[Logbuch Istra Va'Tharr] Minute By Minute

  • ++ Mein Gefangenenquartier, ach was, Privatraum [Dromund Kaas / Kaas City] ++
    ++ 0049 Ortszeit ++


    ++ Das soll Urlaub sein? Es ist ein feuchter Witz, mehr nicht. Ich verbringe mehr Zeit in einer Krankenstation als irgendwo, wo ich mich erholen könnte. Dass sie mich wegen eines Reinblüters anrufen, war ja schon fast zu erwarten. Aber nicht, dass dieser Reinblüter blöd genug war, sich im Dschungel vor der Stadtmauer von einem Yoszuk filetieren zu lassen. Seltsamerweise schien ihm ein nicht machtbegabter Arzt sehr viel lieber als ein Machtbegabter - das verstehe, wer will! Aber er stammt auch nicht aus dem imperialen Stammgebiet, vielleicht erklärt es das. Ist der Bruder dieser einen Sith-Lord aus dem Holonet. Jetzt bekomme ich im Urlaub schon die Holonet-Sternchen frei Haus geliefert. Naja, eher frei Lazarett.


    Es hat mir zwar das Familienessen in allen Einzelheiten erspart, nicht aber die Vorwürfe meiner Mutter. Ein Sith wäre nicht von einem Familienessen wegzitiert worden, und das ist das Einzige, was für sie zählt. Allein die Tatsache, dass es vielleicht noch etwas anderes geben könnte ausser ihr und ihren Interessen, scheint für sie schon eine tödliche Beleidigung. An das Gezeter habe ich mich ja gewöhnt, aber nicht daran, dass sie mir auch noch wütende Nachrichten schickt, während ich noch dabei zusehen darf, wie mein Patient im Tank Schwimmübungen macht. Als hätte ich mir das Ganze ausgesucht.


    Wenigstens war er ein angenehmer Anblick. Eine gute Figur, trainiert, kräftig, mit ausgeprägten Gesichtszügen. Ist definitiv einer der größeren Vorteile dieses Jobs, dass man eine Menge ansehnlicher Männer mit muskulöser Figur nahezu unbekleidet in Koltotanks betrachten darf. Die Uniform ist das negative Gegengewicht. Dass es Leute gibt, die jederzeit mit polierten Stiefeln, Abzeichen und tadellos gebügeltem Stoff umher laufen und sich damit auch noch gut fühlen können, werde ich wohl nie verstehen. Da ist Avanum ein Paradebeispiel. Ein Imperialer wie aus dem Bilderbuch, zumindest äußerlich. Meine Vorgesetzten wären über so einen Mustersoldaten sicherlich glücklicher. Aber es scheint ihm zu gefallen, so auszusehen, und wenn ich ehrlich bin, ihm steht die Uniform sehr gut. Bestimmt hat er eine Menge verflossener Liebschaften an allen Ecken und Enden der Galaxis.


    A propos verflossene Liebschaften: Die Soldatenbar, die wir heute abend aufgesucht haben, hat mir zumindest zu einer neuen Erkenntnis verholfen - dass Menschen in so einigen Dingen wirklich seltsame Angewohnheiten haben. Dieses Küssen und Umarmen bei Begrüßung und Abschied ist schon befremdlich genug. Dass aber eine menschliche Sklavin sich ungestraft mit einem Bürger streiten darf, ohne dass irgendwer Einspruch erhebt, kann man nur verweichlicht nennen. Aber was Sklaven angeht, sind die meisten Menschen viel zu nachsichtig.
    Jedenfalls waren Avanum und diese Sklavin wohl miteinander im Bett, und als sie uns gesehen hat, drehten die Hormone durch. Es hätte eine Szene aus einer dieser Holonet-Soaps sein können, zumindest bediente es alle Klischees. Es war auf jeden Fall recht amüsant zu beobachten. Eifersucht zuzüglich zu einem zugegebenermaßen recht leckeren Fruchtsaftgemisch. Diesen Laden werde ich wohl wieder besuchen, allein schon wegen dem unterhaltsamen Rahmenprogramm.


    Seltsame Frage, die er mir immer mal wieder stellt. Was ich attraktiver fände, Menschen oder Reinblüter. Was für eine Frage! So etwas kann wirklich nur ein Mensch fragen. Warum ist das so wichtig für ihn? Was da passiert, ist Spaß. Urlaub. Ein bisschen Abwechslung zum Alltag. Zwei Soldaten im Urlaub. Warum dem so viele Gedanken beimessen? Der Moment sollte zählen.
    Mal sehen, was die nächsten Tage bringen. Ich vermute ja, dass der geplante Ausflug in die Berge wieder wegen irgend einem Notfall versaut wird. Wahrscheinlich, wenn mal wieder jemand blöd genug war, sich das Lichtschwert in den Hintern zu schieben und es dann anzuschalten oder was in der Art. Aber diesen Gefallen tun sie mir ja leider nicht. Was wohl mein Cousin vorhat? Seiner Nachricht nach zu schließen zerrt er mich in irgendeine kulturelle Veranstaltung, warum sonst sollte ich die volle Gala anlegen müssen. Aber zumindest kann Mutter dann nicht über meine Absenz meckern ... gegen ihn würde sie niemals etwas sagen.


    Müde. Dromund Kaas ermüdet mich immer ungeheuer. Fast wünsche ich mich zurück an die Front, da kann ich wenigstens etwas sinnvolles tun, ausser irgendwo in der Gegend herumzulungern. Aber bis die Mannschaften wieder aufgestockt sind und die "WIllbreaker" das System verlassen kann, dürfte noch einiges an Zeit vergehen. Zu große Schäden, zu viele Verluste. Eine Zeit voller Blut, bei der ich die einzelnen Tage nicht auseinander zerren kann, zu viele sind im kalten Licht des OP-Saals vorüber gehuscht. Gleichförmig, sehr seltsam eigentlich, denn jeder Patient ist ein Individuum. Aber irgendwann sieht man nur noch kaputte Körperteile. Abgerissene Glieder. Irgendwann verschwimmen sie ineinander. In Blut.
    Wer nie an der Front war, versteht das nicht. Aber diese Leute leben auch ein ganz anderes Leben. Hier ist es zu still für meinen Geschmack. Egal, ich werde versuchen, Schlaf zu finden. Mit dem Cousin ausgehen und Ringe unter den Augen macht keinen guten Eindruck. ++

  • ++ Bellicus' flugfähiger Untersatz, Rückweg von Nar Shadaa [Hyperraum] ++
    ++ 0319 Ortszeit ++



    Ich kann nicht schlafen. Wieder mal. Wahrscheinlich liegt es an zu vielen Eindrücken in zu kurzer Zeit, die alle über meinen Kopf hereingebrochen sind wie ein Rudel Sith-Akholyten über ihr Mittagessen nach dem ersten ernsthaften Training. Und der verdammte Huttenplanet ist auch hervorragend dazu geeignet, einem Kopfschmerzen zu verursachen. Steht man einfach so an irgendeiner Ecke, wird man schon durch das Dauergeblinke der Werbeschilder epileptisch. Zumindest, wenn man schon ein bisschen was getankt hat. Die Schleimschnecken haben die Kunst, möglichst viel kreischbunte Werbung auf kleinstem Platz unterzubringen, wirklich perfektioniert. Gepaart mit den üblichen Spicesüchtigen, Säufern, hoffnungslosen Spielern, vergnügungssüchtigen Touristen und sonstigen Irren ein ganz normaler, langweiliger Ort, an dem nicht wirklich viel passiert. Ich war natürlich hoffnungslos falsch angezogen mit der Galauniform. Aber ich habe nichts anderes, um mich fürs Ausgehen aufzutakeln und ich bin imperialer Offizier. Also Uniform. Ein schickes Abendkleid würde ohnehin nicht in meinen Spind auf der "Willbreaker" passen. Ich glaube, mein Cousin hatte sich meine Aufmachung irgendwie anders vorgestellt, aber er überwand seine Enttäuschung schnell, und wie es in unserer Familie üblich ist, mit den passenden Worten.


    Die Grundidee war, dass er mir einen spaßigen Abend spendieren wollte - wahrscheinlich habe ich bei den letzten Familienessen dann doch genervter ausgesehen als gedacht. Oder aber er hat mitbekommen, was die letzte Zeit bei mir im Dienst so alles los war, jedenfalls war ich angenehm überrascht. Nach dem entspannenden Flug, bei dem ich den Gedanken sehr genossen habe, dass mich mal nicht irgendein Notruf im Urlaub stören würde, haben wir uns auf Nar sofort Richtung Sternstundenkasino verzogen. Musik für meine Ohren, Balsam auf meine Seele - die unterschwellige Anspannung der Spieler, das Klingeln der Slotmaschinen, die heiseren Laute der Spieler, denen beim Roulette die Jetons durch die Finger rinnen. Ich mag diese Atmosphäre, und wir spielten. Mit Glück bei den Slots, mit weniger Glück beim Roulette. Auf Pazaak oder Sabacc hatte ich keine Lust, und Bellicus wollte unbedingt Dejarik spielen. Also suchten wir uns einen ruhigen Tisch. Siegessicher war er, oh ja. Aber das breite Grinsen hat ihm meine Glückssträhne recht schnell vom Gesicht gewischt, er hatte wohl nicht erwartet, dass das Glück auch auf meiner Seite sein würde. Einem Sith-Lord dabei zuzusehen, wie er mehr und mehr Land unter den Füßen verliert, während meine Figuren die seinen von hinten aufrollen, ist schon ein ziemlich amüsantes Vergnügen.


    Aber hey, einen Rancor mit einer K'lor-Schnecke wegbomben ist ja nun auch kein leichter Spielzug. Blöderweise lachte ihm dann auch das Glück zu, und die Sache wurde verdammt knapp - aber dadurch auch erst richtig spannend. Bei der nächsten Partie muss ich ihm unbedingt das Ng'ok früher wegballern, sonst räumt er mein Feld wieder so brutal auf! Aber: Ich habe gewonnen und jetzt muss er meinen Gewinn einlösen. Einige freundliche Worte über mich zu meiner Mutter, damit sie endlich mal Ruhe gibt mit ihrem dauernden Gemecker - denn was von ihm kommt, wird sie nicht anzweifeln. Immerhin ist er als Veteran des Überfalls auf Coruscant der Held der Familie. An seinem Erfolg versuchen sich meine Geschwister immer noch zu messen und scheitern grandios. Ich darf nur nie zu sehr darüber lachen, ich bin ja außer Konkurrenz.


    Mal davon ab wird sie ohnehin in die Luft gehen, wenn sie mitbekommt, dass er mir eines der wertvollsten Familienerbstücke überlassen hat, die wir besitzen: Die Kette, an der ein Splitter des Lichtschwertkristalls jenes Meisters hängt, den er beim Angriff auf Coruscant getötet hat. Ich werde jeden erschießen müssen, der mir das Ding wieder abnehmen will! Es ist schlicht und einfach schön. Perfektion ohne Makel. Allein den Kristall könnte ich mir stundenlang ansehen und würde doch wohl immer etwas Neues entdecken. Ich bin nicht wirklich der Schmuck-Typ, von unseren familiären Erkennungszeichen mal abgesehen, aber dieses Teil ist wirklich der Wahnsinn. Als ich ihn nach dem Grund fragte, meinte er nur, ich sei es wert. Es gebühre mir. Verdammt, in dem Moment war ich wirklich zu Tränen gerührt. Wahrscheinlich ist er der einzige in diesem ganzen aasfressenden Haufen, den ich meine Familie schimpfen darf, der mich nicht für eine totale Entgleisung der Natur hält. Der die Person sieht, nicht das genetische Missgeschick. Der mir über die Jahre hinweg immer ein Freund gewesen ist, auch wenn wir uns nur selten gesehen haben.


    Dass wir in der verdammt sauteuren Suite, die er für die Nacht gemietet hatte, noch eine Runde gepflegt die Sau herausgelassen haben, gehörte noch zum perfekten Ende des perfekten Abends. Was auf Nar Shadaa passiert, bleibt auf Nar Shadaa, lautet das Sprichwort. Bei einem solchen, auf 'Saurauslassen' und 'Feiern' spezialisierten Planeten kein Wunder. Für mich bleibt nun eine Erinnerung auf Nar Shadaa, von der ich zehren werde, wenn ich wieder tagelang nur blutige Körperteile zusammenflicke. Die mir Kraft geben wird, diese Arbeit zu machen, zu diesen unsinnigen Heiratsplanungsverabredungen zu gehen, überhaupt diesen ganzen Schwachsinn durchzustehen, der sich mein Leben nennt. Eine Erinnerung nehme ich mit. Muss mir noch eine Sicherungskiste mit Fingerabdruckschloss oder sowas für die Halskette anschaffen, im Dienst kann ich sie nicht tragen. Spätestens, wenn meine Mutter mich das erste Mal damit sieht, werde ich zudem herausfinden, wie widerstandsfähig das Teil wirklich ist ...
    Der Schlaf will immer noch nicht. Werde nun ein paar Hologames zocken und hoffen, dass es dann klappt. Vielleicht auch mal ohne Träume.

  • ++ Mein Gefangenenquartier, ach was, Privatraum [Dromund Kaas / Kaas City] ++
    ++ 1530 Ortszeit ++


    Zurück aus dem Dschungel. Wahrscheinlich werde ich alt. Zumindest mein Rücken schmerzt von der Kletterei, aber den Ausflug war die Sache allemal wert. Ein paar Tage ohne meine Mutter, ohne irgendwelche Hausintrigen, in der freien Natur. Nur ich, der Berg und Avanum, dessen körperliche Grenzen wir beim klettern austesten wollten. Die Rekonvaleszenz und die damit einher gehende stärkere Belastung kratzt ihn wohl ziemlich an, denn er neigt dazu, sich mehr zumuten zu wollen, als gut für ihn ist. Aber man fängt sich nicht am einen Tag eine Splittergranate ein und steht dann am nächsten Tag auf und springt diensteifrig wieder an die Front.
    Wenn es so einfach wäre, hätten wir diesen Krieg, der ja angeblich doch keiner ist, längst gewonnen. Wie kann man nur so wild darauf sein, sich wieder über den Haufen schießen zu lassen, wenn man gerade schon verdammt großes Glück gehabt hat? Doch was rede ich. Ich bin ja auch blöd genug, immer wieder rauszugehen und kann mir mein Leben ohne das Feld nicht vorstellen.


    Nach einem kurzen Wettrennen mit dem Swoopbike landeten wir also in jenem Gebiet in der relativen Nähe von Lord Grathans Bollwerk - äh, Anwesen. Dort hat man seine Ruhe, wenn man sich nicht an den im Dschungel herumlaufenden Viechern stört. Und im Gegensatz zu einem gewissen Sith-Lord waren wir nicht blöd genug, die anzulocken. Aber wenn man auf diesem Planeten aufgewachsen ist, weiss man, wo man hin kann und wohin man besser nicht gehen sollte. Die gewählte Kletterstrecke kenne ich recht gut, und sie war auch von einem Anfänger gut zu bewältigen. Dennoch ging ihm recht bald die Puste aus und wir rasteten mehr auf diversen Plateaus denn dass wir geklettert wären. Andererseits hatten wir weder Ziel noch Eile, also was soll's?
    Wir mussten uns schließlich nicht hetzen oder einen Wettbewerb gewinnen. Da draußen war Avanum jedenfalls ein angenehmer Gefährte. Ich habe das Gefühl, dass ihn die Nähe zu Kaas City und seiner Pflicht in eine gewisse Rolle zwingt, die er erst ablegt, wenn man diesem Zwang ein wenig ausweichen kann. Wäre er nicht der Erste, dem es so geht. Zumindest hat sein knackiger Arsch nicht gelitten, der beim Klettern doch recht angenehm vor meinen Augen gewackelt hat. Soviel zu den einfachen Freuden des Lebens!


    Dass er daran dachte, einen Cafbereiter, zwei Tassen und Cafpulver mitzubringen, hat ihm eine Menge Pluspunkte verschafft - und er kocht besseren Caf als alle in meinem OP-Team, das muss man ihm lassen. Aber die tödliche Flottenvariante muss man sich ja auch erstmal mühsam über die Jahre aneignen. Wahrscheinlich benutzen sie das Zeug auch, um ihre Bomber rostfrei zu bekommen.
    Der Ausflug hat jedenfalls gezeigt, dass noch Luft nach oben da ist bei Avanums Genesung. Mir hat der Ausflug den Kopf richtig gut frei geblasen, und das brauchte ich auch nach dem ganzen Mist der letzten Zeit (Nar Shadaa mal ausgenommen). Einer der absoluten Tiefpunkte war dieses Gespräch mit Sith Airadan aus dem leider mit unserem Haus befreundeten Haus Couré. Verdammt, ist dieser Kerl ein arrogantes Arschloch. Könnte er sich seine Machtbegabung vergolden lassen, würde er es wohl tun. Wieso meine Eltern auf die irrsinnige Idee gekommen sind, diesen Riesenhaufen Banthakacke auf meine Heiratskandidatenliste zu setzen, ist mir nach wie vor schleierhaft. Vor allem, weil Airadan ohnehin nur an einer Frau interessiert ist, die seine Ambitionen voran treiben kann - also auch eine Sith.


    Das Gespräch von vor ein paar Wochen war dahingehend wirklich ein Reinfall, aber wir wären nicht die Kinder unserer Eltern, hätten wir nicht doch Profit aus der Sache geschlagen. Er wünscht sich wohl schon eine Weile einen anderen Job - wäre ich im Logistikministerium, würde ich das auch tun! - und will ins Propagandaministerium wechseln. Wie gut, dass ich tatsächlich jemanden kenne, der jemand anderen kennt, der ihm ein Bewerbungsgespräch verschafft hat. Nur dumm, dass dieser Gefallen nun verbraucht ist, denn ich weiß nicht, wie geschickt sich Airadan anstellen wird. Ich setze also auf ein risikobehaftetes Blatt und weiß nicht, ob es den erhofften Gewinn bringen wird. Gelingt es ihm, ist er mir einiges schuldig. Nicht zuletzt, weil seine Eltern diesen Wechsel gar nicht gerne sehen werden und versucht haben, das im Vorfeld zu verhindern.


    Wobei ich ihm eigentlich mal ordentlich treten sollte. So richtig mit dem Uniformstiefel in den Hintern, mit Anlauf. Als ich ihm die gute Nachricht in seinem Büro überbrachte, hatte er Besuch und benahm sich, als wäre ich eine Sklavin aus den tiefsten Pferchen Nal Huttas. Sich als einfacher Sith mit 'mein Sith-Lord' ansprechen zu lassen, während ein echter Sith-Lord im Büro hockt, ist einfach schlechter Stil. Doch ich tat ihm gerne den Gefallen und benutzte die gewünschte Redewendung in wirklich jedem verdammten Satz, den ich an ihn richtete. Wahrscheinlich hat er den Sarkasmus nichtmal bemerkt. Witzigerweise war der Sith-Lord in seinem Büro eben jener, den der Yoszuk anknabbern wollte, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich innerlich totgelacht hat. Mal schauen, ob er immer noch lacht, wenn er die vereinbarte Partie Pazzak gegen mich spielen soll. Ich sollte mir ein neues Hobby zulegen: Sith-Lords zur Verzweiflung treiben.

  • ++ Draußen in der Natur [Dromund Kaas] ++
    ++ 1028 Ortszeit ++


    Wieder eine Nacht, in der das mit dem Schlafen schwierig war. Die Bilder kehren zurück, schleichen sich in meinen Kopf ein. Das war bislang jedes Mal so, aber es fühlt sich an, als würde es dieses Mal besonders lange dauern. Dann wache ich dauernd auf, mit dem Geschmack von Blut auf der Zunge, ohne mich selbst verletzt zu haben. Dennoch schmeckt es so kupfermetallisch, als hätte ich mir auf die Wange gebissen. Oder wäre in einem See aus Blut ertrunken. Manchmal war es so, am Tisch. Vor allem, wenn ich Gliedmaßen abtrennen musste. Es blieb nicht genug Zeit, um darüber nachzudenken, wer diese Person war, die ich von einem Teil ihres Körpers befreite. Einem kaputten Teil ihres Körpers, irreparabel zerstört. Manchmal hilft nicht einmal Kolto, denn was vollständig zerstört wurde, kann auch die grüne Wundersuppe nicht kurieren.
    Wenn diese Jungs und Mädels später einen Blick in ihre Patientenakte werfen, dann gibt es bei der lebensrettenden Operation nur einen kurzen Vermerk. Aber ihr Leben ändert sich von Grund auf. Schlimmer noch, wenn es nicht genug Ersatzteile gibt, die angepasst werden können. Wenn es zu viele auf einmal gibt, die irgend etwas verloren haben. Und ich irgendwann die Stiefel nicht mehr putzen kann, weil es ohnehin nichts mehr bringt. Ich will gar nicht wissen, wieviele Uniformstiefel mich die letzten Jahre gekostet haben. Eines der wenigen Dinge, bei denen sie bei der Materialausgabe nicht meckern, wenn man Nachschub bestellt. Zumindest nicht mehr, seit ich dem leitenden Offizier mal erklärt habe, warum wir Mediziner einen höheren Bedarf haben. Leder und Blut mögen sich nicht.

    Die klare Luft des neuen Morgens bläst mir die Gedanken aus dem Kopf, aber ich weiss, sie werden zurückkehren. Sie kehren immer zurück, von Mal zu Mal weniger blutbefleckt. Irgendwann verblassen sie, gesellen sich zu den anderen. Spätestens dann bin ich bereit für den nächsten Einsatz, auch wenn ich am liebsten jetzt schon abhauen würde. Mutter ist derzeit besonders missgestimmt. Einer der aussichtsreichsten Kandidaten für Iriste hat abgesagt, obwohl Mutter so sehr davon ausgegangen war, dass es klappen würde. Iriste kocht natürlich vor Wut und sucht die Schuld bei Mutter - momentan ist die Stimmung zu Hause gelinde gesagt elektrisch geladen. Wenn zwei Sith-Mytiker aufeinander losgehen, will man nicht in der Mitte stehen. Es ist also gesünder, dem Ganzen ein bisschen aus dem Weg zu gehen.
    Schade nur, dass sich Bellicus wohl noch nicht mit Mutter unterhalten hat, es hätte die Sache vielleicht entspannt. Oder sie noch wütender gemacht, natürlich nicht auf ihn, sondern auf mich. In solchen Sachen fällt es mir wirklich schwer, Mutters Launen vorherzusagen. Bis eben auf die Tatsache, dass es meistens darin endet, dass sie mir wohl am liebsten dafür die Schuld geben würde, dass dieser Kerl von einem anderen Haus ein besseres Angebot erhalten hat. Also sitze ich nun hier, auf einem Berg mittlerer Schwierigkeit, und lasse mich nass regnen. Dieser verdammte Planet ist so gleichmütig. Egal, wie es den Leuten auf der Oberfläche ergeht, es regnet. Auf den Regen kann man sich hier wirklich verlassen.


    Vielleicht sollte ich mir wirklich für den Rest des Landurlaubs eine eigene Bude mieten. Bisher hielt ich das zwar für herausgeworfenes Geld, aber angesichts der Stimmung zuhause ist das vielleicht gar keine schlechte Idee. Bevor mich noch ein fehlgeleiteter Blitz grillt oder irgend etwas in der Art. Die wenigsten Sith sind wählerisch, da mache ich mir gerade bei meinem familiären Anhang nicht viel vor.
    Wobei, auf Lord Valchoun trifft das wahrscheinlich nicht zu. Er scheint mir in vielem sehr bedacht, eher reduziert, grüblerisch. Ein Introvertierter im Reich der Extrovertierten, sozusagen. Ganz untypisch im Gegensatz zu den meisten Haudrauf-Vertretern seiner Zunft. Aber das ist nichts, womit ich nicht umgehen könnte. Eine Runde Strip-Pazaak, aus der er sich nicht heraus reden konnte, hat ihn ein bisschen aufgerüttelt, glaube ich. Aber wenn man schon so ein ödes Leben hat wie er - Schreibtischsith stelle ich mir wirklich grausam vor!, dazu attraktiver Vorzeigesohn, braver Ehemann mit erfüllter Pflicht der Reproduktion - braucht es eben auch mal Ablenkung. Wahrscheinlich hatte er den Gedanken schon aufgegeben, es könnte in dieser Galaxis Frauen geben, die in ihm etwas anderes sehen könnten als den Topmanager eines Logistikkonzerns mit dem entsprechenden Spesenkonto. Für mich wird er seit diesem Abend ein Spieler sein, vor dem man aufpassen muss, denn wie immer hat das Pazaak gezeigt, wie er eigentlich tickt. Ein Spieler, der Risiken einzugehen bereit ist und der hemmungslos jeden Vorteil nutzt, der sich ihm bietet. Etwas, was ich angesichts der Biedermannfassade noch nichtmal vermutet hätte, das aber umso mehr angenehme Überraschung war. Mit diesem Lord muss man eindeutig rechnen!


    Für die nächsten Tage habe ich noch keinen Plan gefasst, aber ich schätze, ich werde mir wieder einen Rucksack packen und mich eine Weile auf diversen Bergen herumtreiben, sehen, wieviel ich noch schaffe und wie gut. Kaas City geht mir zunehmend auf die Nerven. Allein diese Stadtmauer, die sich wie ein kalter Griff um die Stadt legt und alle Braven drinnen behält. Natürlich sind wir im Krieg, wer wüsste das besser als ein Feldchirurg? Aber diese "es muss alles perfekt funktionieren, Abweichungen sind nicht gestattet" Attitüde ist hier noch viel schlimmer als auf der 'Willbreaker'. Manchmal könnte man meinen, es wäre den meisten Leuten hier das Gehirn herausoperiert worden, so willenlos nicken sie alles ab, was 'von oben' kommt. Oder aber es kommt ihnen gesünder vor, dazu zu schweigen und zu versuchen, alles zu überleben, was gegen meine Hirn-rausoperiert-These spräche. Sich zu ducken, wenn man weiss, dass man nicht gewinnen kann, ist ja so blöd nicht. Mache ich zu Hause schließlich auch andaurnd und noch hat mir kein Blitz den Hintern angekokelt. Wenigstens ist es hier still und friedlich, bis auf ein paar brüllende Manka-Katzen in der Ferne. Wenn es das doch anderswo auch wäre ...

  • ++ Shuttleflug XDK-7890-90 [zwischen Jaguada und Dromund Kaas] ++
    ++ 0215 Schiffszeit ++



    Was für ein beschissener Tag, der von einem beschissenen Gespräch gekrönt wurde! Sitze hier im Linienshuttle und kann nur tippen, aber besser als gar nichts. Diesen totalen Irrsinn muss ich einfach festhalten, bevor ich platze und hier inmitten müde aussehender Leute Amok laufe. Was schlecht wäre, denn als imperialer Offizier in Uniform darf ich meine Waffe tragen. Und am Ende muss ich die Verletzten dann noch selbst zusammenflicken, bevor sie mich vors Militärgericht stellen - also danke nein. Eigentlich fing die Woche gar nicht so mies an. Bellicus hatte mich wieder für ein paar Tage auf sein Schiff eingeladen, und hey, es gibt schlimmeres, als sich von den Untergebenen eines Sith-Lords bekochen und betüdeln zu lassen, während ich ein paar Holonet-Games zocke oder gemütlich ein Buch lese.
    Die meisten Sith, die ein Schiff der Fury-Klasse ihr Eigen nennen, wissen wahrscheinlich gar nicht, wie bequem es sein kann. Aber Bequemlichkeit ist wohl etwas, das für viele nicht so wichtig ist. Hauptsache, das Schiff sieht martialisch aus und man kann damit Leute töten. Oder schnell zu einem Ort hinfliegen, an dem man dann Leute töten kann. Hat mich aber auch nicht daran gehindert, mir alles genau anzusehen und den Luxus zu genießen, nicht von der keifenden Stimme meiner Mutter geweckt zu werden, weil ihr wieder irgend etwas nicht passt. Als hätte er geahnt, dass ich eine Auszeit von Zuhause gebrauchen konnte ...


    Zudem hat Bellicus seine Wettschulden eingelöst. Dass ich das mitbekommen habe, war auch purer Zufall - wie gesagt, die genervte Stimme meiner Mutter würde ich auf mehrere Klicks Abstand noch erkennen, und als mein werter Cousin das Gespräch mit meiner Erzeugerin führte, um welches ich ihn gebeten hatte, hat er die Tür nicht hinter sich geschlossen. Also im Grunde wollte er, dass ich das mitbekomme, da bin ich mir sicher. Er hat ihr ziemlich deutlich gemacht, dass er mich schätzt und ich seine Gunst genieße. Was ihr natürlich überhaupt nicht geschmeckt hat, denn das bedeutet auch, dass sie mich nicht mehr behandeln kann wie etwas, das der Yoszuk vor der Tür unseres Anwesens ausgespuckt hat. Sie haben sich ehrlich gesagt ziemlich heftig gestritten, Mutter war von dieser Sache wohl ziemlich überrascht, was den Ton der Unterhaltung gleich einige Grad harscher gestaltet hat.
    Alleine die Tatsache, dass sie sich künftig wohl einen anderen Blitzableiter wird suchen müssen, wenn sie zu mir zumindest ansatzweise freundlich sein muss, wird unser familiäres Zusammenleben sicherlich deutlich spannender gestalten. Dankbar bin ich ihm auf jeden Fall für seine Intervention, das dürfte die letzten Wochen zuhause deutlich entspannter gestalten, zumindest vordergründig. Auch wenn es Mutter natürlich gar nicht passt, dass sie sich nach Bellicus' Worten richten muss, er ist nach wie vor der ranghöchste Sith in der Familie. Vielleicht sollte ich auch mal Coruscant überfallen ...


    Und tatsächlich, kaum war ich von meinem kleinen Raumflug zurück im Anwesen unserer Familie, war sie für ihre Verhältnisse geradezu scheissfreundlich zu mir. Sogar einer unserer Haussklaven steht nur noch mir zur Verfügung, wenn ich zuhause bin, einer von jenen, die schon lange im Haus dienen. Mein neuer Ausleihsklave Orcal hat mich aufwachsen sehen, er selbst ist inzwischen etwa Ende Fünfzig und hat schon graues Haar. Einen jungen Sklaven hätte sie mir nicht zugestanden, denn das würde bedeuten, dass sie mir auch erweiterte Dienstleistungen zugestehen würde, und so weit reicht ihr guter Wille dann doch nicht. Aber wenn ich ehrlich bin, wäre mir das auch eher unangenehm. Ich muss mich nicht von einem Mann befriedigen lassen, der dazu gezwungen wird, das musste ich nie.
    Und Orcal ist ein hervorragender Pazaak-Spieler, er hat mir, als ich klein war, ein paar fiese Tricks beigebracht. In sofern hat diese Sache also wirklich ihre guten Seiten. Wahrscheinlich ist er insgeheim froh, Iristes derzeit ziemlich schlechter Laune entkommen zu sein, denn in ihren Räumlichkeiten tat er vorher Dienst. Da ist ein genügsamer Feldchirurg, der nicht dauernd irgendwelchen Scheiss haben will und ihn springen lässt, sicherlich die angenehmere Alternative. Also danke, Bellicus! Es ist schon fast amüsant, Mutter dabei zuzusehen, wie sie versucht, höflich zu bleiben. Mehr als zwanzig Jahre Übung in 'ich hasse meine Tochter' lassen sich eben nicht so leicht beiseite schieben.


    In die ganze familiäre Idylle hinein platzte ein Befehl von unbekannter Seite - ich wurde zum Gespräch mit zwei mir unbekannten Sith bestellt, das mich auf den Planeten Jaguada rief. Mit jeweils acht Stunden Flugzeit im Standardshuttle. Natürlich enthielt diese Einladung (die unmissverständlich klar machte, dass ein 'nein, danke' nicht in Frage kommt) keinerlei Erklärung darüber, was genau ich dort sollte, aber das wurde mir dann vor Ort in Forth Asha erklärt. Ein imperialer Stützpunkt, der sich in nichts von vielen anderen unterschied, und der mir genauso langweilig und unsympathisch erschien wie die meisten seiner Art. Es roch geradezu nach Kasernenleben und dem baldigen Tod vor Langeweile, die einen ereilen musste, wenn man das Pech hatte, dort zu stranden.
    Eine Sith-Schülerin erwartete mich und brachte mich zu ihren beiden Lords, zwei Reinblüter der üblichen Sorte. Lord Shivas (die Durchgeknallte) gab einige ziemlich merkwürdige Dinge von sich und ich bin mir nicht sicher, ob nicht ihr Geist dauerhaften Schaden aufweist. Lord Disicio (der Eiswürfelpinkler) machte mir klar, dass man auf mich aufmerksam geworden sei und sie daran dächten, mich in ihren medizinischen Stab aufzunehmen. Mich, eine Feldchirurgin, ausgebildet dazu, unter Dauerfeuer an der Front Leben zu retten! An einem Ort wie diesem, wo wahrscheinlich selbst ein Bantha vor Ödnis verrotten würde, weil einfach nichts passiert!


    Ich habe natürlich versucht, den beiden diese Scheissidee auszureden. Zuerst höflich, man will ja nicht sofort unangenehm auffallen, dann mit deutlicheren Worten - aber ich fürchte, das Ganze war schon von Anfang an eine verlorene Sache. Denn eines hat mich meine Zeit innerhalb meiner liebevollen und aufmerksamen Familie gelehrt: Wenn ein Sith irgend etwas haben will, bekommt er es auch, ganz egal was es ist. Selbst wenn es sich um eine Person handelt, die absolut keine Lust hat, auf einem Posten am Arsch der Galaxis zu versauern und für den auch ein gewöhnlicher Feld-Wald-Wiesenmediziner ausreichend genug ausgebildet gewesen wäre. Aber nein. Lord Durchgeknallt lobte sogar mein Feuer, das sie bei den langweiligen Durchschnittsmedizinern in letzter Zeit so vermisst habe. Ich bin sowas von am Arsch!


    Was soll ich dort? Der Posten sieht nicht aus, als würde er allzu häufig mit Feindkontakt rechnen müssen. Wahrscheinlich wird die mangelnde Übung irgendwann noch meine Fähigkeiten beeinträchtigen und dann brauche ich wieder Jahre, um auf einen brauchbaren Stand zu kommen. Ich bin schon tausendmal während dieses Ruckflugs durch die Liste der Leute gegangen, die mir noch etwas schulden, aber ich befürchte, wenn ich beginne, wirklich große Gefallen einzufordern, mache ich mir die beiden Lords zum Feind, und solange ich nicht weiss, wo diese beiden mit drin hängen und wie rachsüchtig sie sein könnten, ist das keine gute Idee. Wie man es dreht, es ist und bleibt ein Haufen stinkender Banthadreck. Wer auch immer gerade mein Schicksal bestimmt, der- oder diejenige hat eine wirklich seltsame Art von Humor ...

  • ++ Irgendwo zuhause. Ich hoffe, es ist mein Zimmer [Dromund Kaas / Kaas City] ++
    ++ Zu früh. VIEL zu früh ++


    Dieses wummernde, dröhnende Ding ist dann wohl mein Kopf. Irgendwie wollen sich meine Augen nicht so recht öffnen, und in meinem Mund liegt ein pelziges, trockenes Etwas, das ziemlich angeschwollen ist. Ah, meine Zunge! Jede Bewegung lässt Sternenregen explodieren. Ich glaube, ich bleibe lieber liegen und akzeptiere, dass ich heute nicht allzu viel machen werde. Manchmal ist es besser, es nicht zu übertreiben. Die letzten Tage habe ich übertrieben, und das ist jetzt die Quittung. Aber wenigstens ist es ein würdiger Abschied einer Zeit, die nun unwiederruflich vorüber ist. Vor ein paar Tagen kam der Versetzungsbefehl nach Jaguada, wie befürchtet. Ich kann immer noch nicht ansatzweise so viel essen, wie ich gerne kotzen würde. Aber es ist erstmal nichts zu machen, Befehl ist Befehl. Hätte mir vom Captain zwar erhofft, dass er interveniert, aber gegen den Willen von zwei Lords anzugehen, ist immer eine heikle Sache. Kann es sogar nachvollziehen, dass er sich diese ganze Sache nicht gern ans Bein binden wollte - ich hätte das wahrscheinlich auch nicht getan.
    Dennoch war's schwer, mein Quartier nach bald fünf Jahren Dienst auf der 'Willbreaker' zu räumen. Diese zehn Quadratmeter ausgesprochen funktional eingerichteter Privatsphäre, die man als Offizier an Bord bekommt. Ein Bett, zwei Schränke, ein Schreibtisch. Und eine kleine Nische mit einer Schalldusch-Einheit, die immer nur ein lauer Ersatz für echtes, heißes Wasser sein wird.


    Es gab Tage, da hab ich dieses Quartier einfach nur gehasst. Hätte mich am liebsten an eine ganz andere Ecke der Galaxis gewünscht, als gerade dorthin, in diesen kleinen Metallkäfig, der mir nur ein paar Stunden Schlaf gönnen würde, um dann wieder hinaus zu müssen, zurück zu den Massen an Blut und dem Stöhnen der Schwerverletzten. Es gab Tage, da habe ich dort Schönes erlebt. Ein paar Stunden wohlverdientes körperliches Glück, genossen mit einem Kameraden, der diesen ganzen Mist ebenso hinter sich lassen wollte wie ich. Und mit den Jahren habe ich mich an alles gewöhnt. Auch an den S-förmigen Kratzer auf Augenhöhe an der Wand, wenn man im Bett liegt. Ich habe gestern, bevor ich das geräumte Quartier vom Quartiermeister abnehmen habe lassen, ein "I" dazu geritzt. Wer weiss, wieviele weitere Initialien dort noch in den nächsten Jahren hinzu kommen werden?


    Mann, mein Kopf. Bloß nicht bewegen. Wenigstens geht das Sprechen noch, wenn ich die Augen geschlossen halte. Ein klarer Punkt für Audioaufnahmen! Es bricht mir das Herz, die 'Willbreaker' zu verlassen. Sie war mir das Zuhause, das ich zuvor nicht hatte. Ein Ort, an dem endlich die Qualifikation wichtiger war als irgendwelches Genmaterial. An dem ich mir meinen Platz geschaffen habe. Und jetzt ist es einfach so vorbei. Wegen zwei Sith-Lords, die da mal eine tolle Idee hatten. In zwei Tagen werde ich endgültig verlegt, dann gehöre ich zu den Bodentruppen. Für einen Flottenarzt ist das echt ein Sprung ins Bodenlose. Diese Verrückten werden mir fehlen. Ihre Abschiedsgeschenke habe ich noch gar nicht auf gemacht, das werde ich auf Jaguada tun, wann immer mir dort alles auf die Nerven geht. Sozusagen als kleine Aufmunterung, wann immer ich sie brauche.


    Deswegen auch das Besäufnis mit dem medizinischen Personal und den ganzen Irren, mit denen ich viel Zeit an Bord verbracht habe. Deswegen der dicke Kopf und dieses Gefühl, dass mein Magen gleich durch den Mund heraus hüpft. Anatomisch unmöglich, aber es fühlt sich nunmal so an. Wenigstens habe ich keinen Muskelkater mehr im Lendenbereich, auch das Gehen funktioniert wieder. Also, vorausgesetzt, mein Blutalkoholspiegel beruhigt sich innerhalb der nächsten Stunden wieder. Und ich überlebe den ersten Gang zum Klo.


    Eigentlich fing diese ganze Sache mit Avanum an. Wir hatten uns zum Schießen getroffen - im Keller seines Wohnblocks haben ein paar Veteranen und er einen privaten Schießstand eingerichtet, und ich habe ihn mit dem beidhändigen Blaster dermaßen abgezogen, dass die Wette, die wir nebenher laufen hatten, keinen Spaß gemacht hat.
    Wo bleibt da die Spannung, wenn man so klar gewinnt? Also haben wir nochmal gewettet, diesmal auf unsere Ergebnisse mit dem Scharfschützengewehr. Hätten wir eine republikanische Invasion aufhalten müssen, würden wir inzwischen wahrscheinlich dem Senat ein paar Fähnchen schwenken, so schlecht waren wir beide mit diesem Ding. Aber Avanum war ein klein wenig besser als ich und hatte damit gewonnen - einen Strip und eine Massage. Schade, ich hätte ihn wirklich gerne dabei erlebt, wie er einen Tag hätte alles machen müssen, was ich ihm aufgebe, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.


    Also habe ich mir Mühe gegeben und diese Sache so gut vorbereitet wie möglich. Die Dessous haben ein ordentliches Loch in mein Finanzbudget gerissen - ich werde nie verstehen, wie so wenig Stoff so viel kosten kann? - Massageöl, die passende Musik und zwei Paar Handschellen. Denn eines hatte er bei seinem Wunsch nicht bedacht: Dass ich ihn interpretieren würde, und zwar auf eine Weise, die mir gefällt. Wenn ich mich schon im privaten Rahmen wie eine Twi'lek-Tänzerin gerieren muss, dann doch bitte zu meinen Bedingungen. Also verbrachte er sowohl den Strip als auch die Massage gefesselt. Sein überraschtes Gesicht, als ich die Handschellen herausgezogen habe, war wirklich sehr amüsant - genossen hat er die Sache trotzdem.
    Vielleicht ein bisschen zu sehr. Das Gespräch danach hat mich ein bisschen vorsichtig gemacht. Wäre ich nicht versetzt worden und die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir uns eine längere Zeit nicht sehen werden, hätte ich mich nicht darauf eingelassen, neben ihm zu schlafen. Wir hatten ganz klar ausgemacht, dass das eine Spaß-Sache sein würde, und nicht mehr. Aber vielleicht wünscht er sich etwas anderes, als er sagt? Werde ich sehen müssen in den nächsten Wochen. Meldet er sich nicht mehr, dann weiß ich Bescheid. Ich mag ihn, aber ... alles andere ist einfach nicht drin.


    Dann der Abend mit Lord Valchoun. Ich hatte ja nur seine Arbeits-Holonetadresse, also habe ich ihm eine ganz unverfängliche kleine Nachricht mit dem Thema 'ich werde versetzt und brauche ein Transportunternehmen für mein teures Swoop-Bike' geschickt. Habe mir nämlich endlich ein kleines Spielzeug geleistet, das mir die Zeit auf meinem neuen Posten vertreiben soll. Gut, damit war auch der Sold der letzten Monate weg, aber was soll ich mit dem Geld, wenn ich es am Arsch der Galaxis eh nicht ausgeben kann? Dann lieber ein Swoopbike. Und was für ein Schmuckstück! Ich bekomme jedes Mal gute Laune, wenn ich die Repulsoren starte. Manche Sachen in dieser Galaxis sind einfach von Grund auf richtig und gut.


    Auf jeden Fall meldete sich der Lord recht schnell und war bereit, sich das zu transportierende Bike am selben Tag noch anzuschauen. Und mich natürlich auch. So oft, wie in seiner Antwort das Wort 'persönlich' auftauchte, war er definitiv motiviert, mich wiederzusehen.
    Das Anschauen lief dann auf eine rasante Testfahrt hinaus, bei der ich ihm mal die gesamte Runde Raumhafen-Kaas City-Mauer-Tempestposten gezeigt habe, denn selbst fahren kann er das Bike nicht, und ich konnte seinen leuchtenden Augen sehr gut ansehen, dass er es gerne ausprobieren wollte. Was für ein beschissenes Leben muss er bisher geführt haben, in dem er sich nichtmal ein Swoopbike kaufen konnte? Weil seine Mutter ihm Vorschriften gemacht hat. Ich dachte immer, Sith könnten sich mehr erlauben. Ich hoffe doch, ich konnte ihm diesen Gedanken schmackhaft machen. Im Ernst, wer kann einen Sith-Lord schon ernsthaft daran hindern, sich ein verdammtes Swoop-Bike zu kaufen?


    Als er mir allerdings das Schiff zeigte, mit dem das Bike transportiert werden würde, bin ich dann doch vom Glauben abgefallen. Bellicus' Kampfschüssel war ja schon ein ziemlich scharfes Fluggerät, aber Valchouns Managerschleuder hat sie locker getoppt. Dickfloriger Teppich, dezente und schweineteure Holzeinrichtung, ein Bad mit einer riesigen Wanne und einer Wasserdusche, ein Aussichtsdeck - und der passende ultraschnelle Antrieb. So ein Schiff würde ich mir auch in zehn Leben nicht leisten können, aber für den CEO eines interplanetaren Logistikunternehmens ist das wohl Standard. Ich bin immernoch neidisch auf dieses Schmuckstück!
    Tja, wenigstens konnte ich die Badewanne genießen - und den Lord mit dazu. Auch mit ihm stand ein längeres Gespräch an, in dem wir abgeklärt haben, wie diese Sache laufen würde und was nicht Teil davon sein würde. Als verheirateter Mann in exponierter Stellung hat er definitiv mehr zu verlieren als ich, und es brauchte eine Weile, bis ich ihm klar gemacht hatte, dass ich von ihm weder seinen Erstgeborenen, noch seine Protektion noch sonst irgendwas will außer eben gemeinsam verbrachte, angenehme Stunden.
    Und das haben wir dann auch gemacht: Angenehme Stunden verbracht. Denn wenn dieser Lord erstmal in Schwung kommt, hält ihn nichts wirklich auf! Ich habe sein Schiff in ungefähr jeder Ecke kennen gelernt, die man kennen lernen kann. Und deswegen auch diesen elenden Muskelkater, der mich zwei Tage lang hat laufen lassen wie eine alte Frau. Wenigstens dürfte es ihm nicht wesentlich besser ergangen sein.


    Jetzt bin ich wohl bereit für den nächsten Abschnitt meines Lebens. Jaguada. Einen verdammten Außenposten am Arsch der Galaxis. Mit zwei Sith-Lords, denen ich nichtmal so weit traue, wie ich sie werfen könnte (würde ich sie denn anfassen wollen) und absolut keiner Ahnung, wie das alles weiter gehen wird. Alles nochmal auf Anfang, wie es aussieht. Ich glaube, ich schlafe lieber noch eine Runde. Ein bisschen Zeit bleibt mir ja noch.

  • ++ Mein neues Zuhause, Offiziersquartier Kaserne [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 2314 Ortszeit ++


    Willkommen in der Einöde. Anders kann man diesen Posten wirklich nicht beschreiben. Es hat so wenig mit meinem bisherigen Leben zu tun, als hätte ich beschlossen, plötzlich auf Nar Shaddaa als Nackttänzerin meinen Hintern für Hutten zu schwingen. Hier ist einfach gar nichts. Ja, sicher, seit der Ankunft des 181. Assault Batallions ist auch militärisch gesehen mehr Personal anwesend, aber es ändert nichts daran, dass dieser Außenposten einfach keine "Willbreaker" ist. Das Leben scheint hier sehr gemütlich vonstatten zu gehen, was sich schon an den Abläufen zeigt. Um 0700 Appell, geregelte Dienstzeiten, geregelte Freizeiten.
    Ich weiß schon gar nicht mehr, wann mein Leben nicht durch die Bereitschaft bestimmt gewesen ist, aber hier gibt es keine. Weil ausreichend medizinisches Personal vorhanden ist, bekommen wir freie Tage. Und abends ausreichend Freizeit.
    Wenigstens hat das Los der Versetzung mich nicht alleine getroffen - Staff Sergeant Reynold Limsharn von den Orbitallandern saß im Shuttle neben mir, als ich von Kaas nach Jaguada geflogen bin. Ein bekanntes und vor allem gern gesehenes Gesicht - wir haben auf der "Willbreaker" regelmäßig zusammen trainiert und ich bin froh, dass ich hier nicht die einzige von der Flotte bin. Die weiß, wie es läuft, wenn man über Monate hinweg auf einem Schiff sitzt, ohne zu wissen, wann man wieder Boden unter den Füßen spüren kann. Und er hat eine recht lockere Art - die vereinbarten Morgenläufe sind also nur eine logische Fortsetzung des Trainings auf dem Schiff.


    Der letzte Tag auf Kaas war entsprechend gemischt. Vormittags musste ich nochmal ran und hatte das Vergnügen, eine holonetbekannte Sith kennen zu lernen - Lord Vrynasha Everyndar, Lord Valchouns Schwester. Sie war wohl einige Wochen im Kampf vermisst gewesen und hatte mehr Zeit, als ihr lieb gewesen sein kann, auf einem Dschungelmond verbracht. Piloten und ihre halsbrecherischen Aktionen! Aber dafür, dass sie ihren Jäger auf die harte Art hatte landen müssen, war sie erfreulich unversehrt, von einigen übrigen Prellungen und seltsamen Restsubstanzen im Körper, die vom Genuss fremdartiger Früchte stammten, einmal abgesehen. Ich weiss nicht so recht, was ich erwartet hatte, aber sie war wirklich angenehm.
    Hat ihrem Bruder die ganze Sache mit mir natürlich mehr oder minder aus der Nase gezogen und mir dann, als sie sich wohl sicher war, dass ich keine durchgedrehte Irre bin, die auf sein Geld, seinen Posten oder seinen Einfluss aus ist, indirekt ihren Segen erteilt. Wären doch nur ein paar mehr Sith so nahe am Militär, dann gäbe es sicherlich eine Menge Abstimmungsprobleme nicht mehr. War auf jeden Fall ein ziemlich angenehmes Gespräch. Keine Allüren, keine Arroganz, einfach zwei Offiziere, die wissen, wie Dreck schmeckt, weil sie genug davon schon im Mund hatten.


    Abends bin ich durch die Stadt gelaufen und habe Abschied genommen. Eigentlich kotzt mich der Planet in jeder Facette an, wenn es sich nicht gerade um Kletterstrecken oder Freizeit handelt. Aber es ist dennoch mein Heimatplanet und wird es immer bleiben. in der Stadt selbst ist mir Avanum auf Patroullie begegnet - mit dem Helm hätte ich ihn gar nicht erkannt! - und wurde von ihm prompt wegen meiner Waffen kontrolliert. Ultrakorrekt im Dienst, ich hätte es nicht anders erwartet.
    Aber ich war ganz froh, dass diese Kontrolle geschah, denn nebendran standen Lord Vrynasha und ein mir unbekannter Sith - den ich ehrlich gesagt auch nicht kennen lernen will. Dieses kaputte, von der Macht korrumpierte Gesicht und die glühend roten Augen des Mannes im Schrankformat lassen bei mir alle Warnleuchten aufblinken, die man nur haben kann. Sith, die so aussehen, sind für gewöhnlich keine besonders gesunden Bekanntschaften. Dass sich diese beiden Lords dann auch noch verbal angegangen haben, hat mich zu einem schnellen Rückzug in die Nexusraum-Cantina genötigt. Wer als Offizier klug ist, geht solchen Problemherden aus dem Weg - wären Fetzen geflogen, hätte ich sie ungern abbekommen, und die Art, wie sie sich mit Worten gegenseitig erdolcht haben, war schon nahe an fliegenden Fetzen.


    Avanum kam mir etwas später in die Cantina nach. Das Schlitzohr hatte seinem Sergeant irgendeine jammervolle Story von einer Kameradin berichtet, die in ein übles Frontloch versetzt würde - klar, Jaguada ist total gefährlich, und nach den ersten fünf Minuten dort würde ich sicherlich elend zugrunde gehen. Vor Langeweile! Auf jeden Fall unterhielten wir uns noch etwas und als ich mich auf den Weg machte, wollte er noch einen Abschiedskuss. Dass er ihn nicht erhielt, hat ihm nicht gefallen, das war deutlich zu merken. Aber was erwartet er eigentlich? Dass ich freudestrahlend an diesen menschlichen Unsitten teilhabe und meine privaten Angelegenheiten öffentlich breittrete? Es ist wirklich bedauerlich, dass er das nicht versteht.


    Die Nacht danach war kurz. Der Flug nach Jaguada nicht lang genug, ich wäre am liebsten gar nicht angekommen. Aber es ist daran auch nichts mehr zu ändern. Empfangen wurden der StSgt und ich von einer Lieutenant Hawkwood, die wirklich sehr freundlich war, aber leider auch ein Sinnbild für Offiziere auf frontfernen Außenposten darstellt: Untrainiert und mit einigen Kilo zuviel auf den Hüften. Trainiert man denn auf Jaguada gar nicht? Wie sollen Offiziere mit so wenig Disziplin ein Vorbild für die Truppe sein?
    Dann die Ankunft des 181. mitsamt Captain und einer allzu jungen Frau, die wohl Tochter eines Moffs ist und sich ein Hobby auf einem Außenposten sucht. Oder sowas. Zivilisten! Es war ein schönes Bild, diese ganzen frontgestählten Männer und Frauen einrücken zu sehen. Und gleichzeitig das Schlimmste von allem, denn in einem solchen Moment vermisse ich die bekannten Gesichter von meinen Jungs und Mädels auf der "Willbreaker". Als hätte man ein Loch irgendwo im Inneren, das nicht mehr geschlossen werden kann.


    Beim abendlichen Kennenlernen am Buffet hatte ich noch die Gelegenheit, ein bisschen 'reinzuschnuppern. Allesamt scheinen mir recht kompetent und von den Einsätzen der letzten Monate ziemlich gebeutelt. Eine Einheit, die 75 Prozent Verluste auf dem Schlachtfeld hatte, hatte nicht nur Pech, sondern vor allem eine unfähige Kommandostruktur. Es ist eine Schande, diese Leute, diese Veteranen am Tisch sitzen zu sehen, vom Schmerz über verlorene Kameraden fest im Griff gehalten, und ihnen nicht mehr sagen zu können, als dass man ihr Leid verstehen kann. Wir hatten auch Verluste, aber so hohe? Ich mag es mir nicht vorstellen.
    Ich kann es mir nicht vorstellen. Es würde bedeuten, dass in meinem angestammten OP-Team von vier Mann drei tot wären. Nein, ich will mir das nicht vorstellen. Niemand sollte sich so etwas vorstellen müssen. Und das ist es auch, was uns Militärangehörige immer von den Sith abtrennen und unterscheiden wird. Sie verstehen es nicht, wie man sich fühlt, wenn man zu einer bloßen Zahl gemacht wird.


    Ich muss mit Bellicus darüber sprechen. Über Tessien. Über diese Befehlshaber, die offensichtlich nicht genug Verstand in ihren Köpfen hatten, um solche Verluste zuzulassen. Er ist wahrscheinlich der einzige, der nachvollziehen kann, wie das ist. Wie der Krieg schmeckt. Wieviele Opfer er erfordert. Wie wütend man werden kann, wenn man solche Zahlen hören muss. Momentan könnte ich einfach nur schreien. Aber es würde nichts ändern, also muss es voran gehen. Morgen gehe ich weiter trainieren, richte mich weiter in der Krankenstation ein und lerne den Rest der anderen Medics kennen. Dieser Ort macht mich innerlich so müde, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Selbst das kurze Hologespräch mit Avanum am Ende meines ersten Abends hier auf Jaguada hat die Müdigkeit nicht besänftigen können, die meinen Kopf befällt. Und der Schlaf will nicht kommen.
    Ich kann nicht einmal darüber lachen, dass Lord Durchgeknallt versucht hat, mich mit der Zuteilung zu einem Quartier 'mit Aussicht' zu ärgern. Dass zwei Meter vor meinem Fenster eine massive Felswand ist, gefällt mir nämlich ziemlich gut - es ist fast ein bisschen wie in meinem alten Quartier auf der "Willbreaker". Eben Wand. Eine echte Aussicht würde mich nur irritieren. Ich glaube, ich schicke ihr ein liebes, nettes Dankesschreiben. Und sei es nur, um ihr klar zu machen, dass sie mich kreuzweise kann und ich bereit bin, es ihr in gleicher Münze zurück zu geben.

  • ++ Mein neues Zuhause, Offiziersquartier Kaserne [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 0254 Ortszeit ++


    Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich gerne kotzen würde. Ja, ich verstehe Bellicus in seinem Bemühen, mich ein bisschen gesellschaftsfähiger zu machen. So von wegen 'Du bist die Tochter eines hohen Hauses, Du bist jemand, Du hast in Deinem Leben etwas erreicht - also benimm Dich auch so!'. Aber manchmal ist es einfach nur verdammt mühsam. So mühsam, dass ich es am liebsten machen würde wie ein unartiges Kind, das sich in voller Montur auf den Boden wirft, mit den geballten Fäusten auf den Boden eintrommelt und versucht, der Welt durch wütendes Gebrüll mitzuteilen, dass sie es mal kann. Kreuzweise.
    Aber ein imperialer Offizier macht sowas ja nicht. Auch eine Tochter aus dem Haus Va'Tharr nicht. Nein, eine Tochter aus dem Haus Va'Tharr muss zu Beleidigungen den Mund halten und höflich dazu lächeln, am Besten noch eine geistreiche Bemerkung machen, die verrät, dass sie das schlechte Benehmen anderer so überhaupt nicht kratzt. Aber ich fürchte, für diese Rolle bin ich eine totale Fehlbesetzung. Auch jetzt kocht mir noch die Galle hoch, obwohl die Sache an sich nun schon zwei Tage hinter mir liegt. Verdammt, wie viel Scheiße muss ich mir denn eigentlich noch von Sith anhören? Als Bellicus mich zum Salon des Lords Shahad Baram und seiner Gemahlin Nimaya einlud - nein, nötigte - hatte ich zwar nicht besonders viel Lust darauf, aber ich hatte mich in der Annahme, es könne ja nicht so schlimm werden, absolut getäuscht.


    Was soll einen Frontveteranen schon schrecken, der schon einmal mit einem mühsam nachgeschliffenen Messer in einem vor Dreck starrenden Schützengraben operiert hat? Nun, an diesem Abend wäre mir wahrscheinlich jeder verdammte Abschnitt der Front lieber gewesen als dieser Salon. An der Front sind die Verhältnisse wenigstens klar. Es gibt die eigenen Leute, und es gibt den Feind. Die Aufgaben sind klar verteilt, und meine ist es, die Leute am Leben zu halten, solange es geht. Möglichst so, dass sie nach dem ganzen Mist auch noch etwas von ihrem geretteten Leben haben.
    Ein Mediziner auf einem gesellschaftlichen Event ist also grundsätzlich schon eine seltsame Idee, zumindest, wenn der Mediziner eher ein Praktiker denn ein Schwätzer ist. Ich ließ mir also von Orcal meine große Gala richten und machte mich für den Abend bereit. Wenn der Sith ruft, dann springen bei uns zuhause bekanntlich alle. Und die Gelegenheit, ein paar Stunden mit Bellicus zu verbringen, würde ich mir nie entgehen lassen, selbst wenn es sich um irgendwas gesellschaftliches handelt. Wahrscheinlich schleppt er mich demnächst noch in eine Sith-Oper, aber da kann ich dann wenigstens mit offenen Augen ein bisschen Schlaf nachholen. Seit Orcal sich um meine Sachen kümmert, sehe ich aus wie ein Vorzeigeoffizier aus einem Propagandavideo. Ich weiss nicht, wie er es macht, aber er hat selbst den uralten Banthaburgersaucenfleck aus meiner Lieblingsuniform rausbekommen, sodass ich sie jetzt wieder anziehen kann. War doch keine so miese Idee von Mutter, ihn mir mitzugeben, aber ich fürchte, über kurz oder lang wird er sich hier zu Tode langweilen.


    Aber zurück zu diesem Abend. Bellicus holte mich mit seiner Fury ab und der Flug nach Dromund Kaas verlief mit angenehmen Geplauder. Natürlich wollte er alles über meine neue Stationierung wissen, und ich konnte ihm nur wenig spannendes berichten. Er selbst hatte sich schick und ausgesprochen kriegerisch ausstaffiert, aber Sith haben bei solchen Anlässen natürlich auch mehr Auswahl, und er sah wirklich sehr prächtig-kriegerisch aus. Eben genau wie die Art Veteran, die man sich mit gezücktem Lichtschwert und toten Jedi zu seinen Füßen auf Coruscant vorstellen kann. Die Gastgeber waren zunächst freundlich und empfingen uns höflich - bis auf ein wenig sinnloses Herumstehen vor dem Einlass in den Festsaal war es zunächst weitaus weniger nervtötend als erwartet. Diesen Brauch mit der Axt im Holzblock für den Saalfrieden habe ich zwar nicht so recht verstanden - wenn sich Sith gegenseitig abschlachten wollen, hindert sie auch keine in Holz gerammte Klingenwaffe daran - aber man soll ja die Bräuche anderer Häuser respektieren.
    Dann gab es Getränke, serviert von einer Unmenge Lekkuträger - und für mich eine dicke Portion verbaler Tiefschläge. Die Gastgeberin hatte beschlossen, mich mit ihrer Aufmerksamkeit zu beehren, und ganz sithmäßig fing die Unterhaltung harmlos an. Sie erkundigte sich nach meiner Karriere beim Militär, noch recht höflich nach meiner (mangelnden) Machtbegabung und dann ging es auch schon los. Ob ich es denn nicht für eine Verschwendung erachte, mein gebärfreudiges Becken dem Militär zu opfern? Ob ich denn nicht meiner Pflicht meiner Familie gegenüber nachkommen wolle, um Kinder zu gebären?


    Dieser Frau - und sei sie wegen ihres vorgerückten Alters von über hundert Jahren noch so schrullig und senil - ist es innerhalb von verdammten fünf Minuten gelungen, alles, aber auch wirklich alles in den Schmutz zu treten, was mir in meinem Leben jemals wichtig war und noch immer wichtig ist. Meine Ehre als imperialer Offizier. Mein Können als Arzt. Meine Erfahrungen an der Front. Die Tatsache, fünf Jahre Fronteinsatz unter erschwerten Bedingungen überlebt zu haben und dabei nicht durchgedreht zu sein. Die Tatsache, trotz mangelnder Machtbegabung den Kopf oben zu halten - wäre Lord Nimaya ein Offizier gewesen, ich hätte sie zuerst zum Duell gefordert und dann ordentlich verdroschen, egal ob mit Waffe oder den bloßen Fäusten. Aber nein. Einer Sith muss man vorlügen, man habe das Abendessen nicht vertragen - das ich zu dem Zeitpunkt noch nichtmal intus hatte - und auf den Gang heraus gehen, bevor man irgendwas Falsches macht, das in echten Problemen endet.
    Die Wand im Gang vor dem Festsaal dürfte inzwischen eine Delle haben, so heftig habe ich meine Faust dagegen gerammt. Der Schmerz half, den Schmerz und die Wut im Inneren wieder zu dämpfen, auch wenn es mir dieser Tragos-Abkömmling wirklich schwer gemacht hat. Ein Mann, der einen rasenden Rancor zu einem Whiskey einlädt und dann noch anfängt, von irgendwelchen Wahrscheinlichkeiten zu faseln, muss entweder ziemlich todeswillig oder ziemlich abgestumpft sein. Ich war froh, dass er irgendwann abgedampft ist, nachdem er merkte, dass ich nicht in der Lage war, mit ihm ein lockerflockiges Gespräch zu führen.


    Ein paar Shots, die mir die blonde Sklavin vom anderen Lord Tragos brachte, und eine Entschuldigung des Gastgebers halfen dann doch, mich wieder auf einen normalen Pegel zurück zu bringen. Einer der Söhne der Gastgeber soll auch nicht machtbegabt gewesen und als Major des imperialen Militärs im Krieg geblieben sein - das erklärt es, aber es entschuldigt ihr Verhalten nicht. Zumindest nicht das Verhalten von Lord Nimaya.
    Dass im nachfolgenden Gespräch Bellicus' mit dem Gastgeber auch die Andeutung fiel, dass er jede weitere Beleidigung meiner Person persönlich nehmen würde, war ein kleiner innerer Triumph. Einen Mann wie ihn würde Lord Nimaya nicht zu beleidigen wagen. Auch Lord Vrynasha war an diesem Abend anwesend, sodass die Unterhaltung an ihrem Tisch denn auch auf einem brauchbaren Level geblieben ist. Ich glaube, sie hat mitbekommen, was passiert war - wahrscheinlich hat es jeder im Raum mitbekommen. Verdammt. Dieser Gesellschaftsmist ist einfach nicht mein Ding!
    Dennoch war ich froh, relativ bald nach dem Geschehen abhauen zu können. Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal so rot gesehen habe, dass ich dachte, ich müsse vor Wut platzen. Aber es ist schon eine ganze Weile her, sonst wüsste ich das letzte Mal noch. Dieser Abend wird mir jedenfalls deutlich in Erinnerung bleiben.


    Glücklicherweise wusste Bellicus auf dem Rückflug sehr genau, was er sagen musste, um meinen Schmerz zu dämpfen. Er hat sich sogar dafür entschuldigt, mich auf diesen Abend mitgeschleppt zu haben, dabei kann er nicht einmal etwas für das Benehmen dieser ...Frau. Nein, auf ihn war ich wirklich nicht böse, und das könnte ich auch wohl nie. Dafür verbindet uns zu viel. An diesem Abend über die vergangenen Jahre zu sprechen, in denen er mein Leben durch seine Besuche bereichert hatte, Erinnerungen aufleben zu lassen, die ich mit sonst niemandem teilen kann, hat mir sehr gut getan. Auch seine Worte darüber, dass er auf das stolz ist, was ich aus meinem Leben gemacht habe, halfen mir sehr. Es schmerzt nicht mehr, was gesagt wurde, nur die Wut darüber bleibt mir noch. Vergessen werde ich Lord Nimayas Worte nicht, aber auch nicht die Worte Bellicus'. Und wenn mir wieder so etwas geschieht, wovon ich ausgehe, hoffe ich, dass mir die Worte Bellicus' deutlicher in den Ohren klingen als die von Lord Nimaya.
    In dieser Nacht konnte ich wenigstens schlafen, kein Traum, kein garnichts. Ob es an seinen Worten lag oder an der inneren Erschöpfung nach großem emotionalem Aufruhr, oder an der Tatsache, dass ich wieder auf einem Schiff schlafen durfte, wohl wissend, dass zwischen jeder Gefahr für mich Bellicus stehen würde, kann ich nicht sagen. Aber ich konnte schlafen. Tja, und nun liege ich wieder hier in meinem Quartier mit Aussicht und warte darauf, dass der Schlaf kommt. Die Gedanken kreisen müßig und eigentlich bin ich wirklich müde. Im Inneren müde. Aber der Schlaf kommt nicht.

  • ++ Mein neues Refugium, Offiziersquartier Kaserne [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 0327 Ortszeit ++


    Ich liege auf meinem Bett und starre die Decke an, beobachte das Kreisen der Planeten, wie ich es schon tausende Male davor getan habe. Inzwischen besteht das kleine Holomodell, welches Bellicus mir vor vielen Jahren geschenkt hat, zwar aus mehr Ersatz- als Originalteilen, aber das tut der Wirkung keinerlei Abbruch. Es ist ein Kinderspielzeug, mit dem Nachwuchsimperiale lernen sollen, welche Planeten sich um Dromund Kaas herum befinden und wie diese im System selbst angeordnet sind, für mich war es früher immer das Versprechen von Freiheit. Ich höre auch heute seine Stimme noch, wie er mir die Namen der einzelnen Planeten nannte und mir irgendwelche blutigen Kampfgeschichten erzählte, die er hier und dort erlebt hat.
    Es ist wahrscheinlich verrückt, dass ich mir als Kind so manchen Planetennamen vor allem deswegen merken konnte, weil er in Bellicus' Geschichten vorkam. Und heute? Heute starre ich an die Decke, folge den Kreisen der kleinen Holoplaneten im dunklen Zimmer mit meinem Blick und wünsche mir, ich könnte noch einmal dort sitzen, ihm mit großen Augen zuhören und mir vorstellen, wie er heldenhaft irgendwelche Jedi, Republikaner und sonstiges Gesocks bekämpft. Es war so viel einfacher damals. Heute sitzt niemand neben mir und lässt tröstliche Geschichten mit Helden und Schurken vor meinem geistigen Auge ablaufen, in denen man ganz genau weiss, wer der Held und wer der Schurke ist. Heute steckt in jedem wohl ein bisschen Held und ein bisschen Schurke, und die Galaxis ist viel komplizierter geworden.


    Seit ich auf Jaguada stationiert bin, besteht mein Leben aus Tiefschlägen. Einer nach dem anderen, gut gezielt, und jeder ein Volltreffer. Wenn das eine Lektion sein soll, die mich auf irgend etwas hinweisen soll, was in meinem Leben falsch läuft - von der Tatsache abgesehen, dass ich mich nicht mehr gegen die Versetzung gewehrt habe! - wäre es so langsam wirklich nett, wenn mir irgendwer sagen könnte, worum genau es geht. Was ich so abartig versaut habe, dass ich mir diesen Kübel Banthamist jeden Morgen aufs Neue über den Kopf kippen darf.
    Nach dem abartig beschissenen Salon dieser klapprigen Lords vom Haus Baram ging es natürlich in genau dieser Art und Weise weiter. Eine Zweiundsiebzigstundenmission führte mich auf einen Republikanerasteroiden mit Mine darin - natürlich nicht alleine, es war die erste Zusammenarbeit mit den Leuten von der 181. - und die hat auch gleich gezeigt, dass die Einsatzplanung ein paar Details offensichtlich total verpennt hatte. Unter anderem, dass die 181. eine klassische Infanterieeinheit mit absolut null, zero, garkeiner (!) Erfahrung mit Missionen im Nullgravbereich ist.


    Glücklicherweise war Limsharn mit dabei und MSG Blex klug genug, als Kommandierender auf die Erfahrungen des Landers zurück zu greifen. Ansonsten hat sich Blex gut geschlagen, und die anderen aus seiner Truppe auch - die echten Ausfälle kamen natürlich durch die Sith. Zunächst diese total hirnrissige Einsatzbesprechung, bei der sich Sith Kurai und Sith Crorvirr gegenseitig das Heft aus der Hand gerissen haben und schließlich schmollend auf der Raumstation zurückgeblieben sind - genau so hebt man die Moral von Soldaten bis in schwindelerregende Höhen. Vor allem, wenn man bei berechtigten Einwänden von einem Sith-Rotzlöffel frisch von der Akademie Sprüche wie 'Ihr solltet Euch klar darüber sein, dass Ihr dem Imperium Euer Leben schuldet' gedrückt bekommt. Sag bloß! Als ob man das als Veteran, der fünf Jahre an der Front verbracht hat, nicht irgendwann wüsste.


    Ziel dieser haarsträubenden Mission war es nämlich, einen - ja, richtig gehört, EINEN EINZIGEN - Lichtschwertkristall für den Sith Kei'mactar zu erbeuten. Einen verdammten Lichtschwertkristall! Ein solcher Aufwand mit Truppenmaterial, unnötigem Risiko und hochqualifizierten Fachleuten für einen einzigen Kristall, für einen Sith, der bereits ein Lichtschwert besitzt und es benutzen kann? Der sich, weil er keine Ahnung hatte, wie er seinen Raumanzug richtig einstellen sollte, damit fast umgebracht hat - und natürlich auch zu stolz gewesen ist, im Vorfeld um Hilfe zu bitten. Es gibt so Momente, da bin ich schon sehr in Versuchung, auf gewisse Displayanzeigen einfach nicht zu achten... aber nein, ich bin ja pflichtbewusst. Ein durch eigene Dummheit verreckter Sith macht sich zudem im Einsatzbericht nicht so gut.
    Wenigstens lief die Mission ohne große Fehlschläge ab - wir haben uns an die Mine herangepirscht, sind ohne Kampf reingekommen und auch wieder heraus, natürlich mit dem blöden Kristall, und die beiden Zivilisten, die wir in der Mine aufgestöbert hatten, haben den Spaß auch überlebt. Trotz Hysterie und akuter Angst vor Sith bei der weiblichen Zivilistin - aber es gibt nichts, was ein gutes Beruhigungsmittel nicht ändern könnte. Jedenfalls haben wir es lebendig zurück geschafft, und das mit einer gehörigen Portion Glück vor allem.


    Ich will mir gar nicht ausmalen, was alles hätte schieflaufen können - ein einziger Kampf und wir hätten sehr viel Spaß bekommen. Die Kampfbedingungen im Nullgravbereich sind einfach so unterschiedlich zu allem, was man mit Schwerkraft gewöhnt ist, dass die Umstellung über Monate geübt werden muss. Ich habe mich damit damals auch nicht gerade leicht getan, vor allem nicht mit medizinischen Behandlungen im luftleeren Raum - dass die ursprüngliche Einsatzplanung auf solche Details nicht einmal eingegangen ist, zeigt einen erschreckenden Mangel an Grundwissen, der im Zweifel sinnlos gut ausgebildete Leute und teures Material gefährdet.
    Und ja, ich gebe zu, es war durchaus befreiend, solche Details in meinen Einsatzbericht aufzunehmen, auch wenn es sicherlich Ärger deswegen geben wird. Ich hätte ja zu gerne auch Limsharns Bericht gelesen, denn dessen Laune war wie auch die meine nach diesem kleinen Ausflug auf dem Nullpunkt, aber so weit reichen meine Berechtigungen leider nicht. Und direkt fragen ist ja auch unfein ..


    Der nächste Tiefschlag war dieses Treffen mit Sith Cuyan Tragos. Wieder einer auf der Liste der wahrscheinlich grauenhaftesten Heiratskandidaten der Galaxis. Kennengelernt hatte ich ihn ja auf dem Salon von Haus Baram - er war der Todesmutige mit dem Whisky - und war demzufolge schon ein bisschen vorgewarnt. Dass sich daraus das mit Abstand seltsamste Date meiner gesamten Datingkarriere entwickeln würde, hätte ich nun auch nicht erwartet.
    Zum einen brachte er seinen Wachdroiden mit, dessen Statistikoutput doch ziemlich seltsam war. Wer lässt sich schon bei einem Date vorrechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit auf leidenschaftliche Küsse ist? Danach war sie jedenfalls bei Null. Gut, davor auch, wenn ich ehrlich bin, denn mit Sith Cuyan verbindet mich so gut wie gar nichts. Noch nichtmal irgendwo ein aufgeknisterter Funke oder was in der Art.


    Man kann mit ihm ganz annehmbar über Genetik und Biologie sprechen, aber nicht in einem erotischen Kontext oder gar der Richtung, die meine Mutter sicher gern gehabt hätte. Ausserdem war auch er nicht unbedingt begeistert von der Aussicht, sich eine Frau suchen zu sollen - eigenen Worten nach sei er eher auf der Suche nach etwas Kurzfristigem. Zumindest wenn sein eher angestaubter Gelehrten-Charme bei einer Frau irgendwie zündet - bei mir hat es jedenfalls nicht funktioniert.
    Bin wohl eher die handfesten Macher gewöhnt als die theoretisierenden Denker. Bei Sith Cuyan hätte ich zudem die Befürchtung, dass er mir im Bett erst einmal eine Vorlesung über die Grundbegriffe der Erotik hält, bevor es zur Sache gehen darf - nein danke! Ich kann ihm nur wünschen, dass er in der Zukunft mehr Glück mit seiner Suche haben wird. Was ich von meinen künftigen Kandidaten erwarten darf, weiss ich ja schon ein wenig länger. Irgendwie graut mir vor dem nächsten Treffen dieser Art.


    Tja, und der dritte und letzte Tiefschlag war dann die Einsatzbesprechung vor zwei Tagen. Geleitet von Lord Durchgeknallt, die prompt in einer blütenweißen Uniform aufgetaucht ist. Ob das nun ein Versuch war, sich mit den Truppen zu solidarisieren oder ein Ausbruch irgendeiner modistischen Grausamkeit, ich weiss es nicht - aber einen Zivilisten, selbst wenn er Sith ist, in der Uniform zu sehen, war schon ein starkes Stück. Aber das war ja nur der Anfang. Die neue Mission wird uns gegen einen abtrünnigen Sith-Lord samt Gefolge und Militär führen, der einen wirklich abartigen Hang zu Massakern zu haben scheint - soweit kein Problem.
    Der Knackpunkt war, dass uns Lord Durchgeknallt die Sache so vorgestellt hat, als müssten wir gleichermaßen unter Militärs und Zivilisten auch aufräumen - zumindest auf den ersten Blick. Captain Thrace hat, wie es nunmal die unschöne Aufgabe eines Offiziers in einem solchen Fall ist, sowohl die Legitimation als auch die Mission selbst in Frage gestellt. Nur mit dem kleinen Formfehler, das vor Mannschaftern, Unteroffizieren und Offizieren zu tun.


    Das gab natürlich gleich brennenden Boden, denn wenn Sith eines für gewöhnlich absolut nicht leiden können, dann ist es in irgendeiner Form das Gesicht zu verlieren - und Lord Durchgeknallt scheint mir in dieser Hinsicht nicht die Geduldigste. Sie hat prompt uns alle rausgeworfen und Thrace etwa eine Standardstunde lang rund gemacht. Das Ergebnis war, dass die 181. jetzt aus der Mission 'raus ist, was ich wirklich bedaure, und Thrace wahrscheinlich jetzt richtig Probleme am Hintern hat. Entweder der Mann hat eine wirkliche Portion Heldenmut - manche würden es auch gerne als Todessehnsucht bezeichnen - oder aber ihm war nicht bewusst, dass bestimmte Sachen nur im kleinen Kreis erörtert werden sollen. So oder so, eine beschissene Situation.


    Ich respektiere ihn für seinen Mut, einer Sith so gegenüber zu treten. Andererseits könnte ich ihm wirklich in den Hintern treten, denn das Ganze hätte so nicht ausgehen müssen. Nicht mit diesen Folgen, denn ich bin mir sicher, dass Lord Durchgeknallt von der Sache nicht begeistert ist und sich solche Dinge auch eine Weile merken wird. Sith sind bei Respektssachen wie rohe Eier, da bildet auch mein werter Familienanhang keine große Ausnahme. Gut, bis auf Bellicus, aber ich würde vermuten, wären wir nicht miteinander verwandt, wäre er mir gegenüber auch nicht so geduldig. Oder erfreut von offenen Worten.
    Und wieder will der Schlaf nicht kommen. Zuviele Gedanken, zuvieles, das offen ist. Ich vermisse mein Schiff, das mir in den letzten fünf Jahren ein Zuhause gewesen ist. Limsharn scheint es nicht viel anders zu gehen - sein Gesicht nach der missglückten Besprechung sprach Bände. Und man kann sich nicht alles schönsaufen oder ignorieren. Wenn man erstmal bis zum Hals in Banthamist steckt, riecht man ihn zwangsläufig irgendwann mal. Auch wenn es der SSG sicherlich noch einen Tacken schlechter getroffen hat als ich derzeit - mich will zumindest niemand als Zuchthengst für die Frauen in seinem Gefolge zwangsrequirieren, wie es Lord Durchgeknallt bei ihm derzeit versucht. Sollte sie wirklich eine Fertilitätsuntersuchung für ihn anweisen, muss ich mir wohl was in Richtung eklige fiese Genmutationskrankheit einfallen lassen ...

  • ++ Dach der Kaserne [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 0448 Ortszeit ++


    Sonnenaufgang auf Jaguada. Es nieselt mal nicht und hier oben ist es still. Friedlich, könnte man meinen. Den fehlenden Aschespuren nach zu schließen hat Captain Thrace keinen Aufstieg gefunden - Kunststück, es gibt auch keinen öffentlichen, den man einfach so benutzen könnte. Warum sonst sollte ich Klettereisen in die Wand schlagen, wenn es eine Treppe gäbe? Hierher kommt man nur durch den Wartungsschacht und ich glaube, dass Thrace nicht zu denen gehört, die wirklich alles ausprobieren, solange sie unschlüssig sind, was es bringt. Wobei, jetzt eine Zigarre, es würde passen. Zur Aussicht, zur Stimmung, zur Stille. Um diese Zeit ist in Fort Asha nicht viel los. Ich bin alleine mit den Überwachungskameras und den periodisch durch das Fort patroullierenden Soldaten, die derzeit nahezu vollständig von der 181. gestellt werden. Strafdienst wegen der schief gelaufenen Besprechung neulich. Der dritte Tiefschlag.


    Wenn man sich die Welt von hier oben anschaut, sieht sie so ruhig aus. Kein Vergleich zu dem, was hier tagtäglich abläuft. Keine Aussicht darauf, welche Überraschungen mein Leben derzeit für mich bereit hält. Heute ist mir mein Quartier zu eng geworden. Nicht einmal die kreisenden Planeten haben mir den Schlaf gebracht, also bleibe ich wach. Es hält die Träume fern, und die Erinnerungen sind weniger rot. Sie gehen davon nicht fort, aber meine Gedanken halten sie im Zaum. Die Erkennungsmarken in meiner Hand sagen mir deutlich, dass ich mich erinnern muss, um manches in der Zukunft anders zu machen. Jedes einzelne Zeichen Aurebesh, das einen allzu vertrauten Namen formt, jeder Kratzer auf dem Metall wispert mir diese Erkenntnis zu. Ich weiss nicht, was er sagen würde, aber wahrscheinlich wäre er irrational stolz. Und würde dann mit mir darüber lachen, wieviele Stapel Flimsi jeder neue Job mit sich bringt.


    Aber zuerst zu den Tiefschlägen. Nummer vier kam unerwartet und tat mehr weh, als ich es gedacht hätte. Diese Wunde sollte doch langsam verheilt sein, aber vielleicht heilen manche Wunden nie. Ich hätte wissen müssen, dass irgendwas nicht stimmt, als mich Avanum bei meinem Besuch in seiner Wohnung bat, mein Com zu deaktivieren. Alles, was mich irgendwie ortbar machen würde. Es passte nicht zu unserem bisherigen lockeren Umgang, zu den unbeschwerten Stunden zweier Kameraden, die sich ein bisschen amüsieren. Und der Treffer saß: Er gestand mir seinen neuen Job, und was er mit sich bringen würde. Ehrenvoll? Nicht wirklich. Notwendig? Wahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass sie wohl einen Verräter in ihren Reihen hatten, der zu spät entdeckt wurde.
    Aber warum er? Warum die gierigen Spinnenfinger des Geheimdienstes und der verdeckten Taktiken in seinem, und jetzt auch meinem Leben, die natürlich prompt etwas heraufgewühlt haben, über das ich sonst nicht spreche. Ein Eignungstest der besonderen Art. Ich hätte ihn am liebsten geschlagen in diesem Moment, ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen und niemals wieder geöffnet. Hätte er doch geschwiegen und diesen Dreck für sich behalten, der nun immernoch wie ein stinkender Haufen Banthascheisse in einer Ecke herumliegt und sich durch seinen fauligen Geruch immer wieder in mein Bewusstsein schiebt.


    Doch hätte er geschwiegen, und ich hätte es irgendwann heraus gefunden, es wäre nicht besser gewesen, eher schlechter. Was kann ich ihm überhaupt noch sagen? Muss ich befürchten, dass jedes despektierliche Wort über Vorgesetzte und nervtötende Sith irgendwo landet, wo es nicht hingehört? Er sagt, ich könne ihm vertrauen und die Sterne wissen, in einem gewissen Maß tue ich das auch. Aber ich weiss auch, was imperiale Verhörsonden tun können, wenn irgendwer irgendwas wirklich erfahren will. Wie sie den Willen zu brechen imstande sind. Und das ist noch harmlos gegenüber dem, was Sith tun können, wenn sie es wollen. Warum nur hat er das getan? Warum nicht diesen Leuten sagen, dass er mit solchen Schmutz nichts zu tun haben will?
    Aber er hat sich entschieden, und nun ist es, wie es ist. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiss es einfach nicht. Wenn wir uns sehen, versuche ich, nur ihn zu sehen und nicht seinen neuen Job. Aber es ist schwer, und die Träume sind mit seinem Namen zurückgekehrt. Diese Träume. Und es gibt niemanden, der mir hier einen Rat geben würde. Bellicus würde ihn wahrscheinlich töten. Limsharn mir raten, ihm aus dem Weg zu gehen. Und ... wen sollte ich sonst fragen? Meine Mutter?


    Dann der fünfte Tiefschlag, und wieder einer, den ich nicht erwartet hatte. Meine Reflexe gegenüber unvorhergesehenen Entwicklungen scheinen inzwischen irgendwie abgestumpft. Oder es ist dieses verdammte Zivilistenleben in einem verdammten Außenposten irgendwo am Arsch der Galaxis. Im Einsatz ist alles klarer. Man weiss, was zu tun ist. Und da ist auch kein Schreibtisch, der sich von unbearbeiteten Aufgaben nur so biegt, und keine Abteilung, der ein neuer Offizier vorgesetzt wurde, der diesen Job nichtmal haben will. Tja, ich bin jetzt Abteilungsleiterin. Ich, die in einem OP zur Bestform aufläuft und unter Beschuss am ruhigsten arbeitet. Mich haben sie an einen Schreibtisch gesetzt, damit ich die Medizinische Abteilung von Fort Asha auf Kurs bringe.
    Hundert Mann Sollstärke, dreiundsechzig Iststärke. Und viele neu an Bord, nein falsch, am Boden. Wenn das irgendeine krude Art Rache von Lord Durchgeknallt dafür ist, dass ich nicht zu allem freudestrahlend mein placet gebe, dann hat es funktioniert. Ich fühle mich hier so falsch wie schon lange nicht mehr, aber wenn ich mit meinen nun recht vielen Untergebenen umgehe, dann dürfen sie das nicht merken. Sie müssen einen Offizier sehen, der auf so gut wie alles eine Antwort hat, selbst wenn es nicht so ist.


    Glücklicherweise sind die Leute fähig. Habe diese Woche eine längere Unterhaltung mit Lieutenant Dr. Vallree geführt, die mich sehr beruhigt hat. Sie hat die richtige Einstellung, und was noch wichtiger ist, den richtigen Humor. Genug Fronterfahrung, um souverän zu wirken und es hoffentlich auch zu sein. Und dieses Blitzen in den Augen, das mir verrät, dass sie voll dabei ist. Ich denke, ich kann auf sie bauen, was Unterrichtseinheiten angeht, und sie bringt eigene Ideen mit ein. Wenn es so mit ihr weiter geht, wie es begonnen hat, wird sie ein Bollwerk in dieser Abteilung sein. Ein Lichtblick in diesem Tiefschlag, aber so ist das Leben ja immer: Es tut so, als wäre alles gar nicht so schlimm. Um einen dann bei der nächsten Gelegenheit umso mehr in den Arsch zu treten.


    Wenigstens ist eine Sache kein Tiefschlag - die Vorbereitungen für die Trauerfeier laufen und es werden immer mehr, die sich daran beteiligen. Wenn ich bedenke, dass diese ganze Sache ursprünglich von meinem Schreibtisch stammt und jetzt so weite Kreise zieht, dass drei Einheiten, eine davon extra eingeflogen aus Kaas, daran beteiligt sind, freue ich mich ganz still für mich. Ein besseres Andenken kann man den Gefallenen nicht geben. Mutter würde es anders beurteilen, das weiss ich - für sie zählt nur, dass man möglichst viele Leute nach seiner Pfeife tanzen lassen kann. Daran gemessen müsste sie wohl frohlocken, wüsste sie von alledem, aber ich habe ihr nichts erzählt. Ihre Gedanken an Macht und Beherrschung würden das Andenken entweihen, um das es eigentlich geht. Die Trauer beschmutzen, die so real ist, dass ich sie in vielen Gesprächen noch immer greifen kann. Captain Thrace organisiert die Paradeübungen. Drei Kommandanten schreiben kurze Reden zu den Heldentugenden. Einfache Soldaten überlegen sich, welche Namen von Gefallenen sie nennen werden. Welchen ich ausspreche, weiss ich schon. Ansonsten werde ich in der Menge stehen, mitmarschieren und ein Teil des Ganzen sein. Mehr muss es nicht sein. Mögen sich die Kommandanten das Lametta für eine gelungene Veranstaltung abholen - wenn auch nur ein einziger einen gewissen Trost fühlt, dann war die Feier nicht umsonst.
    Das Gespräch mit Lord Tragos, für das ich extra nach Kaas geflogen bin, scheint ihn überzeugt zu haben, das 17. Sturmregiment zu beteiligen. Diesen Sith kann ich nicht so recht fassen - auf dem Salon wirkte er wie ein Kriegerprolet, der sich seiner Macht nur allzu bewusst ist und sie anderen gerne unter die Nase reibt. Die typische maskierte Sithfresse, in die ich einfach nur hinein prügeln und mich danach besser fühlen möchte. Und solche Tendenzen hatte ich während des Besuches durchaus auch. Aber er scheint verstanden zu haben, worum es mir geht. Wie das Leben als Soldat ist, und was es mit sich bringt. Warum auch Trauer wichtig ist. Warum man manchmal lindern muss, anstelle Härte zu zeigen.


    Ein Verständnis, das Lord Durchgeknallt leider noch vollkommen abgeht. Wenigstens scheint der Eklat bei der Besprechung auch bei ihr Spuren hinterlassen zu haben, denn kurz nach meiner Beförderung bat sie mich zum Gespräch. Wir haben uns sehr lange über den Umgang zwischen Sith und Militärs unterhalten, und auch darüber, wie Kritik geübt und aufgenommen werden sollte. Und ja, sie war verständnisvoll. Ich hoffe wirklich, dass ich ihr die Sachen so erklären konnte, dass es auch für einen Nichtmilitär verständlich wird, der mit Soldaten nie wirklich zu tun hatte.
    Ich kam mir manchmal vor, als gäbe ich einen Grundkurs über den Umgang mit Militärangehörigen - vor einer eifrigen Zuhörerin, während Lord Eiswürfelpinkler mitsamt beider Nachwuchs auf dem Schoß nebendran saß und wirkte, als würde er gleich einschlafen. Es war aufschlussreich, und ich hoffe, es hilft in Zukunft unnötige Zusammenstöße zu vermeiden. Dass sie mir auch sagte, wofür die dritte Phiole Blut gedacht ist, lässt mich vermuten, dass es ein ernst gemeintes Gesprächsangebot war. Sith geben einem niemals etwas ohne Zweck. Wir werden sehen, was der Preis ist - oder habe ich ihn mit dem neuen Job bereits gezahlt?


    Und das führt mich zu einer weiteren Auswirkung der schief gelaufenen Besprechung: Mein Gespräch mit Captain Thrace, dem traurigen Helden der ganzen Angelegenheit. Held, weil er eigentlich verdammt viel Mumm hat. Traurig, weil ihm die Traurigkeit folgt wie eine bereitwillige Liebhaberin, allzu gierig darauf, ihn in ihre Arme zu schließen. Er ist jünger als ich und das Gespräch hat mir eines gezeigt: Thrace trägt schwer an seiner Verantwortung, vielleicht zu schwer. Unvorbereitet auf einen Posten befördert, der eigentlich viel mehr Vorarbeit benötigen würde. Alle seine Gedanken sind auf die Vergangenheit gerichtet, und auf das, was er verloren hat. Nicht auf die Zukunft, in der er so dringend benötigt wird.
    Es wird ein hartes Stück Arbeit werden, ihn aus dieser Haltung herauszubringen, und ich fürchte, ich werde ihn ziemlich treten müssen, damit das gelingt. Sonst scheint es derzeit keiner zu tun. Kann man nur hoffen, dass Lt. Hawkwood ihm nicht dauernd die kalte Schulter zeigt, eine Runde heftiger Bettsport wäre wohl dringend nötig, dass dieser Mann mal wieder ein bisschen entspannter und lockerer wird. Und er ist nicht die einzige brennende Baustelle in diesem Fort. Es wird heller, und ich muss mich langsam in die Sportkleidung werfen, um Limsharns Morgenlauf nicht zu verpassen. Zurück in die Routine, die etwas tröstliches hat. Und zurück zur Arbeit. Es gibt so viel zu tun. Manchmal hätte ich auch gerne eine Fury, und würde gerne so durch die Galaxis reisen wie Bellicus. Wenn er wieder mal davon anfängt, dass Sith viel weniger frei wären, als es den Anschein hat, dann zeige ich ihm mal den stetig wachsenden Stapel Flimsikram auf meinem Schreibtisch!

  • ++ Mein neues Refugium - Offiziersquartier Kaserne [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 0503 Ortszeit ++


    Noch zwei Tage. Ich stelle zu meinem inneren Entsetzen fest, dass ich nervös bin. Ziemlich nervös sogar. Und das mir, die daran gewöhnt ist, unter schwierigsten Bedingungen mit ruhiger Hand ein Skalpell zu führen und Leben zu retten! Momentan schlägt mir immer wieder das Herz bis zum Hals herauf (auch wenn das natürlich anatomisch absolut unmöglich ist) und der Gedanke an den kommenden 6. Tag der Woche lässt mir dezent den Schweiß ausbrechen. Eigentlich sollte ich über so etwas wirklich hinweg sein, aber das nervöse Flattern kehrt hartnäckig zurück. Und alles nur wegen dieser verdammten Trauerfeier! Jetzt hat es eindeutig den Moment erreicht, an dem ich mir wünsche, ich hätte den Plan dazu nie entworfen und wäre auch niemals so dahinter her gewesen, dass die Sache stattfindet. Habe ich schonmal erwähnt, dass ich Formaldienst hasse?


    Dass dieses Reihe-marschieren Scheisse ist? Und dass es noch viel scheissiger ist, einer Reihe voran gehen zu müssen, darauf achten zu müssen, dass alle im richtigen Tempo folgen können und ich mit meinem Nebenmann gleichauf bleibe? Ich bin wahrscheinlich der einzige Offizier in diesem ganzen Militärapparat, der bei einer Gelegenheit, ganz vorn zu laufen und sich vorteilhaft zu präsentieren, nicht laut 'Hurra!' schreit. Bei mir greift derzeit eher ein veritabler Fluchtreflex.


    Lieutenant Thun vom 17. Sturmregiment Kaas - mein Nebenmann bei der Parade - wirkt viel eher wie ein Fels in der Brandung, als müsste er diesen Schwachsinn jeden Tag machen. Ich wünschte, ich könnte es ebenso locker sehen! Aber meine letzte Parade ist eine halbe Ewigkeit her, und ich hatte dabei das große Glück, in der Masse unterzugehen, weil ich damals noch nicht hoch genug im Rang war, um irgendwo herum zu stehen. Als Arzt kommt man irgendwann nicht mehr so unbedingt in den Genuss solcher Propagandarunden unter den wachsamen Blicken der jeweiligen Kommandanten.


    Ich komme mir so blöd dabei vor, einer Reihe an Vollzeitsoldaten vorzuturnen, die das alle wahrscheinlich sehr viel besser hinbekommen als ich es überhaupt will. Wenigstens ist es bald vorbei! Und nach dem Herumlaufen kommt der eigentliche, entscheidende Teil. Der, weswegen ich dieses ganze Ding überhaupt angestoßen habe. Das Memento Mori, das Totengedenken. Wenn wenigstens dieser Teil so funktioniert wie es geplant war, dann bin ich zufrieden. Vielleicht werden es dann auch weniger Träume. Weniger Bilder, weniger von allem ... Selbst wenn ich mich vor den Kommandanten von gleich drei Einheiten bis auf die Knochen blamiere, falls ich ein Haltekommando überhöre. Schade, dass Bellicus nicht dabei sein wird - vielleicht hätte ihm die Feier sogar gefallen. Er ist sehr für Kriegerehre, und was gibt es ehrenvolleres als den Tod für eine Sache?


    Wenigstens hat sich Limsharn über sein Geschenk gefreut. Habe ihm aus dem Militärshop (wo auch der Plüsch-Harrower für Lord Shivas' Nachwuchs her ist) einen Zigarrenanzünder in Duragan-Optik mitgenommen. Ich glaube, ihm geht es derzeit nicht viel anders als mir. Total entwurzelt, irgendwo stationiert, wo alles anders ist als das, woran man sich gewöhnt hat. Es ist eben ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Geschehen auf einem Schiff und einem Außenposten, den man jederzeit verlassen kann, wenn man ein bisschen frische Luft braucht. Das ist auf der 'Willbreaker' nicht so leicht möglich gewesen, und deswegen lief die Gruppendynamik auch ganz anders als es hier in Fort Asha der Fall ist. Mir scheint es bei so vielem inzwischen vor allem darum zu gehen, wer mit wem was hat und wie sich das auf den Dienst auswirkt. Die Animositäten zwischen Captain Thrace und Lieutenant Hawkwood sind ein gutes Beispiel. Habe schon überlegt, ob ich die beiden nicht einfach gemeinsam in eine Abstellkammer sperren und so lange gefangen halten soll, bis sie sich endlich mal von ihren Problemen freigestoßen haben.


    Ist ja wirklich ein Trauerspiel, wie sehr man sich gegenseitig im Weg stehen kann. Für solche Kinkerlitzchen hätte man auf einem Schiff keine Zeit. Entweder es funktioniert, oder es funktioniert nicht, und das war's. Man muss sich auf irgendeinen Weg des gemeinsamen Auskommens einigen, weil man sich zwangsläufig immer und immer wieder begegnen wird. Aber gut, nicht meine Sache, sie sind beide erwachsen. Sie sollten es irgendwie hinbekommen, zumindest darf man das von Führungsoffizieren erwarten.


    Limsharn und ich sind überein gekommen, das die Zivilistenkrankheit zu nennen, dieses Überemotionale. Wenigstens einer in diesem Haufen weiss, wie die Sache zu laufen hat: Im Dienst macht man seinen Dienst, und die Freizeit geht ansonsten niemanden etwas an, vor allem nicht das, was hinter geschlossenen Türen passiert. Ich achte nicht umsonst darauf, meine Arbeit und meine Freizeit so weit wie möglich zu trennen, auch wenn es nicht immer so klappt wie geplant. Aber auch dann sollte man einen Weg finden.
    Doch das ist nicht alles, was uns beiden Flottenschweinen derzeit im Magen liegt. Die Besprechung in der letzten Woche war mal wieder ein Ausblick auf eine Mission, bei der wir ausser Spesen und drei (immerhin sind es diesmal drei, nicht nur einer!) Lichtschwertkristallen nichts gewinnen werden. Auf einem verdammten Lavaplaneten, auf dem wir die Vorkommen in einer Höhle finden müssen. Ich habe schonmal erwähnt, dass Lord Durchgeknallt anscheinend eine Vorliebe für die Verschwendung von Ressourcen hat? Finde immernoch, wir sollten versuchen, die Kristalle bei den Hutten auf dem Schwarzmarkt zu kaufen und das restliche Geld sowie das unnötige Risiko zu sparen - aber ich glaube, der Vorschlag kam nicht ganz so gut an.


    Mal ganz davon abgesehen, dass wir beide nun so langsam aus dem spannenden Teil des Jobs heraus rutschen, hin zu mehr und mehr Flimsikram. Limsharn hat noch deutlich mehr Glück, weil er die Karriereleiter noch nicht so weit hochgestolpert ist wie ich, aber ich glaube, er weiss sehr genau, was ihm blüht; dafür hat damals schon Corrdis gesorgt. Hätte nie gedacht, dass der alte Drachen auf Jungfleisch abfährt - andererseits, ich kann sie gut verstehen, er ist ja durchaus was für's Auge.
    Tat jedenfalls gut, mal wieder über die alten Zeiten zu sprechen und das Gefühl zu bekommen, dass ich nicht die einzige bin, die sich hier fehl am Platz fühlt. Hätte nicht gedacht, dass es ihn auch runterzieht, aber was ein echter Lander ist, zeigt anderen nicht, wie es Innen aussieht. Manche in diesem Stützpunkt könnten sich an ihm wirklich ein Beispiel nehmen ...


    Tja, und dann nochmal Kaas wegen der Feier. Wieder ein Gespräch mit Lord Tragos. Irgendwann wird mein Kopf platzen wegen diesem Kerl, dessen heimliches Hobby es zu sein scheint, mich zu provozieren und zu versuchen, mich auf jede erdenkliche Art aus dem inneren Gleichgewicht zu bekommen. Ich fürchte, es hat etwas mit diesem unseligen Abend auf Lord Barams Salon zu tun - dass ich mich damals so unglaublich geärgert habe, scheint er sich gemerkt zu haben und versucht jetzt herauszufinden, ob es ihm gelingt, mich so weit zu bringen, dass es wieder passiert.
    Oder welchen Grund auch immer er sonst haben mag - bei Sith weiss man das ja nie. Irgendwann ramme ich ihm noch die Faust ins Gesicht, und zwar genau dann, wenn er es am wenigsten erwartet. Offiziere sind schließlich auch für Überraschungen gut! Vor allem reinblütige Offiziere ...


    Habe gestern noch eine neue Erfahrung meinem reichhaltigen Schatz hinzufügen dürfen, auf die ich eigentlich verzichten könnte. Nach seiner Eingangsuntersuchung überredete mich PFC Reigns dazu, mir das Bolo-Ball-Spiel zwischen zwei in der Galaxis wohl ziemlich bekannten Mannschaften auf dem großen Monitor im HQ anzusehen. Ich stelle fest, ich habe schon wieder vergessen, wie sie hießen, die eine hatte jedenfalls Orange im Namen. Was soll ich sagen?
    So eine langweilige Sportart habe ich noch nie zuvor ansehen müssen, und dass ich bis zum Ende der regulären Spielzeit geblieben bin, war einfach nur Höflichkeit. Und natürlich das perverse Interesse daran, ob es nicht vielleicht doch noch spannend wird. Ist aber nicht passiert - und zur Strafe für dieses langweilige Spiel mussten die zweiundzwanzig Spieler dann noch länger dem Ball nachlaufen. Ich frage mich nur, ob man damit nicht vielleicht doch eher die Zuschauer bestrafen wollte?


    Es ist einfach nichts passiert. Da wäre selbst das Duell von zwei halbwüchsigen machtbegabten Kindern spannender, die strengen sich wenigstens an, sich als stärker als der andere zu erweisen. Vielleicht wäre Bolo-Ball mit mehr Bällen im Spielfeld oder aber dem Einsatz von Waffen interessanter? Aber auch dieser Verbesserungsvorschlag fand nicht allzu viel Anklang. Dass Leute auf einen so unspannenden Sport auch noch wetten, ist mir wirklich schleierhaft. Habe mich dann sehr zu Reigns' Missvergnügen dem Flimiskram hingegeben, ich glaube, er hat an dem Abend versucht, einen guten Eindruck zu machen. Oder, wie die Menschen so schön sagen, ein bisschen zu 'baggern'.
    Am liebsten würde ich ihm auf die Schulter klopfen und ihm den Rat geben, es bei Frauen seiner Spezies zu versuchen, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen auf so etwas immer etwas seltsam reagieren. Mal sehen, ob das nur im Überschwang des Bolo-Balls passiert ist oder ob er es ernsthaft versucht - denn dann werde ich ihn ernsthaft entmutigen müssen. So, es wird Zeit für den Morgenlauf und den Tag. Würde mich nun zwar lieber noch an mein graues Kissen schmiegen und eine Weile dösen, aber wenn ich jetzt nicht raus gehe, wird das heute nichts mehr. Diese zwei Tage werden auch noch irgendwie umgehen.

  • ++ Büro des leitenden Mediziners [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 1216 Ortszeit ++


    Kaum zu glauben, dass mein letzter Eintrag schon mehr als einen ganzen Monat her ist. Ein ganzer Monat, der wie im Flug vorbeigegangen ist, ohne dass ich irgendwann meine Hand hätte heben können, um ihn festzuhalten. Dass ich auf diesem Posten am sprichwörtlichen Arsch der Galaxis jemals so viel zu tun bekommen würde, dass mir die Muße für Tagebucheinträge fehlen, hätte ich mir bei meiner Versetzung hierher auch nicht gedacht. Aber so ist es eben und ich muss jetzt nachholen.
    Überhaupt hat sich in diesem Monat eine Menge getan. Wahrscheinlich werde ich die Hälfte dessen unterschlagen, weil es einfach so viel war, aber hey, wer sollte sich ernsthaft darüber beklagen? Ich kann mich nur irgendwann in zehn Jahren, falls ich dann noch leben sollte, darüber ärgern, dass ich versäumt habe, genauer zu dokumentieren, aber selbst dann kann ich es nicht mehr ändern. Also, liebes Zukunfts-Ich, solltest Du das hier irgendwann mal lesen oder Dir abspielen lassen, es tut mir leid. Ich war einfach im Stress!


    Die Trauerfeier war das erste große Event, das ich auf dem Stützpunkt erlebt habe, und ich muss sagen, sie war erhebend. Es ist so schade, dass es Bellicus nicht geschafft hat, es mitzuerleben, ich bin mir sicher, es hätte ihm gefallen, auch wenn das Soldatenleben eher nicht sein Fall ist.
    Das reibungslose Zusammenspiel von insgesamt vier Einheiten zu beobachten und davon Teil zu sein war wirklich beeindruckend. Als Heimeinhat hat sich die 193. sehr gut geschlagen - keine Fehler im Formaldienst, hervorragend gebügelte Uniformen, angemessene Mienen und eine ziemlich gute Rede von Lieutenant Hawkwood, die an ihren Vater, den vormaligen Kommandanten von Fort Asha, erinnerte.
    Unsere Parade lief wie nach Handbuch, Captain Thrace hat das richtige Tempo vorgegeben, Lieutenant Thun und ich hatten keine Mühe, die Leute hinter uns auf Linie zu halten, und das alles unter den wachsamen Augen der Sith, die an diesem Tag besonders feierliche Gesichter machten. Allenfalls Lord Durchgeknallt hat ein bisschen zu dick aufgetragen, ihre theatralische Art schien mir nicht angemessen für den Anlass, aber was will man von einer Mystikerin schon erwarten? Wir können schon froh sein, dass sie nicht irgendwann in hsyterisches Gekicher ausgebrochen ist oder ähnliches.


    Die Reden der Sith waren erwartungsgemäß sehr propagandalastig. Als hätten sich Lord Durchgeknallt, Lord Eiswürfelpinkler und Lord Tragos abgesprochen, drückten sie kräftig auf die Heroismus- und Feindhasstube. Wenn man in seinem Leben bereits eine Unmengen solcher Reden gehört hat, bewegen sie einen nicht mehr, aber ich schätze, ich bin schon wegen meiner Herkunft kein besonders guter Zuhörer bei solchen Thematiken. Captain Thraces Rede hat mir da weit besser gefallen, und auch die von Lieutenant Hawkwood. Denn beide haben das, was ich mir beim Themenvorschlag vorgestellt hatte, wirklich umgesetzt. Etwas Stilles. Eine Verneigung vor denen, an die man sich an diesem Tag erinnert, nicht mehr und nicht weniger.


    Die Memento Moris waren für mich der schlimmste Teil. Die Geschichten waren alle bewegend, und dabei eine stoische Miene zu bewahren war für mich schwer. Und ich war aufgeregt. Nervös wie ein kleiner Sergeant, der zum ersten Mal vor dem Standortkommandanten steht und befürchtet, sich einen kräftigen Föhn einfangen zu müssen. Ich hatte meine Worte sorgsam zurecht gelegt, damit sie untadelig sein würden. Angemessen einem Mann, der weitaus mehr verdient hätte als nur ein paar Worte, dem ich aber nie mehr geben durfte. Er fehlt mir noch immer, und wann immer ich die seine Marken berühre, wird mir bewusst, dass diese Wunde auch nach Jahren nicht verheilt ist. Sie tut weniger weh, ja. Aber sie ist nicht verheilt.
    Die Träume sagen mir deutlich, dass es noch mehr Zeit braucht, und dass ich nicht vergessen werde. Meine Stimme hat nicht gezittert, als ich meine Worte vor den anderen sprach, und als die Salutschüsse in die Luft donnerten, in perfekter Reihung, hoffe ich, dass er sie dort, wo auch immer er jetzt sein mag, gehört hat. Das war mein Abschied, die Gelegenheit, auf die ich lange warten musste. Wenigstens ein einziges Mal öffentlich zu ihm stehen zu dürfen, wenngleich es nur als Kamerad war, nicht als das, was wir für uns gewesen sind.


    So, wie die anderen ausgesehen haben, die von ihren Toten sprachen, waren ihre Worte nicht minder schwerwiegend, ihre Gedanken nicht minder schmerzhaft als die meinen. Ein solcher Tag scheint für niemanden leicht zu sein, und ich fürchte, gerade weil es ein so schwieriges Thema ist, wird es gerne vergessen oder verdrängt. Aber man kann keine Wunde heilen, die still vor sich hin schwärt. Am Ende der Feier enthüllte Captain Thrace eine Holotafel, die Bilder und Namen der Gedallenen zeigten. Es war erhebend zu sehen, dass auch die Listen der Willbreaker in diese Installation Eingang gefunden haben. Diesen Respekt vor unseren Gefallenen werde ich ihm nicht vergessen, auch wenn ich seinen üblichen Weiberauflauf nicht so passend fand - übrigens nicht nur ich.
    Das Gedenkfeuer entzündeten dann Captain Thrace, Lord Tragos und ich als Vertreter der jeweiligen Einheiten, und damit war es auch schon vorbei. Die meisten der Teilnehmer wandten sich in die Messe, aber ich nutzte die Gelegenheit, um noch einige stille Momente beim flackernden Feuerschein zu haben. Dr. Vallree leistete mir dabei Gesellschaft, auch sie schleppt wohl einiges an emotionalem Ballast mit sich herum, wenngleich wir es im Gespräch miteinander nicht vertieft haben. Manches muss man auch nicht aussprechen, um zu ahnen, was einen anderen ernsthaft beschäftigt. Ich muss sagen, schon die kurze Zeit, die ich sie nun kenne, hat mir ausgereicht, um sie für ihre Art schätzen zu lernen. Es ist zwar etwas seltsam, von einer Frau die Rückmeldung zu erhalten, dass man in sexueller Hinsicht für sie attraktiv ist, so geschehen bei der Eingangsuntersuchung, die wir gegenseitig durchführten.


    Ihr Ritualschmuck ist jedenfalls beeindruckend, und auch wenn mich allenfalls ihre Persönlichkeit reizt, nahm sie meine höfliche Absage doch mit einer Größe hin, die wirklich sehr für sie spricht. Was sie mir von ihrer Vita bislang erzählt hat, lässt mich vermuten, dass wir einen recht ähnlichen Werdegang hatten, und der Humor stimmt auch - ein guter Grundstein für eine Zusammenarbeit. Und ich muss gestehen, es ist sehr amüsant, diverse Männer dabei zu beobachten, wie sie bei ihr zu landen versuchen. Man muss wirklich jeden bewundern, der nicht bei ihrer schieren Körpergröße die Flucht ergreift, denn die Person in diesem kräftigen Körper ist jede Mühe wert.
    Seitdem nun auch das 17. Sturmregiment auf Jaguada stationiert ist, haben wir jedenfalls genug zu tun.


    Die Reorganisation der Abteilung hat einige Problemfelder ergeben, bei denen ich gute Lust hätte, meinem Dienstvorgänger den Stiefel mit Anlauf in den Arsch zu rammen - wir liegen nicht nur knapp 30 Prozent unter der Sollbesatzung, es ist einfach nur das reine Chaos, durch das ich mich täglich durchwühlen darf. Wir haben keinen Psychologen, keine Physiotherapeuthen, dafür aber eine Kinderstation - auf einem Militärstützpunkt, bei dem Veteranen und Leute, die frisch aus dem Einsatz kommen, wieder aufgepäppelt werden sollen. Wie ich das mit Windeln und Babylätzchen tun soll, wird mir Lord Durchgeknallt sicher nicht verraten!
    Der erste medizinische Unterricht, den ich vor etwa drei Wochen für die Mannschafter gegeben habe, lief recht brauchbar. Trotz der Thematik - gängige Geschlechtskrankheiten der Galaxis und wie man sie erkennt - gab es erfreulich wenige Lacher und ich habe die Hoffnung, dass wir künftig ein paar Leute weniger in der Krankenstation haben werden, die irgendwelche Ekzeme mitschleppen oder Schlimmeres. Dem Gesicht von PFC Vaughan nach der Veranstaltung zu urteilen habe ich ihn generell von sexuellen Aktionen abgeschreckt ...


    Bin nur froh, dass mir Lord Valchoun vor einiger Zeit mein Swoopbike vorbeigebracht hat, denn damit kann ich diesem Stützpunkt immer mal wieder für ein paar Stunden entfliehen, wenn es zu schlimm wird. Das Gespräch mit ihm hat gut getan, nicht zuletzt, weil er manche Dinge wegen seiner Herkunft weitaus besser versteht als jeder andere. Er hat mir bezüglich Avanum einen sehr guten Rat gegeben, an den ich mich halten werde - manchmal braucht es wohl einfach einen anderen Blickwinkel, um klarer sehen zu können.
    Diese Befindlichkeiten immer, das macht mich noch ganz verrückt. Am Abend der Trauerfeier ist Lieutenant Hawkwood richtig eskaliert, zwischen ihr und Captain Thrace scheint es wohl gründlichen Ärger gegeben zu haben, und am Ende verschwand sie mit Limsharn, dem alten Schwerenöter, auf derStube. Dass er damals schon bei Corrdis eine Punktlandung hingelegt hat, hätte mir im Bezug auf seine Anziehungskraft auf Offiziere zu denken geben sollen! Es scheint sich aber nichts entwickelt zu haben, und so schade ich das für ihn auch finde, hilft es noch mehr Stress und noch mehr Befindlichkeiten zu vermeiden. So blieb mir genug Zeit, zwischen Master Sergeant Blex und Captain Thrace zumindest vorsichtig zu vermitteln. Blex fühlt sich hier auf diesem ruhigen Posten mehr als unwohl, das ergab ein längeres Gespräch mit ihm auf einem kleinen Ausflug über Land recht deutlich.


    Er hat dasselbe Problem wie viele, die draußen mehr als genug Kameraden verloren haben - die ewige Frage danach, warum sie starben und warum er nicht. Gemischt mit dem Gedanken, dass man keine ruhige Kugel schieben darf, während anderswo Leute sterben. Ein Gefühl, das ich nur zu gut kenne, doch wenn man es zu häufig zulässt, wird man damit niemals Ruhe finden können - und ich hoffe, ich konnte ihm das ein wenig vermitteln. Er war erstaunt darüber, dass ich gemerkt habe, was da zwischen ihm und Dr. Fianera läuft - Menschen! Ich war mehr als fünf Jahre Teil einer geschlossenen, nahezu ausschließlich aus Menschen bestehenden Gesellschaft, und ich hatte sehr viel Zeit, sie zu beobachten. Da frage ich mich wirklich, wie die Leute immer darauf kommen, man sei blind und blöd?
    Nach all den schwierigen Wochen jedoch noch ein deutlicher Lichtblick: Fort Asha hat seit einigen Tagen einen neuen Kommandanten, und ich hoffe sehr, dass er sich auch weiterhin so präsentieren wird, wie er es in unserem ersten Gespräch tat. Ein alter Knochen, dieser Colonel Sordan, aber sowohl mit Front- als auch Verwaltungserfahrung. Beides ist hier dringend notwendig, und es tat mir fast schon leid, ihm seine Illusionen auf einen ruhigen Posten zur Pensionsvorbereitung nehmen zu müssen. Fort Asha ist alles andere als ruhig, und er wird alle Hände voll tun tun haben, die schwelenden Konflikte im Auge zu behalten. Bislang wirkt er wie jemand, der das Zepter gut in der Hand behalten kann und wird, sodass ich die Hoffnung habe, den Befindlichkeitsfaktor des Stützpunktes in naher Zukunft sinken zu sehen.


    Es war ein anstrengender Monat voller Höhen und Tiefen, und ich bin nachdenklich geworden. Die letzten Jahre sind so schnell vorbeigehuscht wie dieser eine Monat, und wenngleich ich mich auch an so einige Kriegseinsätze erinnere, in denen mir die Zeit lang geworden ist, so bleibt mir doch vor allem dieses Gefühl einer sich rasant drehenden und voranbewegenden Galaxis, in der ich nur ein winziger Teil bin. In der das, was ich tue, vielleicht etwas ändert, vielleicht auch nicht. In der ich manche berühre, und in der mich andere emotional beeinflussen, wenn ich es zulasse.
    Wieviel wird von mir bleiben, wenn das geschieht, was ich seit Jahren erwartet habe - wenn ich im Einsatz falle? Ich habe zwar testamentarisch bestimmt, an wen meine Marken gehen sollen und auch warum, aber wird man um mich trauern, wenn ich nicht mehr bin? Wird es jemanden geben, der bei einem Memento Mori vor einer Truppe steht und verzweifelt versucht, die richtigen Worte zu finden, die mir dann doch nicht gerecht werden können, weil sie immer nur einen winzigen Teil meines Selbst fassen können. Je mehr man versucht, die Gegenwart zu greifen, einen wunderbaren Moment festzuhalten, desto klarer wird es, dass es nicht möglich ist. Der Moment verstreicht, und ich kann nur auf den nächsten hoffen, um ihn so intensiv wie möglich nur zu leben. In diesen Augenblicken verstehe ich die Dichter, welche ihre Worte den Sith-Opern anvertrauten, in der Hoffnung, sich zu verewigen und auch in fünfzig, hundert Jahren noch gehört zu werden, unsterblich gemacht in einer Melodie.


    Meine Unsterblichkeit liegt in einem Lächeln, einer Umarmung, einem getauschten Blick vor vielen anderen, die sich der Bedeutung nicht bewusst sind, weil ich für mich behalte, was mich bewegt, damit es mir nicht entrissen und verdreht wird - auf mehr werde ich nicht hoffen. Hoffnung ist in Zeiten wie diesen trügerisch, und so will ich es halten wie schon in all den Jahren zuvor: Den Augenblick leben und auskosten, und die Dinge nehmen, wie sie sind, und nicht so, wie ich sie mir in irrigen Träumen vielleicht vorstelle. Und mir wünschen, dass sich irgendwann jemand an mich erinnert, wenn meine Zeit gekommen ist. Und mich vielleicht nicht so schnell vergisst.
    Genug der Gedanken für eine Pause, die eigentlich viel zu kurz ist - weiter im Tagesgeschäft, weiter zurück zur Pflicht.

  • ++ Büro des leitenden Mediziners [Fort Asha/Jaguada] ++
    ++ 1523 Ortszeit ++



    Bedenke, was Du Dir wünscht, es könnte Dir gewährt werden. Ein kluger Spruch, dessen Wahrheit man erst dann in vollem Umfang erkennt, wenn das Leben einen mit einem Arschtritt darauf stößt. Vor einer Weile noch habe ich mich gefragt, was ich eigentlich auf Fort Asha tun soll, weil dort einfach nichts passiert. Gut, wirklich etwas galaxisbewegendes hat sich bis heute nicht dort getan, aber nachdem nun auch noch das 17. Sturmregiment Kaas dort feste Stationierung gefunden hat, ist der Stützpunkt verhältnismäßig voll. Dazu kommt noch, dass sowohl Captain Thrace vom 181. wie auch Captain Stryder-Garrde vom 17. beim Standortkommandanten darum nachgesucht haben, ihre Einheiten unter die medizinische Pflege von Fort Asha zu stellen - und das, obwohl wir schon für die 193. eigentlich zu wenig Personal haben.
    Was auch immer da gerade im Ministerium abgeht, sie scheinen nicht allzu viel Gedanken an einen Stützpunkt am Arsch der Galaxis zu verschwenden, auf dem nicht allzu viel passiert, und auch nicht daran, dass uns für die Nachbehandlung und schon die Routinekontrollen das Personal fehlt. Von psychologischer Betreuung der vielen Veteranen mal ganz zu schweigen. Ich habe also getan, was jeder leitende Offizier tun muss, wenn die Scheißeberge auf dem eigenen Schreibtisch zu groß und zu stinkend werden: Mir meine Schippe gegriffen und einen guten Teil davon auf den Schreibtisch des Colonels umgeladen, dessen Appell an das Ministerium nun endlich Wirkung gezeigt hat. Wir bekommen ein paar neue Leute, unter anderem den dringend nötigen Physiotherapeuten und natürlich auch einen Psychologen. Frisch aus dem Studium, hieß es im Schreiben des Ministeriums - na, der wird sich wundern, welche Abgründe bei Leuten entstehen können, die jahrelang auf Fronteinsatz waren. Wahrscheinlich brauchen wir dann auch bald noch einen Psychologen für den Psychologen!


    Ich bin auf die neuen Kollegen gespannt, hoffentlich ist wenigstens die Hälfte von ihnen brauchbar - seit den vom Colonel vor gut vier Wochen getroffenen Notfallmaßnahmen fahren wir hier zum größten Teil Doppelschichten, um die ganzen Erstuntersuchungen der 181. durchzuführen. Wer auch immer bei dieser Einheit als Datensicherheitsspezialist Dienst getan hat, gehört mit einem genagelten Stiefel mindestens bis Coruscant getreten und dann zwangsweise bei einer Jedi-Ratsversammlung an die Wand gekettet, um ihn einer Langeweilefolter zu unterziehen. Es kann einfach nicht sein, dass medizinische Akten en gros verschwinden - der Aufwand, jetzt von jedem Soldaten eine neue Akte zu erstellen, ist einfach dermaßen unnötig, dass ich schreien könnte. Sollte ich jemals nochmal mit Dr. Fianera zusammentreffen, die inzwischen wegversetzt wurde, wird das sicher kein lockeres und gemütliches Gespräch. Ärzte, die in ihrem Saustall keine Ordnung halten, sind einfach eine Zumutung für diejenigen, die hinter ihnen aufräumen müssen!


    Ich frage mich, ob sich Bellicus jemals mit derartigen Schwierigkeiten herumschlagen musste. Das Leben als Sith scheint mir in solchen Dingen weitaus einfacher zu sein - der Sith ruft, die Soldaten und im Zweifel auch das Ministerium springen. Hat man den passenden Lord auf der eigenen Seite oder ist man Schüler eines mächtigen Lords, öffnen sich alle Türen wie von selbst - von wegen Dienstweg einzuhalten. Wenngleich ich stark vermute, dass Bellicus sich auch ohne einen starken Lord in seinem Rücken immer genommen hat, was er haben wollte. Einem der Helden von Coruscant dürfte dieses ewige Warten-Müssen des militärischen Alltags ziemlich zuwider sein. Wo er derzeit steckt, weiss ich nicht - ich habe schon eine Weile nichts mehr von ihm gehört. Das spricht für eine längere Mission ausserhalb, und ich schätze, an seinem Schweigen wird sich damit auch die nächste Zeit nichts ändern, bis er wieder urplötzlich in mein Leben zurückkehrt und neue Geschichten auf Lager hat. Wie es früher schon war.


    Wenigstens ist Master Sergeant Blex nun wieder von seinen schweren Verletzungen genesen, die er sich bei dem Einsatz auf Hoyjian II zugezogen hatte. Dass diese robusten Haudraufs auch immer mit dem größten anzunehmenden Ungeheuer spielen müssen - in seinem Fall ein Gundark. Die Rekonstruktion seines Gebisses war ein bisschen frickelig, aber ich denke, es sieht so gut aus wie neu. Es ist zwar nicht ganz mein Fachgebiet gewesen, ihm neue Zähne als Ersatz für die einzusetzen, die ihm der Gundark ausgeschlagen hatte, aber wenn kein Zahnmediziner greifbar ist, muss eben der Implantologe mit einer guten Holoanleitung 'ran. Das Prinzip ist glücklicherweise recht gut übertragbar. Ich gestehe, ich war fast in Versuchung, ihm einen 'so gut wie neu' Aufkleber auf den Rückenteil seiner Uniform zu schmuggeln...


    Leider allzu bekannt war dafür das Date, das zu erwähnen ich in meinem letzten Eintrag vergessen hatte und das nun auch schon wieder eine Ewigkeit zurück zu liegen scheint. Nunja, nicht der Mann selbst, mit dem ich es hatte, aber das Prinzip des Dates. Man nehme zwei unwillige Reinblüter, die sich so gar nichts zu sagen haben, spiele die genetische Übereinstimmungs-Karte aus und hoffe, dass sie sich trotzdem genug verstehen, um eine Verbindung in Erwägung zu ziehen. Hat dieses Mal nur nicht geklappt und ich habe inzwischen auch mehr als genug davon. Das war das letzte Date dieser Art, wenn Mutter mir noch mehr unpassende Kandidaten aufnötigen will, verschanze ich mich hinter meiner Arbeit und zur Not auch hinter dem Colonel, wenn es sein muss.
    Es war das schrecklichste Date von allen bisherigen und sticht auch das mit Cuyan Tragos bei weitem aus - nicht, weil der Mann so unmöglich gewesen wäre, der mir an jenem Abend gegenüber gesessen hat. Sondern weil es war, als müsste ich in mein älteres Spiegelbild blicken, wann immer ich ihn ansah. Nicht machtbegabt, Offizier, Sohn aus einem Reinblüterhaus, das auf seine Sith stolz ist. Wir hätten so viele Gemeinsamkeiten haben können, aber bis auf dieselbe Hautfarbe war da nichts.


    Auch seine Vorstellung eines Zusammenlebens war im Grunde nichtexistent. Ich hätte mich freuen sollen, einen potentiellen Ehekandidaten vor mir zu haben, der weder Beischlaf noch Anwesenheit von mir verlangen würde, aber ich konnte mich nicht freuen. Es war eine so eiskalte und rationale Vorstellung, irgendwann ein Päckchen mit eingefrorenem Sperma von ihm geschickt zu bekommen - ich als Ärztin wisse ja gut Bescheid, wie man sich damit befruchten könne - dass es mich innerlich schüttelte. Gut, ich war auch ein bisschen darüber beleidigt, dass ihm der Gedanke einer heißen Nacht so denkbar fremd zu sein schien - immerhin gibt es eine Menge Männer, die mir bislang auf diesem Gebiet einiges an Talent bescheinigt haben. Aber auch generell. Er war beherrscht bis ins Mark, höflich, wenn er es sein musste, und ansonsten in etwa so leidenschaftlich wie eine der Steinstatuen auf Korriban. Einen Augenblick lang dachte ich, es könnte eine gemeinsame Ebene geben - als er seine Vergangenheit erwähnte, das Aufwachsen als nicht machtbegabtes Kind in einer Umgebung voller Machtnutzer. Aber dann war dieser Gedanke auch schnell vorbei, fortgewischt - und ich war froh, dass das Gespräch endete. Ich weiss bis heute nicht, ob ich ihn bemitleiden soll, oder bewundern - aber auf jeden Fall wünsche ich ihm Glück für seinen Weg. Er wirkt, als könnte er es brauchen.


    Meine neueste Nemesis sollte ich vielleicht auch mal festhalten - Empress, eine Nekarr-Wüstenkatze in Kleinformat. Die Art Geschenk, das man nicht ablenhnen kann, wenn es aus den Händen eines Sith kommt. Die Art Geschenk, die sich auf meinen Kissen breit macht, meine Pflanzen und das Flimsi anfrisst und die geballte Portion Nichtfuttergeeignetes dann mitten auf dem Weg ins Bad auskotzt, sodass man morgens im Halbschlaf reintritt. Warum schaffen sich Leute eigentlich Haustiere an? Meine wenige Freizeit ist durch Emp irgendwie weitaus komplexer geworden. Orcal und ich haben inzwischen fünf Ratgeber zur Aufzucht von Nekarr-Katzen angeschafft, die sich alle irgendwie widersprechen und damit in den meisten Fällen keine Hilfe sind. Dass Emp locker das Ego des Imperators erreicht, hat mich zu ihrem Namen inspiriert, und sie schafft es jeden Tag aufs Neue, mich in dieser Entscheidung zu bestärken. Momentan schläft sie am liebsten entweder quer über meinem Bett, obwohl ich sie dauernd herunterschiebe, quer über meinen Stiefeln im Flur oder auf meiner Arbeitskonsole. Es scheint ein Talent von Nekarr-Katzen zu sein, sich immer den denkbar ungünstigsten Schlafplatz auszusuchen, den man sich nur überlegen kann.


    Und doch - auch wenn ich sie manchmal einfach nur gerne erwürgen würde - es liegt ein seltsamer Frieden in ihrer Schlafhaltung, wenn sie sich ein bisschen in einem Traum verhangen räkelt und die winzigen Pfoten nach irgend etwas ausstreckt, das nur sie sehen kann. Ich wache oft morgens auf und finde sie an mich gekuschelt, und Orcal hat sie längst um den Finger gewickelt. Wenigstens setzt er mir jetzt nicht mehr dauernd irgendwelche Blumengestecke ins Quartier, sondern ist mit der Bändigung meines gerade mal zwei Handflächen großen Ersatzraubtiers beschäftigt.
    Ich glaube, er mag sie. Ob ich sie mag, muss ich immer noch entscheiden, aber ich fürchte, meine Meinung ist hier nicht so ganz von Belang. Emp hat mich als Futterspender und Schlafunterlage akzeptiert, und bevor sie mir nicht wegen irgendeiner neuen Regelung in den Statuten des Stützpunktes verboten wird, darf ich mich freundlicherweise weiterhin in ihrem Quartier aufhalten. Nur diese Katzenhaare sind wirklich gewöhnungsbedürftig. Auf meiner weißen Uniform sieht man jedes dieser dunklen Haare sofort, und sie verliert Kiloweise davon - es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch Fell am Leib hat. Wohl ein gewisses Mysterium von Haustieren, von denen ich mir niemals eines anschaffen wollte.


    Aber Fort Ashas Einfluss darauf, meine Lebensansichten nach und nach aufzuweichen oder zu verändern, ist nach nun mittlerweile fünf Monaten der Stationierung eine unbestreitbare Tatsache. Die Uhren ticken hier wirklich anders, und Dinge, die ich früher im Alltagsstress meines Dienstes an Bord der Willbreaker nicht einmal erwogen hätte, scheinen mir hier weitaus mehr greifbar. Es muss an der Trauerfeier gelegen haben, an der Möglichkeit, für mich etwas abzuschließen, für das lange keine Zeit geblieben ist. Was würde Aiden sagen, wüsste er, worüber ich mir inzwischen Gedanken mache? Würde er es verstehen, dass ich nicht nur mehr mit dem Gedanken spiele, eine Weiterbildung zum Volloffizier zu machen, sondern die ersten Schritte dazu unternommen habe? Würde er mich lieber an Bord eines Raumschiffs sehen?
    Ich kann ihn nicht mehr fragen, dafür ist es mehrere Jahre zu spät. Er hätte zumindest verstanden, dass ich mir etwas mehr in meinem Leben wünsche als nur zu überleben. Freundschaften, die nicht nur aus der Not geboren sind, sondern auch in ereignislosen Zeiten Bestand haben und nicht alleine auf dem Beruf fußen. Eine Ehe, die mehr ist als eine pure Übereinkunft zur Reproduktion - Liebe erwarte ich nicht, aber auch nicht Gleichgültigkeit. Und irgendwo, da in der Zukunft, die Aussicht auf etwas, das nur mir gehört und mehr ist als Pflicht und Blut und Tod. Fort Asha hat mich wohl doch so langsam weichgekocht ...

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