Das Ende der Nacht

  • Das Ende der Nacht (Prolog)


    Alderaan, Kamoos-Territorium, CTC-Hochhaus im Südflügel des Thul-Palastes, Büro der CEO Baronin Malica Crey. Vor vier Monaten.


    Die massive Doppeltür schloss sich mit einem tiefen Raunen hinter ihr. T'sani näherte sich mit sicheren Schritten dem ausladenden Schreibtisch ihrer Dienstherrin und kam schließlich vor diesem zum Stehen. Das Büro der Creytech-Chefin war, die Chiss kannte es eigentlich nicht anders, in ein diffuses Licht getaucht. Ein großzügiges Bildschirm-Paneel, welches die Wand hinter dem Schreibtisch bedeckte, spendete kaltes, fahles Licht, welches an den dunkelgrauen Natursteinwänden des Raumes, erstickend wie Altöl, in langen, bedrohlichen Schlieren hinab lief. Die Bildschirme übertrugen den üblichen Kanon aus Nachrichten, Geschäftsberichten und Live-Streams. Malicas massiver, carbonfarbener Sessel war der Monitor-Phalanx zugewandt und wies ihrer Angestellten somit den Rücken zu. Zu T´sanis aufrichtiger Überraschung war kein Droide zugegen. Diese unheimlichen Ungetüme dienten in unzähligen Kopien der allgegenwärtigen Konzern-KI als mobile Plattformen. Normalerweise war die Baronin kaum jemals ohne einen dieser Begleiter anzutreffen. Die Chiss empfand dies zwar als ehrliche Aufwertung ihres Besuches aber natürlich war ihr trotzdem vollkommen klar, daß es keinesfalls bedeutete, die KI würde diesen Besuch nicht verfolgen, bewerten, abheften. Oder was dieses gottlose Geschöpf sonst auch immer mit seinen zahllosen Aufzeichnungen zu tun pflegte.


    Dieser Ort drückte für die Chiss immer eine verwirrende Melange aus Beklommenheit und Traurigkeit aus. Sie konnte ihre Chefin, trotz des räumlichen Komforts, auf keinen Fall darum beneiden. Heute, im Wissen um ihr Anliegen, schien sich dieser Eindruck noch einmal zu verstärken. T'sani atmete einmal tief ein und umgriff, hinter ihrem Rücken, das mitgeführte Datapad. Sie schloss für einen Moment ihren dunkelroten Blick und sortierte die Gedanken für das kommende Gespräch.


    Rafale Goelands Schiff, die „Gambier Bay“ befand sich bereits seit zwei Wochen in ständiger Alarmbereitschaft im Privathangar der Firma, selten unterbrochen von Test- und Erprobungsflügen. Die Chiss durfte sich mittlerweile täglich die ungeduldigen Wasserstandmeldungen ihrer Freun... Verlobten anhören. Es war noch immer ein allzu ungewöhnlicher Gedanke für sie. Ihr Familienstand - nicht das verständliche Drängen Rafales, die sich zu Recht Sorgen machte, daß sie ihr Schiff auf Rhu Caenus nicht ewig vor allzu neugierigen Blicken würde verbergen können – Privathangar hin oder her.


    Es war ihr ausgesprochen unangenehm und zu einem schwerwiegenden persönlichen Problem geworden, Rafale immer weiter hinhalten zu müssen. Weiterhin hatte der Sicherheitsdienst, dem sie als Leiterin vorstand, eine erhöhte Anzahl von Cyberangriffen festgestellt und sie war sich auch sicher, daß die Firma auf verschiedenen Ebenen infiltriert wurde. Malica hatte bisher ihre Anfragen diesbezüglich immer mit den gleichen, ausweichenden Phrasen abgetan. Die Chiss hatte das Gefühl ins taktische Hintertreffen geraten zu sein. Heute wollte sie das alles noch einmal vortragen und entschlossen auf einen pragmatischeren Umgang drängen.
    Und schließlich war da noch eine Angelegenheit, die sie schon seit Wochen mit sich herum trug, die schwer an ihr nagte: Es wurde endlich Zeit Malica zu sagen, daß sie ihre nahe Zukunft nicht mehr in der Firma, an Malicas Seite sah. Ein schwerer Gang, wenn man wusste, daß sie einen Großteil ihres bisherigen Lebens damit verbracht hatte, der Baronin zu dienen. Die beiden verband eine gemeinsame Geschichte, deren Details die meisten Wesen der Galaxis wohl für unvorstellbar halten würden.


    Die Dinge hatten sich jedoch geändert, auch wenn klar war, daß sie Malica in dieser schwierigen Phase nicht im Stich lassen konnte. Sie würde die aktuelle Krise an ihrer Seite beenden. Dann würde sie frei sein und endlich stünden Schwimmunterricht und Angelausflüge am Goldstrand auf ihrer persönlichen Agenda ganz weit oben.


    Etwas stimmte ganz und gar nicht. Mit dieser Erkenntnis fand augenblicklich eine kontrollierte Flutung ihres Körpers mit Adrenalin statt. Neben der Tatsache, daß Malica ihre Sicherheitschefin jetzt schon ein klein wenig länger warten ließ als es sich für die Chiss „normal“ anfühlte, sprang überraschend ein beunruhigendes Detail in ihre Wahrnehmung. An der linken Seite des Sessels hing Malicas Hand schlaff neben der Armlehne herab. Dies war von T´sanis Position, hinter dem ausladenden Möbelstück, bisher kaum zu erkennen gewesen.


    Augenblicklich warf sie das Datapad achtlos auf den Schreibtisch und überwand die kurze Entfernung zu der Baronin mit wenigen, schnellen Schritten. Massive Besorgnis breitete sich in ihr aus. Was war Geschehen? Ein Angriff, hier im Allerheiligsten? Es war praktisch unmöglich an den ausgeklügelten Sicherheitssystem, den Wachen und der KI des Konzerns unbemerkt vorbei zu kommen. Ganz abgesehen von den beeindruckenden Fähigkeiten, wie sie die Tochter einer mächtigen Sith zweifellos besitzen mußte.


    Der folgende Anblick war niederschmetternd. Malica Crey saß zusammengesunken in ihrem Sessel, ihr Körper erschlafft, der Kopf lag kraftlos auf ihrer Brust auf. Ihre noch immer makellos schwarzen Haare waren ihr tief ins Gesicht gefallen. Eine eigenartige Kälte ging von dem hilflosen Körper der Baronin aus und unterstrich den erschreckenden ersten Eindruck, hier einer Leiche gegenüberzustehen. Zögerlich streckte die Chiss ihre Hand aus, strich die Haare beiseite und berührte den Hals der Frau, um den Puls zu überprüfen. Die Haut der Baronin fühlte sich tatsächlich unerwartet kühl an, trotzdem konnte die Chiss, zu ihrer Überraschung, einen schwachen Puls ertasten. Als sie schließlich den Zeigefinger unter das Kinn Malicas legte und es sachte nach oben drückte durchfuhr die Chiss ein elektrisierender Schrecken. T´sani konnte sich nicht an ein vergleichbares Auftreten ihrer Herrin erinnern. In keinem ihrer zwölf Jahre Dienstzeit hatte sie diese Frau je so gesehen. Das sonst so jugendlich-freundliche Gesicht der Baronin war in ein Zerrbild ihrer selbst verwandelt.


    Pergamentfarbene Haut, durchzogen von hässlichen, blauschwarzen Äderchen, tiefen Falten und unzähligen Mikroverletzungen ließen nur die Person erahnen, die an dieser Stelle sonst zu erkennen war. Mehrere Sekunden lang war sich T´sani sicher, eine Todgeweihte vor sich zu haben, die Opfer einer Vergiftung oder einer grässlichen Erkrankung geworden war.


    Sie aktivierte mit ihrer Linken das Comlink und befahl ein Notfallteam in die Büros der CEO. Plötzlich und unvermittelt öffnete diese jedoch ihre Augen, die T´sani in einem unnatürlich blinden Weiß fixierten. Die unerwartet starke Hand einer nunmehr alten, kranken Frau packte die Chiss am Arm und zog sie unvermeidlich näher zu sich herab. Der Schmerz, welcher der Griff mit mechanischer Kraft auslöste war überraschend stark und entlockte T´sani ein leises Keuchen.


    „Was, bei bei allen Höllen, ist passiert, Malica?“ brachte sie schließlich ängstlich hervor, unfähig ihren Blick mit aufgerissenen, ungläubigen Augen von dem näher kommenden Gesicht abzuwenden. Das entstellte Antlitz der Baronin verzerrte sich als es die Karikatur eines unheilvollen Lächelns formte und ihr ein leises Wort über die rissigen, ausgetrockneten Lippen schlich: „Mutter …“.


    Diese knappe Information traf die Chiss mit beispielloser Gewalt. Unwillkürlich trat sie ein, zwei Schritte zurück bis sie schließlich inne hielt und den verkrampften Körper Malicas dabei zusah, wie er wieder leblos zurück in den Sessel sank. „Der Geist der Vergangenheit...“, ging es T´sani durch den Kopf, die sich bisher eigentlich recht sicher war, nicht an Gruselgeschichten zu glauben.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



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  • Das Ende der Nacht (Kapitel 1)


    MidRim-Region, Synchroner Orbit über Chorus IV, an Bord der Fregatte „Vanguard“, Einsatzgruppe unter dem Kommando von Darth Magera.


    Lieutenant Clay Alentis´ Blick war konzentriert auf sein Datapad gerichtet, welches er studierte, noch während er zielgerichtet durch die Korridore der Fregatte marschierte. Ab und an hob sich der Blick des Offiziers, um entgegenkommenden Kameraden auszuweichen, die das Schiff wie die Bewohner eines Killik-Hügels bevölkerten und in unzähligen, scheinbar chaotischen Absichten durch die labyrinthartigen Innereien des Schiffs wuselten. Für den Expertenblick des Lieutenants waren diese Aktivitäten jedoch absolute Normalität. Das Schiff befand sich mitten in einer militärischen Operation und die Koordinierung von Jagdgeschwadern, Bomberverbänden und Landungstruppen im Verbund der imperialen Einsatzgruppe über dieser Welt verlief wie ein perfekt orchestriertes Konzert, dem Außenstehende ohnehin nicht würden folgen können.


    Clay erreichte einen etwas abseitigen Turbolift, der ihn auf das Hangardeck bringen würde und für dessen Benutzung ein spezieller Code notwendig war, gedacht für „exklusive“ Bewegungen auf dem Schiff. Er gab den Code in das Nummernfeld der Bedientafel neben dem Lift ein und riskierte in den wenigen Sekunden Wartezeit einen Blick auf sein Arminterkom. Exakt 20:07:21 imperialer Standardzeit. Ihm fiel weiterhin auf, daß er noch nicht die angeforderte Rückmeldung von der Brücke erhalten hatte. Diese sollte ihm das Eintreffen der Fähre ankündigen, deren Passagiere er abzuholen hatte. Das Ganze hing im Zeitplan eindeutig zurück, es ging mittlerweile um mindestens 15 Standardminuten. Viel Zeit, wenn es um die Wünsche eines Sith-Lord ging. Vielleicht zu viel. „Höchst unerfreulich.“, wie Lieutenant Alentis innerlich feststellte.


    Das Hangardeck der Fregatte war flächendeckend in einen diffusen Rotlichtschleier getaucht, welcher von der aktivierten Einsatzbeleuchtung verursacht wurde, die über die gesamte Länge des Hangars verteilt war. Hektisches Treiben war überall zu beobachten. Ständig trafen Jäger und Jagdbomber der Bordstaffeln ein und wurden von den Einweisern in ihre Parkpositionen dirigiert, von den Mannschaften und Droiden munitioniert, betankt, repariert. Sturmboote, beladen mit Einsatzgruppen der Marineinfanterie, verließen am anderen Ende des Hangars ihre Landeplätze und schwebten, wie an einer Perlenkette aufgereiht, in ihre Startkorridore und jagten schließlich donnernd in die Schwärze des Weltalls hinaus. Die Musik des Krieges, zumindest aus Sicht der Etappe.
    Ein kurzes Gefühl der Zufriedenheit, ob der Natur seines aktuellen Postens überfiel den Offizier, bevor er den etwas entlegenen Fährenlandeplatz erreichte, der sein Ziel war. Sein Interkom piepte. 20:10:44. Es wurde auch wirklich Zeit!


    Am Rande der allgemeinen Geschäftigkeit schwebte eine kleine Landefähre durch die Hangarschilde und näherte sich dem ihr zugewiesenen Landeplatz im hinteren Teil des Flugdecks. Nur Augenblicke später setzte das kleine Raumfahrzeug auf und wurde bereits sehnsüchtig erwartet. Lieutenant Alentis beobachtete den Landevorgang der Fähre. Scheinbar lief das Konzert doch nicht ganz so reibungslos, wie er es sich eingebildet hatte. Die Fähre war satte elf Minuten zu spät, nicht eingerechnet die Zeit, bis sie die Räumlichkeiten Lord Malygris´ würden erreicht haben. Mit einem angemessen, wütenden Zischen entlastete sich die Hydraulik der Personenrampe der Fähre, als diese mit einem dumpfen Geräusch auf das Hangardeck der „Vanguard“ aufsetzte und somit der Landevorgang abgeschlossen war. Nach einem kurzen Augenblick öffnete sich das Zugangsschott der Fähre. Zwei Gestalten erschienen aus ihrem Inneren und gingen die Rampe hinunter, auf den wartenden Lieutenant zu, der seine Gäste mit militärischen Gruß in Empfang nahm.


    „Lieutenant Clay Alentis, Ordonnanzoffizier von Lord Malygris.“ stellte er sich vorschriftsmäßig vor. „...eine Freude sie an Bord begrüßen zu dürfen. Wir sollten keine Zeit verlieren, Sie werden erwartet!“


    Clay fand Gefallen an der von ihm gewählten Begrüßungsformel, Informativ, persönliche Note und das zutreffende Detail über die terminliche Brisanz – alles sauber verpackt. Er hatte schon früh die Erfahrung gemacht, daß es oftmals empfehlenswert war, im Umgang mit Zivilisten die sachliche Information mit einer persönlichen Ergänzung zu verbinden. Die Leute fassen dann schneller Vertrauen und das war potentiell eine nicht zu unterschätzende Variable. Der Lieutenant empfand ein, für seinen Geschmack, angemessenes Maß an Selbstzufriedenheit.


    Die beiden Besucher erreichten, knapp nacheinander, das Ende der Rampe und standen nun direkt vor dem Lieutenant.
    „Sehr erfreut.“ nickte der Vordere seinem Gesprächspartner zu. „Dr. Kelles Di´Nardi und dies ist meine Assistentin, Desdevaynia.“, fügte er mit einer kurzen Geste in Richtung seiner Begleitung zu. Seine Stimme war für Clays Geschmack etwas zu leise gewählt, insbesondere bei dem erheblichen Lärmpegel, der um sie herum herrschte. Beide Besucher waren in identische, lange Kapuzenmäntel gekleidet, welche Details und insbesondere die Gesichter großteils verbargen. Clay Alentis war davon nicht überrascht, eher von der offensichtlich mangelhaften Teilhabe an seiner doch wohl ausreichend eindringlich eingefügten Anmerkung, bezüglich der terminlichen Enge. Er beschloss, diesen Punkt zu übergehen aber ganz sicher nicht zu vergessen. Seinen Informationen nach, war dies ein Besuch, der ein möglichst flaches Profil erforderte und dem entsprechend machte er eine knappe Geste und animierte die beiden dazu ihm zu folgen. Mit betont eiligen Schritten ging er voraus, auch wenn er wusste, daß zeitlich wohl nur noch Schadensbegrenzung betrieben werden konnte.


    Die Gruppe fand sich kurz darauf auf dem Kommandodeck des Schiffes ein und Clay führte sie die letzten Meter, bis sie schließlich vor einem geschlossenen Raum angekommen waren. Zwei Wachen der Marineinfanterie standen davor und salutierten bei der Ankunft des Offiziers, sonst war nicht zu erkennen, wem diese Unterkunft zuzuordnen war. Der Lieutenant erreichte die Zugangskontrolle, blieb stehen und wandte sich noch einmal an seine Begleiter und nickte den beiden lächelnd zu, ehe er die Bedienung manuell entriegelte und sich die Schotten öffneten.


    Das Trio betrat den Raum, welcher von einem holografischen Projektionstisch dominiert wurde. Neben diversen Konsolen fiel sofort der hintere Bereich auf, in dem dutzende, vielleicht hunderte Waffen, Rüstungsteile, unbekannte Apparate und andere Artefakte auf raumhohen Metallregalen gelagert, oder vielleicht eher zwischengelagert, wurden.
    Kelles Di´Nardi kam der formellen Ankündigung des Lieutenants mit einer Bemerkung zuvor, welcher die ehrlich empfundene Bewunderung durchaus anzuhören war.


    „Ich habe mich oft gefragt, warum Ihr euch noch selbst auf solche Feldzüge begebt, mein Lord.“ Mit einem anerkennenden Blick auf die Sammlung schloss er seinen Kommentar ab:„ …. jetzt ist dieses Rätsel wohl gelöst.“


    Lord Malygris stand neben dem Projektionstisch und studierte eine detaillierte dreidimensionale Darstellung einer Gefechtszone, vermutlich auf Chorus IV. Der reinblütige Sith-Lord war in seine matt-graue Kriegsrüstung gekleidet, trug jedoch diesmal nicht, wie sonst üblich, seinen Helm. So ergab sich eine der seltenen Gelegenheiten, diesem Mann direkt von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Der kahlköpfige Schädel Malygris´ war an vielen Stellen, besonders der rechten Gesichtshälfte von großflächigen Vernarbungen gezeichnet, sein Teint hatte ein blasses, kränkliches Rosa angenommen und seine dunkelroten Augen glitzerten streng aus ihren tiefen Höhlen. Für Di´Nardis Geschmack ging er durchaus als ein erfahrener Veteran unzähliger Kämpfe durch und wirkte trotzdem unaufgeregt und überaus kontrolliert. Beides Eigenschaften, die er an seinem Mentor überaus zu schätzen wusste.


    „Einen Moment, Mithras ...“, stellte Malygris mit distinguierter, tiefer Stimme fest, sah dabei allerdings nicht auf, sondern beobachtete intensiv Truppenbewegungen, die von dem Hightech-Gerät durch militärische Symbolik visualisiert wurden. Erst jetzt bemerkte Kelles Di´Nardi, der seine Tarnbezeichnung in Gegenwart des ihm eigentlich unbekannten Lieutenants nur ungern vernahm, den kaum vernehmlichen, vom Tisch übertragenden, Bataillonsfunk. Die Truppe erkundete offensichtlich eine Art Bunkersystem und gab gerade die Details und Ergebnisse ihrer Operation durch. Die Worte waren für Mithras kaum vernehmlich. Ein Problem, daß sich dem Sith offenbar nicht stellte. Dessen Miene verzog sich für einen Moment in deutlicher Enttäuschung, schließlich deaktivierte er den holografischen Zirkus und blickte streng in Richtung der drei Neuankömmlinge. Er stützte sich dabei mit beiden Händen an der Tischkante ab und bedachte Alentis mit einer knappen Kopfbewegung, die dieser offenbar als Aufforderung den Raum zu verlassen interpretierte.


    Als der Lieutenant den Wünschen seines Lords nachgekommen war, legten Mithras und seine Begleitung, beinahe gleichzeitig, ihre Kapuzen zurück und kamen einige Schritte näher. Malygris bedachte beide nacheinander mit einer kurzen aber intensiven Musterung seines Blickes. Dann lächelte er zufrieden.


    „Es ist gut, daß Du sie mitgebracht hast, Mithras“. Die Cyborg wurde mit einem knappen, anerkennenden Blick des Sith geadelt. „Ihre Talente werden sicherlich in Kürze von Nöten sein.“ - „Und deine nicht weniger ...“ fügte er abschließend hinzu.


    Mithras nahm sich einige Augenblicke Bedenkzeit, ehe er etwas entgegnete. „Nun, ich hatte das Gefühl, sie sollte dabei sein, mein Lord. Hat es etwas mit dem plötzlichen Verschwinden Malica Creys zu tun? - Wie mir zu Ohren kam, ist sie seit fast zwei Wochen nicht mehr gesehen worden. Und das, nachdem es Gerüchte gab, sie hätte eine Art Zusammenbruch erlitten.“


    Desdevaynia nickte Mithras sachte zu, verlegte dann ihren Blick auf das Reinblut und erlaubte sich einen Einwurf. „Es ist eine klare Gelegenheit, mein Lord. Es gibt etliche Indizien, die für eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit sprechen, wenn wir diese Schwäche jetzt entschieden ausnutzen.“.


    Die Stimme der Cyborg blieb oberflächlich bedächtig. Trotzdem konnte Malygris ihren verdrehten Geist hinter der technischen Fassade deutlich spüren. Wie er operierte, rechnete, kalkulierte und mit einem Rest an verwirrenden Emotionen unbeholfen herum jonglierte. Der Sith entschied sich dafür, die kuriosen Eigenheiten seiner Agentin für den Augenblick amüsant zu finden.


    Malygris stieß sich locker vom Rand des Tisches ab, umrundete diesen langsam und verkürzte damit die körperliche Distanz zu den beiden. Seine Nähe verursachte Konzentration auf das was er tat und sagte. Es war dem Sith-Lord sehr wichtig, daß ihnen die besondere Bedeutung seiner Wünsche vollkommen klar wurde.


    „Augenblicke der Schwäche interessieren mich in dieser Angelegenheit nicht im geringsten.“. Es wirkte, er konnte die plötzliche Anspannung in den beiden deutlich spüren. Gut!


    „Eine Korrektur im Gefüge eines Krämerhauses ist keine Angelegenheit, die uns allzu sehr Kopfzerbrechen bereiten sollte. Seit dem Tod meiner Schülerin, ist dieses Unternehmen ohnehin Teil meines Erbes und „Lord“ Malica weiß sehr wohl, daß sie sich letztlich meinen Wünschen nicht entziehen kann.“


    Mithras nickte: „Sie hat seit dem Tod ihrer Mutter ihr eigenes Refugium geschaffen und sich seither absolut nicht kooperativ verhalten, mein Lord. Im Gegenteil, sie hat auf eigene Faust neue Geschäftsfelder akquiriert und hält entsprechende Details der Geschäfte zurück. Sie beherbergt noch immer die abtrünnige Cheyat´san´ildris als Sicherheitschefin und diese setzt alle Hebel in Bewegung ihre Chefin und deren Aktivitäten vor uns abzuschirmen. Und wie ich schon berichtete, spricht vieles dafür, daß der Tod Barishas auf das Kont ...“


    Die Rechte des Sith stieß überraschend vor und noch bevor die Handinnenseite Mithras traf, wirkte die Macht wie ein Katapult und schleuderte den Mann einige Meter zurück, wo er seinen unfreiwilligen Ausflug hart an der Schott-Tür beendete. Mit schnellen Reflexen drehte sich Desdevaynia herum und trat zwei Schritte zurück, ihre Hand hatte den Griff ihrer Vibroklinge bereits umschlossen. Abgeschlossen war auch ihre obligatorische Berechnung für den Ausgang eines Kampfes. Sie fiel erwartungsgemäß ernüchternd aus aber trotzdem flutete eine erfrischende Aufregung ihren Geist. „Gleich mußte es passieren!“.


    Die blitzartige Bewegung des Sith wirkte locker und beschwingt, als ob er ein lästiges Insekt entfernen wollte, was er, zumindest dem Blick nach, auch soeben erledigt hatte.


    „Ich informiere Dich hiermit über Folgendes: Der Tod ihrer Mutter ist ein überkommenes Ärgernis. Barisha lebt.“ Das bedingungslose Feuer in den Augen des Sith stellte eine überzeugende Rückversicherung für diese These dar.
    „Aufgrund dieser Erkenntnis, wird die CTC meinem Kommando unterstellt, bis Barisha diese Funktion wieder selbst übernehmen wird. Es ist Zeit, dem Kind seine Spielzeuge abzunehmen und dazu gehört auch ihre kleine, allzu treue, blaue Freundin. Die Chiss hatte ihr Todesurteil bereits unterschrieben, als Sie sich entschieden hatte, den falschen Loyalitäten zu folgen. Sie wird ausreichend Gelegenheit bekommen, die Konsequenzen ihrer törichten Handlung im Innern einer Sargkapsel in Richtung ihrer Heimat zu überdenken."


    Mithras Gedanken fingen schlagartig an zu kreisen und kamen schließlich zu keinem Ergebnis, das ihm gefiel. Es gab nur eine logische Möglichkeit, woher der Sith diese delikaten Details erfahren haben konnte. Es erklärte nicht nur, warum es offensichtlich notwendig war, dieses persönliche Treffen einzuberufen, sondern warum er das nicht zu ignorierende Bedürfnis hatte, Desdevaynia mitnehmen zu müssen. Er wurde hintergangen und hatte es nicht bemerkt. Das Gefühl einer Premiere machte sich in ihm breit, er hasste es bereits innig, noch bevor er es vollständig erfassen konnte.


    Malygris Blick verließ Mithras, der sich langsam aus seiner misslichen Lage erhob, und fiel, mit einem deutlich wohlwollenderen Ausdruck, auf die schwarzhaarige Cyborg, die noch immer eine leicht alarmierte Position eingenommen hatte. Ihr verspiegelter Blick traf den des Sith und für sie fügte sich in dieser Sekunde ein lange gehegtes Manöver befriedigend ineinander.


    „Du wirst diese Chiss aus dem Weg schaffen, noch bevor ich auf Alderaan eintreffe. Ich werde mich dann persönlich um das andere Problem kümmern. Für Thronräuberinnen habe ich eine besondere Schwäche.“ Der Sith lächelte kalt und Desdevaynia erwiderte diese Geste mit einem Aufblitzen von Zufriedenheit rund um ihre Mundwinkel.


    Mithras hatte sich wieder neben ihr eingefunden und blickte Desdevaynia von der Seite an. Sie erwiderte den Blick nicht, sondern blieb auf den Sith konzentriert. In Mithras´ Gesicht war keine offensichtliche Emotion abzulesen, trotzdem war zwischen den beiden klar, daß dieser Moment eine bemerkenswerte Zäsur ihrer jahrzehntelangen Beziehung darstellte.


    „Ich danke für euer Vertrauen, mein Lord.“ ließ Desdevaynia Malygris abschließend wissen.


    Mithras bewegte seinen Nacken, um, wie ein kurzes Knacken eindrucksvoll signalisierte, eine Verspannung zu lösen. Es blieb ihm im Augenblick nichts anderes übrig, als sich den Entwicklungen anzupassen und sich einzugestehen, daß man nicht einmal den selbst geschaffenen Geschöpfen vertrauen konnte.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



  • Das Ende der Nacht (Kapitel 2)


    Private Charterfähre „Aegis II“, Hyperraum, im Anflug auf Hutta, T -31 Minuten.


    Seit zwölf Stunden war sie jetzt unterwegs, trotzdem kam es ihr nur wie eine kleine Weile vor. Desdevaynia saß auf dem Co-Pilotensitz der Fähre, hatte die Beine gemütlich auf der Mittelkonsole abgelegt und stierte mit leerem Blick in den rauschenden Wirbel des Hyperraum hinaus, der in einer leuchtenden Kanonade an dem kleinen Schiff vorbei raste. Obwohl sie bisher nicht schlafen konnte, war dieser Anblick ungemein entspannend, klärend. Er schenkte der Cyborg eine Erfahrung von Ruhe und Gelassenheit, von der sie eigentlich glaubte, sie beinahe vergessen zu haben. Sie hätte vermutlich ewig hier sitzen können, wenn nicht …
    Ein akustisches Signal unterbrach plötzlich das sonore Hintergrundrauschen dieser Hyperraum-Reise auf höchst brutale Art. Desdevaynia schreckte auf und sah sich kurz in dem engen Zwei-Mann-Cockpit um. Die Rückfall-Warnung auf der Konsole leuchtete auf und zeigte an, daß die Fähre in dreißig Minuten wieder in den Normalraum zurückkehren würde. Das System wartete vermutlich auf eine manuelle Eingabe zur Bestätigung des Piloten. Der hartnäckige Warnton machte sekundenlang keinerlei Anstalten sich von allein zu deaktivieren. Des atmete genervt aus. Nicht nur, daß dieses penetrante Geräusch seltene, friedvolle Tagträume aus ihrem Kopf vertrieb, sie hatte auch nicht den Hauch einer Ahnung, was jetzt zu tun war.


    „Cazok!“ rief Des gereizt in den direkt hinter dem Cockpit liegenden Bereich der Kabine. „... beweg Dich, das Mistding verlangt nach einem verdammten Piloten.“


    Es dauerte einen Moment länger als es ihr lieb gewesen wäre aber schließlich wurde der trennende Vorhang rüde beiseite geworfen und ein sichtlich übernächtigter, lediglich mit einer dunkelgrauen Baggyhose bekleideter Zabrak, erschien im Cockpit. „Na, Prinzessin, keine Lust selbst den grünen Knopf zu drücken?“, mit dieser schnippischen Bemerkung schob sich der baumstarke Kerl zwischen die Sitze und beugte sich zur Mittelkonsole hinab. Mit einer wischenden Handbewegung schubste er grob Des Beine herunter und drückte energisch den besagten Knopf. Genau einmal. Augenblicklich kehrte Stille ein und Desdevaynia hätte, den Fakten nach, mit einem Anflug von Peinlichkeit zu rechnen gehabt. Rein logisch betrachtet war ihr das absolut bewusst. Die Cyborg erforschte eine digitale Ewigkeit lang ihren Geist nach dieser Emotion. Enttäuschenderweise ergab ihre innere Recherche jedoch kein positives Ergebnis.


    Cazok musterte Des nur knapp, ehe er sich mit einem tiefenentspannten Seufzer in den Pilotensitz fallen ließ und wortlos anfing, die Konsole vor sich zu bearbeiten. Sie nahm die Beine zurück, richtete sich in ihrem Sitz neu aus und blickte ihren Partner von der Seite an. Sie war froh, daß er dabei war. Cazok war zwar ein einfaches Gemüt aber dafür ein anständiger Pilot und ein noch viel besserer Kämpfer. Vor allem gab es in den vielen Jahren der Zusammenarbeit mit ihm, niemals einen Grund an seiner Loyalität zu zweifeln. Natürlich würde sie das ihm gegenüber niemals zugeben. Seine Nützlichkeit wurde schließlich nur noch von seinem Ego (und seinem schlechten Humor) übertroffen und hier gab es wirklich keinen Anlass für eine Erweiterung.


    Trotzdem fragte sich die junge Frau kurz, ob es ihm eigentlich wirklich egal war, daß sie ihn irgendwie immer etwas klein hielt. Sie kam zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Diese Frage konnte man bedauerlicherweise nicht einfach ausrechnen und sie war auch schon viel zu müde, um es tiefgehender zu durchdenken.
    Der Zabrak hatte schließlich seine Tätigkeit abgeschlossen, lehnte sich zurück und fing an sich ausgiebig zu strecken. Das Knacken der Gelenke und das Muskelspiel des Mannes gaben eine beeindruckende Vorstellung ab, welche die Cyborg nur noch bestätigte.


    „Gute Stunde noch, dann sind wir da.“, kommentierte er knapp. Des nickte schwach und verfolgte Cazok dabei, wie er eine Tasche neben sich durchstöberte. Er holte schließlich zwei schwarze Dosen und einige Proteinriegel hervor. „TriCaf und Proteine, mehr braucht es nicht, um groß und stark zu bleiben.“, pries er grinsend seine Waren an und reichte sie in einer fahrigen Geste seiner Begleiterin hinüber.


    Desdevaynia konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und Cazoks Blick verriet ihr, daß er sogar diese kleine Geste von ihr zu schätzen wusste. Manchmal genoss sie die plumpvertrauliche Art des Zabrak durchaus, auch wenn sie sich an deutlich zahlreichere Momente erinnern konnte, wo das Gegenteil der Fall war. Trotzdem vermittelte ihr diese Art den Hauch einer Ahnung davon, wie sie sich familiäre Bande vorstellte. Verwandte Dinge wie "Vertrauen", "Freundschaft", "Verbundenheit" – ehrlich und ohne Hintergedanken. All diese Begriffe fielen für sie in die gleiche Kategorie. Unter normalen Umständen waren es abstrakte, methodische Begriffe für die Cyborg. In ihrem Kopf hatten diese Attribute taktische Kennzeichen, waren systematische Variablen, die es einzusetzen, auszunutzen oder zu umgehen galt. Sie schüttelte den Kopf, brach sich ein Stück Proteinriegel ab, schob es sich zögerlich in den Mund und begann lustlos darauf herumzukauen. Sie war müde und fühlte sich erschöpft. Ihr Blick suchte wie von selbst den Ausblick in den trudelnden Hyperraum, der sie schnell in eine dunkle, traumlose Nacht davontrug.



    „Aufwachen, Des - Holocom!“, polterte es in ihr Bewusstsein, gefolgt von einem passenden Erdbeben, welches sich einen Wimpernschlag darauf jedoch nur als unsanfter Rempler des Zabrak erwies. Desdevaynia zwang sich routiniert dazu augenblicklich zu funktionieren. Sie rieb sich über das Gesicht und verbannte im gleichen Atemzug eine kleine Armada schwarzer Haarsträhnen. Dann streifte sie reflexartig die Decke zur Seite, an die zu benutzen, sie sich komischerweise nicht erinnern konnte. Sie straffte sich und versetzte ihren Körper in eine halbwegs vorzeigbare Position. Ihre Glieder protestierten schmerzhaft aber was sollte man von einem ergonomischen Pilotensitz auch erwarten, der in einer völlig unergonomischen Körperhaltung als Schlafplatz missbraucht wurde?


    Sie aktivierte den Schalter des Holocoms und nahm das Gespräch an. Cazok, neben ihr, versorgte sie über einen Zwischenruf mit genau der Information, nach der es ihr in diesem Moment verlangte: „Rendezvous in 5 Minuten, hab die Krayts schon auf dem Scanner“.


    Der Projektor des Holocom stellte das verwegene Gesicht eines bulligen Rattataki dar. Desdevaynia erkannte ihn vor allem an der Augenklappe, die mittels eines einfachen Lederbandes gehalten wurde und sein rechtes Auge verbarg. Das Band verlief quer über seinen Schädel und unterstrich markant das Draufgängertum seines Trägers.
    Der Name des Einauges war Oro, er selbst bestand auf „Captain“ Oro, und natürlich war er ein Söldner. Dieser Rattataki hatte einen veritablen Ruf als Halsabschneider und stellte keine unnötigen Fragen, wenn die Ausübung von Gewalt in Aussicht stand. Des gefiel aber insbesondere die Fähigkeit des Mannes mitzudenken und tatsächlich planvoll zu arbeiten. Die Recherche nach dieser wahrhaften Zierde seiner Spezies hatte die Cyborg eine kleine Ewigkeit gekostet.


    „Ihr seid pünktlich.“, der Söldner nickte ein paar mal anerkennend, „... gefällt mir.“- „Pünktlich und hungrig, Oro. Ich nehme an der Captains´ Dinner an Bord der „Krayt´s Barking“ steht noch, oder?“. Desdevaynia glaubte fest an den Nutzen der Eitelkeiten dieses Mannes. Oro´s breites Siegergrinsen verlangte dem Format der Holoprojektion einiges ab. „Natürlich steht die Einladung. Wir können dann alles besprechen und vor allem mein Konto mit den vielen, schönen Credits auffüllen, aye?“. Des nickte. Eine Sekunde lang kamen ihr Zweifel, sie hatte Oro selten so... verspielt? erlebt. Sie verwarf den Gedanken jedoch schnell wieder. Schlafmangel, Unterzuckerung und ein paranoides Grundrauschen forderten einen gewissen Tribut.


    „Perfekt. Ich schicke Dir die Dossiers zu, während wir andocken. Die Reise geht nach Alderaan aber ich fürchte mehr als den Raumhafen wirst Du nicht zu Gesicht bekommen.“. Der Rattataki verzog verächtlich das Gesicht: „Spielt keine Rolle, mir geht’s nich´ um die frische Luft und die sauberen Seen. Solange wir auf unsre´ Kosten kommen, und was zum abknallen wartet, gibt’s nix zu meckern.“ - „Wenn es weiter nichts ist, Captain. Dafür kann ich garantieren. Bis gleich!“ Des salutierte entspannt mit zwei Fingern und deaktivierte das Holocom. Cazok musterte die Cyborg kurz von der Seite, die sich seufzend wieder zurück in ihren Sitz warf.


    „Du traust ihm?“ fragte er vorsichtig nach. Seine Partnerin drehte ihren Kopf in seine Richtung und lächelte schwach. Ihre pechschwarzen Haare hatten wieder die Hoheit über ihr feingeschnittenes Gesicht gewonnen. „Ich bezahle ihn und habe seine Arbeit studiert. Ich vertraue also nur den Fakten, Cazok.“. Der Zabrak brummelte etwas Unverständliches, als er sich wieder der Konsole vor sich zu wandte. „Was solls ...“ lachte er auf, „... wenn er Mist baut, leg ich ihn und seinen scheiß Zirkus um, verlass Dich drauf.“


    „Das mache ich doch immer.“ entgegnete Des überaus sachlich in einem beinahe charmanten Ton. Sie erhob sich schließlich und machte Anstalten die Kabine zu verlassen. „Ich mach mich etwas frisch und zieh mich um. Halt die Augen offen und und lass Dir Zeit beim andocken.“


    Der Zabrak nickte stumm und fixierte mit finsterem Blick die Annäherungsanzeige zur „Krayt´s Barking“. Er nahm sich vor, außerordentlich wachsam zu bleiben.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



  • Das Ende der Nacht (Kapitel 3)


    Alderaan, Kamoos-Territorium, CTC-Hochhaus im Südflügel des Thul-Palastes, Büro der Sicherheitschefin Cheyat´san´ildris.


    T´sani saß nur mit der linken Gesäßhälfte auf ihrem Schreibtisch und hatte die Arme verschränkt. Am Konferenztisch, der die Mitte ihres Büros dominierte, hatte sich eine bunte Truppe von Creytech-Angestellten versammelt, die in einer hektischen Debatte verstrickt waren. Der Chiss klingelten schon seit einigen Minuten die Ohren. Für ihren Geschmack hatte sie mittlerweile mehr als genug von „Verfahrensabläufen“, „Notfallprozeduren“, „Beschwichtigungsstrategien“ oder „Totaleinsatzszenarien“ gehört. Im Grunde versuchte jeder dieser erbärmlichen Bürokraten nur eines: Den eigenen Hintern an die Wand zu bekommen noch bevor dieser Sith-Lord hier aufkreuzen und den Laden auf den Kopf stellen würde. Genau das stand dem Konzern bevor, jeder wusste es. Malica war seit Wochen nicht mehr ansprechbar und ohne ihre Führung taumelte ihre Creytech-Corporation einer mehr als ungewissen Zukunft entgegen.


    T´sani selbst befand sich schon länger in einer emotionalen Ausnahmesituation mit Tendenz zur Eskalation. Nicht nur, daß sie persönlich die Ankunft Lord Malygris vermutlich mehr fürchtete als jeder in diesem Raum, schließlich kannte sie diesen Schlächter nur zu gut. Nein, der Ausfall Malicas, der Person, mit der sie ein unlösbares Versprechen verband, stellte die Frage, ob sie noch an diesen Posten gebunden war. Die Verlockung diese Frage für sich zu verneinen war unendlich groß, denn die Verbundenheit an ein anderes, sehr geliebtes Wesen machte dieses Dilemma zu einem moralischen Notstand, ohne vorstellbares Potential für eine weitere Steigerung.


    „Was ist ihre Meinung dazu, Miss Cheyat?“. Augenblicke vergingen ehe die Chiss begriff, daß die Aufmerksamkeit aller anwesenden Personen auf sie gerichtet war. Bestürzende Peinlichkeit strömte bereits in jeden Winkel des Raumes als sie aufblickte und Corsen Brody, Leiter der Rechtsabteilung, noch immer auf eine Antwort wartete. „Miss Cheyat?“, setzte er nach.


    T´sani ärgerte sich augenblicklich über sich selbst. Ihre geistige Abwesenheit war unprofessionell und widersprach damit ihrem Selbstverständnis diametral, egal was die Gründe waren. Zu ihrer eigenen Verteidigung hatte sie vorzubringen, daß sie Brody für einen widerlichen Feigling und Opportunisten hielt, der vermutlich nichts relevantes Vorzubringen hatte.


    „Die Übergabe der geschäftlichen Führung an Lord Malygris. Wir sollten, jetzt, wo Miss Crey bedauerlicherweise … indisponiert zu sein scheint, alles Notwendige in die Wege leiten, um einen reibungslosen und sicheren Übergang zu ermöglichen. Wir können wohl kaum mit einer baldigen Rückkehr von Miss Crey rechnen, nehme ich an. Wir haben einfach keine Alternative zu einer vollständigen, nachhaltigen Kooperation. Wie sehen Sie das?“.
    Der Kerl hatte die Freundlichkeit ihr sein Dilemma noch einmal in blumigen Worten zu umschreiben. Er erwartete offensichtlich ihren Segen, Zustimmung, Rückversicherung oder Unterstützung. Die knallharte Währung eben, die in der Welt der Feiglinge die Dinge am Laufen hielt.


    T'sani´s Blick ruhte in einem kalten Rot auf Director Brody. Ihre Bemühungen möglichst nicht herablassend oder verachtend zu wirken waren ziemlich übersichtlich. Sie konnte seine kaum verborgene Angst praktisch riechen. Jeder hier hatte Angst und dabei hatte Malygris noch keinen Fuß auf Alderaan gesetzt. Das System der Sith funktionierte offensichtlich ziemlich gut. Insbesondere wenn es keine Malica Crey gab, die selbst die Verbindungen und Fähigkeiten besaß, sich dieser Autorität zu widersetzen.


    „Die Baronin wird ihren Platz bald wieder einnehmen. Davon bin ich überzeugt, meine Herren.“ log sie, aber das war in Ordnung. Die Wahrheit würde bei diesen fragilen Geschöpfen vermutlich einen psychotischen Schock auslösen – was sie natürlich nicht verantworten konnte. „...ich sehe keine Notwendigkeit für irgendeinen vorauseilenden Gehorsam, der hier offensichtlich dabei ist, die Runde zu machen.“


    Wie ein Tsunami brandeten die Stimmen der Konferenzteilnehmer sofort wieder auf. Sogar diese beruhigende Phrase sorgte offensichtlich für eine mittlere Panikattacke. Eine rauschende, akustische Melange entstand, die nach Verzweiflung und Chaos klang. Vielleicht wurde es Zeit, endlich etwas zu unternehmen? Den Großteil ihres Dienstes verbrachte sie als Wache bei Malica. Wenn sie ehrlich war, sah sie keinerlei Anzeichen dafür, daß die Baronin bald aus dem Koma, in welchem sie seit fast drei Wochen lag, erwachen würde. Sie dachte schon länger daran, den Abtransport Malicas zu organisieren und sie an einen sicheren und geheimen Ort unterzubringen. Später könnte man das Chaos, das sich hier langsam bahn brach, immer noch beseitigen, dazu mußte die CEO aber in Sicherheit sein.


    Ihr Arminterkom klingelte. Prioritätsnachricht über eine sichere Leitung. T´sani rollte mit den Augen und erhob sich von ihrem Schreibtisch, umrundete ihn und setzte sich vor ihre Konsole. Welche Katastrophe es wohl diesmal sein würde?


    „Eingehende Textnachricht von Rafale Goeland, Privatkanal, Sicherheitsstufe 3-Rot.“


    Der Herzschlag der Chiss beschleunigte sich sofort und automatisch fokussierte sie ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die eingehende Nachricht. Kanal und Sicherheitsstufe sprachen für einen direkten Versand von der „Gambier Bay“, Rafales Raumschiff. Sie hatte ein ungutes Gefühl, noch bevor sie den Text gelesen hatte.



    Hey Blue,


    es ist etwas Schreckliches passiert. Wir müssen uns dringend treffen. Keine Details über diesen Kanal. Triff mich um 15Hundert, CTC-Hangar, Rhu Caenus.


    Rafale.


    Sie lehnte sich langsam zurück und behielt dabei die wenigen Worte auf dem Schirm fest im Blick. Schließlich fing sie an Befehle in das System einzugeben. Es erschien ihr etwas paranoid aber sie wollte in dieser Sache möglichst sicher gehen. Es war zumindest verdächtig, daß Rafale auf Alderaan sein sollte, ohne ihr vorher irgendeine Nachricht zukommen zu lassen, auch wenn sie schon mehrmals für den einen oder anderen Überraschungsbesuch gut war. Aber das war gänzlich anderer, angenehmerer Natur und vor allem zu deutlich besseren Zeiten. Die Chiss seufzte leise.


    „Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen. Auffälligkeit innerhalb Toleranz. 2-Grün“. T´sani dachte einen Moment lang an die KI, welche das Computersystem des Konzerns kontrollierte und irgendetwas gefiel ihr daran nicht. Allerdings tat es das nie, das undurchsichtige Ding hatte einfach keine Chance bei ihr. Die als „R8“ bekannte künstliche Intelligenz, welche vor einigen Jahren, den Gerüchten nach, von Malica selbst entwickelt und aufgesetzt wurde, hatte ihr noch nie einen echten Anlaß geliefert an ihrer Verlässlichkeit zu zweifeln. Aber im Moment fühlte sich einfach alles irgendwie falsch an. Weitere Eingaben. Für den heutigen Tag wurde nur drei mal eine Landeerlaubnis ausgesprochen. Keine davon an eine „Gambier Bay“, vergleichbar war nur ein privater Frachter aus dem Huttenraum, die „Krayt´s Barking“. Die standardisierte Sicherheitsüberprüfung war auch hier unauffällig. Könnte eine Tarn-ID der Gambier sein oder Rafale hatte mit Absicht ein fremdes Schiff benutzt, um unauffällig anreisen zu können. Dies würde den schrillen Ton der Nachricht erklären. Möglich war auch, daß sie doch in einem einfachen Shuttle ankam oder schlicht nicht auf Caenus gelandet war oder, oder oder...


    Ein letzter Versuch: Sie forderte die Holoaufzeichnung der Landung an. Sekunden vergingen wie Stunden und die Chiss wurde währenddessen wieder auf das Gejammer der Meute aufmerksam. Es war erstaunlich wie diffuse Existenzängste, die einst so zivilisierten Multi-Millionen-Top-Manager in einen lächerlichen Kindergarten verwandeln konnten.


    Der Bildschirm erwachte zum Leben, brachte aber keine erlösende Nachricht. Es blieb eine Sackgasse. Die Aufzeichnung zeigte eine modifizierte D5 wie sie zu tausenden existierten. T´sani kaute angestrengt nachdenkend auf ihrer Unterlippe herum und ging gedanklich weitere Optionen durch aber es fehlte ihr schlicht die Zeit für größere Manöver. Es gab einfach keine Chance im Vorfeld auf Nummer sicher zu gehen. Aber im Grunde war es auch egal. Sie musste einfach selbst vor Ort sein und in Erfahrung bringen, was, zum Frell nochmal, los war!


    Die Chiss atmete tief durch und presste die Lippen aufeinander. Es war Zeit zu handeln. Sie aktivierte ihr Interkom. Zwei Begleitwachen aus der Haustruppe der Familie Crey sollten eine angemessene Vorsichtsmaßnahme sein, die auch nicht zu auffällig wirkte. Die Männer galten ihr als absolut zuverlässig. Dann traf sie noch eine weitergehende Entscheidung. Nach dem Treffen mit Rafale würden drei Personen diesen Planeten noch heute verlassen: Rafale, Malica und sie selbst. Sie stand auf und überließ ihr Büro dem Manka-Rudel der Bürokraten. Es gab vor dem Treffen mit Rafale noch einiges vorzubereiten, um der hilflosen CEO eine sichere Abreise zu ermöglichen.


    Sie warf der, noch immer in ihrem lächerlichen Geschwätz verstrickten, „Elite“ der Creytech einen letzten, verächtlichen Blick zu, ehe sie den Raum verließ. Niemand nahm Notiz von dem Abgang der Sicherheitschefin und das war nichts, was sie bedauern konnte. Die würden schon klar kommen, Speichellecker und Lakaien wurden schließlich immer gebraucht.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



    Einmal editiert, zuletzt von Mithras ()

  • Das Ende der Nacht (Kapitel 4)


    Alderaan, Kamoos-Territorium, Raumhafen von Rhu Caenus.


    T´sani erreichte mit ihren beiden Begleitern kurz vor 15Uhr den Raumhafen. Rafale wollte sie am Creytech-Privathangar treffen, der sich etwas abgelegen am nördlichen Teil der Anlage befand. Die „Gambier Bay“ stand dort einige Zeit, als sie sich auf Malicas Wunsch hin für einen Spezialauftrag bereithalten sollte. Das war schon einige Wochen her und zu dieser Aktion ist es bis heute nicht mehr gekommen. Seit dieser Zeit hatte T´sani das dortige Sicherheitspersonal mit besonders vertrauenswürdigen Leuten besetzt, was sie gerade heute für eine gute Entscheidung hielt. Wenn es Probleme geben würde, könnte sie sicherlich mit einer Benachrichtigung rechnen.


    Das Trio durchquerte den öffentlichen Teil des Raumhafens, der in diesen Tagen nur schwach frequentiert war. Es waren nur sehr wenige Reisende unterwegs und bevölkerten vereinzelt die Wartehallen, Abfertigungsschalter, Cafes und kleinen Geschäfte, die überall im zivilen Bereich verteilt waren. Das gelangweilte, irgendwie provinzielle Treiben strahlte eine Ruhe aus, die ansteckend wirkte. Die Chiss hätte nichts dagegen, wenn es genau so bleiben würde.


    Schließlich erreichten sie den nördlichen Turbolift, welcher zu den Aufgängen der nördlichen Landeplätze führen sollte. Ab hier ging es nur noch mit speziellen Codezylindern weiter. Mittlere Sicherheitsstufe. T´sani führte ihren Zylinder in das dafür vorgesehene Lesegerät ein und kurz darauf kündigte ein grünes Lämpchen das problemlose Passieren an. Der Turbolift trug sie Sekunden später in Richtung der gewünschten Ebenen.


    „Zentralzugang 3“, von hier aus gingen vier weitere Gänge in weiten Bögen ab, die jeweils verschiedene Privathangars miteinander verbanden. Die engen Gänge und die wenigen Möglichkeiten sich zu bewegen, machten diesen Ort ziemlich geeignet für einen Hinterhalt. Es war ein unwillkürlicher Gedanke, der sich ihr einfach aufdrängte. Widerstrebend schob sie ihn beiseite und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. „Nori, Fray...?“, sie nickte den beiden zu. „Ihr haltet hier erstmal die Stellung. Haltet Augen und Ohren weit offen und achtet auf das Interkom, ok? - Ich bin so schnell wie möglich wieder zurück.“ - „Aye, Ma´am.“, bestätigte Fray allzu förmlich und sein Kollege nickte nur zustimmend, während sich ihre Chefin dem nördlichen Korridor zuwandte.


    Kurz darauf erreichte die Chiss das Zugangsschott, welches zur Vorhalle des CTC-Hangars führte. Rotes Leuchten an der Armatur teilte ihr mit, daß der Eingang verschlossen war. Instinktiv blieb sie stehen und musterte prüfend die Umgebung. Sie erkannte eine Vertiefung für die Holocam-Überwachung, die über dieser Tür, und natürlich entsprechend im gesamten Areal, verteilt war. Ein Detail, das vielleicht noch einmal nützlich werden könnte, ging es ihr durch den Kopf. Schließlich erreichte ihr Blick den kleinen Schlitz für die Eingabe des Codezylinders. Einer spontanen Eingebung folgend hob sie ihren Arm und stellte ihr Interkom auf eine andere Frequenz ein:


    „Hangarkontrolle CTC, hört ihr mich?“. Die vierköpfige Wachmannschaft mußte hinter diesem Zugang sein und der Kontrollraum immer mit mindestens zwei Mann besetzt. Ihr Funkspruch sollte also auf jeden Fall angekommen sein.
    Sekundenlang erfolgte keine Rückmeldung. T´sani wiederholte ihre Anfrage und lauschte angestrengt auf den Empfang, der nur aus dem Rauschen des Äther zu bestehen schien. Sie spürte wie langsam Adrenalin ausgeschüttet wurde und sich ihre Rechte unwillkürlich auf den Griff ihres Blasters ablegte. Etwas stimmte nicht und zu allem Überfluss hatte sie das Gefühl, daß die Falle bereits zugeschnappt war.


    „Hey, Blue ...“, säuselte es geradezu zärtlich aus ihrem Interkom. Sie hatte die Stimme nicht sofort erkannt. Es war sicherlich eine Frauenstimme, sie gehörte aber definitiv nicht zu Rafale oder ihren Leuten im Hangar. Eine dunkle Vorahnung bereitete sich in ihr aus. Ähnlich einem Virus, mit einer Inkubationszeit von Null.
    „Wer spricht da, identifizieren Sie sich!?“ es war natürlich als Befehl gemeint und klang auch so. T´sani hatte mittlerweile ihre Waffe gezogen und entfernte sich langsam rückwärts gehend von der Tür. Was auch immer vor sich ging, sie hatte zusammen mit Nori und Fray, die beide nur knappe fünfzig Meter hinter ihr die Position hielten, bessere Chancen.


    Die Metallwände verstärkten aufbrandende Stimmen, die sich aus Richtung des Turbolifts durch die Gänge bahn brachen. T´sani war vollends alarmiert, drehte sich um und verfiel in den Laufschritt, als sich wieder ihr Arminterkom meldete: „Falsche Richtung, meine Liebe. Mein Rat an Dich lautet, daß Du zu der kleinen Party dazu stößt, die wir extra für Dich organisiert haben...“. Die Worte klangen süßlich, zudringlich aber hinter diesem oberflächlichen Schleier war die Bedrohung deutlich zu spüren. Sie wusste jetzt zu wem diese Stimme gehörte und im Nachhinein war sie von dieser Erkenntnis auch nicht mehr sonderlich überrascht.


    Sie hatte die weite Biegung fast erreicht und war nur noch etwa zwanzig Meter von dem Turbolift und ihren Leuten entfernt. „Tut mir leid Des, ich hab schon andere Pläne als mich von Dir abstechen zu lassen.“ gab sie jovial über den Funk zurück. So einfach würde es nicht sein, Desdevaynia loszuwerden, da war sich die Chiss sicher. Größere Bedenken machte sie sich hauptsächlich um den Umfang dieser Operation. War es nur ein Manöver, um ihrer habhaft zu werden oder Teil eines größeren Angriffs? Endlich hatte sie den weiten Bogen umrundet und ihr gefiel nicht, was sie dort sah. Ihr Laufschritt verlangsamte sich umgehend fließend, bis sie schließlich zum Stehen kam.


    Nori Adamo und Fray Canice knieten knappe zwei Meter vor dem Turbolift und hatten die Hände hinter ihren Köpfen verschränkt. Ihre Blicke waren auf den Boden gerichtet. Hinter den beiden erkannte sie im Halbdunkel der Gänge zwei Gestalten, welche ihre Leute in Schach hielten. Die Chiss verpasste den beiden im Geiste blitzschnell die Ehrentitel „Rattataki-Eins“ und „Twi´lek-Zwei“. Ganz im Sinne der Reihenfolge, in welcher sie plante, das Pack auszuschalten. Das vertraute, kaum hörbare Pfeifen, als sich die Munitionskammer ihrer Waffe mit Gas lud, verstärkte ihren Kampfwillen.


    T´sani hatte bereits ihre Waffe hochgerissen und fast den Abzug betätigt als die Routine übernahm. Binnen eines Wimpernschlages erkannte sie an der sich abzeichnenden Körpersprache von Twi´Lek-Zwei, daß dieser den vor ihm kauernden Fray in den Hinterkopf schießen wollte. Sein Rattataki-Kumpel entschloss sich offensichtlich, seine Waffe auf die Chiss zu entleeren. Damit hatten die beiden zwar ihre zugedachten Rollen vertauscht aber diese Entwicklung der Ereignisse war für die Chiss eine Banalität. Kurzentschlossen riss sie ihre Waffe ein paar Zentimeter zur Seite, drückte ab und begann dabei bereits ihr Gewicht zu verlagern. Fauchend verließ eine kurze Salve ihre X-11, noch ehe sie zur Seite wegtauchte und damit knapp dem Gegenfeuer des Rattataki ausweichen konnte. Ein erstickter Aufschrei protokollierte ihren Treffer, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Die schallverstärkende Wirkung dieses Rattenlochs hatte auch ihre Vorteile.


    Sie wusste, daß sie jetzt sehr schnell handeln mußte, denn ihre Leute waren noch immer in höchster Gefahr. Ihr Sprung hatte sie hinter die Biegung, außerhalb des Sichtfeldes des Rattataki, getragen. Niemand von beiden konnte jetzt erkennen, was die andere Seite vorhatte. Die Chiss entschied sich dazu diesen Umstand möglichst umgehend auszunutzen. Sie nahm kurzentschlossen einige Schritte Anlauf und rannte los. Dabei war sie bedacht, einen möglichst perfekten Ausgleich zwischen hoher Geschwindigkeit und niedriger Lautstärke zu erreichen. Es lief ganz gut. Dutzendfache Versuche, sich durch den hohen Schnee an das Zelt einer IBOA-Angestellten auf Bandomeer anzuschleichen, zahlten sich in diesen Sekunden aus. Doch diesmal war es kein neckisches Spiel, sondern tödlicher Ernst.


    Kurz bevor sie den Höhepunkt des Bogens erreichte und damit das Areal vor dem Turbolift wieder einsehen konnte, wuchtete sie ihren Körper wie eine Feder nach vorne. Sie landete auf ihren Knien und rutsche mit hohem Tempo auf dem glatten Boden in Richtung ihres letzten Gegners. Sie lehnte sich dabei soweit zurück, wie sie nur konnte, um ein möglichst niedriges Profil zu bieten. Es gab bei dieser Aktion nur den Überraschungseffekt, wenig Platz für Fehler und keinerlei Deckung. Es durfte nicht schiefgehen!


    Die Chiss glitt rutschend in das Sichtfeld des Gegners und war dabei sogar etwas schneller unterwegs, als sie beabsichtigte. Aus dem Augenwinkel heraus nahm sie plötzlich eine Bewegung aus der geöffneten Kabine des Turbolifts war. Dieses Detail verpasste ihr einen geistigen Stich aber nichts war mehr an ihrem Vorhaben zu ändern. Der Rattataki erwartete sie bereits mit angelegter Waffe, zudem kauerte er hinter seiner Geisel und nutze so den guten Nori als Deckung. „Nette Idee.“, ging es T´sani durch den Kopf, „...hätte ich auch so gemacht.“


    Die Ereignisse schienen ab jetzt in Zeitlupe abzulaufen. Ihr Gegner war sichtlich überrascht. Sie konnte es deutlich an seinen Augen ablesen, die sich vor Schreck weiteten als sie in sein Blickfeld eindrang. Der Söldner kauerte sich leicht nach links, um an seiner menschlichen Deckung vorbei ein freies Schussfeld zu erhalten. Das war jedoch nicht so einfach, da sein Ziel weiter und weiter den Gang hinunter rutschte. Er war gezwungen, sich immer weiter um den sich zusammenkauernden Nori herumzuwinden, um irgendwann Deckung und Schussgelegenheit in Einklang zu bringen. T´sani selbst hatte natürlich ähnliche Probleme. Sie hatte Schwierigkeiten, während ihres wilden Ritts einen sicheren Treffer anzusetzen. Sie wollte Nori auf keinen Fall verletzen. Aber sie war auch ein Profi und hatte die Geduld, um genau auf den richtigen Moment zu warten.


    Der unglückliche Schutzschild des Rattataki führte schließlich eine Entscheidung herbei. Nori brachte, dem auf seine Gegnerin fixierten Schützen, einen kurzentschlossenen Schulterstoß bei und ließ sich gleichzeitig einfach nach vorne fallen. Ein kurzer Augenblick, den sich die Chiss nicht entgehen ließ. Sie feuerte einmal, zweimal. Die rot-glühenden Plasmablitze schlugen hart in Brust und Hals ein und rissen den tödlich getroffenen Söldner taumelnd zu Boden.


    Für eine Sekunde flutete Erleichterung das Bewusstsein T´sanis, die den mittlerweile auf dem Boden liegenden Nori einen entsprechenden Blick zuwarf. Dem Sicherheitsmann schien es ähnlich zu ergehen, da er ihrem Blick mit einem breiten Grinsen begegnete.


    „Passt auf!", konnte sie ihren zweiten Kameraden noch rufen hören. Frays Warnung kam jedoch zu spät. Aus den ozonnebel-geschwängerten Schatten vor dem Turbolift konnte T´sani gerade noch erkennen, wie sich eine hünenhafte Gestalt abzeichnete. Dann zerfetzte eine ohrenbetäubende Explosion ihre Welt, bevor sie auch nur zum Ansatz einer Reaktion fähig gewesen wäre.


    Eine heftige Druckwelle spülte sie fort wie trockenes Laub an einem stürmischen Herbsttag. Alles wirbelte wild durcheinander und plötzlich schlug sie gegen etwas hartes, absolut unnachgiebiges. Luft und jedwede Kraft wurden aus ihrem Körper gepresst. Ihr Gehör meldete nur noch Bruchteile einer betäubenden Kakophonie. Am Rand ihrer Wahrnehmung registrierte sie gerade so, wie ihre Waffe aus der Hand gerissen wurde. Aus weiterer Ferne konnte sie einen dumpfen Schuss hören. Einfach alles schien auf einmal unendlich weit entfernt zu sein. Nur quälend langsam begann ihr Bewusstsein wieder Einzug zu halten. So folgten ihre Sinne langsam wieder diesem kläglichen Ruf zurück ins Leben.


    Sie blinzelte. Rauchschwaden hingen in der Luft und sorgten für diesen unverwechselbaren Gestank, der an Tod und Zerstörung erinnerte. T´sani lag auf dem Bauch und wurde der schmerzhaften Kaskaden gewahr, die mit dem Aufwachen nach einem solchen Trauma immer verbunden waren. Ihr Blick begann damit ihre Umgebung zu erkunden. Metallsplitter und kleinere Trümmerteile bezeugten die stattgefundene Explosion. Direkt vor ihr lagen die verschmolzenen Überreste eines Blastergewehrs, das nur noch lose von verkohlter Plastik und Metallresten zusammengehalten wurde. Ein schmutzig-rot verschmierter Stofffetzen lag nur einen halben Meter entfernt und trug das schwarz-rote Logo der Creytech Corporation. Ein Anflug von Trauer und Verzweiflung überkam sie, denn es war Blut, das war ihr sofort klar.


    Ein brutaler Schlag in ihre Flanke fegte dieses Zwischenspiel hinfort und riss ihren Körper in eine seitliche Lage. Die Chiss krümmte sich vor Schmerzen und spuckte eine Mischung aus Blut und Dreck, hustete erbärmlich und rang verzweifelt nach Luft. Für einen Moment dachte sie buchstäblich daran, sterben zu müssen. Aber das war nur die eine Sache. Die andere Nachricht war, daß es schlagartig die letzte Benommenheit vertrieb, auch wenn sich alles in ihr meldete, was nicht mehr einwandfrei funktionierte - also praktisch jeder verdammte Zentimeter ihres Körpers. Die wiedergewonnene Klarheit war vermutlich auch genau die Absicht des Verursachers. Ihr Blick rollte sich jetzt an der Gestalt, die neben ihr stand, empor.


    Aus ihrer Perspektive bot sich ein zutiefst entmutigendes Bild, das noch von dem Blasterlauf verstärkt wurde, der nur wenige Zentimeter vor ihrem Kopf schwebte und ein tödliches Versprechen gab.
    „Aufstehen, Du scheiß Schlampe, sofort!“ befahl eine technisch verfremdete Stimme in einem Ton, der keine Zweifel an der Nachhaltigkeit dieser Forderung übrig ließ.


    Der Sprecher dieser Worte war komplett in eine karbonfarbende Beskar´gam gehüllt. Diese Kampfanzüge sah man auf Alderaan nur sehr selten und auch T´sani hatte schon länger nicht mehr mit jemandem zu tun gehabt, der damit unterwegs war. Man konnte getrost davon ausgehen, daß diese Rüstung mit allerlei technischen Feinheiten, Sensoren und natürlich auch zusätzlichen Waffen gespickt war. Die Explosion, die hier soeben stattgefunden hatte, ging vermutlich auf eine solche Spielerei zurück. T´sani vermutete einen Raketen- oder Granatwerfer. Kurz gesagt: Sie hatte nicht den Hauch einer Chance gegen diesen wandelnden Panzer.


    „Bist du taub oder was?“, setzte die Rüstung ungeduldig nach und verpasste T´sani mit dem Blasterlauf einen heftigen Stoß gegen ihre Stirn. Sie stöhnte schmerzerfüllt auf und blinzelte heftig, als sie versuchte, sich trotz allem auf die Beine zu stemmen. Diese Aktion gelang ihr nur mit Hilfe der Wand, neben der sie nach der Explosion zum Liegen gekommen war. Die neue Verletzung fing sofort an wild zu pochen und die Chiss spürte, wie kleine Rinnsale von der Wunde aus in ihr Gesicht liefen.


    Der Beskar´gam-Träger verpasste T´sani sofort einen weiteren Schlag mit seinem Gewehr als sie halbwegs auf den Beinen war und schob sie damit grob in Richtung des Creytech-Hangars.
    „Kannst´ echt froh sein, daß dein blauer Arsch noch gebraucht wird, sonst würd´ ich Dich für die beiden Jungs an die scheiß Wand nageln!“ polterte es verzerrt unter dem Helm hervor. „Und sicher würde mir noch ne´ Menge mehr einfallen, wie Du die Sauerei hier wieder gut machen könntest, Schätzchen!“


    T´sani schwieg und stolperte einige Schritte den Gang hinunter und drehte sich dann noch einmal schwerfällig um. Der Anblick war grauenhaft. Sie konnte in dem Chaos nicht nur unzählige Trümmer, sondern auch verschiedene Körperteile erkennen. Fray lag etwas abseits reglos auf dem Boden. Sicher tot. Von Nori könnte sie nicht einmal mehr sagen, in wie vielen Stücken er hier zerfetzt herumlag. Von hier aus konnte sie auch den Sieger des Tages besser erkennen. Der gepanzerte Krieger überragte sie um gut anderthalb Köpfe. Er war quasi so breit wie hoch und trug ein schweres Blastergewehr in den gewaltigen Händen, welches er in diesem Moment beinahe zärtlich vertikal über die Abmessungen der Chiss wandern ließ. Sie konnte seine gierigen Blicke und sein eiskaltes Grinsen auch locker durch den Visierhelm hindurch spüren.


    Keine Chance. Null. Sie war nicht nur verletzt und unbewaffnet, sondern spürte auch an ihren überaus schmerzhaften Atemzügen, daß ihre Lunge etwas abgekommen hatte. „Schachmatt.“ ging es ihr durch den Kopf als sie sich abwandte, den Kopf hängen ließ und sich mit langsamen, behäbigen Schritten in Richtung der Hangartür bewegte.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



  • Das Ende der Nacht (Finale)


    Alderaan, Kamoos-Territorium, Raumhafen von Rhu Caenus, Untere Ebene, Privathangar der CreyTech Corporation


    Ihre langen, nachtblauen Haare waren noch vor wenigen Minuten zu einem festen Pferdeschwanz gebunden. Jetzt hingen sie in langen, dreckigen Schlieren herab, waren teilweise verbrannt oder verschmort. Sie schwitzte, sie blutete aus zahlreichen Wunden. Ein dickes Rinnsal lief von ihrer Stirn aus über das Gesicht, behinderte ihre Sicht und schmeckt nach salzigem Metall, als es ihre Lippen erreichte. Sogar das Atmen war eine schmerzhafte Qual. Sie konnte die Luft in ihrer Brust gurgeln hören, wenn sie sich mit Blut vermischte und sie das Produkt dieser unheilvollen Verbindung keuchend abhusten mußte. Und Sie hatte Angst. Aber das sollte auf keinen Fall das sein, was diese Leute von ihr zu sehen bekamen. Wenigstens hierüber wollte sie bis zuletzt unbedingt die Kontrolle behalten.


    Schmerzvolle Erinnerungen drängten sich ihr auf. Vor nicht allzu langer Zeit war sie schon einmal in einer ähnlich bedrohlichen Lage. Die Gründe dafür war damals nahezu identisch, nur der Ausgang zeichnete sich durch einen ungeheuren Glücksfall aus. Wie groß war die Chance, daß dies ein zweites Mal passierte? Zumal das Schlimmste vermutlich noch vor ihr lag.


    „Zugang Hangar - P3“, stand auf der metallernden Oberfläche. Plötzlich ein grünes Licht an der Armatur und einen Sekundenbruchteil darauf, gab das Schott zischend den Zugang frei.
    Dahinter lag der Abfertigungs- und Servicebereich des Privathangars, der sich unmittelbar daran anschloss. Sitzbänke, einige Tische, eine elektronische Zollstation, eine Droidenstation und natürlich der Aufgang in den oberhalb liegenden Kontrollraum beherrschten diese Halle.


    T´sani ging nur wenige, zaghafte Schritte hinein und blickte sich blinzelnd um. Ein Teil der Deckenlichter war eingeschaltet und leuchtete den Raum gut aus. Es sah hier eigentlich nicht anders aus, als es zu erwarten war. Im direkt anschließenden Raumschiffhangar, der durch ein großes, geöffnetes Verbindungstor einsehbar war, lag kein Schiff. Bis auf die üblichen Requisiten eines solchen Ortes war er leer und wirkte betriebsbereit.


    Am oberen Absatz der Treppe zum Kontrollraum erschienen einige Gestalten. T´sani konnte drei Personen ausmachen. Ihm Hintergrund blieben eine weibliche, ziemlich dürre, Rattataki und ein kräftiger, kahlköpfiger Mensch. Beide trugen Waffen und Ausrüstung im Stil der Söldner, die sie schon kennengelernt hatte. T´sani hoffte, daß zumindest die Frau nicht mit den Überresten im Gang verwandt oder verschwägert war. Rattataki konnten extrem rachsüchtig und unbeherrscht sein. Angeführt wurden die beiden aber von einer Frau, die sie sehr gut kannte und die wohl der Grund für ihre aktuelle Notlage war.


    Dann hörte sie hinter sich schwerfällige Schritte, bei denen sie nicht lange überlegen mußte, von wem die wohl stammen würden. Die Chiss sammelte eine größere Ladung Blutspeichel und spuckte sie achtlos vor sich auf den Boden. Das Blut ständig herunterzuschlucken begann ihr eine treibende Übelkeit beizubringen.
    Der gepanzerte Riese stapfte wie ein Kampfläufer an ihr vorbei und bezog einige Meter abseits Stellung, seine Waffe locker bedrohlich in T´sanis Richtung haltend. Gleichzeitig setzte sich die schwarzhaarige Anführerin in Bewegung. Desdevaynia trug einen weiten, dunkelbraunen Mantel, Kampfstiefel und eine militärische Multifunktionsweste. Sie hielt aber noch etwas in der Hand. Normalerweise war es auf diese Entfernung kaum zu erkennen aber T´sani wusste trotzdem genau, um was es dich dabei handelte. Zweifellos gab es nur sehr wenig in der Galaxis, das Des´ mehr liebte, als ihre verdammten Vibromesser.


    In den nicht mehr so seltenen Momenten, bei denen die Chiss durchaus zu lockeren Kommentaren aufgelegt war, hätte sie an dieser Stelle sicher auch eine anzügliche Bemerkung fallen gelassen, ehe sie daran erstickt wäre. Sie schickte stattdessen eine weitere Ladung wässriges Blut zu Boden und ließ einen satten Hustenanfall folgen. An diesem Mist nicht zu ersticken, das war jetzt ihre wesentlich größere Sorge.


    Des´ näherte sich langsam und bedächtig der Chiss. Sie schien diesen Augenblick innerlich tatsächlich zu zelebrieren und hatte es ganz offensichtlich alles andere als besonders eilig.
    „Die Nachricht stammte also von Dir? Glückwunsch, die Codierung war eine echte Meisterleistung ...“, warf T´sani der Cyborg entgegen, die sie noch nicht ganz erreicht hatte. Ihr Kompliment war natürlich gespielt aber trotzdem steckte ein dickes Körnchen Wahrheit darin. Es war der Chiss tatsächlich ein absolutes Rätsel, wie die Cyborg imstande war, eine Rot3-Codierung zu fälschen. Desdevaynias Schritte verlangsamten sich zu einem mondänen Spaziergang, kurz bevor sie vor der Chiss zum Stehen kam. Sie lächelte und der sichtbare Bereich ihres Gesichtes schien eine seltsame Faszination auszudrücken.


    „Nun ...“ setzte sie schließlich an, wobei der Klang ihrer Stimme eine perfekte, samtene Modulation annahm, die sogar der Angesprochenen fast eine Gänsehaut abverlangte. „... ich will nicht lügen, Blue. Der Absender dieser Nachricht war tatsächlich die Gambier Bay. In dieser Sache hattest du tatsächlich keine Chance auf ein Happy-End, sondern bist, wie die Motte dem Licht gefolgt.“
    T´sani blinzelte sie verwirrt an: „Die Gambier? Rafale soll mir diese Nachricht geschickt haben … ?“. Die Chiss wurde von einem kurzen Hustenanfall geschüttelt, als sie versuchte, ein zynisches Lachen abzusetzen. Ihr Entsetzen über die neueste Information konnte das jedoch nur bedingt schmälern. Auch wenn sie es schlicht nicht glauben konnte und vor allem wollte. „Eine dreiste Lüge, Des. Todsicher. Das würde sie mir niemals antun!“. Die Cyborg grinste kokett und neigte abwägend den Kopf: „Nein, vermutlich hast Du in diesem Punkt recht aber ein HackDevice®, angebracht an ihrem Computersystem, hätte hier wahrscheinlich deutlich weniger Skrupel, meinst Du nicht auch?“. Es war beileibe keine Meisterleistung, die Schadenfreude aus ihren Worten heraus zu hören.


    T´sani ließ den Kopf sinken und starrte einige Augenblicke lang auf den Boden vor sich, der bereits mit einigen blutigen Auswürfen von ihr bedeckt war. Sie spürte deutlich, wie sie innerlich taumelte, schwächer wurde aber auch wie ihre Angst weiter wuchs. Angst zu sterben oder Angst diesen unendlich traurigen Konflikt niemals beenden zu können. Sie war sich gerade nicht ganz scher. In all den Jahren war schon so viel passiert und soviel verloren, was nicht mehr ersetzt werden konnte. Sie hatte absolut nichts mehr satt, als ständig in diesem alten, tödlichen Streit leben zu müssen.


    Sie schaute wieder auf, nahm zuerst den Panzer, dann Des´ Söldnerkumpanen an der Treppe und schließlich ihre ehemalige beste Freundin vor sich in den Blick. In ihrer Rechten erkannte sie das Messer. Sie hielt die Waffe angestrengt, ja offenbar derartig verkrampft in ihrer Faust, daß diese bereits mit feinen, weißen Flecken übersät war. Ein weiteres Rätsel.


    T´sani seufzte tief, atmete schwer und kämpfte mit letzten Kräften einen erneuten Hustenanfall nieder, dann formten sich ihre Worte fast von allein: „Ich weiß einfach nicht mehr warum wir uns das alles antun, Des.“, sie klang geschwächt aber trotzdem sprach sie in einem klaren Tonfall, gefärbt von tiefem Bedauern. „...es ist alles schon so verdammt lange her. Wir haben... ich habe Fehler gemacht und niemand bereut das mehr als ich. … Wenn ich könnte, alles wäre...“.
    Ihre Blicke lagen ineinander. T´sani sah in verspiegelte Gläser, die nichtssagend zurück starrten. Die Chiss lächelte unbewusst. Sie konnte sich ironischerweise gerade jetzt so gut wie nie zuvor an die alte Desdevaynia erinnern, als sie vor Jahren einmal unzertrennlich waren. Ihre Augen waren damals hellblau, freundlich und immer irgendwie bezaubernd. Sie gaben dem Gesicht eines neunmalklugen Wildfangs Glanz und strahlten mit einem Lächeln um die Wette, das vieles verzeihen ließ.
    „... niemals passiert?“, beendete die Cyborg mit leiser, vielleicht sogar mitfühlender Stimme, T´sanis Satz.


    Ganze Batterien von Warnbeleuchtungen sprangen plötzlich an und tauchten den benachbarten Raumschiffhangar umgehend in ein tiefes, pulsierendes Rot. Gleichzeitig begann die akustische Warnanlage aufzuheulen und untermalte die aufkommende Alarmstimmung überaus imposant. Das Ereignis spülte sofort hektische Aktivität in die Cyborg, die nach prüfenden Blicken in alle Richtungen T´sani plötzlich drohend das Messer an den Hals legte: „Erwartet ihr noch Besuch hier?“ - „Keine Ahnung, ehrlich.“ brachte die Chiss schwer atmend und wahrheitsgemäß hervor. Die rüde Unterbrechung ärgerte T´sani ungemein. Sie war nicht sicher, ob der Schimmer Hoffnung, den sie bei Des zu erkennen glaubte, wirklich war oder nur etwas, das sie herbeifantasiert hatte. Sie hätte in diesem Moment ihr Leben für eine Antwort darauf gegeben und war nicht sicher, ob es dafür je wieder eine zweite Chance geben würde.


    Augenblicke darauf kündigte das gewaltige Geräusch großer, arbeitender Maschinen die Öffnung der massiven Deckentore an. Zweifellos befand sich etwas im Landeanflug. Kurzentschlossen packte Des T´sani grob im Nacken, drückte ihr das Messer in die Seite und trieb die Chiss in Richtung der Treppe, die in den Kontrollraum führte. Die Cyborg legte dabei ein hartes Tempo vor, dem die verletzte Geisel kaum aufrecht gehend folgen konnte. Sie stolperte eher vor der gnadenlos fortschreitenden Desdevaynia her. „Oro!“ rief sie, bereits im Abmarsch, dem Hünen zu und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung ihr zu folgen. Fast sofort kam er dieser Aufforderung nach und bewegte sich mittels gewohnt massiger Gangart der Cyborg hinterher. „Captain!“, ergänzte er seinen Namen hörbar verärgert.


    Alle erreichten schließlich den Kontrollraum. Dieser war, dank des Panoramafensters, das praktisch die gesamte Wand zum Hangar hin ausfüllte, der ideale Ort das Geschehen zu verfolgen. Des drückte die Chiss in einen Stuhl, der zu einem abseitigen Arbeitstisch gehörte und trat selbst an die Arbeitsplätze vor der Fensterfront heran. Ihr Blick überflog suchend die vielen Konsolen und Kontrolltafeln, bis sie schließlich fand was sie suchte. Eine der Anzeigen gab nach ein paar einfachen Eingaben die gewünschten Informationen frei. Des lächelte überraschend zufrieden in sich hinein als sie die Daten las. Die dünne Rattataki und ihr menschlicher Kollege machten ein paar, scheinbar zufällige Schritte, bis sie beide Seiten von Captain Oro, der neben dem Eingang stand, erreichten und sich dort breitbeinig aufbauten.


    Mittlerweile hatte sich das bewegliche Dach des Hangars vollständig geöffnet, gab aber nur wenige Sekunden lang den Blick auf den herrlichen, blauweißen Himmel Alderaans frei. Zuerst fiel nur ein gewaltiger Schatten herein und vertrieb großteils wieder das eingefallene Tageslicht. Dann folgte eine mittlere Transportfähre, welche dröhnend durch die Öffnung schwebte. Das Fahrzeug verlangsamte seine Geschwindigkeit rapide und begann mit der letzten Phase seines Landemanövers.


    Im Kontrollraum hatte sich eine eigenartig angespannte Ruhe ausgebreitet. T´sani fragte sich was das zu bedeuten hatte, denn trotz des scheinbar so überraschenden Besuchs schien niemand hier in besonderen Aktionismus zu verfallen. Desdevaynia schaute auf ihr Arminterkom und machte eine kurze Eingabe, während hinter ihr der gepanzerte Riese etwas loswerden musste.


    „Nen´ Cred´ für deine Gedanken, Herzchen?“ tönte es blechern unter seinem Helm hervor. Des drehte sich langsam herum und lehnte sich locker an die Rückseite des Arbeitsplatzes neben ihr. „Du siehst gar nicht so überrascht aus, find´ ich komisch, irgendwie.“ fügte Oro seiner Bemerkung an und sein Tonfall zeugte tatsächlich von einer gewissen Neugier. „Warum sollte ich, Captain?“ gab sie gelassen zurück. "Die Wahrscheinlichkeit, daß es einen Versuch geben würde, diese Mission zu kompromittieren war ausgesprochen hoch. „Überrascht sein“ wäre also reichlich unangemessen, oder?“


    Oros Helm gab ein wütendes Grunzen von sich, wobei er schlagartig sein Gewehr hochriss und auf Desdevaynia anlegte. Die Dürre und Glatze machten es ihm deutlich verzögert nach und warfen sich dabei hektisch nervöse Blicke zu, die Stimmung war augenblicklich gekippt. „Hälst´ Dich wohl für richtig superschlau was, Du bekloppte Blechfotze!?“


    Die Fähre hatte mittlerweile ihr Landemanöver beendet und war sicher im Hangar aufgesetzt. Die kurze Gangway wurde ausgeklappt und das Schott öffnete sich. Des ignorierte für den Moment die Söldner, sondern drehte den Kopf in Richtung des Fensters. T´sani bewunderte sie für ihre ruhige Ausstrahlung. Nichts an der Körpersprache der Cyborg schien darauf hinzudeuten, daß die Dinge für sie gerade aus dem Ruder liefen.


    Nacheinander verließen fünf Personen die Fähre. Genaugenommen waren es nur vier, da es sich bei den ersten Gestalten offensichtlich um Sicherheitsdroiden handelte, die am Fuß der Rampe Aufstellung nahmen. Als letztes erschien ein Mann, gekleidet in einem weiten, dunklen Mantel, aus dem Innern der Fähre. Er zögerte einen Augenblick lang und richtete seinen Blick direkt in Richtung der gewaltigen Fensterscheibe, wo er sich mit dem Desdevaynias traf. Kurz darauf begann er die Rampe hinunter zu gehen und gefolgt von seinen künstlichen Wachen näherte er sich dem Aufgang, der ihn zum Kontrollraum führen würde.


    „Ziemlich, ja. - Mein Gehirn arbeitet etwa 20mal schneller als deines, Oro“ gab Des ihm schließlich informativ zurück als sie ihre Aufmerksamkeit wieder in den Raum verlegte. „Außerdem bin ich bedeutend schneller, beweglicher und vermutlich auch etwas stärker als Du mit deinem Strampelanzug. Und ich sehe auch ziemlich gut.“ fügte sie in einem freundlichen Plauderton hinzu. Oro schnaubte verächtlich und richtete seine Waffe jetzt direkt auf Des´ Kopf aus. „Ach ja? Siehste´ auch das hier? Deine scheiß große Klappe scheint ja auch verbessert zu sein aber am Ende geht es doch nur um die Frage, ob Du auch schußsicher bist und ich wette, da siehts´ bei Dir sicher ziemlich beschi ..."
    Ein plötzlicher Einschlag unterbrach lautstark und abrupt die Ausführungen des Mannes. Dann herrschte für eine Sekunde in den meisten Gesichtern schlichte Verwirrung. Der Klang eines leisen, hochfrequentes Summens setzte sich kurz nach dem Knall im Raum durch und zog alle Aufmerksamkeit auf sich, bis es durch ein verzweifeltes, metallisches Gurgeln abgelöst wurde. Der Griff einer Vibroklinge ragte gute 15 Zentimeter aus einer empfindlichen Stelle zwischen Helm und Brustpanzer des Söldners hervor. Polternd, wie ein waidwundes Bantha, fiel dieser auf die Knie. Dann brach die Hölle los.


    Oros Waffe fing im Todeskampf seines Besitzers plötzlich an, wildes Dauerfeuer abzugeben, das umgehend eine verheerende Schneise der Verwüstung anrichtete. Die Computer und Bildschirme platzten zu Dutzenden explosionsartig auseinander und einen Wimpernschlag darauf gab auch das gewaltige Panoramafenster den wuchtigen Einschlägen nach und zerfetzte in unzählige Fragmente, die heillos in alle Richtungen davonflogen.


    T´sani warf sich instinktiv zur Seite und kauerte sich Schutz suchend unter den Tisch, während Glassplitter und sonstige Trümmer auf sie hinab regneten. Die Rattataki hatte, nach Überwindung einer kurzen Schockstarre, prophylaktisch das Feuer eröffnet auch wenn sie kein wirkliches Ziel ausmachen konnte. Ihr glatzköpfiger Kumpane erging es deutlich schlechter als eine Wolke aus Glassplittern über ihn hinweg flutete. Von unendlichen Schnittwunden getrieben stolperte er fluchend einige Schritte zurück. Kurz darauf wurde sein Weg von der Wand gestoppt, an der er jämmerlich protestierend zu Boden sank.


    Ein elektrostatisches Knistern neben sich alarmierte die Rattataki, doch es war zu spät. Wie aus dem Nichts stand plötzlich Desdevaynia neben ihr und mehr als den Ansatz, ihre Waffe zu dieser Bedrohung herumzuwirbeln brachte sie nicht mehr zu Stande. Die Cyborg nutze den Schwung dieser Bewegung, indem sie in die Waffe griff und ihre Gegnerin kraftvoll aushebelte. Nach einem kurzen Ruck hatte das Gewehr eine neue Besitzerin. Des schlug der Rattataki umgehend den Gewehrkolben mit aller Gewalt brutal gegen die Schläfe. Die Söldnerin brach nach diesem vernichtenden Treffer sofort leblos zusammen.


    Damit stand sie nun unmittelbar neben Oro, dessen Dauerfeuer er inzwischen eingestellt hatte. Er kniete auf dem Boden und hielt mit der Rechten noch immer sein Gewehr fest. Mit der Linken stemmte er sich verzweifelt gegen den massiven Blutverlust, der in breiten Strömen über seine schwarze Rüstung lief und bereits am Boden eine mittlere Seenlandschaft gebildet hatte. Mit stoischer Wut versuchte er seine Waffe Desdevaynia noch einmal entgegen zu richten, die diese Handlung jedoch mit einem beherzten Tritt unterband. Seine Waffe flog im weiten Bogen durch den Raum und ergänzte das ziemlich perfekte Chaos um eine weitere Nuance. Sie hob nun ihrerseits die erbeutete Waffe und zielte auf den Mann, der schnaufend und blutend weiter in sich zusammengesunken war.


    „Desdevaynia!“ Der Ruf kam von dem Eingang hinter ihr, der zum Landeplatz führte und natürlich wusste sie, wer sie da gerade angesprochen hatte. Ohne sich umzudrehen behielt sie Oro noch immer im Visier und versicherte sich mit einem Seitenblick, daß sein glatzköpfiger Gefährte noch immer kampfunfähig und lamentierend auf der anderen Seite des Raumes in seinem eigenen Blut lag.


    „Du enttäuschst mich, Des. Das alles hier ...“ der Mann machte eine Geste, die sie nicht sehen konnte. „... ist so absolut unnötig. Ganz abgesehen davon, daß du Dich meinen Anweisungen widersetzt hast.“. - „Lord Malygris sieht das sicherlich anders als Du, Mithras. Seine Wünsche waren ...“. - „Interpretierbar!“ unterbrach er sie harsch. „Außerdem bestimmt er in deinem Leben nur das Spiel aber die Regeln kommen von mir. Du erinnerst Dich sicher - Derjenige, dem Du alles zu verdanken hast?“. Seine Stimme erhob sich emotional etwas während seiner letzten Worte. Ein seltenes Ereignis, daß der Cyborg verriet, wie tief seine Enttäuschung tatsächlich sitzen mußte.


    „Ich verdanke Dir, daß Du mein Leben in eine einzige, ewige Nacht verwandelt hast, Mithras.“, klagte sie ihn an. Ihre Stimme war schneidend. Oro sackte nun endgültig in sich zusammen und erschien für Des nicht mehr als eine Bedrohung. Sie drehte sich um und trat ihrem Lehrmeister und Schöpfer entgegen. Die Sicherheitsdroiden hatten sich gerade hinter dem Mann positioniert und richteten sich auf Des´ aus. Sie hielt ihre Waffe locker auf den Boden gerichtet. An einer minimalen Kopfbewegung Mithras´ erkannte sie, daß ihm dieses Detail natürlich nicht entgangen war. Er trug vor seinen Augen ähnliche Vercyberungen wie sie und ihr fiel auf, daß er zwar selbst keine Waffe trug aber in in der Hand ein kleines Objekt verborgen hielt.


    „Wie pathetisch, meine Liebe. Und zugleich undankbar.“ seine Worte klangen bemitleidend und enttäuscht zugleich. „Du weißt selbst doch nur zu gut, daß Du nur dank meiner Investitionen, der vielfachen Ausbildung, der wundervollen kybernetischen Verbesserungen überhaupt irgendjemand bist, Desdevaynia.“ Die Worte trafen sie unmittelbar ins Mark, was aber aufgrund ihrer gefassten Fassade niemand annehmen konnte. So deutlich hatte Mithras noch nie seine Verachtung für das zum Ausdruck gebracht, was von ihr übrig bleiben würde, wenn man von ihr das Gesamtkunstwerk aus Hightech und jahrelanger Konditionierung subtrahieren würde.


    Ihr fehlten einfach die Worte, um ihm etwas zu entgegnen und Mithras offensichtlich die Geduld, um darauf zu warten. „Es wird Zeit für die Korrektur eines Fehlers.“ ließ er sie wissen als er die rechte Hand hob und den Knopf an einem kleinen Gerät drückte.


    Desdevaynia ahnte was jetzt passieren würde. Sie hatte schon vor Tagen eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 69% für dieses Ereignis berechnet. Allerdings beunruhigte es sie, daß sie letztlich keine Vorstellung davon hatte, wie es sich anfühlen würde. Aber das war nur ein geringer Preis. Sie spürte eine kurze Anspannung, ähnlich einem schwachen Stromschlag, in ihrem Körper, als Mithras den Sender betätigte. Ihre kybernetischen Systeme führten nacheinander Abschalt-Sequenzen aus. Muskeln, Stoffwechsel, Sensorik versagten nacheinander ihren Dienst. Als ihre kognitiven Prozesse, und damit ihre primäre Wahrnehmung von der Technik getrennt wurden, fiel eine bleierne Schwere von ihr. Für den kaum messbaren Bruchteil eines Augenblicks fühlte sie sich befreit von einem künstlichen Bewusstsein, das sie bisher von den meisten menschlichen Regungen und Emotionen abgeschirmt hatte. Das überwältigend reale Gefühl aus einem finsteren Traum zu erwachen und endlich frei zu sein, umspülte sie wie eine rauschende Brandung. Dann erlosch ihr Bewusstsein.


    T´sani besaß aus ihrer Deckung heraus einen guten Überblick. Sie hatte erleichtert zur Kenntnis genommen, wie Des die Söldner ausschaltete aber verfolgte beunruhigt das Gespräch zwischen Mithras und der Cyborg. Als er schließlich den Sender betätigte, kollabierte Desdevaynia sofort und fiel wie ein Sack Erde der Länge nach zu Boden. Vor Schreck überfiel die Chiss ein erneuter Hustenanfall, den sie nur langsam unter Kontrolle bekam.


    Mithras dirigierte mit einer Reihe von Fingerzeigen sein Begleitkommando, das sich sofort in alle Richtungen verteilte und wandte sich schließlich persönlich in Richtung der Chiss. Er ging wortlos auf sie zu, reichte ihr seine Hand, die T´sani unsicher ergriff, um sich von ihm wieder zurück auf den Stuhl hieven zu lassen „W..was ist mit ihr?“, sie konnte nicht anders, als diese Frage zuerst zu stellen, während Mithras sie oberflächlich im Stil eines Feldarztes betrachtete. „Du solltest das hier nehmen.“, entgegnete er fachlich, als er ihr zwei blass-gelbe Pillen reichte.


    T´sani musterte nachdenklich das Medikament in ihrer Hand und war sich ganz und gar nicht sicher, ob es eine gute Idee sein würde, es zu nehmen. „Erleichtert die Atmung, nimmt die Schmerzen.“, sekundierte Mithras ihren Entscheidungsprozess knapp. Das verleitete die Chiss sofort dazu, die kleinen Helfer einzuwerfen und hinunter zu würgen. Sie beobachtete ihn anschließend aus dem Augenwinkel und fragte sich, wann er endlich mit seinen Absichten herauskommen würde. Der Mann holte schließlich ein Datapad unter seinem weiten Mantel hervor und schob es kratzend über den verdreckten Tisch zu ihr hinüber. „Ist sie tot, Mithras?", versuchte sie es noch einmal etwas energischer und ignorierte das Gerät vor sich. „Technisch ist sie es.“, stellte er fest. „Aber was Dich wirklich interessieren sollte, ist der Mangel an Optionen, der Dir verblieben ist.“. Die Chiss blinzelte ihn an, sie verstand nicht recht und hatte noch mit der eigenartigen Beschreibung über den Zustand Desdevaynias zu kämpfen.


    „Sie hat nicht gelogen. Lord Malygris hat angeordnet, daß wir Dich aus dem Verkehr ziehen sollen. Er wird spätestens Morgen hier eintreffen. Du weißt was das bedeutet.“ T´sani schüttelte, in einem Anflug von Realitätverweigerung, den Kopf. „Und was ist dann das Problem zwischen euch beiden?“ fragte sie nach und deutete dabei auf den reglosen Körper der Cyborg. Mithras blickte sie ausdruckslos an, etwas das er fast noch besser als Des beherrschte. „Sie will das du stirbst. Mir reicht es aus, wenn Du verschwindest. Und da wir beide wissen, daß man Dir nicht trauen kann, werde ich die Details dieser Angelegenheit selbst beaufsichtigen. Lies!“. T´sani schluckte hart. Ihr fiel positiv auf, daß Mithras´ Wunderpillen offenbar schon eine Wirkung erzielten. Mit übler Vorahnung beseelt, blickte sie schließlich auf das Datapad vor sich, das eine vorbereitete Nachricht in ihrem Namen enthielt. Es fehlte nur noch ihr Code für einen Versand über das Holonet. Die wenigen Zeilen hatte sie schnell überflogen, noch deutlich schneller stand ihr Entschluss fest.


    „Nur über meine Leiche, Mithras. Vergiss es. Das wird auf keinen Fall passieren!“ bellte sie ihn protestierend an. Der Mann blickte sich kurz um und wirkte pikiert, ob dieses emotionalen Ausbruchs. Er räusperte sich leise und beugte sich schließlich weit zu ihr hinab. Diesmal sprach er mit ihr, wie zu einem störrischen Kind: „Es ist sehr einfach, Cheyat´san´ildis. Du wirst von der Bildfläche verschwinden, auf die eine oder andere Weise. Wer sich nach Dir auf die Suche begibt oder sonst irgendwelchen Staub in dieser Angelegenheit aufwirbelt, hat sein Leben verwirkt. Wie wahrscheinlich ist es also, daß sich dein kleines Pilotenflittchen auf den Weg macht, Dich zu suchen, wenn sie glaubt, Du brauchst ihre Hilfe?“


    Sekundenlang funkelte sie Mithras hasserfüllt an und hatte, nicht zum ersten Mal heute, das Gefühl, keinen Ausweg mehr zu haben. Dann sank ihr Blick resignierend auf das Datapad vor sich. Übelkeit kam in ihr auf und sie wusste nicht, ob es an ihrer inneren Verzweiflung oder den Verletzungen lag. Mit zittrigen Fingern und wässrigem Blick begann sie die Codierung in das Pad einzugeben. Sie schubste anschließend das Gerät achtlos zurück über den Tisch und wischte sich unwillkürlich blutverschmierte Tränen aus dem Gesicht. Sie blickte auf den leblosen Körper Desdevaynias und konnte dabei einen Anflug von Neid nicht unterdrücken.


    Ihre eigene Nacht hatte gerade erst begonnen.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



  • Das Ende der Nacht (Epilog)


    Shuttle „Aegis II“, Synchroner Orbit über Alderaan, 15:12:47 imperialer Standardzeit.


    Bereits seit über vier Stunden hielt Cazok das Shuttle im synchronen Orbit über Alderaan, ganz wie es die Befehle Desdevaynias für ihn vorsahen. Nachdem er Des´ an der „Krayts Barking“ abgesetzt hatte folgte der vermeidlich leichtere Teil seines Jobs, den er zugleich am meisten verabscheute: Warten. Er ging zum geschätzten 139. Mal die Checkliste durch, die er „absolut penibel“ zu befolgen hatte, sobald er von seiner Chefin das vereinbarte Signal dafür erhalten hatte.


    Der mit Wahrscheinlichkeitsprognosen der zahlenverrückten Cyborg gespickten Liste nach, sollte es innerhalb der nächsten 15 Minuten losgehen. Cazok verstand bis heute nicht, warum sich Des´ so detailliert ausließ. Er war gleichzeitig dieses Verhalten von ihr schon derart gewohnt, daß er sich diese Frage nicht mehr häufig stellte.

    „HackDevice® „Gamma“ aktivieren“
    . Das Ding würde ihm eine Fernsteuerung des Creytech-Hangars ermöglichen, um zu landen und „mich zu bergen (wahrscheinlicher Status: Außer Gefecht)“. Der Zabrak schüttelte ungläubig den Kopf und verzog das Gesicht zu dem Äquivalent eines Fragezeichens. Wenigstens ihre Einschätzung von „leichten bis mittleren Widerstand“, den er zu erwarten hätte, gefiel ihm ziemlich gut und hinterließ keine offenen Fragen. Leichte Unterforderung ließen seine Leistungen immer in einem recht überlegenden Licht erscheinen. Das gefiel ihm fast noch mehr. Dann sollte er sie an den „Hoersch-Cypher“-Assistenzdroiden übergeben, der in ihrem Unterschlupf auf sie wartete. Damit meinte sie eine Art „mobile Kybernetik-Wartungsstation“, soweit der Zabrak das verstanden hatte. Nicht das es für die Ausführung des Befehls eine Rolle spielen würde. Dann folgten eine Reihe von Banktransaktionen und das Absetzen vorbereiteter Nachrichten, mit Hilfe der HackDevice® „Kappa“ und „Delta“. Das war jedoch alles nur Kleinkram, wo wenig mehr als das betätigen einiger Knöpfe notwendig war.


    Für ihn zählte in erster Linie nur das, was er für den bedeutendsten Teil seiner Arbeit hielt: Des aus der Scheiße raus holen, einpacken, ab ins Rattenloch und auf sie aufpassen. Das war simpel genug, um ihn nicht zu verwirren aber trotzdem so klar umrissen, daß er genau wusste, was seine Aufgabe sein würde. Im Grunde konnte er es sogar auf eine noch einfache Formel herunter brechen: Alles tun, um sie zu beschützen.“ Diese Variante war sein absoluter Favorit, wie ein zufriedenes Grinsen auf seinen schmalen Lippen einwandfrei dokumentierte.


    Und genau das hatte er vor. Er war von dieser Aufgabe sogar derart überzeugt, daß er der Checkliste noch eine Sache hinzugefügt hatte, die eigentlich nicht der Absicht seiner Auftraggeberin entsprach. Aber die war ja nicht hier, um zu protestieren. (Gefiel ihm auch.)


    HackDevice® „Alpha“ war, soweit war Cazok durchaus informiert, die absolute Lieblingsquelle von Des. Dieses perfekt platzierte, technische Wunderwerk, erlaubte erstaunliche Eingriffe in den Computer, welchen das Gerät infiziert hatte. Es hatte für seine Auftraggeberin bereits etliche wichtige Informationen abschöpfen können und war auch in Vorbereitung dieser Mission bereits zum Einsatz gekommen. Für den Zabrak war die Sache ganz einfach. Seine Aufgabe, Des zu beschützen, würde um ein vielfaches einfacher werden, wenn diese Chiss ihre wichtigste Verbündete endgültig verlieren würde. Das wäre sozusagen … genau! - Der Verlust der Dame im Holoschach. Ein guter Vergleich, Cazok konnte sich an keine Partie Holoschach erinnern, die er ohne seine Dame gewonnen hätte. Genaugenommen verlor er die meisten Partien auch mit Dame aber das war hier einfach nicht der Punkt!
    Auf jeden Fall würde eine beherzte Aktion potentiell eine ganze Menge Ärger vermeiden helfen. Damit war dieser Punkt für Cazok mehr als ausreichend durchdacht. Goeland stirbt, Des überleben wäre somit erheblich wahrscheinlicher. Ende der Debatte mit sich selbst!


    Cazok fiel gerade die, aus seiner Sicht, beste Variante von allen ein, für die Des´ Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet hatte. In diesem Fall würde er sie einfach in einem Stück von da unten abholen, die tote Chiss per Sargkapsel nach Csilla schießen und das ganze Ding wäre ein für alle Mal ausgestanden. Toller Gedanke. Direkt verführerisch, sozusagen der Millionentreffer. Vielleicht irrte sich die Cyborg ja mal und es würde mal ganz einfach werden?


    Dann piepte das Interkom. 15:14:09 imperialer Standardzeit. Cazok stöhnte in einer Mischung aus Bewunderung und Ärger auf. Das Teufelsweib hatte sogar die Uhrzeit fast auf die Minute genau vorhergesagt. Ab jetzt in exakt 10 Minuten sollte er, laut Plan, „Gamma“ aktivieren. Der Zabrak fluchte in allen Farben seiner Heimatwelt als er damit begann, die Befehle umzusetzen. Als erstes war seine eigene Spitzenidee an der Reihe. Er stellte eine Holonet-Verbindung zum „Alpha-Device“ her und programmierte eine, zugegebenermaßen, wenig einfallsreiche Fehlfunktion im Kühlkreislauf der „Gambier Bay“.


    Mit etwas Glück, würden bei dem Miststück die Lichter schneller ausgehen, als bei Desdevaynia.

    Gar nicht lange diskutieren, lieber gleich persönlich werden.



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