Der Mirialaner sitzt in den Unterkünften des Widerstandes auf dem Boden, vorn übergebeugt. Kleine Rauchsäulen steigen immer wieder vor ihm auf.
Die Kühle des Morgens scheint ihm nichts anzuhaben. Schon vor Stunden legte er seinen Oberkörper-Panzer ab, nahm sich seine Plasmalampe zur Hand
und begann, dünn gewordene Stellen seines Rüstzeugs auszubessern. Und immer mal wieder schüttelt er den Kopf. Vor sich hin murmelnd.
„Mhm. Hätte sie wohl schon vor Monaten einfach austauschen sollen. Zumindest vor Balmorra.“
Balmorra. Zuerst rissen Republik und Imperium daran, dann kamen die Zakuul. Und Ken war mittendrin.
Als einer der erfahrensten (und letzten, was Balmorra betraf) unter den verbliebenen Funkern der republikanischen Einsatzkräfte standen ihm die besten
Teile der dürftigen Ausrüstungsteile zu, und Ken hatte sich in der Rüstkammer versorgt, so gut es ging. Dennoch war es beinah nicht genug.
Es war an einem staubigen Morgen, kurz bevor die Sonne aufging. Der Auftrag lautete, eine der gebirgigen Anhöhen einzunehmen, um einen
Funkteppich vorzubereiten. Kommunikation steht an vorderster Stelle, in nahezu allen militärischen Verbänden.
Während er ein weiteres, bereits zugeschnittenes Stück Plastistahl auf seinen neuen Platz an Kenniors Rüstung legte, streiften die Bilder einmal mehr
durch seine Gedanken.
Wie er kletterte und stieg.
Kurz unterhalb des Gipfels seine Anlage montierte, ein Grinsen auf den Lippen, wissend, nicht nur die eigene Kommunikation zu entfalten, sondern
auch die des Feindes damit zu stören. Der imperialen Truppen, westlich, nordwestlich und nördlich seiner Position.
Der Morgen, als die Zett´s kamen. Vernichtend.
Einmal mehr schüttelt der übergroße Mirialaner den Kopf, will die Gedanken vertreiben.
Alter Narr. Befreie Dich von Vergangenem. Gestern und morgen kannst Du nicht ändern, es ist passiert was passierte.
Er beginnt, das Ersatzstück mithilfe der Plasmalampe zu befestigen. Ordentlich, nicht zu dick, nicht zu dünn und immer am Rand entlang.
Basics der Grundausbildung. Wieder steigen dünne Rauchfäden auf. Die Arbeit geht weiter.
Später am Tag absolviert er sein Training.
Die Rüstungsteile, die am schwersten unter der Abnutzung von Zeit und Gewalt litten, waren versorgt, so gut er es vermochte. Zufriedenheit spürte er
keine, doch viel besser ging es nichtmehr, er hatte sein Bestes getan. Es schien tatsächlich an der Zeit, sich was Neues zu besorgen.
Private Kennior Metufhu trabt durch das Lager des Widerstandes. Die Sonne steht hoch, vielleicht eine Stunde vor Mittag. Seine zwölfte Runde.
Zuvor die Liegestütz-Einheiten, alles ging seinen gewohnten Gang. Selbst er schwitzte nun.
Irgendwie ging alles immer seinen gewohnten Gang. Zumindest bis zu dem Morgen auf Balmorra.
Damals geriet seine militärische, gewohnte Lebensweise aus den Fugen. Er hatte Glück, das wusste er. Kein Glück, als er sich allein durchschlug,
das hatte er seiner gründlichen Ausbildung in den Akademien Mirials und der Republik gelernt. Glück jedoch, die Fähre der Zett´s entdeckt zu haben,
mit der er vom Planeten floh. Glück, daß es eine Nachschubfähre war, ein kleines Ding, vollgestopft jedoch mit Trockenvorräten und Wassereinheiten.
Ken sprang vom Felsvorsprung, zum dreizehnten Mal an diesem Morgen. Noch sieben Runden, dann würde er duschen und was essen.
Wie wohl Mira´s Gespräch verlaufen war?
Wieder ein Kopfschütteln. Es schien nicht zu helfen, Gedanken zu vertreiben; dennoch konnte er diese Gewohnheit einfach nicht ablegen. Ähnlich jener,
nach Abschluß einer Aussage das Kinn leicht zu heben. Ähnlich auch jener, die Ausrüstung vor und nach Einsätzen mehrfach zu prüfen.
Einsätze. Achtundachtzig, alle zusammengenommen. Achtundachtzig mal raus. Achtundachtzig und mehr verschiedene Gesichter des Feindes erblicken.
Und sich ab und zu was einzufangen, wie damals, als die thermische Granate ihm das halbe Gesicht wegschmolz. Eine imperiale Granate.
Das alles galt es heute, hinter sich zu lassen. Seite an Seite mit alten Feinden, den neuen, übermächtig erscheinenden, zu bekämpfen. Sich zu vertrauen,
sich gegenseitig den Rücken frei zu halten. Bislang lief das, was ihn betrifft, überraschend gut.
Und das muß es auch weiterhin, sonst sind wir am Arsch. Verfluchte Zett´s.
Nun geht es die Anhöhe hinauf, anschließend durch den kleinen, von Wasserfällen genährten Teich und durch die kleine Höhle, die er neulich erst entdeckte.
Runde fünfzehn mittlerweile. Der grünhäutige setzt, wie immer an dieser Stelle, zum Spurt an. Kräftigt die Wadenmuskulatur. Wichtig, nein unerlässlich
bei Sprüngen, Tritten und schnellen Stellungswechseln.
Wir sollten den Zett´s zeigen, daß sie noch nicht gewonnen haben. Sollten ihnen was wegnehmen. So, wie sie es mit uns taten. Und uns damit motivieren.
Eine Idee formt sich in seinem Kopf. Das gleichmäßige Traben vertrieb alles periphere.
Eine verdammt funktionale, wenn er so darüber nachdachte.
Ohne Sender. Alles was wir brauchen ist ein Empfänger. Wir wissen – ich weiß, wie die Zett´s vorgehen. Tasten die atmosphärischen Strahlungen und
Frequenzen ab, dauerhaft. Durch einen Empfänger könnte ihre Tastfrequenz benutzt werden, um einen Code draufzulegen, der dann darauf zu ihren
Schiffen – dem abtastenden Schiff, korrigiert er sich – gelangt. So erhalten wir ihre Position, und mit ein wenig Glück auch die anderer Schiffe oder
gar orbitaler Zakuul-Stationen.
Ein letztes Mal trabt er die Brücke entlang, schließt Runde zwanzig ab und biegt in die Unterkünfte ein. Eines der seltenen Male, an dem ein wissendes
Lächeln seine Züge zeichnet, die roten Augen gedankenversunken zusammengekniffen. Er wird mit der Technik reden müssen, und zuvor wohl auch mit
dem Lieutenant. Die ewige und doch so einfache Regel der Hierarchie.
Noch eh es zur Dusche geht, setzt sich Ken an einen der Tische und zückt seinen Nachrichtenübermittler, um bei Lieutenant Veyno um einen Termin zu bitten.
Hastig fliegen seine Finger über die Oberfläche des Pads. Das Handtuch, mit dem er sich die nasse Stirn abwischte, landet auf der Tischplatte.
Unter Druck arbeitete Kennior Metufhu schon immer am besten.
Und in der aktuellen Zeit galt es, keine zu verschwenden.