(I)
Reflection
Irgendwo in einem Raumhafen auf Nar Saddaa, in einem einsamen Hangar thront die kaum majestätisch anmutende „Lilly“ - ein Schiff der Mantis Klasse, neu, modern, wendig, hässlich; und nicht annähernd so heimisch wie ihre Vorgängerin. In der kleinen Kajüte hallen die Holonet News von den spärlich möbelierten und dekorierten Wänden wider. Drei kurz aufeinanderfolgende Blasterschüsse durchdringen die friedlich anmutende Szenerie. Der Lauf von Shiones Blaster qualmt noch sachte, während sie diesen auf den schnöden Nachttisch neben ihrem Bett ablegt. Ihre rechte Hand gleitet weiter über die kleine Ablage und betätigt unterhalb dieser einen Knopf. Ein leises Knattern ist zu hören und die drei Zielscheiben fahren in stetiger Geschwindigkeit bis kurz vor ihr Bett. Sie seufzt stumm, als sie das Resultat ihrer Schießübung sieht und wendet ihren Kopf langsam auf den Holonet Stream, der über ihrem Bett flackert. Zeit um nachzudenken - oder auch Langeweile wie sie es lieber nannte - hatte Shione schon lange nicht mehr. Etwas missmutig betrachtet sie den Grund ihrer Zwangspause und presst den rechten Zeigefinger prüfend auf den Verband um ihre linke Schulter. Sie verzieht ihr Gesicht und lässt es schnell wieder bleiben, als sie der Schmerz durchfährt.
„Bin ich zu unvorsichtig geworden? Zu arrogant?“ Sie schüttelt den Kopf über ihre eigenen Gedanken und starrt mit leerem Blick durch die Holoübertragung. „Man kann nicht immer Glück haben.“ Aber so richtig scheint sie sich damit nicht überzeugen zu können.
Eine Lüge ist nichts, wenn sie niemand glaubt.
Das Kartenhaus steht schon seit einiger Zeit. Es war nicht schwer auf Nar Shaddaa „Gläubige“ zu finden. Ein Lächeln, ein Wimpernschlag und alle fressen sie ihr aus der Hand. Die Widerspenstigen werden geküsst und … Sie beendet den Gedanken mit einem Schmunzeln auf ihren Lippen. Das gleiche Schmunzeln mit dem sie jedes Mal aufs Neue die Männerwelt zu verzücken versucht. Und es funktioniert. „Wie viele wohl mittlerweile auf der Liste stehen? Fünfzehn? Zwanzig?“ Sie grinst sichtlich geschmeichelt. Die gute Laune scheint aber nur von kurzer Dauer zu sein, als sich eine weitere Frage in ihren Gedanken manifestiert. Eine Frage, die sie bisher erfolgreich verdrängt hatte: „Warum das Ganze? Was ist der Zweck?“ Ihr Blick bohrt sich durch die Hülle ihres Schiffes wie ein Lichtschwert durch ein Chiffonkleid. Mit einem kurzen Blinzeln unterbricht sie ihre Gedanken und spricht die Antwort laut aus, wohl um sich selbst zu überzeugen: „Credits natürlich!“ Sie seufzt leise und gräbt ihren Kopf tief in ihr Kissen. Die nächsten Tage ans Bett gefesselt zu sein, versprach nicht viel. Aber was es versprach, war eine Qual aus Langeweile - und Gedanken.