Einleitung:
Veral V:
Taina nahm die Schokoladenrippe von Sanitäter Jordan dankbar an, nachdem diese hünenhafte Soldatin - sie glaubte sich zu erinnern, dass sie mit Private Xeras angesprochen wurde - sie ums Verrecken nicht hatte nehmen wollen.
Sie hatten gesiegt, sie hörte die Worte, doch dauerte es, bis sie die Bedeutung begriff - es war vorbei und sie lebte noch.
Es war alles so unwirklich, immer noch stand sie zitternd an die Felswand gedrückt, es kam keine Freude auf, noch nicht mal Erleichterung, sie konnte es einfach nicht glauben, dafür nahm sie den Geschmack der Schokolade, die in ihrem Mund schmolz um so mehr wahr - weich, warm und süß, er ließ sie für eine Sekunde tatsächlich alles vergessen.
Ein neuer Befehl riß sie wieder ins Jetzt, im Laufschritt eilte sie mit den anderen zurück.
'Jetzt bloß nicht auffallen' ... kurz kam ihr der Gedanke, ob aufgefallen war, wie sie meist in ihrer Deckung gekauert, zitternd Schüsse auf den Feind abgegeben hatte, zögerlich, weil sie Angst hatte, die eigenen Leute zu treffen.
Das Mädchen hatte versucht sich an PFC Kreldo zu halten, sie hatte sich so verloren gefühlt, teilweise war sie vor Angst regelrecht paralyisert, doch hatte sie sich immer wieder gezwungen Kreldo irgendwie zu folgen. Taina wurde wieder bewußt, dass die Mandalorianerin sie vor schlimmen Verletzungen bewahrt - wahrscheinlich ihr Leben gerettet hatte, als sie sich schützend über Taina warf, als eine Granate in ihrer Nähe explodierte.
'Was?' Taina schluckte trocken, sie sollten die Überlebenden Republikaner erschießen, sie sah, wie die Soldaten zu den Verletzten gingen und sie erschossen.
Nein, das konnte sie nicht, das war nochmal was ganz anderes.
'Wenn Du es nicht tust, wirst Du wahrscheinlich gleich eine weitere Leiche am Boden sein .. los, beweg Dich schon.'
Langsam ging sie auf einen am Boden liegenden Verletzten zu, jeder Schritt, den sie näher kam, fiel ihr schwerer, sie hielt ihr Blastergewehr auf den Kopf des Mannes gerichtet, wollte den Abzug betätigen, aber wieder war sie wie gelähmt. Ihr Zögern erregte die Aufmerksamkeit von PFC Kreldo und Private Xeras, Taina bekam kaum mit, was beide zu ihr sagten. Irgendwas mit Problemen .. wahrscheinlich die Frage, ob es Probleme gibt. "Nein, Mam" hatte sie schnell geantwortet. Die Mandalorianerin sagte was wie, "sie hätten es verdient, erlöst zu werden". Scheiße, soweit hatte sie nicht gedacht gehabt, ihr Blick fiel auf den Bauch des Verwundeten, er drückte seine Hände drauf, versucht die Eingeweide am Rausquellen zu hindern, es war offensichtlich, was für Schmerzen er hatte. Taina zielte wieder auf den Kopf, drehte den eigenen weg, um nicht hinzusehen. Nein, das war falsch, wenn sie es tat, sollte sie auch hinsehen, verbissen zwang sie sich den Blick wieder auf den Verwundeten zu richten, nickte kaum merklich und drückte ab und schloß doch unwillkürlich die Augen, als der Kopfschuß ihn tötete.
Sie war jetzt dankbar diesen Helm zu tragen, er verbarg die Tränen, die nun einfach hemmungs flossen.
Der verrückte Sanitäter vom Tag davor hielt ihr ein Stim hin, damit sollte sie in der Nacht ruhig schlafen können, sie lehnte ab, sie wollte es nicht.
Erst jetzt registrierte sie die Stimme in ihrem Comlink. Was sagte sie da? Unwillkürlich blickte Taina in den Himmel und hielt sie den Kampf vorhin schon für die Hölle, so war es doch ein Huttballspiel gewesen, verglichen mit der Hölle die nun ausbrach.
Jeder lief, versuchte ein Shuttle zu erreichen, es wurde gerempelt, gedrängelt, Todesangst in manchen Gesichtern, die davor noch souverän gewirkt hatten. In dem Chaos erblickte sie Nirovan, er sass, war offensichtlich verletzt. Konnte er aufstehen? Scheiße, sie konnte ihn nicht sitzen lassen. Entgegen den Strom wand sie sich durch das Chaos zu Nirovan hin, griff nach seinem Arm, versuchte ihn hochzuziehen und schrie ihn an, er müsse aufstehen, half ihm dabei.
PFC Kreldo und Sanitäter Jordan riefen, sie sollten sich beeilen, endlich an Bord des Shuttles kommen. Irgendwie schafften der Chiss und das Mädchen es zum Shuttle, keine Sekunde zu spät. Schnell suchte sie sich einen Platz am Boden, legte ihren Helm, die Handschuhe und ihr Gewehr beiseite und blickte sich um. Sie erkannte neben PFC Kreldo und Sanitäter Jordan, der sich gleich um den schwerverletzten Nirovan kümmerte, noch Private Nevran, Private Xeras und den Soldaten, der am Tag zuvor vor den Füßen ihres Trupps in den Matsch geflogen war.
Eine große Hilfe bei der Versorgung von Nirovan war sie nicht, dafür fehlte ihr einfach das Wissen. Sie war froh, als sie Schokolade und Wasser verteilen sollte, es lenkte sie ab. Schließlich nahm sie sich selber eine Tafel und eine der Flaschen und ließ sich in Nirovans Nähe nieder, sie sollte ihm alle 30 Minuten Wasser einflößen. Erschöpft lehnte sie sich an die Wand des Shuttles, schloß die Augen und mit voller Wucht schoss alles wieder in ihr Bewußtsein.
Erst jetzt wurde ihr wirklich klar, was alles passiert war, es traf sie wie ein Schlag in die Magengrube, sie konnte keinen geordneten Gedanken fassen, chaotisch wirbelten sie im ihren Geist herum.
Zwei Tage war sie erst hier, ohne eine Art von Ausbildung, direkt nach ihrer Ankunft ins kalte Wasser geworfen. Sie war eigentlich nicht zartbesaitet, aber sie hatte keine Vorstellung gehabt, was Krieg bedeutete. Der Lärm der Einschläge des Artilleriebeschuss würde sie wahrscheinlich nie wieder aus den Ohren bekommen, der Anblick der vielen Leichen, wie neben ihr Leute zu Boden gingen, zerfetzt worden, die eben noch neben ihr gerannt waren. Und dazu noch die Angst einen Fehler zu machen, der mit dem Tode bestraft werden könnte. Sie war so dankbar, dass man ihr bisher direkt wohlwollend begegnet war, ihr, die nicht aus Pflichtgefühl und Patriotismus hier war. Aber ihre Angst war gerechtfertigt, erlebte sie doch gerade, was man Soldaten antat, sie einfach grundlos opfern wollte.
Und wieder war es wie ein Schlag in die Magengrube - wie mußten die anderen sich fühlen. Taina versuchte ihre Übelkeit zu unterdrücken, sie wandte sich zur Shuttlewand, so dass - sollte man überhaupt auf sie achten - man nur ihre Rückansicht sah und griff gerade noch rechtzeitig nach ihrem Helm und kotzte sich die Seele aus dem Leib.
Ein paar Tage später, auf der Eclipse:
Taina lag in ihrer Koje und lauschte in die Dunkelheit. Die monotonen immerwährenden Geräusche der Eclipse und die gleichmäßigen Atemzüge der meisten Schlafenden wurden immer wieder von penetranten Schnarchlauten durchsetzt. Die Mundwinkel des Mädchens verzogen sich zu einem breiten Grinsen, noch wußte sie nicht, wer im Schlaf gleich einen ganzen Planeten zu roden schien, aber sie würde es herausfinden, irgendwann, jetzt hatte sie wichtigeres zu tun.
Sie drehte sich auf die Seite, so dass ihr Rücken zum Gang zeigte und damit den Blick auf das Datapad versperrte, was sie unter ihrem Kopfkissen hervorzog.
Es hatte neben dem Tech-Buch und dem Buch übers militärische Protokoll des Imperiums in ihrer Koje gelegen. Es war ein ganz einfaches Modell damit sie sich Notizen machen konnte. Und wie sie festgestellt hatte, hatte sie lediglich User- und keine Adminrechte. Aber diesen Zustand hatte sie in null Komma nichts geändert, natürlich so, dass es nicht auffiel. Wie sie bedauernd festgestellt hatte, verfügte das Datapad über keine Com-Einheit, war aber nicht überrascht gewesen. Flink waren ihre grazilen Finger über den Touchscreen getanzt und hatten einen nicht sichtbaren Speicherbereich eingerichtet und diesen mit einer Sicherung versehen, die bei einem unbefugten - also bei jedem außer ihr - Zugriffsversuch die Löschung der Daten simulierte, diese aber eine Ebene tiefer verschob, so dass sie eventuell noch Gelegenheit hätte ranzukommen.
Jetzt lag das Pad vor ihr, sie hatte es aktiviert und der Touchscreen war schwach beleuchtet und ein Textverarbeitungsprogramm geöffnet. Die zarten Gesichtszüge zeigten ein verlegenes Lächeln, sie hätte niemals gedacht, dass ausgerechnet sie ein Tagebuch führen würde.
Sie hätte niemals gedacht, dass sie je das Bedürfnis haben würde, sich jemanden anzuvertrauen, ihm alles zu erzählen. Sie hatte überhaupt so vieles niemals gedacht oder auch nur annäherend geahnt.
Es war so viel passiert, hatte ihr bisheriges Leben restlos umgeworfen und zum ersten Mal in ihrem Leben schwebte ihr Todesangst stetig im Nacken. Es war alles so fremd, vieles konnte sie nicht nachvollziehen, auch wenn sie es imitieren konnte. Aber sie brauchte ein Ventil, das merkte sie und auch wenn man ihr durchaus wohlwollend begegnet war, es doch einige nette Personen gab, so konnte sie sie doch noch nicht wirklich einschätzen und wagte noch nicht jemanden wirklich zu vertrauen, sie hatte das Gefühl schon ein falsches Wort oder gar ein falscher Blick könnten sie umbringen und es staute sich alles in ihr an.
Einen Teil konnte sie körperlich in der Trainingshalle wunderbar abbauen und für den anderen hatte sie nun das Datapad.
Tainas Finger begannen wieder über den Touchscreen zu tanzen ...