"Verdammte Scheiße" – Caillen Evermore

  • Die Falle


    Imperialer Raum, auf dem republikanischem Kreuzer Retributioner


    Corporal Caillen Evermore verzog in offensichtlicher Unzufriedenheit einen Mundwinkel und legte eine seiner Karten auf dem Tisch ab. Er wusste, dass die Entscheidung riskant war und er wusste auch, dass er damit alles verlieren konnte. Dennoch musste er es riskieren. Der Gesichtsausdruck seines Gegenübers ließ sich nur schwer deuten, Private Tryll hatte sein berühmtes Sabaccgesicht aufgesetzt und verzog keine Miene. Der Computer berechnete automatisch die Zufallskarten neu, die Abbilder auf den Karten in der Hand des Corporals wurden gelöscht und durch neue ersetzt.
    “Scheiße.”
    Der Kommentar des Corporals sorgte für allgemeines Gelächter im Rund. Nichtmal in der Versuchung das Spiel noch durch einen Bluff zu retten, warf der schwarzhaarige Mensch seine Karten auf den Tisch und sah mit zusammengepressten Lippen zu, wie Private Tryll seinen Gewinn einstrich. Und in diesem Moment hätte er dem Zabrak am liebsten die Hörner abgebrochen um damit sein höhnisches Grinsen zu zerstückeln. “Tja, vielleicht beim nächsten Mal, Evermore. Kannst halt nicht immer Glück haben.”
    Caillen spannte sich unwillkürlich an und richtete sich auf, wobei ihm die Röte ins Gesicht stieg. “Was heißt hier Glück?! Die Spiele gestern hab ich gewonnen, weil ich dich in ‘ne Falle locken konnte, klar? Das hatte mit Glück gar nichts zu tun.” Die Soldaten in dem kleinen Ruheraum tauschten teils amüsierte, teils frustrierte Blicke aus. Die eine Hälfte hoffte auf einen der berühmten Wutausbrüche des Corporal, die andere Hälfte fragte sich lediglich, wieso ein herrausragender Kämpfer sich so erfolgreich selbst um seine Beförderungen bringen konnte, nur weil er nicht in der Lage war sein Temperament zu zügeln.
    “Also für mich war das Glück, du hast doch keine Falle gestellt, sonst hätte ich es durchschaut”, erwiderte der Zabrak, Private Tryll, immer noch grinsend. Womit wohl auch die Frage geklärt wäre, zu welcher Gruppe der Private zählte. Corporal Evermore erhob sich indes so heftig, dass sein Stuhl nach hinten umkippte. “Der Tag an dem du mir was über Sabacc erklärst ist der Tag andem der Imperator nackt auf dem Senatsplatz tanzt”, zischte er als Antwort, gleichzeitig wurde der Zeigefinger angehoben und drohend auf den Zabrak gerichtet. Seine Wangen waren inzwischen dunkelrot, ebenso wie sein Nacken. Gerade als Tryll etwas erwidern könnte öffnete sich die Schleusentür mit dem charakteristischen Zisch und Master Sergeant Springsten trat ein. Der hochgewachsene Mirialaner runzelte die Stirn, als er den umgestürzten Stuhl und die aufgebrachte Gestalt von Corporal Evermore erblickte. Dieser besann sich jedoch mit dem Eintreten des Sergeants sofort und nahm wie anderen Soldaten Haltung an. Springsten schenkte den Anwesenden noch einen durchdringenden Blick, ehe er mit ruhiger, fester Stimme sprach. “Wir werden angegriffen. Offensichtlich hat das Imperium von unserem Einsatz hier erfahren. Wir haben bereits die Lucidity angefordert, allerdings wird es noch dauern, bis sie hier eintrifft. Solange sind wir auf uns gestellt. Unseren Berechnungen zufolge ist der Angriff in 13 Standardminuten zu erwarten. Unsere Gruppe übernimmt die Sicherung von Sektor 6. Ich erwarte Sie in 8 Standardminuten dort. Corporal Evermore, sehen Sie zu, dass alle pünktlich eintreffen.”


    Nachdem der Sergeant den Raum wieder verlassen hatte nickte Evermore den anderen Soldaten zu. Jegliche Streitigkeiten war vergessen. Diese Leute waren verdammte Profis, eisenhart bis in die Unterhose und erfahren. Und sie alle hatten ein ganz mieses Gefühl bei der Sache.
    “Ihr habt den Sergeant gehört. Los, Jungs!”


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    15 Minuten später, die Retributioner, Sektor 6


    Der Trupp um Master Sergeant Springsten stand bereit. Schon bevor der Kampf der beiden Kreuzer begonnen hatte, hatten sie sich wie befohlen in diesem Sektor gesammelt. Sie wussten, dass diese Stelle anfällig für feindliche Landungstruppen war. Sobald die Schilde unten waren, würde es hier vor Imperialen wimmeln. Wieder ging ein Ruck durch die Anwesenden, als das Schiff von einer weiteren Salve erschüttert wurde.


    “Schilde bei 40%!”


    Corporal Evermore stand in der ersten Reihe. Er stand immer in der ersten Reihe. Er liebte den direkten Kampf, das Getümmel und er war nicht unerfolgreich. Außerdem musste irgendein armes Schwein ja in der ersten Reihe stehen. Dafür hatte man schließlich diese verdammt dicken Rüstungen erfunden.


    “Schilde bei 20%!”


    Wie automatisch kontrollierte er sein Gewehr. Perfekt. Seine Granaten und sein Messer hatte er bereits zweimal überprüft. Alles war bereit. Alles saß genau da, wo es sitzen musste. Und er hatte seine Jungs im Rücken.


    “Schilde bei 2%. Imperiale Truppenverbände im Anflug!”


    Gerade als sie die beiden Truppenschiffe des Imperiums durch die nun nicht mehr gesicherten Hangartore landen sah – ein drittes Schiff wurde beim Anflug von einer Blastersalve der Retributioner gesprengt – bemerkte der Corporal, wie sehr er eigentlich pissen musste. Doch die herausströmenden imperialen Soldaten verdrängten diesen Gedanken aus seinem Kopf. Alles was er noch wahr nahm, waren die Anweisungen des Master Sergeants.


    Dann wurde das Feuer eröffnet. Aus ihrer Deckung heraus nahmen die Soldaten der Republik ihre Gegner unter Dauerbeschuss. Eine der wenigen an Bord vorhandenen Sprengraketen flog an Evermore vorbei und traf einen der Transporter. Die Kiste explodierte mit der Hälfte der Imps, die es nicht rausgeschafft hatten. Dennoch waren die Imperialen ihnen an dieser Stelle 3:1 überlegen. Und so sah es wohl überall an Bord der Retributioner zur Zeit aus.


    All dies nahm der Corporal nur in einem ganz entlegenen Winkel seines Gehirns war. Der Großteil war damit beschäftigt wahlweise mit Blasterschüssen Imp um Imp auszuradieren, oder sich vor dem Gegenfeuer zu ducken. Das Chaos wurde jedoch kurz darauf durch eine Sache unterbrochen, Evermore wurde aus seinem Rhytmus gebracht. Er sah die rotweiß glühende Klinge eines Lichtschwerts. Sith. Bei der Macht, warum musste der Sith ausgerechnet in diesem Sektor eindringen? Unter der Leitung des Machtnutzers konnten die Imperialen rasch vorrücken. Die dunkle Gestalt tanzte mit einer unglaublichen Leichtfüßígkeit nach vorne, ohne Probleme wehrte er Evermores Schüsse ab. Die Truppen stießen aufeinander. Und nun entbrannte das Chaos erneut, noch furchtbarer als zuvor. Der Corporal nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie der Master Sergeant durch die Hand des Sith geköpft wurde, während er einen imperialen Soldaten mit einem gezielten Gewehrstoß zu Boden schickte. Neben ihm ging Private Tryll zu Boden, tot oder verletzt, er konnte es nicht genau sagen – und als nächstes war es damit beschäftigt, dem verdammten Lichtschwert des Sith auszuweichen, während um sie herum der Kampf unbarmherzig weitertobte. Mit einem Impulsschock in Richtung des feindlichen Anführers konnte er sich zwar ein paar Sekunden Zeit verschaffen und sogar einen Treffer landen – sein Schuss schlug auf dem Oberarm des Sith ein. Es schien ihn nur nicht sonderlich zu beeindrucken. Obwohl er nur leicht gepanzert war und eigentlich verdammte Schmerzen leiden müsste, kam er weiter auf den Corporal zu. Drei Meter. Die nächsten Schüsse wurden wieder abgewehrt, einer davon prallte auf der Rüstung des Corporals auf und versetzte ihr kritischen Schaden, ohne ihn direkt zu verletzten. Zwei Meter. Rechts von ihnen explodierte etwas, eine Granate vielleicht, und riss die halbe Wand auf, an deren Ende sich der Corporal nun befand. Metallsplitter flogen dem Sith entgegen und wurden mit einem Machtschub in Richtung des Soldaten geschickt. Die meisten prallen an der Rüstung an, ein paar jedoch bohrten sich durch sie hindurch. Es fühlte sich an als hätte er sich in Eiswasser getaucht. Ein Meter. Mit einem wilden Schrei, der durch den Helm jedoch nicht zu vernehmen war, duckte sich Evermore unter dem Lichtschwert weg, er zog mit der linken Hand sein Messer und versuchte mit der rechten einhändig das Gewehr auf den Sith auszurichten. Er bemerkte während dieses Konterversuchs jedoch ein merkwürdiges Gefühl in seinem rechten Arm, dunkel pochend durch das Adrenalin hindurch an seinen Verstand klopfend. Er wollte den Abzug betätigen. Wollte diesem verdammten imperialen Hurensohn sein hässliches Gesicht wegschießen, nachdem er dem stürmischen Angriff heldenhaft ausgewichen war. In diesem Moment fiel sein Gewehr mitsamt seinem Unterarm, sauber am Ellenbogen abgetrennt, zu Boden. Ah. Das ist dieses Gefühl also gewesen. Evermore glitt auf die Knie. Sein Verstand setzte einen Moment aus. Er hörte das Surren des Lichtschwerts, das Surren seines Untergangs. Und in einem verzweifelten Akt rammte er das Messer in seiner Hand in den Brennstoffzylinder eines toten Soldaten, der direkt neben dem Sith lag. Er hatte die stumpfe Hoffnung, dass dies eine schöne Explosion abgeben würde.


    Er hatte Unrecht. Es gab eine verdammte Explosion ab. Obwohl er sich mit letzter Kraft noch versucht hatte wegzurollen, wurde er einen Meter weggeschleudert. Er lag blinzelnd auf den Rücken – für seinen Geschmack ein paar Meter zu weit von seinem rechten Arm weg – und seine Wange brannte wie Feuer. Der Sith rührte sich nicht mehr, jedoch nahm der Corporal etwas Anderes wahr, etwas Neues. Fremde republikanische Truppen stürmten in den Hangar. Offensichtlich hatte die Lucidity es geschafft. Man könnte meinen, er wäre nun erleichtert, vielleicht sogar glücklich. Das letzte, was Corporal Caillen Evermore jedoch spürte, war das warme Gefühl seiner Blase, die sich über die nicht mehr funktionierenden Erhaltungssysteme in seinem Anzug ergoss.

  • Wunden lecken


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    Zwei Wochen später, eine Medstation auf Coruscant


    Caillen versuchte zu blinzeln. Es traf ihn unerwartet, dass es beim Versuch blieb. Man versuchte verdammt nochmal nicht, seine Augen zu öffnen, man öffnete sie einfach. Allerdings fühlten sich seine Lider an, als wögen sie ein paar Tonnen. Er wusste, dass sie das eigentlich nicht taten. Bisher waren sie federleicht gewesen. Und wenn das Federleichte sich jetzt so anfühlte, wollte er lieber gar nicht wissen, wie es um den Rest seines Körpers stand. Aber ein guter Soldat tat eben, was ein guter Soldat tun musste. Er musste herausfinden, wie die Lage war. Finger, dachte er, Finger wären ein guter Anfang. Also wollte er zuerstmal die Finger der rechten Hand krümmen. Dann jedoch flackerten die ersten Erinnerungen in seinem Geist auf und ihm wurde bewusst, dass er rechts keine Hand mehr besaß.


    In diesem Moment beschloss Caillen darauf zu scheißen, was ein Soldat tun musste und wieder einzuschlafen.


    Eine Woche später, die selbe Medstation


    Die kybernetischen Finger zuckten, als der Droide erneut die Reize auslöste. Es war eine faszinierende Erfahrung für Caillen - auf die er gerne verzichtet hätte. Dennoch war er dankbar für die Behandlung der Ärzte. Sobald die künstliche Hand mit synthetischem Fleisch überzogen werden würde, gäbe es kaum noch einen Unterschied zu seiner alten Hand. Sagten zumindest die Ärzte und es mochte für sie auch stimmen, doch Caillen wusste, dass es für ihn immer was anderes sein würde. Abgesehen von seiner Hand würde noch eine Brandnarbe im Gesicht zurückbleiben, außer er kam unverhofft an einen Haufen Credits, denn das republikanische Militär kam für kosmetische Behandlungen nicht auf. Schließlich brauchte man jeden verschissenen Credit für den Krieg, der Krieg der auch Caillens Gedanken seit seiner unfreiwilligen Rückkehr nach Coruscant beherrschte. Er nahm kaum wahr, wie der Droide ihn verließ, er war ihm sogar gelungen, nicht zu bemerken, dass er selbst aufgestanden und an das kleine Fenster getreten war, um den Blick über Coruscant gleiten zu lassen. Er hatte schon früher Begegnungen mit Sith gehabt, jedoch nie so nah und meistens in Begleitung eines Jedi. Aber dieses Mal... Hatte er die ganze Kraft des Sith spüren können. Dieser sengende Hass, die Aura der Vernichtung, die seinen Gegner umgeben hatte. Klar, er war so mutig und tapfer wie jeder andere Soldat der Republik, doch in diesem Moment erinnerte er sich so deutlich, als würde die dunkle Gestalt erneut vor ihm stehen. Was konnte er, was konnte die Republik gegen solch geballten Hass und Zerstörungswut ausrichten? War Freiheit mächtiger als Hass? Bisher war er immer davon ausgegangen. Die Überzeugung, dass die Republik am Ende siegen würde, hatte stets wie ein lodernes Feuer in ihm gebrannt. Wie war es verdammt nochmal möglich, dass ein einzelner Sith dafür sorgte, dass nur noch eine schwache Glut davon zurückblieb? Caillen schluckte schwer. Du beschissener Idiot jetzt reiß dich mal zusammen, oder müssen die Droiden dir noch ein paar Eier transplantieren?!
    Der Gedanke ließ ihn auflachen. Ihm wurde bewusst, wie lächerlich seine Gedanken waren. So, oder so, es würde ohnehin nichts ändern. Und er würde weiterkämpfen. Und sie würden siegen. Schließlich, dachte er mit einem Blick auf die immer noch nicht vollständig aufgebauten Häuser Coruscants, hatte das Imperium bereits genug Schaden angerichtet. Diese Wunden würden noch lange genug zum Heilen brauchen.


    Langsam hob er die Finger seiner künstlichen Hand an die Brandwunde in seinem Gesicht und berührte diese vorsichtig.
    Verdammt lange.

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