Stille. Was für ein unangenehmes Gefühl. Ein tauber Druck auf den Ohren, der nach und nach drohte an ihrem Verstand zu kratzen. Nur sachte, regelmäßige Atmung verschiedener Menschen war im Raum zu hören. Und sie könnte schwören, dass ihre Atemzüge die kräftigsten waren, während sie gleichsam träge dahintröpfelten, als würden sie überhaupt nicht geschehen. Es war ein unwirkliches Gefühl. Sie konnte sich selbst in der Spiegelung der Fensterscheibe sehen und doch entschied ihr Gehirn sich, diese Spiegelung einfach zu ignorieren. Stattdessen beobachtete sie unweit von sich das sachte und rhythmische Rascheln verschiedener Grashalme. Vermutlich eine Grasschlange, die sich heimlich ihren Weg durch das kniehohe Gras suchte, auf Beutejagd. Oder einfach nur auf der Reise.
Erst eine Bewegung riss ihre Aufmerksamkeit aus dem unangenehmen Ambiente ihrer eigenen Gedanken. Mit einem Wimpernschlag fuhr sie herum, als die Türe zur ruhigen Stube geöffnet wurde. Es war ein hochgewachsener, kräftiger Mann der das Zimmer betrat. Bestimmt doppelt so groß wie das Mädchen, das in einer unruhigen, fahrigen Bewegung über den kratzenden Stoff an ihrem Arm glitt und ihn – zur Linderung des Juckreizes – etwas hin und her schob. Auch die anderen Blicke der Menschen richteten sich gen des Neuankömmlings. Eine gealterte Frau, deren dunkle Haare von grauen Strähnen durchzogen wurden, brachte sich wankend auf die Füße. Sie hatte ihre Haare streng zurückgebunden, die Augen schienen schwer und verquollen, als habe sie tagelang geweint und wäre nun von dieser Fähigkeit verlassen wurden. Und doch zeichneten sich feine Fältchen um Mundwinkel und Augen ab. Ein Schatten anderer Zeiten, in denen herzlich gelacht wurde.
Eine ganze Weile kehrte die Stille in das Zimmer des farmähnlichen Hauses zurück. Dichte Grasfelder umschlossen das Gebäude und nur in der Ferne mochte man die Skyline Coronets ausmachen. Eine sehr weite Ferne, kaum zu erahnen.
Die kräftige Pranke des Mannes - der wohl etwa desselben Alters entsprach wie jene wankende Frauengestalt, die sich mit Mühe und einem letzten Rest Würde auf den Füßen hielt – schloss sich um die Türe, als er sie hinter sich zudrückte. Er schüttelte den Kopf. Ganz schlicht. Ganz einfach. Eine Geste, die er sicherlich schon tausende Male zuvor vollführt hatte. Diesmal jedoch war es anders. Es war ein anderes Kopfschütteln. Jenes, was so viele Worte ersetzen sollte. Es war ein Kopfschütteln von Trauer, Mitgefühl, Leid und Resignation. Und es provozierte eine wahre Flut an Emotionen in dem engen Raum, der durch die Präsenz des Hünen noch enger geworden war. Die gealterte Corellianerin brach mit dem Versuch sich auf den Füßen halten zu wollen und sank wie eine Stoffpuppe ohne Gelenke in sich zusammen. Erst auf die Knie, dann zurück. Nur knapp entkam sie dabei der Tischkante, mit der ihr Hinterkopf beinahe kollidiert wäre. Man hätte meinen können, sie würde ohnmächtig. Tatsächlich erstarrte sie jedoch mehr. Nachdem sie auf die Knie gefallen war, wurde ihr Blick steif und ausdruckslos. Es war ein Moment tiefster Emotion, ein Moment der Trauer und ein Moment der Schwäche. Sie – das Mädchen am Fenster, das das Schauspiel geradezu reglos beobachtet hatte – zog den Vorhang vor die spiegelnde Fensterscheibe, schloss die Außenwelt aus, hielt die Schwäche im Innern dieses Raumes.