behandelte diesen Mann schlecht, seit er in die Einheit angekommen war. Für ihn war das ganz klar eine Sache von Vorurteilen.
    „Keeran steht doch unter Eurer ständigen Kontrolle. Ihr seit ganz wild darauf, ihn bei Fehlern zu erwischen.“
    „Ach, und war das kein Fehler die aktiven Sensoren zu verwenden, entgegen dem Einsatzbefehl?“
    Der Rattataki schaltete das Holo aus und wandte sich der Frau zu.
    „Sicher, bei einem Einsatz unter Gefahrenstufe Gelb oder höher würde ihn das ein Disziplinarverfahren einhandeln. In diesem Fall war es wohl ein glücklicher Zufall.“
    Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihn spöttisch, dass es ihm heiß wurde und der Ärger in ihm auf stieg.
    „Ein Fehler oder Zufall? Wirklich? Fünfzehn oder zwanzig Sekunden vor dem Ende einer Transmission? Es war zu dem Zeitpunkt doch sicher zu spät, um die Nachricht entschlüsseln zu können. Nein, er ist damit nicht aus den Verdächtigen raus. Ich werde Beweise finden!“
    „Das ist nicht Eure Aufgabe...“ „Es ist mein verdammter Flight!“ fauchte sie und beugte sich angriffslustig vor. Er wurde durch ihre Haltung immer erregter. „Unser Sicherheitsdienst ist bereits damit beauftragt. Sie alle und das Umfeld wird beobachtet...“
    Camoni schlug sich mit der flachen Hand auf die Knochen ihres Brustbeines unter dem Halsansatz. Ihr Gesicht war errötet und ihr Blick mordlustig, als sie dabei fast schrie: „Einer meiner Piloten hat mich verraten. Ich finde ihn und mach ihn fertig....“
    Forrk schlug mit der flachen Hand nach ihr, aber sie zog ihren Oberkörper nach hinten weg und die Hand wischte an ihrer Nase vorbei, der Luftschwall wirbelte ihr Haar zurück.
    Sie lächelte plötzlich. „Nicht ins Gesicht.“ sagte sie mit einem heiseren, veränderten Unterton.
    „Du musst bestraft werden,“ sagte er eindringlich und konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen.
    „Dann zeig mir mal, was Du drauf hast,“ flüsterte Camoni und nahm eine Abwehrhaltung ein.


    Beschwingten Schrittes wanderte die Pilotin durch die Korridore der Schield of Dufilvian. Sie kam nicht umhin, den zu kurz geratenen Ärgermagneten aus den Augenwinkeln zu erspähen, als dieser ihr mehr oder weniger heimlich folgte. Als Sie im Korridor abbog, lief Keeran beinahe in seine Vorgesetzte hinein.
    „Hallo Raptor,“ flüsterte Camoni mit einem eiskalten Zischen und warf dem Piloten tödliche Blicke zu. Er trat einen Schritt zurück, behielt aber äußerlich die Ruhe. Nur seine Atmung verriet seine Überraschung.
    „Rabenmutter. Ich ...“ „Sparen Sie mir die Ausflüchte.“ unterbrach sie schroff und stemmte die Fäuste in die Hüften. Sie reckte das Kinn und blickte unter halb geschlossenen Lidern zu seinen stahlgrauen Augen hinab. Er schluckte schwer. Die Stille dehnte sich aus und verunsicherte ihn weiter. Der Anflug eines Lächelns huschte über Camonis Mundwinkel und machte ihrem herrischen Auftreten einen Strich durch die Rechnung. Keeran kannte seine Vorgesetzte inzwischen gut. Sie war ein brodelnder Vulkan, blitzschnelle Reflexe, aber beherrschen konnte sie sich keine zwei Sekunden.
    Schon stach sie ihm den Zeigefinger auf die Sicherheitsplakette auf seiner Brust, das er einen Schritt zurückweichen musste „Was interessantes heraus gefunden, Raptor?“
    Er starrte jetzt ärgerlich zurück. „Eure Spielchen mit unserem Wing Commander gehen mich nichts an...“ erklärte er mit einem sarkastischen Unterton, als sie ihn barsch vor die Brust stieß und er überrascht nach hinten aus wich. „Ich werde Sie kriegen, Raptor! Mich belügt niemand!“ kläffte sie mit zu Schlitzen verengten Augen und erweiterten Pupillen. Röte war ihr ins Gesicht gestiegen und ihre Sommersprossen leuchteten auf.
    Ärgerlich entgegnete er: „Verdammt, ich habe doch erst die Sendung entdeckt. Ohne meine Sensorerfassung würden wir gar nicht wissen, dass jemand Geheimbotschaften versendet!“
    „Ihre Erfassung...“ erklärte sie mit einem hinterhältigen Lächeln und legte betont langsam die Hände zurück auf die Hüften, „Wissen Sie wirklich nicht, was so ein aktiver Scan anrichten kann? Wir befinden uns unter Alarmstufe und Sie senden Scansignale auf einem Aufklärungsflug aus? Wen wollen Sie hier ficken, Raptor? Ich lass mich doch nicht von Ihnen für dumm verkaufen! Glauben Sie, ich bin dumm, weil ich keine Ausbildung an der superheftig-Flottenakademie habe?“
    Er war verwirrt und versuchte zu verstehen, worüber sie gerade sprach. Da trat sie auch schon wieder an ihn heran.
    „Ich... nein, Sir. Ihr seit eine erfahrene Pilotin, ich habe großen Respekt vor Euren Fähigkeiten,“ gestand er ein und wusste nicht so recht, warum ihm die Hitze zu Kopf stieg. So viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. Er hatte sie von Anfang an bewundert. Eine Schmugglerin, oder was sonst noch über sie getuschelt wurde, die schon vor dem Vertrag von Corusant als republikanische Staffelkommandantin gegen das blutrünstige Imperium geflogen war. Auszeichnungen von Corellia, wo sie ganz sicher eine entscheidende Rolle bei dessen Befreiung gespielt hatte. Was hatte er sich nicht alles ausgemalt. Wie stolz war er gewesen, als er hörte, eine echte Veteranin des Krieges als Vorgesetzte zu erhalten. Und die Enttäuschung, die er erlebt hatte, als er diese mürrische, aufbrausende Pilotin kennen gelernt hatte, der keiner (insbesondere er nicht) etwas recht machen konnte. Nichts war gut genug, mehr noch, sämtliche Leistungen unzureichend. Und seine Kameraden hatten schon fast Mitleid mit ihm, weil er offensichtlich immer das Ziel ihrer ungerechten Attacken war. Bis zu jenem Einsatz vor 33 Stunden. Jetzt war die Meinungen seiner Teamkameraden über ihn geteilt. Überhaupt hatte diese mysteriöse Sendung alle ein wenig paranoid gemacht, und das Lauffeuer der „Latrinengerüchte“ verbreitete sich über die Wartungscrews durch das ganze Schiff. Verräter. Spion. Aber wer?
    „Respekt vor mir? Sie kleines Bürschchen von der Universität? Starfighter-Akademie? Junge, ich fliege besser als der gesamte verdammte Flight!“
    Langsam merkte er, wie ihm der Schweiß aus brach. Diese Art Stress war nicht sein Metier. Im Cockpit seines Fighters war er eiskalt, hier, vor dieser Frau fühlte er sich irgendwie in die Ecke gedrängt und in die Reaktion getrieben. Als er ein wenig den Schwerpunkt verlagerte, spürte er an der linken Ferse die Wand hinter sich. Sie hatte ihn irgendwie an die Wand gespielt, und das war ihm irgendwie sehr unangenehm.
    „Sir, Ihr habt Erfahrung, wenn jemand heraus finden kann, wer der Spion ist, dann Ihr!“ erklärte er beinahe verzweifelt. Das letzte Mal hatte er sich so hilflos gefühlt, als seine Mutter ihn aus dem Haus warf, weil er für die Einschreibung bei der Flotte sein Studium abgebrochen hatte. Etwas in ihrem wilden Blick änderte sich. Sie trat einen Schritt zurück und holte tief Luft, dass sich der Stoff ihrer Uniform über der Brust spannte. Er nutzte diese kurze Feuerpause und erklärte: „Ich wurde sogar einem Lügendetektortest unterworfen, aber irgendwie habe ich den Eindruck, man hält mich noch immer für verdächtig. Wenn ich irgendwie...“
    Ihr Seufzen unterbrach seine Worte, er stockte, als er sah, wie sie verschämt zur Seite blickte und sich ein Staubkorn aus den Augen Blinzelte.
    Er hatte den Eindruck, sie brauche einen Moment ruhe, wolle etwas sagen oder in der Richtung. Sie sah plötzlich nicht mehr so groß aus. Sie schlang die Arme um sich, als wäre die Klimakontrolle im Korridor falsch eingestellt oder ein kalter Luftzug hätte sie gestreift. Dann richtete sie wider den Blick in seine Richtung. Ihre Augen glitzerten.
    „Raptor...“ begann sie etwas kleinlaut, das er sich wunderte über ihren verletzlich wirkenden Blick.
    „jeder von Euch kann der Verräter sein, egal was Sie sagen oder wie die Tests ausgefallen sind.“ Dann fügte sie sehr leise hinzu: „Wie soll ich Euch vor so etwas beschützen?“
    Er wollte ihr sagen, dass sie sich auf ihn verlassen könne. Aber sie hatte sich bereits auf dem Absatz umgedreht und ging mit hastigen Schritten den Gang hinunter. Er wusste, das er kein Verräter war, aber er verstand, wie es sich anfühlte, wenn man gegen etwas kämpfen musste, für das man nicht ausgebildet war. Er ballte die Fäuste und schwor sich, seine Kameraden und seine Rabenmutter zu beschützen. Es kamen doch nur Vier andere in Frage...


    … stolperte beinahe über Sixdee. Camoni kicherte hysterisch und blickte zu dem kleinen Astromech-Droiden hinunter, tätschelte ihm den diskusförmigen Kopf. Er begrüßte sie in Binärcode und meldete sich zur Stelle.
    Sie schüttelte den Kopf und tat so, als lese sie die Übersetzung ins Basic von ihrem Datapad ab. Schmunzelnd erwiderte sie schließlich: „So so, Du bist wieder fit, hm? Haben Sie Deine Speicher durchwühlt und Dich komplett gecheckt? Gut, das heißt wohl >Yes, Ma'am.<. Dann komm mal mit, Co-Pilot Sixdee,“ erklärte sie munter und tätschelte erneut den Droiden.
    In ihrer Kabine ging sie zunächst Duschen. Sie war noch verschwitzt von ihrer Unterhaltung mit dem Rattataki. Dabei überprüfte sie beiläufig die Kabine nach Kameras und Sensoren. Nach der Dusche schlang sie ein Handtuch um ihren Kopf und nahm schließlich einen Scanner zur Hand und führte eine genauere Suche durch, der auch den Droiden mit einschloss.
    Zufrieden ließ sie sich in Unterwäsche auf ihr Rack nieder und winkte den Droiden heran. „Öffne Deine Zugangsports für eine Überprüfung,“ verlangte sie und griff sich an den Nacken. Der Droide pfiff überrascht, folgte jedoch dem Befehl der Vorgesetzten. Camoni schmunzelte, als sie ein haardünnes Kabel aus einem ihrer zwei Datenports im Nacken zog und den Anschluss auf einen Adapter des Droiden einsteckte.
    „Ich habe da ein schönes kleines Protokollchen für Dich, mein kleiner Freund,“ säuselte sie, als würde sie zu einem kleinen Kind reden,
    „Das wirst Du jetzt installieren, damit Du für die nächste Mission gebrieft bist.“
    Dagegen hatte der dienstbeflissene Droide nichts ein zu wenden. Als das Protokoll jedoch anfing, andere seiner Protokolle um zu schreiben, piepte er überrascht auf. Sie tätschelte seinen diskusförmigen Kopf und sagte: „Ja, mein Freund, das wird doch nicht weh tun. Du wirst mich viel besser unterstützen können, das kann ich Dir versprechen.“

  • Hyperraum.


    Nur in den für die Crew vorgesehenen Erholungs- und Panoramaräumen waren die Luken nicht geschlossen. Manchen Crewmitgliedern half es, wenn sie die Unendliche Schwärze und gleißenden Striche sehen konnten, Anderen wurde gerade von diesem Anblick übel. Die Schield of Dufilvian befand sich bereits acht Stunden ohne Unterbrechung im Hyperraum, eine weite Distanz. Das Ziel war lediglich der Brückencrew bekannt, aber es war kein Gerücht nötig um zu klären, dass ihr Einsatz zunächst vorbei war. Gerüchte hingegen für den Grund gab es etliche, unter anderem auch die sonderbare Funkbotschaft, welche das Flight Raven vor drei Tagen entdeckt hatte. Als sie schließlich im Orbit von Ord Mantell einschwenkten, ohne jedoch an der Raumstation an zu docken, waren insbesondere die Gerüchte über Spione wieder an der Tagesordnung.
    Statt eines (üblichen) Kurzurlaubs auf der Station oder dem etwas rückständigen Planeten, landete lediglich ein Shuttle. Der Hangar wurde durch den Sicherheitsdienst des Schiffes abgeriegelt. Ein weiterer Schlachtkreuzer und zwei Zerstörer schlossen sich dem liebevoll „The Dufi“ genannten Schiff an, bevor es sich auf Hyperraumsprungdistanz vom Planeten entfernte.


    Camoni feuerte ein paar mehr oder weniger gut gezielte Bolzen auf dem Schießstand ab. Als Starfighter- Pilotin war es äußerst unbefriedigend, die Zeit im Simulator zu verbringen, auch wenn Sie aufgrund Ihres Dienstranges Priorität an den Geräten hatte. Sie war daher nicht die einziege, die einem echten Einsatz im Weltraum entgegen fieberte und in der Zwischenzeit Schießtraining odee andere, körperliche Übungen bevorzugte. Die Stimmung unter den Piloten war gelinde gesagt mies. Sie hatte bereits eine Schlägerei ihrer „Küken“ mit einem anderen Flight verhindert. Es schien allerdings so, als würden weitere Untersuchungen im Sand verlaufen. Die Angelegenheit mit der geheimen Datensendung war ungeklärt geblieben. Vielleicht war sie noch einmal davon gekommen. Recht spät bemerkte sie neben dem Geruch von Ozon ein extrem miserables Parfum in der Luft. Erst nachdem der Energieclip leer war, stellte sie das Schießen ein und tat überrascht, als sie einen jungen Mann hinter sich erblickte, der in respektablem Abstand scheinbar Interessiert auf die Schießbahnen blickte. Als sich ihre Blicke trafen, wirkte er kurz überrascht und machte einen etwas deplatzierten Eindruck. Sie musterte den jungen Twi'lek genauer und zeigte dabei ein misstrauisches Gesicht. Klare, violette Augen, eine fast rosa schimmernde, rote Haut mit schwarzem Streifenmuster, energisches Kinn und breiter Nase, die eine Charakterstärke erahnen ließen. Breite, volle Lippen, die sich zu einem grüßenden Lächeln verzogen. Die Augen lächelten nicht mit. Und dann die Uniform... Offiziersuniform, aber ohne jedwede Ranginsignien, anstelle der üblichen Holoplakette ein Spezialausweis für Besucher. Camoni näherte sich mit wippenden Schritten dem Besucher, der seine Hände hinter dem Rücken verschränkt hatte und in „Rühren“ Position etwas breitbeinig stehend, mit breiter werdendem Lächeln die blauen Augen von Camoni fixierte.
    Sie blieb eine Armlänge entfernt stehen und legte demonstrativ die linke Hand auf die Hüfte, nickte dem Fremden auffordernd zu.
    „Hallo,“ begann er laut und mit kräftiger Stimme zu sprechen, um die Blasterschüsse der anderen Soldaten zu übertönen, „Ihr müsst Camoni sein.“
    Sie fuhr sich über die Plakette und eine Holobüste und ihr Name im Basic leuchtete auf ihrer Brust. Dann nickte sie wieder, diesmal herausfordernder.
    „Was für ein Vögelchen sind Sie denn?“
    Er neigte scheinbar missverstehend den Kopf und drehte so seine Hörknospe in die Richtung der Offizierin. Dann blinzelte er, brach in ein schüchternes Lächeln aus und zog mit herabhängenden Schultern einen kleinen Datapad hervor. Seine Lekkus zuckten kurz auf.
    „Ach bitte Entschuldigt mich, Camoni. Ich habe ganz vergessen, dass Ihr mich kaum kennen könnt. Tresh'al. Spezialagent Tresh'al vom Strategischen Informations Dienst. Zu Diensten, Ma'am.“ erklärte er und neigte linkisch den Kopf, während seine Lekkus sich kurz wanden und dann um seinen Hals legten.


    „Aha. Endlich mal jemand, der die ganze Misere hier aufklären kann,“ sagte Camoni und betrachtete abschätzig den Agenten. „Das können Sie doch wohl?“ „Aufklären? Ja, sicher, ich werde Ihnen meinen Auftrag näher erläutern.“ er blickte sich etwas gequält um. „Geht das vielleicht an einem Ort, wo es nicht so laut ist? Wie halten Sie das nur aus, die meisten Ihrer menschlichen Kameraden tragen doch Gehörschutz.“
    Sie lächelte etwas spitzbübisch. „Eine Frau verrät niemals ihre Geheimnisse, Agent. Aber nun, vielleicht ein Kaf in der Offiziersmesse?“
    Der Kaf dampfte und verbreitete ein Röstaroma. Camoni legte sich zwei Pflaster auf den linken Unterarm, während der Agent sie über den Tassenrand beobachtete und in die Tasse blies.
    „Sie haben wohl Killersticks geraucht, was?“
    Sie blickte kurz auf und betrachtete dann ihre eigene Tasse. „Ganz Legal, Freundchen. Ich bin total clean. Vielleicht lass ich Sie sogar eine Leibesvisitation durchführen....“ sie schlug die Augen auf und lächelte, „Wenn Sie nett sind und zum Thema kommen.“
    Er ließ sie noch etwas zappeln und bekam kurz eine Bestätigung für die Akteneinträge, die er über Flight Lieutenant Jaresa Camoni, weiblich, Mensch, Anführerin des Flight Raven, Schield of Dufilvian, gelesen und studiert hatte. Sie wurde bereits zappelig, als er noch den zweiten Schluck aus der Tasse die Kehle hinabrinnen ließ. Er holte noch ein wenig Zeit heraus, als er Luft einsog. „Heiß,“ kommentierte er und krächzte etwas. An ihrer Mimik konnte er ablesen, dass sie langsam die Maske fallen ließ. Geheuchelter Respekt, auch das stand in den Akten. Deshalb hatte er sie auch nicht mit dem Rang angesprochen.
    Er faltete die Hände, beugte sich etwas vor und grunzte noch einmal, um seine Stimmbänder frei zu kriegen.
    „Ich wurde Eurem Flight als Beobachter zugewiesen...“ Sie hob abwehrend die Hand, die er kurz hypnotisiert musterte. „Wie war das?“ fragte sie mit einem gereizten Unterton. „Warum keine Verhöre und Durchsuchungen? Wollen Sie nicht mal langsam die Bandagen ablegen und mit schweren Geschützen ballern? Halooo?“ Schnippisch lehnte sie sich zurück, schlug ein Bein über und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Er runzelte überrascht die glatte Stirn und seine Lekkus schmiegten sich flach an seinen Rücken. Er setzte sich wieder gerade.
    „Wozu soll das gut sein?“ fragte er verwirrt. Wieder überraschte sie ihn durch ihre schnelle Bewegung, als sie die flache Hand auf den Tisch klatschte und ein lautes Klacken erschallte, dass Kameraden an angrenzenden Tischen sich umschauten, welchen Ärger die hitzköpfige Pilotin denn nun wieder veranstaltete. Ihre Augen jedoch fixierten die violetten des Agenten und blinzelten nicht.
    „Wollen Sie mich ficken oder was?“ fragte sie energisch. Er lehnte sich zurück und wagte nicht, sich um zu schauen. „Öehm,“ räusperte er sich, um Zeit zu schinden. „Ich denke, hier liegt ein Missverständnis vor.“ erklärte er und rang mit den Händen, während seine Lekkus stumm Verlegenheit morsten. „Ich habe den Auftrag, die Operationsqualifikation Ihrer Einheit für Kurzstreckenaufklärung fest zu stellen,“ sagte er und wurde beinahe schon durch die immer größer werdenden Augen unterbrochen. Er stockte. Sie nutze sofort die Stille, beugte sich vor und sagte, während sie mit dem Zeigefinger bei jedem Wort auf die Tischplatte pochte: „Wir haben letzte Woche während einer Routinemission eine geheime Meldung aufgefangen, die mit höchster Sicherheit für einen Piloten meines Flight gesendet wurde.“
    Sie lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und Zornesfalten zeigte, dass die Frau älter war, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Tresh'al lehnte sich auch zurück, legte die Hände in den Schoß und sah aus wie ein Schulunge, als er auch noch den Kopf schief legte. „Ein Missverständnis. Ich bin taktischer Berater, daher das Special in meinem Agentenstatus. Ich habe meinen Auftrag schon vor drei Wochen erhalten. Vielleicht kommt noch ein anderer Agent, von dem ich nichts weiß?“
    Camoni beugte sich vor, sagte: „Ich werde Sie ohne Anzug durch die nächste Luftschleuse befördern, wenn Sie hier so eine Agentenmasche abziehen, Junge.“ erklärte sie eiskalt, erhob sich und ließ den Agenten alleine. Er ließ kurz seinen Blick durch die Messe schweifen. Das Gespräch war definitiv nicht unbemerkt geblieben. Seine Lekkus umschlangen wider seinen Hals, als er einen Schluck des Kaf nahm. Mehr konnte er beim besten Willen nicht gegen Gerüchte machen. Er gestand sich ein, dass diese Ex-Piratin ein harter Brocken werden würde.


    „Verdammter Bantha Podo!“ zischte Camoni und trat dem Tech gegen seinen Stiefel. Der Mann, der vor ihr an einem Starfighter kniete, gab ein überraschtes Grunzen von sich und blickte sich um. „Oh hey Mutter.“ sage er und grinste die Pilotin mit ölverschmiertem Gesicht an.
    „Was'n das für ne Kiste? Wo ist meine Betty?“ raunzte die Offizierin und zeigte mit dem Helm in ihrer Hand auf den Jagdbomber in ihrer Dockposition. „FT-7B Clarion, Mutter. Von der Gruppe Zwo.“
    „Eh? Gruppe Zwo? Das Reservemodell mit dem defekten Schildaktivator achtern? Die Virago?“
    „Jep, Du hast es drauf, Mutter.“
    „Was nicht in Ordnung?“ Camoni wirbelte herum. Die Stimme hatte sie sofort wider erkannt. Über den Zeigefinger ihrer linken Hand bedrohlich zielend zischte sie: “Was soll das Agent Tresh'al? Haben Sie irgend eine Sabotage bei meiner Betty gefunden?“ Der Agent hatte die Hände verschränkt und wirkte nicht bedrohlich. Allerdings auch nicht eingeschüchtert. Sie hatte mit einem Blick erkannt, das er eine Pilotenuniform trug, aber keine Dienstwaffe. Die Uniform war anscheinend von einem Nachbarflight, die Farbe war nicht weißgelb, sondern weißrot wie von der dritten Schwadron. Das sagte ihr einiges über den Angeblichen Beobachterstatus. Ein geliehener Raumanzug, sie konnte sich gerade noch beherrschen. War das hier eine Vorführung, bevor man sie in ein tiefes Loch irgendeines SID Bunkers verfrachtete? Er spielte weiter den Unwissenden und hob die linke Hand, winkte ab. „Camoni, wie soll ich Euch denn in Eurer StarGuard begleiten? Bei Eurem Modell wurde doch der Copilotensitz für eine Vorrichtung für einen Astrogationsdroiden ersetzt. Da kann ich unmöglich einen ganzen Flug drin hocken, das werdet Ihr doch sicher verstehen, Camoni?“ Er streckte die andere Hand auch aus und wirkte fast wie um Vergebung flehend. In seinen violetten Augen war so viel Unschuld zu sehen, das sie nicht umhin kam, seine Scharade zu bewundern. Langsam kribbelten die feinen roten Härchen an Ihrem Nacken. Sie begann das Tänzchen zu genießen. Sie setzte den Helm auf die schwarz gefärbten Haare und erklärte mürrisch: „Wenn´s uns am Heck erwischt, gehen Sie zumindest zuerst drauf.“ „Das ist `n Wackler, Mutter,“ ereiferte sich der Tech zu ihren Füßen. Sie trat ihm spielerisch gegen den Stiefel. „Ich wackel Dir auch gleich einen!“ erklärte sie eher gespielt verärgert. „Wenn wir endlich die Ersatzteile bekommen, die wir angefordert haben...“ „Lass es gut sein, Wenny. Mit >wenn< und >falls< rechnen die Fuzzis in der Operationszentrale. Ah, da kommen ja meine Küken.“ Sie schloss den Kinnriemen und Tresh'al zuckte zusammen, als sie in bester Kasernenhofmanier durch den Hangar schrie: „Antreten, aber zackig, ihr verdammten Tontauben!“
    Der Agent kam nicht umhin zu bemerken, dass die Angaben aus der Dienstakte sich bestätigten, vor allem die zahlreichen Beschwerden von Kameraden und Vorgesetzten. Diese Frau schien sich seit fünfzehn Jahren nicht geändert zu haben. Sie hatte das letzte Jahrzehnt im Outer Rim verbracht. Dort war das Leben weit härter als in der Republik, vor allem während der Friedenszeit, weil diese im gesetzlosen Huttenraum nur auf dem Papier existiert hatte. Was hatte sie überhaupt bewegt, zur Republik zurück zu kehren? Der allgemeine Aufruf an Reservisten der Republik konnte wohl kaum diese Frau dazu bewogen haben.
    Ein Zwischenstopp der vier Schiffe für eine Systemanalyse und kleine Reparaturen führte zum Ausschwärmen mehrerer Patroillenflights. Inzwischen war vollkommen klar, dass sie auf dem Weg in ein Gefecht waren. Entsprechend war die Stimmung angespannt. Rabenmutter war während des Fluges konzentriert, notierte sich jedoch ständig etwas auf dem Datapad, das auf ihrem linken Oberschenkel befestigt war.
    „Sammelt Ihr Informationsdaten, Camoni,“ fragte der Agent neugierig, während er versuchte, die Scandaten gefiltert auf den Monitor der Pilotin zu übertragen. „Haben Sie überhaupt schon einmal die Command and Control-Unit einer Clarion besetzt, Agent? Ach vergessen Sie´s! Nein, ich werde nach dem Einsatz meinen Küken die Fehler um die Ohren hauen. Ich habe so ein ungutes Gefühl, dass dies die letzte Chance ist, sie für ihr Überleben in einem echten Dogfight vor zu bereiten.“
    „Aha, ja, ich verstehe. Äh und nein. Ich kenne die Systeme der SpearPoint, die für Scoutstaffeln als Kommandomaschine konzipiert wurde. Warum fliegen Sie und Ihr Flügelmann denn bei den Scouts Star Guard´s?“
    „Wir haben umgebaute Maschinen. Den Guard´s wurden ein Teil der Primärwaffen abmontiert und stattdessen ein Scansystem mit erhöhter Reichweite eingesetzt. Außerdem fliegen wir mit Astromechs als Copiloten.“
    „Lasst mich bitte raten, die StarGuards waren veraltet und wurden durch diese Modernisierung vor der Abwrackung bewahrt.“ Er hörte von vorne nur ein bellendes Lachen. Dann:„Willkommen bei den Republikanischen Starfighter Corps, Agent Tresh'al.“


    „Ich möchte verdammt noch mal wissen, was dieser Agenten-Bubi herumschnüffelt!“ erklärte Camoni bestimmt und drückte den Verschluss der Bluse zu. Forrk grunzte neben ihr zustimmend. „Mit dem Vorfall an der Hypersendestation kann es nichts zu tun haben. Seine Ankunft wurde bereits vor Drei Wochen angemeldet. Aber,“ gab er zu bedenken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, nachdem er sein Kopfkissen in die richtige Position geklopft hatte, „vielleicht hat er nachträglich auch den Auftrag erhalten, nach dem Spion zu suchen. Das wäre doch plausibel, um den Spion zu verunsichern.“
    „Also mich hat er verunsichert,“ erklärte Camoni zwischen geschlossenen Zähnen. „Und ich mag das gar nicht!“ „Ich kann Euch wirklich nicht verstehen,“ sagte der Rattataki, und sie hörte ein gewisses Beben in seiner Stimme, das ihr sagte, dass er für eine weitere Runde bereit war. Bevor er nach ihr greifen konnte, war sie zeitgleich aufgestanden und nahm die Hose vom Boden vor dem Bett auf. „Seit wann können Männer Frauen verstehen?“ erklärte sie keck und zog die Hose an, ohne sich zu ihm um zu drehen. Ihre Blicke schweiften durch den Raum. Schließlich sah sie zu ihm herüber, wie er auf der Seite lag, mit seinem linken Ellenbogen den Kopf ab stütze und unter dem Laken das angewinkelte, hoch stehend Bein schemenhaft zu erkennen war. Seine grauen Augen blickten wieder mit dieser ungezügelten Gier, fordernd, besitzergreifend. Sie lächelte entwaffnend und sagte: „Ich kann mein Haargummi nicht finden, Sir. Hatte ich das nicht zuletzt irgendwo im Bett verloren?“
    Er schlug die Bettdecke zur Seite und sie konnte seinen muskulösen, grauen Körper betrachten. Fordernd winkte er mit der rechten Hand. „Komm her!“ erklärte er mit einem dunklen Bass. Sie blickte auf die Zeitanzeige, die auf dem Bildschirm neben dem Bett eingeblendet war, aber ihr Blick zeigte auch Erregung. „Mein Dienst fängt gleich an....“ erklärte sie, wurde aber jäh unterbrochen. „Sofort!“ grollte er.


    „Ich habe doch schon einen Test gemacht,“ erklärte Keeran, als er in der Sanstation auf dem Stuhl platz nahm. Der Agent nickte verständnisvoll. „Natürlich, Pilot Officer Keeran. Oder darf ich Euch Raptor nennen? Fein. Wie ich bereits in meiner Vorstellung sagte, bin ich ein Beobachter. Ich habe zwar inzwischen von dieser seltsamen Funkbotschaft gehört, aber mein Hauptinteresse geht dahin, die verschiedenen Starfighter-Flights qualitativ ein zu stufen. Sie gehören einem Flight an, das noch keinerlei Feindberührung hatte. Lediglich zwei Ihrer Kameraden haben Erfahrungen in echten Kampfeinsätzen. Wir wollen daher heraus finden, wie qualifiziert Ihr Flight ist, um ihn gegebenenfalls in einen Kampfverband im Kriegsgebiet zu verlegen...“ Keeran nickte bei jedem Wort immer kräftiger und seine Pupillen erweiterten sich. „Klar, Sir! Ich melde mich freiwillig! Ich … ich bin bereit für Kampfeinsätze.“ Der Twi'lek schmunzelte ungewollt, als er den Enthusiasmus des Piloten spürte. Er ertappte sich und winkte beschwichtigend ab. „Nun, nun, Raptor. Ich bewerte nur Potentiale, die Entscheidungen trifft das Flottenoberkommando. Zunächst werde ich einen Test unter Scan durchführen. Ich werde Euch Fragen aus dem Alltagsleben stellen und Ihr solltet ohne Zögern sofort antworten.“ „Ist das ein Test mit >Ja< oder >Nein<?“ „Was? Äh, mitnichten. Ihre Antwort ist jedoch zweitrangig, der Scanner wertet Eure Stressfaktoren aus, die bestimmte Schlüsselwörter auslösen sollten.“


    „Zunächst werde ich einen Test unter Scan durchführen. Ich werde Euch Fragen aus dem Alltagsleben stellen und Ihr solltet ohne Zögern sofort antworten. Der Scanner wertet Eure Stressfaktoren aus, die bestimmte Schlüsselwörter auslösen sollten.“
    Rell blickte misstrauisch. „Ein Psychotest? Ich hoffe doch, Ihr bewertet das für meine Spezies analog? Die meisten Piloten sind ja Menschen.“
    Der Agent hob seinen Zeigefinger. „Seit unbesorgt, Oldfella. Die Tests sind auf die verschiedenen Spezies innerhalb der Republikanischen Streitkräfte angepasst. Vielleicht erkennen Sie den Test auch aus den Einstellungstests wider, wenn auch nicht mit dem gleichen Fragenkatalog. Aber ich erstelle ja eine aktuelle >Ist< Studie über die Befähigungen. Wie ich eingehend erläuterte, werden meine Testergebnisse und die Beurteilungen der Vorgesetzten dazu führen, den Flight in seiner Effektivität ein zu stufen.“


    Tresh'al schwirrte der Kopf, als er die Offiziersmesse am Abend verließ. Vier Piloten gescannt, noch zwei für den morgigen Tag. Dann der nächste Flight. Und die Zeit lief langsam ab. Noch Vier Tage bis zur Flottenvereinigung, dann Sechs bis Acht Tage bis zum Kampfeinsatz. Es war die Suche nach der Nadel im Steckhaufen, aber er hatte zumindest zu seinen beiden Verdächtigen am heutigen Tag noch einen hinzu gewonnen. Diese zufällig entdeckte Sendung war vielleicht ein von der Macht geschicktes Zeichen, das seine Mission zum Erfolg führen sollte. Der Macht war es auch zu verdanken, dass er gerade in jenem Moment, als er an einem Schott in der Wand gedankenverloren vorbei ging, herumwirbelte und dann in entgegen gesetzter Richtung auf dem Boden auf schlug, während ein ohrenbetäubender Knall ein paar hundert Metallkügelchen begleitete, die in einem nicht minder Lauten Hagel just an der Stelle gegen die Wand des Korridors prasselten, an der er sich hätte befinden sollen. Die Kügelchen spritzen von der Wand ab und trafen mit erheblich verringerter Geschwindigkeit Beine und Rücken des Agenten. Schmerzhaft, aber nicht tödlich. Anstelle sich auf zu rappeln, versuchte er mit allen Sinnen die Situation zu erfassen. Seine Gehörknospen klingelten, aber sein Blick war klar. Er schaute den Gang hinab und erspähte niemanden. Allerdings sah er ein rotes Licht an der Wand blinken. Vermutlich begleitet von einer Sirene. Er rappelte sich auf, blickte in die andere Richtung und näherte sich dem Schott. Ein Personenschott, 3 mal 1,25 Meter, verschlossen laut Anzeige. Etwa in Brusthöhe hafteten die Überreste einer Anti-Personenmine und dampften. Er aktivierte seine Verbindung zur Informationsabteilung der Schield of Dufilvian. „Special Agent Tresh'al, sichern Sie den Bereich der Explosion, werten Sie alle Kameraaufnahmen der letzten zwanzig Minuten in diesem Bereich aus. Ach ja, ich höre gerade nichts, daher erübrigt sich eine Bestätigung von Ihrer Seite.“
    Hinter sich konnte er Personen spüren und sah einen verwirrt blickenden Kadetten. Der Boden vibrierte stärker, als ein Einsatzkommando in schweren Kampfanzügen heran rückte und den Kadetten barsch gegen die Wand des Korridors drückte. Tresh'al hob sicherheitshalber die Hände, falls die Soldaten ihn über die Außenlautsprecher ihrer Geschlossenen Helme dazu aufgefordert haben sollten. Die Rückseiten seine Beine brannten wie Feuer, aber abgesehen von wackeligen Knien schien er unverletzt.


    „Wie geht es Ihnen, Agent Tresh'al?“ fragte Camoni und nahm in dem Untersuchungssitz platz. Er schmunzelte. „Danke der Nachfrage, Camoni. Man hat mir eine Kugel aus dem Gesäß gezogen. Verzeiht mir bitte, dass ich daher während der Tests stehen bleibe.“ Sie schmunzelte, erschreckte sich plötzlich und sagte: „Entschuldigung.“ Er nickte. So etwas hatte er von ihr erwartet. Er erklärte ihr den Test und begann mit seinen Fragen, als die Scanner kalibriert waren.
    „Ihr schaut Euch ein Holo an. Ihr bemerkt plötzlich, wie eine Wespe Euren Arm entlang krabbelt.“*
    „Ich töte es. Was ist eine Wespe?“ fragt Camoni. „Ein Jagd-Insekt, klein und beflügelt.“
    „Na dann warte ich lieber, bis es wieder weg fliegt. Oder legt es seine Eier in die Haut? Trinkt es Blut?“
    ...
    „Nächste Frage: Sie betreten eine Gasse und sehen, wie ein Mensch einer Twi'lek die Kleidung zerreißt.“
    „Hat er dafür bezahlt?“
    „Ist das ihre Reaktion auf die Frage, Camoni?“
    „Waren Sie auf dem Schmugglermond? Hutta? Sie haben gesagt >Gasse<. Fragen Sie mich doch mal das Gleiche, wenn ich eine Stube auf dem Schiff betrete.“

    „Welcher Religion gehört Ihr an?“
    „Ich glaube an einen geladenen Blaster in der Hand. Meinen Sie dieses Jedi-Gewäsch? Damit wiegt man Republik-Kinder in den Schlaf. Wir bekämpfen die Sith nicht mit Hokuspokus, sondern mit Waffensystemen wie diese Valor.“
    ...
    „Sie lesen ein Magazin. Die Innenseite besteht aus einem Nacktfoto einer Frau.“
    „Ist das ein Test, ob ich homosexuell bin?“
    „Ihr sollt nur die Fragen beantworten.“
    „Ich stehe auf Kerle, die was in der Hose haben.“
    „Ihr zeigt das Bild Eurem Mann, und ihm gefällt es so gut, das er das Bild an die Wand hängt.“
    „Ich breche ihm die Nase.“
    „Warum so aggressiv?“
    „Ich bin seine Frau, und er gehört mir!“
    „Danke, der Test ist beendet.“
    „Haben Sie sich diese Fragen ausgedacht? Was hatte das mit meiner Eigenschaft als Pilotin zu tun?“
    „Das habe ich eingehend erläutert, Camoni. Ihre Reaktionen sind entscheidend, nicht die Fragen an sich.“
    Camoni zupfte sich ein Sensorplättchen von der Schläfe, während sie von dem Stuhl hüpfte. „Junge, Sie sollten mal ordentlich flachgelegt werden,“ murmelte sie so laut, das er es hören musste. Er lächelte kurz, bevor er sich wider unter Kontrolle hatte. Sie spielte noch immer mit ihm. Aber jetzt hatte er sie durchschaut.


    Sie erhob sich, schien etwas verunsichert und verärgert zu sein. Der Ausbruch kam nicht unerwartet. „Jetzt sagen Sie mir verdammt noch mal, was hier los ist! Auf Sie wurde ein Attentat verübt, und der Spion muss aus meinem Flight stammen!“
    Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte sie spöttisch an, was ihr Gesicht vor Zorn rot anlaufen ließ. „Ja, feindliche Mächte sind auf diesem Schiff tätig, Camoni. Ich bin mir noch nicht sicher, auf welcher Seite Ihr steht, aber das Attentat hat ein Mann verübt, soviel konnten wir aus den Aufzeichnungen entnehmen. Er kannte das Schiff und die Sicherheitseinrichtungen; mehr als zwei Ausschnitte sind auf den Kameras nicht zu finden gewesen.“
    „Raptor!“ zischte sie und überging den Seitenhieb auf ihre Loyalität gekonnt.
    Er neigte den Kopf. „Ihre Nemesis Raptor hat keinerlei Sprengstoffausbildung und kennt sich nicht mit Sicherheitstechniken aus. Er ist direkt von der Universität gekommen, wo er Rechtswissenschaften studierte. Nach einem Semestern brach er ab und wurde in der Flottenakademie aufgenommen und schließlich auf die Shield of Dufilvian versetzt worden. Er hatte demnach nicht die Fähigkeit. Ich suche nach jemand, der Motiv, Fähigkeit und Gelegenheit hatte.“
    Sie legte die Händen auf die Hüften und schmunzelte ihm zu „Was, wenn es mehrere sind?“ Er blickte misstrauisch. „Wie kommt Ihr darauf?“
    Sie stolzierte im Untersuchungszimmer herum, wedelte mit den Händen und sagte: „Ein Valor ist verdammt groß. Zu viele Arbeitsbereiche, die unabhängig arbeiten. Ein Starfighter-Pilot hat keine Übersicht über die Abläufe der an Bord stationierten Flottenverbände oder die Ziele des Schiffes. Wir werden für die Missionen gebrieft und erhalten keine taktischen oder strategischen Informationen über unseren Freigabestatus hinaus.“
    Er nickte. „Das Argument habe ich mir auch überlegt. Jemanden im Führungsstab ein zu schleusen, wäre extrem schwierig. Ein Spion bei den Star Fighter Corps würde zumindest über die nächsten Flugziele Bescheid wissen...“ Sie wedelte abfällig mit der Hand. „Das liegt über meiner Freigabestufe. Wie soll einer meiner Küken also genügend Informationen haben, das sie für irgendwen von Nutzen sind? Was aber, wenn er nicht alleine arbeitet, sondern nur der Bote ist?“
    „Das ist eine Theorie, die ich bereits verfolge....“ Hastig unterbrach sie ihn. „Die Bombe. Sie sagten Motiv und Gelegenheit. Aber nicht nur Gelegenheit, Sie an zu greifen, sondern auch Gelegenheit, die Bombe zu besorgen. Haben Sie das schon heraus gefunden?“
    So langsam kamen ihm wieder Zweifel auf, ob er mit Camoni richtig lag. Stellte sie sich dumm, indem sie sich um Kopf und Kragen redete oder war sie der Ansicht, jeden Beweis entkräften zu können? Hatte sie etwa bereits falsche Beweise gestreut und half nur dabei, diese auch zu finden?
    Ihm kam plötzlich eine verrückte Idee, die er in seiner Jugend einmal in Holocrons aufgeschnappt hatte. Halte deine Freunde nahe bei dir, aber deine Feinde noch näher.** „Vielleicht könnt Ihr mich bei meinen Ermittlungen Unterstützen?“ fragte er etwas schüchtern. Sie prustete Lachend. „Ich? Brauchen Sie die Perspektive einer Ex-Piratin, Ex-Söldnerin mit Wahlheimat Nar Shaddaa? Ich werde diesem Spion das Licht ausblasen, wenn ich ihn zwischen die Finger kriege!“
    Er zuckte mit den Schultern. Wenn seine Vermutungen zu trafen, würde sie nicht genug Energieclips für ihren blutrünstigen Rachefeldzug haben.
    „Wir haben noch c.a. Neun Tage, bis wir in der Gefechtszone eintreffen.“
    „Outer Rim? Hätte nicht gedacht, das wir so weit fliegen. Da gibt es doch andere Flotten, die näher stehen.“
    Er schüttelte den Kopf und seine Lekkus wippten hin und her. „Ich werde Euch das Ziel nicht verraten. Aber in ein paar Tagen werdet Ihr so oder so gebrieft. Es ist sicher kein Geheimnis mehr, das wir Teil einer größeren Flotte bilden werden.“
    Sie lächelte verschmitzt. „Da keine Kommandostruktur zwischen den vier Schiffen im Konvoi an uns weiter gegeben wurde, war das zu erwarten. Wir werden an einem geheimen Treffpunkt im Weltraum eine Task Force bilden und dann gemeinsam zum Kampfeinsatz aufbrechen. Das kann sich jeder Pilot zusammen reimen. Vielleicht wissen die Stoppelhopser von unserem Bataillon von so etwas nichts, aber die wollen eh nur im Schlamm spielen.“ Ihre schnippische Bemerkung war typisch für die Vorurteile von Starfighter-Piloten gegenüber dem Armeekontingent an Bord der Schlachtschiffe. Umgekehrte Vorurteile kannte er inzwischen auch; es war für ihn immer wieder ein Rätsel, wie so negativ aufeinander eingestellte Truppengattungen im Gefecht dann doch als Team zusammen arbeiteten. Er schüttelte den Kopf, als ihm bewusst wurde, dass sie nur vom Thema abgelenkt hatte.
    „Behaltet Eure Piloten im Auge, aber unauffällig. Ich muss heute noch die nächsten Piloten dem Test unterziehen.“
    „Warum?“ fragte sie aufbrausend, die Hände zu Fäusten geballt. Bedrohlich näherte sie sich dem Twi'lek und blickte zu ihm auf, fesselte seinen Blick. „Wir müssen den Spion finden, bevor er schlimmeres macht als irgendwelche Meldungen zu senden. Und der Spion ist in meinem Flight!“
    „Nicht zwangsläufig,“ erklärte der Agent ungerührt und ließ sich nicht einschüchtern. „Ihre Maschinen waren nicht manipuliert, aber ich habe mir die Daten ihrer beiden Arstromech-Droiden angeschaut. Bei beiden gibt es keine eindeutigen Beweise für manipulationrn, die Protokolle der Droiden wiesen jedoch eine Gleichmäßigkeit aus, die bei Droiden ungewöhnlich ist. Droiden lernen selbstständig, weswegen Sie sich sehr unabhängig von ihren Basisprotokollen weiter entwickeln, bis Löschungen statt finden, die bestimmte Prozesse wieder auf den Anfangsperimeter zurück setzen.
    „So wie bei einem Hirnschlag?“ fragte die Frau verdutzt. Sie überspielte hervorragend ihre Besorgnis, aber inzwischen war er so weit, ihre Fassade zu durchschauen. Sie wusste exakt, wovon er redete. Er ärgerte sich bereits im Stillen, dass er diese Information preis gegeben hatte. Dann stockte er tatsächlich, als er spürte, dass sie seine Reaktion gelesen hatte. Wie war das möglich?
    Sie tat weiterhin verunsichert, und er beendete das Gespräch relativ schnell. Irgendwie hatte sie ihn durchschaut. Und das machte ihn ein wenig... unsicher.

  • Die Tage vergingen viel zu schnell.


    Langsam wurde der Agent paranoid. Ein weiterer Attentatsversuch war nicht geschehen, aber die Gefahr ließ seinen Körper kribbeln. Die Gespräche mit dem Kapitän führten zu keinem eindeutigen Ergebnis. Sowohl er als auch sein Adjutant hatten eine entsprechende Schulung absolviert, ohne längere Sondierungen konnte er ihre harten Schalen nicht knacken. Natürlich verschwiegen sie ihm einiges. Das war aber auch nur allzu verständlich. Mit seiner Sicherheitsfreigabe war er zum Beispiel nicht autorisiert, den Zielort des Konvois zu erfahren. Er wurde auch offensichtlich für einen Fachidioten gehalten, soviel hatte er immerhin gespürt. Natürlich erfreute ihn dies, weil das bedeutete, dass er vom Kapitän und seinem Adjutanten unterschätzt wurde. Und dann, so hoffte er, würde das auch bei anderen so sein. Aber warum war dann dieses Gefühl der Gefahr allgegenwärtig?
    Er dachte gerade über den letzten Besuch im Hangar der dritten Schwadron nach. Eine Bomberschwadron, Piloten unterschiedlicher Spezies, die je nach Bombertyp zu zweit oder sogar zu dritt flogen. Einer der Techniker war ihm sofort aufgefallen. Die schuldbewusste, gehetzte Art, sich immer wieder um zu schauen. Die scheinbar fahrigen Bewegungen, als er an Leitungen eines der Bomber hantierte. Aber niemand beachtete die Techs, außer vielleicht allzu obsessive oder engagierte Piloten, die es nicht lassen konnten, sich in die Wartung „ihrer Frauen“ ein zu mischen. Die Schwadron hatte fast ausnahmslos ihre Starfighter als ihre „Ladys“ bezeichnet. Offensichtlich hatte fast jedes Flight einen eigenen Kodex, so wie etwa ein Club. Tresh'al fand es anfangs verstörend, aber wenn er die jeweiligen Etikette durchschaut hatte, konnte er die Marotten ausblenden und so viel besser die Leute einschätzen. Den Namen des Techs hatte er sich gemerkt. Er hatte nach seiner Geschichte kaum die Möglichkeit, die Techs näher unter die Lupe zu nehmen, und selbst mit den Piloten war er nicht annähernd so weit gekommen, wie er das sich vorher vorgenommen hatte. Aber dann fiel ihm ein, dass er in seine fingierten Tests ja vielleicht auch Fragen nach der Befolgung der Sicherheitsvorschriften stellen konnte. Hier waren die Techs durchaus Ansprechpartner. Warteten die Piloten die Aufwärmphase der Reaktoren ab, oder verkürzte einer das Procedere? Traten die Piloten in die vorgesehenen Fußklappen oder kletterten sie entgegen den Vorschriften einfach auf ihre Starfighter? Er erinnerte sich gesehen zu haben, dass ein Zabrak mit einem akrobatischen Satz in das Cockpit seines Scoutschiffes gesprungen war. Ganz bestimmt ein Ansatzpunkt, den Tech in ein Gespräch zu verwickeln, wo seine Gedanken auf andere Themen gelenkt wurden.
    Selbst in Gedanken über seine nächsten Züge verstrickt, spürte er die Gefahr erst in letzter Sekunde. Seine Tür fauchte zischend in die Wandverkleidung, als er einen brennenden Dorn in seiner Leber spürte. Die Vorahnung einer lebensbedrohlichen Gefahr manifestierte sich in dieser Form, sodass er entsprechend reagierte und sich nach links fallen ließ, abstieß und so aus dem Türrahmen hechtete. Noch während er sich über die linke Schulter abrollte, wallte so etwas wie Unverständnis in ihm auf. Warum hatte er den Angreifer nicht gespürt? Da! Jetzt spürte er eine Person, die erregt wurde und sich vor seinem inneren Auge immer stärker abzeichnete. Zeit für eine Analyse blieb ihm nicht, denn als er auf den Beinen stand, sah und spürte er die Gefahr einer Blasterpistole, die aus der Tür hervor lugte, umschwenkte und auf ihn zielte. Für Flucht blieb ihm keine Zeit. Bis zum nächsten Schott, das einige Sekunden zum öffnen gebraucht hätte, war es zu weit. In dem Korridor war er ein kaum zu verfehlendes Ziel auf den nächsten zwanzig Metern. In letzter Sekunde riss er den Arm hoch und der Blaster klatschte durch die Macht bewegt in seine offene Hand. Schnell drehte er die Waffe und brachte sie in Anschlag. Der Angreifer war inzwischen auf den Gang hinaus getreten. Eine junge Frau mit Mannschaftsdienstgrad. Sie blickte erschrocken, hatte die linke Hand noch ausgestreckt, als könne sie nicht begreifen, dass Tresh'al jetzt die eigene Waffe auf sie richtete. Er spürte aufkeimende Angst, die in Panik umzuschwenken drohte. Der Agent schaltete die Feuermodi durch, ohne das Ziel aus den Augen zu lassen oder die Waffe auch nur einen Millimeter zu senken. Es war eine Standart-Dienstwaffe des republikanischen Militärs. Er kannte die Funktionen im Schlaf. Als die Frau eine Bewegung in Richtung Kabine machte, schoss er einen Strahl auf sie ab. Eine blaue Korona hüllte kurz ihren Körper ein, bevor sie zusammen brach. Und sein Meister hatte immer wieder versichert, wie nutzlos diese primitiven Waffen doch waren.


    Nackt lag sie auf seinem Bett. Etwas enttäuscht hob er die Decke vom Boden auf und ließ sie über ihrem schlanken Körper herab sinken. Er strich sich mit der linken Hand unbewusst über seinen Lekku. Keine Hinweise. Keine Narben, Tätowierungen, versteckten Waffen oder Geräte. Nicht einmal einen Kommunikator trug sie bei sich. Langsam regte sich die junge Frau. Bei ihrem schmächtigen Körperbau hatte er damit gerechnet, dass er für die Untersuchung zehn bis fünfzehn Minuten Zeit hatte, bis die Betäubung nach ließ. Soweit war er im Zeitplan. Er nahm noch einmal sein Datapad zur Hand und verglich das Bild mit der Frau, die vor ihm lag. Eine Köchin. Eine Köchin hatte versucht, ihn zu ermorden. Und es hätte auch geglückt, wenn er ein gewöhnlicher Agent gewesen wäre. Offensichtlich war sie ein Bauernopfer in diesem Spiel. Sie war entbehrlich, aber wusste sie das auch? Sie machte nicht im entferntesten den Eindruck einer professionell ausgebildeten Spionin auf ihn. Aber das konnte täuschen. Und wenn sie eben „nur“ eine Schläferin war? Aktiviert, um plötzlich von einer unscheinbaren Person zu einer Attentäterin zu werden oder um Geheimnisse zu verraten? Nichts von alledem hätte ihn überrascht. Aber für eine genaue Untersuchung ihres Körpers benötigte er einen erfahrenen Mediziner und die Scanner aus der Sanstation. Und wem konnte er an Bord dieses Schiffes noch trauen? Vielleicht Camoni, weil er ihr keinesfalls trauen konnte. Nein, ihr doppeltes Spiel war zu undurchsichtig. Aber wo sie ihm quasi entschlüpfte, war dieser Angriff, ebenso wie die Anti-Personen-Mine vor einer Woche eher plump. Es waren zwei ganz verschiedene Wege, ihn in die Irre zu führen oder ihn kalt zu stellen. Sein Meister hatte ihm die verschiedenen geistigen Haltungen verdeutlicht. „Das Wesen eines Lebewesens,“ so hatte er erklärt, „wird nicht immer durch seinen Handlungen offenbart. Erst, wenn Du erkennst, welche Gefühle damit verbunden sind, kannst Du es verstehen. Und dabei dürfen Dir Deine eigenen Werte- und Moralvorstellungen nicht im Wege sein, denn dann wirst Du von Dir selbst geblendet.“
    Tresh'al atmete kurz durch und schöpfte aus dem Quell der Macht. Er hörte, wie die junge Frau sich regte, ihre Atemfrequenz sich erhöhte. Er spürte, wie die Augen sich öffneten. Er öffnete seine Augen zu schmalen Schlitzen und setzte eine nach seinen Begriffen mürrische Mine auf. Sie war noch benebelt von dem Betäubungsstrahl, der ihr Nervensystem lahm gelegt hatte. Ihr Körper kribbelte wie kleine Tierchen, die über und unter der Haut krabbelten, das wusste er aus eigener Erfahrung. Die zu ihm treibenden Fetzen von Angst waren daher nur allzu verständlich. Als sie gewahr wurde, dass die nackt und schutzlos war, verstärkte sich ihre Angst und er konnte deutlich ihre Gefühle wahr nehmen. Sie stand kurz vor einer Hysterie, das sah er auch an dem wild hebenden und senkenden Brustkorb und hörte es an dem Schnaufen ihrer Atmung.
    „Ihr habt daneben geschossen,“ erklärte er in einem tadelnden Tonfall. Sie versuchte, durch die Nase zu atmen und rollte mit der Zunge durch den Mund. Er hob die rechte Hand und zeigte ihr eine kleine Kapsel, die er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. „So leicht wird das hier nicht,“ erklärte er und versuchte, einen drohenden Unterton in seiner Stimme zu halten. Sie blickte ihn erschrocken an, brachte aber noch immer kein Wort hervor. Ihre Augen wurden feucht. Ihre Gefühle hatten sich jedoch leicht verändert. Sie war maßlos enttäuscht und kurz davor, die Beherrschung vollends zu verlieren.
    Dann fielen in seinem analytischen Verstand die einzelnen Punkte in den richtigen Zusammenhang. Sie hatte keine Angst vor ihm. Sie hatte nur Angst davor, zu versagen. Als sie auf sprang, um sich mit Zähnen und Fingernägeln auf ihn zu werfen, war er nicht nur gewarnt, es war auch keine Schwierigkeit mehr für ihn. Aber es erschütterte ihn, was er in ihr gespürt hatte. Fanatismus.


    Camoni deaktivierte den Datapad und hob ihre blauen Augen ein Stück. Nach einer Weile erhob sie sich, ihr Blick schweifte wie zufällig durch die Messe. Aus den Augenwinkeln registrierte sie Keeran, der eben durch einen anderen Eingang die Messe betreten hatte. Sie bewegte sich langsamer und weiter auf den Ausgang zu. Ungewöhnlicherweise sah sie zwei der Piloten mit Blastern an den Tischen sitzen. Ihre Blicke waren ihr bereits vorher aufgefallen, aber erst aus der Perspektive waren die Waffen zu sehen.
    Den Geräuschen in ihrem Rücken nach zu urteilen, hatte Keeran sie gesehen und beschleunigte seine Schritte, seine typischen tapsigen Schritte konnte sie mühelos unter den anderen Geräuschen hören. Tanzkurse in der Kindheit, die erlernten Bewegungsabläufe wurden im taktilen Teil des Gedächtnisses abgespeichert, sodass es einer Willensanstrengung bedurfte, seine Bewegungsabläufe zu ändern. Das Schaben von Stuhlbeinen bedeutete allerdings auch, dass links hinter ihr eine schwere Person aufgestanden war, und in der Richtung saß nur eine Menschenfrau und der schmalschultrige Cathar mit dem Blaster. Sie hatte den Ausgang erreicht. Die Ferse ihrer Zielperson verschwand gerade in knapp zwanzig Metern hinter einer Biegung. Die Schritte von Keeran waren laut, schätzungsweise noch vier Meter entfernt. Er hatte die Angewohnheit, erst recht spät zu sprechen, als wäre er dazu erzogen, Ansprechpartnern nicht laut hinterher zu rufen. Er würde noch zwei Sekunden brauchen, bis er auf eine für ihn typische Rufweite heran war. Dann würde sie die Hälfte des Korridors durchschritten haben. Zu weit von der Ecke entfernt, um den zweiten Ruf auch überhören zu können. Sie würde ihn also nicht ignorieren können, ohne sich verdächtig zu machen. Sie brach die Verfolgung ab. Keeran sagte eindringlich: „Rabenmutter.“ Sie machte noch zwei Schritte und wurde langsamer, drehte sich überrascht um und blickte dann mit einem Funken des Erkennens, bevor sich ihr Gesicht verfinsterte.
    „Was?“ fragte sie barsch. Er schien erhitzt, seine Haut war gut durchblutet und hatte den Schimmer eines leichten Schweißfilmes. Ihren Rufnamen hatte er ein wenig gepresst hervor gebracht, was ihre Annahme ebenfalls bestätigte. Er schluckte kurz, als er zwei Meter vor ihr stehen blieb.
    Sie legte mit einer genervten Geste die Hand auf der linken Hüfte ab und gestikulierte leicht mit der Rechten. „Junge, sind Sie mein Haustier? Wir sehen uns in zwanzig Minuten im Hangar, wenn was ist, dann sprechen Sie dort mit mir. Ich habe jetzt keine Lust auf Ihren Welpenblick.“ Er versteifte sich, versuchte jedoch, äußerlich gelassen zu erscheinen. Er wurde von Mal zu Mal besser darin. Er neigte scheinbar resignierend den Kopf, aber das war eine Marotte von ihm. Andere hätten an dieser Stelle „Ja, aber“ gesagt.
    „Rabenmutter, ich muss dringend mit Euch sprechen.“ erklärte er, während hinter ihm der Schatten einer Person in der kalten Neonbeleuchtung zu erahnen war. Der Cathar würde nur noch ein bis zwei Sekunden dort lauschen können, ohne andere Personen in der Messe auf sich aufmerksam zu machen. Camoni winkte ihrem Flightkameraden herrisch zu, drehte auch dem Absatz und stolzierte wortlos den Gang hinunter. Keeran folgte wie befohlen.
    „Ich gehe zum Trainingscenter. Ich wollte schon immer mal sehen, was so ein Junge von der Uni im waffenlosen Kampf drauf hat.“ erklärte sie und warf ein Lächeln über die Schulter, das äußerst herablassend wirkte.
    „Ja, Sir...“ er schien noch etwas sagen zu wollen. Boxchampion der Fliegengewichtklasse im ersten Lehrjahr? Sie kannte seine Dienstakte in und auswendi. Nun, er prahlte nicht, hielt sich zurück. Camoni verkniff sich ein Lächeln. Bescheiden. Wie edel. Entgegen ihrer Rolle warnte sie ihn daher, aber auf Camoni-Art.
    „Ich hoffe, Sie beherrschen die Beinarbeit. Ich mag keine Sandsäcke, die sind mir immer zu passiv.“


    Ihr Kommlink piepte, aber sie deaktivierte den Empfänger.


    Im Lift konnte er sich nicht mehr zurück halten. „Rabenmutter, ich habe etwas wichtiges heraus gefunden,“ begann er. Sie schnalzte dabei tadelnd mit der Zunge und schüttelte entschieden den Kopf. „Keeran, das mit dem Navigationscomputer weiß ich schon.“ Er machte ein verwirrtes Gesicht. Sie fuhr fort: „hab' den Bericht eben 'rein bekommen. Tja, da kann ich Sie nicht für verantwortlich machen, Keeran. Aber keine Sorge, Sie machen ständig Fehler, und das wissen Sie auch so gut wie ich, Keeran!“ Er verstand den Wink, sagte nichts mehr. Verstohlen blicke er sich um und wurde nervös. Guter Junge.


    Die Trainingseinrichtung war leer. Es fand gerade ein Schichtwechsel statt, die Halle würde sich in Dreißig Minuten mit den ersten füllen, die nach der Schicht einige Trainingsübungen absolvieren wollten. Keeran folgte stumm bis zu den Frauenduschen. Das Plätschern von Wasser war zu hören. Camoni zog ihre gelbe Jacke von den Schultern und entblößte einen Schulterhalfter mit einer handflächengroßen Pistole, die unter ihrer rechten Achsel hing. Achtlos warf sie die Jacke vor den Eingang und besiegte sich durch die öffnende Tür, ohne an zu halten. Eine junge Frau blickte überrascht auf, als sie die Frau im Eingang sah, und dahinter einen etwas über zwanzig Jahre alten Mann erblickte.
    „Raus!“ befahl Camoni mit einer eiskalten Mine, dass die Frau unter der heißen Dusche erschauderte. „Was soll das?“ zischte sie ein wenig geniert.
    Camoni öffnete den Beinriemen ihres am rechten Oberschenkel baumelnden Blasterhalfters und hakte dann ihre Koppel auf. Sie blickte wieder zu der Frau und reckte fordernd das Kinn. „Willst Du mitspielen, Kleine? Dachte ich mir. Hau ab, wir brauchen keine Zuschauer.“
    Mit hochrotem Kopf griff sich die Frau ein Tuch und ging mit schnellen Schritten von der Dusche zu den Umkleiden im Nebenraum.
    Keeran blickte verdutzt, wurde immer verwirrter, als Koppel, Halfter und Blasterpistole auf den Fliesen landeten und Camoni langsam begann, die Hose auf zu knöpfen. Sie drehte sich dabei zu ihm um. Ihr Gesicht sah vollkommen verändert aus. Ein sehnsuchtsvoller Blick, feuchte, halbgeöffnete Lippen, weit geöffnete Pupillen.
    „Du wolltest mir doch etwas sagen. Ich wollte Dir auch etwas zeigen.“ sagte sie mit einer heiseren Stimme und hing langsam rückwärts in den Duschraum hinein. Verwirrt, mit einem Gefühl, das etwas nicht in Ordnung aber bestimmt nicht schlecht sein konnte, folgte er ihr. Und damit verschwand auch er außerhalb der Sensoren des Trainingscenters.


    „Camoni, was ist, Mister Agent? Bin beschäftigt, schwer beschäftigt.“
    „Nun, ich habe hier etwas entdeckt, dass meine Ermittlungen in neue Bahnen lenkt, und dachte mir, dass Euch das vielleicht auch interessieren könnte.“ „Nein, nicht jetzt. Da habe ich was wichtiges vor, Bipaydika.“ Tresh'al stutzte. Ihre heisere Stimme... flirtete sie mit ihm? Hatte sie ihn verstanden? Er sah auf den Chronometer. In Zehn Minuten würde ihr Dienst anfangen, sie konnte unmöglich unter Drogeneinfluss stehen. Das musste eine Botschaft sein. Er wusste nur nicht genau, wie er das Kribbeln in seinen Lekkus interpretieren sollte. „Schön. Trefft mich in meiner Kajüte, wenn Ihr Zeit habt.“ erklärte er resignierend. „Kajüte? Ay, Ay, Käpt´n.“


    „Ich verstehe nicht...“ begann Keeran. Camoni nickte, während sie ihren Kommunikator deaktivierte, wie sie das mit seinem zuvor gemacht hatte. „Iss klar. Zuerst Sie. Was ist so wichtig? Haben Sie den Spion?“
    Er sagte nicht sehr überzeugt “Ja.“ Und dann: „Vielleicht. Zumindest verfolgt Sie Stargazer... .“ Camoni winkte ab. „Ich habe Stargazer verfolgt, Superschnüffler. Was können Sie mir über die beiden Typen aus der Messe sagen, die mich beobachtet haben?“
    Er schüttelte den Kopf. „Moment, Sir! Ich habe beobachtet, wie Stargazer Ihnen gefolgt ist, und das mindestens zwei mal. Eben war ich an seinem Spind, und habe dieses merkwürdige Abzeichen gefunden...“ Er zog eine Art Amulett hervor. Camoni zuckte mit den Schultern und nahm es ihm aus der Hand. Sie betrachtete es nachdenklich. Dabei murmelte sie schließlich: „Das ist doch geschnitzt oder gelasert aus einem... Knochen oder Holz? Was soll das denn bedeuten?“ Er trat näher, war nur noch eine Handbreit von ihr entfernt. Sie schaute leicht verärgert auf, enttäuscht, ungeduldig. Er strahlte Zuversicht aus, konnte sich anscheinend kaum noch beherrschen.
    „Ich habe an der Universität Rechtswissenschaften belegt. Über Sekten der Machtanwender habe ich eine Dissertation geschrieben...“
    Er sah, wie sie das Interesse und die Geduld vollends verlor. Hastig fügte er hinzu: „Das ist ein Revaniter Symbol. Eine Sekte, die einem Machtanwender folgt.“
    „Keeran,“ begann Camoni langsam, aber mit einem bedrohlichen Unterton, „Ich habe gerade riskiert, dass man uns beide für ein Paar hält, und Sie servieren mir hier irgendeine Geschichte über Machtanwender?“ Ihre Hand schloss sich so kräftig um das Symbol, dass ihre Finger weiß wurden. „Das hier ist kein verdammtes Rätselspiel. Das kann genau so tödlich werden wie den Raumkampf für ein Spiel zu halten!“
    Er wich verletzt zurück. Er hatte mehr von ihr erwartet. War sie den so heißblütig, dass sie die Zusammenhänge nicht erkannte? Konnte sie nicht zumindest seine Erklärung abwarten? Dann traf es ihn wie einen Schlag ins Gesicht.
    Er schüttelte den Kopf, atmete tief durch und wischte sich über das Gesicht, um seine Tränen der Enttäuschung zu stoppen.
    „Es tut mir leid, Sir. Ich habe einen Fehler begangen.“ erklärte er kleinlaut, und versuchte den aufkeimenden Zorn zu verbergen.
    Sie streckte die Hand aus, öffnete sie und bot ihm das Symbol an. „Lassen Sie es am besten neben seinem Spind fallen, oder so etwas. Ich will Sie nicht wegen Diebstahl aus dem Flight werfen müssen.“
    Er nahm das Revaniterzeichen aus ihrer Hand, vermied den Augenkontakt und drehte sich um. Ihre starken, feingliedrigen Finger griffen ihn an der Schulter, er hielt inne, drehte den Kopf seitlich, dass er sie aus den Augenwinkeln sehen konnte. Sie fürte ihn hinters Licht. Sie war in die Sache verwickelt, das stand für ihn jetzt fest. Er hoffte, sich nicht zu verraten und zeigte keine Regung.
    „Schalten Sie Ihr Kommlink wieder ein und beeilen Sie sich. Wir kommen schon zu spät zum Appell, Raptor.“


    „Eine Geheimorganisation,“ erklärte Tresh'al unumwunden.
    „Revaniter, um genau zu sein,“ ergänzte Camoni und blickte ihn abschätzig an, als sie breitbeinig mit verschränkten Armen in seiner Kabine stand und auf die bewusstlose Frau im Bett des Agenten blickte.
    Der Agent gab sich keine Blöße.
    „Was soll das sein?“ fragte er neugierig. Sie winkte ab. „Sparen Sie sich das.“ antwortete sie schroff. Sie setzte sich auf die Bettkante und warf einen Blick unter die Bettdecke. Er wartete ab. Sie schmunzelte und blickte zu ihm auf. „Irgendwelche Tätowierungen?“ Er schüttelte den Kopf. Sie nickte und stand wieder auf.
    „So, Superagent Tresh'al, Zeit, ihre Missionsparameter an ihren Spitzel weiter zu geben.“ Er lächelte freudlos. „Ach, Ihr seit mein Spitzel? Ich habe den Eindruck gewonnen, dass ich Euch ständig Informationen preis gebe und Ihr mir gar nichts erzählt. Was sind denn diese Revaniter?“
    „Jedi mit 'ner anderen Glaubensausrichtung,“ erklärte sie lächelnd. „Spinner halt, so wie Jedi, nur anders.“ Er legte den Kopf schief und ein Lekku strich ihm über die Wange. „So anders, dass sie versuchen, einen Agenten zu töten, damit er sie nicht entdeckt?“ Sie zuckte die Achseln und blickte genervt. „Es gibt doch nur diese Macht. Staatsreligion, bei Euch Rep´s...“ sie hob die Hand, als er etwas erwidern wollte. „Ja ja, jeder ist Frei, außer die Sklaven, jeder kann glauben, was er will, außer der Glaube verstößt gegen den Jedi-Kram. Kommen Sie mir nicht mit dem Gefasel von Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit. Ich war die letzten zehn Jahre im Huttenraum, mein Freund. Ich hab Imps und Reps getroffen, und alle sind immer im Recht.“
    Er breitete die Arme aus. „Affrmative. So, Informantin Camoni, wir sind hier über eine Gruppe Sektierer gestoßen, die ein Netzwerk auf diesem Schlachtschiff haben. Was wollen sie hier?“
    Sie lächelte frech. „Ich kenne Revaniter, oder kannte sie. Ich habe aber keine Ahnung, Tanea!“
    „Ihr kanntet Revaniter? Aber was sind ihre Ziele nach Eurem Wissen?“
    „So Weltherrschaft halt,“ sagte sie gerade heraus. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich würde sagen, ich stehle ein paar Medikamente und wir beiden Mädchen hier gehen mal gemeinsam auf´s Klo. Da kann man immer so schön quatschen. Und wenn ich mehr weiß, sage ich Bescheid.“
    Er lächelte amüsiert, lachte dann, dass Camoni schließlich rot anlief, wozu es nicht viel brauchte. „Entschuldigt, aber ich werde Euch keinesfalls eine Folter gestatten. Ich arbeite für die Republik, nicht gegen die Werte, die sie vertritt.“
    Mit fließender Bewegung hatte Camoni den Blaster gezogen und die Mündung auf die Brust der Frau gedrückt, bevor Tresh'al geblinzelt hatte.
    Das waren die kybernetischen Reflexe, von denen er in Camonis Akte gelesen hatte. Sie war schneller, als er es sich vorgestellt hatte.
    „Dann ist ein Schnellgericht das beste. Wenn die Revaniter-Typen merken, dass Sie noch lebt, dann wird es hier rund gehen. Es sei denn, die Revaniter können sicher sein, dass Sie nicht die geringste Ahnung haben, warum dieses Mädchen Sie töten wollte.“
    „Es muss einen anderen Weg geben! Ihr sagten selbst, eine Sekte. Es ist also nicht ihr freier Wille, sondern die Konditionierung einer Organisation mit religiöser Fassade, die diese bedauernswerte Frau lenkt. Sie war vollkommen ruhig, und hat ihren Tod hingenommen, als sie mich Angriff. Deshalb...“ er stockte. Sie nickte eifrig, aber er gab sein Geheimnis nicht preis und fügte stattdessen im selben Sprachrhythmus hinzu: „habe ich den Wunsch, sie zu retten und eine Deprogammierung ohne Zwang durch Psychologen oder Jedi zu beauftragen.“
    Er spürte den Tod. Er spürte den Tod der jungen Köchin, bevor Camoni abdrückte. Aber er konnte nichts dagegen machen. Er hätte so einiges gekonnt, aber zum Einen war er nicht in der Lage, Camonis Gefühle zu lesen und damit ihre Gedanken zu erraten. Zum Anderen waren seine eigenen Gefühle im Weg. Er konnte oder wollte nicht glauben, wie kaltblütig sie war, und das war sicher sein größter Fehler. Denn es war nun einmal die ihm gestellte Aufgabe, die Gedanken seiner Gegner zu erkennen und zu verstehen. Ihre Entscheidung war aus einem perfiden Gesichtspunkt logisch. Aber das machte die Sache nur noch verachtenswerter. Er spürte, wie er Abscheu empfand und fühlte sich schuldig. Er sollte über solchen Gefühlen stehen.
    Als hätte sie seine Gedanken an seinem gequälten Blick abgelesen, sagte sie kalt: „Einer musste die Drecksarbeit machen. Sie oder wir beide. Wir sollten jetzt die Geschichten abgleichen, bevor wir den Sicherheitsdienst rufen. Wie erklären wir ihre Nacktheit?“
    Er wusste, was diese pragmatische Frage sollte. Sie wollte ihn wieder auf den Boden zurück holen. Er wollte das nicht, aber selbst sein Meister war immer für pragmatische Handlungen gewesen. Er zuckte die Schultern, als seine Lekku sich kraftlos an seinen Rücken schmiegten und aneinander drückten. „Das weiß ich nicht. Ich habe mich mit Euch unterhalten, und als ich die Tür öffnete, da lag die Frau in meinem Bett und fing fast sofort an zu schießen.“ Camoni nickte freudlos. „Das ist eine passable Geschichte. Das mit den Plasmaspuren an ihrem Körper wird ein kleines Problem. Ebenso der Abschusswinkel. Ich empfehle, Sie machen ihre volle Autorität geltend und leiten selbst die Untersuchungen, weil sie weitere Attentäter in jedem Bereich vermuten. So auch unter den Ärzten, weswegen sie die Frau nicht untersuchen lassen wollen.“
    Er nickte. „Ja, ich verstehe. Ansonsten passt die Geschichte nicht. Ich rufe den Sicherheitsdienst und erkläre, er soll die Umgebung sichern und mir eine neue Kajüte suchen, die sicherer ist. Das lenkt sie ab.“
    „Vergessen Sie die Kameras und Sensorüberwachungen nicht.“
    „Die Sensoren!“ er blickte sich um. Warum war er nicht eher darauf gekommen? Gaswertsensoren, Luftdruck, Feuermelder. Selbst der Blasterschuss der Köchin hatte keinen Alarm ausgelöst. Jemand hatte die Sensoren in seiner Kabine gehackt, vielleicht ein weiterer Hinweis. Sie lächelte milde. Er wurde das Gefühl nicht los, fremdgesteuert zu sein.


    Die weiteren Ermittlungen wurden am nächsten Morgen (nach Schiffszeit) unterbrochen durch das Auftauchen aus dem Hyperraum. Die Raven´s starteten direkt nach dem Austritt, und ihre modifizierten Sensoren meldeten Signaturen eines großen Kampfverbandes.
    „Tja, Sixdee, jetzt könnte ich mal eine bedeutende Meldung absetzen. Das haben mir die Revaniter schön versaut,“ erklärte Camoni mehr zu sich selbst und ihr Droide fragte, was die Aussage beseuten sollte, ohne eine Antwort zu erhalten. Camoni ließ ihren Flight auf den nächsten Wegpunkt einschwenken.
    Über die Flight-Frequenz meldete sich Oldfella: „Das ist gar nicht der Huttenraum, Rabenmutter. Mein A6 meldet Entferntes Outer Rim, wir sind im Abrion Sektor, Hishyim System.“
    „Wir sind am Arsch der Galaxis,“ erklärte eine Pilotin und Gelächter lief über die Frequenz. „Bleibt fokussiert, Ihr Küken!“ blaffte Camoni sofort. „Wir sind Aufklärer, also klären wir auf. Jede Ablenkung kosten Zeit, und wir sind diejenigen, die unserer Flotte Zeit kaufen müssen!“
    Die Task Force wurde durch die letzten Schiffe komplettiert. Es war keine zwanzig Minuten später klar, dass die Kommandantin dieser Flotte niemand geringeres als die legendäre Satele Shan war.


    Wie Tresh'al es gefolgert hatte, wurde vom Flaggschiff ein Jedi entsandt, um auf der Schield of Dufilvian den Kapitän zu unterstützen. Auch seine anderen Vermutungen wurden bestätigt, da mit dem gleichen Shuttle ein Duo SID Agenten eintrafen, welche die erfolglose Suche nach dem vermeintlichen Spion aufnehmen sollten. Der Jedi, sein Padawan und die beiden Agenten trafen bereits im Hangar auf Tresh'al. Unter Be0bachtung der Hangarkontrolle und den Kameras verbeugte er sich artig vor den beiden Jedis und grüßte seine Kameraden.
    „Ich soll Euch Grüße vom Kapitän ausrichten Jedi, meine Herren. Die Brückencrew konfiguriert die Systeme für den Flotteneinsatz, da war es ihm ganz recht, dass ich die Begrüßung übernehme.“ erklärte er nach der Vorstellung. Auf dem Weg zur Brücke führte er sie jedoch in einen vorbereiteten Raum, aktivierte ein Störfeld und scannte sicherheitshalber den Raum ein letztes mal, bevor er sich zufrieden umwandte und den Neuankömmlingen von seinen Ermittlungen berichtete.


    Die Piloten des Raven Flight waren nach ihrer Patrouille zurück gekehrt und inspizierten ihre Maschinen. Camoni sah ihnen dabei wie üblich auf die Finger. Heute hatte sie anscheinend den Rodianer als Opfer des Tages erkoren. Keeran betrachtete die beiden mit finsterer Mine und zuckte zusammen, als Oldfella ihm auf die Schulter klopfte. „Nanu, warum so schreckhaft? Rabenmutter schont Dich heute mal, Kumpel.“ erklärte der Zabrak lächelnd. Der junge Mann schluckte und nickte unsicher. Seit der Begegnung im Duschraum war sein Vertrauen in die strenge und ungerechte Vorgesetzte gebrochen. Er wusste, sie hatte irgendetwas zu verbergen. War sie am Ende die Spionin? Glauben konnte er es nicht, aber das ungute Gefühl verflog nicht, bereitete ihm schlaflose Nächte. Die Sache zehrte an seinen Nerven.
    Camoni war inzwischen in das Cockpit des NovaDive geklettert. „Verdammt Stargazer, hab ich einen breiten Arsch oder Du einen Mädchenhintern?“ fragte sie herausfordernd und aktivierte die Systemchecks. „Abenmutte, Kisteme gün, keine Pobeme.“ erklärte er etwas unsicher.
    „Und das soll ich Ihnen glauben, Stargazer? Was war letztens mit der Feuerlöschanlage?“ Der Rodianer machte eine typische Geste der Entschuldigung „Wa nicht Gefah, Abenmutte. Wenig, ganz wenig. Disseplay Fehle, Feuekössanage aktiv!“ verteidigte sich der junge Pilot und verschränkte schützend die Arme vor der Brust.
    Sie lächelte freudlos, hob die linke Hand aus dem Cockpit und winkte ihn mit dem Zeigefinger heran. Er beugte sich näher, um auf die Instrumententafel seines Scoutschiffes blicken zu können. Seine schwarzen, halbkugelförmigen Augen zuckten neugierig und ein wenig verunsichert.
    Camoni flüsterte: „Ich nehme an, der SID-Typ hat Verstärkung bekommen. Du solltest nicht unachtsam Dein Zeichen der Wiedergeburt herumliegen lassen.“ Kanaa lehnte sich an die Bordwand und richtete seine Aufmerksamkeit auf die dunkelhaarige Frau. „Ich kann nicht hön, Abenmutte. Zeichen?“
    Sie lächelte ihn an „Möge die Macht Euch Stärke verleihen,“ sagte sie und machte Anstalten, aus dem Cockpit zu klettern. Er wich hastig zurück. „Und beim nächsten Mal passen Sie besser auf oder ich mach aus Ihrem Schädel eine Wandtrophäe für die Messe!“ erklärte sie lauter und ließ den Piloten stehen.
    Ihr Kommlink piepte bereits. Gereizt fragte sie „Camoni?“ Agent Tresh'als Stimme war zu vernehmen: „Flight Lieutenant Camoni, ein paar Kollegen sind eingetroffen und möchten bei Ihnen mit den Befragungen über den Zwischenfall mit der Patrouille vor zwei Wochen sprechen.“
    „Pass mir gar nicht, Agent. Ich habe nach einem Patrouillenflug eine Ruhezeit von Vier Stunden ein zu halten. Das ist eine der Sicherheitsvorschriften. Danach bin ich gerne bereit für ein Interview.“
    „Ich glaube nicht...“ „Glaube ist hier kein Argument, Sir. Lesen Sie die Flottenvorschriften nach. Ich stehe dann ab … 16:44 Schiffszeit zur Verfügung.“ Sie unterbrach die Kommverbindung. Auf dem Weg zur Messe ließ sie sich viel Zeit und sprach noch mit dem Flightcommander der Wolves.
    Als sie eine halbe Stunde später die Messe verließ, erwischte man sie, als sie es nicht erwartete.

  • Sie öffnete nicht gleich die Augen,


    als das grelle Licht durch ihre Lider stach.
    Sie saß auf einem Stuhl mit Lehne, ein leichtes Modell. Abgesehen von Stiefel, der Jacke und dem Hemd war sie dem Gefühl nach bekleidet. Ein Tank Top bedeckte ihren Sport-BH. Die Beine waren mit Bändern unter den Knien an die Stuhlbeine gefesselt, was ihr eine gewisse Beweglichkeit verschaffen konnte, aber das lösen von den Fesseln erschweren würde. Ihre Hände waren mit den Handgelenken an die Seitenstangen der Rückenlehne gefesselt. Hier spürte sie die Strip-Bänder, die nur einige Millimeter breit und keinen Millimeter dick waren. Es war vermutlich leichter, sich daran das Fleisch auf zu schneiden als die Bänder ab zu reißen.
    Dem aus den Bewegungen entstammenden Echo nach befand sie sich in einem voll gestellten Raum, größer als eine Kabine. Mindestens drei Personen atmeten, zwei links hinter ihr, einer näher vor ihr. Der Geruch hatte die Note von Öl und teurem Rasierwasser. Die gleiche Note wie bei Keeran. Als sie leicht stöhnte, und dabei die Luft mit der Zunge schmeckte, war sie recht sicher, in einem Ersatzteillager zu stecken. Blinzelnd versuchte sie sich an das grelle Licht zu gewöhnen. Die Lichtfilter ihrer künstlichen Augen aktivierte sie nicht, um zunächst geblendet zu sein und so ihre Gesprächspartner in Sicherheit zu wiegen.
    „Cay bu peekasa dee kotka haku gee uba woy wei see wa yih?“ fragte sie mit einer miesen Laune. „Was machst Du Huttensohn mit mir?“
    Als Antwort bildete sich aus dem grellen Licht ein langer Schatten, bis sie einen Arm sah, der ein Gerät an ihre Schulter drückte. Ein Elektroschock durchzuckte ihren Oberarm und ließ die Muskeln spastisch zucken. Sie stöhnte schmerzvoll auf. „Ist das alles, was Du drauf hast? Mach mich los und ich versohle Dir den Arsch, Raptor!“ schrie Camoni speichel spuckend. Sie blinzelte die Tränen weg und wartete auf den nächsten Schock. Nach ein paar Sekunden hatte sich zumindest ihre Atmung wieder beruhigt. Das Echo ihres eigenen Schreis hatte ihr eine gute Vorstellung der Umgebung verschafft. Die Materiallager hatten üblicherweise mehrere Ein- und Ausgänge. Der gesicherte Teil war jedoch zumeist mit vielleicht zwei Eingängen gesperrt, von dem vermutlich nur ein einziger offen war.
    „Was ist los? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, Freundchen. Oder hast Du den Mut verloren? Sieht Dir ähnlich! Als Pilot 'ne Niete, als Rächer ein Weichei!“ höhnte sie laut und mit triefendem Hass.
    „Keean möglich ohne Ahnung?“ hörte sie Kanaa hinter sich in seinem akzentuierten Basic sprechen.
    „Stargazer?“ Sie versuchte, über der Schulter etwas zu sehen, glaubte schemenhaft den Umriss eines Kopfes und einen zuckenden Fühler darauf zu erkennen. „Verdammt! Seit ihr alle hier? Ist das die Abrechnung mit Eurer Rabenmutter? Kein Problem, ich nehm's mit Euch allen auf!“ keifte sie und zerrte an den Fesseln, erhob sich schwerfällig mit dem Stuhl und hatte Mühe die Balance zu halten. Dann zuckte wie zu erwarten die Hand mit dem Schocker vor und traf sie über der Brust unter dem rechten Schlüsselbein. Sie zuckte nur kurz, weil sie zurück fiel, und dann mit dem Stuhl zur Seite kippte. Der Stuhl war zu stabil, den würde sie nicht zerbrechen können. Aber hier unten war sie wie geplant außerhalb des Flutlichtes, schaltete die Restlichtverstärkung zu und sah sich für ein paar Sekunden um. Der Mensch mit dem Elektroschocker war ihr bekannt, einer der beiden Verfolger in der Messe vor zwei Tagen. Pilot Officer Macrath von den Wolves. Zumindest war die Verschwörung auf eine Hand voll Personen begrenzt, auch wenn immer mehr auftauchten. Jetzt also auch welche vom Fligt Wolve.
    „Kanaa, hilf mir, sie auf zu richten.“ sagte Macrath und die beiden stellte sie wieder mit dem Stuhl vor den Strahler.
    „Ihr solltet mich langsam los machen, oder ich werde Euch mehr als eine Tracht Prügel verpassen,“ zischte sie dabei dem Rodianer in sein Hörorgan.
    „Abenmutte kennt Zeichen von uns,“ erklärte er mit unsicherer Stimme.
    „Jetzt Ende mit blöden Ssocken!“ sagte er mit etwas mehr Mut in der Stimme. „Du fagen oder ich mache dass!“
    „Ich werde Euch ein paar Zeichen verpassen, die ihr nicht vergesst,“ fauchte Camoni erneut.
    „Hört auf, Camoni!“ grollte Macrath endlich mit seiner Bassstimme.
    Sie lächelte blinzelnd in das Flutlicht. „Stell das Licht aus.“ forderte sie mit einem drohenden Tonfall. Mit einem Grunzen gab er schließlich bei.
    Sie blinzelte ein paar mal und nickte dann grimmig. „Macrath. Sie habe ich nicht erwartet.“
    Er reckte sich. Er wollte einen guten Eindruck machen, immerhin war er hier derjenige, der die Kontrolle hatte. Dann grollte er kurz, und sagte: „Was wisst Ihr über Kanaas Abzeichen?“ Sie zuckte die Schultern. „Das geht nur den Rodianer und mich etwas an.“ Er hob die Hand und zeigte drohend den Elektroschocker. Sie lächelte ihn an. Er drückte mit einem zornigen Gesichtsausdruck den Sensor, und in der schwachen Beleuchtung des Materiallagers war der Schein des Elektrischen Funkens und das typische Knacken zu hören. Ozon wehte zu Camoni herüber.
    „Wenn Du wüsstest, was man alles mit so einem netten Spielzeug anstellen kann,“ sagte sie mit einem lasziven lächeln und fixierte ihn unter halb geschlossenen Lidern. Er blickte ein wenig überrascht, dann verfinsterte sich sein Blick. „Ich scherze nicht. Ich werde Euch fertig machen, wenn mir Eure Antworten nicht gefallen,“ drohte er. Sie nickte und sagte leise, beinahe flüsternd: „Ich bin bereits einmal gestorben und wurde dadurch stärker. Hast Du eigentlich schon Haare am Sack?“ Schließlich starrte sie ihn nieder und schrie ihm ins Gesicht: „Ich unterhalte mich nur mit meinesgleichen!“
    „Abenmutte gehöt zu unss!“ rief Kanaa überrascht aber erleichtert.
    Sie blickte zur Seite, sah aus den Augenwinkeln Keeran in gleicher gefesselter Pose auf einem Stuhl mit nach vorne gebeugtem Kopf. Sie starrte den Rodianer zweifelnd an. „Das beschränkte Wölfchen hier ist auch ein Revaniter?“
    Sie drehte langsam ihren Kopf nach vorne und legte einen besonders gehässigen Blick auf. „Wie hast Du die Prüfungen der Getreuen überlebt? Die Proben der Weisheit kannst Du nicht geschafft haben!“
    Finster erwiderte er ihren Blick, seine Hände waren zu Fäusten geballt.
    Ihr Kopf wirbelte wider herum. „Und Du, Stargazer, Du hast den Pfad zur Größe beschritten, Du kleiner Wicht?“ Der Rodianer zuckte beschämt mit den Antennen. „Macht mich endlich los, oder wir sehen, ob ihr ein zweites Mal Wiedergeboren werdet!“ zischte sie und fixierte wieder den Piloten des Flight Wolve. Der große Mensch steckte den Elektroschocker wer und in seiner Hand tauchte ein simples Springmesser auf.
    „Abenmutte isst de Sspion?“ Sie lachte kurz auf. „Ich dachte Raptor ist der Spion. Aber wenn Du es auch nicht bist, Stargazer, wer denn dann?“
    „Irgendeiner, der uns in die Quere kommt,“ grummelte Macrath gereizt.
    „Ich soll meinesgleichen suchen, lehren und mich verstecken,“ erklärte Camoni und rieb sich die geröteten Handgelenke, als Macrath sich vor ihr niederkniete und ihre Beinfesseln durchtrennte. „Aber ihr seit die ersten, die mir in vier Jahren über den Weg laufen.“
    Dann hörte sie ein Seufzen, stand mit wackeligen Beinen auf und drehte sich um. „Was ist mit ihm?“ fragte sie etwas verunsichert, als sie Keeran sah.
    „Aptooh isst Abenmutte nach gekommen. Wi haben ihn desshab auch mitgenommen.“
    „Er ist kein Revaniter? Vielleicht ist er doch der Spion.“ sagte sie und näherte sich mit steifen Schritten dem gefesselten Piloten. Der junge Mann hob gerade mit schweren Bewegungen seinen Kopf an, da sein Nacken steif war.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften und stellte den Fuß zwischen seine Beine auf die Sitzfläche. „Sein Verschwinden wird uns noch tiefer hinein reißen,“ sagte sie nachdenklich. „Der Agenten-Bubi hat mich informiert, dass weitere SID-Typen eingetroffen sind. Wenn Raptor verschwindet, stellen die alles auf den Kopf, verpflichten ein paar Rauminfanteristen und nehmen alles auseinander.“
    Keeran blinzelte und blickte auf den Frauenfuß zwischen seinen Beinen, sah dann dem Bein hoch und in die funkelnden blauen Augen seiner Rabenmutter, seiner Vorgesetzten, seinem Vorbild. Wie hatte er nur denken können, sie wäre eine Heldin des Krieges? Eine Beschützerin von Corellia?
    „Mutter,“ stöhnte er und versuchte de Nebel aus dem Kopf zu bekommen.
    „Wir haben einen Plan, wie Ihr … Entschuldigung. Wie wir ihn verschwinden lassen können...“ „Hast Du nicht zugehört, Wölfchen? Nicht verschwinden, das ist Echuta! Kontaktiere mal Deine Verbindungsleute und frag nach einem Ausweg! Stargazer, wie spät ist es? Ich habe um 16:30 einen Termin mit den SID-Typen. Das letzte, was ich will ist, verdächtig zu wirken.“
    Sie nahm den Fuß vom Stuhl, drehte sich um und ging zwei Schritte auf Macrath zu, als dieser sein Kommlink zur Hand nahm und einen Kontakt aus seiner Liste heraussuchte.
    „Du hast Getreue in Deinem Kommlink gespeichert? Habt Ihr beiden eigentlich eine Ahnung von verdeckten Operationen oder seit Ihr Revaniter aus Hobby?“ Sie nahm ihm das Kommlink aus den Händen und deaktivierte es. Er blickte sie wütend an. Sie stieß ihm den Daumen ihrer rechten Hand in die Kehle, drückte seinen Adamsapfel in die Luftröhre. Dann wirbelte sie herum und warf dem Rodianer den Kommlink zwischen die Augen. Der Rodianer war durch den Aufschlag benommen und hatte kurzzeitig Doppelbilder vor Augen. Als er die Schrecksekunde überwunden hatte und mit seinen feinen Antennen die Vibrationen der Umgebung spürte, um seine fehlende Sicht aus zu gleichen, konnte er gerade noch einem Handkantenschlag ausweichen, als ihn ein Knie im Magen erwischte und gleich darauf ein Ellenbogen an der Schnauze erwischte. Als er zu Boden ging, bekam er eine Fußinnenseite hinter sein Ohr geschlagen und verlor endgültig das Bewusstsein.
    Keeran blinzelte und schüttelte den Kopf. Er hatte im diffusen Zwielicht kaum etwas erkennen können, die Betäubung verflog jedoch immer rascher. Er sah einen bekannten Piloten auf die Knie sinken, röchelnd, mit den Händen seinen Hals betastend. Camoni kam in sein Sichtfeld, hatte im den Rücken zugewandt, ging mit langsamen Schritten barfüßig auf den Piloten zu. Sie setzte ihre nackten Fußballen zuerst auf, tapste mit geschmeidigen Bewegungen näher an den Mann heran und setzte ihm einen Fuß auf die Brust. Der Pilot griff danach, aber sie drückte und er fiel kraftlos hinten über. Dann setzte sie sich rittlings auf dessen Brust und zog ihm einen Stiftähnlichen Gegenstand aus der Hosentasche. Es klickte, und die hielt ein dünnes, spitzes Messer in der Hand. Dann beugte sie sich vor und machte irgendetwas mit dem Piloten.
    Keeran Nackenhaare stellten sich auf.
    Anschließend stand Camoni auf und tapste zu ihm herüber. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre sonst so spröden Gesichtszüge. Ihre Pupillen waren weit geöffnet, es war fast nur die Schwärze darin zu erkennen und ein sonderbares, rötliches Leuchten, wenn die karge Beleuchtung ihr Gesicht streifte. „Es ist alles gut,“ sagte sie mit zuckersüßer Stimme. Ein Tonfall, den er noch nie gehört hatte und der darum um so verstörender auf ihn wirkte. Der kalte Schweiß brach ihm aus.
    Sie kniete vor ihm nieder und klopfte ihm auf den Oberschenkel, dass er sich versteifte und sich alles in ihm zusammen zog. Sie zeigte ihm das Stiletto in ihrer Hand und durchtrennte damit zuerst die linke Fußfessel, dann wechselte sie das Messer in die andere Hand und tat das gleiche mit der anderen Fessel. Ihr süffisantes Lächeln hatte dabei nicht nachgelassen.
    „Keine Sorge, Jet,“ sagte sie mit der beinahe zärtlichen Stimme, als sie sich grazil aufrichtete, vor beugte und seine Handfesseln durchtrennte. Ihre dunklen Haare kitzelten seine Wangen, als sie sich so über ihn beugte, um an die Kabelbinder heran zu kommen, die seine Hände links und rechts an den Stuhl fesselten.
    „Du bist der einzige Unschuldige hier. Daher musste ich den Plan etwas ändern.“
    Sie trat zurück und beobachtete, wie er seine etwas tauben Hände rieb und versuchte, sich zu beruhigen.
    „Was ist hier nur geschehen?“ Er blickte noch einmal zu seinem Kameraden, der neben ihm lag.
    „Stargazer ist ein Revaniter, wie ich es gesagt habe. Und der?“
    „Pilot Officer Macrath von den Wolves. Ja der auch.“
    „Und...“
    „Ich?“ sie lächelte, klappte das Messer zusammen und ließ es in ihrer Hosentasche verschwinden. Er wartete stumm auf die Antwort seiner brennenden Frage.
    „Ich gebe ungern zu, dass ich schon etwas älter bin. Ich bin weit gereist, und ja: Ich bin ein Revaniter. Aber das ist offensichtlich nicht das gleiche. Daher sollten wir beide das besser als ein Geheimnis betrachten, damit unsere Freunde vom SID nicht in die falsche Richtung ermitteln.“
    Er erhob sich und massierte den steifen Nacken. Seine Beine fühlten sich wie Sandsäcke an.
    Sie blickte ihn nachdenklich an. Er räusperte sich. Sie kam ihm zuvor.
    „Keine Ahnung, wie weit das Netzwerk dieser Zelle geht. Aber es sind offensichtlich Terroristen. Das ich verhört werden sollte, wissen vermutlich andere Revaniter. Vermutlich auch, das ich und die Beiden in diesem Raum sind. Das wurde nicht von den beiden Anfängern hier alleine geplant.“
    „Was jetzt? Wir haben zwei Tote und kein Motiv, kein Ziel.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Schnuckelchen, beide sind bewusstlos. Hab bei Wölfchen einen Luftröhrenschnitt gemacht. Hier müssen sich nach Vorschrift Medpacks befinden. Ich werde Macrath versorgen, und Du suchst persönlich Tresh'al auf. Keine Funkverbindung. Er soll mit seiner Verstärkung unauffällig hier her kommen.“
    Er nickte erleichtert. Sie winkte ihn mit dem Zeigefinger heran. Etwas wackelig trat er näher. Ihre veränderte Haltung gefiel ihm, auch wenn er irgendwie das Gefühl hatte, mit einer anderen Person zu reden.
    „Vielleicht irre ich mich und man weiß auch, dass Du hier sein solltest. Pass also auf Dich auf, mein kleiner Rabe.“


    Tresh'al und seine Kollegen vom SID trafen mit Keeran ein. Macrath hatte einen Schlauch in seiner Luftröhre stecken und atmete ruhig, war noch bewusstlos. Kanaa war wach, aber beide waren mit Fesseltechniken verschnürt, die nach den Konventionen des Vertrages von Corusant als unwürdig und gesundheitsgefährdend verboten waren. Mit anderen Worten, sie waren nicht in der Lage, sich selbst zu befreien und die Fesselungen trugen die Handschrift von Camoni. Nur die Pilotin war nicht anwesend. Keeran sah sich neben dem Stuhl um, auf dem er gesessen hatte.
    Tresh'al beobachtete das ganze neugierig. „Pilot Officer Keeran, kann ich Euch helfen? Was sucht Ihr?“ „Ich habe gehört, dass Macrath seine Revaniter-Vorgesetzen kontaktieren wollte, bevor Raben... Camoni ihn kampfunfähig gemacht hat. Hier lag sein Kommlink, das weiß ich genau.“
    Der Agent verschränkte nachdenklich die Arme und ließ seine Lekkus um seinen Hals schlängeln. „Dann befinden sich vermutlich das Kommlink und Camoni an ein und dem gleichen Platz,“ sagte er versonnen.


    Die Schield of Dufilvian war bereits 38 Jahre alt und hatte tausende von Lichtjahren hinter sich. Dennoch war sie auch mit einer Hyperraumfunkanlage aufgewertet und war in der Lage, die anderen Schiffe der Flotte zu kontaktieren, ohne den Hyperraum zu verlassen. Die Flotte war war nur noch 12 Stunden vom Austrittspunkt und dem Ziel ihrer Reise entfernt. Es sollte ein „Heißer Austritt“ werden, es war mit sofortigen Kampfhandlungen zu rechnen. Der Kapitän, der Jedi und die drei SID Agenten waren in der brenzligen Lage entscheiden zu müssen, ob das Problem an Bord ihres Schiffes mit dem geheimen Einsatz der Flotte zu tun hatte. Sollten sie eine Botschaft an die Kommandantin der Task Force, Jedi- Ratsmitglied Satele Shan absetzen? War es ein Problem, das ausschließlich auf dieses Schiff begrenzt war? Keeran war bei dem Treffen im abgesicherten Besprechungsraum dabei.
    „Ich wurde beauftragt, die Meldungen über ungewöhnliche Gruppierungen, mögliche Verschwörungen oder konspirative Vereinigungen zu überprüfen,“ erklärte Tresh'al dem Kapitän, der von den beunruhigenden Nachrichten etwas erschüttert schien.
    „Als Jedi Schatten und ausgebildet in den nachrichtendienstlichen Gebieten sollte ich sehen, ob die Macht mich leitet, um den vagen Meldungen und nur diffusen Vorahnungen zu folgen.
    Die Revaniter haben offensichtlich vor zwei Wochen Befehle empfangen. Diese Botschaft, die Flight Raven erhielt, von der ich erst an Bord des Schiffes erfuhr. Ich habe versucht, den Fall zu klären, während ich gleichzeitig meine Testgruppe, die Piloten vorsichtig sondierte. Flight Lieutenant Camoni ist mir besonders verdächtig erschienen, auch wenn ich keine Beweise finden konnte. Ich verlasse mich da auf mein Gespür und die Macht, die meine Schritte anleitet. Aber unser Pilot Officer hier kann vielleicht etwas mehr Licht in diese Revaniter-Orden geben.“
    Der junge Mann nickte, stockte dann jedoch, bevor er unter den kritischen Augen des Kapitäns und dem milden Blick des Jedi und seines neugierigen Padawans zu einer Erklärung ansetzte.
    „In meinem Studium habe ich mich mit der Rechtslage von Religionsgemeinschaften befasst. Die Revaniter sind eine Sekte, die an die Macht glaubt, dies jedoch im Verborgenen tut. Aber sicher kennt Ihr Euch damit besser aus, Meister Jedi.“
    Der Mirialukaner lächelte dankend. „Ich bin mit der Macht vertraut, und wüsste auch, wer uns die Antworten liefern kann, junger Keeran. Doch ich vermag kein Licht in die Sache zu bringen. Bitte fahrt doch fort, und teilt Euer Wissen mit uns.“
    „Revan war ein Jedi, der vor hunderten von Jahren lebte. Er ging in das Outer Rim und traf dort auf die Sith. Er wurde von der dunklen Seite verführt und verschwand danach. Die Informationen, die ich während meiner Dissertation zusammen getragen habe, deuten darauf hin, dass die Revaniter glauben, Revan wäre gestorben und dann ins Leben zurück gekehrt. Er hat die Macht danach anders gesehen als die Sith oder Jedi. Seine andere Sicht soll von den Revanitern geteilt werden. Die Sekte macht dabei keinen Standes- oder Speziesunterschied. Auch richtet sie sich nicht nur an Machtsensitive, sondern jedes Lebewesen, ein neuer Ansatz gegenüber dem elitären Denken des Jedi-Glaubens und dem Kastensystem des Sith Kultes ...“ er stockte kurz und schluckte. Der Padawan kicherte kurz, bis er den tadelnden Blick seines Meisters bemerkte. Der Jedi machte Keeran gegenüber jedoch keine böse Mine. „Euer kritischer Blick auf die Jedi ist doch nicht verwerflich,“ erklärte er gönnerhaft, „gerne würde ich mit Euch die Macht und unsere Philosophie erörtern, doch wir müssen dies verschieben.“
    Keeran nickte erleichert. „Kommt, Junge,“ sagte der Kapitän, „diese Sekte benutzt also Glaubensaspekte der Jedi-Ritter und der Sith-Brut. Ja, das macht sie gefährlich. Sind sie machtversessen, wollen sie uns auch Knechten?“
    Keeran konnte durch seine gute Erziehung gerade noch ein Schulterzucken unterbinden. „Nein, Sir, an dem Punkt muss ich leider passen. Die wenigen Informationen sind sehr widersprüchlich, daran kann ich mich noch erinnern. Eine Veränderung der Gesellschaft von innen, sagten die einen Quellen. Andere erklärten, dass der Glaube der Revaniter getrennt von ihren weltlichen Zielen zu sehen sei, eine Trennung von Religion und Weltlichem, so wie dies unsere Republik auch in ihrer Charta stehen hat. Da ist der heikle Punkt, an dem ich in meiner Dissertation zu zwei Schlüssen kommen musste: Sind sie auf eine Veränderung, und damit Einfluss auf die Gesellschaft ausgelegt, handelt es sich um eine Sekte, die sich am Rande der Legalität bewegt, wollen sie aber nur eine andere Form des Glaubens praktizieren, ohne die Grundrechte zu verletzen oder zu beschränken, dann sind sie nur eine nicht rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaft.“
    „Danke für die Ausführungen, junger Mann. Ich kann diesem Resumeé nur zustimmen,“ erklärte der Jedi Er blickte zu Tresh'al, dem Jedi, der mit dem SID zusammen arbeitete. Der Twi'lek nickte Keran ebenfalls zu und legte die Fingerspitzen zusammen. „Zwei Attentatsversuche auf mich. Diese Revaniter sind darauf aus, jenen zu schaden, die ihren Zielen im Wege sind. Sie sind keine friedliche Gemeinschaft mit abweichenden Glaubensvorstellungen. Es bleibt demnach nur die Frage, ob eine Verschwörung im Gange ist, die vielleicht sogar unsere Mission betrifft.“
    Der Kapitän fuhr sich durch seinen Schnauzer und räusperte sich.
    „Diese Revaniter hier sind zum Teil seit Jahren auf meinem Schiff. Bis vor zehn Tagen war nicht einmal bekannt, dass wir in die Kriegszone abkommandiert werden. Das die verehrte Meisterin Shan eine Flotte für einen Angriff auf diese Piratenwelt Rishi zusammen stellt, wurde mir erst vorgestern mit dem Kurier übermittelt, der mit Ihnen an Bord meiner Dufi gekommen ist. Ich kann wirklich nicht sehen, wie diese Revan-Kultisten geplant haben können, genau an dieser Stelle eine Terror-Zelle zu platzieren, um den bevorstehenden Angriff auf diese geheime imperiale Streitmacht zu vereiteln.“ Keeran quollen die Augen über. Ihm wurde gleichzeitig heiß und kalt und er sah etwas käsig aus. Sein erster Kampfeinsatz. Und was für einer, der erste große Schlagabtausch seit Fünfzehn Jahren! Ein Gefecht wie jenes über Hoth, von dem Legenden berichten. Deren Gefechte er immer wieder in seinen Träumen nachgespielt hatte, seit er groß genug war, einen Holoprojektor mit unter seine Bettdecke zu schleppen. Er blickte verwirrt auf, als der Padawan, ein Kind von vielleicht zwölf Jahren, ihm ein Glas Wasser in die Hand drückte und dabei schmunzelte. Keeran blinzelte, versuchte den Faden wieder auf zu nehmen.
    Der Jedi würde eine speziell Codierte Nachricht zu Händen Satele Shans verfassen. Wenn auch nicht klar war, ob eine Bedrohung der Operation vor lag, so sollte sie doch zumindest gewarnt sein, um im rechten Augenblick nicht überrumpelt zu werden.
    „Bevor Ihr auf die Suche nach den Revaniter-Terroristen macht, müsst Ihr meinen nachrichtendienstlichen Stab überprüfen,“ erklärte der Kapitän mit einem Tonfall der keinen Widerspruch duldete.
    Der Jedi nickte zustimmend. „Sie werden uns unterstützen können und dafür Sorge tragen, dass die Brücke gesichert ist.“
    „Was geschieht mit Camoni?“ fragte Keeran, als die hohen Herrschaften gerade nicht sprachen. Er musste wissen, was mit seiner Rabenmutter los war. War sie entführt worden? Das hielt er für unwahrscheinlich – aber dennoch... . Er gestand sich ein, dass er es hoffte. Denn er konnte es nicht ertragen zu glauben, dass sie ein Feind war.
    Tresh'al verschränkte die Hände im Rücken und antwortete ihm: „Nun, wir können es nicht riskieren, sie im Schiff suchen zu lassen. Das würde die Revaniter zu Handlungen verleiten. Bis jetzt wissen sie lediglich, das wir eine Frau aus ihren Reihen getötet haben und die beiden Piloten erschossen wurden. Die Piloten haben wir an einem sicheren Ort unter gebracht. Nun, zumindest so sicher, wie es hier an Bord des Schiffes geht. Wir können uns kein weiteres Sicherheitsleck erlauben.
    Pilot Officer Keeran, Sie sind sich doch im Klaren darüber, dass sie mit dem Wissen, dass sie hier erhalten haben, unmöglich herumlaufen dürfen?“

  • Die Zeit tickte unaufhörlich herunter.


    Die Rückmeldung des Ratsmitgliedes Shan war äußerst dürftig. „Ich werde die Angelegenheit bedenken und Euch zu gegebener Zeit informieren. Bitte setzt Eure Untersuchungen fort und berichtet mir von Euren Ergebnissen. Richtet dem Schatten meinen besonderen Dank aus.“
    Die Suche nach weiteren Revanitern war aufgrund der zuvor durchgeführten Tests durchaus erfolgreich. Aber bis jetzt war es nicht gelungen, einen der inzwischen sechs Gefangenen zu einer Aussage zu bringen. Sie waren einfach zu wenige und es war vermutlich nur der bevorstehende Austritt aus dem Hyperraum, der die Revaniter davon ab hielt, etwas gegen die SID Agenten, die Jedis und die handvoll eingeweihter Offiziere zu unternehmen.
    Die Piloten des Starfighter Wing wurden während einer Strategiesitzung über die militärische Lage und den Einsatz informiert. Jetzt waren Offiziere der Schield of Dufilvian über das Operationsziel informiert und die zu erwartende Stärke des Gegners. Die Wartungscrews checkten die Maschinen ein letztes Mal durch. Der Kapitän hielt eine Ansprache, die zunächst von einer bevorstehenden Schlacht und ihrer Rolle als Schlachtschiff handelte. Als die Piloten eine Stunde vor dem geplanten Austritt in den Cockpits die Checklisten durch gingen, meldete sich der Kapitän ein letztes mal und hielt diesmal eine feurige Ansprache mit Details über ihren verschlagenen Gegner, den Stolz, den er für Seine tapferen Männer, Frauen und Andersgeschlechtlichen empfand und seine Zuversicht, dass die altgediente, geliebte Dulfi jedem Angriff der verhassten Sith-Möder als unerschütterliches Bollwerk entgegen halten würde. Tod und Vernichtung würde die Dulfi über die Feinde der freiheitlich demokratischen Lebensweise ausschütten, hunderttausend heulende Höllenhunde werde er auf sie hetzen und meinte damit das Arsenal an Raketen und Torpedos.
    Deesix rollte inzwischen zu seiner StarGuard. Der Tech sah den Droiden gehetzt an. „Nein, Kleiner,“ sagte er, „Betty steht nicht auf der Startliste.“
    Traurig piepte der Blechkamerad und rollte niedergeschlagen zu seiner Ladestation zurück. Falls er irgendwo als Ersatz gebraucht wurde, wollte er zumindest vollgeladen in den Krieg ziehen.

    Als die Lautsprecher den Beginn des Zehn-Minuten Countdowns verkündeten, erhielt Tresh'al das vorhergesehene Signal. Mit machtverstärkten Bewegungen sprintete er durch Korridore, vorbei an verdutztem Crewpersonal und versuchte, sich zu bremsen, um sich nicht zu verausgaben. Er wusste jedoch, jede Sekunde war jetzt entscheidend.
    Vor einem verschlossenen Schott musste er halten. Er aktivierte es, aber nichts geschah. Er verwendete den Codeschlüssel des Kapitäns, aber das Schott öffnete sich nicht. Er verwendete den Not-Schalter, ebenfalls keine Wirkung. Das war unmöglich!
    „Mein Lieblingsagent,“ säuselte Camonis heisere Stimme aus den Lautsprechern über dem Sott.
    Seine Lekkus legten sich flach am Rücken an, während er die Hände demonstrativ vor der Brust verschränkte. Schnelle Blicke überzeugten ihn davon, dass keine Sprengfallen in seiner Nähe waren. Er antwortete währenddessen kühl: „Meine Spionin.“ Ein Lachen war die Antwort. Das Schott war massiv, der Zugang zu dieser Batterie Rettungskapseln war verwehrt. Er hoffte nur, die Einsatzteams hätten mehr Erfolg oder zumindest Fusionsschneidbrenner zur Hand. Er blinzelte kurz, als er sich über diesen Gedanken klar wurde und tippte schnell eine entsprechende Anweisung in seinen Datapad. Fusionsschneidbrenner mitbringen!
    „Es ist aus und vorbei. Nach dem Eintritt in den Realraum befinden wir uns knapp außerhalb des Orbit von Rishi. Eine Rotte Jäger ist dafür abgestellt, so einen Fluchtversuch zu vereiteln.“
    „Wer sagt denn, dass ich nur eine Fluchtkapsel starte?“
    Er lächelte freudlos. „Das hat doch alles keinen Wert. Das Versteckspiel hat ein Ende! Ihr bindet lediglich wertvolle Mitarbeiter, die ich für die Suche nach den Revanitern benötige.“
    „Wie haben Sie mich denn nur aufgespürt?“
    Er blickte kurz angestrengt. Über sein Kommlink hatte er die Meldung der Ankunft eines Rauminfanteristenteams am südöstlichen Zugang erhalten. Die hartgesottenen Soldaten würden sich mit Hohlladungen in wenigen Sekunden ein Loch durch das Schott verschaffen. Er musste sie nur noch ein wenig beschäftigt halten.
    „Nun ja, ich kenne Eure Machtaura inzwischen sehr gut und würde jede Eurer Verkleidungen durchschauen. Um aus der zehntausend Mann starken Besatzung Euch heraus zu finden, bin ich jedoch nicht genug auf diesem Gebiet der Macht bewandert.“
    „Ach seien Sie nicht so bescheiden, Tresh'al. Ein Jedi, der sich als Trottel-Agenten ausgeben kann, da müssen Sie doch bestimmt einer dieser legendären Jedi-Schatten sein.“
    „Eigentlich habt Ihr den Fehler gemacht und mich zu Euch geführt. So kurz vor Beginn der Kampfhandlungen gibt es nur zwei Sorten Lebewesen, welche die Rettungskapseln aufsuchen: Die Wartungstechniker für Stichprobenkontrolle und … Ihr.“
    „Ach? Und wenn das kein Fehler war?“
    „Ich muss Euch aufhalten, das werdet Ihr doch verstehen.“
    „Und wenn Sie mich gar nicht aufhalten können?“
    „Es ist meine Aufgabe, dies zu tun.“
    „Ohne ein Lichtschwert? Ich fürchte, ich habe schon Leuten den Popo verhauen, als Sie noch in den Windeln lagen, Meisteragent.“
    Er lächelte ungewollt.
    „Ihr unterschätzt die Macht. Wir sind keine Wilden, die sich im Recht fühlen und mit dem Schwert drohen. Ich bin nur an Bord des Schiffes, um Gefahr von Euren Kameraden ab zu wenden und eine Bedrohung unserer Gesellschaft zu erforschen. Verzeihung. Ich meinte, meine Kameraden.“
    „Ich habe viel für die Republik getan!“ ereiferte sich die Stimme. Laut Datenübertragung waren die Sprengladungen an zwei Zuwegen gelegt. Sie warteten auf sein Zeichen. Aber er befürchtete, dass die Sache nur allzu blutig enden würde. Daher wollte er noch ein paar letzte Worte vom Herzen reden.

    „Ihr habt den Kommlink von Pilot Officer Macrath mitgenommen. Habt Ihr mit den Revanitern Kontakt aufgenommen und Euch bei ihnen die ganze Zeit über versteckt?“
    „Ach, der Schäfer hat sein neues Schaf mit offenen Armen empfangen. Die einzige Überlebende Ihres Angriffes auf das Versteck im Materiallager. Ich vermute, die beiden, Macrath und Stargazer leben noch und haben nicht geplaudert?“
    „Ihr seit eine Wölfin im Schafspelz.“ „Die meisten dieser Revaniter sind tatsächlich Schafe. Aber sie glauben daran, dass ihr Revan zurück gekehrt ist und sie ihre Anweisungen von ihm erhalten.“
    „Das ist doch unmöglich! Wie ist das möglich?“
    „Das werde ich heraus finden. Zunächst einmal ist es ihr Glaube, und der Glaube kann Berge versetzen. Wie viel davon wahr ist, wird sich zeigen. Fest steht, dass sie fanatisch Befehle befolgen. Aber mein Guter, wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich muss mir jetzt ein kuscheliges Plätzchen in einer Kapsel aussuchen.“
    „Eines noch! Es gibt da etwas, das mir sehr am Herzen liegt.“
    „Jetzt bin ich aber neugierig. Ein emotionaler Jedi!“
    „Erinnert Ihr Euch noch an Meister Beriko?“
    „Vage. Zabrak? War immer mit so einem Kindergarten unterwegs.“
    „Ja, drei junge Padawane, die Crew seies Kampfschiffes. Sie erinnern sich daran? An die >Jedi-Prinzessin<?“
    „Ich hab im Krieg um Corellia was anderes im Kopf gehabt, als mich mit Jedi zu beschäftigen, Tresh'al.“
    „Camoni sagte zu dem kleinen Twi'lek, dass er mit seiner Robe wie eine kleine Jedi-Prinzessin ausschaue. Es fehlen nur die Schleifchen an den Lekkus. Er hat ihr dafür die Nase gebrochen.“
    „Wer hat wem die Nase gebrochen?“
    „Ich war der kleine Padawan. Ich schäme mich für den Gewaltausbruch. Auch nach all den Jahren. Ich kenne Jaresa Camoni von damals, vor dem Vertrag von Corusant. Daher weiß ich, dass Ihr es nicht seid.“
    „Wie bedauerlich. Die Macht scheint Sie tatsächlich zu beschützen. Und wir hätten so gute Freunde werden können.“
    „Das wohl weniger,“ erklärte er und gab das Signal für die Erstürmung des Rettungskapsel- Korridors. Er war fertig mit ihr und hoffte nur, dass sie überleben würde. Damit sie Fragen beantworten könne.
    Er blickte auf sein Datapad. Noch 23 Sekunden bis zum Wiedereintritt in den Realraum.
    „Vermutlich stürmen sie gerade den Bereich.“ ertönte ihre Stimme wieder. Ihm entgleisten etwas die Gesichtszüge, als er sie lachen hörte.
    „Wir sind einander ebenbürtig, mein cleverer Widersacher. Das bedeutet vermutlich, dass ich Sie bei unserem nächsten Zusammentreffen töten muss. Wir sehen uns wider auf Rishi.“ Das Enterkommando bestätigte seine Befürchtung. Hier war Camoni nicht, und wenn sie die Türen und Sensoren eines Bereiches manipulieren konnte, dann war ihr dies an anderen Stellen wohl auch gelungen.
    Kurzzeitig verlor er die Orientierung, als die Macht sich verbog und verdrehte. Dann empfand er wider alles normal. Sie waren wieder zurück in der Galaxis, aus dem Hyperraum ausgetreten. Die Hörner erschallten. Die Starfighter schossen in Schwärmen aus den Startbuchten. Dutzende von Rettungskapseln lösten sich überall auf der Schield of Dufilvian und steuerten dem nahen Planeten Rishi entgegen. Auf keinem der Kapseln waren Lebenszeichen zu entdecken.
    Fast sofort entbrannte eine Schlacht über dem Planeten. Denn eine Armada imperialer Schiffe war aus entgegen gesetzter Richtung aus dem Hyperraum ausgetreten. Wie war das möglich, fragten sich die Kapitäne der Schiffe.
    Satele Shan hatten bereits düstere Vorahnungen beschlichen, aber jetzt trafen sie die Vorahnungen mit Hammerschlägen. Zeit für Nachdenken gab es nicht, denn beide Flotten eröffneten sofort dass Feuer. Nicht identifizierte keine Schiffe, Korvetten und Zerstörer waren ebenfalls vor Ort und eröffneten anscheinend auf beide Parteien das Feuer. Das mussten die Piraten sein. Aber sie wurden ein paar Minuten später eines besseren belehrt.
    Lange, nachdem die Rettungskapseln die Luftschichten des Planeten durchstoßen hatten. Lange, nachdem tausende von republikanischen und imperialen Lebewesen ihr Leben verloren hatten in einer Schlacht, die von Revan selbst gelenkt wurde. Er hatte sie wie Spielfiguren in einem Spiel bewegt, von dem sie nichts wussten. Und seine Anhänger, die Revaniter, hatten die beiden Großmächte in diese Position manövriert, sie manipuliert und beeinflusst. Theron Shan, Lana Beniko und ihre kleine Gruppe hatte das Schlimmste vereitelt, nämlich dass sich beide Flotten gegenseitig zerstörten.


    Knapp eine Woche später düste eine zerzauste Frau mittleren Alters mit wehenden, schwarzen Haaren in die aus Raumschiffswrackteilen zusammen gezimmerte Hautstadt von Rishi in der Räuberbucht. Ihr Blick verhieß nichts gutes und die Kleidung stammte von einem Piratenclan, während der Gleiter Markierungen eines Anderen trug. Sie ließ das Gefährt mitten auf dem aus Holzplanken bestehenden Platz stehen und stolzierte mit wiegenden Hüften und an beide Oberschenkel geschnallten Blasterhalftern auf die Cantina zu. Sie stoppte, legte die Hände auf die Griffstücke ihrer Blaster und schmunzelte, als sie den Namen auf einem Holoschild mit leichten Aussetzern entzifferte. „Blasterweg-Cantina?“ fragte sie amüsiert und schüttelte den Kopf. „Diese Möchtegern- Piraten werde ich sowas von aufmischen,“ sagte sie und lachte.

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