Of Lies And Deceit

  • (I)
    Reflection


    Irgendwo in einem Raumhafen auf Nar Saddaa, in einem einsamen Hangar thront die kaum majestätisch anmutende „Lilly“ - ein Schiff der Mantis Klasse, neu, modern, wendig, hässlich; und nicht annähernd so heimisch wie ihre Vorgängerin. In der kleinen Kajüte hallen die Holonet News von den spärlich möbelierten und dekorierten Wänden wider. Drei kurz aufeinanderfolgende Blasterschüsse durchdringen die friedlich anmutende Szenerie. Der Lauf von Shiones Blaster qualmt noch sachte, während sie diesen auf den schnöden Nachttisch neben ihrem Bett ablegt. Ihre rechte Hand gleitet weiter über die kleine Ablage und betätigt unterhalb dieser einen Knopf. Ein leises Knattern ist zu hören und die drei Zielscheiben fahren in stetiger Geschwindigkeit bis kurz vor ihr Bett. Sie seufzt stumm, als sie das Resultat ihrer Schießübung sieht und wendet ihren Kopf langsam auf den Holonet Stream, der über ihrem Bett flackert. Zeit um nachzudenken - oder auch Langeweile wie sie es lieber nannte - hatte Shione schon lange nicht mehr. Etwas missmutig betrachtet sie den Grund ihrer Zwangspause und presst den rechten Zeigefinger prüfend auf den Verband um ihre linke Schulter. Sie verzieht ihr Gesicht und lässt es schnell wieder bleiben, als sie der Schmerz durchfährt.


    „Bin ich zu unvorsichtig geworden? Zu arrogant?“ Sie schüttelt den Kopf über ihre eigenen Gedanken und starrt mit leerem Blick durch die Holoübertragung. „Man kann nicht immer Glück haben.“ Aber so richtig scheint sie sich damit nicht überzeugen zu können.


    Eine Lüge ist nichts, wenn sie niemand glaubt.


    Das Kartenhaus steht schon seit einiger Zeit. Es war nicht schwer auf Nar Shaddaa „Gläubige“ zu finden. Ein Lächeln, ein Wimpernschlag und alle fressen sie ihr aus der Hand. Die Widerspenstigen werden geküsst und … Sie beendet den Gedanken mit einem Schmunzeln auf ihren Lippen. Das gleiche Schmunzeln mit dem sie jedes Mal aufs Neue die Männerwelt zu verzücken versucht. Und es funktioniert. „Wie viele wohl mittlerweile auf der Liste stehen? Fünfzehn? Zwanzig?“ Sie grinst sichtlich geschmeichelt. Die gute Laune scheint aber nur von kurzer Dauer zu sein, als sich eine weitere Frage in ihren Gedanken manifestiert. Eine Frage, die sie bisher erfolgreich verdrängt hatte: „Warum das Ganze? Was ist der Zweck?“ Ihr Blick bohrt sich durch die Hülle ihres Schiffes wie ein Lichtschwert durch ein Chiffonkleid. Mit einem kurzen Blinzeln unterbricht sie ihre Gedanken und spricht die Antwort laut aus, wohl um sich selbst zu überzeugen: „Credits natürlich!“ Sie seufzt leise und gräbt ihren Kopf tief in ihr Kissen. Die nächsten Tage ans Bett gefesselt zu sein, versprach nicht viel. Aber was es versprach, war eine Qual aus Langeweile - und Gedanken.

  • (II)
    Are you still there?


    „Hey Jeff, eine heiße Schoki bitte, wie immer,“ klingen die schon zur Gewohnheit gewordenen Worte der Begrüßung dem Barkeeper entgegen, als die Rothaarige mit ihrem tückischen Lächeln auf den Lippen an die Theke des Slice 'n' Dice herantritt. Es scheint alles wie immer. Ein grober Blick über die Anwesenden bietet ein vertrautes Bild: Kenzo und Neal stehen neben der Bar, ins Gespräch vertieft, Kir dreht seine Runde durch den Club. Valkejo lungert hustend abseits an der zweiten Bar herum und bemüht sich um ein Wasser. Seamus ist auch da und Vik und Jason und Lazarus und … „Wow, ganz schön voll heute,“ murmelt Shione vor sich hin, als ihr die heiße Schokolade von Vis serviert wird. Der Dampf des heißen Getränks steigt langsam aus der Tasse auf, um sich schließlich mit der dicken Cantinaluft zu vereinen. Shiones Blick folgt fröhlich einem kleinen Rauchwölkchen, während sie antwortet. „Danke, Je-“ Sie stockt für einen Moment und schaut leicht irritiert zum Barkeeper. Sate steht in seiner gewohnten Art am Tresen angelehnt und betrachtet sie. Ein Knappes Lächeln folgt und schon wendet sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf ihr Getränk. „Verrückt.“ Sie schüttelt den Kopf und greift nach der Tasse, bevor sie noch einen zweiten Blick riskiert. Sate betrachtet sie immer noch, schweigend und ohne Gesichtsregung. Aber nicht nur er. Alle um sie herum scheinen sie anzustarren, emotionslos, stumm. Shione schluckt leise und setzt den Weg ihrer Tasse fort. Die warme Flüssigkeit schwappt sanft gegen ihre Lippen. Das Unbehagen weicht der Vorfreude auf die süße Versuchung, aber nur für einen Moment. Die leicht zähflüssige Schokolade weigert sich in Shiones Mund zu fließen, egal wie sie die Tasse kippt und wie weit sie ihren Mund öffnet. Sie donnert die Tasse zurück auf den Tresen, während sie zu Lazarus herübersieht. „Haha, sehr witzig.“ Ihre Worte verhallen in der tonlosen Umgebung. Nichtmals ein Echo prallt von den Wänden des Slice zurück, als wären diese gar nicht da. „Wieso glotzt ihr alle so dämlich?“, knurrt sie in die Runde. Mit schon etwas zittrigen Händen fummelt sie in ihrer Tasche herum, um einen kleinen altmodisch wirkenden Klappspiegel herauszufischen. Ohne ein Geräusch öffnet sich der Spiegel. „Hab ich was im Gesicht?“, fragt sie zickig, die Angst überspielend. Shiones Blick senkt sich von den stummen Betrachtern auf ihr Ebenbild. Für einen Augenblick ist alles wie immer. Die roten Haare sitzen, der Lippenstift, der Lidschatten, das Rouge, nichts ist ungewöhnlich. Oder doch? Ihre rechte Hand fährt langsam an ihre Wange, sachte darüber reibend, als sich ihr Spiegelbild plötzlich zu bewegen beginnt. Die Haare färben sich in ein tiefes Schwarz, die Augen grün, ihre Züge verändern sich, wenn auch nur leicht. „Fenya?“ Der Mund ihrer jüngeren Schwester formt die gleichen Worte, aber der Klang ist ein anderer:


    „Es ist deine Schuld! Ich hasse dich!“


    Shione lässt den Spiegel wie paralysiert aus ihrer Hand gleiten. Er schlägt dumpf auf den Boden des Clubs auf und bleibt ohne ein kleines Tänzeln starr liegen, als wöge er mehrere Kilo. Nach einer dreisekündigen Stille ertönt ein schrilles Klirren und der Spiegel zerspringt in tausende kleine Teilchen, die sich durch die langsam verschwimmende Umgebung hindurchbohren und sie mit einem glasig silbrigen Film bedecken. Selbst der Boden löst sich unter Shiones Füßen auf, aber sie fällt nicht. Die Scherben des Spiegels bilden eine glänzende Kugel um sie herum, in der sie als Mittelpunkt in Schwerelosigkeit schwebt. Panisch wendet sie ihren Blick auf und ab, von links nach rechts und zurück. Die Scherben beginnen sich zu bewegen, färben sich, formen ein Gesicht an der Innenseite der Kugel. „Vater?“, wimmert sie leise als sie die Züge zu erkennen scheint. „Du bist eine Schande für unsere Familie. Du bist nicht mehr meine Tochter!“ Aus dem Gesicht lösen sich mehrere kleine Scherben und schießen auf Shione zu, sich in ihre linke Schulter bohrend, den Schmerz der Worte noch etwas realer gestaltend. Die Kugel wird wieder silbrig, verharrt in diesem Zustand einen Moment und beginnt weitere bekannte Gesichter zu bilden. Sie sprechen nicht, starren stur durch sie hindurch, begleitet von weiteren Splittern, die zielstrebig Shiones linke Schulter suchen, die Frequenz des Schmerzes stetig erhöhend. Sie windet sich und schreit vor Qualen, doch ist kein Ton zu hören. Sie versucht die Augen zu schließen, doch bleibt es ihr verwehrt. Sie wird gezwungen es anzusehen. Mit einem Zischen entsteht eine Pause und die Kugel erstarrt, bildet dann doch noch ein letztes ihr sehr bekanntes Gesicht. „Der Preis für Verrat ist der Tod!“ Mit dem Verhallen der Worte dehnt sich die Kugel langsam aus, sich dabei in einzelne Scherben zurückverwandelnd. Die Scherben schweben für einen Moment still, schnellen dann von allen Seiten auf Shione zu.


    Mit einem lauten Kreischen wacht Shione schweißgebadet in ihrem Bett auf. Sie blinzelt noch etwas benommen und schaut sich um. Als sich die Erleichterung breit macht, bemerkt sie auch den Schmerz in ihrer angeschlagenend linken Schulter, auf der sie die ganze Zeit gelegen hat. Hektisch dreht sie sich auf den Rücken zurück um die Schulter zu entlasten. Sie legt den Kopf zur Seite und starrt an die karge Innenwand ihres Schiffes. Ihr Blick fällt schließlich auf den kleinen leerer Injektor neben ihr auf dem Bett, der nur schwerlich erahnen lässt, dass es sich bei dem Inhalt mal um Glitterstim gehandelt hat. Shione seufzt leise, während sie die Augen wieder gen Decke richtet und den Holonet Stream einschaltet. Schlafen wird sie heute wohl nicht mehr.

  • (III)
    Man of the week


    „Mann der Woche,“ wiederholt Shione die Worte Kerais, während sie - die Hände unter dem Kopf verschränkt - auf ihrem Bett liegt. Ein Schmunzeln fährt ihr über die Lippen, wobei sie sich wohl lieber darüber aufregen würde. „Ich hätte mich nie auf diesen Job einlassen sollen. Sie ist eine Sith.“ Die Rothaarige seufzt leise und dreht ihren Kopf zur Seite. Ihre Mimik wirkt gequält als sie sich an den Machtblitz zurückerinnert, den ihr Kerai entgegengeworfen hatte.


    Eine Sith zu manipulieren war wohl doch nicht so einfach wie sie es sich erhoffte. Andererseits konnte „Mr. Lovegun“ es ja offenbar doch ganz gut. „Nein, konnte er nicht!“, knurrt sie gegen ihre eigenen Gedanken, „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er ihr auf die Füße tritt.“ Sie wusste selber nicht so genau wieso sie ihn nicht leiden konnte. Wegen des Zwischenfalls bei der SliceSec? Wohl kaum. Da gab es jeden Tag solche Idioten, die einen Zirkus bei der Waffenabgabe veranstalteten. Die vergas sie viel zu schnell wieder, als dass sie sich großartig darüber aufregen konnte. Vermutlich war sie eifersüchtig? „Verdammt. Nein!“, brüllt sie schon fast durch die einsame Kajüte ihres Schiffes. Sie muss an etwas Anderes denken. Angestrengt kneift sie die Augen zusammen und lässt den letzten Tag revue passieren. Die Nacht. Langsam erheben sich ihre Augenlider und ihre rechte Hand fährt über das Gesicht. Was hatte sie sich gedacht? Von allen Kerlen auf diesem Mond, suchte sie sich den aus, der wohl eine der tödlichsten Freundinnen hatte – sollte es rauskommen – was es natürlich nicht wird … oder? „Ich bin so am Arsch.“


    Aber waren sie überhaupt noch zusammen? Shione hatte sie lange nicht mehr gemeinsam gesehen. Sie sei im Urlaub, auf Coruscant. Ohne ihn. Weil er eine Vergangenheit in der Republik habe, meinte er. Wieso sollte er lügen? Kann er überhaupt lügen? „Natürlich kann er!“ Aber wenn sie nicht mehr zusammen waren, gäbe es kein Problem. Sie sollte ihn fragen … oder? Nein. Es würde so wirken als hätte es ihr etwas bedeutet. Hatte es das etwa? Shione greift mit beiden Händen an ihren Kopf und drückt sachte zu. „Was ist bloß los mit mir?“


    Angestrengt starrt sie auf den Holonet Stream, in dem wieder und wieder die gleichen dämlichen Werbespots laufen und sie schon zum fünften mal die lokalen Nachrichten hört. Ein jämmerlicher Versuch sich abzulenken. Egal wie sehr sie sich bemüht, die Frage geht ihr nicht aus dem Kopf. „Wieso?“ Ihre Gedanken kreisen, drehen Loopings, prallen zusammen, formen neue und spalten sich wieder.


    Sonderlich hübsch war er nicht mit seinen künstlichen Augen, aber irgendwie interessant. Lag es an seiner Art? Shione war es gewohnt sich für alles zu rechtfertigen, sich rauszureden. Aber bei ihm musste sie es nicht. Er fragte einfach gar nicht. Er nahm hin, dass sie ihre Gründe haben würde. Vielleicht wusste er, dass sie ohnehin nur lügen würde und wollte sie davor bewahren? Oder war es Gleichgültigkeit? Ein leises Seufzen erfüllt den bloß durch das sachte Hintergrundrauschen des Holonet Streams beschallten Raum. Es machte einfach alles keinen Sinn. Kurz zuvor sprachen die beiden über „sie“, über den Urlaub, wieso er nicht mitkam. Er erzählte, dass er Menschen nicht sonderlich ausstehen kann und sich lieber an anderen Rassen orientierte. Wieso ging er dann den ersten Schritt? Wieso machte sie mit? Die letzte Frage hallt noch eine ganze Weile in Shiones Kopf nach, während sie sich schon fast verzweifelt die Haare rauft. Sie hatte oft jemand anderen – auch gerne parallel – aber einer Freundin den Freund ausspannen, das war eigentlich nicht ihr Stil. „Es tut mir so Leid.“

  • (IV)
    History repeats itself


    Mit schnellen und präzisen Bewegungen huschen Shiones Hände über die Einzelteile, die für das geübte Auge wohl im Endzustand einen Blaster ergeben würden. Kerai hatte sich für ihr Auftreten entschuldigt – auf ihre Art. Vermutlich würde sie es sich nicht eingestehen, dass es wirklich eine Entschuldigung war, aber für Shione war es vollkommen ausreichend. Zackig findet der neue Hochglanzlauf seinen Weg an die richtige Stelle. Ein paar Schrauben werden arretiert, schließlich folgt die Energiezelle, die sachte in einem grünlichen Licht den sonst recht dunklen Raum erhellt. Es zischt leise, dann beginnen die kleinen Lampen des Blasters zu blinken, bis sie schließlich hell grün leuchten. Shione starrt auf ihre nagelneue Waffe, sie nickt zufrieden, aber lange kann sich dieser Gesichtsausdruck nicht halten.


    Es ist wieder passiert. Sie hatte es solange unterdrückt, sich damit abgefunden. Sie vermisste es nicht. Wieso ausgerechnet jetzt? Wieso ausgerechnet bei ihm? Sie konnte ihre Gefühle nicht verleugnen, lies sich blind darauf ein. Es war ein Fehler. Sie durfte nicht so weitermachen. Es war zu gefährlich. Sie wusste, was passieren könnte, wohin es führen würde. War sie bereit dafür?


    Langsam fahren ihre Finger über den Lauf, streicheln ihn, bis sie schließlich den Griff erreichen und ihn umschließen. Mit einer schnellen Bewegung reißt Shione ihren Blaster hoch, dreht sich und feuert wahllos zwei Löcher in die Zwischenwand zum Kommunikationsraum ihres Schiffes. „Ich vergesse ihn!“, spricht sie laut mit sich selbst, während sie den durchgestreckte Blasterarm langsam wieder sinken lässt. Aber wird es das Problem lösen? Er wird es „ihr“ sagen oder sie findet es anders heraus. Was dann? Sie wird es nicht einfach hinnehmen, niemals. Und es ihr selber sagen? Shione starrt für einen Augenblick wie gebannt auf die zwei kleinen noch sachte dampfenden Einschusslöcher. „Natürlich! Ich komme ihm zuvor,“ flüstert sie mit einem diabolischen Unterton, während sie ihre Mimik dem Tonfall anpasst. „Ich gestehe es ihr selber und flehe um Entschuldigung.“ Es könnte funktionieren. Immerhin wird Ehrlichkeit ja belohnt. Aber damit würde sie ihn gnadenlos ausliefern. Shiones Schultern zucken sachte nach oben und wieder herunter, während sich ihr gewohntes Schmunzeln auf den Lippen abzeichnet. Sie könnte behaupten, dass er ihr gesagt habe, dass sie nicht mehr zusammen wären, dass sie selbst auch Opfer in dieser Situation sei. Oder wäre die Wahrheit diesmal wirklich die bessere Lösung? Ein leises Seufzen durchdringt die einsame Stille ihres Schiffes. Vermutlich würde es ohnehin nicht mehr in ihrer Macht liegen, die Dinge richtig zu stellen. „Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen, wir verändern bloß noch den Wasserstand.“ Hoffentlich konnte es schwimmen.

  • (V)
    Work to rule


    „Bitte gehe nicht,“ hatte er zu ihr gesagt und sie blieb. Geschlafen hatte sie nicht, jedenfalls fühlte es sich so an. Langsam erhebt sich Shione von seiner sich in einem monotonen Rhythmus auf und ab bewegenden Brust. Sie klettert vorsichtig aus dem Bett, bedacht keinen einzigen Ton zu erzeugen. Die Handschuhe klemmt sie sich unter den linken Arm, die Schuhe nimmt sie in die dazugehörige Hand. Die rechte trägt die Rüstung. Es war nicht das erste mal, dass sie noch mitten in der Nacht flüchtete. Sie hasste den Morgen danach, vor allem das Frühstück. Diesmal war es anders, aber länger konnte sie nicht bleiben. Mit leisen Schritten tippseln ihre nackten Füße über den kalten Boden seines Schiffes. Sie schaut noch einmal zurück zu ihm, verschwindet dann durch die Tür der Kajüte.


    Die Schleuse des Schiffes schließt sich hinter ihr. Ein sachters Seufzer durchdringt die Stille des Docks, gefolgt von dem leisen Klappern der Rüstungsteile, die ihren Weg an ihren Körper finden. Sie gibt sich keine sonderliche Mühe dabei, es muss nur schnell gehen. Ein Blick auf ihr Chrono: 05:45:04 Uhr Nar Shaddaa Standardzeit. Mit schnellem Schritt verlässt sie den Hangar, während sie in ihren Gedanken den Zeitplan nochmal durchgeht.


    6:29:57 … :58 … :59 … 6:30:00. Ein Speeder landet sachte vor dem Eingang eines Bürogebäudes auf den unteren Ebenen. Es herrscht noch wenig Betrieb auf den Straßen, vereinzelt scheinen Lichter durch die Fenster des kargen Komplexes. Mit einem eleganten Schwung hüpft das rothaarige Mädchen aus dem Speeder. Sie greift auf den Rücksitz und nimmt eine kleine Tasche mit, die sie waagrecht in beiden Händen Richtung Eingangstür des Bürogebäudes trägt. Die Türe öffnet sich nicht von alleine, als sie davor zum Stillstand kommt. Durch das Glas schaut sie auf ihrem Kaugummi katschend in Richtung des Portiers, der nach einem kurzen Blick auf die Uhr, die Türsteuerung aktiviert. „Guten Morgen, Sal-,“ beginnt er den Satz fröhlich gelaunt, bricht aber dann doch ab, als sie sich nähert. Die Rothaarige in dem ponchoartigen Überwurf mit der Aufschrift „Freddy's Lieferservice“ stellt die kleine Tasche auf den Tresen und schaut dann fröhlich zu dem dicklichen Mann am Schalter. „Sally is' krank, aber ich soll schön grüß'n,“ sagt sie grinsend, während das Kaugummi zwischen den Worten im Mund auf und ab springt. „Oh, ja … wie traurig. Dann wünsch ihr mal gute Besserung,“ nuschelt der Portier etwas bedröppelt als er nach der Bezahlung kramt. Shiones Blick wandert durch die leere Eingangshalle, dann auf ihre Uhr. 6:32:00. „Der Ostflügel ist sauber, Willy. Wie immer. Oh hey Sally,“ tönt es aus aus dem rechten Flur als der übertrieben nach Sicherheitsdienst aussehende Kerl mit schwerem Gang gen der beiden steuert. „Sally ist krank, das ist die Vertretung,“ murmelt der Portier, als er langsam die Credits auf die Theke legt. Shione sieht zu dem Sicherheitsmenschen und schenkt ihm ein fröhliches Lächeln, während ihr Blick seinen Körper akribisch nach jeglicher Bewaffnung abtastet. „So. Stimmt so.“ Shione wendet sich zurück zum Portier und schielt auf die Credits. „Sach mal, könnt ich kurz eure Toilette benutz'n?“, fragt sie mit ihrem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen, nachdem sie die Credits eingestrichen hat. „Was? Oh … klar sicher. Die Treppe da hinten runter, dann links halten.“ - „Danké.“ Sie nickt fröhlich und schlendert in die ihr gedeutete Richtung. „Heißer Feger,“ murmelt der Kerl von der Sicherheit und grinst hinter ihr her, bis sie um die Ecke gebogen und damit außer Sicht ist. „Denk nichtmal dran,“ entgegnet der Portier und angelt zwei Donuts und die beiden Pappbecher aus der Tasche, wovon er je einen weiterreicht.


    Shione biegt um die erste Ecke der Treppe und wartet. Ihre Ohren auf das Getratsche der beiden Kerle fixiert, ihren Blick auf die Uhr gerichtet. 6:38:51 … :52 … :53. Ein dumpfer Schlag ist zu hören, gefolgt von einem zweiten. Das Gebrabbel der beiden Kerle verstummt augenblicklich. Shione wartet noch weitere zwanzig Sekunden, wirft dann einen kleinen quadratischen Gegenstand in das untere Stockwerk, gefolgt von ihrem Poncho und beginnt die Treppe hinaufzuhechten. Im achten Stock rennt sie durch die leeren Gänge, im Vorbeirauschen die Zimmernummern der zahllosen Türen erfassend. Ein letzter Blick auf die Uhr, dann bleibt sie stehen. 2 … 1 … Ein lauter Knall hallt aus den unteren Stockwerken, eine Sirene ertönt nur wenige Augenblicke später. Shione betätigt einen kleinen Knopf an ihrer rot-schwarzen Rüstung. Die Halbmaske legt sich sachte über Mund und Nase bis kurz unter die Augen. Sie wartet.


    „Er hatte es ihr nicht gesagt. Er konnte wirklich dichthalten. Aber sie merkte etwas. Sie hatte mich so angesehen. Ich sollte ihr vorerst aus dem Weg gehen.“ Langsam kreisen Shiones Gedanken in größer werdenden Bahnen, während die Sekunden wie Minuten vergehen. Sie hatte mit Sam gesprochen, hatte es geholfen? Vermutlich nicht. Lazarus schien ernst zu machen, oder wieso kam dieser merkwürdige Kerl gestern zu ihr und erzählte diesen Blödsinn mit einer Sith, die sich für sie interessieren würde? Und was hatte Jason damit zu tun? Langsam wurde es ihr zu viel. Das Kartenhaus drohte zusammenzubrechen. Jede Lüge wurde mit einer weiteren gedeckt, bis sie selber nicht mehr an die Wahrheit glauben konnte. Aber was konnte sie tun? Es gab keinen Ausweg mehr als weiter hinein in den Kaninchenbau.


    Die Tür vor ihr schnellt auf und reißt sie abrupt aus ihren Gedanken. Ein panisch schauender, recht kleiner und dürr anmutender Mann stürmt aus dem Zimmer und donnert gegen Shiones Rüstung. Sie blinzelt sachte als wüsste sie nicht mehr genau was sie eigentlich wollte und betrachtet den Kerl. „W-Was ist passiert?“, stottert der Buchhalter leise. Shione schüttelt leicht den Kopf und fängt sich wieder. „Sir der Feueralarm wurde ausgelöst. Wir evakuieren das Gebäude, bitte folgen Sie mir!“ Sie lässt ihm keine Zeit um großartig darüber nachzudenken, packt ihn an seinem Arm und schleift ihn eilig hinter sich her gen Treppenhaus. Ein Blick auf die Uhr verrät ihr, dass sie genau in der Zeit liegt.


    6:54:34. Sie erreichen die Eingangshalle, aus dem Keller ziehen dunkle Rauschschwaden durch das Treppenhaus nach oben. Der Portier und der Mann vom Sicherheitsdienst liegen leblos hinter und neben dem Tresen. Die Augen des Buchhalters öffnen sich weit, als er seine Kollegen so zu sehen bekommt. Er hält sich die Hand von den Mund und verharrt wie versteinert. Shione reißt ruppig an seinem Arm und zieht ihn weiter hinter sich her. „Sir, wir können nichts mehr für sie tun. Sie müssen mir folgen, wenn sie leben wollen.“ Der kleine dürre Mann stolpert hinter ihr her, während sie unbeirrt auf ihren Speeder zusteuert. „Einsteigen,“ befiehlt sie ihm in einem herrischen Ton. Der Buchhalter folgt vollkommen verängstigt. Nicht minder elegant wie beim Aussteigen schwingt sich Shione auf den Fahrersitz und schießt mit dem Speeder nach oben in den langsam dichter werdenden Rushhour Verkehr. Leise piepst ihr Chrono und zeigt 7:00:01 Uhr. Sie schmunzelt unter ihrer Maske und wirft einen letzten Blick auf das Bürogebäude, vor dem allmählich die Bediensteten eintreffen und Sicherheitskräfte hektisch rein und raus rennen. „Ma'am, wer … sind sie überhaupt?“, fragt der völlig verängstigte Buchhalter auf dem Rücksitz leise nach vorne. „Sie sollten sich ein wenig ausruhen, Sir. Sie stehen unter Schock,“ spricht sie leise, während sie sich umdreht und ihn anlächelt. Sie drückt ihren Blaster ab, worauf der Buchhalter bewusstlos in den Sitz des Speeders sinkt.


    „Ich wünsche Euch einen wundervollen guten Morgen. Eine Lieferung wie bestellt,“ hallen Shiones Worte durch den Hangar als sie den immer noch bewusstlosen, aber lebendigen Buchhalter abliefert. Ein Schmunzeln huscht ihr über die Lippen, als sie dem Ziel und der Auftraggeberin – die ihr noch einen schönen Urlaub wünscht – den Rücken kehrt. „Beginnen wir mit dem Ende.“

  • (VI)
    Testing Fate


    „Sie weiß es.“ Die Worte pochten in Shiones Kopf, als es ihr heiß und kalt den Rücken hinunterlief. Sie musste weg, einfach nur weg, weit und schnell. Vielleicht hätte sie es unaufälliger gestalten sollen. Vielleicht wäre sie nicht einfach blind in den Raumhafen gerannt, genau in „ihre“ Arme. Der Moment brannte sich tief in ihr Hirn. Dem sicheren Tod ins rote, pupillenlose Auge blickend bettelte und flehte sie um ihr Leben. Sie wusste nicht mehr was sie sagen sollte, was sie tun konnte. Es war zu spät. Keine flappsige Bemerkung kam über ihre Lippen, das Schmunzeln gänzlich verschwunden. Sie verharrte ohne Regung, die Schüsse aus dem Blaster der hasserfüllten Chiss rauschten dicht an ihrem Gesicht vorbei, ihre roten Haare durch die Hitze ansengend. Sie wollte sie nicht treffen. Hätte sie es gewollt, hätte sie getroffen. Drei weitere Schüsse brannten sich in den Boden des Raumhafens vor Shiones Füße. Sie wich zurück, stolperte. Vollkommen widerstandslos lag sie vor der Chiss, bereit dem Tod entgegenzutreten. Aber war sie das wirklich? Sie wollte nicht sterben, nicht so. Dennoch war alles, was sie tat - was sie konnte - warten. Sekunden vergingen wie Minuten, Minuten wie Stunden. Eine gefühlte halbe Ewigkeit lag sie zitternd auf dem kalten Boden des farblosen Raumhaufens. Sie wollte losheulen, schreien, weglaufen, aber sie konnte es nicht, sie hatte sich damit abgefunden. Der stechende Schmerz beendete ihr Warten, aber es war nicht das, was sie erwartet hatte. Triggers massiver Stiefel drückte sich mit voller Wucht auf Shiones rechte Hand. Sie schrie sich die Seele aus dem Leib als ihre Fingerknochen unter dem Druck nachgaben. Der beißende Schmerz war unerträglich, aber doch half er ihr zu verstehen. Sie sollte hier nicht sterben. Noch nicht.


    Ein leises Piepsen unterbricht Shiones Gedanken. Langsam senkt sich ihr Blick auf die Quelle des Geräusches. Ihr Chrono kündigt die nächste volle Stunde an. Es ist 4 Uhr – in der Nacht. Nar Shaddaas Promenade funkelt mit ihren verführerischen Lichtern in der Ferne, der rege Verkehr strömt ungeachtet der Uhrzeit zwischen den mit bunter Reklame schillernden Hochhäusern hindurch – den gleichen Hochhäusern, die sich 100 Stockwerke tiefer in einen kargen Klotz ohne jede Pracht und Schnörkel wandeln. Die bunten Holobäume, die Reizüberflutung an Lichtern und schallenden Werbetexten, die vielen professionell wirken wollenden Sicherheitskräfte, all das übertünchte nur die Wahrheit. Die Wahrheit, die man erkannte, wenn man seinen Blick in der Vertikalen bewegte. „Aber wer will die Wahrheit sehen?“ Langsam senkt sich der Kopf der Rothaarigen nach unten. Sie blickt an ihren baumelnden Füßen vorbei in den Abgrund, entlang der Wand des Hochhauses auf dessen Dach sie saß, hinab in die Tiefe, in die Wahrheit.


    Wahrheit. Was war sie noch wert? Wieso sollte man an ihr festhalten? Sie betrog jeden; besser als es die ausgefallenste Lüge konnte. Gab es „die“ Wahrheit überhaupt? Oder war es nur eine gelegen kommende Illusion, mit der man sein Handeln entschuldigen konnte? Kir hatte seine Wahrheit ausgesprochen und dafür bezahlt – so erzählte man es ihr jedenfalls. Und Kenzo? Auch er hatte bezahlt, für seine oder Kirs Wahrheit. Es kam ihr alles so gelegen. Weil sie die einzige war, die sich nicht an die Wahrheit hielt? Weil sie Glück hatte? Weil es ihr Schicksal war? Ein sanftes Schmunzeln legt sich auf Shiones Lippen, als sie ihre Gedanken schweifen lässt. Langsam legt sie den Kopf in den Nacken und starrt in den rötlichen Nachthimmel des Mondes.


    Kenzo verbarg etwas, sie wusste nicht was, aber sie konnte es fühlen. „Es macht alles keinen Sinn,“ flüstert Shione leise, während ihr Blick zurück geradeaus auf die vielen bunten Lichter der Promenade wandert. Wieso musste es wie eine Entführung aussehen? Wieso schoss er die beiden an, die ihr helfen wollten? Wieso musste er sie selbst noch betäuben, um sie in „Sicherheit“ zu bringen? Wofür das Karbonit? Über 24 Stunden hatte sie eingeschlossen in der Karbonithülle verbracht, in einem traumlosen Schlaf, der sich wie kaum mehr als zehn Sekunden anfühlte. Sie erwachte auf Kenzos Schiff. Er erzählte ihr alles. Von Kirs Tod, von der „gespielten“ Entführung, von Trigger … Hatte er gelogen? Hatte er wirklich alles erzählt oder ein paar Punkte weggelassen? Er sagte Shione, dass Trigger nun mit ihr fertig sei, dass sie sie in Ruhe lassen würde. Es hatte sich noch am gleichen Tag als falsch herausgestellt – oder nicht? Die zweite Begegnung mit der Chiss war interessant. Sie war so voller Zorn, aber doch schien sie zurückzuweichen als Shione ihr von der Kopfgeldjägergilde erzählte und wie sie Kenzo einkassiert hatten. Würde Shione nochmals von Trigger angegriffen, hätte Kenzo gelogen. Was würde es bedeuten? Vermutlich nichts. Kenzo ist auch nur ein Mensch und will seine Haut retten. Was viel interessanter war, war die Frage, was es bedeuten würde, wenn Trigger sie wirklich in Ruhe ließe. Woher hätte es Kenzo gewusst? War es ein glücklicher Zufall? „Nein.“ Die roten Haare flattern durch die kalte Nachtluft als Shione ihren Gedankengang mit einem Kopfschütteln abschließt. Sie wird nicht davonlaufen. Darüber war sie sich mittlerweile im Klaren. Doch kann sie nicht darauf hoffen, dass sie die Gilde ewig beschützt. Immerhin ist es nur ein Auftrag. Langsam erhebt sie sich von der Kante des Hochhauses, schon fast mühsam, sich nur mit der linken Hand abstützend. Ihr letzter Blick schweift über das quirlende Nachtleben Nar Shaddaas, dann macht sie sich auf den Weg zu ihrem Speeder, dessen Düsen leise hinter ihr auf dem Dach summen. Was sie brauchte, war ein Plan … und neue Asse.

  • (VII)
    Symphony of Revenge


    In einer feinen geradezu akribischen Bewegung zeichnet der rote Eyeliner die übertrieben ausufernden Konturen des rechten Auges nach. Kein Strich zu viel, keiner zu wenig. Heute muss es perfekt sein. Kritisch betrachtet auch das andere Auge die optische Bereicherung des ersten, bevor es ebenfalls die gleiche Verzierung erhält. Mit einem sanften Kreisen arbeitet Shione das dezente Rouge auf die Wangen, fährt mit dem Lippenstift über Ober- und Unterlippe. Ihr starrer Blick ist auf ihr beinahe puppenähnliches Spiegelbild gerichtet.


    Konnte es wirklich sein, dass sie so ein Glück hatte? Nach all den Jahren bekam sie den Auftrag genau denjenigen zu töten, der das letzte lose Ende ihrer Vergangenheit bildete. Wusste Kerai davon? Hatte sie ihn sich gezielt rausgepickt? Im Endeffekt spielte es keine Rolle mehr. All die Credits, die sie sich mühsam erschlichen und erarbeitet hatte, waren nur für diesen einen Moment gedacht. Für den Moment der Rache. Und nun hatte sie Zugriff auf jegliche Unterstützung, die ihr der Geheimdienst bieten konnte, da es zu einem „offiziellen“ Auftrag wurde.


    Shiones Mundwinkel ziehen sich bei dem Gedanken an das Bevorstehende nach oben. Sie geht nochmal den Plan durch. Diesmal soll es einen bleibenden Eindruck hinterlassen, Fehler waren ausgeschlossen. Langsam nickt sie ihrem Spiegelbild in der weiß-blauen Rüstung zu. Sie hat keine Maske auf, keine Rüstung, die sie irgendwie unkenntlich machen würde. Sie will erkannt werden. Es soll eine Nachricht senden, an alle, die denken, sie könnten sich mit ihr anlegen. Ruhig packt sie ihre Schminke zusammen und steckt sie in die Tasche an ihrem Gürtel. Ein kleines unscheinbares Paket liegt noch auf der Ablage vor ihr, bevor sie durch die Türe aus dem Toilettenhäuschen auf den kleinen Vorplatz eines schmierigen Clubs auf den unteren Ebenen tritt. Eine kurze Schlange bereits vollkommen zugedröhnter Menschen wartet vor dem Eingang, aus dem die dumpfen Klänge der Musik hallen. Zwei bullige Türsteher empfangen die Gäste und tasten diese – vor allem die weiblichen – sehr sorgfältig nach Waffen ab. Shiones Blick fixiert die beiden Männer. Sie kannte sie noch, keine Namen, aber die Gesichter hatten sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt.


    „Schaut sie euch an. Ist die nicht niedlich? Wie alt wird sie wohl sein? Fünfzehn? Sechzehn? Die wird nen Vermögen bringen, wenn wir sie an den alten Wurm auf Hutta verticken. Und sowas verirrt sich freiwillig auf unser Schiff. Das ist unser Glückstag.“ Die Worte der Sklavenhändler pochen unnachgiebig in Shiones Kopf. Sie hatte gebettelt, gefleht, aber die stinkenden Drecksäcke hatten nur ein müdes Lächeln für sie übrig. Das „Geschäft ihres Lebens“ stand ihnen bevor und das kleine rothaarige Mädchen war die Ware.


    „Heute puste ich euch, eure dämlichen Schädel von den Schultern,“ knurrt Shione leise vor sich hin, als sie die Energiezelle ihres Blasters überprüft. Langsamen Schrittes reiht sie sich zu den anderen ein, die Augen nicht von den zwei Muskelprotzen lassend. Der eine ein Bilderbuchbodybuilder mit breitem Kreuz, Muskelshirt und Oberarmen wie Banthafüße, dem man seine Dummheit auf 100 Metern gegen den Wind ansah. Der andere ein schmieriger Aufschneider mit Lederjacke und übermäßig gegelten Haaren, der sich selbst für das neue Schönheitsideal hielt. Keinen der beiden brauchte diese Welt – diese Galaxis. „Na meine Hübsche. Ein wenig feiern nach der harten Arbeit und vergessen die Rüstung auszuziehen? Blecheimer wollen wir hier drinnen nich,“ grinst der Schmierlappen Shione entgegen, die sich in keinster Weise auch nur im Ansatz rührt. „Ey, bist du tau-“ Der Satz wird durch einen ohrenbetäubenden Knall übertönt. Das Toilettenhäuschen zersplittert in tausende Einzelteile, panische Schreie und wildes Durcheinander der Anwesenden auf dem Platz folgen. Die beiden Türsteher starren wie gebannt auf den kleinen brennenden Trümmerhaufen und schenken Shione keinerlei Beachtung mehr. Ein Blasterschuss und das surrende Geräusch eines Vibromessers gehen in dem Getöse der Umgebung gnadenlos unter. Die Rothaarige verschwindet zügig in den Club, entgegen dem Strom an Menschen und Aliens, die sich neugierig hinausdrängen, um entsetzt die zwei toten Türsteher und das zerfetzte Toilettenhäuschen zu begutachten. „Es ging viel zu schnell. Sie hätten es verdient länger zu leiden.“


    Im hinteren Bereich des Clubs nimmt die Party ihren gewohnten Lauf. Niemand scheint hier nur ansatzweise mitbekommen zu haben, was vorne passierte. Die Musik pulsiert und verschmilzt mit der dumpfen Sirene der einfliegenden Huttensicherheit. Die halbnackten Twi'lek- und Menschensklavinnen tanzen seelenlos in Käfigen, bejubelt von dem Abschaum des Planeten. Die bunt flackernden Lichter bieten die einzige Orientierung in dem sonst dunklen Saal. Shione bahnt sich ihren Weg durch die Menschenmassen, zielgerichtet auf das Podest am Ende des Raumes, auf dem „er“ thront. Toybas „Toy“ Twerk, ein ehemaliger Schmuggler, der sich durch Menschenhandel ein Vermögen verdiente und unter dem Schutzmantel der Hutten – für die ein oder andere private Gefälligkeit – seinen Nachtclub führen durfte, um seine Geschäfte ungestört abwickeln zu können. Selbstgefällig sitzt er in seinem teuren Designeranzug auf dem Podest, umringt von blutjungen Sklavinnen und gesichtslosen Sicherheitskräften. Es wäre ein Leichtes ihm einfach zwischen die Augen zu schießen, doch war das nicht der Plan. Shiones Gang passt sich unterbewusst dem schnellen Rhythmus der Musik an, als sie den Aufgang zum Podest ansteuert. Ein Gamorreaner stellt sich ihr in den Weg und quiekt seinen schlecht auswendig gelernten Basicsatz: „Kayn Sutr-“ Das Vibromesser bohrt sich in den Hals des zweibeinigen Schweins, was unter leisem Gurgeln auf die Knie sackt und schließlich leblos den Boden in einer grünen Pfütze dekoriert. Zwei weitere Sicherheitsleute eilen herbei, um dem Fall ihres Kollegen auf den Grund zu gehen, und folgen seinem Beispiel – auf den Grund des Clubbodens. Shiones Blick ist vollkommen emotionslos. Sie sticht und schießt in schnellen Bewegungen ohne mit der Wimper zu zucken. Die Gäste auf dem Parkett scheinen nichts von dem Blutbad mitzubekommen, was sich nur wenige Meter neben ihnen abspielt. Die bunten Discolichter übertünchen die Blasterschüsse und die Geräuschkulisse jegliche panikerfüllten Todesschreie. Nur die vielen Holokameras durchdringen den Schleier und fangen gnadenlos jedes blutige Detail der Szene auf. Toy ist mittlerweile aufgestanden und presst sich an die Rückwand seiner kleinen Loge, umringt von den Überresten seines Sicherheitspersonals. „Erinnerst du dich an mich, Toy?“, spricht die Rothaarige mit ruhiger Stimme, „Erinnerst du dich überhaupt an irgendein Leben, was du vernichtet hast?“ Toy bekommt kein Wort heraus. Seine volle Aufmerksamkeit gilt dem Vibromesser, was vor seinem Hals schwebt und ihn daran hindert sich in irgendeiner Weise zu bewegen. „Es wird nicht schnell gehen.“ Die nachfolgenden Minuten bestehen aus einem durchgehenden Schmerzschrei, der in einer fast zeremoniell anmutenden Stille endet. Shione starrt auf den kaum noch identifizierbaren toten Menschenhändler vor ihr. Rache. Endlich Rache. Das erhebende Gefühl trägt sie förmlich durch die immer noch tanzende Menge hinaus an die Luft. Der Hinterausgang ist vollkommen unbewacht, wie geplant. Langsam schreitet sie die dunkle Gasse entlang Richtung des Vorplatzes, an dem mittlerweile die Huttensicherheit angekommen ist und die Leichen untersucht. Es hatte wieder alles genauso geklappt wie geplant. Ein Blasterschuss unterbricht Shiones triumphalen Gedankengang. Das Lächeln auf ihren Lippen schwindet langsam. Tränen schießen ihr in die Augen, verschmieren die so penibel aufgetragene Schminke. Ihr Blick fährt an ihrem Körper herunter zu der Quelle des Schmerzes. Ein zweiter Schuss fällt. Dann folgt eine einsame Stille. Die Umgebung verschwimmt, ihre Augenlider werden schwerer. Es brennt wie Feuer, dann überkommt sie die Kälte. Shione sackt auf ihre Knie, kann die Augen kaum noch offen halten.


    Das war es also. Das Ende. Unspektakulär. Kalt. Unerwartet. In den letzten Sekunden schießen ihr so viele Gedanken durch den Kopf. Personen und Gefühle reihen sich aneinander wie in einer Diashow: Valkejo – Reue. Kenzo – Dankbarkeit. Kir – Mitleid. Trigger – Vergebung. Sibeda – Verzweiflung. Lorfala – Freundschaft. Kerai – Loyalität. Fenya – Trauer. Mutter und Vater – Enttäuschung. Elorm – L...


    „Es tut mir Leid,“ bringt sie noch leise wimmernd über ihre Lippen, bevor sie gänzlich in sich zusammenklappt. In der Ferne sieht sie noch die grauen Umrisse eines Speeders, aus dessen Richtung sich ihr jemand nähert, bevor sie die ewige Dunkelheit umarmt.

  • (VIII)
    Planning Stage


    Einen Tag zuvor.


    „Er wird uns verraten, ich weiß es.“
    „Das reicht aber nicht als Beweis, mein Schatz. Deine Bemühungen in allen Ehren, aber ich befürchte, du hast dich da in etwas hineingesteigert.“
    „Ich weiß, was ich gesehen habe, ich bin so kurz davor. Er ist ein Verräter, er will dir schaden. Das kannst du nicht ignorieren!“
    „Shione, hör auf mit diesem Blödsinn. Deine Paranoia ist ja nicht mehr zum Aushalten. Wenn du so weitermachst, werden sie dich suspendieren.“
    „Aber-“
    „Nichts aber, Ende der Diskussion!“


    Ein leises Piepen signalisiert den Verbindungsabbruch. Shione lässt ihr Com sacken und starrt auf den kleinen kargen Tisch in ihrer Kajüte, den ein einsames Datenpad ziert. Ihr Vater hatte genauso reagiert, wie sie es vermutet hatte. Das Gespräch wurde mit Sicherheit abgehört. „Er“ wusste es nun, also würde er handeln, vermutlich schon sehr bald. Langsam überfliegen ihre Augen die digitale Blaupause eines Gebäudes, was auf den ersten Blick wie der Grundriss eines Nachtclubs aussieht. Ihr rechter Zeigefinger drückt auf die eine oder andere Stelle auf dem Pad, wodurch kleine rote Punkte an den Druckstellen zurückbleiben. Das Wort „Kamera“ erscheint neben jedem einzelnen der Punkte. Ihr Finger fährt von dem Eingang durch die Halle, bis hin zu einem kleinen Séparée, verharrt da einen Moment und bewegt sich weiter in Richtung einer Türe im hinteren Bereich. Sie zeichnet ein „X“ kurz neben den Hinterausgang. Dienst nach Vorschrift muss es sein, er würde nichts anderes erwarten. Ein leises Seufzen durchfährt die einsame Stille ihres Schiffes. Mit einer wischenden Geste über das Pad verschwindet der Grundriss und eine Liste kommt zum Vorschein. Sie überfliegt die Einträge.


    Daten an Traff gesendet – Check.
    Von Elo verabschiedet – Check.
    Kamerapositionen markiert – Check.
    Plan erstellt – Check.
    Schwester angerufen – …


    Sie betrachtet ihr Com einen Moment, legt es dann beiseite; speichert die Daten auf dem Pad und schaltet es aus. Langsam lehnt sich Shione in ihrem Stuhl zurück und starrt an die karge Decke. „Sie“ würde wissen, dass etwas nicht stimmt. „Sie“ würde es nicht auf sich beruhen lassen, nachhaken. „Sie“ würde früher oder später alle Hinweise finden, die verteilt wurden. Vielleicht war sie die einzige, die diese Sache beenden konnte, alleine. Nach einem Moment der Gedankenlosigkeit greift Shione zu ihrem Com. Ein letzter Anruf.

  • (IX)
    Aftermath


    Es herrscht chaotisches Treiben vor dem Nachtclub. Hektisch rennen Menschen hin und her, bilden eine Traube um den Eingang, flüchten von dem Schauplatz des Verbrechens, was sich vor wenigen Minuten hier ereignete. Die Huttensicherheit ist mittlerweile eingetroffen, die Leichen an der Türe und das gesprengte Toilettenhäuschen werden begutachtet. Noch ahnt niemand, welcher Anblick sie im Inneren erwartet. Etwas abseits des Trubels landet ein Speeder in einem gewagten Manöver dicht neben dem Zugang zu einer Seitengasse. Eine vermummte Gestalt schwingt sich hastig vom Fahrersitz, ein Droide folgt, wesentlich ungalanter. Beide verschwinden zügig in die dunkle Passage. Ein Blasterschuss ist am fernen Ende zu hören. Die Schritte unter der schwarz-grauen Kutte werden schneller, fast schon ein Rennen. „Hey!“, schallt eine weibliche Stimme durch die Stille der Gasse. Ein weiterer Schuss fällt. Das kurze Aufblitzen eines Lichtschwertes erhellt die kargen Seitenwände der umliegenden Häuser und verhindert die frühzeitige Demontage des Droiden hinter der vermeintlichen Machtnutzerin. Der Schütze türmt in der Ferne, als sich die Kuttenträgerin dem leblosen Körper kurz hinter dem Hinterausgang des Clubs nähert. Sie kam zu spät, doch durfte sie nun keinen Fehler machen. Sie sieht nicht auf, während sie langsam Shiones Körper aus dem Einzugsbereich der Kamera zerrt. Ein Stück weiter hinten hilft der Droide die leblose Rothaarige in den Speeder zu verladen, der keine Minute später genauso plötzlich in den Nachthimmel Nar Shaddaas startet wie er zuvor landete. Sie rast mit unglaublicher Geschwindigkeit durch den dichten Verkehr, erntet für das ein oder andere Manöver ein wildes Hupkonzert. Der Speeder landet schließlich vor einem Schiff der Fury Klasse, etwas außerhalb der gängigen Raumhäfen. Die Vermummte springt aus dem Flitzer und rennt in den Flieger, bereitet den Start vor, während der Droide Shione verläd. Die Schleuse ist noch nicht ganz zu, da startet das Raumschiff bereits.


    Der Autopilot ist aktiviert, der Kurs gesetzt, nun hieß es warten. Die Frau in der Kutte gönnt sich einen kurzen Moment um durchzuatmen, erhebt sich dann aber doch wieder von ihrem Kapitänssessel. Im Aufenthaltsraum wartet ein unscheinbarer Mann in imperialer Uniform. Er blickt zögerlich zu der Vermummten. „Ma'am?“, stottert er schon fast. „Du wirst mir jetzt sehr genau zuhören,“ beginnt die Frau zu sprechen, bewegt dabei langsam ihre rechte Hand von links nach rechts. „Du hast Agentin Shione Fendorn auf Nar Shaddaa gefunden. Dein Auftrag war es sie zu beobachten, was du auch getan hast, konntest aber nicht verhindern, dass sie erschossen wurde. Sie war tot als du ankamst. Die Leiche hast du gesichert und bringst sie gerade zurück ins Hauptquartier, wo sie von Agentin Rena Fendorn identifiziert werden wird. Bevor du deinen Bericht abgibst, wirst du die Leiche hier her bringen.“ Sie reicht ihm ein Datenpad mit den entsprechenden Koordinaten, lässt ihn es sich ansehen und nimmt es wieder zurück. „Danach wirst du jedem, der fragt, sagen, dass während des Verlaufs der Ermittlungen niemand Zugang zu dem toten Körper haben darf. Du wirst nicht mehr wissen, wo die Leiche ist. Sie wurde vom Heimatschutz nach der Identifikation beschlagnahmt.“ Der Mann starrt während des Monologs wie gebannt auf die dunklen Gesichtszüge unter der Kapuze, blinzelt kurz als die Stimme der Machtnutzerin verklingt. Er wird tun, was sie ihm gesagt hat. Er konnte nicht anders. Er würde sich nicht an Details erinnern, nur an das, was er tat, und den Grund, den er eingepflanzt bekam.


    Die junge Machtsensitive verharrt ruhig neben der regungslosen Rothaarigen. Der Droide hatte sie an diverse Maschinen angeschlossen, die eifrig blinkten und seltsame Geräusche von sich gaben. Sachte schließt sie ihre Hände um Shiones rechte, hält sie fest, den gesamten Flug lang. Wenn es keine Verzögerungen geben würde, gab es vielleicht noch Hoffnung. Einen Schimmer. Egal wie wenig, es war genug, dass sie sich daran klammerte.

  • (X)
    Endgame


    Langsamen Schrittes watet eine in einen braunen Umhang gehüllte Gestalt durch die vom andauernden Regen geschaffenen Pfützen auf der heruntergekommenen Straße, die sich durch ein verlassenes Industriegebiet schlängelt. Das Wasser ist lauwarm. Ein Indiz, dass es Sommer wurde auf Dromund Kaas – oder jedenfalls etwas in dieser Art. Immer wieder schaut sich die Kuttenträgerin um, versucht sich in dem Labyrinth aus schmalen Gassen und hohen identisch aussehenden Gebäudekomplexen zu orientieren. Nach einer halben Stunde des Herumirrens bleibt sie schließlich vor einer kleinen Türe stehen. Der Scanner in ihrer Hand zeigt einen groben Umriss der Hallen und Zimmer vor ihr, in der hinteren Ecke blinkt sachte ein roter Punkt. Hier sollte es also sein.


    Düsteres gelbes Licht sorgt für eine notdürftige Beleuchtung in dem kleinen Raum, der früher mal ein Labor gewesen zu sein scheint. Die vielen, offenbar medizinischen Anlagen sind mit einer dicken Staubschicht überzogen und machen kaum mehr den Eindruck als würden sie tatsächlich noch funktionieren. Lediglich zwei der drei Koltotanks am hinteren Ende des Labors passen nicht in das Gesamtbild. In ihnen wabert die wasserähnliche lebensspendende Flüssigkeit, die das gelbe Licht durch die vereinzelten Bläschen in einem wirren Muster an die dahinterliegende Wand wirft. In einem der beiden Tanks liegt eine rothaarige Frau, unbekleidet und mit geschlossenen Augen. Ein Mann in imperialer Uniform steht vor der Konsole der Tanks und tippt auf dem matt schimmernden Display herum. Dem Äußeren nach zu urteilen, ist er schon deutlich über 40. Seine dunklen Haare weisen die üblichen lichten Stellen eines reiferen Mannes auf und ein paar kleine Fältchen scheinen sich vehement gegen die Gesichtspflege erwehren zu wollen. Dicht hinter ihm stehen ein Zabrak und eine Twi'lek, beide in dunkle Umhänge gehüllt, mit teilnahmslosem Blick geradeausschauend.


    Mit einem lauten Knall fliegt die Türe zu dem Raum aus den Angeln und landet mit einem dumpfen Pochen auf dem staubbedeckten Boden. Die Gestalt in der braunen Robe schreitet behutsam in das spärlich beleuchtete Labor. „Und so begibt sich die dritte Schwester in die Höhle des Löwen. Sei mir willkommen, junge Fendorn,“ spricht der Imperiale, während er sich von seiner Konsole zu der Kuttenträgerin in der Tür dreht. Die Twi'lek und der Zabrak folgen seinem Beispiel. „Deine kleine Verschwörung endet heute Nacht,“ entgegnet Fenya. Sie schiebt sachte die Kapuze ihrers Mantels nach hinten, wodurch ihre tiefschwarzen Haare mit dem leichten roten Ansatz zum Vorschein kommen. „Da wäre ich mir nicht so sicher, meine Gute. Wie du siehst, hat die älteste von euch dreien selbiges auch schon versucht und sieh, was es ihr gebracht hat.“ Er macht eine einladende Geste auf die Frau in dem Koltotank hinter ihm. „Was Shione widerfahren ist, brauche ich dir ja glaube ich nicht zu erzählen.“ - „Du hast sie umgebracht!“, faucht sie ihn an, ihre Hände bewegen sich langsam gen ihrer beiden Lichtschwerter, die an ihrem Gürtel baumeln. „Ja, das habe ich. Aber es soll hier nicht weiter von Belang sein,“ er breitet langsam seine Arme aus und deutet jeweils auf seine beiden Begleiter. „Ich dachte mir schon, dass du kommen würdest. Ich habe ein paar Freunde mitgebracht, die hörten, dass du mal eine Padawan warst. Auf dem Weg zu einem Sith macht es sich gut, wenn man eine angehende Jedi getötet hat. Diese Ehre konnten sie sich nicht entgehen lassen.“ Ein süffisantes Lächeln zeichnet sich auf den Lippen des imperialen Mannes ab, bevor er mit der rechten Hand eine wegwerfende Geste vollführt. „Tötet sie!“


    Die schwarzen Mäntel der beiden Begleiter fallen synchron zu Boden. Die gelbe Klinge der Twi'lek und die rote des Zabrak entzünden sich und erhellen den kleinen Raum in einem matschigen orange. Fenyas brauner Umhang landet ebenfalls auf dem staubigen Untergrund, während sie ihre beiden blauen Schwerter aktiviert. Die Twi'lek und der Zabrak fackeln nicht lange und beginnen ihren Angriff. Die Schwerter prallen aufeinander und es folgt ein heftiger Schlagabtausch. Fenyas flinke Bewegungen parrieren jeden Versuch der beiden durch ihre Verteidigung durchzubrechen. Das linke Schwert beschäftigt die Twi'lek, während das rechte sich gegen den Zabrak erwehrt. Mit einem kleinen Satz nach hinten schafft sie ein wenig mehr Abstand zwischen sich und ihren beiden Feinden. Die Pause nutzt sie um den Zabrak mit einem Machtstoß in Richtung der Koltotanks zu befördern. Der Imperiale verdreht die Augen und macht einen Schritt zur Seite um nicht von dem Gehörnten mitgerissen zu werden. Der Aufprall auf die Konsole aktiviert die Abpumpsequenz und die Flüssigkeit beginnt langsam aus den Tanks zu verschwinden. Die Twi'lek setzt nun alleine zum Angriff an, merkt aber schnell, dass sie gegen die zwei Klingen alleine keine Chance hat. Sie weicht zurück und jagt mit der freien Hand einen Machtblitz gen Fenya, der promt durch deren Lichtschwerter zurück zur Absenderin reflektiert wird. Die Twi'lek zuckt einen Moment, bevor sich Fenys Schwerter in den bläulichen Körper bohren und dieser in sich zusammenbricht. Der Zabrak rappelt sich wieder auf und blickt auf den toten Körper seiner Verbündeten. Ein lauter Aufschrei durchdringt den kleinen Raum, während er zu einem gewaltigen Spung in Fenyas Richtung ansetzt. Im Flug aktiviert er die zweite Klinge seines Doppellichtschwerts und beginnt mit einem Schlaghagel. Die beiden liefern sich ein heftiges Gefecht, was sich über mehrere Minuten hinzieht, ohne dass einer der beiden die Überhand erhält.


    „Es reicht!“, brüllt der Imperiale nach einer Weile dazwischen. Beide stellen die Kampfhandlungen ein, der Zabrak wohl wegen des Ausrufs und Fenya wegen des Blasters der sich auf ihren Hinterkopf drückt. Wie konnte er so schnell hinter sie gelangen, ohne dass sie es gemerkt hat? Die Schwarzhaarige presst ihre Augen zusammen und deaktiviert die Lichtschwerter. „Gut gekämpft für eine Jedi, aber jetzt endet dein jämmerlicher Weg.“ Ein Schuss schallt durch den Raum, gefolgt von einem schmerzverzerrten Aufschrei. Der Arm, der den Blaster gerade noch auf Fenyas Hinterkopf hielt, liegt nun einige Meter weiter entfernt auf dem Boden, losgelöst von seinem Besitzer. Der Zabrak schaut verdutzt, wird aber in dem Momemt der Verwirrung von Fenyas Klingen vor weiterem Nachdenken bewahrt. Leicht panisch blickt der Imperiale auf den zusammensackenden Körper des Zabrak und robbt über den Boden, sich die Wunde haltend. „Wie … wer?“, stammelt er vor sich hin, als sich der dampfende Lauf des Blasters durch die Türe in den kleinen Raum bewegt. Eine Gestalt in weiß-blauer Rüstung mit langen roten, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren tritt in das dämmernde Licht des Labors. „Nein … Nein, das ist unmöglich!“, jammert der Imperiale vor sich hin. „Erstaunlich, dass gerade du das sagst, Riyuk,“ erwidert Shione mit einem Schmunzeln auf den Lippen. „Erzähl meiner lieben Schwester doch mal, wieso du das ganze hier veranstaltet hast.“ Riyuk beginnt leise zu lachen, was in ein jämmerliches Husten mündet. „Du weißt es doch schon, wieso erzählst du es ihr nicht selber. Oder glaubt dir vielleicht keiner?“ Shione knurrt leise und leistet sich einen Blick zu Fenya, die nur mit den Schultern zuckt. Im Moment der Unaufmerksamkeit, zieht Riyuk seinen zweiten Blaster mit der verbliebenen Hand und richtet ihn auf Shione. Bevor er feuern kann versenkt sich ein nasses entblößtes Knie unsanft in seiner Wange. Ein leises Knacken in der Halsgegend deutet darauf hin, dass der Besitzer des Halses wohl so schnell nicht wieder aufstehen wird. „Ihr seid ja schlimmer als jeder Anfänger,“ murmelt Rena, während sie ihren noch tropfenden nackten Körper notdürftig mit dem Mantel der Twi'lek bekleidet. „Ach komm schon, wir wollten dir auch noch ein wenig Spass lassen,“ grinst Shione ihrer Schwester entgegen. „Schicker neuer Mantel, trägt man das heutzutage so? Mit nichts drunter?“ - „Ach halt doch dein Maul,“ knurrt die älteste der drei und schaut sich kurz um. „War es das nun?“, fragt Fenya in die Runde. „Na ich glaub der steht nicht mehr auf. Renchen musste ihn ja gleich umlegen.“ - „Wenn ich dich daran erinnern darf, hab ich dir gerade dein Leben gerettet, Schwesterherz.“ Shione winkt ab und holt ein kleines Gerät hervor. „Er hat zwar weniger gesagt, als mir lieb ist, aber immerhin hat er zugegeben, dass er mich töten wollte. Das sollte wohl reichen.“ Sie drückt ein wenig auf dem Abhörgerät herum und spielt die aufgezeichnete Datei ab. Zum Entsetzen aller Anwesenden ertönt nur ein dumpfes Rauschen. „Was zum-?“, entfährt es Shione, während Rena sich die Stirn hält. „Das kann jetzt nicht dein Ernst sein, oder?“ - „Ich habs angeschaltet, du hörst es doch!“ - „Ein Störsignal, hm? Tja, da hat wohl jemand in der Akademie aufgepasst.“ - „Das glaub ich jetzt nicht!“ - „Was ist denn passiert?“, fragt Fenya dazwischen, bekommt aber keine Antwort von ihren älteren Geschwistern. Shione stürmt an die noch immer leuchtende Konsole und tippt darauf herum. „Tatsache, der ganze Raum ist absolut abhörsicher. Und … eine Kamera läuft, ohne Ton.“ - „Was?!“ Rena schiebt sich neben ihre rothaarige Schwester und betrachtet die Konsole, blickt dann auf die Kamera im hinteren Bereich des Raumes. Die einzige laufende Kamera hatte perfekten Blick auf die Geschehnisse, ohne dabei jemals die Vorderseite des Imperialen zu zeigen, während er sprach. „Sie werden gerade hochgeladen. Zum … Geheimdienst.“ - „Was ist denn so schlimm daran? Wir haben doch den Bösen getötet, oder?“, fragt Feny wieder dazwischen. „Ja, haben wir. Dummerweise weiß aber niemand außer uns, dass er der „Böse“ war und deine Schwester hat es ja leider vergeigt den einzigen Beweis dafür zu sichern,“ antwortet Rena mit einem scharfen Blick gen Shione. „Das heißt, dass wir … oh nein!“, jammert Fenya vor sich hin. „Ja exakt. Das heißt, dass nun der Geheimdienst ein hübsches, tonloses Video davon hat, wie du zwei Sith Schüler und wir einen imperialen Agenten umlegen. Ich würde mich nicht wundern, wenn ein Einsatzkommando in den nächsten 10 Minuten hier aufschlägt.“ - „Rena hat Recht. Wir müssen hier so schnell es geht weg.“ Die beiden anderen nicken und verschwinden eiligst aus dem Raum. Shione greift an ihren Gürtel und wirft noch einen Thermaldetonator zwischen die Koltotanks, bevor sie ebenfalls hinausstürmt. Mit einem lauten Knall stürzt ein Teil des Gebäudekomplexes hinter den drei Schwestern zusammen. Hastigen Schrittes verschwinden sie durch den andauernden Regen in die unübersichtlichen Gänge des Industriegebietes. In der Ferne ertönt die Sirene der imperialen Sicherheitskräfte, die den Schauplatz des Verbrechens nur knapp zu spät erreichen.

  • (XI)
    Second Life


    „Nur eine weitere Leiche auf meinem Weg,“ pochten die Worte immer und immer wieder in ihrem Kopf. Sie versuchte zu vergessen, aber es gelang ihr nicht. Objektiv war es die beste Entscheidung, aber menschlich? Konnte sie überhaupt noch menschlich denken, nach den ganzen Leben, die sie genommen hatte? Vor allem nach diesem einen? „Es ist ohnehin zu spät, das Kind ist in den Brunnen …“ - „Miss Fendorn?“, unterbricht sie eine männliche Stimme in ihrem Selbstmitleid. „Oh, ja sicher,“ antwortet sie in emotionslosem, monotonem Tonfall, bevor sie sich an die Arbeit macht. „Beziehung, Ehe, Kinder … Wollte ich das jemals?“, beginnen ihre Gedanken wieder zu fließen, während ihre Hände wie von alleine an dem Blaster vor ihr herumfummeln. „Sie scheinen Übung darin zu haben, Miss Fendorn,“ kommentiert die männliche Stimme Shiones Arbeit, worauf sie sich bloß ein müdes Lächeln abringt. „Es war eine schöne Zeit, auch wenn sie … unkonventionell war?“, huscht es ihr weiter durch den Kopf. Sie konnte nicht abstreiten, dass ihr das Gefühl gefallen hatte, aber die Einschränkungen waren einfach zu enorm. Sie konnte nicht sein wer sie ist, sie spielte bloß wieder eine Rolle, die sie für den Rest ihres Lebens hätte aufrecht erhalten müssen, vielleicht am Ende sogar selber dazu geworden wäre. Sie hatte zuviel Angst vor dieser Veränderung. „Neues lernen wir nur, wenn wir aus unserer gewohnten Umgebung ausbrechen,“ hallen ihr die Worte eines dieser pseudo-spirituellen Werbeslogans im Kopf wider. Damals hatte sie das beeindruckt. Sie brach aus und was hatte es ihr gebracht? Einen steinigeren Weg, der nun doch wieder dahin führte, wo sie vermutlich auch gelandet wäre, wenn sie wohlbehütet zuhause geblieben wäre. Vermutlich würde sie dann aber die Prüfungen anders bestreiten. Der letzte Gedanke zaubert ihr ein Schmunzeln auf die Lippen, während die Hände weiter eifrig über den Lauf des Blasters huschen. "Die Energiezellen werden seltsamerweise immer unterbewertet. Dabei sind sie so empfindlich und schreien damit förmlich nach gesteigerter Aufmerksamkeit."


    Sie war kurz vor dem Ende. Mittlerweile hatte sie ein recht gutes Gespür dafür entwickelt. Übung macht den Meister - in wirklich allen Lebenslagen. Der Schuss unterbricht ihren Gedankenfluss. Recht plötzlich wird sie aus ihrem Tagtraum zurück ins wirkliche Leben geworfen. Obwohl sie doch wusste, dass es passiert, erschrickt sie ein wenig. Nach einem Moment der Stille ertönt die männliche Stimme erneut: „Ich bin beeindruckt, Miss … Fendorn.“ - „Ich gehe davon aus, dass ich damit die Prüfung für angewandte Waffentechnik bestanden habe?“, antwortet Shione mit leichter Verzögerung. „Ja, das haben Sie. Das haben Sie wirklich.“ Der Rotschopf verdreht die Augen bei dem dümmlichen Grinsen des Prüfers und erhebt sich langsam. „Eine glatte eins.“ Der Blick des imperialen Ausbilders weicht nicht von dem Prüfling, bis sie schließlich die Labortür hinter sich zufallen lässt. Shione atmet kurz durch bevor sie ihren Blick über den Gang der Militär-Akademie fahren lässt. Sie wischt sich mit dem Handrücken über den Mund und setzt sich zügigen Schrittes in Bewegung. „Jetzt eine Dusche.“

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