Tal'galar - Die Kunst des Blutvergießens

  • Martu stolperte und fiel, wieder einmal, mit dem rechten Knie hart in den Schnee unter seinen Füssen. Ein eisiger Wind pfiff um seine Ohren als er sich an einem alten Baumstamm abstürzte um wieder auf die Beine zu kommen. Wie war er hier gelandet? Martu wusste diese Frage nicht zu beantworten. Er wusste nur, dass er hier sehr schnell wieder weg musste also setzte er erneut einen Fuß vor den anderen, kämpfte sich Schritt für Schritt durch wadenhohen Schnee der den Eindruck erweckte als habe sich hier noch nie ein Mensch hin verirrt. Ein Mensch oder irgendetwas anderes. Der junge Schmuggler blickte durch spärliches Nadelgehölz auf den weiten Horizont. Was durch trüben Schneefall erkennbar war ließ ihn ebenso frösteln wie die arktischen Temperaturen. Vor Martu breitete sich eine unwirkliche Landschaft aus Schnee, die lediglich hier und dort von Inseln dunkelgrünen Waldes durchbrochen wurde, aus. In der Ferne konnte er hohe Berge und Steilklippen ausmachen. Steilklippen wie jene an denen sich der Raumhafen befunden hatte an welchem Martu mit der „Flashlight“, seinem ramponierten aber abbezahlten Schiff, angelandet war. Wie lange war das her? Der junge Mensch konnte es nicht sagen.


    Das letzte Bild was er vor Augen hatte war eine Flasche Ale und eine halbnackte Lethan in einer typisch imperialen Cantina. Berauscht vom Alkohol und vom jüngst abgeschlossenen Geschäft hatte er sich ganz dem wogenden Körper vor sich hingegeben. Er erinnerte sich, dass er bereit gewesen war der Tänzerin mehr Credits in einem wesentlich privateren Rahmen zu gönnen. Hatte er sie nicht sogar bezahlt? War er nicht aufgestanden und hatte mit ihr die Cantina in ein Hinterzimmer verlassen? Hier wurden seine Erinnerungen schummrig, verschwammen und endeten vollends. Als er vor gefühlten Stunden zu sich gekommen war hatte er sich in einer Höhle befunden. Der kalte, nackte, Stein unter ihm hatte sich sofort in Form eines schmerzenden Nackens und einem verdrehten Rücken bemerkbar gemacht. Im Vergleich zu dem Dröhnen in seinem Schädel und dem sofort einsetzenden Zittern seiner Gliedmaßen war dieser Schmerz jedoch zu vernachlässigen gewesen. Die Höhle war nicht lang, nicht tief, nicht mehr als ein Ort der ihn vor der unmittelbaren Kälte des ziostschen Klimas abschirmte. Seine Waffe hatte man ihm ebenso genommen wie seine technischen Spielereien. Lediglich die Kleidung die er in der Raumhafencantina getragen hatte hatte man ihm gelassen. Und die war alles andere als wettertauglich.


    Nun, später im Verlauf dieses, aus Martus Sicht, absolut beschissenen Tages stapfte er durch den Schnee und irrte einem unbekannten Ziel entgegen. Der Raumhafen war nicht in Sicht. Zivilisation war nicht in Sicht. Rettung war somit nicht in Sicht. Seine Ohrläppchen spürte Martu mittlerweile ebenso wenig wie er seine Fingerspitzen, seine Zehen oder seine Nase spüren konnte. Gerade die sich immer weiter ausbreitende Gefühllosigkeit in den Füssen ließ den Schmuggler immer wieder straucheln. Dies, und vom Schnee verborgene, kleine, Unebenheiten und Hindernisse. Wut hatte sich mehrere Male in Verzweiflung verwandelt, war Panik gewichen nur um wieder zu Wut zu werden.


    Meter um Meter schleppte er sich vor. Minuten verstrichen die sich für Martu wie Stunden anfühlten und abermals dachte er ans Aufgeben. Daran, wie er hier enden würde. Erfroren, von Schnee bedeckt, vergessen. Sein Schiff in den Händen des Imperiums. Der Deal geplatzt und seine Credits in den Händen irgendeines schäbigen imperialen Verwalters. Gerade der letzte Gedanke ließ ihn die Selbstaufgabe beiseite schieben. Kein fetter, im Büro sitzender, verräterischer imperialer Drecksack würde ihm seine Credits nehmen, würde ihn hier in der Wildnis aussetzen und damit durchkommen. Martu biss die Zähne zusammen als ihm die Galle den Hals hinaufschoss und blockierte so das kältebedingte klappern selbiger.
    „Fick dich Imperium! Fickt euch Sith und fick dich scheiß Ziost! Ich trete Euch allen in euren Arsch ihr Fotzen!“ Seine Worte hallten von den fernen Berghängen wieder, durchbrachten das Rauschen des Windes, das einzige Geräusch in dieser trostlosen, von den Sternen verlassenen, Gegend. Das einzige Geräusch bis auf das typische Geräusch eindrückenden Schnees unmittelbar hinter ihm.


    Martu erstarrte als er den Schritt hinter sich wahrnahm der unmittelbar nach dem verblassen seines Echos hörbar wurde, ganz als habe irgendetwas auf eine Unterbrechung der Stille gewartet, nur auf die Lautstärke seiner Stimme gewartet. Er erstarrt, wagte es nicht den Blick über die Schulter zu richten. Deutlich nahm er das pulsieren des eigenen Blutes in seinen Ohren war, spürte mit einem Mal weder Kälte noch Verzweiflung. Die Umgebung war unwichtig geworden und trat in den Hintergrund, verdrängt durch die sich in seinem Nacken aufrichtenden Haare. Ein grollen, leise und doch wie aus unsteten Tiefen hervorbrechend erklang hinter ihm und wischte die letzten Zweifel aus seinem Geist um was, oder wen, es sich handeln konnte. So schnell er konnte, und so ungelenk es ihm möglich war, warf sich Martu nach rechts, versuchte sich dabei um die eigene Achse zu drehen und dem Tier somit nicht mehr allein seinen ungeschützten Rücken zuzuwenden. Er hatte erwartet schneller als er denken könnte Klauen in seinem Rücken zu spüren oder mindestens zu sehen wie irgendetwas auf seinen Ausweichsprung reagierte. Stattdessen kam er sich nun ebenso hilflos wie dumm vor. Die katzenartige Kreatur hatte auf seinen stümperhaften Ausweichversuch nicht einmal reagierte. Bedrohlich in weiß-grünlicher Färbung, von der Schulterhöhe Martu fast gleichkommend und mit gebleckten Lefzen lauerte sie und beobachtete ihn für den Bruchteil eines Augenblickes lediglich. Erst dann, sich bewusst, dass ihre Beute sie gesehen hatte, sich bewusst wurde, dass es keinen Ausweg gab, setzte sie sich in Bewegung. Erst ein Schritt, dann ein weiterer, schnellerer. Ein Dritter bei dem sie ihren Oberkörper senkte und zum Sprung ansetzte. Der Scheitelpunkt ihres Angriffes wurde erreicht, Martu erwartete ihren Absprung und riss die Arme schützend, wie nutzlos, hoch um seinen Körper zu bedecken und das Raubtier abwehren zu können. Doch ehe das Tier sich vom Boden abstoßen konnte prallte eine gepanzerte Gestalt von der linken Seite in die Flankte des Tieres, riss es vom Boden und rollte in enger Umklammerung einige wenige Meter über den schneebedeckten Boden. Martu hörte die Kreatur aufheulen, hörte die Überraschung im Wehklagen des Tieres und atmete hastig, panisch, flach ein und aus.


    Das Tier grollte, schlug nach seinem Angreifer. Schnee wirbelte auf. Martu konnte eine metallisch glänzende Klinge in den Händen des weiß gepanzerten Kämpfers sehen die immer wieder auf den Körper des großen, katzenartigen, Tieres niederging. Für den Schmuggler war der Kampf so undurchsichtig wie unwahrscheinlich. So schnell wie die Begegnung des ungleichen Paares begonnen hatte so schnell war sie beendet. Das Wildtier lag auf dem Bauch. Dunkles Blut sickerte in den Schnee und tränkte ihn. Weiße Wölkchen stiegen aus schartigen Schnitten in die kalte Luft auf. Der humanoide Kämpfer selbst schien unversehrt. Kratzer und Scharten hatten Teile seiner Rüstung angekratzt. Auf den ersten Blick hatte Martu noch angenommen er würde seinerseits Bluten, doch stellten sich diese rötlichen Färbungen auf dessen Rüstung auf den zweiten Blick als gewollte Verzierungen heraus.


    Der Angreifer drehte das Tier mit einem gepanzerten Fuß auf den Rücken und griff mit der freien Hand nach dessen Kopf, zog ihn leicht in den Nacken und trennte der Kreatur selbigen mit einem sauberen Hieb ab. Die blutgetränkte Waffe, eine einklingige Hiebwaffe, dezent kürzer als ein Vibroschwert und bar eben jener Technik, war für Martu kurz deutlich zu erkennen. Der Kopf wurde von jenem Bestienbezwinger achtlos zur Seite geworfen ehe er zwei Finger seiner linken Hand in den blutenden Stumpf des Halses tauchte und sich das Blut scheinbar in einem geraden Strich auf der Brustrüstung verteilte. Martu atmete ein weiteres Mal durch ehe er sich keuchend erhob und gerade zu einem Dankesruf ansetzen wollte ehe der Krieger sich umdrehte und einen T-Visor offenbarte.


    Es brauchte einen Moment des Verdauens und des Unglaubens ehe Martu seinen Schutzinstinkt überwand und die Stimme doch an den Mandalorianer richtete.
    „Danke, danke danke danke. Dieses..Vieh hätte mich zerrissen. So ein Glück waren Sie da.“
    Eine Antwort bekam der junge Schmuggler nicht. Der T-Visor des Mandalorianers wendete sich kurz auf ihn, doch schritt der Krieger selbst schlicht an Martu vorbei, ließ ihn ohne eine Erwiderung stehen. Der weiß gepanzerte stapfte unbeeindruckt durch den Schnee und steuerte einen schmalen Hügel, keine 20 Meter entfernt an. Martu selbst stuzte kurz ehe er sich anschickte seinem vermeintlichen Retter zu folgen. „Ich wäre hier draußen erfroren…wenn mich dieses..Ding nicht vorher gefressen hätte. Glaubt man das, da bin ich..in einer Cantina und trinke ein bisschen zu viel und schon lande ich hier…im nirgendwo. Gastfreundschaft war auch mal was anderes. Ich nehme an sie haben mich von irgendeiner Station aus gesehen? Oh man, ich kann Ihnen gar nicht sagen wie dankbar ich bin und was ich Ihnen schulde! Irgendjemand wird ganz böse für diese Nummer bezahlen, das sag ich ihnen..“
    Martu neigte oft dazu sich in Rage zu reden doch freute ihn vor allem die Aussicht diese öde Welt wieder verlassen zu können. Das Gefühl, die Sehnsucht, nach Rache machte sich in ihm breit. Ja, irgendjemand würde hierfür bezahlen.


    Der Mandalorianer schritt über den Hügel und näherte sich einem kompakten Speeder der der Außenwelt farblich angepasst war und von Martu aus der Ferne wohl nie aufgefallen wäre. Noch immer hatte er kein Wort gesprochen als er sich wie selbstverständlich auf die Sitzfläche schwang und das Gefährt anschaltete. Martu setzte ein Grinsen auf und fasste gerade nach dem Speeder um sich hinter den Mandalorianer hochziehen und aufsitzen zu können als ihn, wie aus dem Nichts, die gepanzerte Faust des Kriegers im Gesicht traf. Er hörte das Knacken seines brechenden Nasenrückens beinahe mehr als er es ob der Kälte spürte. Wie ein Sack klappte er nach hinten und landete im Schnee. Für einen Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen. Beinahe wohltuend warm rann sein eigenes Blut von seiner Nase über seine Lippen und sein Kinn. Nasal keuchte Martu auf und konnte sich glücklich schätzen die Schräglage seiner, durch den gepanzerten Hieb verschobenen, Nase nicht selbst erblicken zu können. Instinktiv hob er die rechte Hand und wischte an seiner Nase als habe er schnupfen, wischte nach dem austretenden Blut und spürte das Knirschen der nun von ihm selbst verschobenen Knochen und Knorpelmasse.


    „Aaah..was..was soll das?“ Seine Stimme klang nasal, gedämpft. Wie durch einen Schleier blickte er auf und erkannte, dass der Mandalorianer sich abfahrbereit auf seinem Speeder platziert hatte, Martu selbst nicht weiter beachtete. „Ich bin ein…ein Geschäftskunde des Imperiums. Sie..sie können mich hier nicht zurück lassen! Ich habe Kontakte und einen Vertrag! Ich handle mit den Sith! Ihr..ihr werdet die Sith stocksauer machen Mando!“ Jetzt schwenkte der T-Visor erneut ruhig zu ihm. Die Stimme wurde vom Buy’ce des Mando’ade verstärkt, klang tiefer und grollend als er sie an Martu richtete. „Di‘kut, hast versucht dem Imperium ihre eigene, gestohlene Ware zu verkaufen. Niemand wird sich um dich scheren. Du bist schon Tod.“


    Martu erstarrte. Sein Schrei des eigenen Entsetzens begleitete den Start des Speeders und hallte nach als der Mando’ade sich rasend entfernte. Er war allein. Er war verletzt. Seine Geschäfte waren geplatzt. Er war aufgeflogen. Und bald würde er hier erfrieren.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!