2. Teil: Immersion breakers - left, right and center!

Immersion breakers - left, right and center!


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Auf der Suche nach dem Gefühl...


Was ist eine "optionale Einstellung"? Eine optionale Einstellung, oder kurz "Einstellung", bedeutet, dass einige Spieler etwas optional aktiviert haben, was andere Spieler vielleicht anders eingestellt haben.


Was zum Teufel will ich euch mit dieser Banalität sagen?


Ihr werdet lachen, weder der Großteil der Community, noch Bioware hat verstanden, was eine optionale Einstellung ist. Glaubt ihr nicht? Schreibt mal irgendeinen Vorschlag zu einer optionalen Einstellung ins offizielle Forum. Einfach mal machen. 90% der Antworten ist: "Das passt mir überhaupt nicht in meinen Kram." LOL - komplett meschugge die Leute.


Kurz: Die Mehrheit versteht einfach nicht, dass eine optionale Einstellung bedeutet, dass man es auch sein lassen kann. Ihr könnt diesen Test jederzeit mit irgendeinem Vorschlag im offiziellen Forum wiederholen. Der Test funktioniert immer! Der Durchschnitts-Gamer versteht es nicht.


Genauso ist es mit Bioware. Bioware hat leider die Philosophie, dass sie genau wüssten, was gut für uns ist. Also nicht wir wissen es, sondern Bioware weiß es. Und deshalb brauchen wir auch keine Option.


Um SWTOR erheblich besser zu machen, sollte Bioware Dinge massiv optional machen. So, dass man viel mehr die Wahl hat, wie man das Spiel spielen möchte. Im Laufe dieser Glosse werde ich einige Beispiele bringen, wie und welche Optionen man einführen könnte.


You decide .... NOT!!!!! .... Was wird uns der Char wohl sagen?


Fangen wir mal am Anfang an. Das Spiel geht los. Die erste Verwirrung ist: das Dialog-"Rad" mit seinen Abkürzungen. Ich fand es schon bei Mass Effect irritierend, aber damals (Mass Effect 1) ging es irgendwie noch so durch, weil man zumindest NPCs immer wieder ansprechen und verschiedene Fragen stellen konnte und es Konsequenzen gab.


In SWTOR hingegen ist der "Dialog" seinen Namen nicht mehr wert. Er soll einen mit der Figur verbinden. Das Gegenteil ist der Fall. Aus zwei Gründen: Erstens ist der Dialog-Pfad in 90% der Fälle determiniert: Es macht meistens überhaupt keinen Unterschied, welche Antwort man gibt. Das Ergebnis steht fest, und so gibt es natürlich auch keine echten Konsequenzen. Die Entscheidungen sind demnach rein virtuell und ohne Bedeutung. Das Alleinstellungsmerkmal von TOR ist damit im Grunde hinfällig.


Zweitens antwortet man nicht selber, sondern die Figur antwortet. Die textuelle Zusammenfassung der Antwort sagt meistens viel zu wenig aus. Man ist also am Raten, was die Figur wohl so als nächstes sagen wird. Das ganze ist also zu einem großen Anteil nichts anderes als ein Ratespiel. Das lässt einen mit der Figur eins werden? Netter Versuch! Nein! Das trennt mich von der Figur. Ich war 10.000 Mal mehr mit meiner Figur in Knights Of The Old Republic verbunden, als mit meinen Chars in TOR. Obwohl in KOTOR die Figur nicht vertont war. Aber das machte überhaupt nichts! Weil die Stimme im Kopf war. Das ist weniger flashy, aber es erzeugt viel mehr Gefühl - Immersion!


Okay, wie also diesen Quatsch abschaffen? Erstens: Die bisherige Umsetzung als Ratespiel darf nicht einkassiert werden, sonst ist die Com verwirrt, klar. Aber als zweite Option (hoffe, ihr versteht, was das ist) könnte man statt der Zusammenfassung die tatsächlichen Texte anzeigen lassen, die der Char dann sagt. Ich wette, das würde nicht langweilig, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern es verbindet einen mehr mit der Figur. Weil man sich genau für seinen Text entscheidet, der dann nur noch auditiv durch die Figur wiedergegeben wird. Man ist mehr im Game, statt vor dem Monitor; man empfindet sich viel mehr als aktiver Part und hat weniger das Gefühl, sich eine Show anzugucken.


Zitat

(*plääär*) Das geht nicht, der Platz reicht dafür doch gar nicht!!!


Ach Dummschie, dann packt man den Text hinter ein Mouse-Over-Tool-Tip, oder sowas. Es wird eine Lösung mit dem Layout geben, da bin ich sicher.


In Gruppensituationen, in denen man sich vielleicht nicht die Zeit nehmen will, etwas längere Sätze durchzulesen, kann man sich auf die Zusammenfassungstexte beschränken und nutzt eben nicht den Mouse-Over-Tool-Tip, die die tatsächlichen Antworten anzeigen.


Bioware hat alle Antworten aller Chars irgendwo in Exceldateien. Sobald das Feature implementiert wäre, programmiere ich denen auch einen Importer, der diese Antworten ins Spiel holt - zur Not wird jemand fürs Copy/Paste eingestellt.


Dass die Wahrscheinlichkeit, dass das mal realisiert wird, irgendwo zwischen 0,0 und 0,00001 Prozent liegt, ist natürlich klar. Jedenfalls wäre das der Weg, um sofort viel, viel mehr Gefühl/Immersion zu kreieren. Das Spiel wäre sofort viel besser! Wem das nicht gefällt, der ignoriert diese Möglichkeit eben.


Was beim Dialog-System natürlich irreparabel ist, ist der "Baum" an sich. In KOTOR war es noch ein Entscheidungs-Baum, in TOR ist es ein fast linearer Pfad mit nur ganz wenigen Abzweigungen. Das lässt sich nicht mehr ändern. Bioware hat zugegeben, in einem MMO daran gescheitert zu sein.


Deine Wirkung im Spiel: Keine!


Okay, das Spiel fängt an. Statt Antworten zu raten, kennen wir diese jetzt (durch die Tool-Tips) und SIND die Person, die dargestellt wird. Jetzt geht es ans Questen. Die ersten Kämpfe finden statt. Aber was ist das? Der Mob, den ich gerade besiegt habe, steht wieder auf? Was zum Teufel....?! Es ist ein MMO und in einem offenen Quest-Gebiet gibt es viele Spieler. Der Mob muss also respawnen. Aber doch nicht so! Phasing ist auch nicht so toll, wie wir mitterweile wissen. Aber eine fixe Respawn-Zeit ist die antiquierteste Lösung, die Bioware hätte nehmen können. Ein Immersion-Killer, der überhaupt nicht nötig ist!


Wie sollten Mobs also respawnen? Es ist soo einfach: Jeder Mob hat einen Radius implementiert, innerhalb dessen er auf dich reagiert und dich angreift. Wir kennen das alle. Solche Radius-Trigger sind natürlich auch in SWTOR implementiert und ein steinalter Spielmechanismus. Diesen Mechanismus benutzt man jetzt auch für das Respawnen. Hier ist die Logik: Wenn Mob = tot merkt der Mob sich alle Char-IDs, die den Mob umgeklascht haben, und betritt ein Char, dessen ID NICHT in dieser Liste ist, irgendwann den Respawn-Radius, triggert das den Respawn und ansonsten wird der Mob NICHT wieder gespawnt! Fertig. Eine einfache wie zweckmäßige Lösung, die sofort das Spiel wesentlich verbessert und einen weiteren Immersion-Killer ganz erheblich abmildert.


Leute bei Bioware haben selber zugegeben, dass ihnen das Respawn-Verhalten in der Dev-Phase als problematisch aufgefallen ist. Leider wurde die UO/EQ/WoW-Formel sklavisch weiter erfüllt, ohne den eigenen Instinkten nachzugehen.


Die Mobs an sich...


Die visuelle Umsetzung der Mobs ist ein weiterer Immersion-Killer. Ich kann der Welt einfach nicht mehr abnehmen, das sie real ist, wenn Mobs 10 Meter vor mir mit einem Fernglas nach Feinden Ausschau halten und mich nicht sehen. Da passt etwas nicht. Das ist extrem irritierend. Man ist natürlich nur die ersten Male irritiert. Dann sagt man sich: "Ja, okay, es ist ein PC-Spiel." Und wieder ein Sieg für den Immersion-Kill. All diese Dinge schaffen in der Summe die Distanz, von der ich in diesem Blog spreche.


Viel besser wäre es, wenn man die Mobs so designed hätte, dass sie irgendeiner Tätigkeit nachgehen, die sie von der Außenwelt ablenken, wie Lagepläne studieren, Kaffee kochen, Besprechungen abhalten, Karten spielen, Waffen reinigen, eine Standpauke vom obersten Sergeant erhalten, Wunden pflegen, etwas ausgraben, Laternen anbringen, und so weiter. Was sie nicht tun sollten, ist breitbeinig dastehen und tatenlos wie Idioten zugucken, wie ihr Nachbar-Mob geklatscht wird oder mit dem Fernglas nach Feinden Ausschau halten, die 10 Meter entfernt stehen.


Damit zusammenhängend ist das Mob-Layout. Bioware wurde erzählt, dass es in einem MMO eine offen einsehbare Spielfläche geben muss. Das ist absoluter Quatsch. Einseits hat Bioware eine geleitete Spielerfahrung mit dem schlauchartigsten Layout aller bisherigen MMOs, wie es scheint. Andererseits sind die Mobs innerhalb dieses Tunnel-Layouts so angeordnet, dass sie immer in Sichtweite zueinander sind. Damit ist ihr passives Verhalten nicht mehr nachvollziehbar. Besser wäre es gewesen, Sicht-Trenner zwischen den Mobs zu haben, so dass es für den Spieler nachvollziehbar ist, dass Mob-Gruppen einander nicht helfen. Das wäre eine weitere Unterstützung für Immersion beim Spieler.


Die Mobs an sich bleiben seit 2011 auf ihren Plätzen stehen und sie werden auch noch die nächsten vielleicht 10 Jahre an ihren Plätzen stehen bleiben. Das macht das Spiel zu einer extrem statischen Erfahrung. Besuche ich Quesh, weiß ich, wie es dort aussieht und ich weiß, wo die NPCs stehen, was sie tun und wie sie reagieren werden. Das macht einen besuchten Planeten zu einer abgelegten Erfahrung, die danach tot ist. Besser wäre es, wenn Mobs wandern würden. Und sei es ein einfaches Muster von A nach B und zurück. Diese Strecke kann auch kurz sein, wenn es Quest-technisch schlecht umsetzbar ist.


Es hat Versuche von Bioware gegeben, die Statik des Spiels etwas aufzulockern durch wandernde oder temporär auftauchende NPCs (die aber keine Mobs waren). Diese Versuche waren bislang allerdings ein Tropfen auf dem heißen Stein.


Das Kampfsystem ---- oh mein....


Ich zitiere Bruce Springsteen, "57 channels and nothing on". 57 Tasten und trotzdem bist du ... "draußen". Meiner Meinung nach gibt es zwei Schichten in einem MMO. Die erste und wichtige Schicht ist das Interface (GUI - Graphical User Interface). Hier findet alles Wesentliche statt; 85% der entscheidenden Informationen bekommt man durch das Interface. Für die restlichen 15% muss man ab und an auf die zweite, unwichtigere Schicht dahinter gucken und das ist das Spiel-Geschehen, also der Char, die NPCs, die Animationen. Manchmal muss man wissen, wie weit jemand weg ist, den man in den Fokus nehmen will, etc. Aber ansonsten findet alles in der ersten Schicht darüber statt: Cooldowns, HP-Balken, Mana-Balken, Cast-Balken, Buff-/Debuffs, Ziel des Zieles, und all diese Anzeigen.


In der Werbe-"Forschung" werden häufig Spezial-Brillen eingesetzt, mit denen die Augenbewegung von Versuchsteilnehmern festgehalten wird. Ich empfehle Dev-Studios dringend, in solche Brillen zu investieren, um das eigene Interface ernsthaft zu prüfen. Ich gehe jede Wette ein, dass man feststellen würde, dass 95% der Spieler die ganze Zeit auf Cool-Downs und HP-Balken gucken; auch die Spieler, die das abstreiten. 5% der Spieler macht das vielleicht nicht, und das sind die, die ständig verlieren.


Das Standard-MMO-Interface ist ein wahnsinniger Immersion-Killer. Ein Kampfsystem mit 35 Tasten ist überkomplex, auch wenn man nur durchschnittlich 15 im Kampf benutzt.


Zitat

(*im quitschenden Ton*) Eeeeyyyy! Irgendwann ist es nur noch mit dem Kopf über die Tastatur rollen, wenn Leute wie du das Sagen hätten!


Ja, genau diesen dümmlichen Kommentar hab ich von einem Dummschie erwartet. Die komplexesten Spiele, die die Menschheit erfunden hat, bestehen aus ganz wenigen Grundregeln, die aber in ihrer kreativen Kombination eine ungeheure Tiefe und Komplexität bekommen, du Depp! Vom japanischen Go bis Schach sind deren Regeln jedem Kind erklärbar. Aber an der Tiefe vieler solcher Spiele scheitern selbst die hochgezüchtetsten Gehirne dieses Planeten.


Ein Kampfsystem, dass keine riesige Trennwand zwischen den Spielern und dem Geschehen "im Feld" sein soll, muss beide Schichten vereinen: die Animationsschicht und das Interface muss auf einer Ebene, an der gleichen Stelle, stattfinden. Erst dann ist es kein Immersion-Breaker mehr. Das bedeutet, dass alle Informationen, die man zur Zeit noch in HP-Balken und CoolDowns oben drüber legt, in der Animation selber sichtbar werden müssten. Geht nicht? Quatsch mit Soße. Natürlich geht das. Einige Spiele haben das teilweise umgesetzt.


Was geopfert werden muss, ist die Überfrachtung mit Blitz-Dings-Animationen, die sich erstens eh keiner mehr angucken kann, weil man das Auge dafür gar nicht hat. Und die zweitens auch wieder nur Immersion zerstören, weil sie komplett überkandidelt sind. Wäre STAR WARS '77 mit solchen wilden Animationen und abgedrehten, flashy Zeug in die Kinos gekommen, wie sie heute in MMOs Standard sind, hätte keiner diesen Film ernst genommen. Es wäre als das wahrgenommen worden, was sowas im Grunde auch ist: Slapstick. Manchmal vermisse ich in einem Raid nur noch die fliegende Torte ins Gesicht.


Den Spieler einbeziehen - Weniger ist mehr...!


Das gleiche gilt heute immer noch. Die Leute steigen innerlich genau in dem Moment aus, wo es überdreht wird. Genau dann, wenn der Zuschauer nicht mehr mitgenommen wird. Das passiert im "Superman-Moment": der Held wird omnipotent mit Riesenschwert, das so groß ist wie ein Haus. Aber ihr kennt das Schicksal von Superman!? Er wurde die stinklangweiligste Action-Figur unter den Comics. Beliebt wurde der an sich selbst zweifelnde Spider-Man mit seinen Schwächen. Erst das macht es interessant. Superman war boooring. Nehmt die Cine-Trailers von SWTOR. Satelle Shan in SWTORs Cinematic Trailer wird genau in dem Moment unglaubwürdig, als sie ein Lichtschwert mit ihrer Handfläche abhalten kann. Das ist der Moment, wo der Streifen unglaubwürdig und schlecht wird. Der Zuschauer wird zurückgelassen, er fiebert nicht mehr mit, weil die Aktion nicht mehr nachvollziehbar ist. Statt innerlich mitzukämpfen, sagt der Zuschauer: "...okay...". Er wird zum Spektator degradiert. Identifikation mit den Handelnden kann so nicht mehr stattfinden. Der Zuschauer kann nur noch an einer Show teilnehmen und sich fragen, was wohl so als nächster Flash im nächsten Moment aufgetischt wird. Die Trennung zur Figur ist ab diesem Zeitpunkt vollzogen.


Diese einfachen psychologischen Mechanismen wurden über das ganze CGI- und Technik-Zugeballere vergessen. Das technisch Machbare siegt zur Zeit über die Erzählkunst.


Weniger ist also mehr. Aber wie könnte das SWTOR helfen? Erstens: 35 Funktionen ersetzen durch ca. 8 Funktionen, die man taktisch einsetzen muss, also kombinieren muss und das in Reaktion auf das, was der Gegner macht. Das Höchste der Gefühle in dieser Hinsicht sind zur Zeit Unterbrechen und Warten auf CoolDowns. Die Informationen, wie schwach/stark ein Gegner gerade ist muss ersichtlich sein aus dem Visuellen des NPCs.


Und die Animationen sollten ausschließlich mißglückte Angriffe darstellen - Nur der finale Schlag/Schuss sollte eine Treffer-Animation sein. DAS würde Immersion erzeugen. Nicht das, was wir im Moment sehen: 76 absolut tödlich aussehende Animationen an einem NPC, den das 3 Minuten lang überhaupt nicht interessiert. Sowas ist ein Immersion-Killer.


Obwohl das Kampfsystem von KOTOR rundenbasiert war, war ich damals 1000 Mal mehr im Geschehen als bei TOR, wo ich an der GUI kleben bleibe.


Kampf-Design


Und weil es so schön ist, zitiere ich noch einmal James Ohlen:


"In MMOs sieht man immer, wie mehrere Spieler einen Gegner bekämpfen. Aber das ist nicht besonders heldenhaft. Was dagegen heldenhaft ist, ist ein Spieler, der mehrere NPCs bekämpft."


Oh mein Gott. Der gute James würde diese Aussage wohl gerne ungeschehen machen. Doch was wir in SWTOR sehen, ist einfach grauenhaft in dieser Hinsicht. Gestern im Raid ("Darvanis") haben 16 Leute minutenlang auf einen "interessierten Kaufmann" eingeprügelt. Eine armseligere Umsetzung von STAR WARS kann ich mir nicht mehr vorstellen.
Das. ist. un. würdig! Punkt. (Nur noch die STAR WARS Tanz-Spiele für Konsolen scheinen erbärmlicher zu sein.)


An einigen wenigen Stellen, zum Beispiel auf Makeb, und auch in einigen Quests, hat Bioware es geschafft, dass NPCs in mehreren Wellen auf einen einstürmen. DAS waren die besten Kampf-Erlebnisse, die ich in SWTOR hatte. Aus irgendeinem Grund glaubt Bioware aber nicht an sich, und implementiert kopfnickend weiter brav die WoW-Vorlage, in der viele Spieler unrealistische Bosse minutenlang bearbeiten. Das ist "Grind". Und es ist das Gegenteil von Immersion.


... wird fortgesetzt.