Chapter I
Phondar Spire
Coruscant konnte schön sein.
Die Betonung liegt dabei auf „konnte“. Wenn man nicht gerade in der Daring Bay oder im Uscru-Distrikt in den dunklen Gassen umher ging, oder sich sonst wo in den unteren Ebenen aufhielt, gab es durchaus Orte, an denen man Ruhe und Schönheit finden konnte. Nicht die Orte, wo man nicht ohne weiteres und vor allem nicht ohne Mittel hinkam, wie die Monument Plaza bei den Manarai Bergen, die Polarkappen oder das Republica 500. Nein, Orte wie die Straßen des Orange Bezirks, die Heran Lane, Happyland, oder Area 87 waren schön. Sie alle hatten ihre Eigenheiten, die sie einzigartig machten. Doch so sehr Aureole das diffuse orangene Licht des Orange Bezirks mochte, so sehr sie das Treiben der Bevölkerung und das Ambiente der Heran Lane liebte, die Türme von Happyland, oder die Schweigsamkeit und Ruhe der Kanäle von Area 87, nichts von alledem liebte sie mehr, wie die Aussicht, die sie vom Dach des Phondar Spire hatte.
Sie kam nur selten an diesen Ort, von wo aus sie in der Ferne das Republica 500, den Jedi-Tempel und sogar den Senatsdistrikt sehen konnte. Die Sicht war atemberaubend. Viele Luftstraßen zogen sich durch das Blickfeld, doch am deutlichsten stach die Skylane 4467 heraus, die sich wie ein Strich quer über den Horizont zog. Im Westen, direkt dort wo die Sonne unterging, konnte man das Elite erkennen, nicht so groß und imposant wie das Republica 500, doch dort schien die Skylane 4467 zu entspringen, da man sie dahinter durch die Rundung des Planeten nicht mehr sehen konnte. Das Elite war ein Hotel, wo nur die Reichsten der Reichsten wohnten und das vor Luxus nur so überschäumte, das wusste Aureole. Sie Träumte davon selbst einmal darin zu wohnen. Reich und schön wollte sie werden und dann ihren Freunden helfen aus den Slums entfliehen.
Die unteren Ebenen wirkten manchmal wie ein Gefängnis, was man aber erst wirklich wahrnahm, wenn man einmal die oberen Ebenen gesehen hatte. Doch hier auf dem Phondar Spire, einem der höchsten, wenn nicht sogar dem höchsten Turm der Unterstadt, fühlte sie sich frei. Ja, sie glaube hier manchmal glatt davonfliegen zu können.
Die unzählbaren Raumschiffe, die Täglich die Luftstraßen entlang flogen sahen aus wie Fliegen, die irgendwie geordnet durch die Luft schwirrten. Wenn sie nach Osten sah konnte sie ganz weit hinten das Republica 500 erkennen, welches von weitem aussah, als hätte man vier Stahlklötze in geringem Abstand nebeneinander gestellt. Aureole hatte das Republica 500 nur auf Bildern nahe gesehen, die Verzierungen und die schönen Brücken zwischen den Haupttürmen und auch die Suiten und Wohnungen darin. Auch dort wollte sie einmal hin, ja sie wollte überall in Coruscant einmal gewesen sein.
Einer der wenigen Orte der Oberstadt, an dem sie selbst jemals gewesen war, war der Jedi-Tempel gewesen. Der große Quadratische Tempel mit den vier Türmen an jeder Ecke und dem großem Turm in der Mitte, der sich direkt vor ihr, etwas nach recht versetzt, also von ihr aus gesehen im Nord-Osten befand. Deutlich sichtbar war er, da davor die Wolkenkratzer nicht höher waren, als das Phondar Spire, oder so standen, dass der Tempel genau zwischen ihnen zu sehen war. Blickte man von den Türmen des Jedi-Tempels zum Senatsgebäude herüber, musste man genau über das Phondar Spire sehen.
Ob er auf gerade dort oben stand und in ihre Richtung sah? Eben jener Jedi, der sie gefunden und zu diesem Tempel mitgenommen hatte. Die endlos scheinende Treppe hinauf zum großen Portal, welches in die unendlichen Hallen mit den vielen Säulen führte. Die vielen Wesen verschiedenster Spezies, die Aureole noch nie gesehen hatte, gekleidet in lange Röcke und Umhänge aus Stoff, die ihnen Wallend um Oberkörper und Beine wehten, wenn sie so zügig dahinschritten. Sie hatten ihr Angst gemacht. Das ganze Gebäude hatte ihr Angst gemacht und vor allem dieses Gefühl, das dort etwas größeres war, eine Präsenz, die alles umgab. Also war sie weggelaufen, vorbei an verwunderten Jedi und weg von den Rufen Lorvaines, des Jedi der sie hergebracht hatte. Sie war gelaufen, bis sie nicht mehr konnte und nicht mehr wusste wo sie war. Tief nach unten war sie geflohen, wo niemand sie finden würde. Doch Lorvaine hatte sie gefunden und sie zum Phondar Spire gebracht. Sie war dankbar, dass er sie nicht gezwungen hatte dort zu bleiben und eine Jedi zu werden. Sie wusste nicht wieso, doch sie hatte Angst vor den Jedi und Angst vor der Macht – so nannte Lorvaine das Gefühl, dass sie im Jedi-Tempel verspürt hatte, als ob eine allseitige Präsenz über alles gewacht hätte - , also wollte sie selbst keine Jedi werden, obwohl er sagte, dass sie gut und stark werden würde. Jedenfalls kam Lorvaine sie seitdem ab und zu besuchen und ging dann oft mit ihr auf das Dach des Phondar Spire. Er hatte ihr gezeigt, wie sie den Wartungslift an der Außenseite des Gebäudes benutzen konnte – was natürlich verboten war – um allein auf das Dach zu kommen, doch er hatte sie zur Vorsicht ermahnt, dass sie aufpassen solle und am Besten nur in seiner Begleitung dort hoch gehen sollte. Doch bisher hatte sie niemand erwischt, wenn sie alleine hinauffuhr.
Sie seufzte, während ihr all diese Gedanken, unbeschwert und kindlich durch den Kopf gingen, und sie den Sonnenuntergang betrachtete. Sie ließ die Beine von dem Rohr baumeln, auf dem sie saß, schloss die Augen und genoss die letzten Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Wenn die Sonne weg war, würde sie sich auf den langen Rückweg in den Orange Bezirk machen, denn dort wohnte sie.
Von dem, was bald kommen würde, ahnte sie nichts und so fühlte sie sich wohl in der Wärme des Sonnenuntergangs von Coruscant.