A decent Rogue (Lago Buteo)

  • Die Geburt des Bussards


    ~ Hoth, 4 VVC ~


    "Ike, der Schwächling, feiges Huhn. Gackgackgack, da rennt er nun. Ike, der Schwächling, feiges Huhn. Gackgackgack, da rennt er nun. Ike, der Schwächling, feiges Huhn. Gackgackgack...", riefen die Jungen hinter ihm her. Ihre Stimme laut über das Tal schallend und sich gegenseitig übertreffend. Das gehässige Lachen konnte er noch Meilen später in seinen Ohren hören.
    Ike rannte so schnell ihn seine dürren Beine trugen. Es stimmte. Er war schwächlich. Und vielleicht auch feige. Aber er war schneller und flinker als alle anderen in der Siedlung und kannte die besten Verstecke weit und breit.
    Im Nu war er aus der Reich- und Sichtweite der größeren Jungen entschwunden und seine Spuren im Schnee vom Wind verweht. Er lief und lief bis er die Sicherheit einer Eishöle weit außeralb des Tals erreichte, deren Lage nur er kannte.
    Mit pochendem Herz rannte er hinein und ließ sich von den bläulich schimmernden Wänden verschlucken, die um so dunkler wurden, je tiefer man in die Höhle vordrang.
    Dort, vom Eingang gut verborgen, hockte er sich in einen Schneehaufen, die Knie bis ans Kinn gezogen und die Kapuze seines hellen Anoraks tief im Gesicht, und wartete darauf, dass sein hämmerndes Herz sich wieder beruhigte.
    Minuten vergingen, in denen nur sein heißer Atem als kleine, weiße Wölkchen sichtbar war.
    Ja, er war schneller und gewitzter als die größeren und stärkeren Jungen. Doch ihre Worte taten dennoch weh. Feiges Huhn - so nannten sie ihn immer, seit sie gemerkt hatten, dass er nicht so schnell und kräftig wuchs wie sie.
    Und die Leute in der Siedlung hatten es von ihnen übernommen. Überall folgte ihm ihr Gegacker, wenn er mit seinem Vater das Tal besuchte oder für seine Mutter eine Besorgung machte.
    "Sie meinen das nicht böse...", meinte sein Vater dann immer und wuschelte ihm zärtlich durch die Haare. Aber Ike wusste es besser. Sie waren Plünderer und Piraten - allesamt verdorben und missraten.


    Langsam hob er den Kopf, als sein Puls ich wieder normalisiert hatte. Seine eisblauen Augen hatten sich bereits an das Halbdunkel der Höhle gewöhnt. Über ihm hingen Eiszapfen herab, die so dick und lang waren wie seine eigene Gestalt.
    Sie schimmerten im letzten einfallenden Licht, so wie der frisch herein gewehte Schnee geheimnisvoll glitzerte. Kein Geräusch war zu hören, nur der dumpfe Klang seines Herzschlags und sein Atem, der immer noch als weißer Dunst in der kalten Luft hing. Mit steifen Gliedern erhob er sich, klopfte sich mit behandschuhten Händen den Körper wieder warm und schob die schneebedeckte Kapuze vom Kopf. Darunter kam ein strubbeliges Büschel weißer Haare zum Vorschein.
    Früher, vor noch nicht allzu langer Zeit, hatte er gedacht, dass sein weißes Haupt ein Geschenk des Planeten sei, auf dem er lebte. Dass alle Kinder, die auf Hoth geboren werden, weiße Haare bekämen, um sich besser vor Tauntauns, Skels und Wampas tarnen zu können. Doch er war das einzige Kind mit weißen, silbergrauen Haaren in ihrer Siedlung und vor ein paar Monaten hatte er erfahren, dass er gar nicht auf Hoth geboren worden war, sondern auf einem Frachter auf dem Weg nach Merisee. Dennoch verschaffte ihm dieser Umstand in manchen Situationen einen Vorteil. Er konnte sich anschleichen wie kein zweiter und blieb oft unentdeckt in seinen Verstecken.


    Aus seiner Jackentasche zog er einen Leuchtstift hervor, aktivierte ihn und stapfte tiefer in die Höhle hinein. Dort hin, wo die Dunkelheit das leuchtende Weiß des Eises verschlang. Dass dort kein Wampa auf ihn wartete, dessen hatte er sich schon bei früheren Erkundungen vergewissert. Die Höhle war leer... dass hieß, fast leer.
    Denn tief unten unter dem Eis waren die Trümmer eines uralten Schiffes verborgen. Er wusste nicht wie lange es dort schon lag oder welches Volk es einst gebaut hatte. Aber da das Eis dort nicht hinreichte, musste es schon sehr, sehr lange dort liegen und alt sein.
    Mit seinem Leuchtstab bewaffnet, trat er in die eisige Schwärze. Die Kammern des Schiffes waren leer, hohl hallte seine helle Stimme von den metallenen Wänden wieder. Neugierig arbeitete er sich von Raum zu Raum immer weiter vor bis zum Herz des alten Frachters. Plötzlich fiel das grüne Licht seines Leuchtstabs auf einen großen alten Schiffscomputer. Als er näher trat, bemerkte Ike ein kleines rotes Licht, das an der Seite aufblinkte. Vorsichtig strich er über die kalte, glatte Oberfläche des Computers und berührte schließlich die leuchtende Taste.
    Erschrocken trat er einen Schritt zurück und riss die Augen auf, als plötzlich hinter ihm mitten im Raum eine Holoprojektion erschien. Das Bild eines alten Mannes, der in einer unverständlichen Sprache redete, flackerte stark und bereits nach wenigen Sekunden brach die Übertragung wieder ab und das blinkende Licht der Taste, an die er gekommen war, erlosch. Noch einmal versuchte Ike die Projektion durch Drücken der Taste wieder zu beleben, doch das Schiff mit seinen Geheimnissen blieb stumm. Ein wenig enttäuscht, aber auch auf seltsame Weise neugierig verließ er das Schiff.


    Es vergingen mehrere Tage bis der Junge wieder zur Höhle zurückkehrte. Eisiger Wind hatte neuen Schnee vor den Eingang der Höhle geweht. Vorbeiziehende Eisdünen veränderten ständig die Landschaft, aber dennoch hatte er sie wieder gefunden. Sein Orientierungssinn hatte ihn noch nie im Stich gelassen. Diesmal trug er einen vollgestopften Rucksack bei sich auf dem Rücken. Dank seines guten Erinnerungsvermögens fand er schnell die Kammer mit dem Computer wieder.
    Er kniete sich neben dem Computerterminal hin und entleerte alles, was er seinem Vater aus der Werkstatt stibitzt hatte. Ein handlicher Generator, ein Bolzenschrauber, mehrere Meter Kabel und anderes Werkzeug. Ehrgeizig begann er sofort mit seiner Arbeit.
    Nach Stunden ausdauernden Schraubens erhob er sich wieder und schaute grinsend auf sein Werk.
    Als er den Generator startete, blitze es kurz auf. Rauch stieg aus einer Ecke auf, dann blitze es noch einmal, diesmal mehr ein Flackern, doch nicht vom Generator, sondern vom Schiffscomputer.
    Zufrieden sah er, wie das rote Licht wieder aufleuchtete. Erwartungsvoll trat er näher und betätigte die Taste... und eine neue Welt eröffnete sich ihm.



    ~ gleicher Planet, gut ein Jahr später ~


    "Ike Buteo! Wo steckst du schon wieder?"
    Schon von Weitem hörte er seine Mutter rufen. Seufzend, aber seine Schritte beschleunigend, trottete er näher. Das Haus seiner Eltern war nicht mehr als eine Hütte. Zwei Räume und ein Anbau, der als Werkstatt diente. Sie waren nicht besonders reich, aber sie hatten genug zum Leben. Soweit man von einem Leben auf Hoth und unter Piraten und Plünderern sprechen konnte. Ihr größter Schatz, sagten seine Eltern immer wieder, sei er.
    Ike war das furchtbar peinlich. Immerhin war er keine drei mehr. Bald schon würde er zwölf werden und dann, so hatte ihm sein Vater versprochen, würde er ihnen nicht mehr nur in der Werkstatt beim Ausschlachten der alten Schiffswracks helfen, sondern dann dürfte er mit zum Markt.
    Ike konnte es kaum erwarten, mehr von der Welt zu sehen, als nur ihre stinkige, kleine Siedlung. Er träumte davon, eines Tages sein eigenes Schiff zu besitzen, statt nur die zurückgelassenen Wracks anderer zu plündern. Aber nicht irgendein Schiff, sondern das Schnellste und Beste der Galaxis!
    Mit seiner Tasche über der Schulter trat er ins Haus.
    „Hier bin ich, Mama.“
    Malou Buteo drehte sich um und bedachte ihn kurz mit einem Lächeln, bevor sich ihre Augenbrauen unter dem rotbraunen Haaransatz streng zusammen zogen.
    „Wo warst du nur schon wieder? Geh in die Werkstatt, du hast noch Aufgaben zu erledigen!“
    „Ja, Mama.“ Mit gesenktem Kopf schlurfte er an ihr vorbei, wobei sie ihm kurz durch das silberweiße Haar strich.


    Ike nahm seine Tasche und ging hinüber in die Werkstatt. In der hintersten Ecke des kleinen selbst zusammen gezimmerten Schuppens stand eine Werkbank, die seinen kleinen Arbeitsbereich darstellte. Dort holte er ein kleines, silbernes Kästchen aus seiner Tasche und stellte es an einen besonderen Platz oben auf dem Regal darüber. Wochen, Monate hatte er damit zugebracht die Informationen aus dem Schiffscomputer des alten Wracks herauszufiltern und in eine neuere Speichereinheit zu übertragen. Immer wieder waren seine Bemühungen unterbrochen worden, da er den Generator ersetzen musste oder auch die Kabel. Unterdessen hatte er jedoch allerhand über die Kultur dieses alten, vermutlich ausgestorbenen Volkes gelernt, das einst mit diesem Schiff die Galaxis bereist hatte. Er hatte einen Teil ihrer Sprache oder vielmehr einzelne Wörter identifiziert und daraus ein kleines Wörterbuch zusammen gestellt.
    Ike grinste, schnappte sich einen Lappen und machte sich an die Arbeit, die auf der Werkbank liegenden Teile zu säubern und zu polieren. Ein entschlossener Ausdruck trat dabei auf sein junges Gesicht. Von nun an würde er sich Lagopus nennen. Das hieß Schneehuhn in ihrer Sprache. Ja, er würde aus dem Spottnamen der älteren Jungen einen Ehrennamen für sich machen.
    Ein Schneehuhn – das war in einer Welt voller Eis nicht die schlechteste aller Tarnungen. Er war schnell, er fand Wege, die kein anderer fand, konnte sich anschleichen und wegducken, wo andere auffielen wie ein Akkhund im Schnee – auch wenn er noch nie einen Akkhund gesehen hatte.
    Und eines Tages, dachte er grimmig und reckte stolz sein weißes Haupt, wenn er sein eigenes Schiff hätte, dann würde er Captain Lagopus Buteo sein – und aus dem Huhn würde ein Bussard werden.
    So wie es die Sprache des alten Volks versprach.


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    Einmal editiert, zuletzt von Lagopus ()

  • ~ Nar Shaddaa, 15 NVC ~


    Er hörte im Hintergrund dumpf das Knistern des Feuers, das langen Schatten in die Dunkelheit seines Zimmers warf. Die einzige Lichtquelle im Raum die er ertragen konnte, weil er hoffte, dass das Feuer ihn mit verzehren würde. Oder das, was von ihm übrig geblieben war.
    Stumpf und starr blickte er auf die Flasche in seinen Händen, deren Inhalt schon wieder drastisch abgenommen hatte. Bald würde er sich wieder hinaus wagen müssen, um Nachschub zu besorgen.
    Langsam ließ er die bernsteinfarbene Flüssigkeit kreisen, die das Licht des Feuers auffing und selber zu glühen schien. Feuerwasser – den Namen trug es zu recht, dachte er grimmig und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche.
    Er genoss das Brennen in seiner Kehle. Nur, dass es leider nicht mehr so brannte wie am Anfang. Zu viel des flüssigen Golds war schon seinen Hals hinab geflossen. Und nicht nur inwendig, wie die Flecken auf seinem Hemd zeigten. Aber wen kümmerte es, wie er herum lief oder roch?
    Er war allein und würde es für lange Zeit, wenn nicht für ewig, bleiben.


    Lago löste für einen Moment den Blick vom Inhalt der Flasche und schloss die Augen. Er suchte die Dunkelheit, das Vergessen, einen traumlosen Schlaf. Doch jedes Mal, wenn er die Augen zu machte, sah er wieder vor sich, wie das erschrockene Gesicht in den Tiefen Nar Shaddaas verschwand, und hatte erneut den Geschmack von Blut auf seinen Lippen und spürte das Feuer der Genugtuung in seinem Herzen. Dieses Feuer, das ihn nun innerlich verbrannte und der Grund war, warum er auf ewig allein bleiben würde.
    Wie könnte er auch je wieder einem anderen ins Gesicht sehen nachdem, was er getan hatte? Er konnte sich ja nicht mal mehr selbst ins die Augen schauen, geschweige denn ihr.
    Er hatte nicht nur den Mann erschossen und über den Balkon hinab gestoßen. Er hatte es genossen. Hatte schweigend zugeschaut, wie er hinab gestürzt war, selbst als dessen Körper längst irgendwo tief unter ihm zwischen den Gebäudeschluchten verschwunden und vermutlich vor irgendeinem armen Teufel auf dem Boden aufgeschlagen war. Er hatte hinab geschaut und eine Schwärze hatte von ihm Besitz genommen. Sie war in sein Herz gedrungen und ernährte sich dort von Hass und dem Gefühl der Macht. Und nun nicht zuletzt von Angst.


    Denn wenn er ehrlich zu sich war, dann hatte er schlichtweg Angst und verbarg sich deshalb in seiner Höhle vor aller Welt. Er hatte Angst vor dem Ausdruck auf ihrem Gesicht, wenn sie ihn so sah, Angst davor, was sie nun von ihm dachte. Er wollte nicht den Ekel und die Abscheu sehen, die sie unweigerlich fühlen musste. Da war es leichter sich von ihr zu trennen und sie von sich zu stoßen. Sie war sowieso besser dran ohne ihn. Er hatte ihr nichts mehr zu bieten.
    Ihre Kinder waren tot. Er hatte sie nicht beschützen können. Und er würde ihr auch keine neuen schenken können. Die Zwillinge waren ein Wunder gewesen. Ein Glückstreffer bei einer Chance von eins zu einer Million. Er wusste, wie sehr sich Jess eine Familie wünschte. Nein! Er schüttelte den Kopf, öffnete die Augen und setzte erneut die Flasche an seine Lippen. Sie war ohne ihn definitiv besser dran.


    Er war nicht mehr besser als dieser abgefallene Jedi, den er getötet hatte. Dieser Perversling mit seinen abartigen Spielchen und dem Traum von einem Sith-Kind. Nur dafür hatte er einen Attentäter heraufbeschworen, der seiner Verlobten in den Bauch gestochen und ihre heranwachsenden Kinder getötet hatte. Dieser Abschaum hatte ihm noch gedroht, er würde am Ende siegen. Und letztendlich hatte er gewonnen.
    Sie hatten alles verloren, was ihnen wichtig gewesen war. Er hatte es ihnen genommen. Ihr Glück, ihre Liebe, ihre Kraft. Aber das schlimmste daran war, er hatte es durch seine Hand getan. Er, Lago, hatte es in seiner blinden Wut zugelassen. In dem Moment, wo er den Kampf mit ihm gesucht hatte, war er zu seinem Werkzeug geworden. Er war nicht mehr Herr seiner selbst, sondern nur noch von Hass, Schmerz und Rache getrieben gewesen. Und auch wenn der verkappte Sith vermutlich nicht geplant hatte, in diesem Kampf umzukommen, so war dies nur das letzte Puzzleteil, um seinen Sieg vervollkommnen zu machen.


    Lago blickte in die lodernden Flammen, die ihre Schatten auf sein Gesicht warfen und es zu einer grimmigen Fratze verzerrten. Tränen brannten ihm in den Augen. Ein stummer Fluch entfloh seinen Lippen und als nächstes zersplitterte Glas an der Rückwand des Kamins. Die Flammen fraßen den hochprozentigen Alkohol mit lautem Zischen auf und loderten für einen Moment noch heller, strahlender und tödlicher. Als lechzten sie nach mehr. Er spürte die Hitze auf seinem Gesicht und genoss das Brennen. Lieber auf seiner Haut, als in seinen Augen... oder in seinem Herzen.
    Er blieb mehrere Minuten so sitzen. Wie lange, wusste er nicht. Erst nach einer ganzen Weile erhob er sich auf wackeligen Beinen und nahm sich eine neue Flasche aus dem Regal.



    ~ einige Tage oder Wochen später ~


    „Lago? Bist du das, Bruder?“
    Trunken hob er den Kopf zu der Togruta, die ihn angesprochen hatte. Durch den alkoholdurchtränkten Nebel drang eine Präsenz zu ihm, die er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Er kniff die Augen zusammen und versuchte seinen Blick auf das Gesicht vor ihm scharf zu stellen. Mit einem entnervten Fluch riss er sich schließlich nach mehrmaligen Versuchen die verdammte Gleitermütze vom Kopf, die sein degeneriertes Äußeres vor der Außenwelt verbarg. Darunter kamen ungewaschene, schulterlange Haare und ein struppiger Mehrwochenbart zu Tage.
    Mit ächzenden Gliedern beugte er sich ein Stück vor und nahm wieder die Togruta ins Visier. Das Bild, das er vor sich hatte, passte so gar nicht mit der Erinnerung überein, die die Präsenz heraufbeschwor.
    „Snips?“, fragte er ungläubig und nuschelnd.
    Ein Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht der jungen Frau. „Ich nenne mich wieder Nalai.“
    „Aha.“ Irritiert versuchte er sich aufzurappeln und rutschte dabei fast von der Bank, auf die er sich auf dem Nachhauseweg niedergelassen hatte. Die in Papier verpackte Flasche entglitt seinen Händen und wäre beinahe zu Boden gegangen, wäre die Padawan nicht mit ihren Reflexen schneller gewesen.
    „Wo warss du di anzen Jahre ü-über?“, brachte er mühsam hervor und versuchte vergeblich nach der Flasche zu greifen.
    „Ist nicht so wichtig“, erwiderte sie und hielt das Objekt seiner Begierde aus seiner Reichweite. „Sag mir lieber, was mit dir passiert ist?“
    „Mit mir?“, entfuhr es ihm lauter als beabsichtigt, worauf sich einige Leute auf der Promenade pikiert nach ihnen umdrehten. „Nischt!“ Er erhob sich und baute sich recht wackelig vor der kleineren Togruta auf.
    „Das sehe ich“, seufzte sie und packte ihn bestimmt am Arm. „Komm. Ich bring dich erst mal hier weg, Bruderherz.“ Sie legte sich mit einer Kraft, die man ihr nicht zutraute, seinen Arm um die Schultern und bugsierte ihn Richtung Taxistand.
    „Kriechich meinen... Whissey wieder?“, lallte er und ließ sich schwerfällig mitziehen.
    „Nein!“ Mit einem gekonnten Drei-Punkte-Wurf landete die noch fast volle Flasche im nächsten Mülleimer.
    „Verdammt!“

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  • Morgenhimmel über Nar Shaddaa


    ~ Nar Shaddaa, 21 NVC ~


    Sophi seufzte leise und drückte ihr Gesicht an seine Brust.
    "Wer ist jetzt der größere Dummkopf?", kam es dumpf von ihr, dann schaute sie wieder hoch. "Du bist wie ein Banthabulle vor der Beschneidung weggesprungen, als ich dir durchs Haar greifen wollte.... Dabei war es das einzige Mal, wo ich keine Hintergedanken hatte."
    Mit einer Mischung aus Belustigung, Neugier und auch ein wenig Entsetzen sah Lagopus auf sie herab. "Du hattest... Hintergedanken?" Er streichelte sanft ihren Nacken und ließ seine Hand langsam ihren Rücken hinab gleiten.
    Kurz wurde es wieder still zwischen ihnen. Ihr Zigarillo, den sie noch in der Hand hielt, flackerte ein letztes Mal geräuschvoll auf, bevor er gänzlich erlosch. Einen Moment später nahmen Sophilias Züge einen ertappen Ausdruck an, ehe sie beschämt die Augen niederschlug. "Aye.“
    Er sah auf die Frau in seinen Armen herab und konnte kaum glauben, dass sie diese Unterhaltung tatsächlich führten. Natürlich war er vor ihr davon gesprungen, als sie bei ihrer Begegnung auf der Promenade tags zuvor ihre Hand zu seinem Gesicht gehoben hatte. Woher hätte er denn auch ahnen sollen, dass sie ihre Meinung geändert hatte? Dass sie sich entschieden hatte? Konnte er etwa Gedanken lesen?
    Es war schon vorher schwer genug gewesen, ihre Nähe, ihre gegenseitigen Neckereien und ihre bedeutungslosen Zärtlichkeiten zu ertragen. Immerhin hatte er seine Entscheidung für sich bereist getroffen. Schon vor Tagen. Aber er respektierte, dass sie in ihm nichts weiter als einen Freund sah und auch nicht mehr von ihm brauchte. Und jetzt sagte sie ihm, sie hätte Hintergedanken?
    Er lachte verhalten. "Nun... dann brauch ich mich für meine ja nicht zu schämen."



    ~ etwa später ~


    Irgendwas hatte ihn geweckt? Er konnte nicht genau sagen was. War der stumme Alarm ausgelöst worden? War Aricia ohne Anmeldung aufgetaucht? Er lauschte in die dämmrige Dunkelheit seines Schlafzimmers, doch da war kein fremdes Geräusch. Nur das vertraute Knistern des Kamins, das vertraute Schnarchen des Hundes und die noch unvertrauten, aber willkommenen Atemzüge von Sophi.
    Mit einem Lächeln drehte er den Kopf leicht zur Seite. Ihr Kopf lag auf seiner Armbeuge, der weiche, warme Körper mit dem Rücken an ihn geschmiegt. Er konnte immer noch nicht fassen, dass sie es getan hatten. Dass sie den wahnwitzigen Sprung gewagt hatten... und im Paradies gelandet waren.



    ~ noch etwas später ~


    Es war früh morgens, der dunstige Himmel Nar Shaddaas gab weder die ersten Sonnenstrahlen frei, noch spürte man eine frische Morgenbrise auf der Haut. Stattdessen brummte die Lüftungsanlage stetig vor sich hin. Doch das machte nichts. Sophi hatte die Augen längst aufgeschlagen und beobachtete den schlafenden Mann neben ihr. Liebevoll glitt ihr Blick über seine entspannten Züge.
    Noch vor wenigen Tagen hätte sie auf Uhr und Urkunde geschworen, dass das, was sie empfand, nicht vielmehr als körperliches Verlangen war... ein Gefühl, geboren aus Verzweiflung und Einsamkeit. Sie hätte geschworen, dass sie Finsh nie hintergehen könnte, im Leben nicht.
    Sophilia schüttelte den Kopf, fuhr sich kurz über das Gesicht und versuchte diese Gedanken weit, weit weg von sich zu schieben. Jetzt war nicht der Augenblick dafür.
    „Du hast dich entschieden. Trag' es wie eine Corellisi“, dachte sie im Stillen.
    Ja, und sie war glücklich. Jetzt in diesem Augenblick, in dem ihre Hand durch sein helles Haar strich und ihre Lippen Küsse auf seinen Nacken hauchten. Einen Augenblick später wurde sie davongetragen, von dieser Welle der Zärtlichkeit, ihre Schenkel pressten sich aneinander und das Herz verkrampfte sich einen Moment lang. Besser sie hüpfte jetzt aus dem Bett, jetzt oder nie wieder.
    "Ike...", kam es leise, ganz sanft. "Ike, hörst du mir zu?" Als er kurz die Augen aufschlug und sie ansah, machte ihr Herz einen Purzelbaum. "Ich muss los, wir hören uns später, aye?"
    Ein zarter Kuss wanderte über seine Lippen, dann ließ sie ihn weiter schlafen. Sie streifte sich ihre Kleider über, hinterließ mit einem zarten, roséfarbenen Lipgloss ein Herz auf seinem Datenpad und verließ das Apartment.



    ~noch noch etwas später ~


    Als Sophilia später am gleichen Tag - oder besser gesagt, am Abend - wieder zu ihm flog, war seine Tür tatsächlich, wie angekündigt, offen. Sie bedauerte es ein wenig, dass er zuvor mitten in ihr Wiedersehen mit A'ranovor geplatzt war. Es war trotz der gemeinsame Nacht noch so viel unausgesprochen zwischen ihnen. Und sie hatte in seinen Augen gesehen, wie gern er dieses klärende Gespräch mit ihr geführt hätte. Seine Unsicherheit sich ihr in Ara's Beisein zu nähern und dann diese kleinen Zeichen und Gesten zwischen ihnen, die bereits mehr verrieten als Worte. Sie hatte mit ihren Berührungen keinen Hehl mehr aus ihren Gefühle für ihn gemacht und doch hatte Ara's direkte Frage sie verunsichert, sie beide. Sie war immerhin noch verheiratet und dass sie miteinander geschlafen hatten, hieß noch lange nicht, dass sie jetzt zusammen waren.
    „Seid ihr zwei zusammen?“ Gute Frage. Sie wusste es nicht und dennoch...


    Mit einem Kribbeln in der Magengegend ging sie auf der Suche nach ihm durch das Büro und die Treppe hinunter zu seinen Privaträumen. Dort fand sie ihn, nur mit einem Handtuch bekleidet, an seinem Schreibtisch sitzend, ein Datenpad in seiner Hand, den Blick fest darauf gerichtet. Konzentriert war er bei der Arbeit, schob einige Zahlen hin und her und sortierte seine Geschäftsunterlagen der vergangenen Woche. Ein seltsamer Anblick für Sophi. So... erwachsen.
    Ein Lächeln huschte über ihre Züge. Sie ging weiter auf ihn zu, sicher, dass er sie nun doch aus den Augenwinkeln bemerkt haben musste, und legte ihm von hinten die Arme um den Hals. Ihre Hände streichelten dabei über seinen warme Oberkörper. Wie von selbst lehnte sie ihre Schläfe an seinen Kopf, atmete kurz, aber tief den Duft seiner frisch gewaschenen Haare ein und hauchte ihm einen Kuss auf den langen Hals.


    Ein kurzes Raunen folgte, bevor er sie lächelnd begrüßte. "Na?", kam es langgezogen. "Hast du deinen Jungen endlich in den Pool geworfen oder ins Bett gebracht?"
    "'Meinen' Jungen?", lachte sie leise. "Weder noch. Wir haben uns noch unterhalten. Dann habe ich mich verabschiedet und er ist - denke ich - tatsächlich noch eine Runde schwimme gegangen." Sie zuckte leichthin mit den Schultern, beugte sich vor und schaute ihn schmunzelnd an. "Du bist doch nicht... eifersüchtig?"
    Unerwartet schnell griff er plötzlich nach ihrem Körper und zog sie auf seinen Schoss. Ein kurzes "Huch" entfleuchte ihr.
    "Wenn ich dich nicht besser kennen würde... vielleicht", erwiderte er grinsend. Seine blauen Augen funkelten übermütig und jungenhaft, während er sie mit einem Arm fest auf seinem Schoss hielt und mit der anderen Hand eine Strähne aus ihrem Gesicht strich.


    "Und du denkst, du kennst mich besser?" Die Frage, obwohl im amüsierten Tonfall gestellt, entbehrte nicht einen gewissen Ernst - und eine gewisse Neugier.
    "Aye", raunte er ihr zu und kam mit seinem Gesicht dem ihren so nahe, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten.
    Atemlos schaute sie kurz auf, bevor sich ihr Blick auf seine Lippen heftete.
    "Schön, dass du noch gekommen bist...", flüsterte er und kaum ausgesprochen lag sein Mund schon auf ihre. Er küsste sie, zuerst zärtlich dann schnell leidenschaftlicher und begehrlicher. Die eine Nacht hatte noch längst nicht ausgereicht, um die angestauten Gefühle der vergangenen Tage rauszulassen und zu befriedigen.
    "Wie... hätte ich... nicht?", antwortete sie mühsam zwischen ihren Küssen.
    Seine Arme schmiegten sich um ihren Körper, seine Hände fuhren über ihren Rücken, pressten sie noch enger an sich. Seine Absichten - oder besser gesagt, seine Wünsche - waren eindeutig zu erkennen.


    "Bleibst du?", unterbrach er den Kuss heftig atmend.
    "Wenn du... es willst?"
    "Ja... aber..."
    "Aber... was?"
    "Ich will das du 'wirklich' bleibst... bis zum Frühstück... und nicht wieder im Morgengrauen verschwindest."
    Mit leichtem Druck legte sie ihre Hände auf seine Brust und schob ihn sanft von sich weg.
    "Ike... du weißt..." Ein bittender, trauriger Ausdruck trat in ihre Augen.
    Er seufzte innerlich. Ja, er wusste, warum sie abgehauen war. Was sie von ihm wegzog, was sie selbst in diesem Moment innerlich zerriss. Finsh – ihr im Koma liegender Ehemann, den sie auch nach einem Jahr immer noch hegte und pflegte und auf sein Erwachen hoffte.


    "Ja", unterbrach er sie, nicht barsch aber doch energisch. Sie hatten diese Diskussion schon zu oft in den letzten Wochen geführt, aber nie mit der Konsequenz wie heute. Sanft legte er dann seine Hand über ihre. "Du weißt... wenn was sein sollte... wenn der Alarm los geht... weil irgendetwas mit ihm ist... bin ich der erste, der dich wieder nach Hause fliegt. Aber bis dahin..." Seine sinnlich geschwungenen Lippen streiften sacht über die ihren. "Bis dahin lässt du es mal ruhen... und bleibst... wenigstens bis zum Frühstück, aye?"
    Mit einem liebevollen Lächeln, dem frau eigentlich nicht widerstehen konnte, schaute er sie bittend an.


    "Aye, bis nach dem Frühstück", sagte Sophi schlicht. Mehr war auch nicht mehr notwendig.
    Mit einem Schwung drehte sie sich so um, dass sie rittlings auf seinem Schoß saß und ihm ins Gesicht sehen konnte. Sacht streifte ihre Nase die seine, ehe sich die Lippen kurz anschmiegten... Mhmm... sie waren trocken, doch da konnte man Abhilfe schaffen. Mit der Zunge fuhr sie zärtlich darüber und schnell wurde der Kuss intensiver als gedacht. Nicht schlimm!
    Sie atmete seufzend durch die Nase aus, glücklich, erregt, verliebt.
    „Mehr... mehr...“, sprach ihr Körper und das Herz folgte - oder war es umgekehrt? Einerlei.




    Dieses Kapitel enthält direkte Anteile aus dem RP. Mein Dank dafür, dass sie überhaupt und so schön zustande kamen, geht an Sophilia, der Mitautorin dieser Texte.

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  • Das Verlöschen eines Sterns


    ~ Corellia, 22 NVC ~


    Er konnte es kaum erwarten. Seine Füße trugen ihn schnellen Schrittes hinüber in den Wohnkomplex der Brauereianlage. Er war so nervös und erwartungsvoll, dass er beim Landeanflug beinahe den Schacht gerammt hätte.Lago, sein Sohn, hatte ihn schon ganz komisch von der Seite her angeschaut. Aber wie sollte ein Junge von dreizehn Jahren das auch verstehen können, der noch nie in seinem Leben verliebt gewesen war. So richtig durch und durch verliebt.
    Nur mit Mühe hatte er seine Ungeduld zügeln können, um Lago die Brauerei zu zeigen und den Gästebereich, wo sie die nächsten Tage schlafen würden. Er hatte gewartet, bis sein Sohn ein erstes unterdrücktes Gähnen erkennen ließ und ihn dann schnellst möglich ins Bett gesteckt.


    Nun schien jede Sekunde zu zählen. Wie hatte er es nur so lange ohne sie ausgehalten? Er wusste es nicht, aber jetzt war es auch egal. Nur noch ein paar Meter, ein paar Schritte, dann war alles gut.
    Mit klopfendem Herzen und erwartungsvollem Blick öffnete er die Tür zu ihrer Wohnung und dort stand sie.
    Sie drehte sich zu ihm um und lächelte scheu. Es war ihm ein Rätsel, wie eine gestandene Frau von fast vierzig Jahren manchmal immer noch so schüchtern wie ein Schulmädchen wirken konnte. Als er mit einem breiten Lächeln und großen Schritten auf sie zu gestürmt kam, wurde ihr Lächeln unsicher und nervös, doch darauf konnte er nun keine Rücksicht nehmen. Zu sehr hatte er sie vermisst.
    Ungestüm nahm er sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. „Sophi“, hauchte er in purer Erleichterung.
    Er spürte, wie sich ihre Hände langsam um seinen Rücken legten. Nervös lächelte sie. „Ike? Ist alles in Ordnung?“
    „Ja... jetzt“, antwortete er und hielt sie weiter an sich gedrückt. Es war eine Ewigkeit her und genau so lange würde er auch brauchen, bis es sich wieder normal anfühlte.
    „Was ist passiert?“, hörte er ihre verunsicherte Stimme fragen.
    „Nichts... alles... zu viel.“ Er nahm einen tiefen Zug vom Duft ihrer Haare, bevor er sich langsam von ihr löste. Doch nur eine Handbreit. Selbst ihren Duft, diese Mischung aus mit Vanille aromatisierten Zigarillos, die er sonst verabscheute, und dem Shampoo, das sie immer benutze, hatte er vermisst. Lächelnd nahm er ihr verwundertes Gesicht in seine Hände und legte seine Stirn an ihre.
    Min larel1“, flüsterte er zärtlich, bevor er seine Lippen sanft auf ihre tiefroten Mund legte. Er brauchte das, musste spüren, dass sie wirklich da war. Nicht wie in seinen Träumen, in denen er sich nach ihr verzehrt hatte.


    Ihr Hand hatte mittlerweile in sein Haar gefunden, fuhr ihm durch die einzelnen, weißen Strähnen, so wie sie es immer tat und doch war da immer noch diese Verunsicherung zu spüren. Sicher war das seine Schuld. Er war einfach viel zu lange weg gewesen, hatte sie zu lange allein gelassen.
    Wann hatten sie sich das letzte Mal richtig gesehen und nicht nur über Holo? Bestimmt war es schon zwei Monate her, wenn nicht länger. Aber nun waren sie wieder vereint. Skrag2, wie hatte er sie vermisst.
    Schnell wurde sein Kuss leidenschaftlicher. Doch bevor er sich darin verlieren konnte, waren ihre Hände auf seine Brust gerutscht und stießen ihn leicht von ihr.
    „Warte!“, flüsterte sie rau.
    „Was?“ Ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen. „Ich habe dich vermisst, min larel1.“
    „Ich... ich dich auch“, erwiderte sie und sah mit ihren großen bernsteinfarbenen Augen zu ihm auf. „Aber ich... muss dir was sagen...“


    Schmunzelnd hob er die Augenbrauen. „Hat das nicht Zeit... bis morgen? Ich hab dir auch einiges zu erzählen....“
    In der Tat wusste er gar nicht, wo er beginnen sollte. Kurz nach ihrem letzten Treffen war er nach Rishi aufgebrochen. Ein einfacher Job: schauen, ob es Arises Schwester gut ging und wieder zurück.
    Denkste! Damit hatte der ganze Trubel erst angefangen. Sein Bauchgefühl hatte ihm gleich gesagt, dass was nicht stimmte, aber er hatte nicht drauf gehört. Zwar war er etwas länger auf Rishi geblieben als geplant, aber nur um sein schlechtes Gewissen gegenüber Arise zu beruhigen, und letztlich war er ohne Re've wieder nach Nar Shaddaa zurück gekehrt. Dort hatte ihn dann Sadya aufgesucht und die Ereignisse hatten begonnen, sich zu überschlagen.
    Sollte er Sophi davon erzählen, wie er zugelassen hatte, dass Sadya dem durchaus lebendigen und entgegen aller Gerüchte gar nicht toten Sonari in die Hände gefallen war, der sie grün und blau geschlagen und ihr die Zunge herausgeschnitten hatte?


    Wer tat so etwas mit Menschen, die man liebte oder mal geliebt hatte? Ike konnte sich nicht vorstellen, jemals so grausam gegenüber seinem Sohn zu sein... oder gegen Sophi. Er würde nicht mal so grausam sein, ihr die volle Wahrheit über das zu sagen, was danach passiert war. Weder wie Sonari seine eigenen Kinder gejagt hatte, noch von der Schießerei mit dessen Wachen würde er ihr erzählen, auch nicht, dass er eine der Wachen mit einem Kopfschuss getötet hatte. Das zu wissen, würde sie nur unnötig belasten. Nichts von den vielen Toten und Sonaris höhnischer Stimme in seinem Kopf.
    Es reichte, dass sie wusste, dass er beim letzten Kampf angeschossen worden war. Sie musste sich große Sorgen um ihn gemacht haben, auch wenn sie es in den kurzen Nachrichten, die sie ausgetauscht hatten, sich nicht hatte anmerken lassen. Es tat ihm unendlich leid, dass er ihr das zugemutet hatte. Aber er hatte es tun müssen. Gerade für sie. Um der Mann zu sein, der ihre Liebe und ihre Achtung verdiente, hatte er das Richtige tun und sich diesem Kampf stellen müssen. Der kleine Verrat, den er dabei begangen hatte, nagte natürlich an seinem Gewissen, aber das gehörte jetzt nicht hier her. Er würde sich dafür entschuldigen, wenn er es ihr gebeichtet hatte. Später.


    „Ich hab dir auch einiges zu erzählen.... aber jetzt... will ich eigentlich nicht reden.“ Ein liebevolles Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln und mit bittendem Blick nahm er ihr Gesicht wieder in seine Hände. „Aye?“
    Mehrere Herzschläge lang sah sie ihn schweigen an. Sie spürten beide, dass einiges zwischen ihnen stand und aufzuholen war, aber es lag in ihrer Entscheidung, dies für einen Moment beiseite zu schieben und einfach nur ihre Zweisamkeit zu genießen.
    „Aye“, sagte sie schließlich fest und nickte.


    In schnell aufbrausender Leidenschaft stolperten sie wenige Augenblicke später in ihr Schlafzimmer, eine Spur herabfallender Kleidungstücken hinter sich her ziehend. Wie genau sie in ihrem Bett gelandet waren, war irrelevant. Er spürte den warmen, weichen Frauenkörper, der sich unter, neben, über ihn anschmiegte. Weiche Lippen, die die Erinnerungen weg küssten. Er legte seine Arme um diesen Körper, seine Hände ertasteten nackte Haut. Diesmal war es kein Traum!
    Ein zufriedenes Lächeln stahl sich kurz auf seine Lippen, die schnell wieder bereitwillig in den Kuss eintauchten. Ihre Hände glitten seinen Körper hinab, jede Berührung jagte Schauer der Erregung und Vorfreude durch seine Nerven. Er spürte, wie sich ihr Verlangen nach einander immer weiter steigerte und mit ihm auch seine rein körperliche Erregung. Doch da war noch mehr...


    Seine Sinne taumelten, waren berauscht wie kein Whiskey Corellias es vermochte. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust, wie bei ihrem aller ersten Mal. Ob sie es wohl hören konnte? Wie ihm das Blut in den Ohren rauschte, nur weil sie da war. Weil ihr Duft ihn umhüllte, weil ihre Nähe ihn schier vor Glück platzen ließ.
    Er wollte es nicht forcieren, wollte nicht nur ihr körperliches Verlangen stillen, wollte es hinauszögern... genießen... soweit und so lang es ging. Als wenn es kein Morgen gab.
    Und gleichzeitig wollte er nichts lieber, als so nahe wie möglich bei ihr sein. Eintauchen in ihr und nicht mehr spüren, wo er aufhörte und sie begann. Eins sein.... ein Gedanke, ein Ziel, ein Atem, ein Herzschlag. So wie es immer mit ihr war.
    Farben, Formen, Zeit - alles verlor seine Bedeutung. Nur sie... sie war das einzig Reale in diesem Moment. Das einzige, das zählte.
    Er wollte es ihr sagen. Die Worte lagen ihm auf den Lippen. Sein Herz hatte es längst schon in die Nacht hinaus gerufen. Dort waren sie verklungen, stumm... ungesagt... wurden vom nächsten Kuss verschluckt. Aber sie wusste es ohnehin schon. Seine Worte waren ihre Worte. „Min min larel valle.3Er war da, wo er sein wollte: bei ihr! Und bis zum Morgengrauen gehörte sie ihm... und er ihr.



    ~ nächster Morgen ~


    Wohlig rekelte Ike sich in den Laken. Er fühlte sich vollkommen selig und hatte so gut und tief geschlafen, wie schon seit Wochen nicht mehr. Dabei war ihm in dem halb dämmrigen Zustand zwischen Wachen und Träumen, in dem der sich befand, durchaus bewusst, dass dies nicht nur an der körperlichen Erschöpfung lag. Es lag vor allem an der Frau, in dessen Armen er zufrieden eingeschlafen war. Die Frau, die nun ebenso selig neben ihm lag. Blind tasteten seine Arme zur Seite und griffen ins Leere. Leer?
    Langsam hob Ike den Kopf und blinzelte zur anderen Betthälfte. Tatsächlich leer. Verwundert schaute er sich um. Sophis Schlafzimmer lag noch im Halbdunkel des gerade erst beginnenden Tages. Durch die Vorhänge drang fahles Licht herein. Echtes Licht, wenn auch grau, und nicht das künstliche, bunte Geflacker von Nar Shaddaa. Ja, vielleicht war es Zeit, sich von dem chaotischen Mond abzusetzen. Zeit, sich was festes zu suchen, was echtes, so wie die Frau, der sein Herz gehörte. Und wo er sich befand, war doch letztlich egal, so lange sie zusammen waren.


    Zwischen den vagen Schatten regte sich etwas. „Sophi?“, rief er irritiert in den Raum hinein. Als keine Antwort kam, erhob er sich auf die Ellenbogen um weiter in den Raum sehen zu können. In einem der Sessel saß zusammen gehockt seine Freundin, die Knie bis unters Kinn gezogen, und blickte ihn stumm an. „Komm wieder ins Bett.“ Er schlug mit einem einladenden Lächeln auf die leere Seite neben sich. Als sie sich jedoch immer noch nicht regte und stattdessen ihre Schultern verräterisch zuckten, schwang er seine Beine aus dem Bett und angelte nach seiner Hose, die er als letztes unweit des Bettes verloren hatte. Barfuß ging er zu ihr hinüber, während er den obersten Knopf schloss.
    Ihr Blick sank zu Boden und erhob sich erst wieder, als er vor ihr in die Hocke ging und seine Hand auf ihr Knie legte. Sein Lächeln, mit dem er sie bedachte, gefror als er den tieftraurigen Ausdruck in ihren Augen bemerkte.
    „Hey Sophi... was ist los?“, flüsterte er besorgt. Ihre Hand legte sich über seine und er spürte, wie ein stummes Zittern durch ihren Körper lief. Jäh wurde ihr Schweigen von einem herzzerreißendem Schniefen unterbrochen. „Min larel1?“, fragte er vorsichtig nach.


    „Ich... ich...“, schluchzte sie und biss sich hilflos auf die Unterlippe. Tröstend strich er mit dem Daumen über ihren Handrücken. Ike erahnte, was ihr auf der Seele lag. Sie musste los werden, was sie ihm gestern schon sagen wollte. Verstehend nickte er. „Du weißt, du kannst mir alles sagen.“
    Ein unsicherer Blick stahl sich in ihre Augen, bevor sie nochmals schniefend nickte. „Finsh ist aufgewacht.“


    Erstarrt sah er sie an. Damit.... hatte er nicht gerechnet. Er fühlte, wie sich sein Magen zusammen zog und sein Herz begann, schneller zu schlagen. Tief ein und aus atmend versuchte er, sich wieder zu sammeln, wohl bewusst, dass ihre Augen jede Reaktion in seinem Gesicht registrierten.
    Schließlich nickte er und fuhr fort, ihren Handrücken in beruhigenden Kreisen zu streicheln. „Das... ist gut.“ Er hatte gewusst, dass dieser Tag eines Tages kommen würde, hatte ihn sogar herbei gesehnt. Trotzdem kam die Nachricht überraschend. „Wann?“
    „Vor drei Wochen“, kam es leise.
    „Aber Sophi! Wieso hast du denn nichts gesagt?“
    Ihr Blick wich seinem aus. „Du warst beschäftigt... und außerdem... musste ich mich erst mal um ihn kümmern.“
    Ike unterdrückte ein Seufzen. Er hätte für sie da sein müssen. „Es tut mir leid...“ Er schwieg einen Moment und verfluchte sich und alles, was ihn abgehalten hatte. „Wie... wie geht es ihm denn?“
    Sie sah ihn immer noch nicht an. „Ganz gut... den Umständen entsprechend. Er hat sich.. erstaunlich schnell wieder erholt“, antwortete sie leise.
    „Und wo ist er? Hier?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Er braucht eine bessere medizinische Betreuung, als das hier möglich wäre.“ Für einen kurzen Moment war sie ganz die nüchterne Ärztin, zu ganzen Sätzen fähig, sachlich, pragmatisch und ohne Schluchzen. Dass der Patient in diesem Fall ihr Mann war, war nur an der leisen Stimme und dem niedergeschlagenen Blick zu erkennen.


    „Und hast du... es ihm schon... gesagt?“, fragte er vorsichtig weiter. Ein stummes Kopfschütteln folgte, zusammen mit einem gequälten Gesichtsausdruck, der ihm das Herz schwer machte. Er erhob sich aus der Hocke, griff nach ihren Armen und zog sie mit sich hoch aus dem Sessel, um sie ihn eine feste Umarmung zu ziehen. Er war nicht für sie da gewesen, als Finsh aufgewacht war, aber er würde jetzt für sie da sein. Ihre Arme schlangen sich um seinen Hals und er spürte, wie ihr Körper wieder von Schluchzern erschüttert wurde. „Ich bin für dich da...“, flüsterte er beruhigend. „Und ich steh dir bei. Wenn du meinst, dass es hilft, sagen wir es ihm zusammen...“
    „Ich... ich... kann das nicht...“ Ihr Hände sanken auf seine Brust hinab und stießen ihn von sich weg.
    Er ließ sie gewähren, löste aber ihre Umarmung nicht ganz. Mitfühlend aber auch besorgt schaute er sie an. „Was? Es ihm sagen? Ich sage doch, du musst das nicht allein... Ich kann auch mit ihm reden, wenn du nicht magst...“ Der Druck auf seiner Brust unterbrach ihn. Sie schüttelte den Kopf.
    „Ich meine... das hier...“


    Sie sah zu ihm auf und ihr Blick jagte ihm augenblicklich einen kalten Schauer über den Rücken. Eine Ahnung kroch sein Rückgrat hinauf, dass ihr gequälter Gesichtsausdruck ihn meinte, nicht Finsh.
    „Was... was meinst du?“, fragte er stockend und blickte argwöhnisch auf sie herab. Sein Puls beschleunigte sich, Angst überkam ihm plötzlich. Wollte er die Antwort wirklich wissen?
    „Das hier...“, wiederholte sie leise und zeigte mit dem Finger auf sie beide. „Uns.“
    Eine kalte Faust umklammerte sein Herz, während sie ihn weiter aus ihren großen, bernsteinfarbenen Augen ansah. Ihr Blick traurig, Tränen standen ihr in den Augen, und doch so seltsam ruhig. „Ich kann nicht... mit dir zusammen sein.“


    Da waren die Worte raus, die ihn wie einen Faustschlag in die Magengrube trafen und sämtliche Luft aus seinen Lungen entwichen ließen. Seine Hände, die immer noch um ihre Hüften lagen, krallten sich in den Stoff ihres Hemdes. Langsam bewegte sich sein Kopf hin und her. „Nein... nein das... kannst du nicht ernst meinen... Sophi... min larel, min gylif4...“ Verzweifelt sah er sie an. Alles in ihm wehrte sich gegen ihre Worte und gegen die Erkenntnis, dass sie es ernst meinte.
    „Du hast gesagt... du würdest dich für mich entscheiden!“ Er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme lauter und schrill wurde. Er wusste, dass es verzweifelt klang, aber - verdammt - er war es auch!
    „Das habe ich auch.“ Sie griff nach seinen Händen, löste sie von ihrem Körper und hielt sie zwischen sich in den ihren. „Ich... werde mich von Finsh trennen“, erklärte sie leise aber fest. „Ich habe es ihm nicht gleich sagen wollen, wo er noch so schwach war. Aber es hat keinen Zweck, ich kann nicht mehr zu ihm zurück.“


    „Aber... aber wieso dann…?“ Ike verstand die Galaxis nicht mehr. Das musste ein böser Traum oder ein Paralleluniversum sein, in dem er erwacht war. Das konnte doch nicht tatsächlich passieren!
    Sie ließ seine Hände los, die kraftlos zur Seite sanken, und erhob eine Hand an seine Wange.
    „Ich liebe dich, min turhaya.5“ Ihr Blick sagte ihm, dass sie nicht log. Es war die Wahrheit. Genauso wie die Worte, die folgten. „Aber ich... ich kann nicht einfach so weiter mit dir zusammen sein... Ich brauch Zeit für mich. Ich liebe dich, aber ein Teil von mir liebt auch noch Finsh. Verstehst du das?“ Er verstand es. Sein Kopf verstand es. Doch sein Herz verstand nichts von alldem und wollte die Konsequenz nicht akzeptieren.
    „Aber...“, wandte er protestierend ein und verstummte. Was sollte er sagen? Was konnte er sagen, um ihre Meinung zu ändern? Eine Träne lief ihm unbemerkt übers Gesicht.
    Sie streichelte mit dem Daumen über seine Wange, um sie aufzufangen, streckte sich zu ihm hoch und hauchte ihm einen zarten Kuss auf seine Lippen. „Es tut mir leid, Ike...“ Und dann nahm sie das Armband, das er ihr nach Kids Hochzeit geschenkt hatte, von ihrem Handgelenk und legte es in seine Hand.


    Betäubt, benommen sah er zu, wie sie sich umdrehte und das Zimmer verließ. Sie ging aus seinem Leben. Einfach so. Und es gab nichts, was er tun konnte, um das zu verhindern. Seit seiner Kindheit hatte er nicht mehr geweint, aber nun strömten die Tränen stumm über seine Wangen, liefen den Hals herab und benetzten seine Brust. Ein Schrei ertönte tief in seinem Inneren und mit der Explosionsgewalt einer Supernova zersplitterte sein Herz. Er spürte es. Es war nicht mehr da. Alles war weg. Sein Herz, seine Liebe, sein Leben. Vom einen auf den anderen Moment.
    Gebrochen sank er zu Boden auf die Knie und weinte, bis keine Tränen mehr in ihm waren.



    1. Min larel = corell. meine Liebe
    2. Skarg = corell. Kraftausdruck
    3. Min min larel valle = corell. Ich liebe dich
    4. Min gylif = corell. mein Leben
    5. Turhaya = corell. leuchtender Stern

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    Einmal editiert, zuletzt von Lagopus ()

  • Never ending story


    ~ Nar Shaddaa, 22 NVC ~



    No I won't give up
    But I might give in
    Leave it up to love
    And I'll never win
    Pick my battle
    Fight with grace
    Alsways in the out of place
    Stuck in the middle
    Between silver and gold
    At the risk of loosing you
    I keep doing what I do
    Never stop pushing through


    „Ich muss mich ja verteidigen können... du bist dazu ja nicht in der Lage.“
    Ihre Worte hallten trotz des alkholdurchtränkten Nebels, der ihn umgab, in seinem Kopf.
    Benommen sackte Lago auf dem Sofa zusammen, wo Shin ihn zurück gelassen hatte. Er schloss die Augen und alles begann sich in ihm und um ihn herum zu drehen. Verdammt! Dieser Starshine hatte es in sich. Vielleicht hätte er besser auf Shiva's Rat gehört und das zweite Glas nicht angerührt... oder den Fungusschnaps danach weglassen sollen.
    Aber in dem Moment, wo ihm das brennende Zeug die Kehle runter rann und dieses Gefühl der Leere weg ätzte, hatte es sich gut angefühlt. Bis zu dem Moment auf der Treppe, als er mal wieder nur helfen wollte. Seinen Schmerz zurück gestellt hatte, weil er sich um sie sorgte. Und was war der Dank?


    Er hatte geglaubt, nach Sophis Abfuhr hätte es für ihn nicht mehr schlimmer kommen können. Er war doch schon ganz unten. Aber als Arise ihm jene Worte entgegen geschleudert hatte, wäre er beinahe die Treppe des Red Lady wieder hinab gestürzt.
    „Du kannst meine Tochter nicht beschützen!“
    Dies war eine andere Stimme. Dröhnend, ihn verhöhnend und verspottend. Lago hielt sich die Ohren zu, auch wenn es nichts half. Die Stimme war in seinem Kopf, nicht als Erinnerung, sondern als Widerhall von Rick Sonari, der in seinem Geist eingedrungen war. Immer noch erklang das höhnische Lachen tief in ihm und mischte sich dort mit dem Schmerz seines Herzens. Es schmerzte, weil es die traurige Wahrheit war. Sonari hatte seinen Wundenpunkt gefunden und genüsslich darin rumgebohrt. Er hatte sie nicht beschützen können.
    Sie nicht - und keinen anderen in seinem Leben.


    Er hatte Jessie nicht vor dem Attentäter beschützen können.
    Jeenarin nicht vor dem Sith-Schüler.
    Seinen Sohn nicht vor Nye.
    Snips nicht vor sich selbst.
    Ella nicht vor ihrer Vergangenheit.
    Lady Si'nistas Leute hatte er in den Krieg mit Sonari hinein gezogen.
    Genauso wie Giza, Khiro, Shin, Veyy und Palo. Und sie alle hatten was abbekommen.
    Er hatte Sadya nicht vor Sonari retten können.
    Konnte Sophi nicht von ihrer Zerrissenheit befreien.
    Und Arise nicht vor Styx und seiner Gefolgschaft bewahren.
    Beide Sonaris hatten Recht. In allem, was er sich je vor genommen hatte, war er gescheitert.


    Etwas drückte auf seine Brust. Er griff in die Tasche seiner Weste und holte die beiden schmalen, metallenen Reifen hervor. Die corellanische Gravur spottete seiner: Min turhaya.
    Angewidert pfefferte er die Ringe auf den Tisch.Er war kein leuchtender Stern. Er hatte sich bemüht, es zu sein. Für Sophi und für alle anderen. Aber er war nicht der Held, der er gern gewesen wäre. Er war nichts weiter als der Schwächling, der er schon immer gewesen war. Was für ein Narr, dass er geglaubt hatte, je etwas anderes sein zu können. Er hatte versagt. Er hatte edelmütig und tapfer sein wollen. Ein Bussard – hoch erhoben. Und nun hockte er hier. Betrunken, schwach, leer...
    Der Schmerz über diese Erkenntnis baute sich wie eine Druckwelle in ihm auf. Ein Schrei entfloh seiner Kehle, der an das Gebrüll eines verwundeten Rancor erinnerte. Laut brüllte er alles hinaus in die Nacht. Doch es war nicht nur sein Schrei, der die Wohnung erschütterte.
    Gläser und Flaschen auf der anderen Seite des Raumes zerbarsten plötzlich, Stühle flogen beiseite, Bücherregale begannen zu wackeln und kippten ihre kostbaren Schätze zu Boden.
    Lago öffnete die Augen und erschrak. Er wusste, welch zerstörerischen Kräfte in ihm wohnten, aber er hatte sich geschworen, sie nie wieder rauszulassen.


    Resigniert schlug er sich die Hände vors Gesicht. Er sehnte sich nach Dunkelheit. Nach einer Höhle, in die er sich tief vergraben konnte. Weit weg von allen, wo ihn niemand finden konnte. Warum gab es auf diesem knallbunten Mond verdammt noch mal keine Höhlen?! In seinen Gliedern flüsterte der alt vertraute Drang: Lauf, lauf und versteck' dich! Sollte er einfach in sein Schiff springen und nach Hoth fliegen? In die alte Heimat, die ihm schon ein Mal Unterschlupf geboten hatte? Oder noch weiter? Vielleicht war es an der Zeit seine Flügel nach der großen Leere auszustrecken?
    Energisch schüttelte er den Kopf. „Nein!“
    Nein, das war keine Lösung. Er war nicht mehr der kleine Junge, der sich versteckte. Der vor seinem Problemen davon lief. Oder vor sich selbst. Sophi hatte ihn daran erinnert, was er gewesen war und wer er einst sein wollte. Auch wenn er kein leuchtender Stern, kein Held war, so würde er nicht mehr dahinter zurück gehen. Eine Linie war überschritten, von der aus es nur noch vorwärts ging. Und außerdem musste es doch noch irgendetwas in seinem Leben geben, für das es sich lohnte? Lohnte weiter zu gehen, zu kämpfen, zu arbeiten.


    Das Bild von Arise, wie sie von Shin zum Gleiter getragen wurde, schoss ihm unkontrolliert durch den Kopf. Es hatte ihm einen weiteren Stich versetzt, diese Aufgabe seinem Freund zu überlassen. Aber es war besser so gewesen. Wer weiß, wo sie sonst gelandet wären. Er selbst war zu verletzt, zu aufgewühlt – und zu betrunken - um sich anständig um sie kümmern zu können... oder anständig zu benehmen.
    Er spürte noch das Brennen ihrer kühlen Haut unter seinen Fingerspitzen. Der Blick ihrer braunen Augen, die etwas in ihm anrührten, was irgendwo zwischen Verzweiflung und Verlangen lag. So war es schon immer zwischen ihnen gewesen. Warum mussten sie auch immer ein so beschissenes Timing haben?
    Arise.... Schon allein ihr Name war eine Verheißung.
    Er sah sie vor seinem geistigen Auge vor sich... Wie sie ihn angesehen hatte heute Abend.
    Oder wie ihr Körper bewegungslos hinter Glas in der blauen Flüssigkeit des Koltotanks schwebte.
    Wie sie zuvor nur mit einem Laken bedeckt vor ihm auf dem Krankenbett lag, bleich und mit jedem schwachen Atemzug um Leben ringend.
    Er sah sie vor sich... wie sie im Krankenhaus an seinem Bett gesessen hatte und erschöpft auf dem Stuhl eingeschlafen war.
    Oder wie sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte und ihr Haar an seinem Kinn kitzelte.
    Er sah sich mit ihr zusammen beim Tanzen auf Kids Hochzeit, sie in diesem grün-weißen Kleid, das ihr wie angegossen stand. Und spürte den Hauch ihres zarten Kusses auf seine Lippen. Auch so ein Versprechen, das unerfüllt zwischen ihnen stand.


    Und dann waren doch noch die vielen anderen Bilder, die ihr Name in ihm herauf beschwor:
    Die schallende Ohrfeige, die gesessen hatte. Sie ihm Red Lady, mal mit dunklen Ringen unter den Augen und einem Whiskey nach dem anderen vor sich. Ein andermal schwebend vor Glück und strahlend. Doch er war nicht für das Strahlen in ihren Augen verantwortlich. Was er herauf beschwor waren funkelnde Blicke, wütend und aufgebracht, wie als sie ihm in dem dämlichen Streit mit Lyssil den Kopf gewaschen... oder es zumindest versucht hatte. Verdammt war sie sexy, wenn sie wütend war. Darum war er zu ihr gegangen, hatte ihr gegenüber auf ihrem Sofa gesessen, entspanntes Geplauder mit angespanntem Unterton und ihr amüsiertes Lächeln, das wieder eine Verheißung versprach.... ein andermal.
    Er schüttelte den Kopf und am Ende stand ein Bild vor seinen Augen, so klar und hell wie die Morgensonne auf Hoth. Der erste Moment, der diesen Funken entzündet hatte.
    Er sah es glasklar vor sich: Wie er von seinem Gleiter abstieg und die Brille abnahm. Er war zu Früh zum Treffen erschienen. Doch Arise wartete bereits am Treppenabsatz vor ihrer Wohnung. Er stieg die wenigen Stufen hinauf. Und sah sie. Sah sie zum ersten Mal wirklich. Und ein Schauer war durch ihn hindurch gefahren, wie die Druckwelle, die sein Wohnzimmer verwüstet hatte. Und sie.. sie hatte den Blick erwidert, freundlich und mit diesem höflich distanzierten Lächeln, das sie ihm so oft geschenkt hatte.
    „Arise....“, flüsterten seine Lippen in der Stille.


    Er blickte auf. Sie war jetzt im Krankenhaus. Wieder. Weil sie immer noch nicht ganz genesen war. Und nun auch noch der Schwächeanfall. Seine Schuld. Er hatte ihr das Glas hingehalten, dessen Inhalt sie noch nicht wieder vertrug. Nur um nicht alleine zu trinken. Dabei wusste er doch um ihre Geschichte. Verdammt! Er hatte es wirklich vermasselt. Gründlich. Aber er würde es wieder gut machen.
    Entschlossen stand er auf und ging nach oben. Dabei zog er sich die Weste und das mittlerweile nach Schnaps riechende Hemd aus. Die Stiefel folgten irgendwo zwischen Büro und Flur. Barfuß betrat er seinen Meditationsraum. Er würde es wieder gut machen... und sich um sie kümmern. Aber vorher musste er sich reinigen... äußerlich wie innerlich.




    Have I said too much?
    Can I take it all back?
    You can tell me with your touch
    Where we're at now
    I'm out of place
    Stuck in the middle
    blinded by my own disgrace
    At the risk of loosing you
    I keep doing what I do
    Never stop pushing through

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  • Ein Spätzünder auf Abwegen


    ~ Außenposten Bespin, 5 NVC ~


    Flink nahm Lagopus seine Beine in die Hand und rannte, was die Stiefel hielten. Das Hemd auf der bloßen Haut saugte sich mit seinem Schweiß voll. Die Hitze der Generatoren verwandelte die Unteren Ebenen in einen Höllenschlund, in dem jede Anstrengung augenblicklich schweißtreibend wurde. Erst recht, wenn man - wie er in diesem Moment - um seine heile Haut rannte. Er bog um die nächste Ecke und hielt kurz keuchend inne, um zu sehen, ob der Abyssiner immer noch hinter ihm her war.
    Eigentlich war der Handel mit dem Colicoid Schildgenerator sehr gut gelaufen. So lange, bis der Käufer, eben jener Abyssiner bemerkt hatte, dass der Generator nicht neu war, sondern schon ein paar Jahre – oder sagen wir lieber – Jahrzehnte auf dem Buckel hatte. Dabei hatten seine Eltern sich große Mühe gegeben, dass er fast wie neu war.


    Als das Verhandlungsgespräch drohte komplett aus dem Ruder zu laufen und der Abyssiner ihm mit Gewalt drohte, hatte er sich die Credits geschnappt und war abgehauen. Natürlich nicht gleich zurück zum Schiff. Er war schließlich kein Guid. Dummerweise kannte er sich auf dem fliegenden Außenposten nicht besonders gut aus. Es war erst sein zweiter Ausflug zu der Minenstadt. Wobei Stadt übertrieben war. Eher eine Ansammlung aus Plattformen, die man mehr funktional als hübsch an die Schmelzräume und Kohlenstoff-Gefrierkammern geschraubt hatte, die zum Abbau des Tibanna-Gases gebraucht wurden.
    Für einen Moment holte er erleichtert Luft, dann erschien jedoch am Ende der Schlucht wieder das wütende Gesicht des Abyssiners. Gut, vielleicht hätte er ihm nicht noch zwischen die Beine treten sollen, bevor er getürmt war. Möglicherweise nahm der Kerl das persönlich.


    Lagopus sprintete erneut los, übersah jedoch einen dieser kleinen Schweinsmenschen, die hier hausten. Er rannte ihn beinahe über den Haufen, drehte sich nach dem Zusammenprall um die eigene Achse und bekam nur noch nebenbei die grunzende Schimpftirade des Ugnaughts mit, während er rückwärts durch eine Tür und danach drei Stufen abwärts stolperte. „Merde!“, fluchte er leise und rappelte sich vom Boden auf.
    Als er sich umdrehte, bemerkte er, dass ihn ein gutes Dutzend Augen anstarrten. Ein Dutzend und eins, um genau zu sein. In seinem Glück – oder Unglück – war er direkt in eine schummrige Cantina geraten, deren Besitzer, ein Gran, ihn abfällig musterte. Die anderen fünf Besucher wandten sich bald wieder ihren eigenen Angelegenheiten zu, nachdem Lagopus nicht für mehr Unterhaltung als die kurze Unterbrechung sorgte.


    Mit einem schiefen Grinsen fuhr er sich verlegen durch die kurzen weißen Locken am Hinterkopf, zog dann seine Jacke gerade und stellte sich an den Tresen, als wenn dies von Anfang an sein Ziel gewesen wäre.
    „Was wollen?“, fragte der Gran in schlechtem Basic, dessen drittes Glubschauge ihn immer noch anstarrte.
    „Ähm... ein Ale“, erwiderte Lagopus und versuchte seiner Stimme etwas mehr Bass zu verleihen.
    Der Barkeeper, der, seit er herein gestolpert war, an ein und dem selben schmutzigen Glas polierte, schwieg einen Moment. Dann schüttelte er grunzend seinen Kopf, wobei nicht nur sein eines schlabbriges Paar Ohren wackelte.
    „Nä“, brummte der Gran und wandte sich becherwischend ab.
    „He!“, rief Lagopus hinterher und schug mit der flachen Hand auf den Tresen, wie er es in einem Holo gesehen hatte. Dabei geriet jedoch das schmale Glas seines Nachbarn ins Wanken und er konnte in Zeitlupe zusehen, wie es den Kampf gegen die künstliche Schwerkraft verlor und den bläulichen Inhalt erst über den Tresen und dann über das Gewand des daneben stehende Advoszec verteilte.


    Dieser reagierte ziemlich allergisch auf die kalte Flüssigkeit, fauchte erst seinen Nachbarn an, der wiederum auf Lagopus zeigte, worauf sich zwei wütende Gesichter zu ihm umdrehten, inklusive das des Gran, der nun wieder auf ihn zukam.
    „Ups!“, hob er entschuldigend die Schultern und versuchte es mit einem Lächeln, was die erregten Gemüter jedoch in keiner Weise zu beruhigen schien. Der Gran langte mit seinem Arm über den Tresen und packte ihn am Kragen seiner Jacke, als plötzlich eine sanfte Stimme von hinten ertönte und eine feingliedrige Hand sich auf jenen hochgekrempelten Arm legte.
    „Roufos! Was hast du mit meinem Kunden vor?“, tadelte die eindeutig weibliche Stimme.


    „Der gehören zu dir?“ Der Gran ließ von ihm ab und wandte sich der fremden Frau zu. Auch Lagopus drehte sich verwundert um und blickte in das runde Gesicht einer zierlichen Nautolanerin. Dank ihrer schmalen Gestalt wirkte das von Tentakeln umrahmte, grüne Gesicht und die großen, schwarzen Augen noch größer. Obwohl sie weiter mit dem Barkeeper sprach, lagen eben jene Augen neugierig auf ihm und ein amüsiertes Lächeln umspielte ihre rot angemalten Lippen.
    „Mein nächster Termin. Nicht wahr, Süßer?“ Sie trat einen Schritt näher auf ihn zu und fuhr mit einem Finger aufreizend seinen Arm entlang, während ihre andere Hand mit einer der Tentakeln spielte, wie mit einer Haarlocke.
    „Ähm... ja“, krächzte er und schluckte, um seiner Stimme etwas mehr Selbstsicherheit zu verleihen. „Ich will zu ihr.“ Mit einem Nicken und einem Grinsen wandte er den Kopf zum Barkeeper.
    Ihre leichte Bekleidung und die knallige Kopfbemalung ließen offensichtlich erkennen, welche Art von Dienstleistung die Nautolanerin ihren Kunden anbot.


    „Dann besser auf Kunden aufpassen!“, grummelte der Gran noch und wandte sich wieder ab, während sie ihn am Ärmel zog und ihm ein „Komm mit!“ zuraunte. Widerspruchslos folgte Lagopus ihr aus dem Schankraum hinaus, durch einen schmalen, dunklen Flur in eins der kleineren, ebenso schwach beleuchteten Hinterzimmern. Etwas weniger sanft stieß sie ihn hinein und legte ihm sogleich ihre Hand auf seinen Mund, als er zum Protest ansetzen wollte. Erst als die Tür sicher hinter ihr ins Schloss gefallen war, nahm sie ihre kühle Hand wieder weg.
    „Du schuldest mir was...“, sagte sie lächelnd und musterte ihn von oben bis unten, „...Jüngelchen.“
    „Ich... hätt' das auch allein hinbekommen“, erwiderte Lagopus und warf sich in die Brust. Doch die professionelle Dame durchschaute ihn sofort.
    „Um Roufos musst du dir auch keine Gedanken machen“, bemerkte sie abwinkend und ging an ihm vorbei, hinüber zu einem kleinen Schrank mit mehreren Flaschen. „Er tut keiner Bluddfliege was zu leide. Aber der Advoszec sah schon ziemlich sauer aus über deine kleine Aktion.“


    Sie lachte leise, während sie sich einen Drink mixte. „Wie heißt du?“, fragte sie ohne sich umzudrehen.
    „Lagopus. Lagopus Buteo.“ Er trat ein paar Schritte von der Tür weg und stand nun unsicher im Raum herum. Außer dem Schränkchen, einen Tisch mit zwei Stühlen und einem Bett war nicht viel zu entdecken. Er fühlte sich auf einmal unwohl, noch unwohler als im Griff des Gran. Sie drehte sich um, immer noch lächelnd. „Was für ein stattlicher Name. Möchtest du auch etwas?“
    Er schüttelte den Kopf und betrachtete sie verstohlen. Am Oberkörper trug sie nicht mehr, als ein breites Stück Stoff, das gerade so ihre weiblichen Vorzüge bedeckte. Der Fetzen um ihre Hüften war kaum breiter, hatte hinten aber so etwas wie eine kurze, spitz zulaufende Schleppe, die die Rundungen ihres Gesäß nicht zeigte, aber erahnen ließ.
    Als er wieder aufblickte und ihren beobachtenden Augen begegnete, schoss ihm die Röte ins Gesicht, was sie nur noch mehr zum Lachen animierte.


    „Und wie alt bist du, Lagopus?“, säuselte ihre Stimme verführerisch, während sie mit aufreizendem Hüftschwung näher kam.
    „Acht... neunzehn“, krächzte er und schluckte. Er wusste nicht wohin mit seinen Händen. Und noch weniger wohin mit seinem Blick. Er wollte sie nicht anstarren, aber ihr Gesicht war das einzig unverfängliche an ihr.
    „So jung... und noch so unerfahren...“ Sie stand nun direkt vor ihm, nahm einen Schluck aus ihrem Glas und schmunzelte. „Du warst noch nie mit einer Frau zusammen... allein... richtig?“ Ihre großen, schwarzen Augen blickten fast hypnotisch zu ihm auf. Er war ein ganzes Stück größer als die zierliche Frau, aber sicher auch ein ganzes Stück jünger - und tatsächlich unerfahrener, was die Galaxis und gewisse andere Dinge betraf. Wozu also leugnen, was für sie offensichtlich war? Er schüttelte wieder den Kopf.
    „Das... dachte ich mir.“ Sie tippte sich an die Nase, dann hielt sie ihm ihr Glas hin. „Sicher, dass du nichts möchtest? Es entspannt...“


    Er zögerte. Dann griff er nach dem Glas und setzte es an seine Lippen. Die Blöße wollte er sich nicht geben und was immer darin war, würde er schon verkraften können. Er war ja kein Kind mehr! Die goldbraune Flüssigkeit brannte in seiner Kehle und mit einem heftigen Husten reichte er ihr das Glas zurück. Die Nautolanerin lachte und nahm selbst noch einen Schluck.
    „Ich bin Vee“, sagte sie dann und stellte das leere Glas beiseite. „Was hältst du davon, wenn wir uns ein bisschen amüsieren?“ Lächelnd legte sie ihre Hände auf seine Brust und fuhr ihm unter die Jacke.
    „Ich...ähm...“ Er schluckte. „Ich sollte... zurück zum Schiff.“
    „Ein Captain also?“ Wieder schaute sie zu ihm auf, während sie begann, ihm die Jacke abzustreifen.
    „Ähm... ja... fast“, grinste er verlegen. „Ich werd' zumindest einer. Wenn ich mein eigenes Schiff habe.“
    „Ehrgeizig. Das gefällt mir. Warum machst du es dir nicht bequem?“ Sie zog ihn hinüber zum Bett.
    Erneut schoss ihm das Blut ins Gesicht. „Ich... ähm...“ Er räusperte sich, doch eh er sich versah, saß er bereits auf der weichen Matratze. „Äh... ich... habe keine Credits.“


    „Und was ist das hier?“ Mit flinken Fingern hatte sie den Beutel mit den Credits vom Generatorverkauf aus seiner Jacke gefischt, eh diese zu Boden glitt.
    „Die... die gehören nicht mir.“ Vergeblich versuchte er den Beutel wieder in seine Finger zu bekommen und schnappte danach. Doch Vee lehnte sich lachend zurück und hielt ihn außerhalb seiner Reichweite, wenn er nicht auf sie drauf fallen wollte.
    „Wem hast du sie denn abgenommen? Deinem Boss?“, feixte sie grinsend.
    Er schüttelte den Kopf „Die sind für meinen Vater. Er wartet darauf und würde bestimmt merken, wenn welche fehlen.“
    „Dein Vater?“ Schmunzelnd reichte sie ihm den Beutel mit den Credits zurück. „Du bist ja süß.“
    Eilig hob Lagopus seine Jacke vom Boden auf und stopfte die Credits wieder hinein, während er gleichzeitig von der Matraze aufsprang. Er musste hier weg. Ganz schnell.
    Vee hatte sich derweil zurück gelehnt und ließ eines ihrer schlanken, nackte Beine über dem Rand des Bettes baumeln.


    „Ähm...ja, also... danke für.. den Drink und so“, stammelte er verlegen und wandte sich zur Tür.
    „Keine Ursache, Süßer“, erwiderte Vee lächelnd. „Aber wenn ich du wäre, würde ich da nicht raus spazieren. Ich wette, dieser Advo steht immer noch an der Bar. Vielleicht wartet er auch nur darauf, dass du wieder raus kommst, um dir deine Ungeschicklichkeit von vorhin heim zu zahlen.“ Sie lachte dabei, während sie dies sagte, doch Lagopus musste schlucken. Die Aussicht, erneut auf die rauen Gesellen da draußen zu treffen, war nicht besonders verlockend. Unsicher blickte er zwischen Tür und Bett hin und her.
    Verführerisch lächelte Vee ihm zu und klopfte mit der Hand auf den freien Platz neben ihr.
    „Sei ein Gentleman und vertreib mir wenigstens die Zeit, während wir warten. Du schuldest mir immerhin noch was.“ Sie zwinkerte ihm zu.
    Seufzend ergab er sich und ließ sich neben ihr wieder auf der Matraze nieder. „Und jetzt?“, blickte er fragend über seine Schulter zu ihr.


    „Hmmm.“ Wieder spielte Vee mit einer ihrer Tentakeln, beugte sich zu ihm vor und fuhr aufreizend mit ihren Zehen an seinem Bein hoch. Das Blut schoss ihm erneut in die Wangen. „Warum entspannst du dich nicht einfach?“, säuselte sie ihm ins Ohr. „Mir fällt bestimmt was ein, was uns beiden gefällt.“ Lagopus schluckte. Ihre Hände fuhren langsam von hinten über seine Brust und zogen ihn mit sich. Wie in Zeitlupe sank er nach hinten auf die Matraze, während ihm seine Jacke aus den Händen glitt und zu Boden fiel.


    ~


    Einige Zeit später kam Lagopus keuchend wieder zu sich. Er lag immer noch rücklings auf dem Bett in diesem kleinen, schummrigen Zimmer, nicht ganz Herr seiner Sinne. Aus den Augenwinkeln sah er undeutlich, wie Vee sich erhob und ein hauchdünnes Nichts um ihren nackten Körper wickelte. Ihre grüne Haut schimmerte durch den Stoff des kurzen Kimonos hindurch.
    Leicht fassungslos schaute er an sich herab. Auf seinen ganz ansehnlichen Bauchmuskeln sammelten sich kleine Schweißtropfen. War das gerade wirklich passiert?
    Das Geräusch von einem sich erneut füllenden Whiskeyglas und Vees leises Lachen drangen durch den ihm umwabernden Nebel zu ihm durch. „Ich wusste doch, dass du Gefallen daran findest. Für jemand mit so wenig Erfahrung hast du ein ordentliches Durchhaltevermögen.“
    Mit einem Ruck setzte er sich auf und schloss seine halb heruntergezogene Hose, während er vom Bett rutschte. Eilig fischte er nach seinem Hemd und seinen Stiefeln, die irgendwo neben dem Bett liegen mussten.


    Als alles wieder halbwegs an seinem Platz war, blieb er unschlüssig im Raum stehen. „Ja, es war... ganz nett.“
    „Ganz nett?“ Misbilligend sah sie ihm mit dem Glas in der Hand an.
    Verlegen fuhr er sich durch sein weißes Haar, eh ein scheues Grinsen über sein Gesicht huschte. „Mehr... mehr als nett. Eigentlich eher... unglaublich“, gestand er und schaute zu Boden. „Nur ich... ich hab keine Credits, die ich dir...“, stammelte er verlegen weiter.
    Lachend kam Vee auf ihn zu. „Du bist wirklich süß, mein schneidiger, angehender Captain.“ Sie strich mit ihrer freien Hand über sein Hemd und schaute aus ihren schwarzen, großen Augen zu ihm auf. „Sagen wir einfach, du bringst welche mit, wenn du das nähchste Mal in der Gegend bist.“
    „In Ordnung.“ Eifrig nickte er und wandte sich zur Tür.


    „Nicht da lang“, rief ihn Vees Stimme zurück, worauf er sich verwundert umdrehte. „Besser du verschwindest hier durch.“ Die Nautolanerin zog am anderen Ende des Raumes einen Vorhang beiseite, unter dem eine zweite Tür zum Vorschein kam.
    „Du... es... gibt einen Hinterausgang?“ Verblüfft trat er darauf zu und öffnete ihn. Mit der Hand bereits am Griff wandte er sich jedoch noch mal zu ihr um. „Wieso hast du das nicht gleich gesagt?“
    Vee schmunzelte. „Ich wollte auch meinen Spaß.“ Sie zwinkerte ihm zu, schubste ihn hinaus und eh er sich versah, stand Lagopus wieder in einer der unzählig vielen, dunklen Gassen der Minenstadt. Kurz schaute er sich verdutzt um. Dann warf er sich schwungvoll seine Jacke über die Schulter und schlenderte pfeifend Richtung Hangar, wo sein Vater bereits am Schiff auf ihn warten würde. Er ließ sich bewusst Zeit, denn immerhin brauchte er noch eine gute Ausrede, warum er so derbe zu spät dran war.

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  • The lonesome Bantha


    ~ Nar Shaddaa, 22 NVC ~


    Mit einem Whiskey in der Hand stand Lago am Kamin seines Schlafzimmers und starrte auf das Flackern der kleiner werdenden Flammen hinab. Er ließ den Kuss Revue passieren, den er vorhin erhalten und geteilt hatte und aus dem so viel mehr hätte werden können. Andererseits war es vermutlich gut, dass es nicht zu mehr gekommen war.
    Wenn er ihr Angebot angenommen hätte, wenn er sich tatsächlich darauf eingelassen hätte mit ihr zu tun, was die meisten wohl ohnehin bereits annahmen, dass er es tat – dann wäre er nicht viel besser gewesen als vermutlich die meisten Kerle, die ihr begegnet waren und ihre Situation für sich ausgenutzt hatten. Nein, er hatte Sinya nicht von Dromund Kaas weg geholt, um sie dann so zu behandeln, wie alle anderen vorher. Auch wenn ihre gemeinsame „Abmachung“ sich von den vorherigen Besitzverhältnissen vermutlich nicht sonderlich groß unterschied.
    Manchmal konnte er wirklich ein solch riesiges Bantha sein. Gedanklich schlug sich Lago mit der flachen Hand vor die Stirn.
    Dass sie mit ihm „Schluss“ machte, war nur gerecht und fair. Ihre Abmachung hatte seinem Zweck gedient. Und auch wenn er sicher nicht davon ausgegangen war, dass sie ewig anhielt, so war ihr abruptes Ende ärgerlich – für ihn. Für sie war es notwendig. Damit sie endlich wirklich frei ihr eigenes Leben leben konnte. Nicht als Anhängsel eines notorischen Egomanen.
    Mit einem unterdrücktem Seufzen dachte er an den Eindruck, der nun wieder entstehen würde. Die mitleidigen Blicke zur späten Stunden waren schon schwer genug zu ertragen gewesen. Bald würden sich dann auch das Getuschel und die Gerüchte dazu gesellen. Wieder eine gescheiterte Beziehung mehr, wieder eine Kerbe mehr an Captain Flirtys Bettpfosten.
    Angewidert von sich selbst nahm er einen Schluck aus dem Tumbler.


    Vor seinem geistigen Auge traten die Gesichter der langen Liste gescheiterter Beziehungsversuche und Affären, egal wie kurz oder lang, die er in letzter Zeit angesammelt hatte:
    Sinya... Arise... Jessie... Rafaela... Sophilia...
    Das letzte Gesicht, dieser gedanklichen Geister, löste einen langen Seufzer in seinem Inneren. Er sah sie vor sich. Ihre blonden Strähnen auf einer Seite hinters Ohr geklemmt, die roséfarbenen Lippen zu einem Schmunzeln verzogen. Nicht so, wie sie zuletzt auseinander gegangen waren, sondern wie früher. Bilder aus glücklicheren Tagen stiegen aus seiner Erinnerung empor.
    „Sophi“ - ihr Name hallte laut gedacht im Raum.
    In einem plötzlichen Anflug von tiefer Pein fegte Lago sämtliche Erinnerungsstücke, die dort standen, vom Kaminsims ohne sie zu berühren. Einen Herzschlag, ein Atemholen lang verharrten sie regungslos in der Luft neben ihm. Was nur zeigte, wie weit er in den vergangenen Wochen mit seinem Training gekommen war. Dann drehte er die ausgestreckte Hand nach oben und setzte langsam Stück für Stück ein jedes wieder an seinen angestammten Platz. Bis auf das eine. Eine kleine schmucklose Holzschatulle. Er nahm sie in die Hand, ließ den Deckel mit dem Daumen aufschnappen und starrte auf die beiden Armreifen aus Durastahl, die darin lagen. Seine Augen streichelten die darin eingravierten, corellianischen Schriftzeichen. „Min gylif.“, hauchte er tonlos.
    Er verschloss die Schatulle wieder, stellte sie zurück auf den Sims und leerte seinen Whiskey.
    Erschöpft schleppte er sich zu seinem Bett und ließ sich längs nieder. Er machte sich kaum die Mühe, sich aus seinen Klamotten zu wühlen. Einen Haken hinter diesen Abend setzen, war alles, was er noch wollte. Doch als er die Augen zu machte, blieb ein Bild, ein Gedanke beharrlich in seinem Bewusstsein hängen: Er sah Sophi vor sich, weit entfernt, aber sie lächelte ihn an und dann hörte er ihre raue Altstimme, die seinen Namen rief.


    Als Lago am nächsten Morgen erwachte, fand er sich in einer ungewöhnlichen Position wieder. Seine beiden Arme umarmten eins der großen Kopfkissen, von dem sich ein dünner Speichelfaden bis zu seinem Mund zog, den er sich schlafwandlerisch mit dem Handrücken ab wischte. Verwirrt und zerzaust hob er den Kopf.
    Er war noch fast vollständig bekleidet, aber sein Hemd war mehr als zerknittert und seine Hose fühlte sich unangenehm... feucht an.
    Mit einem entnervten Stöhnen ließ er den Kopf wieder nach hinten fallen und legte den Arm über die Augen. Verdammt! Seit seiner Pubertät war ihm so etwas nicht mehr passiert. Die Erinnerung verweigerte sich ihm, aber auch so konnte er erahnen, was ihn da in dieser Nacht heim gesucht hatte.
    „Ich bin verflucht!“, brummte er und erhob sich langsam. Er schob das Kissen beiseite und quälte sich umständlich aus seinem Bett.
    „Lago, alter Knabe, du brauchst dringend professionelle Hilfe...“, murmelte er dabei zu sich selbst. Als er sich über die Bettkante rollte, traf ihn ein stechender Schmerz und scharf zog er Luft zwischen den Zähnen. Vorsichtig hob er das zerknitterte Hemd an und ein grün-gelb-violetter Fleck zeigte sich auf seinem Torso. In etwa an der Stelle, wo ihn Sinya am Abend zuvor neckend in den Bauch geboxt hatte. Natürlich war der Bluterguss nicht davon, sie hatte einfach nur gekonnt gezielt. Auch an seiner Seite war eine solche dunkle Verfärbung zu erkennen, wenn auch kleiner. Seufzend erhob er sich und schleppte sich unter die Dusche. „...Und musst noch mehr trainieren.“


    Letzteres betraf wohl nicht nur seine Aktivitäten in der letzten Zeit, sondern auch seine Beziehungsfähigkeit.

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  • Ein Nexu kommt selten allein


    ~ Nar Shaddaa, 22 NVC ~


    Er nahm das letzte Glas Whiskey mit in sein Schlafzimmer. Ein Schlummertrunk, ein Absacker. Nicht, dass er das wirklich brauchte... das hieß, doch eigentlich schon. Seit mehreren Tagen schlief er schlecht. Da konnte das nicht schaden. Aber er brauchte es nicht, um sich abzureagieren. Auch wenn ihn das Gespräch mit Sayouri aufgewühlt hatte, in mehrerer Hinsicht.
    Und eins stand felsenfest: ganz gleich welchen Nexu er in Zukunft füttern würde, er würde Cas dafür zur Verantwortung ziehen. Vielleicht nicht heute – oder morgen – aber bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit. Es sei denn dieser Eharl1 würde vorher doch in einem schwarzen Loch verschwinden. „Ein gelöstes Problem“, murmelte er grimmig.
    Es musste doch einen Weg geben, die Kleine vor solchen... solchen... Gefahrgutträgern zu schützen? Sicher, sie war kein kleines Kind mehr. Und mit ihrer frechen Klappe brachte sie sich vermutlich selbst in genügend Schwierigkeiten. Aber sie war eben auch die andere Say. Die, für die ein eigenes Zimmers das größte war. Oder die, der noch niemand gesagt hatte, wie hübsch sie war. Und, verdammt, hatte sie hübsch ausgesehen in dem Kleid heute Abend. Zum ersten Mal war ihm ihre grazile Haltung aufgefallen, die sonst immer im Schlurfen und Zappeln des Teenagers unterging. Nicht mehr lange und die Jungs würden Schlange bei ihr stehen, so viel war sicher. Vorausgesetzt das Schlurfen und Zappeln wuchs sich aus... und die Jungs wären taub.
    Er schüttelte lächelnd den Kopf. Sie war eben auch die kleine Nervensäge, die ständig versuchte, aus ihm einen besseren Menschen zu machen. Mit ihrer frechen Fröhlichkeit, ihrem ständigen Optimismus und ihren altklugen Ratschlägen. Es tat ihm irgendwie leid, dass er sie nicht alle beherzigen konnte, denn sie gab sich so viel Mühe. Er war nun mal kein Strahlemann... kein leuchtender... Stern.


    Mitten im Gedanken hielt er inne. Wo kam das plötzlich her?
    Er wusste es. Es war der Schatten, der seit Tagen über ihm schwebte. Als hätte allein der Gedanke an sie, sie wieder zurück nach Nar Shaddaa gebracht. War es etwa Zufall, dass er nur wenige Tage, nachdem er von ihr geträumt hatte, die Meldung erhalten hatte, sie wäre zurück? Oder war es ein perfides Spiel der Macht? Er glaubte nicht an Zufälle. Nicht mehr. Und an dem Abend, als Palo ihm die frohe Kunde überbracht hatte, da hatte er den Schatten deutlich gespürt. Wie eine Hand, die sich nach ihm ausstreckte. Als wenn etwas von außerhalb seiner Realität plötzlich in sein Leben eingedrungen wäre und alles bis ins Mark erschüttert hätte.


    Die Neuigkeiten, die Sayouri ihm dann heute aus dem Red Lady mitgebracht hatte, waren nur eine weitere Manifestation dieses Schattens. Sie war wieder da und sie wollte mit ihm reden. Worüber zum Hutten konnte sie mit ihm reden wollen? Warum war sie zurück? Die Fragen ließen ihm keine Ruhe.
    Er schüttelte den Kopf und leerte das Glas in einem Zug. Bela Vistal – den hatte er sich auch schon lange nicht mehr genehmigt.
    Sayouri hatte recht. Er musste sich selbst mit positiven Gedanken, mit glücklichen Erinnerungen füttern.
    Langsam zog er sich aus und legte sich ins Bett. Er überlegte, welche guten Gedanken er von diesem Tag behalten und bewahren wollte. Das Training hatte sicher gut getan und ihn einen enormen Schritt voran gebracht, aber es war nicht stark genug, um als Nexu Futter her zu halten. Der Besuch von Re've? Hm, ja vielleicht. Er war sicher anders verlaufen als gedacht... wie eigentlich immer, wenn er es mit der Familie Sonari zu tun hatte. Aber immerhin war das Ergebnis erfreulicher, als er es sich zuvor ausgemalt hatte: er lebte noch und hatte kein Messer in der Brust. Das war ein Fortschritt. Und ein Stück Frieden, den er sich auch bewahren würde.


    Sein persönliches Highlight war jedoch sicher der Anblick von Say in dem Kleid. Als wenn er Zeuge einer sich entfaltenden Blüte geworden wäre. Einer noch unbeholfenen Blüte zugegeben, aber... nichtsdestotrotz wunderschön. Er lächelte unter den geschlossenen Liedern. Positive Gedanken, glückliche Erinnerungen...
    Doch in seinen dämmrigen Träumen schlich sich stattdessen der Schatten wieder ein. Weil auch er eben mit jenen glücklichen Erinnerungen verbunden war.
    Wieder sah er es vor sich: ein sanft lächelndes Gesicht, das aus weiter Ferne auf ihn zu kam. Und eine wohl vertraute Stimme, die ihm zu flüsterte: „Wehr dich nicht...“ Sie streckte die Hand nach ihm aus und er spürte ein Zögern in sich, ein Zurückweichen. „Wehr dich nicht!“, wiederholte die Stimme verführerisch. Und nein, er wollte sich nicht wehren. Zu groß war die Sehnsucht.. die Sehnsucht, sich an den wohlvertrauten Wangen anschmiegen zu könne.. die Sehnsucht, endlich anzukommen.


    Die Folge dieses Traumes war am nächsten Morgen die gleiche, wie in den anderen Nächten zuvor. Frustriert stieß er das Kissen in seinen Armen von sich und blickte unter die Decke. „Skrag!2“, fluchte er auf Corellisi. „Verflucht, auf ewig und drei Tage!“



    1. Eharl = corell. für Gauner/Schwindler
    2. Skarg = corell. Kraftausdruck

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  • Ein Neuanfang


    ~ Corellia, Winter 22/23 NVC ~


    Mit einem Lächeln schaute er der jungen Pilotin Navari hinterher, die gerade mit recht müden Augen und – wie es den Anschein hatte – leicht beschwipst Mallins Büro verließ. Nein, nicht Mallins. Seins. Kopfschüttelnd griff er nach seinem Glas, füllte es erneut zwei Finger breit mit dem süffigen, hellen Turhaya Whiskey und ging dann, mit der Dokumentenmappe unterm Arm, um den Schreibtisch herum und nahm dahinter Platz. Seinen Schreibtisch, dabei strich er mit den Fingern seiner freien Hand langsam über das Schild, das darauf stand: CEO Lagopus Buteo.
    Lächelnd ließ er sich nieder. Mallin – oder vielmehr Sophilia – hatte wirklich an alles gedacht.
    Er legte die Mappe nieder und nahm einen tiefen Zug von dem vertrauten Duft, der in der Luft hing.
    Süße Vanille gepaart mit scharfem Whiskey und eine Note Holz, wobei nicht festzustellen war, ob diese von dem alten, schweren Holztisch ausging oder von den Whiskeyfässern der Brauerei stammte.


    Fast zärtlich strich er über die Einkerbungen, Kratzspuren und kindliche Zeichnungen der Geschwister, die sich als ewige Erinnerungen ins Holz des Tisches eingegraben hatten, während er sich in dem Sessel zurück lehnte und einen Schluck vom Whiskey nahm und diesen auf der Zunge zergehen ließ. Kurz schmunzelte er dabei, als er daran dachte, wie wenig seine neue Mitarbeiterin gewohnt war und vertrug.
    Dann beugte er sich wieder vor, schob die Mappe mit den noch nicht unterschriebenen Übereignungsverträgen beiseite und richtete sein Augenmerk auf die drei Kartons mit Akten, die auf dem Tisch standen und auf ihn zu warten schien.


    Warum er nun nach Alderaan musste, um die Verträge zu unterschreiben, war ihm ein Rätsel. Aber da keiner anwesend war, um ihm seine Fragen zu beantworten, musste dieses Rätsel wohl warten.
    Vermutlich hatte sich Mallin, der alte Fuchs, mit Absicht vor seiner Ankunft auf Corellia aus dem Staub gemacht, um genau diesen Fragen aus dem Weg zu gehen.
    Lago konnte es ihm nicht verübeln. Es war nicht fair gewesen, den alten Mann und treuen Geschäftsführer von Ka-Tet in seinen persönlichen Disput mit Sophilia hineinzuziehen und als Mittler zu missbrauchen. Und trotzdem schien seine Strategie aufgegangen zu sein, denn immerhin hatte sie allen seinen Punkten, die er im Vertrag geändert haben wollte, zugestimmt. Selbst ihrer weiteren Anstellung in der Brauerei.


    Schmunzelnd öffnete er den Deckel der ersten Kiste, die die Aufschrift „Personal“ trug.
    Aufmerksam studierte er die darin enthaltene Personalakten, die ein ausführlicher waren, als er erwartet hatte. Zu jedem und jeder Angestellten hatte Sophilia handschriftliche Notizen beigefügt. So als wolle sie sicher gehen, dass er genau wisse, mit wem er es in Zukunft zu tun hatte – und seine Mitarbeiter nicht nur kannte, sondern schätzte. Mit ihren persönlichen Notizen legte sie sie ihm ans Herz. Ein weiterer Grund, warum er nicht verstand, dass sie die Firma ihm übergab, wo sie ihr doch augenscheinlich so viel bedeutete.
    Kopfschüttelnd wandte er sich den anderen beiden Kartons zu, die eine Übersicht über den Kundenstamm der Firma und über deren Bilanz beinhalteten. Alles machte den Eindruck einer gut laufender und gut organisierten Firma. Auch wenn sie rein äußerlich nicht immer diesen Anschein erweckte. Aber was anderes hatte er bei Sophilias Drang zur Perfektion auch nicht erwartet.
    Nur verstand er immer noch nicht, warum jetzt? Warum wartete sie nicht, bis Lago jr. alt genug war, sein Erbe anzutreten? Alles machte den Eindruck, als wenn sie viel Zeit in diese Übergabe gesteckt und diese von langer Hand vorbereitet hatte. Aber warum sie dies alles tat, warum sie die Firma jetzt schon und überhaupt noch in seineHände legen wollte, das entzog sich seinem Begreifen.


    Seine grübelnden Gedanken und sein aus dem Fenster schweifender Blick wurden plötzlich von einem Rattern unterbrochen, das aus den Wänden zu kommen schien. Nur wenige Augenblicke später landete eine Röhre mit dumpfem Schlag im Ausgabekorb der altmodischen Rohrpost, die man intern hier zwischen den einzelnen Abteilungen verwendete. Neugierig erhob Lago sich aus seinem Sessel und ging zu der antik aussehenden Apparatur hinüber.
    Er nahm die Röhre in die Hände, öffnete sie und zog ein zusammengerolltes Stück Papier heraus. Ein Willkommensgruß der Mitarbeiter im Haus. Lago schmunzelte. Natürlich war er nicht davon ausgegangen, dass seine – diesmal doch recht turbulente und spektakuläre – Ankunft von den Mitarbeitern der Brauerei unbemerkt geblieben war. Und auch die überaus freundliche, ja schon fast persönliche Begrüßung durch die Mitarbeiter, denen er auf den Weg zum Büro begegnet war, war ihm aufgefallen. Dennoch hatte er nicht damit gerechnet, dass tatsächlich schon alle über den anstehenden Wechsel informiert waren und ihn mehr oder weniger schon als den neuen Besitzer ansahen. Immerhin waren die Verträge noch nicht unterschrieben.
    Aber sowohl Sophilia als auch Mallin schienen dies nur noch als Formsache zu betrachten.


    Er ging zum Schreibtisch zurück, leerte sein mittlerweile viertes oder fünftes Glas und blickte auf das Chrono am Schreibtisch. Es war spät geworden. Lächelnd legte er das Papier, auf das irgend ein mutiger Mensch ein Schneehuhn gemalt hatte, auf die Mitte des Tisches. Dann öffnete er am Schreibtisch befestigten Schubladen, um die Akten aus den drei Kisten darin zu verstauen.
    Als er die letzte Schublade wieder schließen wollte, stieß er auf einen Widerstand, der sich irgendwo ganz hinten verkantet haben musste. Stirnrunzelnd kniete Lago sich hin, um mit der ausgestreckten Hand nach dem vermaledeiten Hindernis zu tasten. Schließlich bekam er einen faustgroßen, eckigen Gegenstand zu fassen, den er mit einiger Mühe frei ruckelte und heraus zog.
    Erstaunt betrachtete er die Holzschatulle, die er nun in der Hand hielt. Langsam erhob er sich und ließ sich wieder im Sessel nieder, den er dann näher an den Tisch heran rückte, wo er die Schatulle neugierig ablegte. Das Holz wirkte alt, aber nicht so alt, dass es dort schon seit Jahrzehnten gelegen hätte. Mallin oder Sophilia mussten die Schachtel im Schreibtisch vergessen haben.
    Mit geneigtem Blick und unsicher, ob er seiner Neugierde wirklich nachgeben sollte, öffnete er den hölzernen Kasten.


    Was darin zum Vorschein kam, verschlug ihm für einen Moment die Sprache. Zwei glänzende Ringe starrten ihm entgegen. Funkelndes Weißgold mit zwei Ringschienen aus poliertem Holz und schimmerndem Perlmutt. Perlmutt aus dem Hoth'schen Meer, wie die beiliegende Beschreibung verriet.
    Das Holz, vermutete Lago stammte wohl von der gleichen Quelle, wie das Holz der Schatulle, von alten Whiskyfässern.
    Mit leicht bebenden Fingern nahm er einen der Ringe heraus und drehte ihn im Licht. Sophilia war in der Innenseite eingraviert zu lesen und als er den Blick auf den anderen Ring fallen ließ, erkannten seine scharfen Augen auch darin eine Gravur. Drei vertraute Buchstaben.
    Kurz schnappte Lago, dem gar nicht aufgefallen war, dass er den Atem angehalten hatte, nach Luft.
    Dann legte er den Ring zurück in die Schatulle und nahm die Karte zur Hand, die dabei gelegen hatte. Das Datum darauf stammte aus 21 NVC, aus einer noch glücklicheren Zeit. Schluckend drehte er die Karte um.
    „Rate mal, woher das Metall stammt, was wir für den Vogel der Turhaya Flaschen verwenden“, stand dort in einer all zu vertrauten Handschrift, hinter der ein zwinkerndes Smiley gesetzt worden war. Und darunter kurz und knapp: „Heirate mich“ dazu ein geschwungenes Herzchen.


    Das Herz kannte er. Es sah genauso aus wie jenes, dass sie am Morgen ihrer ersten Nacht mit Lippenstift auf seinem Pad hinterlassen hatte. Doch die Worte dazu waren neu.
    Eine halbe Ewigkeit verging, in der er nur auf die Karte und ihre Worte starrte. Abgesehen davon, dass sein Blick hin und wieder zum Kopf der Whiskyflasche glitt, die er im Verlauf des später werdenden Abends zu sich auf den Schreibtisch geholt hatte.
    Alles, jedes noch so kleine Detail, in allem, was ihn betraf, spiegelte ihm wieder, wie viel er ihr bedeutet hatte. Wie sehr sie ihn geliebt hatte.
    Hatte.
    Ein melancholisches Lächeln huschte über seine Lippen. Die Schatulle hatte nun über ein Jahr lang in der Schublade gelegen. Sie hatte sie dort vergessen. Vergangenheit. Abgeschlossen.
    Oder doch nicht?
    Sie hatte immerhin genauso viel Sorgfalt in die Übergabe ihrer Firma gesteckt, wie in das Design dieser Ringe oder in die Gestaltungseines Whiskeys. Und sie hatte ihn geradezu dazu genötigt, die Firma zu übernehmen. Erpressung war ein anderes Wort, dass ihm dazu einfiel.
    Seine Mundwinkel zuckten und das trübselige Lächeln wandelte sich langsam aber sicher in ein breites, spitzbübisches Grinsen.


    Ein weiterer Blick auf die Karte ließ nun sein Herz schneller schlagen. Mit einer Zuversicht, von der er selber nicht genau wusste, woher sie kam, steckte er Karte und Schatulle in die Innentasche seiner Drelliadjacke und erhob sich aus seinem Sessel. Beschwingten Schrittes verließ er sein Büro. Er schlenderte durch die nun mittlerweile leeren Flure der Brauerei und kehrte zu seinem Schiff zurück, wo die Verladearbeiten mittlerweile abgeschlossen sein sollten und seine junge Pilotin längst in einer der Kojen liegen sollte. Es war ein langer Tag gewesen – und eine noch viel längere Nacht. Unmöglich bei dem Gedanken daran das Grinsen von seinem Gesicht zu wischen, stiefelte er aufgekratzt, wie schon seit langem nicht mehr, die Laderampe zum Light Buzzard hoch.
    Nächster Halt: Alderaan.

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  • Die eine Nachricht, die alles verändert


    ~ Nar Shaddaa, Herbst 23 NVC ~



    Ein Holocom-Anruf ging bei Buteo Enterprises ein. Die Nummer zeigte das Büro der KaTet Destillerie. Mit einem unterdrückten Seufzen nahm Lago den Anruf entgegen. Vermutlich war es Jack Mallin, der ihn wieder wegen einer Geschäftsangelegenheit sprechen wollte. Eine leise, hoffnungsvolle Stimme flüstert ihm zu, dass es Sophi sein könnte, die anrief, um ihm zu sagen, dass sie gut angekommen war. Doch der Gedanke, dass sie dafür vermutlich eher ihre private Comnummer gebraucht hätte, ließ die leise Stimme wieder verebben. Und in der Tat erschien das Gesicht von Jack Mallin, als er das Holocom aktivierte.


    "Ol'val, Jack. Wie läuft es auf Corellia? Was gibt es heute, dass Sie mich kontaktieren?"
    Die jüngere Ausgabe des alten Verwalters der Brauerei sah Lago ernst an. Nun, ernster als für gewöhnlich. "Ol'val, Captain Buteo. Sitzen Sie?"
    Überrascht von der merkwürdigen Frage lüpfte Lago eine Augenbraue und begegnete dem ernsten Ausdruck seines Gegenübers mit Humor.
    "Nein, um ehrlich zu sein. Sollte ich? Sind unsere Verkaufszahlen derart in den Keller gerutscht oder ist die Destillerie in die Luft geflogen?"
    "Es wäre wohl wirklich besser, wenn Sie sich setzen würden, Captain." Erwiderte Jack Mallin mit unbeweglicher Miene, doch wer ihn etwas näher kante, sah, dass ihn etwas erschüttert hatte.


    Lago unterdrückte ein Augenrollen angesichts der ungewohnten Dramatik - immerhin war Jack Mallin ein nüchterner Mensch durch und durch.
    "Jack, Sie können mir ruhig sagen, was los ist. Egal was. Ich verkrafte das schon." Als der neue Verwalter nichts darauf erwiderte, seufzte Lago leise und suchte sich die nächstbeste Sitzgelegenheit. "Also schön, ich sitze! Können wir nun zum eigentlichen Grund Ihres Anrufs kommen?"
    "Es geht um Miss Karim." Antwortete Mallin mit bemüht fester Stimme, die Lago beinahe wieder aus dem Sitz hob.
    "Sophi? Was ist mit ihr? Ist sie noch nicht angekommen?"
    "Ihr... Schiff... hatte einen Unfall, Captain."


    Nun hielt Lago nichts mehr und er sprang, das Holo in der Hand, wieder auf. "Geht es ihr gut? Wurde sie verletzt? Nun sagen Sie schon, Jack!"
    "Es... es ist explodiert. Kurz vor Corellia."
    Wortlos starrte Lago auf das bläulich schimmernde Gesicht, dass ihm verzerrt entgegen sah.
    "Aber... aber sie konnte es verlassen? Sicher hat sie eine Rettungskapsel genommen, bevor es... dazu kam?"
    Die bläuliche, verzerrte Holoprojektion senkte ihren Blick zu Boden. "Es... tut mir leid."


    Langsam, sehr langsam, fast wie in Zeitlupe sank Lago zurück auf seinen Platz. Der Blick war immer noch fest auf das betroffene Antlitz von Mallin geheftet, doch er sah durch ihn hindurch, in scheinbar weite Ferne gerichtet, als wenn er bis nach Corellia, bis zum Ort des Geschehens blicken konnte, während sein Verstand und noch viel mehr sein Herz versuchten, die Nachricht zu verstehen. Dumpf und betäubt war seine Welt plötzlich auf diesen kleinen blauen Punkt in seinen Händen konzentriert. Geräusche, Umgebung, selbst das eigene Atmen völlig ausgeblendet. Doch statt der zu erwartenden Tränen blieb sein betrügerischer Körper diesmal ganz ruhig. Als Sophi mit ihm Schluss gemacht hatte, war sein Herz gebrochen und er hatte geweint, wie seit seiner Kindheit nicht mehr, doch jetzt... war da nichts. Nur dumpfe, kalte Leere.


    "Die Behörden haben uns benachrichtigt. Die Nachricht ist schnell im Betrieb rum gegangen. Die Mitarbeiter sind... beunruhigt... um nicht zu sagen, fassungslos. Was... sollen wir tun?" Ertönte die ungewohnt unsicher klingende Stimme von Mallin wieder aus dem Holo. Nur nebenbei bemerkte Lago wie sich die Lippen der Projektion dazu zeit verzögert bewegten.
    "Ich komme." Antwortete eine ruhige Stimme, die nicht die seine zu sein schien, eh er sich erhob und die Verbindung beendete. "Ich komme."

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  • Blauer Traum, der zweite


    ~ Nar Shaddaa, Winter 23 NVC ~



    Mit gerunzelter Stirn und tief zusammengezogenen Augenbrauen ging Lago die Stufen zu seinem Privatgemach hinunter. Es fehlte nur noch die stilisierte Gewitterwolke über seinem Kopf und das Bild wäre perfekt gewesen. Zusagen, er war in schlechter Stimmung, wäre die Untertreibung des Äons gewesen. Er war wütend, nein, stinksauer – auf Sophi, auf die ganze verdammte Galaxis. Aber am meisten auf sich selbst. Wie konnte er nur so dämlich sein?


    Zum Glück hatte Arriss es nicht bemerkt. Das hießt, den Kuss durfte sie durchaus bemerkt haben, aber wohl zum Glück nicht, wie nahe er daran gewesen war, die Kontrolle darüber zu verlieren.
    Ihrem anschließenden Lächeln nach zu urteilen, hielt sie es nur für Teil des Testes. Ein Test in Contenance. Den hatte er wohl gründlich verloren. Wer war eigentlich auf die dämliche Idee kommen, Wer-ist-der-bessere-Chiss zu spielen?


    Grummelnd und imaginäre Blitze schleudernd trat er an den Kamin und stellte das flache Holzkästchen, das er in den Händen hielt, zurück an seinen Platz. Es hatte sich bereits Staub auf dem Kaminsims drumherum gebildet, so dass der ursprüngliche Standort nicht schwer auszumachen war.


    Seufzend hob er den Deckel der Schatulle an und blickte auf den Ring, der dort nun neben zwei silbernen Armreifen und einer Goldkette mit zwei Diamanten seinen letzten Ruheort gefunden hatte. Ein Ring aus funkelndem Weißgold mit zwei Ringschienen aus poliertem Holz von alten Whiskeyfässern und schimmerndem Perlmutt. In der Innenseite sein Name als Gravur und dem Gegenüber an der Außenseite nun ein funkelnder, reinweißer Diamant. Sophi. Ihre Asche. Zu einem Oktaeder gepresste Kohlenstoffatome. Letzte Überreste ihres irdischen Seins. Funkelnd und strahlend – wie sie selbst gewesen war – aber nun hart und kalt. Ohne das Feuer, das sie in ihm zu entfachen vermochte.


    Gramgebeugt legte er seine Stirn an die Wand überm Kamin. „Es tut mir leid“, flüsterte er leise zum Ring. „Es tut mir leid. Vergib mir, min larel, mi partoni.“*


    ~


    Er wusste nicht mehr, wie er ins Bett gekommen war oder wann. Er merkte nur, dass er lag, als er wieder die Augen öffnete. Etwas hatte ihn geweckt. Ein leichter Druck, ein vertrautes Gefühl.
    Lago blickte auf und entdeckte eine zarte Hand auf seiner Brust.
    „Ol'val, Lago.“
    Er drehte den Kopf zu der Stimme, die ihn angesprochen hatte. Ein vertrautes Gesicht lächelte ihm entgegen. „Sophi?“ Er blinzelte, doch das Gesicht verschwand nicht. „Was machst du hier? Du bist tot.“
    „Ich bin hier wegen dir.“, antwortete die rauchige Altstimme ihm.
    „Ich... ich habe dich vermisst.“ Er versuchte sich zu ihr zu drehen, doch war er gefangen in dem Laken, das sich um seine Beine gewickelt hatte.
    „Das sehe ich.“ Ihr Blick glitt an seinem Körper hinab und ein Schmunzeln umspielte ihre Mundwinkel. „Du bist einsam, min larel.“


    „Natürlich bin ich einsam! Du warst weg“, erwiderte er aufgebracht. „Du... bist tot.“
    „Aber ihr Tod war nicht deine Schuld.“
    Ruckartig drehte Lago den Kopf zur anderen Betthälfte, wo ein weiterer Frauenkörper an seiner Seite aufgetaucht war. „Arise?!“
    „In voller Lebensgröße. Willst du mal anfassen?“, erwiderte sie und strich mit ihrem Finger seinem nackten Oberarm entlang.
    „Aber... du bist auch... tot.“


    „Er wiederholt sich irgendwie, findest du nicht?“, wandte Arise sich an Sophi, die mit den Schultern zuckte.
    „Er hatte 'nen harten Tag. Gib ihm etwas Zeit.“, antwortete Sophi und gluckste dann. „Hart. Verstehst du?“
    „Schön, dass mein Gemütszustand euch so viel Freude bereitet“, brummte Lago dazwischen. „Aber was soll das ganze?“
    „Nicht so verbittert“, war nun wieder Arise an der Reihe. „Wir sind hier, um dir zu helfen.“
    „Helfen?“
    „Um dir Erleichterung zu verschaffen...“, fuhr Sophi fort. „Von dem, was dich so bedrückt.“


    „Was mich bedrückt?! Das kann ich euch sagen. Ihr seid beide tot! Meine Verlobte und meine Ex-Freundin sind gestorben. Kurz nacheinander. Das kann einen Mann schon mal aus der Bahn werfen, finde ich.“
    „Aber Sophis Tod war ein Unfall“, bemerkte Arise und deutete auf Sophi.
    „Und den Mord an Arise hättest du nicht verhindern können“, ergänzte Sophi wie abgesprochen.
    Lago seufzte und presste die Lippen aufeinander. Das gleiche hatte Arriss ihm bei ihrem Besuch heute Abend auch gesagt.
    „Das habe ich ihm auch gesagt, aber er will nicht hören“, ertönte prompt eine dritte Stimme über ihm.


    „A...Ar... Arriss...?“ Mit offenem Mund starrte Lago auf die Blaue, die plötzlich rittlings auf ihm saß.
    „Er kann manchmal ganz schön stur sein“, bemerkte eine der drei Frauen, während die anderen murmelnd zustimmten.
    „Was... zum Hutten...?“ Lago kam nicht mehr mit.
    „Hm, das ist interessant“, meinte Sophi und legte einen Finger an ihr Kinn.
    „Was meinst du?“, wandte Arise sich an sie.
    „Na sie!“, antwortete Sophi und deutete auf Arriss.
    „Du hast Recht.“


    „Als ich damals mit dir Schluss gemacht habe...“, sinnierte Sophi und sah Lago wieder an. „...hast du Trost bei Arise gesucht.“
    "Das... stimmt so nicht", versuchte Lago abzuwehren.
    „Und jetzt wo wir beide tot sind...“, fuhr Arise nahtlos fort. „...suchst du Trost bei ihr.“
    "Was? Nein!" Er blickte fast panisch hoch zu Arriss, die nachdenklich den Kopf zur Seite legte.
    „Ich denke, ich erkenne da ein Muster...“
    Die anderen beiden nickten zustimmend und auf einmal verschwammen die drei Körper zu einem.
    Arriss – mal blau, mal hell, mal sonnengebräunt – thronte immer noch über ihm. Doch hatte ihr Körper plötzlich drei Köpfe... oder drei Köpfe in einem, die wie bei einer Trifaccia ineinander übergingen und sich abwechselten.


    „Nein, das ist nicht wahr! Nein, nein, nein....“, schrie Lago und wandte sich hin und her bis er schweißgebadet plötzlich aufwachte und aufrecht in seinem Bett saß.
    Sein Brustkorb hob und senkte sich stark, während er keuchend nach Atem rang.
    Mit zittrigen Händen fuhr er sich über die Augen.
    „Verdammt und verflucht bin ich. Auf ewig und drei Tage!“



    * corellianisch: Meine Liebe. Vergib mir.

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