Trigger - Snapshots

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    Karteror, in der Hauptstadt Torkeror, ein Hotelzimmer im 'Iron Star', früh am Morgen


    Sie steht am Fenster des Hotelzimmers und sieht auf die Stadt hinaus, am Horizont färbt die aufgehende Sonne die allgegenwärtige Bergkette langsam rot. Nachdenklich nippt sie kleine Schlucke Caf, den sie sich vom Zimmerservice hat bringen lassen.
    Karteror. Kolonialregionen. Konstitutionelle Monarchie, die vor etwa hundert Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt hat, als in den Gebirgskämmen Erzvorkommen entdeckt wurden, die so reichhaltig sind, dass die Kriegsindustrie noch heute in hohem Maß davon zehrt – und mit diesem Fund gab es einen Freifahrtsschein in die Republik. Total uneigennützig, Freiheit und Menschlichkeit geschuldet. Selbstverständlich.
    Ein republikanisches Erfolgsmärchen in planetarem Stil – bis vor einem Monat der König des herrschenden Hauses Uhta verreckt ist, scheinbar ohne einen brauchbaren Erben zu hinterlassen, denn sofort hat die Familie Torka in den Startlöchern gestanden, 'in Zeiten der Not für Karteror an die Spitze zu treten'. Theoretisch ist es intergalaktisch vollkommen irrelevant, welcher Familienname nun an der Spitze eines Erzlieferanten sitzt – wenn nicht praktisch hinter dem Haus Torka im Geheimen rote Flaggen wehen würden und ein Umbruch den Hahn für die Republik zudrehen würde. Zusätzlich dazu, dass es einen weiteren Planeten in imperiale Umklammerung zwingen würde, was vermutlich in der Entscheidungsfindung der Köpfe ganz oben zumindest am Rande mal erwähnt wurde. Ihren Arsch drauf verwetten allerdings würde sie nicht.
    Vier potentielle Thronfolger des Hauses Torka, vier Teams, zu verhindern dass einem davon die Krone die schicke Frisur platt drückt. Teams die autark operieren, jedes nur auf sein Ziel konzentriert, höchstens mit Agent Seth Refka als SIS-Kontakt vor Ort als Schnittstelle. Als sie noch Freelancer gewesen ist hätte sie bei diesem Jobabriss einmal laut gelacht, ihr Ale ausgetrunken und wäre gegangen - viel zu politisch, und das auch noch auf diese beschissene Alderaaner Art mit Häusern, Erbfolgen und der ganzen Scheiße, bei der es nicht darum geht, wer überhaupt fähig wäre einen ganzen verdammten Planeten zu regieren sondern nur darum, welcher Name mit welchem gefickt hat. Absolut unverständlich.
    Das Ziel von ihr und ihrem Partner – Häftling 0049421 – ist Ardenas Torka, Nummer drei in der Liste der potentiellen Thronfolger, der siebenundzwanzigjährige Sohn des Familienoberhauptes. Frisch – und pressewirksam – verlobt mit Baroness Elena Zhor, einem großen und vor Allem reichen Namen auf Karetor, der den Finger auf einer Menge Minen hat und die von Agent Sefka charmant mit 'aber fuck, ist die Frau fett' beschrieben wurde. Gerüchteweise hat Torka Junior 'fett' nicht gerade auf seiner Fetischliste stehen und vögelt stattdessen lieber mit der Gräfin Priscilla Cantabella fremd – die in ihrer Freizeit modelt. Und den ja wohl beschissensten Namen der bekannten Galaxie hat!
    Ardenas Torka gilt in der Öffentlichkeit als jung, dynamisch und sympathisch, ausgestattet mit wilden Jahren, die die Drogenpalette einmal von oben bis unten durchgegangen sind, wovon natürlich so gut wie alles aus der Öffentlichkeit herausgehalten wurde. Extremsportler, Skydiver, Stipendienstifter in weiterführende Bildung im Bereich Biochemie. Das Klischee eines jungen Bengels, der nicht weiß was Verantwortung ist und zu viel Zeit und Kohle hat. Das ganze Ding ist ein Fleisch gewordener Soap-Opera-Alptraum!
    Wahrscheinlich wäre es sogar relativ leicht, Ardenas Torka umzubringen und es dabei wie einen Unfall aussehen zu lassen, Extremsport ist eine gute Grundlage. Aber sie haben sich dazu entschieden, Mord nur als Ausweichplan in Betracht zu ziehen, auch wenn ihr bei 'Sam' die Beweggründe unklar sind – er nannte es 'in diesem Zusammenhang so elegant wie ein stumpfes Bajonett', was für einen Mann, der als professioneller Attentäter gearbeitet hat ehe er in einer SIS-Zelle gelandet ist, eine irgendwie seltsame Ansicht zu der Thematik ist. Moralische Gründe kann er zumindest nicht gehabt haben, hat er im Brainstorming doch ziemlich beiläufig vorgeschlagen, seine eventuelle Geliebte umzubringen um den Mann psychisch anzugreifen – woraufhin sie ihn einen gewissenlosen kranken Bastard genannt hat. Das hat... die Zusammenarbeit nicht gerade erleichtert. Er ist eingeschnappt wie ein verfluchter Fünfjähriger, hat angekündigt, dass er bis auf 'Ja Ma'am' und 'Nein Ma'am' nichts mehr sagen würde und ist von dem Zeitpunkt an für Planungsgespräche so nützlich gewesen wie ein unter einen Barhocker geklebtes Kaugummi.
    Ray hätte ihm das Kommando geben sollen, nicht ihr. Natürlich versteht sie, was den Senior Agent dazu getrieben hat, sie auszuwählen, aber für ihren eigentlichen Job hier – einer Einschätzung von 0049421 unter Einsatzbedingungen – wäre es anders herum sinnvoller gewesen. Verweigern hätte sie immer noch können. Ist sie nicht der verdammte Rebell in diesem vermeintlichen SIS-Häftlingsteam, von dem man Widerstand erwarten würde?
    Plötzlich muss sie lachen. So plötzlich, dass sie sich an ihrem Caf verschluckt und das Lachen von röchelndem Husten unterbrochen wird, während die in die Luftröhre geratene Flüssigkeit ihren Weg über die Nase nach draußen nimmt.
    Scheiße, es ist so absurd! Sie tut so als sei sie ein Häftling der mit dem SIS einen Deal eingegangen ist. Und arbeitet in diesem Undercover undercover. Während der Typ den sie beobachtet sich nachts auf eigene Faust davon macht, dabei unter Beobachtung von Agenten vor Ort steht, die ihr daraufhin verschlüsselte Nachrichten schicken, was er getrieben hat. Sie würde ihn nachher fragen wo er war – eine Frage auf die man die Antwort schon kennt hat wenigstens ein klares Wahrheit-oder-Lüge-Ergebnis.
    Verdammt, was hat sie sich nur dabei gedacht als sie Supervisor Vanell vorgeschlagen hat, sich in den Zellenblock zu 0049421 einweisen zu lassen, um ihm auf direkter Augenhöhe zu begegnen? Sie kann den Kerl verdammt nochmal nicht leiden, er ist ein verschissener Feigling, ein Heuchler und ein Lügner, der in seiner kleinen Welt nicht klarkommt und sich deswegen in irgendein Phantasiekonstrukt von einer Galaxie der Gleichheit flüchtet, die nochmal naiver ist als republikanischer Idealismus. Und wie elend bigott er dabei selber ein riesengroßes Arschloch ist, das gedankenlos über Leichen geht!
    Was hat Vanell in ihrer Einschätzung geschrieben? Sie könne 'eine zumindest grundlegend moralische Geisteshaltung auf Basis von Menschlichkeit verzeichnen'? Yeah, sure. Gemixt mit einer ordentlichen Prise irgendeines... pseudoreligiösen Fanatismus? Irgendwie sowas. Und Fanatiker sind ein Problem. Immer. Unfähig zu rationalem Denken, wenn sie mit ihrem Feindbild konfrontiert werden. Irgendeinem bescheuerten angeblich höheren Ziel verpflichtet, was sie in ihren Köpfen um eigene ethische Überlegungen bringt, das größere Ganze eine herrlich bequeme Entschuldigung, spontan durchzudrehen. Am Besten mitten in einem Einsatz. Was schert sich ein Fanatiker um sowas wie Befehle und Missionsparameter, wenn er glaubt, seinem Ding zu folgen?
    „Fuck'eeh“, brummt sie, schüttelt den Kopf und wischt mit dem Handrücken Caf von der Nase. „Bah“, kommentiert sie die Flüssigkeit an der Hand und wendet sich vom Fenster ab, stellt die Tasse auf dem kleinen Tisch im Raum ab um zum Bad weiterzugehen. Nase putzen, Gesicht waschen!
    Hoffentlich finden sie im Apartment etwas, womit sie den scheiß Thronfolger in Spe denunzieren können und müssen nicht irgendwas fingieren. Es würde ja schon reichen, wenn er Miss Model tatsächlich in seinem Stadthaus vögelt, ein paar Cams sind schnell angebracht.
    Sie kann diese Stadt nicht mehr sehen, sie kann ihren Partner nicht mehr sehen, sie kann die scheiß SIS-Zelle nicht mehr sehen! Sie will verdammt nochmal nach Hause!

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    Coruscant, ein Apartment über der Stadt, nachts


    Es regnet. Schwere Tropfen waschen den Staub von den Fassaden des Stadtrasters und kühlen – begleitet von leichtem Wind – die Hochsommerluft auf ein nicht mehr ganz so unerträgliches Maß herunter. Punkt Mitternacht hat es angefangen und die WeatherNet-Holoseite verrät, dass es bis fünf Uhr morgens – eine knappe halbe Stunde noch, abgelöst vom Sonnenaufgang – anhalten würde; natürlich würde es dann stoppen, es regnet nie tagsüber auf Coruscant. Stoppen, nur damit das Thermometer wieder auf verdammt nochmal zu warme Temperaturen klettern würde. Und der nächste Regen ist im Langzeitplan erst vier Wochen später angesetzt!
    Sie hat die Fenster geöffnet – das im Schlafzimmer und auch das in der Küche. Nicht das in ihrer Rumpelkammer, selbstverständlich. Der Wind weht einen Teil der Feuchtigkeit hinein und wo Bett, Nachtschränke, die Wände der Küchenzeile und die Fußböden das abkönnen ein bisschen nass zu werden, müsste sie zu viel empfindliche Tech in diesem speziellen Zimmer zur Seite räumen, die das definitiv nicht abkann.
    Am Liebsten würde sie die Wohnungstür und die Fenster im Flur davor auch noch öffnen, alle Türen blocken und damit für Durchzug sorgen, damit die künstlich klimatisierte kalte Luft einmal komplett ausgetauscht werden kann, aber das würde die Nachbarn wohl nur semi-begeistern. Faktisch ist es auch Unsinn; Coruscants Luft ist genau genommen auch künstlich, die Anlagen, die sie temperieren und verteilen nur in bedeutend größerem Maßstab als die Klimaanlage in der Wohnung. Aber gefühlt gibt es einen Unterschied zwischen Draußen- und Drinnenluft.
    Sie liegt lang ausgestreckt auf der breiten Lehne eines der Sofas, mit dem Kopf in Richtung der geblockten Türen in der Hoffnung, wenigstens ab und zu einen kühlenden Luftstrom abzubekommen. Wie verdammt noch eins hält Ray das aus sogar bei diesem Wetter volle Uniform zu tragen? Wahrscheinlich kriegt er sie schon gar nicht mehr ausgezogen, weil er mit Hemd und Jacke in einem zwei-Komponentenkleber-Prinzip verschmolzen ist oder so.
    Mit einem schnaubenden Laut der Belustigung über diesen Gedanken lässt sie den Kopf zur Seite kippen, fixiert für einen Moment die Stelle auf dem zweiten Sofa, auf der der Agent früher am Abend gesessen hat, lässt ihn dann weiterwandern zum Wohnzimmertisch, auf dem noch immer die Plastiktüte mit der Aufschrift 'Cachikka' – einem Twi'lek-Feinkostrestaurant in Senatsnähe – liegt, eine bereits geöffnete aber bis auf ein Bisschen Stocherei mit der Gabel unangetastete Packung eines scharf gewürzten Reis-Gemüse-Gerichts daneben. Sie sollte den Kram essen, aber sie hat keinen Hunger. Sie sollte sich hinlegen, aber sie kann nicht schlafen. Und an beiden Punkten ist nur zu etwa einem Viertel das Wetter Schuld, den Hauptteil der Verantwortung trägt die Unterhaltung von vorhin, die ein eher unangenehmes, belastendes Thema zur Grundlage gehabt und sowohl ihre Gedanken- als auch Gefühlswelt in eine nicht enden wollende Kausalkette von Aktivität gezwungen hat. Gedanken, die sie schon hunderte, vielleicht tausende Male durchdacht hat. Immer mit dem gleichen Ergebnis: Dass es kein Ergebnis gibt. Zumindest keins, was auch nur halbwegs zufriedenstellend ist.
    Seufzend rollt sie sich zur Seite, herunter von der Lehne, auf den Bauch auf die Sitzfläche. Vernunft bringt sie dazu, die offene – inzwischen natürlich lange kalte – Essensverpackung vom Tisch auf das Sofa zu angeln und anzustarren, reicht aber nicht aus, sich dazu durchzuringen nach der Gabel zu greifen.
    “Ich hab sowas unter Rekruten gesehen, irgendwann explodieren sie einfach und gut ist.“
    Sie verschränkt die Arme und lässt frustriert schnaubend den Kopf darauf sinken.
    “Wir stellen also fest... die Lage ist im Arsch.“
    Sie hebt den Kopf wieder an, ein paar Zentimeter nur, lässt ihn wieder fallen. Ein zweites Mal. Ein drittes Mal.
    “'s war'zu perfekt. Dinge'die perfekt sin' halt'n nie. Die'sind zum'Scheitern verurteilt.“
    Sie haben das Thema gewechselt. Weil es Ray unangenehm war oder weil er gemerkt hat, dass es sie belastet? Fuck, wenn sogar Ray das merkt, dann muss sie sich Gedanken machen.
    Eine Weile haben sie über Karteror gesprochen – es hätte ein Routineeinsatz sein sollen, stattdessen ist es brandgefährliche Scheiße geworden, in der sie und ihr zeitweiliger Partner eine ganze Menge Portion Glück und zu ihren Gunsten sprechende Faktoren gehabt hatten, die dafür sorgten, dass er mit sieben toten Imperialen endete anstatt mit ihnen in einem Leichensack. Zu viel Glück, für ihren Geschmack – auch wenn das eigentlich nur fair ist, dafür dass die Grundsituation überhaupt erst durch massives Pech entstanden ist.
    Dann haben sie über den Wichser Waldas gesprochen. Über ihr Benehmen dem Mann gegenüber. Über Rays Benehmen. Vor Allem über das danach seinem verdammten Team gegenüber! So lange, bis ihr von seinen halbgaren und an den Haaren herbeigezogenen Rechtfertigungen der Kragen geplatzt ist.
    “Nur dass'es darum nich' ging, Ray. Du'hast mich ermahnt, weil'de scheiß Laune hattest un'das deine ganz übliche Art is', die'an anneren auszulass'n. Vorzugsweise an'mir, by'the way. Nur'scheiß Laune oder'auch persönliche Angeleg'nheit'n rechtfertig'n 's nich'. Nie!“
    Überraschenderweise hat er es nicht abgestritten. Es nicht einmal relativiert.
    “Du... kannst eben einiges wegstecken. Und bist – das musst du zugeben – der größte Gegenpol den ich habe.“
    Genau genommen ist das eine vollkommene Bestätigung gewesen. Und das komplett ohne dass sie daran herumdiskutieren musste.
    Erschrocken zuckt sie zusammen, als ihr Pad vibriert, Hartplastik auf Metall tanzt und die nächtliche Stille durchbricht.
    „What'the fuck...“, brummt sie mürrisch und angelt nach dem Stück Tech. Es ist verdammt nochmal viertel vor fünf mitten in der Woche! Ächzend richtet sie sich in sitzende Position auf, als das Anspringen des Decodierers ihr verrät, dass es eine Büromail ist. Zu dieser Zeit. Das kann eigentlich nur eins bedeuten...
    Leer starrt sie auf den Holoschirm, als das Bild letztendlich aufgebaut wird, schiebt sich unter langgezogenem Seufzen eine Hand in die Dreads, als die Betreffzeile bestätigt, was sie bereits vermutet hat.
    „Yeah, geh'n wir nach'Shaddaa, 'ne Sith fang'n“, brummt sie alles andere als begeistert, schmeißt das Pad neben die noch immer unangetastete Essensschale auf das Sofa und beginnt, ihren Kram zu packen.

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    Nar Shaddaa, ein Zimmer im Geschäftshotel 'Dynasty', spät abends


    Der Mond. Wieder. Auf der Habenseite ist der Fährenflug – ihrer zumindest – verdammt gut gewesen. Ruhig und luxuriös, Einzelkabinen und ziemlich brauchbares Essen. Nicht ganz so brauchbar natürlich wie im 'Guilded God', ihrem Treffpunkt mit dem SIS-Kontakt vor Ort, einem verdammt guten Luxusrestaurant an der Promenade auf dem das Bureau Shaddaa irgendwie den Finger hat und in dem sie nun schon zum zweiten Mal ihren Kontakt getroffen haben.
    Sie bestehen aus einem Team von fünf Leuten – eigentlich sechs, Hirom würde nachkommen, nachdem er dieser Schlampe von General zum wiederholten Male die Bedeutung des Wortes 'nein' erklärt hätte. Johnson natürlich, Senior Agent inzwischen, aber immer noch genau so begeistert vom Mond wie noch zu Agentenzeiten. Gut dass ihre Cover dieses Mal nicht wasserdicht sein müssen sondern im Großen und Ganzen nur Reisecover sind, seine Interpretation eines Corellianers ist eher mangelhaft. Eve, mit Kontaktlinsen die aus einem zumindest anteiligen Arkanianer einen Menschen machen. Bodyguard und Mann fürs Grobe mit ziemlich großer Fresse, die Glaubwürdigkeit solide. Shiv, der Junior im Team. Er braucht nicht einmal ein Cover bis auf einen anderen Namen, dürre blasse Techcracks fallen auf Shaddaa nicht auf. Okay, in dem speziellen Restaurant wohl schon, aber sie sind im Hinterzimmer gewesen und außerdem neigen auf dem Mond verdammt wenig Leute dazu, Fragen zu stellen. Sergeant Buicead der man die Türsteherin eines etwas handfesteren Clubs irgendwo in der Unterstadt auch problemlos abnimmt. Es ist überraschend gewesen, die Frau nach dem Sturm auf den Huttenpalast Jaldas so schnell wieder zu sehen. Besonders überraschend, dass es auf Coruscant gewesen ist, weil sie nach der Neustrukturierung des Teams 'Desert' einen Versetzungsantrag in die Einheit der DSF gestellt hat. Sie schuldet der Frau noch ein Ale – irgendwie ist Ale eine beliebte Währung innerhalb der Einheit. Außerdem noch sie selber, das Cover einer Geschäftsfrau einer huttischen Rand-Industriewelt recycelt vom Einsatz auf Karteror, da es dort auch nur ein Reisecover gewesen ist und annähernd gar nicht in Erscheinung getreten ist. Sechs Leute, um eine Sith festzusetzen – nicht einfach aber machbar.
    Ihr bereits bekannter Kontakt Field Agent Zan hat sie mit Basisinformationen versorgt; die Sith ist bereits vor einigen Tagen auf Nar Shaddaa eingetroffen und residiert bei dem Hutten 'Galdas dem Geringeren'. Einbruch in dessen Anlage: Möglich.
    Die Frau ist mit einer Fähre angereist die in einer Privatbucht des Mezenti liegt, der dazugehörige Kreuzer konnte zwei Systeme entfernt im Raum stehend geortet werden. Einbruch im Hangar: Ebenfalls möglich. Mezenti ist ja beinahe so etwas wie ein Homerun.
    Außerdem würde sie in drei Tagen mit ihrem Gastgeber ein Huttballspiel in der erst kürzlich fertig gestellten Arena Galdas besuchen – die Galaxie hat einen schrägen Sinn für Humor, es sind die 'Starbugs' die dort spielen werden. Vom Gegner, den 'Milkyway Warriors', hat sie noch nie etwas gehört, allerdings verfolgt sie die Liga schon lange nicht mehr und eine Sportart, bei der es auch mal passieren kann, dass ein ganzes Team ausgelöscht wird, ist noch mehr Wandlungen unterworfen als Gravball, wo sich die Liga wenigstens nur einmal in der Saison ändert.
    Sie klemmt die Zungenspitze zwischen die Zähne, zieht leise zischend einen Luftstrom, zieht das Com aus der Tasche und lässt sich auf einen Sessel der Sitzecke im verhältnismäßig luxuriösen Zimmer fallen. Während sie die Füße auf den Tisch schwingt – das rechte Bein ausgestreckt, das linke leicht angewinkelt, die nackten Zehen an der Tischkante geparkt – wählt sie, stellt das Com dann auf dem linken Knie ab, öffnet den Bildkanal und wartet.
    Es geht verdammt schnell, dass die Verbindung aufgebaut wird, der Mann am anderen Ende der Leitung muss sein Com in direkter Nähe gehabt haben. Dem Bildwinkel nach steht es etwa auf unterer Bauchhöhe, er hält es nicht in der Hand, Arm Nummer eins ruht auf einer Lehne, Arm Nummer zwei – der wohl die Verbindung aufgebaut hat, legt sich gerade ebenfalls auf der Lehne ab. Bürostuhl, dem Aussehen nach Echtleder oder doch zumindest echt aussehendes Synthleder. Er hat sich kaum verändert in den fast auf den Tag zwei Jahren die sie sich nicht mehr gesehen haben, nur dass er keine Rüstung trägt sondern stattdessen ein Hemd – blaugrau, den Lichtreflexen auf dem Stoff nach irgendwas mit einem Seidenanteil, die obersten zwei Knöpfe stehen offen. Chique!
    Einen Sekundenbruchteil ist die etwas kantige Mimik in Unverständnis getaucht, wird abgelöst von einem ebenso kurzen Anflug von Überraschung, bis sie sich in professionelle Ausdruckslosigkeit festigt.
    „Trigger.“ Die Braue über dem nicht vercyberten Auge hebt sich ein Stück. „Probleme?“
    Die Frage ist berechtigt; Neal Gallagher – heißt er überhaupt noch Gallagher oder inzwischen Skalbur? - ist nie ein Mann besonders großer Worte gewesen aber eine der ganz wenigen Personen auf dem Mond, der sie ein gewisses Maß an Vertrauen entgegengebracht hat. Er ist schon eine Weile weg gewesen, als sie ihn vor zwei Jahren angerufen hat, weil sie eine Person, der sie vertrauen konnte gebraucht hat, um den Anweisungen Kelrians zu folgen, einen Tracker aus ihrem Körper zu entfernen und Neal ist gekommen – ohne Fragen zu stellen. Eine Woche später hat er sie noch einmal aufgesucht und ihr einen Stick mit der Nummer gegeben, die sie eben gewählt hat. Eine Nummer für Notfälle – eine Art Gutschein für einen Call, sollte sie jemals so richtig in der Scheiße stecken.
    Sie zieht einen Mundwinkel zur Seite. „Vielleicht wollt'ich auch nur'mal wieder 's liebliche Stimmch'n von mein'm Lieblingstürsteher hör'n? Auch'wenn die Klamotte jetz' nich' grad nach Tür bewach'n aussieht. Weit gekomm'n, eeh?“
    Das Bild hinter dem Mann ist verschwommen, die Brennweite der Linse nicht besonders hoch eingestellt, sieht aber grob nach besserem Büroraum aus.
    Kurz sieht er zur Seite, zuckt dann mit den Schultern, die rechte Hand verschwindet aus dem Bild und kommt mit einem Whiskeyglas zurück, legt sich wieder auf die Lehne und dreht das Ding zwischen Daumen und Zeigefinger auf dem Leder. „So ein Club führt sich nicht von alleine. Und bei dir? Wie geht’s dem blauen Rancor? Und was verdammt ist da auf deinem Kopf passiert?“
    Mit links greift sie nach oben, um die Dreads wegzuwischen, die Hand stockt, als sie das Haarteil kunstvoller Frisur berührt, in das ihr auf Coruscant für das Cover in anderthalbstündiger Kleinarbeit die Dreads hineingeflochten wurden, bis von ihnen nichts mehr zu sehen war. Seufzend lässt sie die Hand wieder fallen, winkt ab. „Is'nur vorübergeh'nd. Bin kein'm Anfall von'Geschmacksverirrung zum'Opfer gefall'n.“ Schief grinsend zuckt sie mit den Schultern. „Versteh's als Arbeitsklamotte.“
    „Ist der blaue Rancor also zum Jagen in den heimatlichen Dschungel zurückgekehrt? War erstaunlich ruhig um dich, dafür dass du du bist. Gerüchteweise machst du in Pubs?“ Fragend wölbt sich die Stirnseite über dem organischen Auge, während das Whiskeyglas für einen einzelnen Schluck an die Lippen wandert.
    Sie ächzt leise, lässt den Kopf leicht in den Nacken kippen. Im Grunde genommen ist die Frage gut. Neal Gallagher ist einer der besser vernetzten Jäger, würde auf dem Mond durchgesickert sein, dass sie nicht nur 'in Pubs macht' sondern Pub ist - und das nicht einmal rein zivil - dann wüsste er davon. Aber für irgendwas muss das Wort 'geheim' in Geheimdienstarbeit ja gut sein. Einen winzigen Moment ist sie versucht, es ihm zu erzählen. Ihm zu erzählen, wie der Zeitraum von zwei Jahren ihre kleine Welt auf den Kopf gestellt hat, ihr sorgfältig aufgebautes Zynikerweltbild in den Grundfesten erschüttert wurde und die Galaxie eindrucksvoll beschlossen hat dass es ihr scheißegal ist ob die Chiss an Dinge wie Vergebung, Erlösung und Märchen glaubt indem sie ihr das Zeug mit Anlauf ins Gesicht geschmettert hat.
    „Ich deute Schweigen mal als so etwas Ähnliches wie ein ja“, beschließt der Mann in die Pause hinein.
    „Hilft's, wenn'ich sag, 's is'... kompliziert?“, richtet sie verlegen grinsend das Gesicht wieder gen Kamera aus.
    „Oho, Verlegenheit in der Mimik des blauen Rancors? Was ist los? Muss ich mir Sorgen machen, dass die Galaxie untergeht?“ Er schnaubt belustigt und begießt die Worte mit einem weiteren Schluck Whiskey. Eis klirrt leise im Glas – ein Kapitalverbrechen, für das Ivory ihn wahrscheinlich instant an die Wand stellen würde.
    Sie brummt. „Alter, Neal.. fick'dich!“
    Einen Moment sieht er noch amüsiert gen Com, dann wird die Mimik wieder geschäftlicher. „Trotzdem würde ich meinen Arsch drauf verwetten, dass du nicht anrufst, weil dir nach zwei Jahren zufällig mein Name eingefallen ist...“
    Sie schnaubt. Okay, in diesem Fall ist das sogar die korrekte Annahme, aber warum um alles in der Galaxie sind Leute immer der Meinung, sie würde sich nur dann melden, wenn sie etwas will?
    „Hmja, nich' ganz. Ehm, brauch'nen Comkontakt von'dir.“
    „Comkontakt.“ Er deutet ein Nicken an. „Spezifischer?“
    „Buck.“
    Erneut weitet ein Anflug von Überraschung das organische Auge. „Was hast du denn mit Buck am Hut?“
    Sie zuckt mit einer Schulter. „Hab'nen Bekannt'n der'auf Huttball steht. Bin'grad in'der Geg'nd un' hab'ihm gesagt, ich'besorg ihm Autogramme der'Bugs. Ehm, hatte nich' genug'mit Buck zu'tum, um'seine Nummer zu hab'n un' irg'ndwie bezweifle'ich, dass...“ Sie schmunzelt, ein amüsierter Unterton schleicht sich in den Tonfall. „...'Dane Skalbur – Huttballstar' seine'Nummer im'Holo verbreitet. Ich'mein... scheinbar isser inzwisch'n tatsächlich sowas wie'ne Berühmtheit...“
    Neal grinst. „Scheiße, hast du die Schlitzfitz-Rasierlaser-Kampagne gesehen?“
    Sie nickt, ebenso grinsend. „Aye, hab'ich. Un' 'n paar Halbskandal-Holoberichte geles'n. Komisch, hatt'n fast'immer irg'ndwas mit'Weibern zu'tun. Kann'mir bei'Buck gar nich' erklär'n wie'das kommt...“
    „Nein...“ Neal lehnt sich vor, die rechte Hand kommt der Linse näher, verschwindet dann aus dem Bild. „...ich auch nicht. Wer würde bei Buck schon Frauengeschichten vermuten.“
    Ihr Datenkanal vermeldet durch kurzes Blinken den Eingang einer Com-Nummer, Neal lehnt sich wieder zurück, nippt einen weiteren Schluck Whiskey.
    „Cool.“ Sie nimmt das Com vom Knie und legt die Nummer ab. „Danke.“
    „Das war's?“ Neal schrägt den Kopf ein wenig und mustert das Cambild, als würde er nach Anzeichen suchen, dass sie vielleicht doch in der Scheiße steckt.
    „Aye, 's war's. Nur 'n kleiner'Chat zwisch'n zwei Lokalberühmtheit'n im sportlich'n Bereich...“
    Er nickt, die Mundwinkel zucken leicht. „Okay. Hm, lass mal wieder von dir hören, Rancor.“
    „Hmja...“ Sie lächelt schief. „...so'alle zwei Jahre oder'so.“ Kurz nickt sie der Cam zu. „Hör'n uns. Gruß'an die Lady.“
    „Richte ich aus. Bis dann.“
    Sie schließt den Kanal, zieht die Beine an und verknotet sie zum Schneidersitz, ehe sie die gerade erhaltene Nummer anwählt. Dieses Mal dauert es bedeutend länger, bis die Verbindung angenommen wird und im Gegensatz zu Neal hat sich Dane 'Buck' Skalbur extrem verändert; sie erinnert sich noch sehr deutlich, wie er vollkommen besoffen, barfuß und nur – nur - mit einem Swoopmantel bekleidet in die Bar getorkelt ist um seine Schwester Shirina Skalbur unverständlich lallend und vollkommen verrotzt auf den Knien um Vergebung anzuflehen für was auch immer für eine Scheiße die er verbockt hat. Der Mann, der ihr nun über das Cambild entgegenblickt ist Welten davon entfernt. Er sieht gesund und auf eine Mädchenschwarm-Art gut aus – ein Bild das auf dem Cover der 'Core Vogue' nicht aus dem Rahmen fallen würde. Auch seine Mimik ist einen Moment in Nichtverstehen getaucht, ehe sie von einem strahlenden, viel gebleichten Zahn zeigenden Grinsen dominiert wird. „Da tritt mich doch der Bantha, wenn das mal nicht der blaue Rancor ist!“, quatscht er voller Elan los.
    Schief grinsend tippt sie sich mit zwei Fingern an die Schläfe, lehnt sich bequem im Sessel zurück und stellt das Com auf der Armlehne ab. „'n Ab'nd Buck. Fuck', da hat's jemand echt geschafft, eeh?“

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    Nar Shaddaa, ein Zimmer im Geschäftshotel 'Dynasty', 36 Stunden später


    Kritisch sieht sie sich im Zimmer um, ob noch irgendwo etwas liegengeblieben ist, ehe sie die beiden Business-Reisetaschen irgendeines mittelbekannten hutt-space-Labels aufhebt, die von außen ihrem Cover entsprechen, deren Inhalt aber eine ganz andere Sprache spricht, wendet sich ab und verlässt den Raum, zu den Fahrstühlen hinunter in die Lobby um auszuchecken. Fray'all'akhon reist nach einer Handvoll geschäftlicher Termine auf dem Mond ab, sie würde ein Taxi zum Hafen nehmen wo ein Fährenflug auf den Namen der Geschäftsfrau gebucht ist, regulär auschecken, das Hafengelände dann über irgendwelche Serviceausgänge verlassen und sich erstmal irgendwo umziehen gehen, vor Allem dieses scheiße nervige Haarteil aus den Dreads fummeln, um gänzlich ohne Coveridentität auf dem Mond herumzulaufen... und doch irgendwie im Cover zu sein. In eine Version von ihr zu schlüpfen die älter ist als Kernwelten-Bürgerschaft und SIS-Anbindung. Die zurück zu den dreckigen Wurzeln geht.
    Als sie vor anderthalb Standardtagen das erste Mal mit Buck telefoniert hat, hat sie sein Angebot auf VIP-Karten für das nächste Spiel und die Einladung zur Aftershow-Party noch nicht angenommen; die Begründung dass sie noch nicht wisse ob sie lange genug auf dem Mond sein würde hat er nicht hinterfragt. Auch er kennt aus einem früheren Leben die Situation, die ein schnelles Verschwinden manchmal wirklich nötig macht. Aber als sie vor einer halben Stunde in einem der Tagungsräume die Lage besprochen haben stellten sie fest, dass VIP-Zugang zur Arena irgendwie sinnvoll ist und dass die Personen, die das Spiel tatsächlich aus der Loge sehen würden – sie, Shiv und Ray – an keiner Stelle irgendeinen Kontakt haben würden, der sie mit dem vermeintlichen Anschlag auf den Hutten in Verbindung setzt, so dass ihre tatsächliche Identität weniger kompliziert ist. VIP-Karten bedeuten automatisch eine Einladung zur Aftershow-Party – bei der sie auch ihr Autogramm-Holo für Bryce bekommen würde und bei der Hirom sich heldenhaft geopfert hat sie zu begleiten – und dort nicht sie zu sein, wo es doch sie ist, die beinahe eine halbe Stunde mit Buck telefoniert hat und die Karten überhaupt erst klar machen konnte... nein, das wäre nur anstrengend.
    Das Auschecken geht schnell; als Geschäftshotel verfügt das 'Dynasty' über Terminals, an denen man gänzlich ohne jeglichen Personenkontakt das Zimmer räumen kann, sogar mit der Servicefunktion, gleich ein Taxi zu bestellen – Zeit ist schließlich Geld, besonders im hutt space, wo alles so viel schnelllebiger ist als in den Kernwelten. Keine fünf Minuten nach Räumen des Hotelzimmers sitzt sie bereits auf der Rückbank eines Taxispeeders auf dem Weg zum Hafen, lehnt sich zurück und richtet den Blick auf die an allen Ecken und Enden in künstliches Neonlicht getauchte Stadt.
    Die Sache am Hafen vor einigen Stunden ist verdammt eng gewesen; vier imperiale Militärs und ein Bountyhunter – der Rüstung nach Mandalorianer – sind verflucht viel Bewachung für ein einzelnes Fährenschiff in seiner Bucht. Eigentlich hätte man es als zu riskant einstufen müssen, im Rücken der von Shiv 'Junior' Batash abgelenkten Wachmannschaft im Schiff zu verschwinden um ihm einen Zugang in die Astrogation zu legen. Der Hunter hätte nur frühzeitig zurückkehren müssen und sie hätte in der Falle gesessen, teilweise hätte es gereicht, wenn sich einer der Männer zufällig umdreht – aber verdammt, sie und Sergeant Telcia 'Brownie' Buicad sind nicht durch verflucht viele Meter schmutzigem Lüftungssystem gekrochen, sind auf dem Weg in das zweifelhafte Vergnügen gekommen, die Leute die eigentlich auf dem Dach Wartungsarbeiten nachgehen sollten beim Pornos gucken zu erwischen und haben sich durch den ganzen verschissenen Hangar geschlichen um auf dem Boden wenige Meter vom Schiff entfernt umzukehren!
    Das Team war geil; Blondie hat Recht, Junior ist ein junger O'Brain – auch wenn er Aidan auf emotionaler Ebene natürlich niemals ersetzen können würde – und so linkisch und verkrampft er in jeder Form von sozialer Begegnung auch ist, ist er ziemlich schnell und fähig, wenn es um Nullen und Einsen geht. Dass sie mit Brownies Arbeitsweise locker klar kommt, wusste sie ja schon im Vorfeld. Einer der ganz wenigen Soldaten, der auch nach ihren Standards wirklich das meint was sie unter 'Infiltrator' versteht, wenn sie sagt, dass sie Infiltrator ist!
    Knapp hin oder her: Es ist ein Erfolg gewesen. Junior hat Zugriff auf die Astrogation und kann die Sprungkoordinaten der Fähre verändern. Klar, ein Zugangspad im Bauch des Astroterminals würde bei jeder Routinewartung sofort auffallen, aber warum sollten Imperiale bei einem in der Theorie schwer bewachten Schiff das für ein paar Tage in einem Hangar auf dem Mond steht eine Wartung durchführen?
    Natürlich, wenn man beim Start ganz viel Zeit hat, dann würde mal als guter Pilot wohl auch den externen Zugriff auf den Astrocom bemerken und könnte den Sprung abbrechen, aber da kommt Phase zwei der Planung ins Spiel – die Imperialen dürfen diese Zeit ganz einfach nicht haben. Sie müssten es eilig haben, dort wegzukommen.
    Es gibt keinen ausgereiften Plan, lediglich eine Ansammlung von Aufgaben und Positionierungen der einzelnen Teammitglieder und des Teams externer Security Forces, die das Bureau Shaddaa zur Verfügung gestellt hat. Nicht mehr als Fragmente, aber die Situation in der sie sich bewegen ist alles andere als statisch, viel zu vielen Eventualitäten unterworfen als dass es Sinn machen würde, mit fester Planung vorzugehen. Nicht gerade ihr Lieblingsszenario aber anhand der vorliegenden Daten wohl nicht anders zu bewerkstelligen.
    Erst als das Taxi am Hafen hält bemerkt sie, dass sie minutenlang in geistigen Leerlauf gefallen ist – verdammt, sie ist noch mit Blondie verabredet, die Stadt unsicher zu machen und irgendein Swoop-Straßenrennen zu besuchen, sie kann noch nicht müde sein. Körperlich ausgelaugt ja, aber nicht müde! Das, was sie vorhaben ist verflucht nochmal Entspannung!
    Wortlos zahlt sie das Taxi – bedeutend zu viel, aber das ist ihr gerade wirklich egal – schnappt ihre Taschen und durchquert den Hafen hin zu ihrem Fährenzugang, lässt das Ticket zwar an der Schleuse erfassen, betritt sie aber nicht sondern geht daran vorbei, verschwindet im Serviceeingang einer der Bars im Wartebereich. Wenige Minuten später verlässt sie den Hafen auf der anderen Seite, abseits vom Personenverkehr, verschwindet in einem der kleineren Zufahrtswege und greift nach dem Com.
    Das Gespräch wird instant angenommen, kaum dass sie gewählt hat. Blassgraue, viel zu große Augen sehen ihr aus einem ungesund hellhäutigen kahlen Schädel entgegen. „Trigger“, quietscht Snatch los. „Trigger, Trigger, Trigger! Dein Kopfgeld ist vor ein paar Stunden aus dem System genommen worden, ich dachte schon, dich hat jemand geschnappt! Ui... ui! Was hast du denn für eine schicke Frisur? Wo bist du? Ist das Shaddaa? Hey, das ist Shaddaa! Du bist hier! Wie geht’s dir? Kommst du mich besuchen?“
    Geduldig lässt sie den Wortschwall über sich ergehen, die Lippen verziehen sich zu einem weichen Lächeln. „Hey Snatch“, grüßt sie leise, als der Cyborg Luft holt. „Aye, ich'bin auf Shaddaa. Ehm, un' ich'dacht tatsächlich dich'mal besuch'n zu komm'n...“ Schief lächelnd neigt sie den Kopf. „...haste'für 'n paar Tage 'ne Couch für'mich?“

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    Nar Shaddaa, im Gebälk der Ebenendecke von Ebene 3, 22 Stunden später


    Sie liegt flach auf dem Bauch auf irgendeinem Versorgungsschacht an der Decke der dritten Ebene, die Arme auf dem Metall verschränkt, das Kinn auf die Hände gestützt, beobachtet das Gewirr von Personen nahe eines Nachtclubs unter ihr, den Verkehr in der Schneise ein Stück weiter.
    Es ist nicht das erste Mal, dass sie nach Shaddaa zurückkehrt, Ray und sie sind vor etwas über einem Jahr hier gewesen um einen eventuellen Kontakt nach Voss zu treffen, außerdem sind sie Ende letzten Jahres bei der Wiedereröffnungsgala von Zhraffas Casinolandschaft gewesen, um Hander Korben festzusetzen. Aber anders als dieses Mal hat sie es vermieden Orte zu besuchen die sie kennt. Mit Personen zu sprechen die sie kennt. Das letzte Mal ist sie ja nicht einmal sie selbst gewesen sondern hat die Identität einer Edel-Escort angenommen, die einen reichen Schnösel auf die Gala begleitet hat.
    In der Retrospektive ist es besser gewesen. Es hatte Abstand, das Shaddaa der letzten Besuche war nicht mehr als ein x-beliebiger Ort einer x-beliebigen Ecumenopole. Dieses Shaddaa allerdings ist nahe dran. Ein Ort, den sie beinahe fünf Jahre ihres Lebens ein Zuhause genannt hat. Zu nahe dran.
    Vis hat immer gesagt, Shaddaa sei eine Mutter. Nicht die Version Mutter, die einen immer fröhlich und gut gelaunt mit Keksen und Schnittchen versorgt, pustet und ein Banthapflaster aufklebt wenn man sich das Knie aufgeschlagen hat und einen bei den Hausaufgaben hilft sondern die sehr viel rauere, realitätsnähere Version die säuft, hurt und einem so kräftig den Arsch versohlt wenn man Scheiße baut, dass man tagelang nur noch kriechen kann... und die einen trotzdem in den Arm nimmt. Schützt, wie nur eine Mutter bereit ist, zu schützen. Die in ihrem Suff und zwischen ihren Freiern eine groteske Form von Geborgenheit vermittelt. Und die Arme dieses Shaddaa haben sich um sie geschlossen, lähmend, erdrückend, erstickend.
    Es fing damit an, dass sie zu Snatch gefahren ist, um dort die Zeit bis zum Spiel auf der Couch zu verbringen, nachdem sie das 'Dynasty' geräumt hat. Verdammt, der letzte Abschied hätte für immer sein sollen! Sicher, sie telefonieren regelmäßig, mindestens einmal im Monat, aber das ist etwas vollkommen anderes als dort zu sein. Ray – Snatchs Ray, nicht Senior Agent Johnson – hat erstaunlich friedlich und gelassen auf ihre Anwesenheit reagiert wenn man die vorherigen Begegnungen mit dem Mann bedenkt, in denen sie bereit waren, sich gegenseitig umzubringen. Sie haben nicht einmal übermäßig sarkastisch Nettigkeiten ausgetauscht, bis er sich verabschiedet hat um 'ein paar Tage im Hotel zu verbringen'.
    Snatch hat natürlich Fragen gestellt. Fragen über Coruscant. Ihre Arbeit. Ihr Leben. Die meisten davon hat sie nur unzureichend beantwortet - dass der Cyborg erneut in einen Lachanfall verfallen ist bei der Vorstellung, die Chiss könne in Galactic City leben hat nicht gerade zu ihrer Gesprächslaune beigetragen und gigantische Teile musste sie sowieso mit 'klassifiziert' beantworten.
    Das wäre noch okay gewesen, aber irgendwie kam die absolute Schnapsidee auf, man könne ja mal ins Slice gehen – um Präsenz zu zeigen, damit es nicht aussieht als habe sie etwas zu verbergen, nachdem sie die Karten für ein Spiel organisiert hat, auf dem es mächtig rummsen würde. Um die Cover der anderen zu festigen, deren Background absolut Personen entspricht, die sie früher gekannt haben könnte. Fuck, das war eine Scheißidee!
    Eigentlich dachte sie, niemanden von Bedeutung dort zu kennen. Ein oder zwei Türsteher, den Keeper, irgendwelche namenlosen Gesichter auf der Promenade vielleicht, aber nicht mehr. Der Mondverkehr ist in der Regel extremer Fluktuation unterworfen; Leute kommen, gehen, verrecken. Jemand der Mist baut rutscht tiefer in die Gosse ab und kann sich die Promenade nicht mehr leisten, jemand der zu Geld kommt sieht zu, dass er den Drecksmond hinter sich lässt. Ein stetiger Austausch an Abschaum, wie in einer Müllwalze.
    Doch noch so viele bekannte Gesichter zu sehen, sofort wieder den Namen 'Rancor' aus dem Mund anderer zu hören, über 'früher' zu sprechen und mit der Frage konfrontiert zu werden warum sie zurückgekommen sei hat so viel von dem was sie zurückgelassen hat wiedergebracht. Erinnerungen aufgewärmt – die meisten davon so dreckig wie Shaddaas Gosse – Verhaltensweisen und Sprachmuster die so gut passen wie ausgelatschte Lieblingsturnschuhe zurück an die Oberfläche gespült. Scheiße, sie hat Ray 'Honey' genannt!
    Verdammt, sie vermisst den Mond nicht! Kein Stück! Verglichen mit dem, was sie auf Coruscant hat – dem Leben dass sie sich aufgebaut hat, der Zukunft auf die sie hoffen kann, dem Eid den sie geschworen hat um einem größeren Zweck zu dienen – ist alles, alles hier Dreck. Sie hat eine erbärmliche, elende Existenz ohne jegliches Ziel geführt. Und trotzdem... Wege zu gehen die sie schon tausendmal gegangen ist, Stimmen zu hören die sie schon tausendmal gehört hat... so irrsinnig es faktisch auch ist, kann sie eine gewisse Wehmut nicht leugnen. Das Leben ist definitiv nicht besser gewesen, aber es war einfacher.
    Nachdenklich kaut sie auf der Innenseite der Unterlippe herum. Abgesehen von dieser persönlichen Geschichte, die niemanden etwas angeht, kam auch noch etwas weniger Persönliches – dafür bedeutend Beunruhigenderes – hinzu; Juniors kryptische Begegnung mit einer Person die behauptet jemand zu sein, den sie in einem früheren Leben mal so etwas wie nahe stand und die behauptet hätte, man sei auf dem Mond hinter ihnen her.
    Ist man hinter ihnen her? Warum sollte man? Okay, irgendein Mini-Bountyboard mit vornehmlich imperialen Klientel hatte nach der nicht ganz sauber gelaufenen Sache in Zhraffas Casino Einträge auf die beteiligten Aktivposten geführt, aber Eve, Brownie und Junior sind da noch nicht im Team gewesen und das Ding verfügte weder über Namen noch Bilder, lediglich Beschreibungen, die im Fall von Ray und Jake so vage waren dass das so grob jeder zehnte männliche Mensch sein könnte, bei Doktor Zectro zwar schon präziser ausfiel, aber sie ist verdammt nochmal nicht hier und nur bei ihr selber halbwegs brauchbar gewesen ist. Der Eintrag allerdings ist auf Wirken von Ta'zen – sie muss ihm dringend nach dem Einsatz eine Mail schreiben, vielleicht sogar seinem Doc, dass sie es zu schätzen weiß dass er drauf verzichtet hat sie in eine scheiße peinliche Situation zu bringen – aus dem System genommen wurden.
    Gibt es andere – ältere – Probleme? Für sie alleine sicher... zugegeben, sie hat im Laufe der letzten Jahre den ein oder anderen auf dem Mond ordentlich angepisst, vom imperialen Raum ganz zu schweigen. Aber für das Team? Erst Recht für Junior, der auf seinem dritten Feldeinsatz überhaupt in seiner SIS-Karriere ist? Für Ray, der vor dem Einzug in die TaskForce Jahre in der Analyse verbracht hat? Eve, der an ganz anderen Brandherden als auf dem Mond gearbeitet hat? Brownie, die auf dem Hinterhofsandkasten Tatooine stationiert gewesen ist? Nein, wohl kaum.
    „Fuck'off...“, knurrt sie, hebt den Kopf leicht an um einen Arm zu lösen, der nach dem Pad tastet. Sie könnte ihm einfach eine Nachricht schreiben – vorausgesetzt, seine alten Comkontakte sind noch aktiv. Ihn fragen, was verdammt nochmal er will. Ihn auffordern dass er die Zähne auseinanderkriegen soll wenn er was zu sagen hat anstatt in Glückskeks-Orakel-Manier den Junior zu belästigen.
    Unschlüssig trommeln die Finger auf die Hartplastikhülle. Dann legt sie den Arm unverrichteter Dinge wieder dort ab, wo er hergekommen ist, stützt das Kinn erneut drauf.
    Nein... nein, sie haben einen Einsatz in nicht einmal 20 Stunden. Es wird Zeit dass sie sich zusammenreißt und darauf konzentriert, anstatt sich mit Phantomen aus der Vergangenheit herumzuschlagen. Es spricht nicht gerade für ihre Professionalität dass sie sich von dem Gelaber eines wahrscheinlich vom eigenen Stoff zugedröhnten Spiceheads aus der Ruhe bringen lässt.
    Seufzend richtet sie sich in sitzende Postion auf, rollt langsam mit den Schultern um die vom langen Liegen aufgekommenen Verspannungen zu lösen. Irgendwas ist wohl dran an den Sprichworten; egal wie weit man geht, Shaddaa wird man niemals wirklich los.

  • ((Another hero, another mindless crime!))


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    Nar Shaddaa, im Park einer Penthouse-Villa, 26 Stunden später


    Sie verlässt den Kiesweg des künstlich angelegten Parks mitsamt Springbrunnen und hell erleuchtetem Pool näher an der Villa, in dem sich einige hutt-space-Schönheiten darin übertrumpfen, wer das knappere Bikinihöschen tragen kann – mit Oberteilen schlagen sich diese ausgemachten Ladies gar nicht erst herum – geht so lange, bis sie durch einen Wust von formschön beschnittenen Büschen und Hecken den Rand der Gartenanlage erreicht, lehnt die Unterarme auf die etwas unter bauchnabelhohe Mauer und dreht die Flasche salecamisches Stout – corellianisches hatte die Bar nicht vorzuweisen – langsam zwischen den Handtellern, während sie auf Nar Shaddaas Neonmeer hinausblickt.
    Scheiße, sie ist müde! Ziemlich ausgelaugt. Körperlich von der über eine ganze Weile aufrechterhaltenen Spannung die jeder Einsatz mit sich bringt, aber vor Allem geistig, von dem Danach.
    Sie hat gehofft, die Aftershowparty würde nicht stattfinden, nachdem Galda der Geringere in seiner Loge mit einer Menge Feuerkraft und dem in die Tribüne krachenden Arenacube in den Finalsekunden des Spiels umgebracht wurde, aber es ist Shaddaa... die 'Starbugs' haben das Spiel furios mit vier zu null gewonnen – auch wenn es keinen Abpfiff gab und die 'Milkyway Warriors' sicher protestiert haben, dass sie das Spiel ja theoretisch noch hätten rumreißen können – wen interessiert da schon ein toter Hutte, eine fliehende Sith und eine Panik im Stadion? Die Huttball-Liga trägt einen viel zu starken Finanzmarkt, als dass derartige Lappalien die Party, für die alleine sicher ein paar hunderttausend Credits umgesetzt wurden, abblasen würden. Die Show muss schließlich weitergehen.
    Und weil die Show weitergehen muss, sind Hirom und sie hier, haben mit belanglosen Leuten über noch belanglosere Themen gesprochen, während halbnackte Weiber Tabletts mit Getränken und kleinen Häppchen unter ihren künstlichen Titten durch die Räumlichkeiten der Villa balanciert haben. Irgendwann hat Hirom – im Cover von Edward 'Eddie' Yarp, Extremsportenthusiast – eine Vergleichsdiskussion zwischen Huttball und Gravball losgetreten, irgendwann später hat irgendein Spinner die beiden Ringkämpfe zwischen dem 'blauen Rancor' und der 'Todgeweihten' im Holo ausgebuddelt, die auf Padbildschirmen die Runde machten, woraufhin Vis' Holofanclub der noch immer existiert – im Netz geht nichts verloren – von siebzehn auf stolze vierundvierzig Mitglieder angestiegen ist.
    Während dieser Zeit liefen auf übergroßen Holowänden unterschiedlichste huttische Newsfeeds, die sich mit dem Spiel – teilweise sogar mit dem tatsächlichen Spiel und nicht nur den dramatischen Finalsekunden jenseits des Spielfelds – beschäftigt haben. Zwar ohne Ton, aber die schriftlichen Einblendungen – verdammte Scheiße, Schlagzeilen wie 'Galda der Geringere kassiert mehr Treffer als die Milkyway Warriors' bringt nur das HuttNet zustande – haben vollkommen ausgereicht, sich ein Bild davon zu machen, dass der zuvor gefasste Plan tatsächlich aufgegangen ist; die annähernd unversehrte Sith gilt als die Hauptschuldige, dass sie unter Beschuss ihr Lichtschwert gezündet hat, hat nicht gerade zu ihrer Entlastung beigetragen – durch den Rauch sieht man zwar deutlich die tiefrote Klinge, nicht allerdings was sie damit macht – ihre geradezu Mordlust schreiende Mimik hilft ihr auch nicht weiter und dass das schwarzgerüstete Ding, das aus dem Rauch bricht, mit einem Enterhaken in der Decke einmal quer über das Spielfeld schwingt und in einer gegenüberliegenden Loge außer Sicht verschwindet von mehreren Quellen als ihr Bodyguard identifiziert wurde – sogenannte vernunftbegabte Wesen sind so kläglich leicht zu täuschen, man kann jeden in eine Vollrüstung stecken, in diesem Fall ist es Eve – ist da nur das Tüpfelchen auf dem i. Auf ihrer Flucht zum Hafen hat die Sith eine Spur von Securityleichen hinterlassen, spätestens da ist jegliche Form von Klärungsversuch – auch für die Zukunft – wohl gelaufen gewesen.
    Ihnen ging es nur darum, die Frau schnell vom Mond zu treiben, sie haben sich nur über die direkten Folgen Gedanken gemacht. Eigentlich ist es ja beinahe schon peinlich, eingestehen zu müssen dass die Brillanz der Nachhaltigkeit dieser Planung eher Zufall war; Lord Rawn ist – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Auftrag von Lord Labrass – bei Galda gewesen um Vertragsbedingungen für imperiale Unterstützung auszuhandeln und gilt jetzt als dessen Mörder. Das würde weitere Verhandlungen des Lords im hutt space erheblich erschweren; sie geht nicht so weit zu sagen, dass sie seinen Fuß aus der huttischen Tür vertrieben haben, aber zumindest hat er einen mehr als ordentlichen Tritt auf die Zehen kassiert.
    Sie ist ziemlich erschlagen gewesen, aber so früh schon wieder zu gehen hätte scheiße ausgesehen. Dennoch hat sie Luft gebraucht, musste weg von den Leuten. Also hat sie sich ein Ale geholt – die bunte künstliche Scheiße in Cocktailschalen trinkt sie nicht – und ist raus gegangen, Hiroms Smalltalkwert reicht – zumindest bei sportlichen Themen – locker für zwei. Vorbei am Pool, vorbei an den zweifelsfrei zuzuordnenden Geräuschen etwas abseits der Wege bis dorthin, wo es halbwegs ruhig ist. Halbwegs, die Melodie der laufenden Musik ist hier nicht mehr zu hören, für den dumpf dröhnenden Bass allerdings kann man in diesem Garten nicht weit genug laufen.
    Faktisch ist der Einsatz einer der größten Erfolge gewesen, die sie bis jetzt vorzuweisen haben, im Dateiformat sieht das Ding auch absolut ordentlich aus. Keine Verluste. Keine nennenswerten Verletzungen. Keine Kopfgelder oder Kompromittierung der Coveridentitäten.
    Aber das Dateiformat lügt; das beeindruckende Ergebnis ignoriert, dass Eve in laufender Mission die Planung verändert hat, das absolut irrwitzige Risiko eingegangen ist, der Loge – und damit der Sith – viel zu nahe zu kommen. Durchzubrechen, für diesen absurden Sprung über das Spielfeld. Sie hätte nur reagieren müssen – auf ihn reagieren müssen anstatt auf Brownies Schüsse – und hätte ihn in zwei verdammte Hälften teilen können! Er muss einen Grund gehabt haben, einen verdammt guten Grund, dieses horrend hoch kalkulierte Risiko einzugehen – Ray hat ihm zwar vorgeworfen, dass er seinen Kick ausleben wollte, aber das ist bullshit. So gigantischer bullshit, dass nicht einmal Ray ernsthaft daran glauben kann.
    Es ist brutal gewesen. Hilflos aus einer seitlichen Loge zuzusehen, wie er aus dem Rauch bricht. Wie die Klinge der Sith – nur deswegen verzögert, weil Brownie die Loge von der Seite beharkt – hinterherschlägt. Wie der Gerüstete hinter der Brüstung außer Sicht verschwindet. Nichts – gar nichts – tun zu können. Im Loop den einen Gedanken zu denken, dass sie ihm versprochen hat, seinen Grabstein zu beschriften, einen der ersten Abende nach seinem temporären Einzug, als sie ihm gezeigt hat, wo in Towernähe man vernünftiges Essen bekommt und sie mit zwei Ale bewaffnet auf einer Parkmauer gelandet sind.
    Hilflosigkeit. Sorge. Zorn. Ein brisanter Cocktail, den sie nicht mehr unter Kontrolle zwingen konnte – oder wollte? - als sie sich im Safehouse wiederbegegnet sind und der sich mit ihrer Faust in Eves Gesicht entladen hat. Es hat sie nicht interessiert dass er weiß wie Kunstschnee gewesen ist und unter Schock stand. Es hat sie nicht interessiert, dass das Rückenmodul der Rüstung den sauberen Schnitt der Lichtklinge getragen hat, nur Zentimeter an seinem Rücken vorbei. Sie hat ihm ihre Überreizung lautstark ins Gesicht gerotzt, bis Ray sie am Kragen gepackt hat – sich dabei beinahe auch eine gefangen hat – nur um dann selber auf Eve einzuhacken, sein mickriges Ego mit irgendeinem Märtyrerbullshit von Kondolenzbesuchen und Kommandofunktion aufzuplustern, bis bei Eve irgendwas durchgebrannt hat und er Ray die Nase gebrochen hat.
    Sie sind wahnsinnig. Alle. Keine Ausnahme! Okay, ein Stück Wahnsinn ist wahrscheinlich nötig um den Job zu machen den sie machen wie sie ihn machen. Ohne einen irgendwie verkrüppelten Selbsterhaltungstrieb würde man sich wohl selbst im Weg stehen. Adrenalinsucht ist in den meisten Situationen auch eher hilfreich als hinderlich. Aber zu sehen, was für eine Bandbreite an emotionalen Defekten sie abdecken, zu erleben, wie sich der Psychoscheiß in einer Kettenreaktion entlädt, das ist schon übel gewesen. Vielleicht ist der Scheiß mit den Jedi doch gar nicht so schlecht – nicht wegen der bescheuerten Echse in irgendeinem Sumpfloch am Arsch der Galaxie, sondern so ganz allgemein. Durch Rays erbärmliche Angewohnheit sich einem Konflikt durch Flucht zu entziehen, ist die Situation nicht einmal geklärt worden sondern hat das Potential zu brutalen Folgeschäden, die sie im schlimmsten Fall alle gefährden.
    Sie zieht die Brauen zusammen, schrägt den Kopf und lauscht. Schritte, auf dem Kiesweg hier hinten, näher kommend. Langsam dreht sie den Oberkörper, nippt einen Schluck aus der Flasche und sieht der Gestalt in cremeweißem, verdammt gut auf lässig geschnittenen Anzug entgegen, die sich suchend in der hier hinten nur spärlich beleuchteten Anlage umsieht.
    „Eeh, Buck“, grüßt sie etwas lauter.
    Er zuckt nicht, sein Kopf ruckt grob in ihre Richtung. „Rancor?“
    Sie lächelt matt, schnaubt einen leisen, kurzen Luftstrom durch die Nase. „Aye.“
    „Ah, hier steckst du.“ Er verlässt den Kiesweg und kommt ihr entgegen. „Dein Kumpel vermisst dich.“ Tritt neben sie an die Mauer, lehnt sich dagegen und versenkt die Hand in der Innentasche des Jackets. „Kernweltler, hm?“
    „Aye.“ Sie nickt. Wahr. „Guter'Bekannter von'mir.“ Auch wahr. „Ham'nen paar Ma' zusamm'n gearbeitet.“ Wieder wahr. „Verdammt guter'Pilot.“ Und auch das – wahr.
    Er zieht die Hand aus der Tasche, ein Datenstick zwischen Zeige- und Mittelfinger, den er ihr entgegenstreckt. „Deine Autogramme. Das ganze Team.“
    Wieder nickt sie, nimmt den Stick entgegen und steckt ihn ein. „Danke.“
    „Ist schon ein komischer Zufall, hm?“ Es ist ein Plauderton, die unterschwellige lauernde Schärfe nur dann wahrnehmbar, wenn man weiß, worauf man achten muss. „Da kommst du auf den Mond und besuchst ein einziges Spiel... das prompt über den Sportteil hinaus in den Headlines landet.“
    Sie schmatzt nüchtern. „Ach, 's is'mehr Ausnahme als'Regel? Sich geg'nseitig anpiss'nde Hutt'n is'doch hier auch Volkssport.“
    Er bedenkt sie mit einem Seitenblick, schürzt die Lippen und lehnt die Handballen hinten auf die Mauer.
    „Ehm, wenn'dich 's beruhigt... erst'ns arbeit'ich nich' für Hutt'n...“ Ebenfalls wahr. Sowas von wahr. „...un' zweit'ns hab'ich mir mein'n Arenabesuch auch echt anners vorgestellt.“ Okay, das ist zwar wahr, fällt aber unter 'extrem gebogen'. Der Teufel steckt in den Details, die hat sie sich wirklich anders vorgestellt.
    „Hm“, beschließt er nach einem weiteren Moment des Seitenblicks und nickt einmal. „Irgendwie würde ich es trotzdem cool finden, dich nicht so schnell wieder bei einem Spiel zu sehen. Ich kann mir nicht erklären wieso, aber ich hab das Gefühl, das bringt das Sponsoring durcheinander.“
    Gleichgültig zuckt sie mit den Schultern. „Is' jetz' nich'so als hätt'ich nach Kart'n gefragt, eeh? Du hast'mir die'Dinger angebot'n...“
    Langsam wiegt er den Kopf. „Ja, hab ich wohl... und eigentlich müsste ich jetzt fragen, was du mit den restlichen Karten so getrieben hast, ich hab dir mehr gegeben als du Begleiter hattest.“ Noch während er redet hebt er abwehrend die Hand. „Aber ich will es gar nicht wissen. Bleiben wir einfach bei 'keine Spiele der Bugs mehr für den blauen Rancor', hm?“
    Zwei Sekunden beult sie mit der Zungenspitze die Wange aus. Zwei weitere Sekunden gehen dafür drauf, dass sie einen Schluck Ale trinkt. Dann nickt sie. „Ich werd's in Betracht zieh'n.“
    „Gut.“ Er stößt sich von der Mauer ab und setzt sich wieder in Bewegung. „Schönen Abend noch.“
    Sie tippt sich grüßend mit zwei Fingern gegen die Schläfe. „Sieht'sich.“
    Er lacht, sieht kurz über die Schulter zurück. „Na, hoffentlich nicht so bald...“ Dann tritt er auf den Kiesweg zurück und schlendert gen Poolterasse.
    Sie lässt den Kopf in den Nacken kippen und sieht in Nar Shaddaas smogverhangenen Nachthimmel. Minutenlang, ehe sie sich ebenfalls wieder auf den Weg zum Haus macht. Wenn Hirom nach ihr sucht ist es wohl spät genug, dass sie endlich hier verschwinden können.

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    Coruscant, ein Apartment über der Stadt, einige Tage später, früher Nachmittag


    Sie schlingt sich auf dem Weg in die Küche ein Handtuch um die Hüfte – ohne es vorher zum Abtrocknen des Oberkörpers oder gar der Haare zu benutzen, wodurch sie eine Spur aus nassen Fußabdrücken hinterlässt – aktiviert dort angekommen das Monstrum von Cafmaschine und angelt zwei Alu-Cafbecher aus dem Schrank darüber; ihren ganz persönlichen so derart verbeulten dass es aussieht als wäre Aidan ein paar Mal mit dem Swoop drüber gerauscht, ehe er ihn ihr geschenkt hat, damit sie ihren Caf auf Coruscant nicht aus Porzellanbechern mit Emblem des republikanischen Militärs trinken muss und einen der Standardbecher, die sie nach der 'Cafbecher-Affäre' vor etwas über einem halben Jahr von der 'Sidekick' geholt hat, nachdem – nach einer etwas ausufernden Kabbelei um ihren Becher – dann doch mal eingeräumt wurde, was sie schon lange wusste: Dass Caf aus Alubechern einfach besser schmeckt als aus allen anderen Trinkgefäßen. Relativ dicht gefolgt von beschichteter Pappe, dann erst von Porzellan.
    Langsam zieht sie einen tiefen Luftstrom des sich ausbreitenden Aromas durch die Nase, als frisch gebrühter Caf allmählich die Becher füllt, während sich aus den nassen Dreads stetig Tropfen lösen und über Rücken und Brust rinnen.
    „Hier ist es immer noch zu kalt“, mault es von jenseits der Küchentür, bevor der nur in Shorts gekleidete Urheber in den Türrahmen tritt, beide Hände sind erhoben, die Finger damit beschäftigt, die braunen Haare zu durchkämmen und in Form zu bringen, während er langsam der Tropfenspur auf den Boden in den Raum folgt. Zwei Uhr vierzehn Standardzeit ist er nach drei Monaten Flottenseminar auf Rendili nach Hause gekommen – der Flug hatte etwas über acht Minuten Verspätung, die sie damit verbracht hat, rastlos im Wohnzimmer auf und ab zu laufen – und die letzten zwölf Stunden waren wie eine Reise in die Vergangenheit; in die Zeit vor dem Stabsdienst, in der ihr Zusammenleben noch perfekt gewesen ist. Sie haben alles dafür getan für den Moment zu verdrängen, dass es nicht so bleiben würde – dass der Alltag sie irgendwann wieder einholen würde. Inklusive einer dieser bullshit-Diskussionen die sie so oft über einen absolut unwichtigen Umstand führen und die endete wie alle diese Diskussionen enden. Dieses Mal musste das Raumklima als Thema herhalten; in seiner Abwesenheit hat sie die Zimmer auf etwas temperiert, das Menschen als extrem kalt empfinden. Viel zu kalt, wie er in der Nacht mehrfach betont hat. Sie hätte das Thermostat einfach hochgedreht – auch auf dreißig Grad wenn es denn hätte sein müssen – wenn er einfach nur gefragt hätte. Sie hätte ihn die Temperatur auch einfach selber hochdrehen lassen, wenn er es einfach gemacht hätte. Aber er hat sich beschwert, also haben sie diskutiert – sich dabei nichts geschenkt, jedes einzelne Grad Kompromiss wurde mit harten Bandagen verhandelt.
    „Man'gut, dass'de nich' grad eb'n so'grob fünfzehn Zentimeter am'Thermostat vorbeigelauf'n bis', hum?“, neigt sie schmunzelnd den Kopf.
    „Ich hatte keine Hand frei“, entgegnet er, weiterhin damit beschäftigt, die Haare zu richten.
    „Frage'der Priorität'n...“ Sie nickt langsam. „Das versteh'ich.“
    Auch er nickt, gespielt ernst, und kriegt nun endlich die Hände vom Kopf. „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss“, führt er theatralisch aus, tritt hinter sie und legt die Arme um sie – nur um gleich darauf einen Schritt zurückzuweichen und – weniger theatralisch – anzufügen: „Bah, du bist nass!“
    Sie schnaubt amüsiert. „Ich vermute Kausalität zu'dem Umstand, dass'ich grad geduscht'hab...“ Abrupt schüttelt sie für einen kurzen Moment den Kopf, Tropfen lösen sich aus den Haaren und sprenkeln die Küche.
    „Irgendwann...“ Er taucht ab um dem Tropfenregen so gut es geht auszuweichen. „...erkläre ich dir, wozu die Dinger hier gut sind.“ Er greift nach dem Handtuch an ihrer Hüfte, sie schlägt zeitgleich mit beiden Händen flach auf Hüfthöhe nach hinten. Eine geht ins Leere, die andere erwischt seinen Arm.
    „Noch'nie in'der Geschichte der taktisch'n Kriegsführung isses'ne besonnders gute Idee gewes'n, dem'Gegner seine Taktik vor'Umsetzung off'nzuleg'n“, grinst sie auf den Laut der Empörung der ihrem Schlag gefolgt ist.
    „Ha, das glaub ich nicht. Es gibt bestimmt irgendeinen Fall!“
    „Kannste recherchier'n währ'nd ich'im Büro bin.“ Sie ist auf Bereitschaft und muss nicht den ganzen Tag im Tower verbringen, ist aber mit Shiv verabredet, die aus Jaldas Palast gewonnenen Daten durch die Mangel zu nehmen – inklusive des an sie geschickten Datenkerns, von dem sie den bitteren Verdacht nicht loswird, dass es Captain Screwtable gewesen sein könnte, der ihn so derart unbrauchbar gemacht hat.
    Wieder legt er die Arme um ihre Hüfte, dieses Mal ist es ihm egal, dass sie nass ist, als er seine Brust gegen ihren Rücken lehnt. Zu spät durchschaut sie das Manöver; seine rechte Hand schnellt vor und greift nach einem der Cafbecher an der Maschine. Ihrem Cafbecher!
    Empört folgt ihr Blick dem Becher auf seiner Bewegung – handeln kann sie nicht, der heiße Caf und nackte Haut vertragen sich nicht besonders gut und Verbrühungen stehen nicht auf der heutigen Agenda. Er stützt das Kinn auf ihre rechte Schulter und trinkt einen Schluck. Das Zeug ist viel zu heiß, sie merkt es daran, dass er zuckt, kaum sicht-, durch den Körperkontakt aber spürbar.
    „Mmmmh...“, murmelt er genießerisch, auch wenn er wahrscheinlich dank verbrannter Zunge gar nichts schmeckt – was er nie zugeben würde. „...das ist doch der aller, allerbeste Caf...“, fügt er spöttelnd an und nimmt den Kopf etwas zur Seite, um sie anzusehen.
    Sie will etwas sagen. Protestieren. Diskutieren über ihre Besitzansprüche auf dieses Stück Alu. Aber sie kann nicht. Er lächelt; dieses eine so charakteristische spitzbübische Lächeln dass ihre Welt zu einem so viel besseren Ort gemacht hat und das in den letzten Monaten zur Rarität geworden ist. Es raubt ihr die Sprache und für den Moment jegliche Fähigkeit zum rationalen Denken.
    „...aber ich bin bereit zu teilen“, durchbricht er etwas belegt im Weichspültonfall die sekundenlange Stille, in der sie sich einfach nur angesehen haben. „Wir haben uns ja sowieso auf ein 'unser' geeinigt.“
    Sie nickt nur, räuspert sich leise und greift nach dem Becher, den er ihr auffordernd hinhält, woraufhin er sich den anderen Becher heranzieht. „...aber dein Gesicht war's wirklich wert“, fügt er belustigt an.
    Sie schnaubt amüsiert. „Auch die'verbrannte Zunge?“
    Er nickt knapp. „Auch die verbrannte Zunge! Wie lange bist du weg?“
    „Mh, kann'ich nich' genau sag'n. Glaub, nich'so lang. Zwei Stund'n vielleicht? Drei? Irg'ndwie so.“
    „Gut, dann ruf an, wenn du los kannst. Treffen uns unten und fahren zum Bankquadranten.“
    Kritisch runzelt sie die Stirn. „Okay, un'was woll'n wir'da? Wenn'wir den Kredit nich' bezahlt hätt'n wüsst ich'das...“
    „Keine Bank, eine Bar. Das corellianische Ding in diesem einen Tower.“ Der Tonfall bekommt eine ernste Note. „Wir müssen noch ein Holobild machen...“
    Sie blinzelt langsam. Er küsst lächelnd ihre Wange.
    “Wir beginnen nun eine Tradition. Wir machen nun jedes Jahr ein Bild von uns hier. Und wenn du das für romantischen Blödsinn hältst – ja, ist es! Wenn du ne Ausrede dafür brauchst, wir studieren die wirtschaftliche Entwicklung dieses Gebäudes und dieser Ecke über die nächsten... mhm... fünfzig Jahre? Langzeitstudie!“
    Das Holo hätte eigentlich Anfang des Monats gemacht werden müssen. Am fünften. Sie ist sogar auf Coruscant gewesen, ist keine 2 Stunden vor ihrem zweiten Jahrestag von Tatooine zurückgekehrt, nicht einmal eine Woche später schon wieder auf dem Weg nach Nar Shaddaa gewesen. Aber er war nicht da, drei verdammte Monate lang. Sie haben nur telefonieren können, am Abend.
    „Ich weiß dass es eigentlich beinahe einen Monat zu spät ist“, sagt er leise, als würde er ihre Gedanken von ihrem Gesicht ablesen. „Aber was wäre das für eine beschissene Tradition, die man schon ein Jahr später wieder lässt? Da doch lieber nachholen. Ich...“ Er stockt, lächelt verlegen, überbrückt das mit einem weiteren Kuss auf ihre Wange. „...möchte nicht drauf verzichten“, murmelt er noch leiser gegen ihren Wangenknochen. „Ich möchte... auf gar nichts verzichten. Du... weißt schon.“
    Sie stellt ihre Caftasse aus der leicht zitternden Hand ab, tastet nach seiner, löst sie aus seiner Hand und stellt sie ebenfalls ab. Wie automatisiert legt sich der nun freie Arm auch noch um sie und sie legt ihre Hände auf seine, verschränkt die Finger miteinander und nickt.
    Ja, sie weiß schon. Sie weiß ganz genau...

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    Coruscant, im Fahrstuhl eines Megatowers , früh am Morgen


    Es ist verdammt einfach, sich in einer Uniform auf Coruscants Oberfläche zu bewegen, so nahe des Regierungsviertels mit dem Heroem-Komplex und zig anderen Einrichtungen in denen das Schwarz der SIS-Uniform ein eher gewohnter Anblick ist. Und weil es so leicht ist, tut sie es üblicherweise nicht; sie findet das Gefühl unangenehm, ein gutes Stück der eigenen Identität beraubt zu werden und nur noch ein Status zu sein. Ein Symbol, zu dem sie sich nicht einmal eignet. Sie zieht es wirklich vor sie selbst zu sein, auch wenn das bedeutet, auf Coruscant immer mal wieder mit Ablehnung und manchmal – wenn auch selten – offener Feindschaft konfrontiert zu werden. Es ist besser geworden, im Laufe der letzten Jahre. In direkter Umgebung von Wohnort und Arbeitsplatz hat man sich scheinbar an den Anblick gewöhnt und in den anderen Fällen ist sie einfach ruhiger geworden, reagiert auf Blicke gar nicht mehr und auf verbale Angriffe mit Gelassenheit statt zynischem Spott. Kontrollen – zufällige Stichproben selbstverständlich – gibt es zwar immer noch, aber dank SIS-ID kosten sie so gut wie keine Zeit mehr, enden oft mit einer Entschuldigung oder freundlichen Worten – beides mit hoher Wahrscheinlichkeit geheuchelt – des jeweiligen CSF-Beamten.
    Aus der dem Regierungsviertel nächsten Baracke der Coruscant Home Fleet, in der die Soldaten ihrer Aktivposten ohne Wohnsitz auf Triple Zero untergebracht sind, herauszukommen hat nur wenige Minuten gedauert - anders als das Reinkommen, in der ihre Identität ziemlich akribisch geprüft wurde; angenehm hohe Sicherheitsstandards, mit denen sie in dem Maße nicht gerechnet hat, nicht einmal auf Militärgelände. Trotzdem hat Coruscant Prime sich schon ein Stück über die Dächer der Skyline geschoben, als sie wieder auf die Straße gekommen ist. Es ist spät genug gewesen, dass zumindest ein paar der Geschäfte des Megatowers in dem sich ihre Wohnung befindet, schon auf gehabt haben, also hat sie – für ein halbes Vermögen, es ist eine bessere Wohngegend – gleich Frühstück gekauft. Zwei Smoothies, frische Brötchen und Obst, es ist immerhin schon ihr zweites Frühstück heute. Nach Hause hat sie sowieso müssen, bevor sie für Juniors tägliches Training in den Tower geht. Zum einen um sich umzuziehen; es wäre absurd, würde sie in Uniform im Büro erscheinen. Und zum zweiten um eine Kopie des Datenträgers mit dem technischen Abbild ihres personalisierten HUDs zu holen, damit Eve in Auftrag geben kann entsprechende Anpassungen vorzunehmen, wenn er sich später am Tag mit Corporal Kant treffen würde. Sie weiß, wo sich die Datenträger befinden – sie weiß immer wo sich ihr Kram befindet – aber da ranzukommen wird mit verdammt viel Arbeit verbunden sein, der entsprechende Container ist ziemlich weit in ihrer mit immerhin einer halben Schiffsladung vollgekrempelten Rumpelkammer vergraben.
    Mit gehobener Braue und ironischem Lächeln betrachtet sie das seltsame Abbild ihrer Selbst, das in in der Spiegelwand des Fahrstuhls den Blick mit gleicher Mimik erwidert; wann immer sie die Uniform anzieht, hat es einen Sinn, in dem sie kühl kalkulierend das für sich benutzt, wofür das Ding steht. So auch in diesem Fall. Sie hat gewusst, dass die Uniform, das entsprechende Auftreten und die sich auch in sorgfältiger Prüfung als echt herausstellende ID ihr Zutritt zur Baracke verschaffen würde, auch um drei Uhr nachts. Sie hat auch gewusst, dass der Hinweis auf Geheimhaltung sie um Fragen bringen würde, was sie im Detail von First Lieutenant Evaral Jorrán will. Das wie war annähernd makellose Planungsarbeit... nur das warum hat 'Wahnsinn' derartig geschrammt, dass es bei einem Swoopunfall wohl als wirtschaftlicher Totalschaden gelten würde.
    Scheiße, was hat sie sich eigentlich dabei gedacht, absoluten Amtsmissbrauch zu begehen um sich Zutritt zu verschaffen, in das Quartier eines Offiziers der republikanischen Streitkräfte – nicht dem Lieutenant der es gewohnt ist das Dinge zwischen ihnen regelmäßig eskalieren und der drauf steht, sondern einem anderen – einzubrechen und ihn mit einem Gasangriff unter Betäubung zu setzen? Sie hat ihre Karriere gefährdet. Ihre Freiheit und sogar – wenn man besonders schwarz malen will – ihr Leben. Für bullshit!
    Die Antwort liegt auf der Hand: Sie hat gar nicht gedacht, zumindest nicht über die Parameter zur Zielerfüllung hinaus.
    “Ehm... tut'mir leid. 's... mein'ich so. Ich'hatt 'n Ziel un'nen Weg dahin. Über'das rechs un' links hab'ich... nich' nachgedacht. Zu'fokussiert auf'Ziel. Gibt... 'ne Menge Bereiche, da geht's nich' anners. Get things done. Kommste'zu 'nem Punkt an'dem de wirklich drüber nachdenks' was'de eig'ntlich tust, würde'das nur'zur Lähmung führ'n. Boah... 's gibt echt viele Sach'n die'ich wahrscheinlich nich' gemacht'hätte, hätt'ich mir selbst Planspiele über'die eventuell'n Folg'n zugelass'n. 's kommt immer'erst hinnerher... wenn'das Adrenalin raus is' aus'dem Blut.“
    Nur dass diese Sachen üblicherweise einen tieferen Sinn haben. Sie irgendwie weiterbringen. Nicht so in diesem Fall. Eve hat sie herausgefordert und sie... ja, sie hat sich herausfordern lassen. Aus einem saloppen Scherz heraus, der die Ernsthaftigkeit der Situation zerstreuen sollte, als sie ihn zur Rede gestellt hat, warum er sich so gehen lässt.
    “Okay, aber'so kommste nich' unner'mein Kommando. Un' wenn'ich dich selber rasiere.“
    „Versuchs doch!“
    „Fuck'eeh, war'das 'ne
    Herausforderung?“
    „Willst wohl wieder 'n Hintern voll? Oderr 'n Karussell? Dann kannste mir wenigstens nich' in die Ripen hau'n.“
    „Du has' vierun'zwanzig Stund'n, dein'n... Rasierer zu reparier'n. Danach nehm'ich 's als'Herausforderung
    an. Noch lachste... aber 's is'mein verdammter Ernst!“
    Bei den Sternen, ja! Es ist ihr Ernst gewesen. Ihr voller Ernst!
    “Warte mal... Trigger?!?“
    Er ist wach geworden, trotz des geringeren Sauerstoffgehalts im Raum durch die CO2-Kapseln. Sie hat nicht bedacht, dass er anteilig kein Mensch ist und die Physis eines Arkanianers sich von der eines Menschen unterscheiden könnte, als sie die Dosis berechnet hat.
    “Ich hab mir ja gedacht dass du wirklich mal mit 'nem Rasierer antanzt, aber DAS?“
    Und als er wach geworden ist, hat er sie angegriffen. Sie hat Glück gehabt, dass sein erster Impuls auf 'abwehren und Raum gewinnen' ging so dass er sie nur mit einem Kissen vom Bett gewischt hat anstatt sie wirklich anzugehen. Das Szenario wenn ihre Instinkte übernehmen, würde man sie auf diese Art aus dem Schlaf reißen sähe mit hoher Wahrscheinlichkeit anders aus. Aggressiver. Wahrscheinlich letaler. Und sie hat Eve gesehen, als er unter einer Mischung aus Schock und Adrenalin stand und Ray die Nase gebrochen hat. Das hätte sehr viel mehr eskalieren können.
    “Also... entweder hörste jetz' aufzu pump'n oder aber'du machst die Klimatisierung wieder'an. Sonst wirste nämlich in'geschätzt zwei Minut'n einfach ohnmächtig.“
    Sie hat versucht, ruhig und vernünftig zu klingen, sich so deeskalierend wie möglich verhalten. Unterlegene Position, die Hände mit offenen Handflächen erhoben. Sekundenlang ist seine Anspannung deutlich spürbar gewesen und wahrscheinlich ist es nur dem Einfluss der Gaskapseln zu verdanken gewesen, dass er nicht auf sie losgegangen ist.
    „Du bist doch echt... ich könnte dich verklagen!“
    Verklagen. Überwältigen. In der Situation wäre er sogar mit umbringen durchgekommen und hätte es als Affekt verpacken können. Immerhin hat beim Aufwachen einfach nur eine Gestalt über ihm gekauert. Der Rasierer an seiner Schläfe hätte auch eine Waffe sein können.
    Stattdessen hat er ihr ein Ale angeboten, später sogar noch ein Müsli. Und sie haben geredet. Lange geredet. Über Verbissenheit, über Sicherheit.
    “Du siehst gerade aus wie ein Rancor, der aus Versehen auf die Lieblingstwi seines Hutten getreten ist.“
    Woher er seine Narbe im Gesicht hat – nicht sein Lieblingsthema. Über den Krieg, den letzten Einsatz, die beteiligten Aktivposten – besonders die Neuen. Über zukünftige Einsätze und was von Einzelnen zu erwarten ist. Über Traumpartner und Liebe.
    “Sei froh dass du jemanden hast, der so auf dich wirkt. Und gib ihn nich' wieder her. Ich hatte sowas noch nie, die einzige Person für die ich jemals so perfekt war, war meine Mutter.“
    Sie reißt den Blick von ihrem Spiegelbild los, als der Fahrstuhl stehen bleibt und die Türen öffnen, schüttelt schnaubend den Kopf. Schmunzelt, als sie in die weite Lobby vor den Wohnungstüren hinaustritt.
    “Oh man, das ist niedlich.“
    Eine weitere Person, die sie mit ausgerechnet diesem Adjektiv bedenkt, wenn sie über ihr Privatleben spricht.
    Über Karteror und ihre Bedenken, die ihr zugedachte Position nicht ausfüllen zu können.
    “Du kannst vor Allem auch so tun als ob du mir den Befehl gibst, irgendeine Taktik auszuführen. Viele Teams geben ihren Taktiken eigene gefechtstaugliche Namen. Du sagst dann irgendwas, das sich authentisch anhört und ich übernehme.“
    „Klingt'gut. Geh'davon aus dass
    du am'Zug bis' wenn'ich dir irg'nen bescheuert'n Nam'n um'die Ohr'n knall... sowas'wie 'fauch'ne Mankakatze' oder 'trampelnder Rancor' oder'so.“
    Sie hat zuende rasiert, was sie angefangen hat – den Undercut wieder sauber und als pädagogische Maßnahme den Bart, bis nur noch ein Schnurrbart übrig blieb.
    “Das wird für die anderen eine Lehre sein, wenn sie mich heut im Tower sehen... immer fein rasieren, wenn Trigger es verlangt.“
    Sie clippt ihre Schlüsselkarte vom Gürtel und zieht sie durch das Keypad der Wohnungstür, bestätigt mit einer Codeeingabe. Im Inneren der Wohnung ist es still, das fensterlose Wohnzimmer nur von den ersten Sonnenstrahlen die durch die offene Küchentür fallen erhellt. Sie stellt die Tüten und den Getränkehalter auf dem Wohnzimmertisch ab, schlüpft aus den Stiefeln und geht zur Küche weiter um Caf aufzusetzen, gibt sich dabei keine Mühe leise zu sein, er würde in wenigen Minuten sowieso aufwachen, auch ganz ohne Wecker. Die Macht der Gewohnheit, auch in den freien Tagen, bevor er seinen Dienst als Ausbilder in der Home Fleet anfängt, der ihn aus den Klauen der Generalsschlampe gerettet hat.
    Es gibt wenig so Intimes wie Einbruch in Wohnraum. Man dringt in die Privatsphäre einer Person ein. In eine Komfortzone, in der ein Lebewesen sich sicher genug fühlt dass es all die üblichen Barrieren und Schutzschilde, die es den ganzen Tag mit sich herumschleppt, heruntergefahren hat. Niemand vermittelt so sehr Schutzlosigkeit wie ein Schlafender.
    Und von dieser Stimmung hat die stundenlange Unterhaltung gelebt. Sie hat es nur fair gefunden, ihre eigenen Schutzschilde gering zu halten. Ein für sie ungewöhnliches Maß an Nähe im Gespräch zuzulassen. Die Nacht durch zu quatschen.
    “Also dann, Lieutenant Trigger, vielen Dank für Ihre pflegende Fürsorge. Und keine Sorge, die Bettmonstergeschichte bleibt bei mir.“
    „Weitermachen, First Sergeant... und ziehen Sie sich was
    an bevor Sie zum Dienst erscheinen!“
    „Morgen“, murmelt es schlaftrunken von der Tür. Schmunzelnd wendet sie den Kopf und mustert den in Shorts bekleideten Urheber, der im Türrahmen steht und sich ausgiebig streckt. „Warst du die ganze Nacht unterwegs?“
    „Aye, war'ich. Caf is'gleich fertig. Hab'Frühstück mitgebracht.“
    „Hab die Tüten ges...“ Er bricht ab, sieht sie an, blinzelt. Einen Moment verfängt sich seine Mimik in Unverständnis, ehe der Ausdruck von einem wölfischen Grinsen abgelöst wird. „Hey, warte mal... du trägst Uniform. Wir haben einen Deal!“
    Die schnaubt amüsiert und setzt sich zur Tür in Bewegung, lässt den Caf Caf sein. Es ist eine Frage der Prioritäten.
    “Ich'geh jetz' nach'Hause. Frühstück'n dusch'n, umzieh'n. Ehm'ja... kann sein dass'ich 'n paar Minut'n länger brauch...“
    Es ist immer eine Frage der Prioritäten.

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    Coruscant, die Trainingshalle im 12. Stock des DOG-Towers, früher Nachmittag


    Sie streicht mit beiden Händen durch die Dreads, fährt am Saum des Tuchs entlang die sie aus dem Gesicht halten bis sie am Knoten im Nacken angekommen ist und zieht ihn wieder ordentlich fest, während ihr skeptischer Blick auf dem Gewehr auf dem Waffentisch des Schießstandes ruht und ein langgezogenes Seufzen sich über ihre Lippen Bahn bricht.
    Langsam nimmt sie die Hände aus dem Nacken, senkt sie auf das kühle Metall der Waffe, bevor sie sie anhebt und prüfend wiegt. Zu groß. Zu schwer. Zu kompliziert. Ein Mundwinkel schiebt sich zur Seite und löst die kritische Mimik ein wenig auf, als der erste Gedanke der ihr mit dem Ding in der Hand in den Kopf kommt in eine Richtung geht, dass sie damit problemlos jemanden niederschlagen könnte. Kurz greift sie um, fasst die Waffe am Lauf und schwingt sie ein paar Mal, nickt dann brummend. Ja, sie könnte. Auf der anderen Seite könnte sie das auch auf etwa zwei Dutzend Arten mit den bloßen Händen – die klar den Vorteil haben dass man sie nicht erst zu ziehen braucht und sie sie immer bei sich hat.
    Erneut seufzt sie und greift das Gewehr wieder um, fasst es einhändig am Kolben, um mit der anderen Hand das Ladungsmagazin vom Waffentisch zu nehmen und in die Vorrichtung zu schieben. Kritisch betrachtet sie die Anzeigen auf dem kleinen Display, als es bei Energiezufuhr zum Leben erwacht. Der Füllstand von Magazin, Gaspatrone und Energiezelle. Ein Entfernungsmesser bis zum anvisierten Ziel. Eine Überhitzungsanzeige. Sogar eine Anzeige, wie stark das Ding eingestellt ist – betäubend oder tödlich – und der Information, dass es noch gesichert ist.
    „Na dann...“, brummt sie, wendet sich dem Schießstand zu und nimmt die Sicherung raus, hebt die Waffe auf Schulterhöhe und legt auf das Holo am Ende der Halle an.
    Wenn sie behauptet, sie könne nicht schießen, ist das genau genommen nur eine Halbwahrheit; es ist natürlich Teil ihrer Grundausbildung und des Flottenjahrs in der Ascendancy gewesen, sowohl an Pistole als auch an Gewehr und – in dem Ausbildungszweig den sie gegangen ist – sogar an Langstrecke. Das allerdings ist ein Vierteljahrhundert her und schon damals ist sie mit Schusswaffen immer nur brauchbar gewesen und hat – anders als in den Nahkampffähigkeiten – nie daran gearbeitet, Leistungen darüber hinaus zu erzielen. Wozu auch, wenn sie doch die Zeit dazu aufbringen konnte, sich auf für sie so viel nützlichere Kampfarten zu konzentrieren? Sie hat schon vor Beginn der Grundausbildung gewusst, welchen Zweig sie einschlagen würde und den Fokus auf entsprechende Ausbildungen gelegt. Eigentlich hat sie das Bedürfnis, erneut zu seufzen. Stattdessen atmet sie durch und drückt ab.
    Sie lässt die Waffe sinken, legt die Sicherung wieder ein und mustert stirnrunzelnd die Anzeige auf ihrer Seite des Schießstands, die den Treffer visualisiert. Sie hat auf die Brust gezielt und die Brust – wenn auch ein Stückchen rechts vom anvisierten Punkt – getroffen. Keine große Überraschung... auf dem Schießstand, wo es ein rein technischer Bewegungsablauf ist. Nur dass sie unter Gefechtsbedingungen bis zu der Zeit, zu der sie ihren ersten Schuss abgeben würde, schon grob dreimal vom Gegner erschossen worden wäre. Sie braucht zu lange, sie überprüft ihren Stand und den Griff an der Waffe. Prüft ob sie auf die richtige Art ihr Ziel anvisiert. Jeglicher Instinkt – und jegliches Vertrauen – für das Gewehr in ihrer Hand geht ihr vollkommen ab. Daran, erfolgreich auf ein bewegtes Ziel zu schießen dass gar noch Deckung sucht und zurückfeuert, braucht sie gar nicht zu denken.
    Aber darum geht es auch nicht. Sie ist nicht hier um zu lernen mit einer Waffe umzugehen die sie als ätzend und nur unzureichend kontrollierbar empfindet. Sie ist hier um zu lernen, dass diesen Umstand nicht jeder sofort sieht, sollte sie gezwungen sein, das Gewehr zu ziehen. Es ist der leichtere Weg. Nur Technik. Ziehen, Ladungsmagazin lösen und einstecken ohne hinzusehen, das Einprägen von Sicherungshebel und Stärkeregelung um sie ebenfalls ohne einen Blick auf die Waffe bedienen zu können, anlegen, wegstecken. Prozesse, die sie wiederholt, immer und immer wieder, ohne noch einen weiteren Schuss auf das Ziel abzufeuern. Und während sie diese Bewegungen wiederholt ausführt, lässt sie die Gedanken schweifen. Bewusst, um sie davon abzuhalten, sich auf die Waffe in ihrer Hand zu konzentrieren.
    Der Flug, der sie morgen früh nach Karteror – oder besser, auf die Schiffe der 234. Flotte nahe Karteror – bringen würde, erfüllt sie mit Unbehagen; es fängt damit an dass der Zufall zu groß wirkt, dass Setharak Terillion aus einer ganzen verdammten Galaxie ausgerechnet den Planeten für sein kleines Bürgerkriegsdrama in blutigen Akten herausgepickt hat, auf dem sie nicht einmal zwei Monate zuvor mit Operative Crumanov – zu dem Zeitpunkt noch Häftling 0049421 – eine SIS-Operation durchgeführt hat, ihre eigene Beteiligung dem Umstand geschuldet, dass sie seine Leistungsfähigkeit unter Einsatzbedingungen einschätzen sollte. Wenn man genau darüber nachdenkt, ist Terillion zu dem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar schon aktiv gewesen, zumindest über Handlanger, gemessen am Aufwand, die Weichen für sein Setting zu setzen. Sicher, es kann ein Zufall sein. Aber der Gedanke, dass der Mann der Schüler von der Orakelschlampe Liobe ist, kratzt beständig mit spitzen Fingernägeln durch ihren Verstand. Zufall und ein Zusammenhang zu Liobe will einfach nicht zusammenpassen.
    Dass sie keine Ahnung haben, was der Sith auf Karteror überhaupt will, verstärkt dieses Unbehagen noch; den vorliegenden kriegsanalytischen Berechnungen nach würde er einen Planeten in dieser Lage einen, mit sehr viel Glück maximal zwei Monate halten können, bei Weitem also nicht lang genug dass es ihm um die Ressourcen gehen könnte. Na klar, Bürgerkrieg, Revolution und politisches Chaos würden den Ressourcengewinn für die Republik über Monate massiv minimieren, aber dafür eine ganze Flotte gefährden? Offenbaren dass es an ziemlich essentiellen Stellen Maulwürfe gibt? Nein, zu wenig Gewinn für zu viel Einsatz. Es muss etwas vollkommen anderes sein, eine gänzlich unbekannte Variable.
    Gegen diese wirklich schwerwiegenden Punkte ist der Coverkram nur ein Ärgernis, wenn auch ein großes. Ob Ray sich bei der Ausfüllung von den üblichen Covern so unwohl fühlt wie sie sich in Gedanken an diese Sache? Sie hat nie darüber nachgedacht, wie fremd es für ihn sein muss. Wie vollkommen abseits von allem, was er gewohnt ist und von dem er Ahnung hat. Es ist allerdings nicht nur ihre eigene Rolle, bei der sie unsicher ist, ob das funktionieren könnte; sehr viel mehr Sorgen macht ihr Redneck, der so wenig Ahnung von republikanischen Verhaltensweisen hat – und gefühlt auch extrem wenig Interesse, da nachzubessern – dass das nur schiefgehen kann. Dass es – zumindest offiziell – in ihrer Verantwortung liegt, wenn der Kerl irgendeine Scheiße baut, macht es nicht besser. Sie kann nur hoffen, dass Eve und Brownie als solide Stützpfeiler fungieren – aber Vertrauen in andere ist nicht gerade ihre ausgeprägteste Seite.
    Dazu kommt diese typische blinde Kernweltennaivität von Junior und Civil, bei der sie kotzen könnte. Da hat Junior doch tatsächlich und allen Ernstes vorgeschlagen, bis zum D-Day abzuwarten und den Adel Karterors machen zu lassen. Was für ein erbärmliches propagandagewaschenes Systemvertrauen, in dem die Führungsspitze Karterors wahrscheinlich rechtschaffene Ritter auf weißen Rössern sind, die dem gebeutelten Volk mit wehenden Flaggen zu Hilfe eilen. Nur ist das nicht die Realität. Die nämlich sieht so aus dass, hätte man den Adel machen lassen, bereits jetzt hinter der Königsfamilie verborgen rote Flaggen wehen würden. Sie sieht so aus dass diese Leute in der Mehrheit ängstlich auf Landsitzen verkrochen darauf warten dass der Ärger vorbei ist. Sie sieht so aus dass der Adel den republikanischen Weg nicht aus moralischen sondern wirtschaftlichen Gründen unterstützt hat. Keine Helden sondern Egoisten – wie so gut wie jedes andere sogenannte intelligente Lebewesen in dieser Galaxie auch.
    Sie seufzt, schüttelt den Kopf und lässt die Waffe sinken, winkelt ihr Pad am Gürtel an um einen Blick auf die Uhr zu werfen. Genug gearbeitet dafür, dass sie morgen früh Coruscant einmal mehr für unbestimmte Zeit verlassen würde; mehr vorbereiten kann sie sich nicht. Sie hat gefühlt hundert Holos zur Covervorbereitung gesehen, hat mit Eve und auch mit Jake gesprochen, wie es hinter dem, was die Videos so hergeben ist – immerhin hat sie zwei Lieutenants der republikanischen Specialforces im direkten Umfeld, das muss ja irgendwas wert sein. Hat jetzt sogar ein scheiß Gewehr in die Hand genommen, nachdem sie am Vormittag von Eve zur Rüstanprobe rangepfiffen wurde. Mehr geht einfach nicht, auch wenn sie bei Weitem nicht das Gefühl hat, es sei genug.
    Schnell verstaut sie die Waffe im Waffenschrank und verriegelt das Ding ordnungsgemäß, erleichtert, das sich so falsch anfühlende Gewehr nicht länger in den Händen zu halten. Sie zieht das Tuch aus den Dreads, streicht mit gespreizten Fingerspitzen der anderen Hand durch die dicken Strähnen und wendet sich ab, den Tower zu verlassen.

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    Ein Offiziersquartier an Bord der 'Wing of Retribution', abends


    Sie schließt die Tür hinter sich, zieht die Stiefel aus, schmeißt sie achtlos zur Seite und geht auf der schmalen – und mal wieder zu kurzen – Pritsche auf die Knie, krabbelt darauf bis zur Wand, lässt sich auf den Hintern fallen und rutscht so lange herum, bis sie sich mit dem Rücken an das kühle Metall lehnen kann. Leise seufzend zieht sie die Knie an, parkt die Unterarme darauf und lässt den Hinterkopf gegen die Wand hinter ihr sinken, richtet den Blick gen Decke und lauscht auf ihre Atemzüge.
    Sie sind gerade einmal drei Tage auf dem Flaggschiff der 234. Flotte, aber es fühlt sich so viel länger an; das ganze Konstrukt das der Sith über Wochen oder gar Monate an Planung aufgebaut hat ist so dicht, dass sie nicht den Hauch einer Chance haben, es in wenigen Tagen zu erfassen, vollkommen egal wie viel Intelligenz sie aufbringen können, wie viel Glück sie haben, wie viele Analysten rund um die Uhr damit beschäftigt sind Orbitalaufnahmen und Aufzeichnungen von Cams zu beobachten und auszuwerten.
    Es ist das Gleiche was sie seit inzwischen über einem Jahr tun, nur in einem Mikrokosmos - hinterherhetzen. Pläne stören die sie nicht kennen und die mit viel mehr Zeit und Informationen entwickelt wurden als sie haben, sie zu durchkreuzen. Von Gegnern mit immensen Mitteln die unantastbar scheinen. Ihre sogenannten 'Erfolge' sind nüchtern betrachtet nichts weiter als das Verhindern von Katastrophen und selbst das gelingt ihnen nur mit mäßigem Erfolg.
    Es ist vollkommen illusorisch, einen Bürgerkrieg auf Karteror noch verhindern zu können, dafür hat die Bevölkerung in ihrer aus tiefer Frustration geborenen Auflehnung gegen das bestehende System Vernunft und rationales Denkvermögen bereits viel zu weit hinter sich gelassen. Alles was sie tun können ist Schaden begrenzen und das aus der denkbar schlechtesten Position heraus, wird die Republik doch als Teil dessen gesehen gegen das man protestiert; der joviale große Bruder der Adelshäuser, der den kleinen Mann an langer Hand verhungern lässt.
    Und das hat der dreckige Sith gewusst als er sich vor neun Tagen zu erkennen gegeben hat. Der über das Notfall-Holosystem Karterors übertragene Aufruf Therillions ist ein höhnischer Schlag in die Fresse der galaktischen Republik gewesen. Mit Anlauf! Wo er wohl gewesen sein mag als die Übertragung lief? An Bord eines der Schiffe der Flotte, die ihm zur Verfügung steht? Hat er sich einen Wecker gestellt um den Zeitpunkt der Übertragung nicht zu verpassen? Hat er sich zurückgelehnt, die Augen geschlossen und sich vorgestellt, welchen Impact die Übertragung hat? Hat er es genossen?
    “Manchmal macht es mir Angst wie viel Energie du in die Entwicklung von Szenarien zu stecken scheinst.“
    „Das is'mein Job. Zu denk'n wie'der Feind.“

    Natürlich hat er es genossen! Hoffentlich ist ihm sein verdammter Hohn im Hals stecken geblieben als sie seine tollen Planung, die Republik für die Kollision der Mine unter Sorkat verantwortlich zu machen, verkrüppelt haben! Als sein Slicer bei dem Versuch, die planetare Flugabwehr unter Kontrolle zu bringen an Junior gescheitert ist und unverrichteter Dinge wieder abziehen musste! Als ihn die Meldung erreicht hat dass eins seiner SpecOps-Squads mindestens einen Verlust und wahrscheinlich noch einige Verwundungen eingefahren hat!
    Zu denken wie der Feind... die presst die Lippen aufeinander und schließt die Augen. Ein Feind, der im Fall des X9-Squads aus Chiss besteht. Natürlich, wenn man gegen Imperiale vorgeht, kann es immer passieren, dass sich unter den Helmen Personen aus der Ascendancy verbergen. Vielleicht ist es sogar schon passiert; an Bord der Superiority oder in den Droidenfabriken auf Seikosha. Aber es liegt ein gigantischer Unterschied zwischen Eventualität und sicherem Wissen.
    Sie hat gezögert, als Junior Weisung eingefordert hat, ob er die Drohnen in die Selbstzerstörung bringen soll um den Zünder der Bombe zu stören. Nicht lange, nicht einmal eine Sekunde, bis sie ihm grünes Licht gegeben hat, aber es gibt mehr als genug Situationen in denen eine Sekunde eine verdammte Sekunde zu viel ist. Sie hat den Befehl erteilt und jetzt klebt das Blut mindestens eines Chiss an ihren Händen – das Bergungsteam an dem Explosionskrater hat in den Trümmern seine Leiche gefunden. Das erste Mal dass sie diese Entscheidung bewusst getroffen hat – und es kann wieder passieren, Teile des Squads sind wahrscheinlich entkommen. Sie hätte nicht für möglich gehalten, dass es – auch nach über zehn Jahren – so hart ist.
    “Ich'bin in die festeste mir'bekannte Struktur in'dieser Galaxie hineingebor'n. Un' das is' nich' nur irg'ndnen beschiss'nes Erbe das'ich als Altlast mit'mir rumschlepp... 's is' vierun'zwanzig Jahre lang'mein verdammtes Leb'n gewes'n...“
    Ächzend löst sie den Kopf von der Wand, um ihn gleich darauf leicht dagegen zu schlagen. Einmal. Noch einmal. Ein drittes Mal.
    „Fuck'off“, knurrt sie leise, öffnet die Augen und heftet den Blick auf einen ihrer Stiefel im Raum. Verdammt, sie hat vor zwei Jahren eine Entscheidung getroffen, die sie glücklich macht. Glücklicher als sie jemals vorher in ihrem Leben gewesen ist. Sie hat diese Leute nicht dazu aufgefordert für einen Psychopathen zu arbeiten und sie schuldet der Ascendancy gar nichts!
    „Psychopath...“, murmelt sie leise und senkt unwillkürlich eine Hand auf ihren Gürtel, streicht mit den Fingerspitzen über das Hartplastik eines der Pads dort. Auch ein beschissen düsteres Thema aber immerhin eins, das sie von dem anderen beschissenen Thema ablenkt. Ein Holobild von Crumanov wie er über der Leiche eines Twi'lek für die Kamera posiert. Eine Aussage von Junior, eine Aussage vom Operative selber. Drohnenaufnahmen aus der Frachthalle des Güterbahnhofs in der vier Personen ums Leben kamen. Mord an republikanischen Zivilisten, in ihren Augen. Kaltblütig. Gewissen- und gedankenlos. Ausgeführt, noch während Junior ihr einen Situationsüberblick übermittelt hat, ohne Order abzuwarten. Damit konfrontiert, dass sie Meldung machen würde keinerlei Reue sondern die Ankündigung einer Befehlsverweigerung.
    Sie stößt einen harten Luftstrom durch die Nase und zwingt sich die Kiefermuskeln zu entspannen als sie merkt dass ihre Zahnreihen übereinander schaben. Die in nicht einmal einer Stunde beginnende Operation hat Vorrang, das Zeitfenster auf Karteror ist zu gering als dass sie sich irgendetwas an Verzögerung leisten könnten, aber sobald sie zurück sind würde sie eine Nachricht an den Senior Supervisor schicken, in der sie um Kontaktaufnahme bittet.
    Erschrocken zuckt sie zusammen als das Com an ihrem Gürtel vibriert, hastig entfernt sie aus aus dem Clip und senkt den Blick auf das Display, in Erwartung, eine nächste beschissene Nachricht übermittelt zu bekommen. Stattdessen blinkt ihr eine Übertragung aus dem Corusca-Sektor entgegen und ein Lächeln weicht die Härte der Mimik auf. Natürlich, auf Coruscant ist es Punkt halb Sieben. Zeit aufzustehen.
    Ein paar Minuten hat sie noch, ehe sie zum Shuttle aufbrechen muss, also nimmt sie die Verbindung an, grüßt mit dem traditionellen „Hey...“, schiebt nach Erwiderung ein noch weicheres „Gut'n Morg'n“ hinterher und beobachtet den Bildaufbau des Schlafzimmers auf Coruscant. Die Cam ist aufs Fenster gerichtet, Coruscant Prime im Begriff, die ersten Strahlen über die Skyline von Galactic City zu schicken. Aufwallendes Heimweh füllt ihre Augen langsam mit Flüssigkeit.

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    Karteror, der republikanische Militärstützpunkt bei Torkeror, 4:38 Ortszeit


    „Kannste dein'n Schwarm da in'der Geg'nd verteil'n? Check'n ob'da auf irg'ndwelch'n Post'n – Dächer oder'so – Beobachter sind'?“, fragt sie in den Raum ohne sich zu Shiv umzudrehen, den Blick hält sie leer an die Stelle über das Standholo gerichtet, wo noch vor wenigen Sekunden Ray als Projektion ihren knappen Bericht empfangen hat.
    „Schwarm müsste dann zurückkommen und die Suche abbrechen. Ich frag hier im Stützpunkt ob die was da haben“, antwortet Shiv und sie hört das Rücken des Stuhls in ihrem improvisiert zur Verfügung gestellten Workspace auf dem republikanischen Militärstützpunkt nahe Karterors Hauptstadt.
    Sie wendet den Kopf, nickt leicht, ehe sie sich mit hölzernem Schritt in Richtung der Tür aufmacht. „Ich'geh dir erstma' 'n Caf besorg'n. Dauert aber'nen Moment.“ Ihre Stimme verebbt zu einem Murmeln: „...ich'brauch Luft.“
    Shiv nickt ihr kurz zu. „Ich geh nachfragen...“, bestätigt er noch einmal ihren Weg nach draußen, tritt kurz hinter ihr in den schmalen Gang des Containerbaus, biegt aber in die andere Richtung ab, dort hin wo sich Personen in wacher Betriebsamkeit befinden, wo sie von eben diesen Leuten weg will.
    Der Stützpunkt ist nicht groß und so dauert es keine zwei Minuten bis sie die westliche Außenmauer erreicht, eine Treppe im Turm auf die Mauer gefunden hat. Keine Kontrollen – eben weil der Stützpunkt nicht groß ist und vornehmlich von Soldaten der 234. Flotte besetzt ist weiß man dass sie hier sind, wer sie sind und dass sie das Recht dazu haben, hier zu sein.
    Sie wendet sich von den Gebäuden ab, der Stadt zu die zwischen zwei Berghängen gebaut ist. Der Stützpunkt liegt ein Stück oberhalb, so dass man eine gute Sicht auf die friedlich und still scheinende Hauptstadt Karterors hat – in den allerfrühesten Morgenstunden schlafen auch die meisten Revoluzzer anstatt die Ballungszentren mit Ausschreitungen zu überziehen. Mit düsterem Blick tastet sie die wenigen Lichter Torkerors ab. Sie haben versagt. Sie haben sich vorführen lassen und sind in eine bereitete Falle getappt – der Preis ist der Verlust von Hirom. Die haben ihn mitgenommen und alle Versuche, sie zu verfolgen sind an der lückenlosen Vorbereitung des Feindes gescheitert. In der Kanalisation mit tausend Möglichkeiten hat sie den Rückzugsbefehl gegeben – es ist die rationale Entscheidung gewesen, in den Abwasserkatakomben einer verdammten Großstadt zu suchen wäre nichts weiter als blinder Aktivismus gewesen. Und doch ist es ihr unendlich schwer gefallen.
    Junior checkt die Straßencams Arkantors, auch wenn die Chance minimal ist, dort etwas zu finden. Junior sucht per Com-Ortung und Drohnen auch nach den beiden Personen, die der Gefangene genannt hat, während Eve und Brownie Ausrüstung holen, damit sie gleich wieder aufbrechen können. Die beiden Männer festsetzen können, ehe die Imperialen sich der offenen Enden entledigen. Auch das könnte eine Falle sein, das ist ihnen allen bewusst. Aber sie haben keine Wahl. Sie - Fremde ohne jegliche Verbindung nach Karteror - haben keine Wahl als ihr Leben zu riskieren, weil irgendwelche gehirnlosen, feigen, egomanen Jammerlappen sich gegenseitig totschlagen. Ihre eigene Heimat verwüsten. Sich in verdammte Tiere an der Leine eines Sith verwandelt haben. Sie verachtet sie. Menschen wie Orkenan oder auch Korben oder Milliarden anderer dieser Art. Die erbärmlich selbstfixierte Denkweise, keine Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Dieses lächerliche Selbstmitleid, in dem immer die anderen schuld sind. Neid und Gier. Die Basis von 'Menschlichkeit' – ein Wort das im allgemeinen Sprachgebrauch als positiv zu verstehen ist.
    Sie hätte es voraussehen müssen. Im Vorfeld haben sie sogar geäußert, dass es zu Kontakt mit Imperialen kommen könnte, weil sie auf die gleiche Idee kommen könnten wie das, was sie vorgeben wollten; dass der Mann, der dem Squad Zutritt zu der Mine unter Sorkat verschafft hat, ein offenes Ende ist. Wenn sie das festgestellt haben, warum haben sie nicht gesehen, dass Orkenan genausogut als Köder benutzt werden könnte? Es ist ihr verdammter Job, intelligenter zu sein als der Feind. Sie hat versagt. Hirom ist in Gefangenschaft.
    Langsam wendet sie den Blick von den Lichtern Torkerors ab, richtet ihn stattdessen in den Nachthimmel. Irgendwo dort lauert eine imperiale Flotte, bereit zuzuschlagen mit ihnen noch immer nicht gänzlich bekannten Ziel, bejubelt und gefeiert von denen, die das Opfer dieses Schlags sein werden. Und sie jagen Fußsoldaten, kleine Nummern im Plan des Sith um sich an denen hochzuhangeln bis ihnen ein großer Fang gelingt oder – wahrscheinlicher – die Zeit ausgeht.
    „Caf...“, murmelt sie und wendet sich abrupt von der Mauer ab. Es ist ein Militärstützpunkt, es muss Caf geben. Für sie und – noch wichtiger – für Junior, den sie an den Drohnen so brutal gefordert hat, dass er zwischendurch aufgrund von Schwindel und Überforderung durch all die Cams zu sehen und sie zu steuern kotzen musste.
    “Wir ham'keine Wahl! Wir könn'n die Nam'n nich' ignorier'n, wir könn'n nich' wart'n bis'die Imperial'n sie aus'dem Spiel nehm'n. Wir könn'n nich' aufhör'n, nach'Hirom zu such'n, weil egal wie gut 's Training is', die werd'n ihn auspress'n, früher'oder später. Un' danach werd'n sie'ihn töt'n.“
    Mit eiserner Beharrlichkeit weist vollkommen nüchterne Betrachtungsweise darauf hin, wie minimal die Chancen sind, den Gefangenen zu finden und befreien zu können. Mit genauso eiserner Beharrlichkeit möchte etwas in ihr sich einfach nur hinlegen, zusammenrollen und nicht wieder aufwachen. Sie ignoriert beides. Sie hat zu funktionieren; für den Moment ist das das einzige was zählt.

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    Karteror, der republikanische Militärstützpunkt bei Torkeror, etwa zehn Stunden später


    Sie sind noch in der Nacht aufgebrochen um Crowly – einen der beiden Befehlsgeber Orkenans – zu orten, festzusetzen und in eine Zelle zu verfrachten. Nummer zwei hingegen ist nicht aufzufinden gewesen; Junior konnte zwar sein Com am Grund eines der Seen orten und über eine Drohne sogar bergen, aber der Mann selber ist verschwunden. Entweder, er ist abgetaucht oder aber er ist... abgetaucht, seine Leiche irgendwo im See.
    Sie haben Feldbetten organisiert und in einem Bürocontainer behelfsmäßig Quartier bezogen; sie haben schlafen müssen, Hirnleistung und Reflexe sind so weit im Keller gewesen dass an weitermachen nicht mehr zu denken gewesen ist. Vier Stunden hätte der Plan vorgesehen, nicht einmal eine ist es gewesen, bis vor wenigen Sekunden das Tür-Intercom sie aus dem Schlaf gerissen hat.
    „Fuck...“, murmelt sie schlafbelegt und rappelt sich auf die Beine, während neben ihr Eve mit einem Ächzen hochschreckt, Brownie mürrisch ins Kissen brummt und sich umdreht.
    Sie sieht aus wie Scheiße, als sie alles andere als wach zur Tür wankt, die Hand an die Wand stützt und daran herabgleiten lässt, bis sie das kühle Metall des Türpads berührt, den Öffner betätigt; sie hat die Uniform nicht ausgezogen, ist einfach nur auf die Pritsche gesunken, und das Ding straft die Behandlung mit absoluter Unordentlichkeit.
    Die Abzeichen weisen den Mann im Flur als Corporal aus, er kann nicht viel älter als zwanzig sein, strohblond mit vollen Wangen und allgemein zu fett für den Dienst. Er öffnet den Mund, während sie ihn wort- und salutlos entgegenblickt, zögert, schließt ihn wieder und salutiert. Dann erst versucht er es noch einmal, ehe sie ihn anmurren kann dass er sich den Scheiß sparen kann: „Eine Nachricht von Major Renko, Ma'am. Sie sollen das Holo-TV einschalten. The... Therillion spricht.“
    Sie nickt knapp und ranzt während sie sich umdreht: „Junior... Holoverbindung. Jetzt!“ Dann erst stellt sie fest, dass Shivs Pritsche leer ist, am Rande nimmt sie wahr, dass Brownie sich erneut umdreht und das Kissen über den Kopf zieht, Eve stumpf der Tür entgegenblickt.
    „Fuck, wo ist Junior...“, murmelt sie, schiebt sich an dem Corporal vorbei in den Gang und brüllt einmal „Junior!“ den Gang hinunter.
    „Eve, haste nen Com griffbereit? Holo an“, murrt sie im wieder Umdrehen in den Raum hinein und zieht ihr Pad ab, um Shiv eine Nachricht zu schreiben, dass er sofort ins Quartier kommen soll. Der Corporal blinzelt und wendet sich ab, sprintet den Gang hinunter – nachdem er noch einmal salutiert hat.
    „What?“, grummelt Eve schlaftrunken und tastet die Pritsche um sich herum ab.
    „Dein verdammtes Com für'ne verdammte Holoverbinnung ins Holofernseh'n“, knurrt sie – und achtet für den Moment nicht darauf, den Akzent aus der Sprache zu halten.
    Brownies Arm fällt vom Feldbett, tastet nach ihrem Com und wirft es blind in Eves Richtung. Der Mann zuckt zusammen, als es an seinem Kopf vorbeifliegt und gegen die Wand dahinter knallt.
    „Scheiße'eeh...“, brummt sie in sich hinein, zieht ihr eigenes Com vom Gürtel und wankt zum Schreibtisch zwischen den Feldbetten, knallt es auf das Metall und drückt auf dem Display herum, als würde sie die Tischplatte darunter mit den Fingern durchlöchern wollen. Sie navigiert ins örtliche Holo, dort auf eine Kanalplattform des Holofernsehens. Alle Miniansichten zeigen ihr das gleiche Bild, also öffnet sie das nächstbeste, piekt die Zeigefinger in die Ecken des Holoschirms und zieht ihn auf volle Größe, während Junior – das obligatorische Pad in der Hand – vom Gang aus in den Raum geschlurft kommt.
    Therillion geht auf der Holoprojektion in üblich schlichtschwarzer Garderobe vor der Kamera auf und ab, eine Hand gestikuliert in der Luft, der Hintergrund ist klar als Schiffsbrücke zu erkennen. „...und gerade weil ihr, meine Freunde, Sicherheit und Stabilität benötigt kann ich nicht weiter mit ansehen, wie dieser Planet von der Republik ausgebeutet und misshandelt wird“, überträgt die Tonspur die widerlich pseudoverständnisvoll-charismatische Stimme des Sith. „Wagory Orkenan war ein Held und die eben gezeigten Aufnahmen beweisen eindeutig, dass die Republik für sein Verschwinden verantwortlich ist. Was bleibt uns also anderes übrig?“
    Sie zieht hoch und rotzt einen dicken Klumpen Speichel in Richtung des Holos, trifft sogar das Holoabbild auf Höhe des Kopfes. Irgendwo hinter der Projektion klatscht die Spucke zu Boden.
    „Iiih“, murrt Eve, Brownie dreht sich auf ihrer Pritsche in Richtung des Holos ohne sich aufzurichten.
    „Brücke, imperial...“, brummt sie leise, während der Blick das Bild hinter dem Sith im Stakkato nach irgendetwas Verwendbaren absucht. „...hohe'Wahrscheinlichkeit 'ne Harrower. Sag'mal fünfun'achzig Prozent.“
    „Gerechtigkeit“, gibt Setarak mit mattem Lächeln in Richtung Kamera wieder. „Wir brauchen Gerechtigkeit und aus diesem Grund wird es Zeit, einen Stein ins Rollen zu bringen, der bereits längst den Boden des Hügels erreicht haben sollte!“ Der Sith winkt auffordernd in Richtung eines Punktes jenseits der Kamera.
    Sie stützt sich mit beiden Händen auf die Schreibtischplatte, lehnt sich leicht vor, als können ein paar Zentimeter näher dran ihr irgendwas im Hintergrund aufzeigen was sie vorher nicht gesehen hat.
    „Was n hässlicher Fisch“, murmelt es aus Brownies Richtung müde.
    „Signal kommt von Karteror, nicht von explanetar“, hört sie hinter sich Juniors leise Stimme.
    „Vermutlich 'ne Aufnahme, die von hier ausgestrahlt wird“, murmelt Eve, gleichzeitig setzt sie selber an: „'s is'ne verdammte Harrower... 'n Capital Ship. Wie'kann das von hier komm'n ohne dass'wir wiss'n wo'das scheiß Schiff...“ In einem keuchenden Luftstrom bricht sie ab, als Hirom, noch immer in der Rüstung ohne Einheitskennung und flankiert von zwei Soldaten, im Bild erscheint. Sein Kinn ist auf die Brust gesunken, tiefe dunkle Ringe nehmen den Raum zwischen Wangen und Augen ein.
    „...wenn der mobile Knoten nah genug an die zentrale Sendestation kommt wird das Signal überstrahlt. Andernfalls müsste Admiral Kortak den Sonder orbital ausschalten...“, murmelt Shiv tonlos, während der Sith sehr viel betonter erklärt: „Das ist Flight Lieutenant Hirom Sunshade. Teil des Teams, das in der letzten Nacht den Helden von Sorkat entführte und immer noch in Gewahrsam hat. Meine Agenten griffen ihn bereits Minuten nach diesem Verbrechen auf.“
    Ihre Hände gleiten über die Tischplatte, bis sie die Metallkante zu fassen kriegen. Fest greift sie nach dem Metall, krallt die Finger darum. Ihre Muskeln verspannen sich, die Sehnen am Hals treten hervor und die Zahnreihen pressen sich fest aufeinander. Sie beginnt zu zittern, als Setarak durch Hiroms Haare streicht, dann zupackt und den Kopf ein wenig nach hinten zieht. Dass Shiv sich abwendet und in den hinteren Teil des Raums geht nimmt sie nur sehr am Rande wahr.
    „Uach... scheiße eh“, presst Brownie hervor, Eve starrt das Holo nur finster und unbewegt an, seine Atmung geht vollkommen ruhig.
    Hirom versucht etwas zu sagen, der Knebel im Mund lässt nicht mehr als Unverständliches zu. Der Blick des unvercyberten eisblauen Auges ist auf den Sith gezwungen. Der greift mit der rechten Hand unter den Mantel und zieht einen Dolch mit Verzierungen am Griff und milchigweißer Klinge hervor.
    Sie spürt, wie ihr Atem sich zu flachen, abgehackten Zügen beschleunigt. Blut rauscht in ihren Ohren, ihr Herzschlag fühlt sich an, als würde er den Rippenkäfig sprengen wollen, als Setarak die Klinge an Hiroms Hals legt. Sie blinzelt nicht, hat schon länger nicht mehr geblinzelt. Die Augen füllen sich mit Flüssigkeit, die Muskeln verkrampfen nur noch mehr, ihr ganzer Körper zittert.
    Hiroms Pupille zuckt in Richtung der Klinge, kurz flackert in der aufgesetzt grimmigen Mimik Panik durch, die Rüstung hebt und senkt sich unter schneller werdenden Atemzügen. Dann wendet sich der Blick für einen Moment der Kamera zu, hilfesuchend, verzweifelt. Er schluckt sichtlich, die Pupille im weit aufgerissenen Auge fixiert sich wieder auf den Sith.
    „Es tut mir leid dass es dazu kommen musste. Man hätte diesen Planeten einfach ziehen lassen können...“, klingt Setaraks Stimme bedauernd. Ihre Muskeln verkrampfen sich weiter, sie weiß dass ihre Finger die Metallkante des Schreibtischs umfassen, aber sie spürt sie nicht mehr. Ihr Blick fixiert sich auf Hirom – und nur auf Hirom. Sie will etwas sagen. Will ihm deutlich machen, dass er nicht alleine ist. Entgegen des Wissens, dass sie nur ein Holo ansieht.
    Nur ein Holo. Auf dem Setarak die Klinge mit schnellem Schnitt über Hiroms Kehle zieht. Seinen Griff in dessen Haare löst. Die Waffe gleichgültig zur Seite aus dem Bild reicht, während Hiroms gefesselte Hände zucken, in dem Reflex, sich auf den Hals zu legen.
    Irgendwo in ihrer Luftröhre presst sich ein gurgelnder Laut durch den viel zu engen Raum. Vielleicht würde sie zusammensacken, aber sie kann nicht, ihre Muskeln sind viel zu verkrampft. Schmerz verzerrt ihre Mimik und Tränen rinnen über ihre Wangen, als Hirom vornüber fällt. Seine Gliedmaßen zucken und die goldblonden Haare auf der Stirnseite färben sich kupferrot, als sie mit der größer werdenden Blutlache in Berührung kommen. Das strahlend blaue Auge sieht für einen Moment in Richtung der Kamera, dann bricht der Blick. Der Körper erschlafft.
    “Ich wär Ihn'n dankbar, wenn'Sie für'den Rest 's Gesprächs schaff'n auf 'jemand wie Sie' zu verzicht'n... Blondie!“
    „Meine Mundart sollte nun wirklich nicht Ihren Prioritäten im Weg stehen, die deutlich verwunderlicher sind, wenn die Vita die ich kenne auch nur annähernd akkurat ist. Ich hätte nicht gedacht dass es so wenig benötigt um unter Ihre Haut zu gelangen.“

    Sie möchte schreien, aber sie hat das Gefühl zu ersticken.
    “...vielleicht habe ich auch das Gefühl dass ich Ihnen sehr wohl etwas schuldig bin... aufgrund meiner voreingenommenen Haltung, dem damit verbundenen Gebaren und dessen was sie schließlich geleistet haben.“
    Sie will den Sith hassen für das, was er gerade getan hat, aber sie kann nicht.
    “Im Kriegsgebiet steht man souverän zwischen disintegierenden Lasern ohne je zu vergessen was man will und wie man das erreichen kann, aber kaum steht man in so einer Situation fehlen einem die Schlachtpläne...“
    Schmerz lässt keinen Platz für Hass.
    “Aber davon ab denke ich, bin ich durchaus bereit mittlerweile das 'du' anzubieten. Ich meine, jetzt wo Sie erwiesen anerkannte Coruscanti sind und Ihr bester Kumpan ohnehin vor Ewigkeiten schon meine Vorräte dezimiert hat wie ein Krayt im Nerf-Gehege...“
    Nur für Bedauern.
    “Dieses ganze Kameradschaftsding hat wohl irgendwie meinen Stock im Arsch angekokelt.“
    Bedauern, Hirom Sunshade nicht länger gekannt zu haben.
    “Aber wozu hat man besserwisserische Idealisten in seinem Freundeskreis.“
    „...die'Sorte besserwisserische Idealist'n die'sich als überrasch'nd feinfühlig erweis'n dafür, dass'se... sie sin'?“
    „Die beste Sorte eben.“

    Ihn nicht besser gekannt zu haben.
    “Wir wollten die Galaxie sehen, nicht auf Dantooine stagnieren und vor Allem zusammen sein. Eine Spur naiv vielleicht.“
    „...un' rebellisch. Erstaunlich, als'wir uns s erste Ma' getroff'n hab'n, hätt'ich darauf
    geschwor'n dass'der Stock'im Arsch als Fahn'nmast reich'n würde...“
    „Oh, das hat er auch. Mittlerweile hänge ich die Fahne aber lieber wieder an der Wand auf. Die 'Rebellion' von Hirom Sunshade ist mit Leera damals ins Grab gegangen.“

    All die Momente im Laufe der letzten zwei Jahre, in denen aus Abneigung Respekt und aus Respekt Freundschaft geworden ist, ziehen durch ihren Geist, werden wie von Blitzlichtern erhellt, verblassen wieder, vermischen sich zu einem nicht mehr fassbaren Durcheinander.
    In ihrem Quartier auf der 'Wing of Retribution', ganz unten im Schrank, fein säuberlich in die Gravball-Kleidung der Coruscanti verpackt, liegt ein Stück Papier. Echtes Papier, das er irgendwo aufgetrieben hat, um ihr ein 'offizielles Kernweltenbürger-Dokument' zu basteln. Gespickt mit Gravball-Floskeln.
    “Wenn du ein Mitglied der Colossi bist, dann bist du auch offiziell, offiziell, so viel Kernweltenbürger wie man nur sein kann. Mehr als Johnson!“
    Er hat es – genau wie die Kleidung – mit sich herumgeschleppt, so lange, bis sie vor zwei Tagen endlich seiner Hartnäckigkeit Tribut gezollt und ihre Vereinsmitgliedschaft unterschrieben hat.
    “Wechsle Position. Funkstille... hab Besuch. Sind aufgeflogen.“
    Es sind seine letzten Worte gewesen, die sie von ihm gehört haben. Kein Wunsch. Keine Hoffnung. Keine Verabschiedung. Das!
    „Ich will nicht, dass sich diese Verbrechen wiederholen und aus diesem Grund habe ich Maßnahmen ergriffen“, redet der Sith auf dem Holo nach nur wenigen Augenblicken weiter, unerbittlich von ihrem Verstand in den Vordergrund gezerrt. „Die imperiale Navy befindet sich in diesem Moment auf dem Weg nach Karteror um Sicherheit und Stabilität wiederherzustellen...“
    Ihr Fokus erweitert sich; Eve sitzt einfach nur da und starrt seine rechte Hand an. Er zittert.
    „...Ich bitte alle aufrechten Bürger dieses Planeten in ihre Häuser und Wohnungen zurückzukehren um diesen Boten des Friedens ihre Arbeit zu ermöglichen...“
    Brownie ist aufgesprungen, hat über die Tischplatte nach dem Holo geschlagen, dann mit den Fäusten auf den Schreibtisch getrommelt. Gerade sackt sie darüber zusammen, der Aufprall ihrer Stirn auf dem Metall klingt unangenehm laut.
    „...Jeder, der sich der Sache der Freiheit und Gleichheit in den Weg stellt muss mit entsprechenden Konsequenzen rechnen...“
    Shiv steht weiter hinten im Raum, hat dem Holo den Rücken zugekehrt und tippt fieberhaft auf einer Wandkonsole und seinem Pad herum.
    „...Auf bald, meine Freunde. Wie ich hoffe das nächste Mal vor dem königlichen Palast. Das Datum bleibt das Gleiche.“ Therillion neigt demütig anmutend das Haupt in Richtung der Kamera und die Übertragung endet.
    Sie bewegt sich nicht, abgesehen vom unkontrolliert stoßweise gehenden Atem und dem Zittern der Muskeln. Tränen rinnen weiter über ihre Wangen, tropfen vom Kinn auf die Uniformjacke und den Boden.
    Irgendwo im Gebäude geht eine schrille Sirene los. „Alle Mann auf ihre Posten, das ist keine Übung“, dröhnt es harsch weiblich aus den Raumlautsprechern. „Ich wiederhole, alle Mann auf ihre Posten, das ist keine Übung!“
    Denk!
    Langsam, alle Konzentration aufbringend die sie hat, senkt sie ihren tränenverschwommenen Blick auf ihre die Tischplatte umklammernden Hände.
    Dräng es zurück. Sperr es weg. Du hast keine Zeit für sowas. Denk!
    Genauso langsam löst sie die Verkrampfung. Finger für Finger.
    Shiv kommt schwankend zurück zum Schreibtisch. Eve erhebt sich, setzt sich bestimmt in Richtung Tür in Bewegung. Brownie richtet sich auf. Eine kleine Blutspur rinnt ihre Stirn hinab, ein wenig Blut klebt auch auf der Tischplatte.
    “...dies wird Euch erlauben, Eure Emotionen als nicht nutzbringend einzustufen, ohne sie zu verleugnen. Ich erlaube mir ein Bild: Ihr könnt sie an einem Ort unterbringen, der fern Eurer Aufgabe ist.“
    Shiv hastet hinter Eve her. Brownie folgt Shiv. Kurz bleibt die Frau stehen, um ihr fest die Hand auf die Schulter zu legen, dann ist auch sie aus dem Raum verschwunden.
    Sie würden nicht in ihre Wohnungen und Häuser gehen, die aufrechten Bürger dieses Planeten. Sie würden die Straßen mit Blut tränken, auf dem die 'Boten des Friedens' einfach zu ihrem Zielort spazieren können, wie auch immer der aussieht. Und es gibt nichts was sie dagegen tun können!
    Sie richtet sich auf. Drückt langsam den Rücken durch. Hebt das Kinn. Befielt ihrer Hand, nach dem Comlink zu greifen. Im Holo nach einer Aufzeichnung der Übertragung zu suchen. Sie herunterzuladen und erneut zu starten. Währendessen schiebt sie alles, was nicht rational ist, weg. Friert es in Eis ein. Muskel für Muskel erstarrt ihre Mimik zu kühler Unbewegtheit, während sie das Holo ein weiteres Mal ansieht, dieses Mal von vorne. Inklusive des Teils den sie verpasst haben, in dem Therillion Orkenan als 'Held von Sorkat' darstellt, der die Evakuierung des Ortes eingeleitet hat und dafür von republikanischen Kräften aufgegriffen wurde. Etwas fällt ihr ins Auge, als der Sith erneut die Klinge über Hiroms Kehle zieht – aber für den Moment ist es unerheblich.
    Nein. Sie können nicht nichts tun. Sie können nur erbärmlich wenig tun. Aber dass es nicht ausreichen würde, ist noch nie ein Grund gewesen, es nicht zu versuchen!
    Sie senkt die Hand auf das Com, das nach Ende der Aufnahme wieder nur Leere zeigt. Deaktiviert es und clippt es zurück an den Gürtel. Hölzern wendet sie sich um und setzt sich in Bewegung in Richtung der Zellenblöcke.

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    Karteror, der republikanische Militärstützpunkt bei Torkeror, keine zwei Minuten später


    “Herzlichen Glückwunsch, Mister Orkenan...“ Keine Emotion. Ruhe. Kalt und hart wie das Eis Csillas. „...Ihr Name wird Geschichte schreiben, während die Imperialen alles abschlachten was nicht an ihrer Leine läuft.“
    Er sitzt zusammengesunken auf dem Zellenboden. Panik liegt in seinem Blick der sie immer nur kurz fixiert, sonst hektisch blinzelnd durch den Raum huscht. Seine Atmung beschleunigt sich zu einem unregelmäßigen Stakkato nahe an der Hyperventilation. Eine Wumpratte in einer Rattenfalle.
    Sie tritt vor seine Zelle und sieht nüchtern auf das Bündel Mensch hinab. „Es hat auch nur das Leben eines Fremden gekostet... eines der größten Idealisten die ich kannte. Eines Mannes, der hundertfach sein Leben riskiert hat um Wesen wie Sie zu schützen. Nicht weil er ihre Meinung teilt sondern weil er bereit war dafür zu sterben dass Sie sie haben dürfen.“ Keine Meinung. Fakt.
    Während sie redet, zieht sie das Com vom Gürtel, hält es zwischen sich und die Energiewand die Orkenan in seiner Zelle hält, startet die Aufzeichnung auf verkleinertem Holoschirm.
    Der Mann schweigt. Sein Blick wird von dem Holo wie magnetisch angezogen. Zuerst ist er leer und verständnislos, dann sickert allmählich Entsetzen in seine Mimik. Die Betitelung als 'Held von Sorkat' taucht sie regelrecht in Terror.
    Ihre Sicht verschwimmt leicht, als sie das dritte Mal den Tod – den Mord – an ihrem wahrscheinlich engsten Freund beobachtet. Ihre Augen sind feucht, aber es reicht nicht für Tränen. Nicht im Moment.
    „Das...“, krächzt er, als die Videospur endet und nur noch Holoflimmern zurücklässt. „...das tut mir leid... wirklich! Wirklich... ich! Ich wusste ja nicht, dass und... er ist... scheiße, es tut mir leid!“, stammelt er konzeptlos vor sich hin.
    „Wenn Sie auch nur einen Funken Selbstachtung, Stolz und Ehre haben...“, schneidet sie das Gestammel ab. „...dann werden Sie jetzt handeln. Ich werde dafür sorgen dass eine Kamera hierher kommt und Sie werden eine Gegendarstellung äußern. Sie werden dieser Welt klar machen dass nicht Sie es waren, der Sorkat evakuiert hat sondern eben dieser Mann, der von dem Sith getötet wurde. Sie werden dieser Welt klar machen dass es dieser Sith war, der Sorkat zerstört hat – seinem Plan nach mitsamt der Einwohner.“
    Sie hält den Blick auf Orkenan gerichtet, während sie die Seite des Coms aufklappt, den Earplug herausnimmt und ins Ohr friemelt; das Headset liegt noch im Quartier, aber die Verschlüsselung und Verbindungsdaten zu ihrem Team sind auf der Comeinheit – das muss für den Anfang reichen.
    Wieder flutet Panik Orkenans Blick, wieder huscht er ziellos durch den Raum. Sekundenlang, bis er auf ihrem Gesicht hängenbleibt. „Ich... ich mache alles was Sie wollen. Alles!“
    Knapp deutet sie ein Kopfschütteln an. „Ich will nicht dass Sie machen was ich will... ich will dass Sie das wollen. Wachen Sie auf!“
    Er windet sich. Wimmert. Deutlich kann sie auf seinem Gesicht den Kampf zwischen Feigheit und Gewissen ablesen. Schuld. Die entsetzliche Erkenntnis, kein Opfer sondern Täter zu sein. Dann ist der Kampf beendet. Seine Pupillen verlieren den Fokus auf sie, der Blick geht ins Leere. Wagory Orkenan hat sich selber gebrochen.
    „Er hat ihn umgebracht... wegen einer Lüge“, murmelt er niedergeschlagen. „Einfach so! Ich will da nicht mehr mitmachen...“ Seine Stimme wird leiser. „...nicht mehr...“ Er sackt gänzlich auf dem Boden zusammen und bricht in Tränen aus.
    „Blue? Wo steckst du? Ray hat mir das Command gegeben. Er springt gerade, soll ich es behalten oder willst du den Lead?“, überträgt ihr Earplug Eve, als die Verbindung steht.
    „Gut... Sie haben fünf Minuten, sich zu sammeln und sich zu überlegen was...“ Sie loggt mitten im Satz die Sendefunktion ihres Coms ein. „...Sie sagen. Wie Sie es sagen. Bin bei Wagory. Junior bei dir? Brauch eine Cam hier und nen Broadcast. Er gibt eine Gegendarstellung...“, antwortet sie noch im gleichen Atemzug Eve.
    Ihr Com tut Dinge; der Kanal splittet sich, wird neu verschlüsselt, andere Kanäle mit der Bezeichnung 'Flotte' und 'Rep Command' tauchen auf. Diese Dinge sind mit Shivs IP markiert, also ist das sinnvoll.
    „Ah, okay. Junior zieht sich gerade um.“
    „Gibt keinen Broadcast, ein Sitharsch hockt auf der zentralen Sendestation des planetaren Holonets“, schaltet sich Shiv dazu.
    Etwas erschüttert Wände und Boden des Containers. Sie wankt und stützt sich an der Energiewand der Zelle ab, es kribbelt auch durch den Handschuh unangenehm elektrisch.
    „Dann machen wir eine Aufnahme und sehen zu dass wir sie irgendwie ins Holo kriegen! Wenn wir das nicht verbreiten, läuft die halbe APK Amok!“, antwortet sie. Lässt unausgesprochen dass es auch mit Verbreitung nicht so viel besser sein wird – aber jeder einzelne der wirklich Zuhause bleibt, weil Orkenan es schafft Zweifel zu wecken ist ein Gewinn!
    „Allrighty. Soll ich den Teil vom Verhör auch veröffentlichen? Das Ende? Als er erkannt hat was gespielt wurde?“ - „Wir haben dreißig verdammte Prozent Nichtmenschen auf diesem Planeten... unter anderem mehrere Mirialanerenklaven mit tausenden von Flüchtlingen!“ - „Junior, kümmer dich drum. Trigger hat Recht.“ Shiv, sie und Eve reden gleichzeitig und zusätzlich erschallt wieder eine Durchsage durch die Basis: „Mit sofortiger Wirkung sind alle Mitglieder der KSF und des örtlichen Militärs als feindlich einzustufen! Ich wiederhole. Mit sofortiger Wirkung sind alle Mitglieder der KSF und des örtlichen Militärs als feindlich einzustufen!“
    „Telcia und ich sehen zu dass wir Verbindung zum Kommando bekommen, sobald ihr fertig seid kannst du Lead wieder übernehmen, okay Blue?“
    „Eve, Schnittstelle zu der Planung hier. Sieh zu alles in Erfahrung zu bringen was die hier tun, was unsere Flotte tut und was nützlich ist. Bist mein 2nd, Field Command bis ich frei bin.“
    „In Ordnung!“
    Einen Moment deaktiviert sie die Übertragung, wendet sich noch einmal Orkenan zu: „Entschuldigen Sie mich einen Moment“, betrachtet sie mitleidlos das weinende Häufchen Elend. „Ich muss eine republikanische Rüstung anziehen um mein Leben für Ihre Mitbewohner zu riskieren. Fünf Minuten...“ Ohne eine Antwort abzuwarten wendet sie sich ab, zügigen Schrittes zur Tür, auf dem Gang verfällt sie in einen joggenden Laufschritt, nimmt die Comverbindung wieder auf.
    Nun schaltet sich ein Prioritätskanal über die Base hinzu, begleitet ihren Lauf über die Gänge zum Ausrüstungslager: „Hier spricht Admiral Kortak an alle republikanischen Kräfte auf und um Karteror. Der Bastard hat sein Gesicht gezeigt und wir werden verdammt nochmal nicht mitspielen! Er dachte, er hat es nur mit ein paar Schiffen zu tun aber wir werden ihm beweisen dass er eine ganze Flotte gegen sich hat! Keiner dieser imperialen Bastarde kann es auch nur im Ansatz mit uns aufnehmen und wenn wir bis zum letzten Mann kämpfen müssen dann sei es eben so. Karteror wird nicht fallen! Die Macht mit uns allen! Oorah!“
    Als sie um die Türecke schlitternd im Lager zum Stehen kommt, bebt der Stützpunkt ein weiteres Mal; dieses Mal nicht unter dem Feuer der Artillerie, wie es bisher der Fall gewesen ist sondern unter dem vereinten Schrei der Soldaten der Base – plus der Direktübertragung von Eve über das Earplug - die das „Oorah“ des Admirals geballt zurückgeben.

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    Karteror, der republikanische Militärstützpunkt bei Torkeror, vor etwa zehn Stunden


    Er schreckt auf, als der Tür-Summer plärrt. "Fuck...", sagt eine Stimme irgendwo links von ihm, irgendwo rechts von ihm ein gedämpftes Grummeln. Langsam öffnet er die Augen, als plötzlich gleißendes Licht seine Sicht erhellt, dass nicht einmal das zusammenkneifen der Augen ganz dagegen hilft. Einen langezogenen Moment passiert nichts, während sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnen und sich die Hornschicht verdickt, um das Licht zu dämpfen. Er erkennt eine dunkle Silhouette inmitten der Lichtquelle, welche – wie er nun auch langsam erkennt – eine zum beleuchteten Gang geöffnete Tür darstellt. „Eine Nachricht von Major Renko, Ma'am. Sie sollen das Holo-TV einschalten. The... Therillion spricht“, hört er jemanden von draußen sagen. Therillion? Der Begriff wirkt wie ein Stim, der ihm direkt ins Gehirn geschossen wird. Er hört jemanden etwas sagen, dann nochetwas, bei dem ein ihm mittlerweile wohlbekanntes "Fuck" zu hören ist. Als sie laut nach Shiv ruft gibt es keinen Zweifel mehr, dass es Trigger ist. Der Schlafmangel zehrt an seinem Geist, wie eine Hand, die ihn wieder auf den Tisch ziehen will, wo er eben auf einer dünnen Matte geschlafen hat. Doch das Wort 'Therillion' lässt nicht zu, dass er nachgibt. Trigger fragt ihn nach seinem Com, doch der Kontext erschließt sich ihm nicht: "What?"
    Er beginnt nach seinem Com zu tasten, vergebens, während Trigger ihn anflucht. Dann fliegt etwas dicht an seinem Kopf vorbei und kracht gegen die Wand hinter ihm, was ihn zusammenzucken lässt.
    „Scheiße'eeh...“, ertönt es neben ihm und es kracht wieder woraufhin er das leise Surren eines Projektors hört.
    „...und gerade weil ihr, meine Freunde, Sicherheit und Stabilität benötigt kann ich nicht weiter mit ansehen...", spricht eine holoverzerrte Stimme. Er kennt diese Stimme, hat sie schonmal gehört. Therillion! Diesmal reißt ihn das Wort komplett in den Wachzustand und der kurze Orientierungs-Fluss von Informationen schießt in die vom Schlaf getrieben Lücken.
    Setarak Therillion, Arschloch mit Lichtschwert, Missionsziel.
    „Wagory Orkenan war ein Held und die eben gezeigten Aufnahmen beweisen eindeutig, dass die Republik blablablablabla...", faselt der Sith im Holo und erntet dafür einen Zielgenauen Rotzklumpen von Trigger.
    "Ihh"
    , brummt er.
    Die Worte des Sith, der gerade dabei ist auf Karteror den Krieg zu erklären hört er nur schwach am Rande, sodass er gerade den Inhalt mitverfolgt. Der erste Blick gilt dem Hintergrund, der eine Harrowerbrücke darstellt, wie Trigger treffen bemerkt. Der Sith faselt weiter, erntet eine Beleidigung von Telcia und schon folgt Shiv Batash's erste Prognose: „Signal kommt von Karteror, nicht von explanetar.“
    „Vermutlich 'ne Aufnahme, die von hier ausgestrahlt wird“, wird eigens zurückgebrummt, doch im selben Moment wird ihm klar, dass die Zeit für solche umwege doch recht knapp gewesen sein muss.
    Auf dem Holo macht Therillion plötzlich Platz um jemanden zu sich ins Kamera-Bild zu holen.
    Alle Erwartungen bestätigend, wird ein gefesselter Hirom vor die Kamera gezerrt, wo er ersteinmal auf die Knie gezwungen wird. Er hat weder gesungen, noch ist er gebrochen, wieso also schon jetzt vorführen?
    Als ihn eine dunkle Vorahnung beschleicht beginnt sein Herz lauter zu pochen. Er sieht zu Trigger, sieht, wie sich sich verkrampft und empfindet schon Mitleid mit ihr. Seine arkanianische Logik gibt ihm für diese Situation nur einen Ausgang vor und er weiß, dass Trigger Hirom gefühlsmäßig von allen am nächsten steht. Finster beobachtet er die Szene im Holo weiter, während sich langsam wieder Erinnerungen aus vergangenen Tagen kurzweilig vor sein geistiges Auge schieben. Vom ersten mal, als er einen Soldaten fallen sah bis zum letzten Newbie seiner Zeit im Theta-Squad huschen sie vorbei, nicht mehr als Blitze deren Wirkung ihm emotional nicht mehr als Bedauern entlockt. Bedauern, dass er nach dem ersten mal viele seine fallenden Kameraden kaum gekannt hat. Bedauern, dass er nachdem das erste mal ein enger Freund fiel gar keine Bindungen zu neuen Teammitgliedern mehr zugelassen hat, für eine ganze weile und mit nur zwei Ausnahmen in acht Jahren. Bedauern, dass er sich nicht die Zeit genommen hat, Hirom Sunshade besser kennen zu lernen. Während dieser Gedanken schreitet die Szene im Holo dahin, ohne dass er den Worten lauscht. Der Sith zieht eine Art Dolch und trotzdem die Gewissheit nicht erst jetzt aufkommt, ist es, als ob ihn diese simple Bestätigung seiner Gedanken durchschneidet. Durchschneidet, wie diese Klinge aus vermeintlichem Kristall, die sich im Holo quälend langsam in den Händen des Sith bewegt.
    Er sieht zu Trigger, wie sie sich noch mehr verkrampft, wie die Tränen ihre Augen langsam überfüllen.
    Wieder huschen Bilder vorbei. Diesmal deutlicher, Gesichter, die er lange und gut kannte. Gesichter, die er liebte, als Freunde und Brüder. Er erinnert sich an das Gefühl, wie es Trigger gleich fühlen wird. Dass es für sie das erste Mal ist, bezweifelt er, doch er weiß, dass es jedesmal noch schlimmer ist. Kennt das Gefühl, wie jedesmal ein Splitter des eigenen Geistes abgetrennt wird. Splitter, die man nur all zu Schwer halten kann, ohne sich damit noch mehr zu verletzen.


    In dem Moment, als er wieder ins Holo sieht, passiert es. Die Klinge stürzt sich in Hiroms Hals und teilt das Fleisch, wie ein Körper mühelos die Luft. Starr sieht er zu, prägt sich jedes Detail ein. Wie sich das Fleisch öffnet, gleich einer Blume in der Morgensonne. Wie sich Sehnen und Fasern unter Spannung zurückziehen, gleich der Knospenränder. Wie Arterien ihren purpurnen Saft mit der Kraft eines kriegerischen Herzens entladen, gleich den Tautropfen, die das Blatt im Winde verlassen.
    Als Hirom vornüber sackt und zuckend dem Tode erliegt, betrachtet er nur seine Hand. Betrachtet, wie die Bilder sich in sein Gehirn brennen und ein Feuer entfachen. Ein Feuer, dass seinen ganzen Körper erzittern lässt, dass alle Selbstzweifel, aufgekommen durch die Tatsache mit Hirom durch eigene Unbedachtheit in die Falle gegangen zu sein, hinfort wischt.


    Der Militärstützpunkt erwacht vollends zum Leben, die Siren beginnen zu heulen und eine Durchsage kündigt den bevorstehenden Kampf an. Einen kurzen Moment lässt er das Feuer noch lodern, ehe er es zu all den Flammen schiebt, die er bereits in sich trägt. Er sieht zu Trigger, wie sie verkrampft dasteht, unfähig sich zu rühren. Den kurz aufkommenden Drang, die Finger der Chiss vom Tisch zu lösen, sie in den Arm zu nehmen und sie zu trösten unterdrückt er schnell, denn er weiß, dass sie das nicht braucht. Nicht jetzt. Er weiß, dass dieser Moment ihr allein gehört, ihr allein gehören muss. Also geht er wortlos hinaus, schlägt die Richtung zum Kommandozentrum des Stützpunktes ein und marschiert festen Schrittes los.
    "Zeit, ein paar Imps abzuknallen!"


    Eve: "Ich mein... verstehst'e was ich mein?"
    Trigger: "Eeh, ich'versteh "total" was'de meins'."

    8 Mal editiert, zuletzt von Jay ()

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    Karteror, der republikanische Militärstützpunkt bei Torkeror, einige Stunden später


    Als sie aufwacht fühlt sie sich wie in den Sarlacc gefallen und wieder ausgekotzt.
    Körperlich geht es sogar halbwegs, gemessen an den gegebenen Umständen; in Rüstung zu schlafen ist nicht ganz so unbequem wie allgemein angenommen – vorausgesetzt, man nimmt das Modul, die Schulterteile, den Gurt und natürlich den Helm ab. Und legt sich gerade auf den Rücken – der Grund warum es nicht dazu geeignet ist, eine Langzeiteinrichtung zu sein, denn man bleibt auf dem Rücken liegen. Kein Wenden im Schlaf. Kein Anziehen von Armen oder Beinen. Kein Strecken. Und wenn man aufwacht, ziemlich versteifte Muskeln, die man nach und nach durch bewusstes An- und Entspannen wieder lockern muss.
    Der Geschmack in ihrer Mundhöhle ist furchtbar. Chemisch-ätzend mit einem Hauch betäubender Wirkung. Das Ätzende das Resultat von einem Aufputscher-Stim, den sie sich in den Hals gerammt hat, als sie Torkeror erreicht haben. Brownie hat sie in der Medbay besorgt und sie hat angeordnet, dass jeder einen Upper bei sich führt – Verwendung nach eigenem Ermessen – weil sie zu dem Zeitpunkt des Angriffs gerade einmal eine Stunde geschlafen haben und auf Stims sein allemal besser ist als langsam oder unkonzentriert. Dinge, die in einem Kriegsgebiet oft tot als Konsequenz haben. Ihre persönliche Abneigung gegen Chemie im Blut ist irrelevant gewesen.
    Das taube, pelzige Gefühl auf der Zunge kommt wahrscheinlich vom Downer, den sie sich nach Rückkehr in die Base gespritzt hat als sie gemerkt hat, dass die aufputschende Wirkung noch lange nicht verflogen ist, sie aber schlafen musste. Auch hier hat persönliche Abneigung keine Rolle gespielt, es ist die logische Entscheidung gewesen.
    Ray hat es als Vorschlag verpackt, zur Base zurückzukehren und etwas Schlaf nachzuholen, während sie auf die Auswertungen des Initialchaos warten, die ihnen vielleicht die Informationen geben würden die sie brauchen um ein weiteres Ziel ausmachen zu können. Vielleicht das Ziel des Sith selber.
    Sie richtet sich auf, nachdem das abwechselnde Spannen und Lockern der Beinmuskeln ihr das Gefühl in den Beinen zurückgegeben hat, streckt die Arme zu den Seiten, drückt den Rücken durch und macht mit dem Oberkörper weiter.
    Sie haben Erfolge erzielt. Erhebliche Erfolge. Junior hat seine beim Rückschlagen des Zugriffsversuchs auf die planetare Verteidigung im Militärnetz geparkten backdoors benutzt um hineinschlüpfen zu können trotzdem die örtlichen Militärs inzwischen als feindlich eingestuft werden und hat deren Zugriffe geblockt, so dass die Imperialen die Verteidigung nicht für sich nutzen konnten und lieber das Datenzentrum Zorterors bombardiert haben um das Militärnetz offline zu nehmen als die Verteidigung gegen sich zu haben. Aber auch darauf sind sie vorbereitet gewesen.
    “Also'wird wohl früher'oder später genau'das passier'n... Therillion sorgt'dafür dass'der Knot'n in'die Knie geht. 's wär zuminnest das, was ich an'seiner Stelle tun'würde, zur'Not mit Gewalt.“
    Sie haben bereits auf Coruscant mit dem Szenario des Netzausfalls gespielt.
    “Frage umformuliert: Mit'der richtig'n Vorbereitung un'der Kooperation der Adelig'n die'auf dem Ding sitz'n... mit'nem Teil der'Flotte im'Orbit, wäre 's uns möglich, für'den Fall 's ausfalls 's Megaknot'ns zuminnest 'n Ersatz aktiv zu stell'n?“
    “Könnten ein Backupsystem bei der Flotte bestellen sodass das verfügbar ist sollte das Aktuelle ausfallen. Das sind so dicke Brummer, die dann in den geostationären Orbit gehen. Einer davon kann son Megaknoten ersetzen. Is aber halt ein einfaches Ziel und müsste von der Flotte dann geschützt werden.“
    „Mh, okay... mach'dir einfach ma' 'n paar Gedank'nwie'man 'n Ausfall kompensier'n könnte. Also... Detailgedank'n. Guck ob's machbar is'. Wenn'ja, triff entsprech'nde Vorbereitung'n soweit de von'hier aus kanns'.“

    Junior hat sich Gedanken gemacht. Die örtlichen Gegebenheiten gecheckt. Vorbereitungen getroffen. Es hat eine ganze Weile gedauert, aber dann ist das System online gewesen. Die planetare Verteidigung der Hauptstadt in republikanischer Hand.
    Es ist ein ungewöhnlicher Kampfauftakt gewesen – für Imperiale. Kein Bombardement, abgesehen vom Datenzentrum. Keine zivilen Opfer. Bodentruppen statt Beschuss aus der Luft. Das Einrichten von Brückenköpfen im Metropolenbereich statt offensiver Kampf.
    Die Imperialen haben versucht einen Ring um Torkeror zu ziehen – der Truppenanzahl nach ist die Hauptstadt das Primärziel der Kerle – aber die Natur hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Torkeror ist zwischen zwei Berghängen gelegen, nur aus dem Norden und dem Südwesten überhaupt betretbar. Wahrscheinlich ist die Luftabwehr fester Bestandteil des Plans gewesen, die Stadt vor ihnen abzuriegeln aber ohne haben sie nur am Boden von Norden anrücken können, während gleichzeitig von der Höhe dieses Stützpunkts im Südwesten republikanische Truppen gen Torkeror aufgebrochen sind. Imperiale und Republikaner, die erst innerhalb der Stadt – der größten Stadt des Planeten – aufeinandertreffen würden. Man muss wirklich kein Genie sein um sich auszurechnen dass es die Zivilen sein werden, die als Verlierer aus diesem Kampf hervorgehen.
    Eve, Brownie, Junior und sie sind auch gen Stadt aufgebrochen; der Kontakt zu Refka ist abgebrochen, nachdem er die Nachricht übermittelt hat, dass der Horchposten des SIS gestürmt wurde – präzise gestürmt, die wussten genau wo sie hin müssen – APK-Fußsoldaten und Profis, der ersten Schätzung nach Squad X2. Der Field Agent konnte entkommen, musste aber den Kontakt zur Flotte abbrechen.
    Drei Panzer unter ihrem Kommando, das Dragon-Jägersquad über der Stadt, das auf präzise Zielvorgabe gewartet hat, Drohnenaufklärung im Zielquadranten dass ihnen die Positionen des lauernden Squads verraten hat und exakte Koordination der Angriffe – die Jäger für die Scharfschützen auf den Dächern, die Panzer für die Ziele auf dem Boden, sie und Eve als Backup zu Fuß, sollte jemand überleben und in die Gebäudekomplexe fliehen.
    Zu einfach hat Eve es genannt, als fünf Abschüsse bestätigt wurden, das Backup nur benötigt wurde, sicherzugehen und – in Eves Fall – deren Kommunikationseinheiten zu bergen.
    Aber so ist es; Informationshoheit macht Dinge sehr, sehr einfach. Jemanden zu töten, dessen Position man kennt ohne dass er der eigenen Anwesenheit gewahr ist, ist niemals ein Problem. Genau so einfach ist deren Zugriff auf Hirom gewesen, als die Informationshoheit andersrum lag. Sie haben ihn nur einsammeln brauchen.
    Refka haben sie nicht zurückbringen können. Jemanden zu finden, der ohne stehende Kommunikation zu Fuß in eine Großstadt flieht, ist sowieso ein Ding, das ziemlich nah an 'unmöglich' liegt. Wenn man dann auch noch mit extrem geringem Zeitfenster arbeitet, weil die imperialen Truppen der Position an der der Mann das letzte Mal ein Signal gesendet hat immer näher rücken, dann ist es sinnlos. Auf der anderen Seite ist Refka kein Idiot. Es ist nur ein Mensch unter Millionen anderen Menschen; wenn er den imperialen nicht gerade mit wedelnden Armen entgegenläuft sondern sich in irgendeinen Gebäudekomplex zurückzieht, dort versteckt und ausharrt, dann sollte er eigentlich den Umständen entsprechend relativ sicher sein. Und er sollte in der Lage sein, früher oder später eine Nachricht zu senden – über das Com einer Leiche oder über den Holoanschluss eines verlassenen Gebäudes.
    Sie haben sich zurückgezogen. Hinter die eigenen Linien, die auf der anderen Seite der Stadt langsam am Vorrücken waren und auf Rays 'Vorschlag' hin in den Militärstützpunkt um ein wenig Schlaf zu finden, die ersten Analyseergebnisse abzuwarten, auf ein präzises Ziel zu warten.
    Sie schwingt die Beine von der Pritsche, kommt auf die Füße und legt die abgenommenen Teile der Rüstung wieder an. Ihre private Com-ID zeigt eine Vielzahl Anrufversuche von Coruscant aus – abgeblockt, weil sie das Durchstellen von Nachrichten deaktiviert hat. Vier Textnachrichten von der gleichen Nummer, die zum Abrufen auf irgendeinem Hauptknoten bereit liegen. Sie ignoriert beides – Emotion steht auf der Liste von Dingen die sie gerade nicht brauchen kann verdammt weit oben – lässt sich stattdessen den relevanten Nachrichtenverkehr der letzten Stunden auf dem Pad anzeigen, während sie das provisorische Quartier verlässt um sich Caf und Intel zu besorgen.

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    Auf der 'Wing of Retribution', Medbay, in den frühen Morgenstunden


    Irgendwo links von ihr piept es. Gedämpft und gleichmäßig, im Rhythmus eines langsamen Herzschlags. Elektronisch generierte Akustik die davon zeugt, dass der Soldat hinter der Hartplastiktür noch am Leben ist. Dass er – anders als andere – Glück gehabt hat.
    Mit Sicherheit gibt es inzwischen Verlustberichte, sowohl von den Kampfhandlungen am Boden als auch von denen im Orbit. Wahrscheinlich könnte sie sie sogar abfragen. Scheiße, sie könnte auf die verdammte Brücke des Flaggschiffs der 234. Flotte spazieren und der Person, die die Zahlen zusammenträgt, über die Schulter gucken. Aber wozu? Was für eine Relevanz hat es, ob dort fünfzig, fünfhundert oder fünftausend Gefallene erfasst sind? Was für einen Wert hat der Tod eines Wesens, wenn er nur eine Ziffer in der Statistik ist?
    Es ist hell hier. Viel zu hell, selbst durch die Lider der geschlossenen Augen. Würde sie sie öffnen, wäre sie von nüchternem, mit Neonröhren ausgeleuchteten Weiß umgeben, in dem die Ärzte und Sanitäter der Medbay mit ruhigem Ernst ihrer Arbeit nachgehen. Hier vorne in der Wartezone nehmen sie die in unregelmäßigem Strom eintreffenden Verwundeten auf. Teilen sie ein in die Leute, die sofort in einen der Behandlungsbereiche gebracht werden müssen und die Leute – wie sie selber – die dort warten, bis sich jemand ihrer annimmt. Sie hat mit dem Gedanken gespielt, einfach wieder zu gehen, so wie auch Eve es getan hat als er gesehen hat wie viele Verwundete die Medbay in Beschlag nehmen. In ihr Quartier zu gehen, den dumpf pochenden Schmerz um den Fremdkörper in ihrer Schulter zu ignorieren – auch alles andere zu ignorieren - und sich einfach hinzulegen. Aber sie ist nicht über den Gedanken hinausgekommen; ihr fehlt die Energie, ihn in die Tat umzusetzen.
    Schmerz, heißt es, sei gut. Schmerz, heißt es, zeigt einem dass man lebt. Faktisch ist das vollkommen richtig – ein totes Hirn würde das Signal der Schmerzrezeptoren nicht verarbeiten können. Aber sie fühlt sich nicht lebendig. Sie fühlt sich einfach nur leer. Sie bemerkt den Schmerz der Schulterverletzung aber es ist, als würde er sie nicht betreffen.
    Fünf Tage ist es inzwischen her, dass der Sith den Mord an Hirom als Auftakt für die imperiale Invasion missbraucht hat. Field Agent Refka ist ihm in einen Leichensack gefolgt, nur wenige Stunden später, auf der Flucht abgeschlachtet weil er von Leuten verraten wurde, für die er sein verdammtes Leben riskiert hat. Deutlich erinnert ihr Brainfuck sich, wie entsetzt er auf ihren Zynismus reagiert hat, als sie vor gerade einmal drei Wochen von Coruscant aus eine Holokonferenz mit ihm hatten.
    “Hören Sie, ich habe nie gesagt dass sie selbst den Abzug betätigen würden. Das sind gute Leute. Ich bin jetzt seit 5 Jahren hier. Sie haben viel mitgemacht und rennen dem nächstbesten Opportunisten hinterher.“
    Sie haben nicht selbst den Abzug betätigt, sie haben den feigen und bequemen Weg gewählt, einfach nur in seine Richtung zu deuten. Das macht sie nicht weniger zu Mördern.
    Dass Refka Admiral Kortaks Schwiegersohn gewesen ist, hat sie am Rande aus Gesprächen von Soldaten auf dem Stützpunkt erfahren, als sein Tod bekannt wurde. Verheiratet mit Kortaks ältester Tochter. Ob sie auch auf Karteror ist? Immerhin ist der Agent echt lange hier stationiert gewesen. Stammt der Admiral vielleicht sogar von da unten? Im Rahmen des Möglichen, es gibt viele Mirialaner dort. Dann sind seine Kinder eventuell in den Städten. Vielleicht hat seine Tochter nicht einmal erfahren dass sie zur Witwe geworden ist, weil sie selber zu den Opfern der Übergriffe auf die mirialanischen Enklaven gehört hat.
    Ekel verzieht ihre Lippen. Vor vier Tagen haben sie und Telcia den Haupttempel der Mirialaner in Torkeror aufgesucht um auf der Suche nach Information, was verdammt noch einmal der Sith auf Karteor will, mit dem Vorsteher des Tempels zu sprechen, während Shiv und Eve mit einem ähnlichen Ziel das Gespräch mit dem Kommandanten der Palastgarde gesucht haben. Vier Tage seit sie – nach einem erbärmlichen Haufen Lügen – erfahren haben dass es sich bei der alten Königsfamilie im Geheimen um Sith handelte, die tief im Inneren des Palasts eine Sammlung von Artefakten verborgen gehalten haben. Vierundvierzig Jahre lang haben die geschwiegen, die das damalige Königshaus im stillen Putsch entmachtet haben. Geschwiegen, um der Aufmerksamkeit der Republik und des Ordens der Jedi zu entgehen. Weiter geschwiegen als Therillion das erste Mal in Erscheinung getreten ist.
    Mister Sizhs Offenbarungen sind bitter gewesen; sie haben die Erkenntnis mit sich gebracht, dass der Sith und die Imperialen nur ein Symptom dieses Krieges sind, nicht die Ursache. Die Ursache ist Schweigen.
    Hätten diese Leute sich damals an die Republik und den Orden gewandt, nicht beschlossen das Geheimnis des Palastes für sich zu behalten, dann hätte es hier schon lange nichts mehr gegeben, was die imperiale Invasion – und die damit verbundenen Kosten – gerechtfertigt hätte.
    Hätten diese Leute sich an die Republik und den Orden gewandt, als der Sith das Palast als sein Ziel offen für jeden im planetaren Holo angekündigt hat, hätte man die Zeit gehabt zu reagieren. Sie hätten ihre Bemühungen ganz anders konzentrieren können, auf das Gefahrengut und dessen Abtransport anstatt darauf, Phantomen hinterherzujagen.
    Schweigen ist verantwortlich für diesen Krieg. Die Leute die geschwiegen haben tragen die Schuld für seine Toten. Sie sind umsonst gestorben. Hirom ist umsonst gestorben.
    Nach der Holoübertragung ist sie emotional auf Sparflamme gefahren. Sie hat sie ein zweites Mal gesehen, nachdem die anderen ihr provisorisches Quartier auf dem Stützpunkt verlassen haben, hat diese Minuten genutzt, sich jeden einzelnen Augenblick der Inszenierung des Mords an einem Mann, der ihr wahrscheinlich bester Freund gewesen ist, einzuprägen. Sein Entsetzen. Seine Verzweiflung. Den hilfesuchenden Blick, den er auf die Kamera gerichtet hat. Jedes noch so kleine Detail hat sie durchlebt und durchlitten, bewusst durchlebt und durchlitten, um es dann ablegen zu können – vorerst zumindest – um rationalem Denken den Platz zu geben, die Lähmung abzuschütteln. Um funktionieren zu können.
    Sie hat Jakes Anrufe nicht beantwortet, lediglich Ray gebeten, eine kurze Nachricht zu schicken. Die Nachrichtensperre für nicht missionsrelevanten Comverkehr musste als Grund herhalten, aber das ist nur eine Halbwahrheit gewesen; sie hätte zu dem Zeitpunkt zu dem sie verhängt wurde lange selber angerufen oder eine Nachricht geschickt haben können – wenn sie denn gekonnt hätte. Aber sie hat nicht gekonnt. Nicht ohne Gefahr zu laufen, die Kontrolle zu verlieren.
    Sparflamme allerdings ist nicht genug gewesen, als der Mirialaner ihnen gegenüber gesessen hat und die Wahrheit offenbarte, eine Teetasse vor sich, aus der er in aller Seelenruhe immer wieder einen Schluck genippt hat. Nicht mehr.
    “Warum hat das Königshaus nach dem Sturz nicht die Republik informiert? Den Orden der Jedi, der doch sicher in der Lage gewesen wäre, diese Artefakte abzutransportieren und sicher zu bewahren?“
    „Eine Fehlentscheidung, zweifelsohne, aber wir hatten Angst. Wir mochten unser ruhiges Leben, die fehlende Beachtung vom Rest der Galaxie. Wir entschieden uns für den Mantel des Schweigens.“

    Er hat sich unwohl gefühlt, das ja. Aber würde es auch nur einen Funken Gerechtigkeit in dieser Galaxie geben, hätte er sich vor Schuldbewusstsein vor Schmerzen am Boden winden müssen!
    “Und auch jetzt? Warum das Schweigen? Es ist doch absolut public dass der Sith zum Sturm auf den Palast aufgerufen hat. Was der da will, das kann man doch an einer Hand abzählen ohne besonders viel Hirnleistung aufzubringen...“
    „Schuld. Wir hätten damals handeln sollen, wir hätten etwas tun sollen, irgendetwas.“

    Nein, nicht Schuld. Ein Gewissen hätte darauf reagiert dass Tag für Tag Leute sterben, weil andere Leute geschwiegen haben. Es ist Feigheit gewesen. Der Mangel an Bereitschaft, für das eigene Tun die Konsequenzen zu tragen. Das Wegsehen, während andere unter den Folgen leiden. Verrecken.
    “Ich hoffte wohl, dieses Geheimnis mit ins Grab zu nehmen...“
    Sie hat den Mann anschreien wollen. Sie hat aufspringen und ihm wehtun wollen. Seine selbstsüchtige Blindheit zerschmettern wollen. Einen Augenblick lang – den Bruchteil einer Sekunde nur - ist der Gedanke da gewesen, seine Teetasse zu zerschlagen und ihm mit einer der Scherben den Hals aufzuschneiden um zu erfahren, welche Hoffnung einem Wesen wohl bleibt, während es weiß dass es stirbt. Während es seine letzten Sekunden durchlebt. Während es zu Boden geht und röchelnd an seinem eigenen Blut erstickt. Brownie hätte reagiert, aber für den Mirialaner hätte sie nichts mehr tun können.
    “Es ist zu spät für derartige Schuldzuweisungen. Mir ist klar dass etwas hätte passieren müssen... doch nun müssen wir mit unseren Fehlern leben.“
    „Ja, das müssen wir.“

    Sie hat den Gedanken zurückgedrängt, stattdessen zur einzigen Alternative gegriffen - sie ist Chiss, vollkommene Selbstdisziplin ist ihr Geburtsrecht.
    Es ist nicht besonders schwer, Emotionen zu überwinden, zumindest in den meisten Fällen; der Verstand ist überlegen. Nur dass es sich anfühlt als würde ein Stück in ihr sterben und sie einen Schritt näher zu etwas zurück bringen, zu dem sie nicht zurück will.
    “Verzeihen Sie meine Skepsis und mein unnötiges Schweigen.“
    „Nein, tue ich nicht. Aber damit werden wir beide leben.“
    „Natürlich.“

    Nüchterne Funktionalität. Vier Tage lang, in der der Sturm auf den Palast vorbereitet wurde. In der Luft- und Bodentruppen in Position gebracht wurden. In denen sie damit beschäftigt gewesen sind, Nadelstiche gegen die Imperialen zu führen und sie zu behindern, wo immer sie konnten. Sie an anderen Orten zu binden. Ihnen Truppenbewegungen aufzuzwingen.
    Vier Tage lang bis sie mit voller Härte einen Schlag gegen die zweihundert Mann starke Palastgarde durchgeführt haben. Keine Imperialen. Republikaner, deren einziger Fehler gewesen ist, dem Befehl ihres Captains zu folgen. Einem Verräter und Verbrecher, der sie für nichts in den Tod geschickt hat. Bewusst.
    “Lieutenant...“
    Sie haben den Mann festsetzen können. Lebendig. Republikanische Gesetzgebung wartet auf ihn. Er hat mit dem Widerstand gegen die republikanischen Truppen Kriegsverbrechen befohlen, wahrscheinlich sogar mit dem Feind konspiriert. Wie sonst hätte der Sith mitsamt seiner Droiden so tief in den Palast vordringen können?
    Republikanische Gesetzgebung wartet auch auf den Mirialaner und den Kammerdiener des letzten Königs. Auf jeden, der nachweislich geschwiegen hat. Das macht nichts ungeschehen, macht die Toten nicht wieder lebendig und baut nicht wieder auf was zerstört wurde. Aber es lässt die, die geschwiegen haben, die Konsequenzen ihres Handelns spüren.
    Sie wartet auch auf den Sith, den sie im Inneren des Palastes, nahe der Artefaktkammer, stellen konnten. Juniors Vermutung, der Schild habe gar nicht ihm gehört sondern sei Teil der Verteidigungsmechanismen, ist bittere Ironie; nicht sie haben ihn festgesetzt sondern er sich selber. Hätte er den Mechanismus nicht ausgelöst, wäre er wahrscheinlich lange weg gewesen. Er hat sogar versucht zu fliehen, als sie den Schild überladen haben um ihn angreifbar zu machen. Zu feige zum Kämpfen und zu feige zum Sterben - exakt so erbärmlich, wie von einem Handlanger an der Leine anderer zu erwarten gewesen ist - hat er sich ergeben als seine Situation aussichtslos gewesen ist.
    Einen Moment hat sie darüber nachgedacht, ihn zu erschießen. Nicht aus minderen Emotionen heraus sondern aus gänzlich rationalen Gründen. Sie haben Labrass festgesetzt, nur damit er einige Monate später wieder auf freiem Fuß gewesen ist. Jemand könnte auf die Idee kommen, Therillion selbst sei unwichtig aber brauchbar als Pfand, mit dem sich Zugriff auf die Orakelschlampe etablieren ließe. Nur seine Leiche hätte absolute Sicherheit gegeben.
    Sie hat sich dagegen entschieden; das Risiko, dass relevante Informationen verloren gehen, ist zu groß gewesen. Er hat Augen und Ohren in der Republik, und das an Stellen, die verdammt gefährlich sind – er wusste dass sie dort ist, wusste genau, dass sie Teil des Sigma-Squads ist. Und er hat ihren Rang gekannt. Ihren echten.
    “Lieutenant...“
    Sie zuckt zusammen als etwas sie am Arm berührt und leicht schüttelt, öffnet die Augen nur um sie sofort wieder zusammenzukneifen, als das Licht sie blendet. Erst jetzt realisiert sie, dass die Silhouette eines Sanitäters, die sie gegen die Helligkeit abzeichnend erkannt hat, mit ihr redet.
    Lieutenant – was für ein bullshit! Wessen gigantisch beschissene Idee das wohl gewesen ist? Kortaks? Dakooutis? Charrs? Gemeinschaftsarbeit?
    „Ja, bin da... war in Gedanken...“, murmelt sie leise und blinzelt vorsichtig, um die Augen an das Licht zu gewöhnen, ehe sie sie in Gänze öffnet. Der Sani – ein Duros – nickt nur und wartet geduldig, bis sie wieder gucken kann und sich auf die Füße gestemmt hat.
    „Verletzung?“, fragt er knapp nach, während sein Blick sie abtastet. Sie hat die Rüstung noch immer an, also findet er nichts.
    „Rechte Schulter“, antwortet sie genauso knapp. „Explosion, hat sich etwas durch das Gelenk gebohrt. Ein Stück Metall, wahrscheinlich.“
    Jetzt fixiert er seinen Blick auf die Schulter, greift danach und dreht sie ein Stück, um mit dem Daumen nach der Einschlagstelle des aus der Selbstzerstörung eines Droiden resultierenden Schrapnells zu tasten. Sie brummt leise, als der dumpfe Schmerz unter dem Druck einer sehr viel schärferen Variante weicht.
    „Folgen Sie mir, Lieutenant“, stellt er die Tasterei ein und wendet sich ab, auf eine der Hartplastiktüren weiter hinten im Gang zu. Sie nickt nur und schlurft ihm hinterher.

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    Auf der 'Wing of Retribution', ein Offiziersquartier, irgendwann später


    Als sie aufwacht ist sie sekundenlang in der Form Verwirrung gefangen die sich einstellt, wenn man sehr tief geschlafen hat. Augenblicke des Unverständnisses, wo sie ist und was sie verdammt noch eins hier macht, während der Raum langsam, Grau in Grau, klare Strukturen gewinnt. Sie spürt das dumpfe, gleichmäßige Dröhnen um sich herum, das jemand, der lange genug im All unterwegs gewesen ist, als das charakteristische Gefühl eines Schiffs im Hyperraum ausmachen kann. Außerdem bemerkt sie den Schmerz in der Schulter, ein leichtes Ziehen in der unter dem Koltoverband genähten Wunde. Und mit diesen Eindrücken stellt sich allmählich Erinnerung ein.
    Ohne dass sie weiß was der Inhalt war kann sie sagen dass sie geträumt hat; das Bettzeug ist klamm und ziemlich zerwühlt, klares Indiz für einen unruhigen Schlaf. Leise ächzend rollt sie sich auf den Bauch und lässt einen Arm aus dem Bett fallen, tastet nach dem Gürtel auf dem Boden, daran weiter bis zu ihrem Com, clippt es ab und holt den Arm wieder ein. Sie ächzt erneut, als das Display nach kurzem Druck eine Uhrzeit präsentiert die davon zeugt, dass sie beinahe elf Stunden geschlafen hat. Okay, wahrscheinlich ist das nötig gewesen, drei Wochen lang hat Schlaf als absolutes Luxusgut gegolten, von dem sie maximal vier Stunden am Stück bekommen hat.
    Sie räuspert gegen das belegte Gefühl im Hals an, dreht sich unter einem dritten Ächzen zurück auf den Rücken und kämpft sich in sitzende Position hoch. Die 'Wing of Retribution' befindet sich also bereits auf dem Sprung nach Coruscant, wo sie für eine Weile im Dock verschwinden würde um die erheblichen Schäden zu beheben. Begleitet wird sie von Teilen der achtundneunzigsten republikanischen Flotte; sie kann nur mit Backup-Antrieb springen und hat den Sith an Bord – ohne Geleitschutz wäre sie leichte Beute für die Imperialen. Admiral Kortak hat davon gestern... gestern? Nein, heute Morgen. Er hat davon heute Morgen im Debriefing berichtet und in dem Zuge den Admiral der achtundneunzigsten, einen Weequay von selbst für seine Art beeindruckender Körperstatur namens Khanaka, gleich vorgestellt. Ein Weequay in Admiralsuniform, vielleicht hätten sie sich nebeneinanderstellen und Holos fürs Kuriositätenalbum machen sollen.
    Kortaks Zweihundertvierunddreißigste hat erhebliche Schäden davongetragen. Drei Viertel der Schiffe, siebentausendvierhundertfünfundneunzig Tote, grob doppelt so viele Verletzte – und das ist die glückliche Ausgangsvariante gewesen, in der Flottenverstärkung rechtzeitig eingetroffen ist um einen hundert-Prozent-Verlust zu verhindern. Durch das Auftauchen der Achtundneunzigsten sind die Imperialen in der Luft zum Rückzug gezwungen gewesen, die Bodentruppen wurden ohne Luftunterstützung von der auf dem Planeten gefestigteren republikanischen Armee aufgerieben.
    Dennoch versinkt Karteror im Chaos; die APK ist noch immer ein ernstzunehmender Aggressor, der Adel kaum vorhanden, Progrome gegen Mirialaner und Rodianer – und wahrscheinlich jede andere Art Fremdrasse. Die republikanischen Streitkräfte haben ohne die Imperialen auf dem Planeten zwar bessere Chancen die Situation wieder in den Griff zu kriegen, gut sind sie aber noch lange nicht. Gesellschaftliche Flächenbrände lassen sich nicht ohne Weiteres löschen.
    Am späten Vormittag ist eine Gedenkfeier für die Gefallenen auf dem Schiff abgehalten worden, eine Schweigeminute wurde auf allen anderen Schiffen eingelegt. Admiral Khanaka hat das Team dazu eingeladen und sie hat es als ihre Pflicht empfunden, teilzunehmen. Also ist sie dort gewesen, hat den Worten des Admirals zugehört ohne sie wirklich wahrzunehmen und hat die Anwesenden beobachtet ohne Mitgefühl empfinden zu können, nicht einmal eigene Trauer. Nur Leere. Kaum ist es zu Ende gewesen, hat sie sich auf ihr Quartier zurückgezogen. Eigentlich wäre Schlaf sinnvoll gewesen, aber stattdessen hat sie nur an eine Wand gestarrt. In die Leere in ihrem Inneren gelauscht. Das ist das Problem bei mit Gewalt aufgezwungener Kontrolle; sie ist kein Hebel den man umlegen kann wie es einem passt sondern Selbstverstümmelung. Nur sehr schwer rückgängig zu machen, wahrscheinlich unmöglich aus eigener Kraft. Ein selbstgewähltes Gefängnis, das nur Denken, kein Fühlen erlaubt.
    Also hat sie gedacht. Nachgedacht über die ganze Operation. Was sie anders hätten machen können. Was sie besser hätten machen können. Die Bilanz ihres Kommandos ist desaströs; die hat ein Drittel ihres Teams verloren, einen an eine Zelle, einen zweiten an einen Leichensack. Aber hätte sie das verhindern können? Nicht mit dem Informationspool der jetzt vorliegt sondern mit dem, den sie hatten, als sie agiert haben?
    Nein. Crumanov hat absolut eigenmächtig gehandelt, sie hat nicht einmal die Möglichkeit gehabt ihn zu stoppen. Um zu verhindern dass er überhaupt erst in eine solche Situation gekommen wäre, hätte man ihn von der ganzen Operation fernhalten müssen – und diese Entscheidung hat nicht in ihrer Verantwortung gelegen.
    Und Hiroms Gefangennahme? Es ist sehr leicht zu sagen, man hätte das Ding im Vorfeld als Setting erkennen müssen. Aber ist es auch wahr? Sie sind zu fünft gewesen – Hirom inklusive. Sechs, die in Gänze über die Planung informiert gewesen sind, wenn man Ray dazuzählt. Und keiner von ihnen ist auf die Idee gekommen, die Imperialen könnten Orkenan als Köder benutzen. Und warum auch? Ganz nüchtern betrachtet hat das Verhalten aus rein taktischer Sicht gar keinen Sinn gemacht; die Imperialen haben Ressourcen an Orkenan gebunden für ein reines 'Vielleicht'. Ein ganzes SpecOps-Squad hat da in der Gegend ausgeharrt in der puren Hoffnung, sie könnten auf den Mann zugreifen. Das kann für die keine gesicherte Information gewesen sein, sie hätten genauso gut noch einen Tag warten können. Oder zwei. Oder ihn von anderen Militärs einfach einsammeln lassen können. Und wofür eigentlich? Um ein Gesicht, dass annähernd jedem fremd ist, vor laufender Kamera hinzurichten und damit die Invasion zu rechtfertigen? Das wäre bedeutend leichter gegangen – der Sith hätte irgendeinen Soldaten sonstwo einsammeln können. Er hätte auch einfach einen seiner Leute töten können mit der puren Behauptung, es sei ein Republikaner gewesen. Orkenan einfach verschwinden zu lassen ohne darauf warten zu müssen dass sie auf ihn zugreifen, wäre ein Leichtes gewesen. Sie hatten ihn ja sogar schon, als sie ihm den Tracker eingesetzt haben. Therillion hätte der Öffentlichkeit das exakt gleiche Ergebnis verkaufen können mit erheblich weniger Aufwand. Warum also dieser Weg? Und viel wichtiger für die Frage nach dem eigenen Versagen: Wie um alles in der Galaxie hätten sie das voraussehen sollen?
    Dennoch – auch bei analytischer Betrachtung die kein grob fahrlässiges Verhalten finden kann – erscheint es ihr bei dieser Bilanz wie blanker Hohn, dass die beiden Admiräle angekündigt haben, das Team für einen 'Golden Star' vorzuschlagen. Als könne eine Auszeichnung die Verluste mindern.
    Sie lächelt gequält, schwingt die Beine aus dem Bett und schiebt die Hände in die Dreads, stützt die Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab und bleibt zusammengesunken sitzen, der Blick geht zu dem kleinen Tisch in der Raummitte.
    Ray hat ihre Grübeleien unterbrochen, als er kurz nach zehn, eine gute Stunde nach der Gedenkfeier, zu ihrem Quartier gekommen ist.
    “Ich mache mir Sorgen, weil ich dein Verhalten schonmal gesehen habe. Bei Offizieren, Unteroffizieren, Mannschaftlern... Leuten... Soldaten, die mit Verlust zu kämpfen haben. Personen die nicht den Luxus haben offen zu trauern weil sie funktionieren müssen. Weil der Kampf nicht aufhört, wenn ein Freund stirbt.“
    Sie hat ihn beobachtet, als er geredet hat. Wie er unsicher und ratlos nach Worten gesucht hat, als von ihr keine Reaktion gekommen ist.
    “Wir sind Freunde. Ich will helfen.“
    Einen Moment lang ist der Gedanke da gewesen, Ray einfach zu sagen dass sie müde ist und schlafen will. Aber sie sind Freunde und er hat das Thema angefangen obwohl es ihm deutlich unangenehm gewesen ist. Sie hat ihm eine Antwort geschuldet. Also hat sie versucht zu erklären. Ray hat es Hass genannt – aber sie hasst den Mirialaner nicht. Es geht auch nicht um Rache sondern um etwas viel Universaleres. Gerechtigkeit.
    “Was ist so falsch daran, Gerechtigkeit zu fordern?“
    „Nichts, absolut gar nichts. Es macht mir nur Angst dass du glaubst, es würde irgendwem helfen. Es ist richtig, die logische Konsequenz, die gerechte Strafe... aber wem hilft es?“
    Mir hilft es!“
    Sie löst die Hände aus den Dreads, wischt sich damit über das Gesicht, schiebt sie dann in den Nacken und starrt in den Raum hinein.
    Was ist passiert?
    Ray hat... nein, er hat Sihz nicht wirklich verteidigt, aber er hat versucht, ihn zu erklären.
    “Diese Leute handelten aus Angst. Angst verdreht Logik... Angst verändert. Das entschuldigt nichts, doch das bedeutet, dass sie keine schlechten Leute sind. Sizh und seine Leute haben Hunderte gerettet.“
    Dumpf wie der noch halb vom Nähen betäubte Schmerz in ihrer Schulter hat etwas in die Leere gehallt. Ärger. Wie hat er die, die die Verantwortung tragen, in Schutz nehmen können?
    “Sihz hat Tausende getötet, Ray! Die, die er gerettet hat waren überhaupt erst wegen seinem Schweigen bedroht!“
    Ärger ist gut gewesen. Ärger ist ihr bekannt, sie ärgert sich ständig über irgendwas – meistens über die Dummheit sogenannter vernunftbegabter Wesen. Etwas Vertrautes, um die aufgezwungene Kontrolle zu durchbrechen.
    “Warum? Warum haben die den Luxus, das zu verdrängen? Warum dürfen die sich einreden, Opfer zu sein? Warum dürfen die sich gut fühlen? Für gute Wesen halten, die nur ihre Pflicht getan haben?“
    Sie schließt die Augen und presst die Lippen aufeinander. Die Kernfrage ist unausgesprochen geblieben – dafür hätte sie loslassen müssen. Dazu hätte aus Ärger Verzweiflung werden müssen. Sie hat nicht losgelassen, und damit ist die eigentliche Frage in ihrem Kopf verhallt: Warum dürfen die das, wenn sie es nicht darf?
    “Das bist nicht du, Trigger. Das... glaube ich zumindest. Scheiße, keine Ahnung wie du tickst, vielleicht ist das richtig, vielleicht nicht. Für mich riecht es falsch... und das macht mir Sorgen.“
    Sie schnaubt, schüttelt sich, öffnet die Augen wieder und kommt auf die Füße.
    “Nicht nur funktionieren, nicht handeln weil es logisch ist sondern weil es richtig ist. Mit Emotionen, nicht trotz ihnen. Ich will nicht, dass du an so einem Scheiß kaputt gehst, wirklich nicht.“
    Kaputt gehen – was heißt das überhaupt? Es ist eine dieser Redewendungen, die absolut schwammige Scheiße sind.
    “Ich fühl mich leer. Aufgebraucht. Ich hoff... das wird Zuhause besser. Dass ich dann trauern kann.“
    Sie haben über Hirom geredet. Darüber, dass es wohl eine Trauerfeier geben würde. Ray hat ihr berichtet, wie die wohl aussehen würde – woher soll sie das wissen? Sie war noch nie auf einer Trauerfeier. Die wenigen Leute bei denen es für sie von Bedeutung gewesen ist dass sie gestorben sind, sind irgendwo im Raum verreckt und man gedachte ihrer mit einem Toast. Er sagte, es würde helfen, für die Beerdigung ein paar Worte vorzubereiten. Sollte sie das tun?
    Sie atmet tief durch, schüttelt langsam den Kopf. Sie weiß es nicht. Sie weiß es wirklich nicht. Die Leere ist einem vagen Unwohlsein gewichen – zu vage, um damit irgendwas anfangen zu können. Und überhaupt ist das hier nicht der richtige Ort, sich mit sich selber zu beschäftigen. Es gibt immer noch einen Haufen Schäden bei ziemlich dezimierter Mannschaft. Irgendwas zu tun. Nach dem Duschen.

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    Coruscant, ein Apartment über der Stadt, einige Tage später, morgens


    Noch während sie im Orbit gewesen sind, auf dem Landeanflug ins Dock, hat Charr sich mit der 'Wing of Retribution' in Verbindung gesetzt und die übliche Zwangspause von einer Woche verordnet. Ins Büro gegangen ist sie dennoch, gleich nachdem sie Freigabe gehabt haben das Schiff zu verlassen; direkt zu Charr, Decker ist bereits im Feierabend gewesen. Sie hat die Sache mit den Befragungen klären wollen, aus der Befürchtung heraus, man könne bereits innerhalb dieser Freiwoche jemanden bestimmen, sich mit Informationsgewinn an dem Sith zu beschäftigen. Sie will den Job! Nicht aus persönlichen oder emotionalen Gründen sondern aus Gründen der Effizienz; sie hat diese Drecksbande von Sith und ihre Verknüpfungen seit inzwischen über zwei Jahren studiert und ist in der Lage Fragen zu stellen und Verbindungen zu erkennen, die kein Anzug dieser Galaxie hinbekommen würde, vollkommen egal, wie viele Berichte er gelesen hat.
    Charr ist ihr mit einer Art grimmigem Ernst begegnet, als er sie empfangen hat. Der Ryn wird nicht laut oder ärgerlich, wenn ihm etwas nicht gefällt. Er wird ernst. Und wenn man ihm dann in die unter den enormen Brauen halb versteckten Augen sieht, bemerkt man einen Blick, der so durchdringend ist, dass man das Gefühl bekommt, er sieht in einen hinein. Man kann deutlich erkennen warum der ständig pfeifende und ständig trommelnde Mann es bis zum Chief of Staff des SIS geschafft hat und nur den Kopf schütteln über jeden, der den grandiosen Fehler macht, ihn für eine Witzfigur zu halten. Sie traut ihm den Intellekt und die Skrupellosigkeit zu, jemandem im Vorbeigehen das Leben zur Hölle machen zu können – wenn er denn wollte.
    Er hat sich angehört, was sie zu sagen hat. Hat ihre Argumentation hinterfragt – stichprobenartig nur, so ihr Eindruck. Natürlich hinterfragt, wie sehr sie emotional involviert ist. Dann hat er sie rausgeschmissen, mit der üblichen Zellen-Androhung, würde er sie vor Ablauf der Freiwoche noch einmal im Büro sehen. Immerhin hat er gesagt, dass Therillion jetzt sowieso erstmal auf dem Tisch von Doktor Zectro landen würde und man alles weitere später klären könne. Das ist kein Ja, aber es ist auch kein Nein.
    Dann erst ist sie nach Hause gefahren, hat ihre Sachen weggeräumt und sich aufs Sofa gesetzt, gedankenleer in den Raum gestarrt und gewartet. Gewartet bis Jake nach Hause kommt und sich der Sturm aus Sorge, Unruhe, Sehnsucht, Ärger und Erleichterung in ihre Richtung entläd.
    Es ist nicht fair gewesen, seine ungezählten Versuche sie zu erreichen nur mit einer kurzen Nachricht zu beantworten – nicht einmal von ihr sondern nur von Ray abgeschickt – aber es ist nötig gewesen. Das Leben ist nicht fair.
    Sie hat gehofft, dieser Ansturm wäre in der Lage, die aufgebaute Kontrolle einfach wegzuwischen. Der Verstümmelung entgegenzuwirken und zu machen dass es einfach wieder ist wie vorher. Aber nicht einmal er ist fähig gewesen, durchzubrechen.
    “Ab und an tut es vielleicht ganz gut, einfach mal nicht die Kontrolle haben zu wollen. Sich mal fallen zu lassen, mal Urlaub von der ständigen Selbstkontrolle machen zu können. Ich mein, vierundzwanzig-sieben, das ganze Leben lang, immer nur tough sein? Weiß nicht...“
    Wie soll man loslassen, wenn man weiß, dass da ein Abgrund aus Schmerzen drauf wartet, einen zu verschlingen?
    “Ab und an tut es einfach gut sich nur fallen zu lassen und zu wissen, da sind ein paar Arme die einen auffangen.“
    Wenn es nur nicht so einfach wäre, es nicht zu tun...
    Er hat schnell bemerkt, in welchem Zustand sie sich befindet – er kennt ihn von sich selbst, wenn die Verdrängungsmechanismen aussetzen - hat sich ein paar Tage frei genommen und ist da gewesen, hat versucht ihr Nähe zu vermitteln ohne sie zu bedrängen. Sie hat gesehen, wie sehr es ihn belastet. Wie schwer es ihm gefallen ist, sich zurückzuhalten. Wie hilflos er ihrem Verhalten gegenüber gestanden hat. Er hat versucht es zu verbergen, aber das ist unmöglich wenn man mit jemandem zusammenlebt. Erst Recht wenn dieser Jemand über ihr Level an Aufmerksamkeit verfügt.
    Gestern, nach vier Tagen Zuhause, hat sie ihr Training wieder aufgenommen – die Sparversion nur, ohne die Schulter allzu sehr zu belasten. Sie schlafen. Sie kochen. Sie essen. Sie verbringen die üblichen Stunden im Trainingsraum. Eigentlich wie immer, nur dass ihrem Leben das Leben fehlt.
    Sie hat geduscht, ein frisches Patch auf die vernähte Wunde gepackt und sich angezogen, das Wohnzimmer kurz durchquert auf dem Weg zur Cafmaschine um dann mitsamt Cafbecher bewaffnet zurückzukehren und sich aufs Sofa zu setzen. Nichts zu tun. Er sitzt am Schreibtisch, erledigt irgendwelchen Papierkram – gut zu erkennen am immer wieder aufkommenden Schnauben oder Seufzen, das ist einfach nicht sein Ding.
    Gerade hat sie sich gesetzt, als ihr Pad anfängt unter der Vibration einer ankommenden Nachricht – beruflich, nicht ihre Privat-ID, sie hört es am Intervall – über den Tisch zu tanzen und das unangenehm laute Schnarren von Hartplastik auf Metall von sich zu geben.
    Sie hebt eine Braue, stellt den Cafbecher auf dem Tisch ab und angelt stattdessen das Pad, stoppt die Vibration.
    „Sag denen, du hast frei“, brummt es vom Schreibtisch, während sie sich durch die Sicherheitsebenen ins Postfach navigiert. Scheinbar ist er inzwischen auch in der Lage, die unterschiedlichen Vibrationen voneinander zu unterscheiden.
    „Mh“, kommentiert sie das nur, zieht die Brauen nun zusammen, als der Nachrichtenindex ihr verrät, dass es sich bei der Mail um ein Schreiben vom militärischen Notariat Coruscant handelt.
    Sie wählt die Nachricht aus und keucht, als der Betreff aufleuchtet und sie mit der Wucht eines geistigen Hammerschlags trifft. 'Testament – Erbregelung Hirom Sunshade – verfasst 06-01-15nvC' leuchtet ihr in nüchternem Holoblau entgegen.
    Hinter ihr rückt ein Stuhl, aber sie hört das Geräusch nur ganz am Rande ihrer Aufmerksamkeit, während sie die Nachricht öffnet. Liest.
    Zuerst ist sie mit trockenem Juristenbasic konfrontiert. Eine Formulierung des freien Willens, ein Bezug auf das Erbgesetz, die Benennung eines Zeugen. Als sie selber in den Staatsdienst eingetreten ist hat man sie dazu angehalten, ein Testament aufzusetzen; dieser Absatz sieht in ihrer Version exakt gleich aus, abgesehen vom Namen – ihrem und dem des Zeugen - und dem Geburtsdatum und -ort.
    Dann allerdings verändert sich der Stil. Er wird weniger juristisch. Weniger trocken. Persönlicher. Hiroms Wohnung, freigegeben zur Zwangsversteigerung. Der Erlös soll an die Jugendabteilungen der 'Coruscant Colossus' und der 'Dantooine Dusters' gehen.
    “Der Krieg ist erst verloren, wenn wir selbst unseren Kindern keine Stabilität und Freude am Leben mehr vermitteln können. Ich weiß Sie werden diese Mittel gut und zum Wohle der Kinder einsetzen.“
    Sie liest die Worte – aber sie kann sie auch hören. Mit Hiroms Stimme hören. In seinem Tonfall. Der immer enthusiastisch durchschimmernden Unterspur wenn es um sportliche Themen geht, besonders um Gravball.
    Sein Speeder, vererbt an jemanden den sie nicht kennt, der aber schon als Zeuge benannt wurde. Eine Bildersammlung für die Arrak-Staffel der 'HCC Horizon'. Dabei Bezug auf zurückliegende Ereignisse, die ihr unbekannt sind. Ein Streit, der zu seinem Weggang führte.
    Ein Core-League Gravball von 11nvC, signiert von den 'Corellia Crushers', die in diesem Jahr den Titel geholt haben. Vererbt an Quix Fleem, wohnhaft auf Coruscant.
    “Dreimal darfst du raten, wessen Vater das ist, Trigger.“
    „Krass... echt jetz'?“
    „Jau, das ist der Vater von Quix. Meinem kleinen Energiebündel.“

    Quix Fleem, der Sohn des Colossus Core-League-Spielers Rix Fleem. Sie erinnert sich. Erinnert sich, als sie und Aidan Hirom am Gravball-Cube aufgelauert haben. Die letzten Minuten des Trainings beobachtet haben. Gesehen haben, dass Hirom Sunshade ein anderer Mensch ist als die trockene, bürokratische Version mit der sie auf den Stabstreffen konfrontiert gewesen sind. Die Reue des kleinen Rodianers als er entgegen der Teamarbeit versucht hat, einen Spielzug alleine zu führen und dafür von Hirom ernst aber nicht unfreundlich zur Rede gestellt wurde. Die Hand des Mannes, die den Kopf des Jungen getätschelt hat, ehe er die Knirpse in die Umkleide geschickt hat.
    “Es hat immer Spaß gemacht dich zu trainieren und deinem Spielwitz zuzusehen. Kommst ganz nach deinem alten Herren.“
    Sie hört die Wärme. Die Vertrautheit.
    “Zuletzt möchte ich dass meine Trikot-Sätze, bestehend aus den letzten 45 Trikots der 'Corellia Crushers' und 15 Trikots der 'Coruscant Colossus', Agent Trigger übergeben werden.“
    Ihre Augen beginnen zu brennen. Der Atem wird unregelmäßig.
    “Wie is'das bei dir eig'ntlich? Crushers geg'n Colossi..?
    „Das ist verdammt schwer...“
    „Un' hier, Sergeant Buicead, präsentier'n wir Ihn'n innere Zerriss'nheit...“
    „Die Crushers haben meine Begeisterung und meine Kindheit, die Colossi mein Herz.“

    Arme legen sich von hinten um sie, die leise gestellte Frage, was das sei, kann sie nicht beantworten, lediglich das Pad etwas anheben.
    “Ich bin mir nicht sicher ob du weißt, dass nicht nur du von mir gelernt hast was es heißt ein Kernweltenbürger zu sein, sondern ich auch von dir gelernt habe ein besserer Mensch zu sein und so manches Vorurteil abzulegen.“
    Ihre Hände zittern. So stark, dass sie die Schrift nicht mehr lesen kann.
    “Vielleicht habe ich auch das Gefühl dass ich Ihnen sehr wohl etwas schuldig bin aufgrund meiner voreingenommenen Haltung, dem damit verbundenen Gebaren und dessen was Sie schlussendlich geleistet haben.“
    Eine Hand löst die Umarmung, nimmt ihr sanft das Pad aus der Hand und hält es ruhig. Sie blinzelt den Tränenschleier von den Augen.
    “Selten war ich stolzer mit jemandem gedient zu haben.“
    Sie schluchzt.
    “Ich hoffe dass du mittlerweile die Frauenmannschaft rockst und den Colossi alle Ehre machst. Achte ein bisschen darauf, dass Johnson nicht jedes Fettnäpfchen mitnimmt.“
    Japst nach Luft, als es ihr die Kehle zuschnürt.
    “Da fällt mir was ein!“
    “'s is'...
    echt dein'Ernst? Un du has' den'Kram mit hierher gebracht?“
    „Man muss ja alles selbst in die Hand nehmen!“

    Irgendwo tief in ihrem Verstand schreit eine Stimme, dass sie nicht loslassen soll. Dass sie die Kontrolle behalten soll.
    “Dies ist das letzte Paket des Kernweltenbürger-Einsteiger-Packs. Willkommen in der Republik.“
    Sie verhallt. Ungehört und unbeachtet, viel zu leise um gegen die Lawine an Emotionen anzukommen, die sie erfasst und einfach mitnimmt. Als sie die Tränen nicht mehr zurückhalten kann, sind da ein paar Arme die sie auffangen. Die sie festhalten, als sie zusammenbricht.

  • ((Kitsch-Alarm))


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    Coruscant, ein Apartment über der Stadt, ein paar Stunden später


    Sie erwacht auf dem Sofa ohne klar sagen zu können was sie geweckt hat; die Geräusche aus der Küche, der Lichtschein von Coruscants Mittagssonne der ihr durch die offene Küchentür ins Gesicht fällt, der Geruch nach Essen oder aber die Wärme die sich während des Schlafs unter der Decke entwickelt hat, mit der sie zugedeckt ist.
    Sie schlägt den Stoff zur Seite und richtet sich leise brummend auf. Ihr Kopf fühlt sich an wie in Watte gepackt, die Augen brennen und ihre Nase ist verstopft – die körperliche Bestandsaufnahme ihres Zusammenbruchs. Langsam lehnt sie sich vor, angelt ihr Pad vom Tisch und wirft einen Blick darauf; es ist Mittag, sie hat fast vier Stunden geschlafen.
    „Guten Morgen“, klingt es fröhlich rufend aus Richtung Küche.
    „Morg'n... Tag... irg'ndwie so“, gibt sie murmelnd zurück, hebt die Hand und reibt sich mit dem Handballen die Stirn. Sie klingt furchtbar, heiser und verschnupft. Ächzend zieht sie die Beine zum Schneidersitz an und rutscht auf dem Sofa herum, bis sie sich im Übergang von Arm- auf Rückenlehne anlehnen kann, legt den Kopf zurück und schließt die Augen, lauscht auf die Geräuschkulisse. Das Klappern von Geschirr, nicht nur Kochutensilien sondern auch Porzellan von Tellern oder Schüsseln. Leises Pfeifen. Das Schließen des Schranks, dann das so charakteristische Geräusch des Monsters von Cafmaschine. Vertraute Geräusche, die Zuhause bedeuten. Das höchste Maß an Sicherheit das zu erreichen ist in einer Galaxie, in der es keine Sicherheit gibt.
    Erst als die Geräusche verstummen und sie Schritte hört, öffnet sie die Augen einen Spalt breit. Er trägt ein Tablett zum Tisch; Caf, Saft, Obst aufgeschnitten auf einen Teller drapiert, zwei Burger – seine Mutter muss ein neues Saucen-Carepaket geschickt haben. Obwohl sie sich noch immer vornehmlich scheiße fühlt, spürt sie, dass ihre Mundwinkel sich ein Stück nach oben verziehen.
    „Hey“, lächelt er zu ihr herüber, stellt das Tablett ab und beugt sich über das Sofa um sie zu küssen. „Hey...“, fügt er weicher an und stahlt als ihre Mundwinkel sich deutlicher heben.
    „Hey“, krächzt sie heiser und öffnet die Augen ganz. Jetzt erst fällt ihr auf, dass sie verdammt hungrig ist.
    „Willkommen Zuhause.“ Er stiehlt sich einen weiteren Kuss, streift mit den Lippen kurz ihre Wange und lässt sich dann neben sie aufs Sofa fallen, zieht das Tablett heran und verteilt die Teller, Becher und Gläser, während sie sich aufrichtet und ächzend den Nacken dehnt.
    „Fuck, ich'fühl mich wie'vom Rancor gerammt“, brummt sie und streckt die Arme gen Decke. Stockt, als er anfängt zu lachen. „Was?!“
    „Du klingst wie Quobbel!“, prustet er und grinst zu ihr herüber.
    „Wer um'alles in der Galaxie is' Quobbel?“
    Verblüfft weitet er die Augen. „Verarsch mich nicht, jeder kennt Quobbel. Quobbel der Frosch. Core One. Kinderholo!“
    Sie schnaubt belustigt. „Ehm, 's schränkt jeder ja schonma' ein in a) guckt Holofernseh'n un' b) is'in den Kernwelt'n aufgewachs'n, hm? Kriterien die ich beide nich' erfülle.“
    „Bildungslücke“, beschließt er nachdrücklich, stellt das Tablett neben dem Tisch ab und angelt nach der Fernbedienung für den absurd großen Holofernseher an der Wand um ihn zu aktivieren und das Holonet anzuwählen. Sie ächzt leise als seine Startseite – der Gravball Core-League Kanal von CoruNet – sich aufbaut. Die 'Corellia Crushers' haben den vorgestrigen Spieltag drei zu eins gegen die 'Kuat Kick-Offs' verloren.
    Hastig wechselt er die Seite, murmelt ein betretenes „Sorry“, während er das Holovid-Archiv von 'Core One' ansteuert.
    Schmal lächelnd schüttelt sie den Kopf. „Is' okay... ich hab's sowieso nich' so mit Verdrängung.“
    „Vielleicht...“, stellt er die Navigation ein, sieht zu ihr herüber und greift mit der fernbedienungsfreien Hand nach ihrer, verschränkt seine Finger mit ihren. „...möchtest du reden? Also, über... alles?“
    Sie drückt seine Hand. „Aye, bestimmt... später.“ Ihr Blick geht zu den Tellern auf dem Tisch, dann zu dem Holo. Sie deutet in Richtung der Wand. „Aber jetz' will ich erstma' wiss'n wer Quobbel is'!“
    „Quobbel“, nickt er bestimmt, löst seine Hand wieder von ihrer und navigiert weiter. Es dauert nicht lange, bis er fündig geworden ist und ein zufälliges Holo aus einer Auswahl von bestimmt zweihundert startet.
    Sie blinzelt träge. Es ist in erster Linie... bunt. Und chaotisch. Ein Haufen Trickfiguren laufen wirr durch das Bild, geben dann den Blick auf eine weitere Trickfigur frei, die zwar grün aber mal definitiv kein Frosch ist sondern viel eher eine... Socke in Duster mit Mikrofon?
    Sie blinzelt erneut. Das Bild bleibt unverändert surreal. Quobbel die Socke beginnt, auf und ab zu laufen, bleibt abrupt bei einer Trickfigurengruppe stehen und hält denen das Mikro unter die Nase. In viel zu schnellem Tonfall, der aus der Socke eine hysterische Socke macht, interviewt er den Haufen auf und ab hüpfender blauer Kunstfellbüschel zum Unterschied zwischen 'oben' und 'unten'. Und dabei klingt er nicht wie sie sondern wie ein Ortolaner, den erst jemand auf Glitterdust gesetzt hat um ihm dann Basic beizubringen.
    Sowas guckt'ihr in eurer Kindheit?“, fragt sie verblüfft nach. Es ist wie ein Swoopunfall – sie kann einfach nicht weggucken.
    „Früher kam das jeden Morgen um acht. 'Doody Planet' hat mir die Welt erklärt“, bestätigt er in feierlich anmutendem Tonfall.
    Sie blinzelt ein weiteres Mal, schnaubt amüsiert und schüttelt den Kopf. „Ehm okay... du siehst'mich nich' länger verblüfft darüber, dass'ihr alle 'ne Klatsche habt.“
    Er verengt die Augen und sieht sie einen Moment lang trotzig an, dann sieht er zum Holo, guckt ein paar Sekunden lang dem Treiben auf dem Bildschirm zu, wiegt dann langsam den Kopf. „Ich gebe zu, als ich kleiner war hat das irgendwie... anders gewirkt.“
    Sie beugt sich zu ihm rüber um ihm einen Kuss zu geben und seine Aufmerksamkeit damit zu hundert Prozent zu binden. Dann schnellt ihre Hand zur Fernbedienung und entwindet sie seinem Griff, um dem quietschbunten Drama ein abruptes Ende zu bereiten.
    Erneut verengt er die Augen, der Blick fixiert sich auf das Stück Technik in ihrer Hand. Schnell wirft sie es in lockerem Bogen auf das zweite Sofa, ganz ans Ende, sowohl aus ihrer als auch aus seiner Reichweite. Er starrt hinterher.
    „Aufsteh'n un' zurückhol'n oder sitzenbleib'n un' ess'n, bevor 's total'kalt is'?“, fragt sie spöttelnd, während sie sich ihren Teller heranzieht und den Burger mit den Fingern zusammendrückt, damit sie ihn vernünftig hochheben kann. Das Porzellan wird in ein Saucenmassaker getaucht. „'s Leb'n is'voller Entscheidungen...“ Grinsend beißt sie einen ordentlichen Happen ab.
    „Entscheidungen!“, wiederholt er nachdrücklich und springt auf als würde das Sofa unter Strom gesetzt sein, macht einen Satz über die Lehne und geht zum Schreibtisch. Kauend sieht sie ihm hinterher, kann aber nichts erkennen, sein Rücken verdeckt, was auch immer er dort kramt.
    „Ich hab's im Holo verfolgt. Karteror.“ Der Enthusiasmus der Albernheiten der letzten Minuten ist wie weggewischt, ruhigem Ernst gewichen. „Schon seit du los bist. Ins lokale Holo kommt man von hier aus nicht... also zumindest kam ich nicht rein. Aber deren normales Holofernsehen konnte ich abrufen.“ Er wendet sich um und kommt zurück zum Sofa, umrundet das Ding anstatt wie gewöhnlich über die Lehne zu springen. Die rechte Hand ist zur Faust geballt. „Nachrichten vor Allem, die ganze üble Bürgerkriegs-Scheiße.“ Unterschwellige Härte schleicht sich in seinen Tonfall und ist auch an seiner Mimik abzulesen. Karterors jüngste Geschichte ist nicht deckungsgleich, aber es sind genug Parallelen da, dass ihn das an Alderaan erinnern muss. Seine späteren Jugendjahre. Die Gründe, warum er zum republikanischen Militär gegangen ist.
    Sie schluckt den Bissen herunter, legt den Burger auf dem Teller ab und lutscht sich Sauce vom Daumen, wendet sich ihm gänzlich zu, als er sich wieder neben sie setzt.
    Er schüttelt sich, als wolle er die Gedanken abschütteln, dreht sich ebenfalls seitlich, ihr zugewandt, und sieht sie an, Entschlossenheit flammt in den grünen Augen auf. „Als der Penner von Sith das Holo über die Leitung geschickt hat und ich dich nicht erreichen konnte...“ Er bricht ab, schüttelt hilflos den Kopf. Sie greift nach seinen Händen, seine linke verschränkt die Finger wieder mit ihren, die rechte bleibt zur Faust geballt. „...fuck, ich hab mir so übel Sorgen gemacht. Ich hätte hier Furchen in den Teppich rennen können und konnte an nichts anderes denken.“
    Sie presst die Lippen aufeinander und senkt den Blick. Verdammt, sie hat doch keine Wahl gehabt!
    „Bis Johnsons Nachricht kam hab ich nichtmal gewusst, ob du noch lebst. Ob ich... dich wiedersehe“, murmelt er belegt und senkt ebenfalls den Blick auf ihre Hände, streicht mit dem Daumen über ihren Handrücken.
    „Der Punkt ist...“ Seine Linke löst die Verschränkung und sortiert ihre Finger. „...dass das Leben verdammt kurz sein kann. Und dass verdammt viel Scheiße dazwischenkommen kann wenn man was plant. Ich mein...“ Er hebt den Blick, löst kurz seine Hand von ihrer um seine Finger unter ihr Kinn zu legen damit sie den Kopf ebenfalls wieder hebt und ihn ansieht. „...wir hatten im Sommer was vor. Aber der Sommer ist vorbei. Der ganze Dreck mit dem Abzug und dem Flottenseminar, ständige Einsätze...“ Er seufzt leise, schüttelt leicht den Kopf. Dann lächelt er. „Lass uns nicht wieder irgendeinen blöden Termin in der Zukunft bestimmen, der dann wieder verstreicht. Lass uns nach Alderaan fliegen. Heute. Jetzt. Wenn ich vor dem Abflug Mama anrufe, kann sie sich bestimmt um den bürokratischen Kram kümmern...“
    Er hebt die rechte Hand und öffnet die Faust. Der aus gerolltem Space Tape geformte Ring (*) ist vom langen Griff darum etwas zerknautscht und formlos. „...lass uns heiraten“, schließt er heiser und sieht sie irgendwo zwischen unsicher und hoffnungsvoll an.
    Sie ist nicht in der Lage zu antworten, ihr Basic-Wortschatz liegt bei null. Sie öffnet den Mund, krächzt unverständlich, schließt ihn wieder, nickt, öffnet den Mund erneut, wieder kommt nicht mehr als ein Krächzen heraus.
    „Ich finde, das geht als ja durch“, beschließt er weich, küsst sie und friemelt blind das Stück Space Tape über ihren rechten Ringfinger. Der Länge und Intensität nach stört es ihn dabei nur wenig, dass ihre Lippen nach Salz schmecken.


    (*) Fun Fact: Das war erst eine Büroklammer - bis mir beim Korrektur lesen aufgefallen ist, dass Büroklammern im SW-Universum null Sinn machen.

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    Dantooine, im Khoonda-Raumhafen, später Nachmittag


    „...die Verbindungsprotokolle von sieben Orbitalknoten? Sieben?! Wie stellen Sie sich das vor?“ Die männliche Stimme in ihrem linken Ohr klingt tief empört.
    „'s war keine'Bitte“, presst die Chiss zwischen den Zähnen hervor, ihre Fingernägel trommeln einen unregelmäßigen Rhythmus auf das Metall des Transporter-Hauptterminals, während ihr Blick die in den Raum projizierte Karte durchbohrt, die die Orbital-Kommunikationsknoten für das Gebiet des Khoonda-Raumhafens plus der nahen Siedlungen anzeigt. „Zeitfenster von hunnertzweiun'achtzig Sekund'n. Sechzehn achtzehn vierun'vierzig bis sechzehn einun'zwanzig sechsun'vierzig Ortszeit. Ehm, Atomuhrzeit“, fährt sie knapp fort. „Un' zwar nich' in zwei Tag'n oder'auch nur in'zwei Stund'n sonnern jetzt!“
    „DantoNet kann nicht einfach derartige Verbindungsprotokolle herausgeben, Miss! Das sind sensible Kundeninformationen, der Datenschutz...“
    „Der Dat'nschutz interessiert mich nich'“, fällt sie dem Mann barsch ins Wort. „'s gab'nen imperial'n Verbinnungszugriff über ein'n dieser Knot'n, Sie hab'n eine Anfrage vom SIS auf Protokollzugriff vorlieg'n un' Sie werd'n sie bearbeit'n. Un' zwar jetz'! Wenn'Sie sich dazu nich' in'der Lage fühl'n dann stell'n Sie gefälligst Kontakt zu Ihr'm Chef oder dess'n Chef oder wem'auch immer der 's kann her! Ich'hab verdammt nochma' keine Zeit für Diskussion'n!“
    Sie ist unfair; der Kerl am anderen Ende der Leitung – in der Hauptstelle von DantoNet die für die Kommunikation vom Planeten herunter verantwortlich ist – kann nichts dafür dass die Hexenschlampe Hiroms Beerdigung geschändet hat. Dass sie sich an seinen Jungs, der Jugendmannschaft der Coruscant Colossus, vergriffen hat um Druck aufzubauen und ihren Kettenhund, Stecher oder was auch immer Therillion für sie ist freizupressen.
    „Sekunne...“, murmelt sie ins Headset, schließt die Augen und atmet tief durch. Der Typ brummt nur.
    Sie ist so verdammt wütend – auf die Hexe, auf Therillion, auf die Galaxie dass sie das zugelassen hat. Aber das bringt sie nicht weiter. Es behindert sie nur. Behindert ihre Arbeit, das Signal zurückzuverfolgen um so vielleicht eingrenzen zu können, von wo aus die Hexe die Comverbindung aufgebaut hat. Wo sie ist. Wo die Kinder sind.
    “Der Krieg ist erst verloren wenn wir selbst unseren Kindern keine Stabilität und keine Freude am Leben mehr vermitteln können.“
    „Im genannt'n Zeitraum gab es eine Verbinnung von außerhalb des Systems, hunnertzweiundachtzig Sekund'n lang. Sie muss über ein'n der Knot'n gegang'n sein“, fährt sie nach einem weiteren Durchatmen so ruhig es ihr möglich ist fort, die Augen lässt sie geschlossen. „Ich interessiere mich nich' für Ihre Kund'ndat'n abgeseh'n von dieser ein'n Verbinnung. Wenn'es Ihn'n hilft, geh'n Sie'die entsprech'nden Protokolle durch un' send'n mir nur'den Teil in'dem diese Verbinnung erfasst is'.“
    Einen Moment schweigt der Kerl. Sie hört das Klackern seines Keyboards. „In Ordnung“, gibt er dann knapp zurück. „Liegt Ihnen gleich vor.“ Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren legt er auf.
    “Halt, nicht Zap! Papa, die sollen aufhören!“
    Sie rührt sich nicht. Hält die Augen weiterhin geschlossen. Lauscht auf ihre Atmung und konzentriert sich darauf, die Hände ruhig zu halten. Zehn Kinder.
    “Je länger es dauert, umso mehr Zeit verbringe ich mit den lieben Kleinen... wollen Sie das?“
    Eine Forderung, der nicht stattgegeben werden kann. Nicht stattgegeben werden darf. Therillion freizusetzen. Damit er weiter morden kann.
    ...sind wir uns alle einig, dass Therillion definitiv nicht begnadigt wird? Egal was kommt?“
    „Aye, keine'Option.“

    Der Versuch, Zeit zu gewinnen. Sie hinzuhalten, um sich irgendetwas einfallen zu lassen, was man tun kann. Aber was kann man tun? Selbst wenn sie herausbekommen können, wo die Hexe die Kinder festhält – wahrscheinlich auf einem Schiff – ist das noch weit davon entfernt, sie zu befreien. Sie haben Soldaten gesehen, auf dem Holo mit dem Liobe ihre Forderungen gestellt hat. Soldaten, die die Kinder bewachen. Wenn sie auf einem Schiff sind, das irgendwo in irgendeinem System fliegt, bewacht von Soldaten, dann ist es so gut wie unmöglich sie zu befreien. Dazu müsste man sich unbemerkt nähern, unbemerkt an Bord begeben und unbemerkt bis zu den Kindern vordringen, andernfalls würden die sie sie einfach töten.
    Sie zuckt zusammen, öffnet die Augen, als ihr Pad vibriert – die Verbindungsprotokolle. Eingegrenzt auf einen Knoten und versehen mit etwas mehr als nur einer Comnummer. Dem Holoprotokoll, das dieser bestimmten Verbindung zugeteilt wurde und damit jedem Datenpaket anhängt, vollkommen egal wie weit die Nachricht gesplittet wurde. Dass sie nun mithilfe der Rechenleistung eines Schiffsrechners virtuell durch die Galaxie verfolgen kann um vielleicht seinen Ursprung – mit ganz viel Glück, sehr viel wahrscheinlicher ist irgendein Proxy – zu entschlüsseln.
    Sie füttert bereits auf das Terminal geladene Programme mit dem HP und startet sie, starrt auf die Datenströme die über den Holoschirm flackern. Wartet.
    “Nehmen Sie jemand, mehrere, von uns gefangen anstatt sich an den Kindern zu vergreifen. Joker und ich melden uns freiwillig.“
    Sie presst die Zähne aufeinander und mahlt mit den Kiefermuskeln.
    “Die Verhandlung ist beendet!“
    Zehn Kinder... Kinder, die sie kennt, jedes einzelne von ihnen. Die sie dutzende Male bei ihren Heimspielen beobachtet, ihnen zugejubelt und ihre sportliche Leistung bewundert hat. Es sollte keinen Unterschied machen ob sie sie kennt oder nicht – aber es macht einen.
    Abrupt steht sie auf und duckt sich aus dem engen Cockpit. Die Programme arbeiten von alleine, ob sie zuguckt oder nicht. Sie drückt sich durch den schmalen Gang der geladenen Ware vorbei zur Rampe und springt auf den Hangarboden, sieht sich kurz nach dem Besitzer des Transporters um, der gerade aufbrechen wollte als sie in den Hafen gekommen sind und der sich nicht getraut hat ihr zu widersprechen, als sie ihm ihre ID unter die Nase gehalten und ihm mitgeteilt hat, dass sie die Rechenleistung seines Schiffs in Anspruch nehmen muss. Er steht am Personenschott und sieht mit zweifelndem Blick dem republikanischen First Lieutenant in Gardeuniform zu, der an einer der Hangarwände wie ein Kath im Käfig auf und ab läuft.
    „Maximal 'ne Viertelstunde, dann könn'n Sie los“, wendet sie sich dem Piloten zu. „Entschuldig'n Sie die Verzögerung.“ Sie wartet keine Antwort ab sondern geht weiter, auf den Soldaten zu.
    „Ich muss'los“, gibt sie ihm knapp entgegen, kaum dass er in Hörreichweite ist.
    Er stellt das auf und ab Laufen ein, sieht ihr mit einer Mischung aus gehetzt und hoffnungsvoll entgegen – wie viel schwerer müssen die Ereignisse der letzten Stunde für ihn sein, der im Gegensatz zu ihr gar nichts tun kann. Der einfach nur ein paar Tage Urlaub hat um der Beerdigung eines ehemaligen Kameraden beizuwohnen und kein Teil der Einheit mehr ist, die umgehend aktiv geworden ist. Der nur auf und ab laufen kann ohne irgendwas beitragen zu können. „Ihr habt eine Spur?“
    Sie zögert. Schüttelt kurz mit dem Kopf. Ihr Blick huscht zu dem Transporter, seinem Piloten, der Energiewand des Hangars, während sie mit dem Daumen über die Schulter deutet. „Die'Verfolgung läuft noch... 's Comsignal muss irg'ndwo her gekomm'n sein.“
    „Was ist los?“, fragt er beunruhigt nach, stockt, hängt dann leiser an: „...schlechte Neuigkeiten?“
    Sie beeilt sich, erneut den Kopf zu schütteln. Seiner Mimik ist deutlich anzusehen dass er ihr Zögern missinterpretiert hat. Dass er befürchtet, sie könnte erfahren haben dass den Kindern etwas angetan wurde, während sie im Schiff gewesen ist.
    Er macht einen Schritt auf sie zu und packt sie an den Schultern. „Was ist los?“, fragt er erneut, eindringlicher dieses Mal.
    „Ich muss los“, wiederholt sie leiser, senkt den Kopf und fasst an den Gürtel, um ihn von der Hüfte zu lösen. „Ich muss... fuck, ich...“
    Was?!“
    „Ich muss versuch'n sie zu erreich'n. Versuch'n, die Kinner einzutausch'n. Nich' geg'n Therillion... geg'n mich!“
    Der Druck seiner Hände an ihren Schultern lässt schlagartig nach, als er die Arme fallen lässt und einen Schritt zurück macht, als habe sie ihm ins Gesicht geschlagen. Einen Moment steht er einfach nur da, starrt sie an.
    „Wie kommst du auf die Idee dass ich das zulasse“, fragt er irgendwann, nach Sekunden des Schweigens, tonlos.
    Sie lässt den Kopf gesenkt, den Blick auf den Gerätegürtel in ihren Händen gerichtet ohne ihn wirklich wahrzunehmen. „Weil's nich' viele Möglichkeit'n gibt“, antwortet sie gepresst. „Entweder die brech'n ein un' lass'n Therillion frei... 's hatt'n wir'schon bei Labrass. Das is' 'ne Option die'keine is'. Oder sie mach'ns nich'. Dann ham'wir, vorausgesetzt wir find'n den Auf'nthaltsort der'Kids überhaupt, 'ne Geißelnahme die'mit Gewalt beennet werd'n muss. Wie beschiss'n da die Chanc'n für'nen paar Zehnjähige steh'n die von bewaffnet'n Soldat'n bewacht werd'n...“ Sie schüttelt nur den Kopf, zuckt matt mit den Schultern.
    „Nein. Nein, nein, nein! Sie wird dich umbringen!“
    „Sie wird die Kids umbring'n! Blondies Kids! Ich hab für den Scheiß unnerschrieb'n! Ich kann'mich verwanz'n. Ich hätte 'ne Chance bei'nem gewaltsam'n Befreiungsversuch! 'ne Chance, die die Jungs nich' hab'n!“
    „Das ist doch Wahnsinn! Wenn du dich eintauschst – wenn du dich überhaupt eintauschen kannst – besteht die Möglichkeit, dass die dich abschreiben! Dass sie beschließen, ein einzelner Agent ist zu verschmerzen! Dass sie nicht einmal versuchen dich zu befreien!“
    „Möglich... unwahrscheinlich, aber'möglich. Nur alternativelos!“
    Er starrt sie an. Schweigt. Sie starrt zurück.
    „Sie wird dich umbringen“, bricht er leise das Schweigen. „Ich will dich nicht verlieren.“
    „Wenn'ich nich' gehe... wenn auch'nur ein'm der Kinner was passiert. Vielleicht all'n zehn, weil'wir sie nich' find'n. Weil'sie sie erschieß'n, wenn'wir versuch'n, sie zu befrei'n. Könntest'du damit leb'n? Könnte ich damit leb'n? Zu wiss'n dass'ich 's nich' versucht hab, 's zu verhinnern obwohl'ich 's vielleicht gekonnt hätte?“
    Er verzieht gequält das Gesicht, streicht sich mit einer Hand durch die Haare, schüttelt den Kopf, sortiert die Haare wieder. „Versprich mir dass du wiederkommst. Versprich mir, dass du mich nicht zum Witwer machst.“
    „'s... kann'ich nich'.“
    „Dann lüg mich an!“
    Sie zögert. Schließt einen langen Atemzug lang die Augen. Nickt dann. „Ich versprech's.“
    Jäh überbrückt er den Schritt Entfernung zwischen ihnen, greift nach ihr und umarmt sie. Fest, als wolle er sie nie wieder los lassen. Sie lässt den Gürtel fallen, erwidert die Umarmung mit ähnlichem Druck, lässt den Kopf auf seine Schulter sinken.
    „Wissen sie... Bescheid? Dein Chef? Johnson?“
    Sie deutet ein Kopfschütteln an. „Ich'schick Ray 'ne Nachricht – aber'erst, wenn'ich weg bin“, murmelt sie gegen seinen Hals. „Kann's nich' gebrauch'n dass'er versucht, mich aufzuhalt'n.“
    „Du weißt... dass dich das deinen Job kosten kann, oder?“ Seine Stimme zittert. Er redet, um nicht heulen zu müssen.
    „'s is' grad echt'eine meiner geringeren Sorg'n...“
    „...fuck...“
    Sie nickt. Schnieft. Hebt den Kopf an und lächelt gequält. „...ich muss los. Du'musst mein'n Kram nehm'n. Krieg'ich dein'Hemd?“
    „Mein...?“
    „Dein'Hemd. Musst'das Trikot mitnehm'n. Schätz, 's würd nur verlor'n geh'n.“ Sie hat noch immer das Trikot der Corellia Crushers aus Hiroms Geburtsjahr an.
    „Du hast nen Knall“, murmelt er leise und löst langsam die Umarmung, als würde er gegen einen Widerstand ankämpfen.
    „...'s hast'du vor zwei Jahr'n schon'gewusst.“
    Während er seine Uniformjacke und das Hemd darunter auszieht, hebt sie den Gürtel auf, löst ein Einweg-Pad und einen leeren Credstick davon, befüllt ihn an ihrem Com das danach zurück an den Gürtel wandert, Credstick und Einwegpad steckt sie in die Hosentasche. Dann zieht sie das Trikot aus und tauscht Gürtel und Kleidungsstück gegen das steif gebügelte Uniformhemd.
    „Ich zieh kein Crushers-Trikot an“, brummt er während sie in das Hemd schlüpft und es zuknüpft. Er zieht nur die Uniformjacke über, hängt sich den Gürtel um die Hüfte.
    „Seit'wann hab'n Aristocrats-Fans irg'ndwas an'Stolz?“, gibt sie matt lächelnd zurück. Reden um nicht denken zu müssen – sie kann nicht aufhören zu denken, aber wenn es ihm hilft...
    Er antwortet nicht, beobachtet sie, wie sie die letzten Knöpfe schließt. Langsam, als würde sie hoffen dass irgendein Wunder passiert.
    Es passiert keines, wie zu erwarten gewesen ist. Sie sieht wieder auf, sucht seinen Blick. Die linke Hand greift nach der rechten und löst den Ring vom Finger.
    Er blinzelt, die Augen wässrig. „Fuck“, flüstert er brüchig, als sie ihm das Stück Metall entgegen hält.
    „Nimm'ihn“, fordert sie ihn leise auf. „Ich'will nich' dass'er bei'den Imps lannet.“
    Er starrt den Ring an, nickt knapp, nimmt ihn ihr ab und hält ihn zwischen sie. „Du hast mir versprochen dass du wiederkommst. Ich heb ihn auf und warte darauf, ihn wieder da hin zu stecken, wo er hingehört.“
    Sie nickt nur, nicht bereit die Lüge zu wiederholen. Einen Moment bleibt sie noch stehen, dann wiederholt sie, was sie schon so oft sagte: „Ich muss'los.“
    Abrupt wendet sie sich ab und setzt sich in Bewegung, auf den Piloten zu. Sie sieht sich kein weiteres Mal um, nicht als sie mit dem Mann klärt, dass er sie mitnimmt. Nicht als sie ein kurzes Holofile für Ray aufnimmt und mit einem 24-Stunden-Timer versehen absendet. Nicht als sie im Inneren des Schiffs verschwindet, dort die Ergebnisse der HP-Verfolgung vom Rechner zieht – nur Proxyrelais', wie zu vermuten war – und an Junior weiterleitet. Sie räumt das Cockpit, um dem Mann endlich zu ermöglichen, das Schiff zu starten, setzt sich im Lagerraum zwischen die Kisten und starrt an die Wand.

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