Der Untergang der Abyssum

  • Die unwirklichen, verzerrten, Formen des Hyperraums rauschten an dem Transparistahlfenster vorbei durch welches Captain Serish versuchte sein Ziel zu fokussieren. Er war schon immer der Meinung gewesen, dass das Ende jenen Strudels exakt den Punkt kenntlich macht an den er seine Fracht zu transportieren hatte. Beinahe glaubte er stets in der weiten Ferne des vorbeirasenden Raums einen ruhigen Pol erkennne zu können. Der rationale Teil seines Verstandes strafte dem Lügen, verriet ihm, dass sich sein Blick lediglich verengte, einem Tunnel gleichkam und er sich diese Erscheinung einbildete. So oder so, ihm war es eigentlich gleich denn der Effekt blieb: Er beruhigte sich, schaffte es sich zu fokussieren.


    Captain Serish war ein alter Mann. Ein Veteran des letzten Krieges und beinahe ein Relikt in diesem neuerem. So war es auch die Abyssum. Der Transporter der Gage-Klasse Transporter war bereits lange vor dem Beginn des Ersten Großen Galaktischen Krieg konstruiert worden. In diesem hatte er sowohl Rohstoffe von einem Ende der Galaxis zum anderen transportiert wie, in vereinzelten Fällen, ganze Nachschubverbände an der Front abgesetzt. Serish selbst war seit 7 Jahren Captain der Abyssum, 7 stolze Jahre in denen er auf die Fortsetzung der Kriegshandlungen gebrannt hatte.


    "Ensign, verbleibende Reisezeit?"
    "Sir, noch 4 Standardtage ehe wir Sullust erreichen, Sir."


    "4 Tage.." Serish murmelte die Worte in sich hinein während er weiter, beide Hände hinter dem Rücken zusammengelegt, in den Wirbel des vorbeiziehenden Hyperraums blickte. 4 Tage auf dieser Reise, die ihn an die ablaufenden 4 kommenden Monate auf diesem Kommando erinnerten. Die Abyssum war alt. Alt wie er es selbst war. Mit 63 Standardjahren würde er für einen neuen Captain Platz machen. Hätte er für einen neuen Captain platz gemacht, musste er sich selbst verbessern. Die Abyssum wurde ausser Dienst gestellt, wie er selbst. Da das Imperium keine Ressourcen verschwendete war er sich sicher, dass das alte Schiff entweder demontiert und wiederverwertet werden würde, als Trainingsschiff herhalten müsste, oder einen Tod im feindlichen Feuer finden würde. Was die Zukunft für ihn bereithalten würde wusste er. Er würde irgendwo in irgendeinem schmierigen Büro, fernab der Front, weiter irgendeine Form von produktiver Arbeit nachgehen können. Group Captain Itos hatte angedeutet, dass er auf Dromund Kaas gebraucht werden könnte.


    "Ensign, Status der Fracht?"
    "Sir, alle Container lagern sicher in den verschiedenen Frachträumen. Keine abweichenden Messwerte..."
    "Ensign?"


    Captain Serish blickte nun nach rechts und zu jenem zweckdienlichen Kommandostand an dem sich Ensign Peert befand. Die drahtige Frau mitte 30, welche ihre selbstgewählte Glatze unter einer Kappe verbarg die ihren Stand representierte, schaute mit gerunzelter Stirn auf die Konsole vor sich.
    "Ensign, berichten sie!"
    "Sir, dies muss ein Fehler sein. Die Sensoren in Laderaum 3 melden einen eklatanten Wärmeanstieg nahe der Hülle."
    Auch Serish konnte das Runzeln seiner Stirn nicht unterdrücken und wendete sich nun seinem Ensign zu um mit schnellen Schritten auf diesen zuzutreten. Ensign Peert bewegte mit gekonnter Präzision ihre Finger über die Konsole vor sich. Noch ehe Serish an ihrem Kommandostand herantreten konnte hatte sie ihre Hand auf das Com gelegt, welches an ihrem rechten Ohr ruhte.
    "Brücke an Laderaum 3, bitte melden.....Brücke an Laderaum 3, melden Sie sich umgehend.." Ihr Blick wurde hektischer während sie weiter die Konsolen durchschaltete, von Anzeige zu Anzeige wechselte. Serish selbst schritt mit gesteigertem Tempo um den Kommandostand und positionierte sich halb neben Peert um selbst einen Blick auf die Anzeigen werfen zu können. 64 Grad, bei den Sternen...


    "Ensign Peert an Corporal Loush, Loush melden sie sich!"
    Die Gedanken Serishs rasten während er die Temperatur weiter steigen sah. Grad für Grad, Sekunde für Sekunde. Immer weiter. Sollte die Anzeige stimmen so war ihm klar warum sich dort niemand mehr meldete.
    "Schotten sie den Laderaum ab. Sofort!" Er sah wie sein Ensign seine Befehle sofort in die Tat umsetzte und dem Schiffscomputer die nötigen Anweisungen gab. Sie schaltete sich in die Steuerung der Schotts ein, betätigte die vollkommene Abriegelung des Bereichs nur um von einer rot glimmenden Warnanzeige eben jene Rückmeldung zu erhalten die sie das erste mal, das erste Mal seitdem er sie auf seinem Schiff hatte, auffluchen liess. Die Schotttüren konnten nicht geschlossen werden. Die Kontrollen versagten.


    "Riegeln sie die umliegenden Bereiche ab und öffnen sie den Laderaum auf mein Zeichen hin." Er wandte den Blick auf seinen Steuerungsoffizier. Mit fast heiserer Stimme, die seine bereits schon gefährlich trockene Kehle weiter ausdörrte, brüllte er über die Brücke. "Hyperraum verlassen! Sofort den Hyperraum verlassen!"
    Aufgrund der Fetzen an Worten, der aufkommenden Hektik und der sich in sekundenschnelle ergebenen Anspannung, schien die Aufmerksamkeit seines Steuerungsoffiziers wie auf eine Order geharrt zu haben. Die typische Strudelform des vorbeiziehenden Raumes verlangsamte sich dramatisch und wich der Aussicht auf ein kleineres Sternensystem welches zu durchfliegen der Navigationscomputer berechnet hatte.


    "Sir, die Kontrollen versagen, ich..." Die entschuldigende Meldung ihres Versagens wurde von einem gewaltigen Ruck unterbrochen. Ein Ruck der sich durch die Steuerboardseite der Abyssum zog und sofort den Alarm auf der Brücke auslöste. Während sich Ensign Peert an ihre Kontrollen klammern konnte, sie sie fast kreisförmig umgaben, rutschten Serishs Hände lediglich von der Rückseite ihres Kommandostandes ab. Er spürte die Welt sich einmal drehen, spürte wie ihm der Boden unter den Füssen entzogen wurde und wie sein Rücken schlussendlich auf den kalten, blanken, Boden der Brücke krachte. Das Alter machte sich schmerzlich bemerkbar.


    "Hüllenbruch! Wir haben einen Hüllenbruch!" Für einen Moment umschwirrten ihn die Worte wie weit entfernter Nebel. Die roten Warnanzeigen liessen die Brücke periodisch in ein gefährliches Licht tauchen, verstärkten auf jene gewollte Art den Ernst der Situation. Nur Mühsam richtete er sich wieder auf, zog sich an der ihm nahestehenden Konsole in die Höhe nur um ein weiteres Mal von einem Ruck durchgeschüttelt zu werden.


    Seine Finger krampften sich an die vor ihm befindliche Konsole.
    "Bericht!" Kratzig, ihn beinahe zu einem Aufhusten zwingend, liess er seine Stimme über den aufkommenden Lärm der Brücke hallen. Sein Blick fing wieder den Rücken Ensign Peerts ein deren Finger wieder in gewohnt geübter Form die Konsole vor ihr traktierten. "Ein weiterer Hüllenbruch in Laderaum 5, Captain. Ursache unbekannt. Auch die Sensoren in Laderaum 1, 2 und 4 melden Fehlfunktionen."
    Ächzend schob sich Serish von der Konsole und bewegte sich auf seinen eigenen Kommandostand zu. Mehr zu sich selbst, mehr um es sich selbst zu bestätigen und mit ruhiger Stimme erwiderte er knapp:
    "Das sind keine Fehlfunktionen. Wir krepieren."



    System: Baphotes
    Planet: Baphotes I
    Durchschnittstemperatur: -12 Grad Celsius
    Strategische Bedeutung während der letzten beiden Kriege: Irrelevant

    Eiswanderer Lager "Blühender Wind"



    Die Sonnenscheibe erhob sich wie jeden Morgen am östlichen Firmament. Die Ahnensterne würden von der Scheibe, die ihr Volk "Mutter Licht" nannte, so weit erhellt werden bis das gesamte Dunkel in der äußeren Welt zu einem hoffnungsvollen Blau geworden wäre.


    Zleclot, die Schamanin des hiesigen Eiswanderer Stammes hatte sich schon vor einiger Zeit erhoben um "Mutter Licht" zu begrüssen. Ein Ritual, dass sie jeden Tag beging. Jeden Morgen begrüßte sie ihre Mutter ehe sie am Rande der Welt erschien und verabschiedete sie, wenn sie sich im Bette der Welt niederlegte um ihre Ahnen über dem Volk der Eiswanderer erstrahlen und über sie wachen zu lassen.
    Doch an diesem Morgen frohlockte ihr Blick mehr denn je, denn das Licht der Ahnensterne wurde von einem besonderen Ahnen überstrahlt. Ein Ahn, der "Mutter Licht" vorauseilte, sich bereits am westlichen Firmament befand und auf einem gleissenden Schweif ritt.


    Immer wieder beobachtete das Volk der Eiswanderer diese wiederkehrenden Ahnen, die auf einem Himmelstier in ihre Welt zurückkehrten und wiedergeboren wurden, doch schon seit unzähligen Zeiten hatte kein lebendes Auge mehr eine derart imposante Gestalt erblickt. Eine Gestalt die hell strahlend die östliche Hemisphäre erfüllte, hinter dem Ende der Welt verschwand und ihre Kanten kurz darauf mit heller Farbe ausmalte.


    Die Schamanin lächelte der erscheinenden Mutter zu, war sich sicher, dass auch sie das Kind gesehen hatte welches in ihr Bett, hinter dem Ende der Welt, gefallen war. Dann begann sie mit den Vorbereitungen für eine lange Reise an dessen Ende ihr Stamm den zurückgekehrten Ahnen in dieser Welt wieder begrüßen würde.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!