Beiträge von Trigger

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Viele Tage zuvor<<<
    Shaddaa, ein leeres Gebäude in der Schattenstadt


    Yessss! Ein Plan der mal aufgeht. Komplett, ohne Fehler! Das Miststück ist ihm wirklich hinterhergerannt. Hass kann so berechenbar sein. Und jetzt steht sie da und kann nur zittern. Ein E-Netz in den Rücken und sie ist wehrlos. Fast schon zu einfach für den Preis.
    Sie stützt eine Hand auf die Kisten hinter denen sie Deckung gesucht hat und schwingt sich drüber. Der bullige Rattataki, mit dem sie zusammenarbeitet, springt hinter der Ecke hervor hinter die er geflüchtet ist, er reißt seinen Arm hoch und Flammen hüllen den unter ihrem Elektronetz zitternden Körper ein. Es stinkt, als ihre Synthklamotte verschmort, es stinkt noch mehr als die Flammen auf Fleisch treffen.
    Die schmächtige Frau geht zu Boden, ihr Lichtschwert rutscht ihr aus den kraftlosen Händen. Die Chiss stellt ihren schweren Stiefel auf das Heft. Eigentlich ist die Sith schon tot, doch ihre hassverzerrte Stimme weiß davon noch nichts, als sie den Mann anzischt, ihn verflucht, Speichel spritzt ihr auf die aufgesprungenen Lippen.
    Du hast dich echt mit den falschen angelegt, Sugar. Und dein größter Fehler war, dass du zurückgekommen bist.
    „Wie tötet man einen Sith?“ dringt ihre dumpfe Stimme aus dem Helm. Sie weiß dass der andere sie glasklar hört, sie haben im Vorfeld eine Funkverbindung eingerichtet.
    „Sag's mir“, erfüllt sein tiefes Brummen ihren Helm.
    „Schnell!“ Sie lacht heiser auf als ihre Blasterschüsse Gesicht und Brust der am Boden Liegenden zerfetzen und ihren Flüchen ein Ende bereiten.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Tag 7<<<
    Auf einem Schiff in einem verlassen wirkenden Hangar, Shaddaa


    Als sie aufwacht, weiß sie einen Moment nicht, wo sie ist. Sie hat geträumt aber sie kann sich nicht erinnern. Die Bilder geistern schattenhaft durch ihren Verstand, entziehen sich ihrem Bewusstsein, bis sie vollständig verblasst sind.
    Als sie die Augen aufschlägt hat ihr Geist bereits drei Dinge wahrgenommen, die nicht stimmen.
    Viel zu weiches Bett. Nicht meins. Kühle Decke. Glatt. Seide vielleicht. Oder Satin. Der Geruch. Parfum? Creme?
    Sie erinnert sich sofort, als den Gedankenfragmenten ein Bild zugefügt wird.
    Natürlich. Ich bin bei Trine geblieben, gestern Nacht.
    Sie setzt sich auf, die Decke – es ist tatsächlich Seide, verdammt teure sogar – rutscht ihr von den nackten Schultern.
    Die Bettseite neben ihr ist leer. Sacht legt sie den Handrücken auf das vom Schlaf zerwühlte Laken.
    Warm, lange ist sie noch nicht weg.
    Langsam schwingt sie die Beine aus dem Bett, sucht ihre Klamotten zusammen und zieht sich an. Irgendwo jenseits der Kabinentür rauscht das Wasser einer Dusche.
    Ihr Blick fällt einen Moment nachdenklich auf die halbleere Flasche corellianischen Whiskeys, der auf der Ablage über dem Kopfende steht.
    Komm hör auf mit dem Scheiß! Es ist früh morgens, fang jetzt an zu saufen und du hörst nicht mehr auf bis du ein aufgedunsenes, kaputtes Wrack bist!
    Sie schüttelt die fixe Idee ab und setzt sich auf die Bettkante, schlüpft in ihre Stiefel. Stirnrunzelnd wirft sie einen kurzen Blick auf ihr Com. Sie hat nur sechs Stunden geschlafen, dennoch fühlt sie sich ausgeruht. Körperlich... und auch geistig. Sie ist verdammt weit davon entfernt sich wirklich gut zu fühlen, noch immer nagt Schmerz an ihr, aber er ist nicht mehr so beißend.
    Vielleicht hab ich mich auch einfach dran gewöhnt.
    Ein ganz zartes Lächeln kräuselt ihren rechten Mundwinkel, das erste seit Tagen, nicht fröhlich, aber ehrlich. Sie stützt die Hände auf das Laken und sieht einen Moment abwesend in den Raum hinein ohne wirklich etwas wahrzunehmen.
    Es heißt, wenn man stirbt ist man immer allein. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es betrifft nicht nur den Tod, es betrifft jedes Ende. Du stehst am Ende da, siehst zurück und alles reduziert sich auf eine einzelne Frage: Bist du dir selbst treu geblieben? Wenn die Antwort ja lautet, dann kannst du weitergehen, selbst wenn hinter dir nur verbrannte Erde liegt. Weitergehen, weitermachen, nach vorne sehen, den Kopf oben halten, sich gegen den Wind stemmen. Denn wenn die Antwort ja lautet, dann hast du das eine[ bewahrt, was dir keiner nehmen kann. Was stärker ist als alles andere, was dich in den Spiegel sehen lässt ohne dass du kotzen musst. Was dich verdammt nochmal am Leben hält. Stil.
    Ihr Lächeln wird deutlicher, fast ist es stark genug, den harten Zug aus ihren Mundwinkeln zu betreiben. Sie steht auf und streckt sich, greift sich ihre Jacke und tritt auf den Schiffsgang hinaus, lauscht, aus welcher Richtung die Dusche zu hören ist. Es ist nicht schwer, herauszufinden, aus welchen Gründen auch immer stehen so gut wie alle Türen des geräumigen Schiffs offen.
    Sie lehnt sich in den Türrahmen der Badezimmertür und betrachtet einen Moment die verschwommene Silhouette der anderen durch den Dampf, der in der Luft steht.
    Du duschst zu heiß, Sugar.
    „Morg'n, Trine.“ Sie verschränkt locker die Arme vor der Brust. Obwohl sie die andere nicht lächeln sieht, kann sie es hören als die antwortet:
    „Guten Morgen Trigger. Gut geschlafen?“
    Überrascht nimmt sie wahr, dass ihre Lippen grinsen. „Irg'ndwie schon, aye.“
    „Bleibst du zum Frühstück?“
    Wieder ein Blick aufs Com, ein Seufzen. „Nope. Muss los, hab'noch 'n bißch'n was zu tun.“
    „Du meldest dich aber, ja? Wir sehen uns die Tage?“ Ein nackter Arm greift aus der Duschkabine, tastet nach dem Badelaken auf der Ablage.
    „Aye, seh'n uns. Bis dann.“ Sie stößt sich vom Türrahmen ab und geht. Hinaus in die Stadt, in die jeder kommt um etwas zu verlieren.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Tag fünf<<<
    Hutta, Orbitalstation, nachts



    Es ist vorbei. Kir ist tot. Der eine Mann, den ich je geliebt habe existiert nicht mehr, ich habe ihn getötet.
    Der Blaster wiegt schwer in ihrer Hand, als sie die Lagerbucht der Orbitalstation Huttas hinter sich lässt, ihre Beine tragen sie irgendwie vorwärts, Schritt für Schritt, aber alles andere ist taub. Als wäre sie es, die leblos auf dem kalten Betonboden liegt.
    Ich habe es beendet. Zu meinen Bedingungen, nicht zu denen, die sie mir versucht haben aufzuzwingen.
    Der Moment steht ihr klar vor Augen, ihr Blaster an seiner Stirn, sein blinder Blick auf sie gerichtet, seine letzten Worte. „Ich liebe dich dennoch.“ Eine winzige Krümmung des Zeigefingers hat dem ein Ende bereitet. Sie hat es nicht geglaubt. Nicht mehr.
    Sie hört die schweren Schritte des Anderen hinter sich in der Bucht. „Geh und schlaf dich aus, ich räum hier auf“, hat er gesagt. Sie geht weiter, Schritt für Schritt, dreht sich nicht um.
    Es ist vorbei. Ich bin so müde. So unglaublich müde...
    Der brennende Ball an Emotionen, der ihr ständiger Begleiter geworden ist, hat sich zu einer glimmenden Kugel zusammengerollt. Er schmerzt nur noch dumpf.
    Benommen stellt sie fest, dass er sich verändert hat, dass seine zwei stärksten Motoren fehlen: Liebe und Hass, am Ende so fest ineinander geknotet, dass eins vom anderen nicht mehr zu unterscheiden war.
    Sie weiß nicht, wie ihre Füße es geschafft haben, sie weiterzutragen. Durch die Station, den Hangar, das Schiff bis hin zu ihrem Bett.
    Seltsam. Jetzt wo er nicht mehr ist, weiß ich nicht mal, ob er jemals wirklich existiert hat.
    Mit steifen Bewegungen legt sie ihre Rüstung ab, lässt sich dann auf das harte Bett fallen, zieht die Decke bis zum Kinn und schließt die Augen.
    Ihr letzter Gedanke, bevor die Dunkelheit eines traumlosen Schlafes sie umfängt, gilt nicht ihm. Auch nicht ihr. Sie gilt dem anderen. Ihm zuliebe hat sie die Schlampe zurückgelassen. Sie wird bezahlen, aber nicht auf seine Rechnung.
    „Du bist vermutlich der beste Humanoide in diesem... Schlachtfeld, ist dir das klar?“, hört sie ihn in den Dämmerzustand hinein sagen.
    Aber nur weil alle anderen schlechter sind als ich.
    Ihr Verstand schaltet ab.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Viele Tage zuvor<<<
    Die „Berechtigte Zweifel“, auf dem Weg von Hutta nach Shaddaa


    Scheiße, scheiße, scheiße! Das war so nicht geplant! Verdammte Scheiße!
    Sie zieht scharf die Luft ein, als Neal ihr mit fast engelhafter Geduld einen Metallsplitter nach dem nächsten aus dem mitgenommenen Rücken zieht.
    Korden steht im Türrahmen der kleinen Krankenstation, sein leicht abwesender Blick zeigt deutlich, welche Spuren die Injektion hinterlassen hat, die sie ihm in den Hals gerammt haben.
    Maddock hat seine Hose wieder angezogen, nachdem er seine Oberschenkelwunde in Koltoverbände getränkt hat. Er sieht aus als hätte er Blut gepisst.
    Wir waren verdammt nochmal zu viert, und es hätte beinahe nicht gereicht. Hat zumindest nicht gereicht, Russel zu schützen. Verdammt! Die kriegen mich am Arsch, ich bin so fällig!
    Keiner von ihnen fragt, was eigentlich passiert ist. Sie hat sie bezahlt. Gut bezahlt. Und sie waren alles Profis.
    Achtzehn Prozent! Verdammt, das kann alles sein! Oder nichts. Scheiße, das hätte nicht passieren dürfen!
    Wieder zieht sie scharf die Luft ein, hämmert mit der Faust gegen die Metallwand. „Alter, 's tut weh!“
    Neal brummt nur. „Das wär ja auch noch schöner, wenn du die einzige wärst, der's nach so ner Schießerei nicht wehtun würde. Halt still, sonst tut's noch mehr weh!“
    Wie zum Beweis ist der nächste Splitter so verbogen, dass es sich anfühlt als würde er ihr den halbem Rücken aufreißen, als er sich langsam aus ihrem Fleisch löst.
    Wenn ich kotzen muss kotz ich dir mitten ins Gesicht, Arschloch!
    Das war nicht fair. Natürlich war das nicht fair, Neal war nicht derjenige gewesen der ihr aus unmittelbarer Nähe eine Blastersalve ins Rückemodul gejagt hat, nachdem die Schilde zu weit unten waren, den Schuss abzufangen. Aber es tat verdammt nochmal weh!
    Die meinen das echt ernst. Wie viele waren das? Sechs? Und sie wussten genau was sie taten. Das waren keine einfachen Rookies, das waren verdammte Profis! Imperiale Profis, die sind sich für nichts zu schade.
    Sie tastet am Gürtel nach der Tasche, die den Stick enthält und die Reste von Russels Pad. Kurz spaltet ein Grinsen ihre Lippen, als sie an den unscheinbaren Stick denkt, der so viel Ärger verursacht hatte.
    Jetzt hab ich das Scheißding. Und verdammt, ich werds behalten! Das müssen sie mir schon aus meinen kalten toten Fingern reißen, damit ich's aufgebe!
    Die Männer schweigen. So wie sie auch, sind sie damit beschäftigt, ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Vielleicht was sie mit der Kohle machen, die sie ihnen bezahlt hat.
    Muss mich mit Snatch treffen. Dringend! Das darf keine Spuren hinterlassen. Und wir müssen wissen, was sie aus den achtzehn Prozent Datenmaterial ziehen können. Fuck, wenn der Idiot die Gespräche aufgezeichnet hat...
    Kolto kühlt ihren Rücken. Die routinierten Bewegungen, mit denen Neal den Verband anlegt verraten ihr deutlich, dass er das nicht das erste Mal macht.
    „Ich weiß nicht wie's euch geht, aber ich brauch was zu Trinken“, zerreißt Maddocks brummige Stimme die Stille.
    Sie nickt, zieht sich ein einfaches Shirt über. Der Autopilot hat das Schiff sicher in ihrem Hangar gelandet.
    „Na dann... ich lad'euch ein.“ Brummend öffnet sie die Luke der Zweifel, stapft los.
    Scheißdreck, das ist noch lange nicht vorbei.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    >>>Tag vier<<<
    Nar Shaddaa, tief in der Nacht


    Sie hat geweint, bis keine Tränen mehr kamen, gekotzt bis sie nicht einmal mehr Säure hochwürgen konnte, geschrien bis ihr die Stimme versagte. Jetzt gibt es kein Ventil mehr für den Schmerz, sie kann nur noch daliegen, gekrümmt, die Knie mit den Armen umklammert und versuchen es zu ertragen... irgendwie.
    Ihre Gedanken kreisen um die letzten Stunden, ziehen Momente der letzten Tage, der letzten Monate mit ein, versuchen den einen Punkt zu finden, an dem sie es hätte verhindern können, die eine Sekunde, die alles in andere Bahnen hätte lenken können.
    Das ist nicht fair!
    Sie fühlt sich so verraten, so beschmutzt, so benutzt. Und seit der Hass, der sie die letzten Stunden auf den Beinen gehalten und ihre Handlungen gelenkt hat, sie ausgebrannt hat fühlt sie sich so unglaublich schuldig.
    Ich hab nichts getan, das ist verdammt nochmal nicht fair!
    Genau so war es. Sie hat nichts getan, gar nichts. Sie war sich ihrer selbst so sicher gewesen, und selbst als der Zweifel aufkam, versuchte, sie zu warnen, hat sie sich nicht gerührt, paralysiert, unfähig, die Wahrheit zu sehen, die ihr so deutlich ins Gesicht geschrien hatte, mit jedem Blick, jeder neuen Lüge, der den Berg aus Lügen und Verrat so hoch gestapelt hat dass sie seine Spitze nicht mehr sehen konnte.
    Ihr Mund öffnet sich zu einem stummen Schrei, sie kann nicht verhindern dass seine Worte ihr mit der brutalen Deutlichkeit von Peitschenhieben in den Verstand fahren, seine Feigheit, sich hinter ihrer Liebe zu verstecken, selbst als er sie verrät.
    „Ich würde es vielleicht sagen, aber ich kann es nicht. Ich habe es einer Person versprochen, die mir so viel bedeutet wie du.“
    Deine Versprechen sind einen Dreck wert! Wie kannst du mich an sie verraten und gleichzeitig noch an deine eigene Ehre glauben? WIE?!
    „Ich fühle mich schlecht, so schlecht wie seit Jahren nicht mehr.“
    Du lügst! Du betrügst! Du verrätst die, die du behauptest zu lieben! Wie glaubst du fühle ICH mich, nachdem du mir ein Messer aus Lügen in die Brust gerammt hast? Nachgetreten hast, immer und immer wieder, als ich schon am Boden lag?
    „Ich liebe dich, das war mir bei deinem ersten Lächeln klar. Ich wollte und will immer für dich da sein.“
    Du lügst! DU LÜGST! Keins deiner Worte ist wahr, sie sind nur Waffen, hinter denen du deine Feigheit versteckst! Du hast mich nie geliebt, NIE!
    „Doch da war eine zweite Person. Sie verwirrte mich, machte mich neugierig, sie erschreckte mich. Doch es gärte etwas zwischen uns, schleichend, ohne dass ich es wahrnahm. Am Ende war mir klar, dass ich ihr gegenüber die selben Gefühle hege. Wärme, Zuneigung, Verbundenheit... Liebe“
    Ich will das nicht hören, ich WILL das nicht hören! Wie KANNST du behaupten, mich zu lieben? Mir verbunden zu sein? Das sind MEINE Schmerzen! MEIN Leid! Und DU bist dafür verantwortlich, DU trägst die Schuld! Du bist nichtmal in der Lage dich umzudrehen und es mir ins Gesicht zu sagen! Los! Dreh dich um! Sag es!
    „Ich liebe euch beide. Sie und dich.“
    Lügen, noch mehr LÜGEN! Versteck dich nicht hinter Liebe, du feiger, verräterischer Bastard! Die einzige Person, die du je geliebt hast, bist du selber!
    „Ich versprach ihr am Ende, sie nicht zu verraten, egal was kommt.“
    Und mich? UND MICH?
    Er weint. Wie kann er es wagen zu weinen, wenn sie doch diejenige ist, die von seinem Verrat zerfetzt wird. Hass ätzt ein scharfkantiges Loch in ihr Ich, schändet ihre Liebe und lässt nur noch den zerstörerischen Wunsch nach Vergeltung zurück.
    Sie zittert unkontrolliert. Oder hat sie unkontrolliert gezittert als sie sich gegenüberstanden? Es gibt keinen Unterschied mehr, die Momente verschmelzen zu einem, als der Schmerz so stark wird dass er in Wahnsinn umzuschlagen droht.
    Es gibt keinen Raum für Gnade, nicht ihm und auch nicht ihr selbst gegenüber, als sie sich seinen Ring aus dem Arm schneidet, seinen Blick mit ihrem fesselt, ihn dazu zwingt, sich nicht abzuwenden.
    Ich hab dich geliebt. Das erste und einzige Mal dass ich jemanden geliebt hab. Aber ich werde lernen dich zu hassen. Und ich lerne schnell.
    Kälte kriecht durch ihren Verstand, friert den Augenblick ein, zerschneidet ihr Innerstes mit eisigen Kanten.
    Du wirst bezahlen. Mit deinem Blut, deinem Schweiß und deinen Tränen. Es gibt nur eine Strafe für Verrat. Du... und auch sie. Das schwör ich dir. Und ich bin kein Eidbrecher.
    Ihr Verstand erstarrt in der Unfähigkeit auch nur einen Moment mehr zu ertragen.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Viele Tage zuvor<<<
    Kaas System, eine kleine Gefängnisstation im Orbit


    Alarmsirenen schrillen überall in dem gedrungenen Gebäudekomplex, rote Lichter blinken in alptraumhaften Stakkato über die Wände, über jeder Sicherheitstür eins.
    Trigger bewegt sich humpelnd und grob vor sich hin fluchend durch das Chaos aus Geräusch und Farbe, findet trotz der körperlichen Verfassung mit abgeklärter Ruhe ihren Weg. Der Alarm interessiert sie nicht, sie weiß dass er auf ein explodierendes Shuttle viel weiter vorne in dem Komplex abzielt. Auch an ihrem Armpad blinken rote Warnleuchten, in ihren Orten klingelt die freundliche Computerstimme ihres Rüstsystems, die sie immer und immer wieder darauf hinweist, dass sie einen kompletten Systemausfall zu verzeichnen hat.
    Sich selber durch ne beschissene Wand gesprengt, weil der Scheiß-Jammer die Scheiß-Zünder der Ladungen zerrissen hat, das darfste echt keinem erzählen! Scheiße, ich weiß verdammt nochmal dass ich nen Systemausfall hab, der verfickte Kurzschluss hat mich fast gegrillt!
    Wieder hämmert sie im Gehen auf ihrem Armpad herum, ohne hinzusehen, ihr Blick ist auf den schmalen Gang vor ihr gerichtet. Sie schafft es nicht, das System zum Schweigen zu bringen, das Pad reagiert nicht auf ihre Versuche.
    Ihre Haut kribbelt, am Schlimmsten ist es am Rücken, wo das Modul aufsitzt, ihr mit Sicherheit Verbrennungen zugefügt hat, als es abgeraucht ist. Es ist schlimm, das weiß sie. Aber nicht schlimm genug, die Sache abzublasen. Es gibt für den Auftrag nur diese eine Chance und sie wird sie nicht verstreichen lassen. Dafür ist zu viel Geld im Spiel, außerdem geht es um ihren Namen – wie bei jedem Deal.
    Vor sich hört sie schnelle Schritte. Sie bleibt stehen und hebt den Blaster, wartet ruhig ab. Kaltblütig feuert sie, als der Gefängniswächter um die Ecke am Gangende stürmt, er stöhnt überrascht auf, geht zu Boden. Sie humpelt weiter, feuert noch drei weitere Schüsse im Vorbeigehen in den leblosen Körper, nur um sicherzugehen.
    Die Uhr tickt. Sie hat keinen genauen Überblick über ihr Zeitfenster, denn auch ihr Com hat das EMP-Signal das die Sicherheitssysteme der Gefängnisstation auf ein Minimum reduziert hat, unbrauchbar gemacht. Sie muss schätzen – und sie hasst es zu schätzen.
    Dennoch bleibt sie an einer der Sicherheitstüren stehen, zieht den Laserschneider aus ihrem Gürtel und entfernt mit präzisen Bewegungen die Schalttafel. Der Schneider funktioniert, immerhin etwas. Sie lächelt schief unter ihrem Vollhelm.
    Schließlich hab ich versprochen ihm was mitzubringen.
    Keine 30 Sekunden hat sie gebraucht, dennoch ist die Verzögerung unprofessionelle sentimentale Scheiße. Natürlich weiß sie das, aber in diesem speziellen Fall ist ihr das egal.
    Zwei weitere Gänge noch, 12 weitere Türen, die sie rechts und links hinter sich lässt und sie hat ihr Ziel erreicht. Sie schiebt die kleine Sichtluke in der schweren Zellentür zur Seite, wirft einen aufmerksamen Blick ins Innere. Die Zelle ist klein, 2x2 Meter vielleicht. Sie schnaubt missmutig. Eine Sprengung ohne den Gefangenen an der Wand zu verteilen war keinesfalls möglich, zu wenig Raum, keine Deckung.
    „Und du bist wer?“ fragt der Gefangene von Zelle C-12 mit für seinen körperlichen Zustand erstaunlich fester Stimme und sieht von der schmalen Pritsche zur Sichtluke herauf. Sein linkes Auge ist gänzlich zugeschwollen, Arme und Beine sind mit dunklen Blutergüssen übersät, so gekrümmt wie er sitzt hat er wohl eine Vielzahl Schläge und Tritte in den Bauch einstecken müssen.
    „Russel schickt'mich“ antwortet sie ohne auf die Frage einzugehen. Es klingt dumpf, das Stimm-Modul des Helms ist natürlich ebenfalls im Arsch.
    Der Mann nickt leicht. Sie erkennt seine Bewegungen als die eines Mannes, der bereits abgeschlossen hat. „Es geht um den Code, nehme ich an. Nicht darum mich hier rauszuholen.“
    Sie zuckt mit den Schultern „Dich oder'den Code, so lautet der Deal. Krieg'dich hier nur nich' raus. Würd's mach'n wen'ich könnte, aber 's geht nich'.“
    Er erhebt sich stöhnend, beide Arme um den Bauch gelegt. Sein Gesicht ist schmerzverzerrt, dennoch lächelt er ruhig. „Das bedeutet du bist auf meine Kooperation angewiesen. Ohne meine Mithilfe kein Code. So ist es doch, oder?“
    Sie nickt knapp. „Aye, so isses. Aber'du has' die Wahl. Ich krieg'den Code un' erschieß'dich sauber oder'ich krieg'ihn nich'. Dann werd'n se dich nach Kaas bring'n. Un'da werd'n se dich foltern. Un'die könn'n das, glaub mir. Am Ende isses 's Gleiche, du bis' tot. Du kanns' nur unnerscheid'n ob'de schnell oder langsam sterb'n wills'. Das is'der Deal den'ich dir anbiete. 'n sauberen Tod geg'n den Code.“
    Er macht die zwei Schritte auf die Luke zu, mustert sie – mehr als einen Helm sieht er nicht, die elektronische Verdunkelung des Visiers ist zwar auch ausgefallen, aber seine Oberfläche ist verspiegelt.
    „Du hast einen seltsamen Akzent“, stellt er im Plauderton fest, als würden sie gemütlich in einer Bar stehen und hätten alle Zeit der Welt.
    „Hutt'nraum, Gosse“, antwortet sie knapp, angespannt sieht sie sich nach links und rechts um.
    „Hier ist mein Gegenvorschlag.“ Der Mann stützt sich mit den Händen an der Tür neben der kleinen Luke ab, scharfer Schmerz verzerrt sein Gesicht, dann entspannt es sich, er wendet ihr ruhig, schicksalsergeben den Blick zu. „Deine Bedingungen. Du bekommst den Code, ich dafür einen Schnellen Tod.“ Er lächelt, es wirkt traurig. „Und ein Versprechen.“
    Fuck! Nicht die Tour! Hab ich verdammt nochmal irgendwo ne Leuchtreklame überm Kopf auf der steht, dass ich ne scheißsentimentale Schwäche für die letzten Wünsche Sterbender hab, dass die Arschlöcher immer bei mir landen?!
    „Un'was für eins?“ Es gelingt ihr, ihre Stimme vollkommen gleichgültig klingen zu lassen.
    Sein Lächeln verschwindet, die Trauer bleibt. „Ich war einmal Republikaner...“, setzt er an.
    „Scheiße, quatsch'mich jetz' nich' mit deiner Leb'nsgeschichte voll!“, schnaubt sie barsch dazwischen.
    Tick, tack! Tick, tack! Die Zeit läuft und ich weiß nicht wie viel noch bleibt.
    „Glaubste nich' dass'ich deine Akte kenn? Rep, is'zu den Imps, hat'die Imps verascht un'is geschnappt word'n. Bla, bla. Is' bestimmt todtraurig un' belastet dein Gewiss'n un' alles, aber'ich hab weder die Zeit noch'den Bock, mir 's anzuhör'n.“
    Er runzelt die Stirn, nickt dann aber. „Gut, also die Kurzfassung. Ich habe eine Tochter. Sie dient in der republikanischen Armee.“ Wieder ein trauriges Lächeln. „Zumindest tat sie das, als ich sie zurückgelassen habe. Such sie. Finde sie. Sag ihr...“ der Mann senkt den Kopf. „...dass ich mich geirrt habe, dass es ein Fehler war zu gehen. Dass es mir leidtut, dass kein Tag vergangen ist, an dem ich mir nicht gewünscht habe die Zeit zurückdrehen und alles anders machen zu können.“ Seine Stimme wird sehr leise. „Und dass ich sie liebe.“
    Sie schließt die Augen und seufzt matt, ihre Finger greifen zum Scanner an ihrem Gürtel, lösen ihn aus seiner Verankerung.
    Drecksscheiße, jetzt ist das auch noch sonne rührselige Kacke! Ich bin nen Idiot! Ich bin nen Riesenidiot, mich auf den Scheiß einzulassen!
    Der Mann sieht wieder auf, sein Blick ist fest, auch wenn Tränen in seinen Augen schimmern. „Sag ihr, dass ich stolz auf sie bin. Und... sorg dafür, dass sie einen Anteil bekommt. Wenn ich ihr schon sonst als Vater nichts geben konnte, dann wenigstens ein finanziell sorgenfreies Leben.“
    Der Scanner springt nicht an. Fluchend schlägt sie ihn kräftig auf die Innenfläche ihrer gepanzerten Hand. Er piept verzerrt, komplett im Arsch scheint er nicht zu sein, immerhin war er ja aus als das EMP gezündet wurde. Noch einmal ein Schlag und die Kontroll-Leuchte blinkt grün auf.
    Geht doch! Gewalt ist immer ne Lösung!
    „Hier. Ich brauch'nen Bioscan. Un'den Code.“ Sie reicht das Gerät durch die Luke. „Ich finne sie, sag'ihr was'de gesacht has'. Das mit'der Kohle, 's kann'ich dir nich' versprech'n. 's is' nich' meine Entscheidung sonnern die'deiner Kumpel. Ich werd'sie nich' zwing'n. Sin' meine Klient'n.“
    Er drückt den Scanner auf seine Haut und hält ihn still während er ein Abbild seiner DNA erstellt, danach tippt er eine Zahlenreihe auf das kleine Display, reicht ihn dann wieder zurück.
    Der Alarm verstummt.
    Scheiße, keine Zeit mehr!
    „Ihr Name ist...“ die drei Schüsse, die in seiner Brust einschlagen, bringen ihn zum Schweigen. Für immer.
    „Find'ich alleine raus“, brummt sie, während sie den Blaster wieder wegsteckt und sich zügig zum Gehen wendet. „der Scheiß hat'so schon viel'zu lange gedauert.“
    Im Laufschritt lässt sie Zelle C-12 und ihren toten Bewohner hinter sich.

    Emote-Kampfsystem für kleinere Gruppen
    (ausprobiert mit 8 Leuten, bis zu 12 sollte locker gehen, würde es auch bis zu 15 hochtreiben, könnte dann aber von der Übersicht her etwas anstrengender werden)


    Die Idee ist, einen Kampf mit einfachen Mitteln in „Runden“ aufzuteilen, so dass alle gleichmäßig handeln können (nicht die Langsamtipper auf ein Emote reagieren während die Schnelltipper schon beim dritten sind), außerdem den Kampf etwas „reaktiver“ zu veranstalten. Wer kennt das nicht, einer macht was, man will darauf reagieren, während man tippt passieren aber achtzig andere Dinge, die die eigene Reaktion ad absurdum führen würden.
    Wie lang genau so eine „Runde“ ist, hatten wir nicht festgehalten. Da liegt es natürlich an jedem Einzelnen nicht total zu übertreiben und einmal um den Block zu joggen während ein anderer nur den Stift aus einer Granate zieht und sie schmeißt. Aber das hat bei uns zumindest auch total unreglementiert bestens funktioniert.


    Man braucht eigentlich nur jemanden, der den Überblick behält und sich am Besten einen Zettel mit den am Kampf beteiligten Namen neben den Rechner legt um ne kleine Strichliste zu führen, dann kanns losgehen:


    Alle fangen lustig an zu emoten und schreiben an den Anfang ihres Emotes (1). Jeder ist einmal dran und schildert was er tut, die Reihenfolge spielt nicht so wirklich eine Rolle. Das muss nicht nur eine Handlung sein, solange es Handlungen sind die gleichzeitig stattfinden oder nur einen geringen Zeitaufwand haben, gehen auch mehrere („(1) schießt und schmeißt sich dabei hinter das Sofa in Deckung“ zum Beispiel oder „(1) aktiviert die Granate in seiner Hand und schmeißt sie über die Brüstung“). Aktionen mit größerem Zeitaufwand fängt man in der Runde einfach an („(1) verkriecht sich hinter die Konsole und fängt an, das Datapad zu hacken“) und führt sie dann über mehrere Runden weiter.
    Derjenige mit dem Zettel und dem Stift macht sich Striche, wer schon dran war, sagt bei Bedarf kurz in der Gruppe (oder in ***bla***) wer noch fehlt, bzw sagt dann auch die „nächste Runde“ an.
    Dann geht es weiter mit (2) im Emote, da kann man dann auf die 1-er Emotes reagieren, ob aktiv oder passiv (oder auch beides), ist natürlich jedem selbst überlassen. Da schildert man dann auch die „Folgen“ der Einser-Emotes. Bin ich getroffen worden? Was hat das für Auswirkungen? Also als Beispiel, weil es mir von gestern in Erinnerung ist: „(2) schießt auf XY, wird aber von YZ am Arm getroffen so dass sie den Schuss verreißt“.
    Auch hier wieder sagt der mit dem Überblick kurz wer noch fehlt bzw wann die nächste Runde beginnt und das ganze Spielchen geht wieder mit ner (1) im Emote los.
    Sowas wie Explosionen von Granaten und Zeugs haben wir quasi „zwischen“ die Runden gepackt, wenns „sofort“ passieren sollte, ansonsten, wenns leicht zeitverzögert sein sollte zwischen die nächste und die übernächste Runde oder eben wenn derjenige, der es ausgelöst hat es in seinem Emote ankündigte.


    Sprache haben wir von der Rundenregel ausgekoppelt, Fluchen, Kommandos brüllen, solang man nicht grad meint nen Vortrag über Quantenphysik zu halten oder Goethe zu zitieren, kann man das alles nebenher machen.


    Der Anfang (die ersten zwei, drei Runden) liefen bei uns ein bisschen zäh, ich glaub, das ist einfach weil jeder das System einfach erstmal raffen muss, sich anguckt was andere so machen, wie andere reagieren und so weiter. Aber wir hatten... weiß nicht, 15 Runden oder so und weit mehr als die Hälfte des Kampfes war ein sehr schön zu lesender, reaktiver und flüssiger Emotetext in der die ganze Zeit jeder wusste, wer wo steht, wer was macht und so weiter.
    Also mir hat's gefallen und für kleinere Spielergruppen mit Emotekampf-Anspruch würde ich es jederzeit wieder so machen.

    Öh joah, da ich grad lustig alles hier ins Forum kopiere was ich als Texten noch so rumfliegen hab und dabei über das Emote-Kampfsystem gestolpert bin was wir in kleineren Gruppen genutzt haben dacht ich, kann das hier auch mal mit rein.
    Wer mag und auch noch irgendein "Regelwerk" für Kämpfe hat, immer her damit!

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Tag vier<<<
    Nar Shaddaa, später am Abend


    Sie!
    Nur dieses eine Wort fährt durch ihre Gedanken, füttert den Hass mit neuem Brennstoff.
    Sie zieht ihren Blaster, richtet ihn auf den Kopf der Rothaarigen während sie auf die Frau zugeht. An ihrer Seite ist eine andere, Twi'lek, schmal, es ist nur Lorfala. Keine Gefahr.
    Du hast mich gesehen. Früh genug um wegzulaufen. Aber du kannst nicht, nicht wahr? Du kannst einfach nicht, deine Angst lähmt dich. Ich kann es in deinen Augen sehen. Deine Panik.
    Lorfala sagt irgendetwas, als sie Shione erreicht, nur den Blaster zwischen sich und der anderen, direkt auf den Punkt zwischen ihren Augen gerichtet. Es durchdringt ihren Zorn nicht.
    „Trigger.. mach jetzt... bitte.. keinen Scheiß“, stammelt Shione sie an.
    Was? Scheiß wie dir ein Loch in deinen Kopf zu brennen? Keine Sorge, Schlampe. Das würde nur viel zu kurz wehtun.
    „Nenn'mir ein'n einzig'n Grund, warum'ich nich' abdrück'n sollte.“ Ihre Stimme ist fest, hart und kalt. Wie Eis.
    Na los... ich will hören was du zu sagen hast. Ob du wenigstens dazu stehst ein erbärmliches Dreckstück zu sein!
    Lorfala drängt sich zwischen sie. Ein unbedeutendes Hindernis. Sie greift der Kleinen an die Schulter und schubst sie aus dem Weg, grob. Sie sieht ihr nicht hinterher, als sie überrascht aufschreit und über den Boden schlittert, fällt.
    Wenn du schlau bist, bleibst du genau da liegen. Das war deine einzige Warnung.
    Shione wendet den Kopf, schreit auf. „Lor!“ Sie kneift die Augen zusammen. „Es tut mir so leid, Trigger. Ich wollte nicht.. ich wusste nicht... ich dachte...“
    Mehr Lügen. Mehr feiges Gestammel. Wenn wenigstens einer von euch beiden die Eier hätte nicht zu wimmern!
    Sie zieht ihren Blaster nach links, wenige Zentimeter nur, feuert einen Schuss ab, der so nah an Shiones Kopf vorbeigeht dass sie die Hitze spüren kann, den Bruchteil einer Sekunde nur, dann zielt er wieder zwischen ihre Augen.
    Sie sieht die Rothaarige zusammenzucken, die Augen fester zusammenkneifen.
    „Falsch! Versuch's nochma'.“
    Das Com der anderen Frau bimmelt, außerdem sagt Lorfala irgendetwas, Geräusche, die die Chiss nur am Rande wahrnimmt.
    „Trigger, bitte.. ich... es war ein Fehler... ein dummer Fehler... bitte, tu das nicht.“
    Immer noch die falsche Antwort!
    Dieses Mal zieht sie ihren Blaster nach rechts, feuert näher an Shiones Kopf vorbei, so nah dass sie sehen kann wie sich die roten Haare am Schläfenansatz unter der Hitze kräuseln. Kaum ist der Schuss gefallen, bewegt sie die Waffe wieder zurück, setzt die Mündung auf Shiones Stirn auf.
    Lorfala sagt etwas das sie nicht versteht, schreit sie an, dass sie sofort aufhören soll.
    „Wenn man euch in die Augen sieht fühlt man sich als würde man nackt auf Hoth stehen“, schießen ihr Mikes Worte durch den Kopf.
    Aber das siehst du nicht, Miststück. Du bist zu feige mich anzusehen, du bist so jämmerlich dass mir schlecht wird!
    „Los, sag'ihr warum ich's mache.“
    Ich will's hören! Aus deinem Mund!
    Die Rothaarige zuckt erneut zusammen, Tränen quillen aus ihren geschlossenen Augen. „Trigger... bitte...“, fleht sie, so leise dass es kaum zu hören ist.
    Heul soviel du willst. Winsel so viel du willst. Nichts davon wird dir nutzen, ganz im Gegenteil. Jede Träne, jedes gejammerte Wort werd ich mir merken. Das macht's für dich nur schlimmer.
    Sie hört hinter sich Bewegung. Mehr Bewegung als dass es Lorfala sein könnte. Aber sie dreht sich nicht um, heftet den Blick weiterhin auf Shione.
    „Ich habe einen Fehler gemacht, Lor. Ich hab... mit Kir...“ Die Stimme der Rothaarigen verebbt zu nicht mehr als einem Lufthauch. „...geschlafen.“
    Du weißt nicht, dass ich das noch nie gehört habe, oder? Dass er zu feige war, es auszusprechen. Dass er sich nur hinter seiner erbärmlichen, wertlosen Liebe versteckt hat. Wüsstest du es, hättest du es nicht gesagt.
    Eine weitere Stimme fährt durch ihren Zorn, seine Stimme, hinter ihr. „Lass sie gehen, Trigger.“
    Ihr Verstand verknüpft seine Anwesenheit mit dem Geräusch zweier Blaster die entsichert wurden, unterbewusst wahrgenommen, nur Sekunden zuvor. Sie wendet nicht den Kopf, zuckt nicht einmal.
    Oh nein, du wirst nicht abdrücken. Ich würd's tun, aber du hast einfach nicht den Stil dazu, nicht den Schneid, du charakterloses, widerliches Arschloch!
    „Würd'ich sie tot seh'n woll'n, würdest du nur ihre Leiche bewein'n könn'n. Noch lebt'sie. Geh un's bleibt so. Schieß un'ich drück ab!“ Ihr Stimme ist kalt.. so kalt.
    Wieder Lorfalas Stimme, am Rande, unwichtig. Shione, die jammert: „Kir... geh... bitte!“
    Wieder Geräusche hinter ihr, noch jemand kommt dazu, sagt etwas. Sie weiß dass sie die Stimme kennt, aber sie kann sie nicht zuordnen, versteht nicht einmal die gesprochenen Worte.
    „Halt die Klappe!“ brüllt Shione, reißt die Augen auf, ihr Blick auf einen Punkt hinter Trigger gerichtet, sie zittert, vor Zorn oder Panik, ihre Stimme überschlägt sich.
    „Du bis'nur ne Schlampe, die Schlamp'nsach'n macht. Du bis'den Schuss nich' wert. Selbst'die, die'an dir vorbeigegang'n sin' ham'nen lohn'nswertes Ziel getroff'n.“ Ihre Worte zwingen Shione, sie anzusehen, ihr in die dunkelroten pupillenlosen Augen zu sehen – endlich. Der Hals der Rothaarigen scheint wie zugeschnürt als sie schluckt, den Speichel schwer runterwürgt.
    Sieh hin, sieh genau hin. So sehr du auch suchst, du wirst kein Mitleid finden. Lass dich von dem Feuer nicht täuschen, es ist keine Wärme, es ist nur brennende Vergeltung. Vergiss nicht, was du siehst, vergiss es nie. Ich bin da. Immer. Irgendwo in deinem Rücken. Lauf, so schnell und so weit wie du kannst. Sieh nicht zurück, dreh dich nicht um.
    Lorfala hat sich wieder aufgerappelt, steht rechts von Triggers Blickfeld.
    Waffe! schrillt ein Alarm durch die zorneskalten Gedanken, doch ihr Blick löst sich nicht von Shione, sie senkt ihre Stimme weiter, bis die andere sie gerade so noch hören kann.
    „Verschwinne... solang'du noch kanns'. Un'komm nie wieder.“
    Langsam, unsicher macht Shione einen Schritt zurück. Trigger lässt den Blasterarm sinken, nicht seitlich, sondern nach vorne, dreimal zieht sie schnell den Abzug durch, sprengt Betonsplitter direkt vor Shiones Füßen aus dem Boden.
    Die Rothaarige schreit auf, sie springt nach hinten, fällt. Schiebt sich mit den Beinen noch ein Stück zurück, sieht mit vor Entsetzen geweiteten Augen zu der großen Gestalt vor ihr auf.
    „Tus doch einfach, wenns dir dadurch besser geht!“ schreit der erbärmliche Haufen Elend auf dem Boden sie an, schniefend und verheult. „Es spielt doch eh alles keine Rolle mehr!“
    Oh doch, das tut es. Ich schwör dir, der Tag wird kommen an dem du dir wünschst, ich hätte geschossen.
    Sie spricht ihre Gedanken nicht aus, sieht die Rothaarige nicht einmal mehr an. Ihre Lippen verziehen sich zu einem abscheulichen Lächeln, als sie im Vorbeigehen Shiones Hand unter ihrem Stiefel zermalmt, als sie trotz der schweren Sohle die Knochen unter dem Druck nachgeben und brechen spürt. Der gequälte Schmerzensschrei lässt etwas in ihr triumphieren.
    „Nein, du bist's nich' wert.“ Sie geht weiter ohne sich noch einmal umzudrehen. Keiner wird schießen, das weiß sie genau.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Viele Tage zuvor<<<
    Nal Hutta, Bilbousa, ein abgelegener Automatenraum in einem Casino


    Kerzengerade, reglos wie aus Stein steht sie da, sieht der anderen, einen Kopf kleineren Chiss mit leerer, ausdrucksloser Miene hinterher. Die Fassade hält genau so lange bis der Major außer Sicht ist, dann sacken ihre Schultern zusammen, sie dreht sich zur Seite und schlägt mit der flachen Hand gegen den kalten Stahl der Wand. Schmerz gräbt sich in ihre Züge, als sie die Stirn gegen das Metall drückt, es gelingt ihr nicht, den gequälten Aufschrei zu unterdrücken.
    Sie hört, wie sich Schritte nähern. Aus dem Augenwinkel kann sie sehen, dass es die massive Gestalt des Mannes ist, dessen Auftrag es war das Treffen zwischen ihr und dem Major zu überwachen, sicherzustellen dass keinem von beidem etwas geschieht.
    Sie verliert ihn aus dem Blick, als er die Haupthalle des Casinos verlässt und hinter ihr in den ungleich kleineren Raum mit nur einer Handvoll blinkender Spielautomaten eintritt.
    Sie dreht sich nicht um, hält die Stirn weiter gegen die kühle Wand gedrückt. Er schweigt.
    Als sie endlich, nach Minuten, ansetzt etwas zu sagen, ist ihre Stimme leise und brüchig.
    „Ich hab'grad alles verrat'n woran'ich geglaubt hab.“ Ekel verzerrt ihre Züge, aber das sieht er natürlich nicht. „Für'ein einziges Wort.“
    Langsam dreht sie sich um. Sie legt ihre Handflächen gegen das Metall und lehnt sich haltsuchend an die Wand. Der Mann streicht die Kapuze des Hoodies zurück, der seltsam falsch an ihm aussieht. „Hm?“
    Ihre Lippen verziehen sich zu einem Zähnefletschen. „Chiss!“ Kalte Verachtung liegt in dieser einzigen Silbe, das Wort verkommt zu nicht mehr als einem Zischlaut.
    „Ah“, er lehnt sich neben sie an die Wand und dreht den Kopf zur Seite, lächelt ironisch. „Ich dachte, du sagst Familie.“
    Hohl lacht sie auf „Ich'hab gedacht, dass'ich die Scheiße hinner mir gelass'n hab. Aber'die bittere Wahrheit is', ich'bin nur'n verschiss'ner Kathhund, der an 'ner verdammt lang'n Leine läuft.“
    Er sieht sie nur nachdenklich an, schweigt wieder.
    Fassungslos schüttelt sie den Kopf, erst langsam, dann schneller. „Neun verdammte Jahre hab'ich mir eingebildet ich könnte wer anners sein, hab'mir was aufgebaut. 'n neues Leb'n.“
    Sie schnaubt so stark, dass sich ihre Nasenflügel blähen. „Scheiße, ich war zufried'n! Un'dann komm'n sie, pfeif'n, un'ich hab nix besseres zu tun als'zu spring'n!“
    Sein Lächeln ist ungewohnt mitfühlend und weich, als er ruhig antwortet. „Man kann vor allem davonlaufen. Nur nicht vor sich selbst.“
    Sie nimmt eine Hand von der Wand und fährt sich gereizt durch das Gesicht, durch die Dreads bis hin zum Nacken, umklammert ihn fest, nickt langsam. „Aye, so isses wohl. Egal wo'de dich verkriechst, 's holt'dich ein. Un'dann springt's dir in'den Rück'n. 's is'wohl an'der Zeit sich umzudreh'n un'sich zu stell'n.“
    Er nickt leicht. „Und was jetzt?“
    Sie strafft sich, stößt sich von der Wand ab und lässt die Schultern langsam kreisen. „Jetz' hab'ich nen Job zu erledig'n.“
    Er schmunzelt, macht ebenfalls einen Schritt von der Wand weg. „Und ich muss aus diesen Klamotten raus! Sehen wir uns später?“
    Sie schließt für einen Moment die Augen, kneift sich mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken und schüttelt sich leicht, verbannt die Verbitterung der letzten halben Stunde an einen Ort tief in ihren Gedanken. Emotionen unterdrücken – das kann sie, das hat sie von klein auf gelernt. Ihr Lächeln ist dünn als sie wieder aufsieht. „Aye, seh'n uns.“
    Gemeinsam verlassen die beiden das Casino, machen sich auf den Weg zurück nach Shaddaa.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Tag zwei<<<
    Nar Shaddaa, mittags


    Es gibt wenig was so entspannend ist als den eigenen Körper bis an den Rand seiner Belastungsgrenze zu treiben.
    Trigger liegt ausgestreckt auf der Trainingsmatte in ihrem Hangar, Schweiß klebt ihr Shirt an den Körper und rinnt ihr über das Gesicht, langsam beginnt sie ihre Muskeln wieder zu spüren.
    Schwer atmend sieht sie zu der Deckenverstrebung hoch, dehnt den rechten Arm gegen einen aufziehenden Krampf, verzieht das Gesicht, als der unangenehme Schmerz erst aufflammt, dann langsam den Gegenmaßnahmen weicht.
    Oh fuck, das war wohl ein bisschen zu viel. Ich hätt aufhören sollen als es noch wehtat und nicht bis zu dem Punkt weitermachen sollen, wo man nichts mehr merkt.
    Aufstöhnend dreht sie sich auf die Seite, krümmt sich zusammen, als auch andere Muskeln beschließen, ihren Protest über die Behandlung durch Krämpfe kundzutun sei eine gute Idee.
    Eine Weile kann sie nichts anderes tun als es über sich ergehen zu lassen, die Zähne zusammenzubeißen und nach Möglichkeit nicht auf die Matte zu kotzen – dann ist es vorbei.
    Sie stemmt sich auf die Füße, ärgert sich über sich selbst, dass sie es zu weit getrieben hat, schwankt auf schwachen Beinen auf die „Berechtigte Zweifel“ zu.
    Während sie duscht, sind ihre Gedanken eine Nulllinie, das heiße Wasser prasselt auf ihre Stirn und rauscht in ihren Ohren. Als sie den Hahn nach Minuten mit einem Ruck auf kalt stellt, holt der Schock sie zurück aus ihrem Zustand des Nichtseins. Sie fröstelt, stellt das Wasser ab und schüttelt sich wie ein Hund im Regen.
    Ihr Weg zur Cafmaschine hinterlässt feuchte Fußspuren auf dem Bodengitter, sie verknotet ein Handtuch um ihre Taille und aktiviert das Gerät. Während der Geruch von frisch aufgebrühtem Caf die kleine Kochnische erfüllt, zieht sie ein schockgefrostetes Sandwich aus dem Kühler und stopft es in den Auftauer, ihre Bewegungen sind routiniert, Handgriffe, die jeden Tag gemacht werden, über Jahre schon. Sie entscheidet sich, die Kalzium- und Magnesiumdosis für heute zu erhöhen, spült die kleinen Pillen mit einem Schluck Caf runter, schüttelt sich und zischt, als sie sich die Zunge an dem viel zu heißen Getränk verbrennt.
    Mürrisch vor sich hinfluchend schlurft sie in die winzige Kapitänskajüte. Ein Bett, ein Metallschrank. Mehr gibt es nicht. Aber mehr braucht sie auch nicht.
    Sie greift nach der Schranktür, zögert, betrachtet kritisch die grobe Silhouette, die sich auf dem Metall spiegelt.
    Auf Effektivität getrimmt, aber schön ist echt anders.
    Als der Auftauer piept, öffnet sie mit einem Ruck den Schrank, verscheucht das leicht verzerrte Abbild. Sie schmeißt das Handtuch aufs Bett, schlüpft in eine einfache Hose, ein einfaches Hemd.
    Geistesabwesend tasten die Finger ihrer linken Hand mit leichtem Druck ihren rechten Oberarm ab, bis sie den harten Fremdkörper unter der Haut erspüren. Sie wendet den Kopf, sieht auf ihren Finger, presst ihn stärker auf die Haut. Scharf atmet sie ein, als stechender Schmerz den Muskel zusammenzieht. Willkommener Schmerz.
    Verrat. Eidbruch.
    Galliger Geschmack steigt ihre Kehle hoch, verbreitet sich in ihrem Mund.
    Hätte er's getan? Wirklich getan?
    Sie schüttelt den Kopf, ihre Stirn runzelt sich finster.
    Halt, er hat's getan. Eidbruch ist Eidbruch, kann man drehen und wenden wie man will. Klar, das Ding einzugehen war von vornherein bescheuert, nen Kontrakt ohne Rahmen, schwammig. Aber wenn man so doof ist, dann muss man auch dazu stehen. Nichts rechtfertigt Verrat. Nichts.
    Sie schließt die Schranktür, lehnt sich mit dem Hintern dagegen, presst die Hände auf das kühle Metall und seufzt leise.
    Und weiter? Wenn man's einmal macht, macht man's wieder. Das ist ne traurige Wahrheit. War ja schon kurz davor. Im krass großen Stil.
    Gedankenverloren lässt sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Viel zu sehen gibt es nicht. Trines Worte drängen sich in ihre Grübeleien. „Wenn du es geschafft hast ihn davon abzubringen, dann bedeutet das etwas. Etwas Großes.“
    Sie lächelt dünn.
    Mag sein. Aber das ist ne verdammte Grundsatzfrage. Kann ich jemandem trauen, der bereit ist, Verrat zu begehen?
    Der Auftauer piept wieder, reißt sie erneut aus ihren Gedanken. Gereizt schüttelt sie den Kopf und stößt sich von der Wand ab. Sie greift das Handtuch vom Bett auf dem Weg zur Tür.
    Plötzlich stockt sie, wendet den Kopf. Dreht sich langsam um. Ihre Augenbrauen berührten sich fast auf der Nasenwurzel, bilden zusammen mit der steilen Falte auf ihrer Stirn einen scharfen Pfeil. Sie fixiert das Datapad auf ihrem Bett, das bis eben noch von dem Handtuch verborgen war.
    Langsam macht sie die zwei Schritte zurück zum Bett, greift das Gerät und aktiviert es. Schnell hat sie sich zu den eingegangenen Nachrichten navigiert.
    Lange sieht sie auf den Text, der über den Bildschirm flimmert.
    „Ich freue mich sehr. Ich und Bouh vermissen dich und Janin, meine Droidin. Es ist viel passiert. Ich bin frei und die Jagd hat begonnen. Leider habe ich etwas getan, was nicht richtig war. Shione wird es dir erzählen. Egal was passiert. Meine Gefühle sind echt die hier im Spiel waren, sowie die für dich. Ich liebe dich.“
    Ein drittes Mal reißt das Piepen des Auftauers sie zurück in die Gegenwart. Sie schüttelt sich, blinzelt, versucht den nagenden Zweifel zu verdrängen, der wie eine Wompratte an ihren Eingeweiden nagt. Ihr Daumen schwebt einen halben Zentimeter über dem Delete-Button, aufgewühlt nimmt sie wahr, dass er zittert.
    Shione. Verrat. Echte Gefühle. Frei. Kodex. Meister. Fehler in der Kodierung. Zul. Hoth. Rache. Stolz.
    Ihr wird schlecht, als Gedankenfetzen durch ihren Verstand streichen. Chaotisch. Ungreifbar. Ihr frustrierter Aufschrei, als sie das Pad in die Ecke des Raumes schleudert übertönen das vierte Piepen des Auftauers. Hastig verlässt sie den Raum, hämmert mit so großer Wucht auf den Türknopf dass ihr die Hand schmerzt.
    Ich kann es nicht. Ich kann die Nachricht nicht löschen. Warum kann ich es nicht? Zweifel. Verdammte, verschissene Zweifel!
    Noch ein paar Mal piept der Auftauer, doch es ist keiner mehr da, der ihn hören kann. Trigger ist in die Stadt hinaus geflohen.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Viele Tage zuvor<<<
    Alderaan, mitten in den Bergen


    Schweiß bedeckt als dünne, langsam auskühlende Schicht ihren Körper, ihr heißer, schneller Atem kondensiert in der kalten Luft der alderaaner Berge. Während die anderen Teilnehmer der Expedition seit Stunden nur gewichtig hin und her gehen, sich über das Frühstück beschweren, sich gegenseitig böse Blicke zuwerfen und tun was Sith und Mandalorianer eben so tun, wenn sie auf kleinem Raum in einem provisorischen Lager zusammengepfercht sind, hat sie trainiert. Lauftraining, eine halbe Stunde, immer und immer wieder um das Lager herum. Sit-Ups, Liegestütze, Klimmzüge an einer der Zeltstangen.
    Hab ja gedacht, dass sich vielleicht wenigstens einer der Mandos anschließt. Oder vielleicht son Machtwacklerkrieger. Aber sind sich wohl zu fein für echtes Training. Würd mich nicht wundern, wenn sie sich nur Stims klinken. Echt nicht!
    Jetzt ist es an der Zeit für einen ordentlichen Caf! Während sie in der Versorgungskiste nach einem kleinen Brenner und einer Tasse sucht, ignoriert sie die teils abfälligen, teils bösen Blicke der Gruppe von Sith, deren konspiratives Gespräch im Schatten der Ausrüstung ihre körperliche Nähe wohl unterbrochen hat. Sie schmunzelt.
    Ach kommt, das ist nur Rauch und kein Feuer. Als ich gestern bis zu den Ellenbogen in ölverschmiertem Metall gesteckt hab und euch gesagt habt, anpacken oder verschwinden, da habt ihr euch schneller wegbewegt als ne Spicenutte die vom Giggledust-Ausverkauf hört. Solang ihr ohne uns nichtmal die Lifte bewegt bekommt, braucht ihr die Techniker. Mehr als jeden anderen hier.
    Sie schmeißt den Brenner an und macht ein paar Schritte aus dem Lager raus. Es hat geschneit in der Nacht. Frischer Schnee, das Beste was man für nen Caf bekommen kann. Sie füllt die Alutasse, stopft den Schnee fest und füllt nochmal nach. Noch einmal stopfen, noch einmal nachfüllen und die Tasse ist voll.
    Ach Dreck, sollte Yvi und Aza auch gleich nen Caf machen. Machen den Eindruck von Leuten, die für nen Caf am Morgen über Leichen gehen.
    Sie schlendert zurück, stellt die Tasse auf den Brenner und kramt sich zwei weitere Tassen aus der Versorgungskiste. Die Sithgruppe ist wieder ins Gespräch vertieft, leiser dieses Mal.
    „Jemand nen Caf?“, fragt sie dazwischen.
    Böse Blicke, keine Antwort. Eine von ihnen sieht nicht einmal auf.
    Hast lange für geübt, was Sugar?
    Sie zuckt lässig mit den Schultern, brummt „Dann eb'n nich'“ in sich hinein und macht sich auf den Weg zwei weitere Tassen mit Schnee zu befüllen.
    Als sie weiterkommt, steht einer der Mandalorianer neben dem Brenner. Vollrüstung, wenn auch erstaunlich schlank gehalten für nen Mando, verspiegelter Helm.
    „Thornton, aye?“ Sie nickt ihm zu und nimmt die Tasse vom Brenner, stellt die nächste drauf. Das Wasser kocht inzwischen, schnell noch Cafpulver und schon bereitet sich der Geruch aus, der morgens so essentiell ist wie die Luft, die man atmet, das Training für den Körper.
    „Ja, Thornton. Mike reicht.“ Er nimmt seinen Helm ab.
    „Caf?“ Sie hält ihm die fertige Tasse unter die Nase.
    „Klar, warum nicht.“ Er greift nach dem Alu, pustet in die kochend heiße Flüssigkeit und trinkt schlürfend ein paar Schlucke.
    Okay, Punkt für dich. Du hast nen Vornamen und hast schon zwei Sätze mit mir gewechselt ohne einen auf arrogante Mandosau zu machen. Komm ich mit klar.
    „Was gibt’s? Wenn'de dein Gewehr doch brauchst, 's liegt'im Techlager.“ Sie tauscht wieder die Tassen auf dem Brenner und verwandelt kochendes Wasser in dampfenden Caf.
    „Nein, Blaster und Beskar müssen reichen.“
    „Wer oder'was is'n Beskar?“
    Was wird das hier? Smalltalk?
    Er klopft auf die Messerscheide, die unter seinem Rücken am Gürtel entlangläuft, der Griff der Mandalorianerwaffe nach rechts außen gerichtet. „Das ist ein Beskar. Unsere traditionelle Nahkampfwaffe.“
    Noch ein Punkt für dich. Knappe Worte, kurze Erklärung. Kein langes Blabla, kein Vortrag.
    Sie nickt und schlürft ihren Caf.
    „Ich wollte dich aber eigentlich fragen, ob du einen Schildgenerator über hast, für den Händler.“
    Ich hätte bestimmt einen... wenns mein Job wäre, den Fetten aus Kaas zu schützen. Isses aber nicht, das ist euer verdammter Job.
    Sie schüttelt den Kopf. „Nope, hab nur mein'n. Un'den geb'ich nich' her, solang'hier irg'ndwelche Machtschlamp'n mit Ding'n nach'mir schmeiß'n.“
    Er lächelt leicht, nickt, schlürft einen weiteren Schluck. „Ja, hab ich mir gedacht. Aber fragen kostet ja nichts.“ Er stellt die Alutasse auf einer Versorgungskiste ab und setzt seinen Helm wieder auf. „Danke für den Caf.“
    Sie sieht ihm mit hochgezogener Augenbraue hinterher, als er geht.
    Beeindruckend. Gibt’s also auch, Mandos, die keine Ego-Vollklatsche haben.
    Zwei Minuten später macht sie sich mit ihrer Caftasse und zwei weiteren zurück zum Technikerzelt. Den Brenner und Thorntons Tasse lässt sie stehen. Aufräumen ist schließlich nicht ihr Job.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    >>>Tag null<<<
    Coruscant, die Tore vor dem Raumhafen, irgendwann am Abend


    Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne tauchen die Stadtlandschaft Coruscants in ein Meer aus Farben, die noch nicht vom Schmutz stumpf gewordenen neuen Metallplatten der sanierten Hochhäuser werfen das Licht tausendfach zurück, spiegeln auf ihrer Oberfläche das Farbenspiel der Wolken am Himmel.
    Wärmende Sonnenstrahlen. Echte Sonnenstrahlen, von einem echten Himmel an einem Ort, an dem es echte Bäume gibt!
    Im Schneidersitz sitzt Trigger auf einem Mauervorsprung nahe der Hafentore und betrachtet das Schauspiel zwischen den Hochhausschluchten mit einem stillen Lächeln, ihre Hände liegen locker auf ihren von der Sonne warm gewordenen Oberarmen. Die Helligkeit sticht ihr in die Augen, so dass sie immer wieder blinzeln muss, die Feuchtigkeit, die sich sammelt lässt das Bild ein klein wenig verschwimmen, doch sie wird nicht wegsehen. Sie will diesen Anblick in ihr Hirn brennen, ihn mitnehmen wenn sie später in der Nacht wieder aufbrechen würde, zurück nach Shaddaa.
    Triple-Zero. Ich habe es geschafft. Ich habe es wirklich geschafft! Das Herz der Republik und ich bin... okay, vielleicht nicht unbedingt willkommen, aber zumindest geduldet. Jetzt ist die Galaxie grenzenlos, jetzt bin ich frei!
    Die Chiss schnieft und wischt sich verlegen mit dem Handrücken die Tränen von den Augen, ehe sie ihre Wangen hinab rinnen können. Aus den Augenwinkeln wirft sie einen Blick auf den Wachmann am Hafeneingang, der sie nervös beobachtet und dem sie gefühlte hundert Male versprechen musste nicht außer Sicht zu gehen, sich niemandem zu nähern und auch sonst keine Dummheiten zu machen.
    Was sie wohl glauben was ich tun könnte? Das frage ich mich jedes Mal wenn ich ihre Blicke spüre, manche ängstlich, viele feindselig. Aber es sind weniger geworden. Oder bilde ich mir das ein? Vielleicht bin ich auch nur dickfelliger.
    Sie lacht leise, peinlich berührt, als sie sich erneut über die Augen wischen muss.
    Meine Fresse, diese Heulerei wird ja langsam zur Gewohnheit! Ich muss mir das dringend wieder abgewöhnen, das ist ja wohl krass peinlich!
    Die Sonne ist nur noch ein schmaler roter Streifen der die Skyline in ein leuchtendes Rot taucht. Triggers Lächeln hat eine seltsame Tiefe bekommen.
    Die Sonnenstrahlen vergehen innerhalb weniger Sekunden, sind nur noch eine Erinnerung auf der nackten Haut ihrer Arme, und doch friert sie nicht. Verwundert bemerkt sie, dass dort etwas in ihrem Inneren ist, in ihrem Bauch, ihrer Brust, das sie wärmt. Sie macht sich nicht weiter die Mühe die Tränen wegzuwischen, die ihr langsam über die Wangen rollen, bemerkt sie nicht einmal. Das Geräusch dass aus ihrer Kehle dringt ist eine Mischung aus einem Jauchzen und Lachen.
    So also fühlte es sich an, wenn man wirklich zufrieden ist.

    Sabacc-Bildkarten III: The Queen of Air and Darkness (2)


    “The real things to know is that folks will stand to lose more than they will to win. That’s the most important percentage there is. I mean, if they lose, they’re willin’ to lose everything. If they win, they’re usually satisfied to win enough to pay for dinner and a show. The best gamblers know that.”
    (Pug Pearson)


    Ein leises Zischen, mehr war nicht zu hören als die Abfallluke sich öffnete und das Gewehr in den dunklen, einsamen Raum zwischen den Sternen gesogen wurde. Trigger starrte auf die dicke Glasscheibe, lange noch, nachdem die Schleuse wieder geschlossen war, alleine mit ihren Gedanken, verloren in Erinnerungen.


    6 Stunden zuvor:
    Leise fluchend hämmerte Trigger auf dem Datapad in ihrer Hand herum, das sowohl an ein Handcom als auch an das Kommunikationsterminal in dem kleinen Überwachungsraum in dem sie sich befand, angeschlossen war. Warum verdammt noch eins war seit Tagen der Niedrigfrequenzbereich so dermaßen gestört dass es bei allen Gesprächen ständig in der Leitung rauschte?! Die Lady hatte sofort paranoid aufgehorcht als das Problem auftrat: Sie vermutete eine Verwanzung der Kommunikationsanlage. Aber die Chiss wollte daran nicht glauben. Erstens war es vollkommen blödsinnig ausgerechnet die Niedrigfreqzenz zu verwanzen, über die nur die nicht sicheren Verbindungen der Handcoms und die Intercomanlage liefen und zweitens wären Leute die die Eier und das Talent hatten der Lady Wanzen ins System zu pflanzen ganz sicher Profi genug, dabei nicht das Signal zu stören. Es war ein ätzendes Problem; das Rauschen selber war gar nicht so schlimm, aber die Lady hatte natürlich sofort den Befehl gegeben, sämtliche Gespräche auf den betroffenen Frequenzen einzustellen. Die Hochfrequenzbereiche wiederum durften sie auch nicht nutzen, da sie alleine ihrer Kommunikation vorbehalten waren. Solange bis sie das Problem gefunden und eliminiert hatte, würden die Untergebenen der Lady also keine elektronische Kommunikationsmöglichkeit haben.
    Nachdenklich kaute sie auf der Unterlippe herum, den Blick mit konzentriert gerunzelter Stirn auf die Aufzeichnung der Sinuskurve gerichtet, die über das Pad flackerte, während es die betroffenen Comfrequenzen abtastete.
    „Verdammt, 's bringt'so nix. Ich brauch'nen verflucht'n Abgleich. Wie soll'ich denn so 'nen Unnerschied erkenn'n, der vielleicht nur nen Zehntelmillimeter ausmacht!“
    Einen Moment lang starrte sie unschlüssig das Terminal an. Natürlich gab es die Möglichkeit eines Abgleichs... die Lady würde sie selbstverständlich dafür töten lassen, wenn sie jemals erfuhr dass Trigger in ihrer persönlichen Frequenz rumgespielt hatte, aber auf der anderen Seite musste sie es ja nicht erfahren...
    Brummend nickte die Chiss. Solange sie niemandem davon erzählte, und das hatte sie ganz sicher nicht vor, war sie auf der sicheren Seite. Schnell legte sie das Pad aus der Hand und verriegelte die Tür des Überwachungsraums, dann stöpselte sie das Com um und ließ sich wieder auf den Sessel vor dem Terminal fallen. Wenn sie jetzt nur ganz vorsichtig war...
    Sie legte die Beine aufs Terminal um das Pad bequem auf den Oberschenkeln abzulegen und tastete sich langsam in den Frequenzen vor.
    „Dann sind wir uns also einig. Marrou verschwindet sobald die Credits und die Ware bei mir eingegangen sind“, drang die feuchte Stimme von Baroggha dem Hutten leise aus dem Com, als Trigger die richtige Frequenz erwischt hatte.
    Die Chiss verzog angewidert das Gesicht. Huttese war so schon eine furchtbare Sprache, aber Barogghas Angewohnheit, wirklich immer irgendetwas eklig Schleimiges zu essen während er sprach jagte ihr Schauer über den Rücken. Sie startete die Aufnahme der Frequenzkurve und wartete ab, nur mit halbem Ohr auf das Gespräch konzentriert. Dass die Lady den Drogenboss Marrou loswerden wollte weil sie scharf auf seine Verbindungen nach Nar Shaddaa war, war nichts Neues für sie.
    „Selbstverständlich. Ich werde den Stick bereithalten. Wann kann ich damit rechnen, dass sie abgeholt wird?“ Das Huttese der Lady war klinisch kalt.
    Baroggha lachte. Ein noch widerlicheres Geräusch als sein Sprechen. „Was? Du willst dich doch nicht tränenreich von ihr verabschieden?“
    Natürlich nicht! Ich habe ihre Fähigkeiten zwar zu schätzen gelernt aber Schläger gibt es wie Sand auf Tatooine.“
    Leises Piepen des Datapads verriet, dass der Abgleich erfolgreich Unterschiede in den Kurven gefunden hatte, doch Trigger achtete nicht auf das Pad, sie horchte mit argwöhnischem Stirnrunzeln auf die Stimmen.
    Wieder lachte der Hutte. „Aber wenig so exotische. Ihr wahres Talent, meine Liebe, ist doch bei Ihnen sowieso verschwendet.“
    Die Antwort der Lady war trocken und kühl, sie stimmte nicht mit in das Lachen ein. „Ich bin mir sicher, blau passt gut zu den Vorhängen. Oder dem Teppich. Wie auch immer. Sind wir dann fertig?“
    Trigger bemerkte dass sie zitterte. Es ging um sie... der widerliche Hutte wollte sie! Und die Lady hatte dem Handel zugestimmt! Mit vor Entsetzen geweiteten Augen riss sie das Kabel aus dem Datapad, sofort verstummte das Gespräch. Würgereiz schüttelte sie, gequält aufstöhnend presste sie sich den Handrücken auf den Mund.
    Minutenlang konnte sie nur dasitzen, verstört vor sich hinstarren. Das konnte nicht passieren, das durfte nicht passieren! Eher würde sie sterben als Baroggha als exotische Kuriosität zu Diensten zu sein! Sie oder...
    Mit einem Ruck riss sie die Beine von der Konsole. Nein! Nicht sie... die Lady!

    5 Stunden zuvor:
    Es war nicht schwer gewesen an die Westar 2-17 zu kommen, die sie nun in den Händen hielt, ohne die interne Kommunikation hatte sie Jason alles erzählen können um ihn weit weg vom Waffenarsenal zu bringen. Sicher würde Acid sich wundern wenn der Mann bei ihm angekommen war, warum sie wohl behauptet hatte, er würde ihn dringend sprechen wollen, aber da Acid nicht einmal da war, erst Stunden später zurückkehren würde, war es bis dahin lange zu spät.
    Sie lag auf dem Bauch, das Scharfschützengewehr in den Händen, direkt im Bürogebäude gegenüber der verspiegelten Fensterfront hinter der sich die Büroräume der Lady befanden. Die Westar 2er-Reihe taugte nichts, würde das Energiefeld vor den Fenstern noch existieren, hätte sie keine Chance, den Schuss anzubringen, aber die Königin des Viertels war zu arrogant um mit einem Angriff von innen zu rechnen... und die Energie des Generators umzuleiten war eine Kleinigkeit gewesen.
    Konzentriert, mit einer Ruhe, die sie im Inneren nicht fühlte, wartete Trigger ab, den Blick auf das Zieldisplay des Gewehrs geheftet. Sie hatte nur einen Schuss, nur diese eine Chance. Sollte er daneben gehen würde sich die Lady auf den Boden werfen können, jenseits des Schusswinkels.
    Ein bitteres Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Wann immer'du einem Herr'n dienst, wirste verrat'n... das is'ne verdammte Regel. Un'das wird mir nie wieder passier'n. Ich diene nie wieder!“
    Sie schloss den Schwur tief in sich ein, erstickte mit ihm die Panik. Und wartete.
    Die Lady führte Comgespräche, schon die ganze halbe Stunde die Trigger sie durch das Zieldisplay beobachtete. Solange sie sich hinter der Kommunikationsanlage befand, war sie sicher. Der Winkel war mies, die Deckung zu groß. Aber irgendwann musste sie fertig sein.
    Es dauerte noch eine weitere Viertelstunde bis die Frau endlich aufstand. Sie drehte sich um und schob einen Teil der Wandverkleidung hinter dem Schreibtisch zur Seite, öffnete den dahinter verborgenen Safe. Trigger folgte jede ihrer Bewegungen durch das Display, richtete den Lauf auf den Kopf der Lady aus. Die Spiegelscheiben machten das Zielen schwieriger, aber nicht unmöglich. „Na komm'schon... versteck'dich nich' in'dem Winkel...“
    Die Lady sortierte etwas im Inneren des Safes, dann griff sie sich einen der Datenchips und schloss die Tür wieder, schob das Paneel davor. Für einen Moment sah es aus als wolle sie sich wieder an ihren Schreibtisch setzen, doch dann schüttelte sie den Kopf, wandte sich vom Tisch ab und durchquerte den Raum.
    Der Schuss eines Scharfschützengewehrs ist nicht zu hören. Aber man fühlt ihn in jeder Faser seines Körpers. Vom Abdrücken an bis zum Einschlag eine Millisekunde später fühlte sich die Chiss wie unter Strom gesetzt. Genau zwischen die Augen, er war perfekt! Und dennoch... fehlte etwas. Angewidert ließ Trigger das Gewehr sinken, starrte es an, wandte den Kopf dem Gebäude gegenüber zu. Die Lady war tot, daran bestand kein Zweifel. Sie hatte gesehen wie der Raum zwischen ihren Augen aufplatzte, die seichte Überraschung, die der Frau über die Lippen huschte, bevor sie zu Boden ging. Sie hatte sie getötet. Und doch fühlte sie nichts. Zu klinisch, zu kalt, zu weit weg! Auch wenn das Ergebnis genau das war was sie erreichen wollte, fühlte sie sich betrogen.


    Sie fröstelte. Schüttelte sich. Blass konnte sie ihr Abbild in der Scheibe vor der Abfallluke ausmachen. Sie hatte das Gewehr zur Bumblebee gebracht und in ihren Eingeweiden versteckt, abgewartet bis ihr jemand die Nachricht überbringen würde, dass die Lady tot war. Sie hatte nachgedacht. Über den Schuss, das Ausbleiben der Erregung die sie üblicherweise verspürte, wenn jemand zu Boden ging. Hatte eine Entscheidung getroffen, einen weiteren Schwur in sich eingeschlossen. Nie wieder würde sie mit einem Scharfschützengewehr töten. Es war zu weit weg, zu... unpersönlich. Viel zu leer.
    Wieder driften ihre Gedanken ab, weiter in die Vergangenheit dieses Mal.


    Die Lady hatte sie mitgenommen, in der Nacht in der sie eigentlich hätte sterben sollen, doch was genau das bedeutete, hatte sie erst später begriffen. Sie hatte ihre Existenz an die Lady verkauft, für den wirklich beschissen erbärmlichen Preis von dreitausend Credits. In Ordnung, sie war am Leben, das war immerhin mehr als sie andernfalls von sich hätte behaupten können; aber dieses Leben gehörte nicht mehr ihr, auch wenn die Lady die Illusion aufrecht erhielt indem sie die Chiss für jeden Job bezahlte.
    Sie hatte Trigger schnell wieder auf die Beine gebracht, die Bauchwunde, die ohne Versorgung ihr Ende gewesen wäre, hatte mit der richtigen Behandlung keine zwei Wochen gebraucht um narbenlos zu verheilen. Sie wusste inzwischen dass es etwa drei Monate her war dass sie Nar Chunna erreicht hatte. Sie hatte dem Navigationscomputer des Schiffs die Sprungkoordinaten des csillischen Orbits gefüttert und es über den Autopiloten auf den Weg geschickt. Als die Triebwerke anfuhren und ihre letzte Verbindung zum Reich zerrissen, drehte sie sich nicht um. Das Schiff nahm alles mit, was ihr noch geblieben war, ihre Waffen, ihre Uniformen, ihre Auszeichnungen... und was noch viel wichtiger war, auch alle Chancen, jemals wieder zurückzukehren; sie hatte keine Kopien der Astrogationskarten gezogen und auch wenn sie natürlich wusste, wo Csilla sich in Etwa befand war eine Sprungberechnung ohne das Kartenmaterial unmöglich.
    Kaum wieder auf den Beinen gab sie sich verbissen dem Training hin. Drei Monate des vollkommenen Nichtstuns war eine verdammt lange Zeit für einen Körper der es gewohnt war täglich belastet zu werden und sie würde sicher Monate, wenn nicht gar Jahre brauchen, ihn wieder in Topform oder gar darüber hinaus zu bringen, aber ein geringeres Ziel gab es nicht.
    Zwei Monate verbrachte sie in einem schlafwandlerischen Zustand des unermüdlichen Trainings, Essens und Schlafens, der nur durchbrochen wurde wenn sie für die Lady jemanden verletzte, manchmal nur zusammenschlug, manchmal tötete. Sie fieberte nach diesen Momenten, denn dafür lebte sie. Sie war ein bestialischer Schläger unter der vollkommenen Kontrolle eines der unbarmherzigsten Personen ganz Nar Chunnas, aber das war ihr egal, denn die Momente rücksichtsloser Brutalität waren die einzigen, in denen sie sich lebendig fühlte.


    Sie knurrte ihr Abbild im Glas an, fletschte die Zähne. Ein Tier, mehr war sie nicht gewesen... aber war sie das nicht immer noch? Was hatte sich denn geändert? Die Reise nach Groth hatte etwas geändert, hatte ihr etwas gegeben, was ihr eine Ruhe verschaffte, die sie sonst nirgends spürte. Aber war das genug?


    Die Lady hatte ihr Reich ausgeweitet indem sie einen ihrer Kontrahenten im Glücksspiel-Sektor an Baroggha verkaufte. Der Mann war nicht wirklich dumm genug gewesen, den Hutten zu hintergehen, aber sie hatte es geschafft es so aussehen zu lassen. Zwei Tage später war der Mann verschwunden und die Lady riss seine Geschäfte an sich.
    Glücksspiel war ein neues Gebiet, in dem sie über nur wenige Erfahrungen verfügte, aber sie vertraute den Betreibern der Casinos und Spielhallen nicht, die schon für ihren Vorgänger gearbeitet hatten, also baute sie Verbindungen nach Groth - dem Planeten der Spieler und Casinos - auf um nach einem Spezialisten zu suchen, der noch nicht in das enge Geflecht von Geschäft und Intrige Nar Chunnas eingebunden war.
    In ihrem eigenen Reich bewegte sich die Lady nur mit einer Schar ihrer Untergebenen. Schläger, Mitarbeiter, Geschäftspartner; sie war auf den Straßen des Viertels immer von Leuten umgeben. Doch nach Groth reiste sie allein, lediglich Trigger sollte sie zu ihrem direkten Schutz begleiten.
    Kaum erreichten sie den Orbit des Stadtplaneten, veränderte die Lady sich völlig. Ein charmantes Lächeln ersetzte die Maske aus eisiger Arroganz die sie sonst trug, ihre immer falsch und berechnet wirkenden Bewegungen wurden durch lässige Offenheit ersetzt. Sie wirkte... nett! Umgänglich. Nach einer Person, mit der man gerne einen Abend verbringt.
    Trigger verstand diese Veränderung nicht, und das widerte sie an. Alle Leute waren falsch, ausnahmslos, doch die Lady hatte bis jetzt wenigstens kein Geheimnis daraus gemacht, etwas, das die Chiss respektiert hatte. Sie ekelte sich vor der freundlichen Person in die sich die Lady verwandelt hatte, denn sie war falscher als alles vorher.
    Auch die gigantische Stadt, die sie vom Hafen aus betraten war falsch; bunte Lichter an jedem der weitläufigen Casinogebäude tauchten die Nacht in vielfarbige Helligkeit, aus jedem der Gebäude drang unterschiedliche Musik und verzweifelte Fröhlichkeit, als wolle Groth einen vergessen lassen dass es Ruhe und Dunkelheit gab. Die Chiss hasste diesen Ort!
    Sie trafen den Mann der sich No Deal nannte im Sundown-Casino, einem der besseren Häuser am Platz, dessen vorherrschende Farbe ein tiefes Orange war. Er saß an einem der übervollen Sabacc-Tische, trank und lachte, redete zu viel und zu laut, wirkte in seinem modisch geschnittenen grellroten Anzug wie ein Mann, der sehr zufrieden mit sich und der Welt war. Aber die Chiss glaubte ihm nicht. Alle Leute waren falsch.
    Das Gespräch zwischen ihm und der Lady zog sich über zwei Stunden. Eine ganze Weile sprachen sie nur über Belanglosigkeiten, lachten und scherzten, als wären sie alte Freunde, bevor sie sich den geschäftlichen Dingen zuwendeten. Triggers nervöse Aggressivität, die sie immer verspürte wenn sie unter Leuten war steigerte sich in unerwartete Höhen. Das Lachen, die belanglosen Gespräche der Leute, die Geselligkeit... sie konnte das einfach nicht ertragen!
    Sie versuchte sich auf das Spiel zu konzentrieren, dessen Regeln sie nicht kannte. Sie hatte schnell begriffen was ein gutes und was ein schlechtes Blatt war. Was sie nicht begriff war, warum Leute mit schlechteren Karten die schlagen konnten, die etwas viel besseres auf der Hand hatten. Warum spielte man eine schlechte Hand? Warum kam man damit durch?!
    Übelkeit stieg ihr die Kehle hoch, ihr Kopf dröhnte schmerzhaft.
    „Träumst du, my Dear? Ich sagte, wir können gehen...“, riss die freundlich-amüsierte Stimme der Lady sie aus ihrer Starre.
    Es dauerte Sekunden bis sie realisierte, dass sie gemeint war, zum wiederholten Mal, wie es schien. Sie nickte nur leicht, aus Angst kotzen zu müssen wenn sie versuchte etwas zu sagen. Dann floh sie aus dem Casino.


    Ihr Abbild im Glas runzelte nachdenklich die Stirn und legte den Kopf leicht schräg. Diese Erinnerung war es gar nicht gewesen, die ihre Gedanken hatten erfassen sollen. Sie schmatzte angewidert, galligen Geschmack im Mund.
    No Deal war nicht lange auf Nar Chunna geblieben, schnell wieder nach Groth zurückgekehrt. Wenn man als Spieler auf Groth gelebt hat, dann käme höchstens Nar Shaddaa als Alternative in Frage, hatte er ihr einmal gesagt, in den kurzen Monaten, die er für die Lady gearbeitet hatte. Aber es war lang genug dass er ihr erklären konnte, worum es bei diesem furchtbaren Spiel ging. Es war kaum von Bedeutung, was für Karten man auf der Hand hatte. Natürlich, bessere Karten verschafften eine bessere Ausgangslage, aber ein guter Spieler konnte auch mit einem schlechten Blatt gewinnen. Es kam darauf an, zu lügen, falsch zu sein, zu bluffen.
    „Soll ich es dir beibringen?“, hatte er mit einem Schmunzeln gefragt. Er schmunzelte immer, selbst in Momenten, in denen er Jemandes Existenz ruinierte. Sie hatte ihn nicht niedergeschlagen, auch wenn es sie viel Willenskraft kostete, den Reflex zu unterdrücken.


    Es klang nach reißendem Metall, als die Triebwerke der Bumblebee anliefen, irgendwo im rechten Schiffsrumpf.
    Die Lady runzelte verärgert die Stirn, ihre freundliche Maske hatte sie an der Schiffsluke wieder abgelegt. „Nein! Ich habe in exakt zwölf Stunden einen Termin, dieses Schiff darf jetzt nicht ausfallen!“, teilte sie in einem Tonfall mit der implizierte, dass sich das Universum selbstverständlich sofort um ihr Problem zu kümmern habe.
    „'s is'nur 'n Hüll'nriss... nix Wildes. 'ne Stunne, vielleicht zwei, dann läuft'das wieder“, brummte Trigger, es war das erste Mal dass sie überhaupt was sagte, seit sie auf Groth angekommen waren.
    „Du kennst dich damit aus?“ Der Mund der Lady formte sich zu einem überraschten, kreisrunden und blutroten o, falsch und künstlich, wie die Chiss es von ihr kannte.
    „'n bissch'n.“ Sie stellte die Maschinerie ab und stand auf. „Genug um'das hinzukrieg'n.“
    Sie war kein Schiffstechniker, ihre technische Ausbildung lag viel eher im sicherheits- und kommunikationstechnischen Bereich, aber sie hatte in ihrer Vorbereitungszeit auf den Außendienst gelernt, häufig auftretende einfache Fehler am Schiff selber zu reparieren. Und ein Hüllenriss war ein einfacher Fehler, nur ein Chassis, nicht einmal komplizierte elektronische Verbindungen.
    „Kümmer dich darum. Und dann bring uns zurück nach Nar Chunna. Weck mich wenn wir uns im Orbit befinden.“ Ein großzügig bespielter Credstick wechselte den Besitzer und dennoch – wie bei jedem Befehl der Lady – war beiden klar, dass ein „Nein“ keine Option war.
    Sie brauchte nicht einmal die genannte Stunde, bis der Fehler behoben war, auch wenn sie hinterher wünschte, sie hätte sich Zeit gelassen, langsamer gemacht. Denn diese Stunde gab ihr etwas, was sie über Monate nicht gespürt hatte: Ruhe.
    Sie hatte nie gemerkt dass sie unter Spannung stand. Gereizt war, nervös. Bis zu dem Moment, als sie sich einem technischen, logischen Problem zuwenden konnte. Die Stunde auf dem Rücken in der Turbine der Bumblebee war tiefer als traumloser Schlaf. Wie Meditation, die die Anspannung von ihr nahm, Dinge in ihrem Inneren entkrampfte und ins Gleichgewicht rückte.


    Ihr Abbild lächelte. Über Wochen hatte sie sich wie besessen auf alles gestürzt was Kabel hatte. Pads, Generatoren, Schaltanlagen, es war egal gewesen. Und sie lernte schnell. Egal wie kompliziert es erschien, ein technisches Problem war immer logisch. Technik war ehrlich, und wenn man ein Problem fand das man nicht lösen konnte lag es nur am eigenen Unvermögen, niemals daran dass man eine Lüge oder einen Trick nicht durchschaute. Jede freie Minute verbrachte sie mit den von der Lady beschäftigten Technikern, beobachtete, stellte Fragen, fasste mit an.
    Aber hatte sie das besser gemacht? War ein Tier mit einem Fokus weniger tierhaft? Sie kannte nur zwei Dinge: Eine wilde Abscheu, die sie reizte wenn sie sie nicht freiließ und die triumphierend aufbrüllte, wenn sie verletzte auf der einen und die Ruhe im Inneren wenn sie sich voll auf Logik und Technik konzentrieren konnte auf der anderen Seite. Beides ließ sie fühlen, atmen, leben. Aber konnte, nein, wollte sie den Rest ihres Lebens zwischen zwei Extremen verbringen? Was war mit all den anderen Dingen, die andere Leute empfanden? Den Dingen dazwischen? Wie bei den Sternen empfand man Freude? Spaß?


    Sie hatte sich Mühe gegeben, es zu begreifen, wirkliche Mühe. Aber es gelang ihr einfach nicht, so zu sein wie die anderen. Zu lachen, sich locker zu unterhalten, Vergnügen aus Nichtigkeiten zu ziehen.
    Die Männer der Lady hatten versucht sie einzubinden. Sie hatten sie mitgenommen wenn sie um die Häuser zogen, versucht ihr das Gefühl zu vermitteln, dazuzugehören. Aber sie gehörte nicht dazu.
    Als sie es auf Wetwares Anraten hin mit Sex probierte und einem jungen Kerl den Arm brach, wurden die Einladungen seltener. Als sie sich einen anderen Abend mit Alkohol versuchte zu entkrampfen, durchdrehte, und das Ergebnis zwei Leichen waren, blieben sie ganz aus.


    Eine ganze Weile starrte sie ihr Abbild nur an. Irgendwas musste passieren. Sie beobachtete sich, sie nachdenklich die Stirn runzelte, wie langsam eine Idee heranreifte. Vielleicht... könnte das eine Lösung sein. Vielleicht...
    Sie nickte sich zu und wandte sich von der Abfallluke ab. Sie hatte einen neuen Kurs.



    My old pappy always used to say, there is no more deeply satisfying religious experience... than cheatin' on a cheater.
    (Maverick in dem Film Maverick)

    Sabacc-Bildkarten III: Queen of Air and Darkness (1)


    "Limit sabacc is a science, but no-limit is an art. In limit, you are shooting at a target. In no-limit, the target comes alive and shoots back at you."
    (Jack Strauss über Poker)


    „Trigger! Verdammte Drecksscheiße, komm raus da! Du musst mitkommen, sofort!“ schrie der große hagere Mann die Innenverkleidung der Bumblebee, eines ziemlich in die Jahre gekommenen GPE-7300-Raumtransporters, an und trat, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, kräftig gegen die in ölfleckigen khakifarbenen Cargohosen steckenden Beine, die aus dem freigelegten niedrigen Verteilerschacht des Schiffes herausragten.
    Ein dumpfes Rumpeln im Inneren war die Antwort, gefolgt von einigen deftigen Flüchen. Die Beine zappelten ein wenig, wurden angewinkelt, die Füße fanden festen Halt auf dem Bodengitter, und zogen langsam, begleitet von weiteren Flüchen, den dazugehörigen Oberkörper und Kopf aus dem rechteckigen Loch.
    Rote Augen funkelten den Mann aus einem eigentlich dunkelblauen, nun aber von schwarzen Ölspuren bedeckten Gesicht an, die Stimme der rücklings auf dem Bodengitter liegenden Chiss war tief und rau, passend zu dem großen mit klar gezeichneten Muskeln bepackten Körper. „Alter, Wetware! Wenn'de mich noch einma' trittst, knot'ich dich um'den Andruckabsorber un' lass'dich da so lange häng'n bis'de abfaulst!“ Weiße Zähne blitzten in dem dunklen Gesicht auf als die Lippen sich zu einem Grinsen verzogen. Instinktiv machte der hagere Kerl einen Schritt zurück. Ihm drängte sich der Gedanke auf, das der Tritt vielleicht nicht die beste Idee gewesen war, die er je gehabt hatte, die Frau mochte zwar aussehen wie ein humanoides Wesen und ihre Mimik beinahe fröhlich wirken, doch er wusste, der Eindruck täuschte. Sie war ein Monster, das Grinsen nicht mehr als ein gut verpacktes Zähnefletschen.
    „Die Lady ist tot“ presste Wetware schnell hervor.
    Mit einem Ruck setzte die Chiss sich auf, schwang sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf die Füße.
    „Was?!“ Sie brauchte nicht einmal eine Sekunde die Entfernung zwischen sich und dem Mann zu überbrücken. Grob packte sie ihn an der Schulter, starrte ihn mit finsterem Blick an.
    „I-ich hab doch gesagt, du musst sofort mitkommen. Die Lady ist tot. Erschossen.“ Er krümmte sich unter ihrem schmerzhaften Griff, bis sie ihn nach einigen Sekunden hart auf den Eingang des Schiffs zustieß, er taumelte rückwärts die Rampe hinunter, drehte sich um und brachte schnell ein paar Schritte Abstand zwischen sich und die Frau, steuerte dann auf den Hangarausgang zu.
    „Bin direkt hinner dir“, knurrte sie und folgte ihm schnellen Schrittes.


    Die Büroräume der Lady waren teuer – wenn auch nicht besonders geschmackvoll – eingerichtet. Echtholzpaneele unterschiedlichster exotischer Herkunft verbargen die High-Tech-Kommunikationsanlage, die eine kurze Seite des Raums vollkommen in Beschlag nahm, auch die Elektronik der Schreibtischkonsole war in einem wuchtigen, mit seltsamen Schnitzereien versehenen Sekretär aus dunklem, fast schwarzem Holz versteckt.
    Ein tiefroter, dichter Teppich schluckte jeden Schritt – und er schluckte auch das Blut der Lady, die mit starrem Blick auf dem Rücken lag, fast mittig im Raum, auf der Stirn ein nicht einmal daumengroßes Einschussloch, wie ein drittes Auge.
    Sie war nicht alleine – auch wenn ihre Gesellschaft sie wohl nicht mehr interessierte. Der Gamorreaner den alle nur als „Bob“ kannten aus dem Schlägertrupp der Lady stand dort leicht breitbeinig neben ihrer Leiche und kratzte sich mit ratlosem Blick den mit Warzen übersäten Schädel. Am Fenster stand Itchy der Rodeaner, der für die Lady irgendwelche dubiosen Dinge erledigte von denen keiner genau wusste was es genau war – und es auch keiner genau wissen wollte. Er hatte die Hände auf die Fensterbank gestützt und betrachtete nervös das Loch in der gepanzerten Scheibe.
    „Itchy, du bis' nen Idiot! Un' wenn derjenige, der'die Lady dekoriert hat 's gewollt hätte, wärste jetz' nen toter Idiot!“ Trigger schob Wetware zur Seite, der vor ihr in den Raum gestürmt war, legte eine Hand in ihren Nacken und sah sich aufmerksam um, während sie einige langsame Schritte auf die Leiche zu machte.
    Amüsiert nahm sie wahr wie der Rodeaner bei ihren Worten zusammenzuckte und sich schnell vom Fenster wegduckte, sich flach daneben an die Wand presste, als wäre er gerade so einem tödlichen Schuss entkommen.
    „Die Lady ist tot“, stellte Bob fest und bewies damit dass er geistig nicht der Allerschnellste war, sein verwirrter Gesichtsausdruck verstärkte sich noch als er sich in die Richtung der Neuankömmlinge umwandte.
    Die Chiss schnaube. „Das hasse gut erkannt, Bob. Un' jetz' raus hier. Alle!“
    Während Bob und Itchy erstaunlicherweise widerspruchslos den Raum verließen – der erste sehr langsam und nicht ohne sich noch einmal zu dem Körper auf dem Boden umzudrehen und sich erneut am Kopf zu kratzen, der zweite geduckt an der Wand entlang als würde er immer noch damit rechnen, dass ein zweiter Schuss durch das Fenster schlug und ihn von den Beinen riss, rührte Trigger sich nicht, wandte sich nicht um. Erst als sie den Verriegelungsmechanismus der Tür hörte, setzte sie sich in Bewegung, zwei weitere Schritte in den Raum hinein, direkt neben die Leiche. Sie kniete sich hin und griff nach der rechten Hand der Frau, die über die letzten neun Monate ihre Herrin gewesen war.
    „W-was machst du da?“ Wetwares Stimme war kurz davor sich vor unterdrückter Panik zu überschlagen.
    Trigger versteifte sich, eine Sekunde nur, der Zeitraum den sie brauchte zu erfassen dass der Mann nicht sehen konnte, was genau sie tat, da ihr Rücken seine Sicht verdeckte. Schnell öffnete sie die Hand der Lady, entfernte den Stick, den sie im Tod umklammert gehalten hatte und ließ ihn in ihrer eigenen großen Faust verschwinden. Sie knurrte ohne sich umzudrehen: „Was hasse denn an alle raus hier nich' verstand'n, hä?“
    „Ich will verdammt nochmal wissen was du da machst!“ Das letzte Wort klang unangenehm schrill.
    Alarmiert sah die Chiss über die Schulter und blickte auf das für ihren Geschmack definitiv falsche Ende eines Blasters. Ganz langsam hob sie ihre Hände, beide locker zu Fäusten geballt, über den Kopf und stand ebenso langsam auf. Panik war nicht gut. Gar nicht gut. Sie sorgte dafür dass Leute Dinge taten, die unvorhersehbar waren. Sie sprach bewusst bedächtig, ruhig. „Wetware, bleib locker. Ich versuch'nur rauszufind'n was'hier passiert is'.“
    Die Stimme des Mannes schnappte über. „Verfickte Scheiße, was gibt’s da rauszufinden? Die Lady ist verdammt nochmal mausetot! Dazu muss man kein Scheiß-Killer sein um das zu erkennen! Was spielt denn der Rest für eine Rolle?!“
    Trigger drehte sich wie in Zeitlupe um, die Hände weiter über dem Kopf, und betrachtete Wetware mit ausdrucksloser Mimik. Seine Arme zitterten. Gut. Er würde nicht zielen, nur blind abdrücken. Er korrigierte die Waffe nicht als sie sich beim Drehen ein wenig von der Stelle bewegte. Noch besser. Sie war zu weit nach links gerichtet, zu weit nach unten. Die Chiss verlagerte unmerklich ihr Gewicht auf das rechte Bein.
    „Wetware, echt ma'! Ich will'dir nich' wehtun. Nimm die verdammte Waffe runner ehe noch was passiert was ein'm von'uns beid'n leidtut.“
    Konzentriert beobachtete sie den Mann. Seine Augen waren unnatürlich weit aufgerissen, die Panik war beinahe greifbar. Sekundenlang starrten sich der Mensch und die Chiss über den Blaster hinweg nur an, er heftig atmend, sie so ruhig und flach wie möglich, dann seufzte der Mann plötzlich schwer und ließ die Blasterhand sinken.
    Trigger spürte ein Rucken durch ihren Körper fahren, der Reflex auf Wetware zuzuspringen, ihm den Blaster wegzureißen und seinen Waffenarm zu brechen war so stark, dass sich ein tiefes angespanntes Knurren Bahn brach, während sie ihn unterdrückte.
    „Scheiße, die Lady ist tot... was machen wir denn jetzt?“ wimmerte der Mann, die Panik war in Verzweiflung umgesprungen, Feuchtigkeit sammelte sich in seinen Augen als er auf die Leiche starrte.
    Die Chiss wandte sich dem Schreibtisch zu, öffnete die Holzverkleidung und zog die Schubladen heraus. „Also ich weiß nich' was du machst, aber ich seh'zu dass'ich hier verschwinne“, wandte sie sich dem Mann zu während sie den Inhalt des Schreibtischs durchwühlte und Dinge, die ihr nützlich erschienen in den vielen Taschen ihrer Hose verschwinden ließ; Chips, Sticks, Lesegeräte.
    Entgeistert starrte Wetware sie an. „Du machst... was?! Das ist nicht dein Ernst! Scheiße, das kannste nicht machen, wir brauchen dich hier! Gerade jetzt!“.
    Trigger seufzte gereizt und knallte eine der Schubladen zu, legte die Hände flach auf die Holzplatte des Tischs und lehnte das Gewicht ihres Oberkörpers darauf. „Wetware, 's gibt kein verdammtes wir mehr! Die Lady is' tot un's wird zwei, vielleicht drei Tage dauern, dann is'hier verfluchter Krieg! Un's wird keine saubere Angeleg'nheit mit Armeen un' Regeln. 's wird allerhässlichstes Goss'ngeschlachte. Mir fall'n auf Anhieb minnest'ns fünf Leute ein die im Tod der Lady ihre große Chance seh'n hier'was an'sich zu reiß'n. Fünf Leute, die verdammt dicke Eier un' verdammt üble Schläger hab'n. Un'die werd'n keine Rücksicht auf dich nehm'n. Oder auf mich. Oder auf sonstwen. Die werd'n hier aufräum'n. So lange bis nur'noch einer von ihn'n steht. Ich weiß nich' ob'du unner den Leich'n sein wirst. Oder ob'de Glück has' un' überlebst. Aber ich weiß dass ich zu'dem Zeitpunkt 'n Hauf'n Lichtjahre zwisch'n mich un'den Sturm gebracht hab'n werde!“
    Der Mann sah sie an wie ein getretener Hund. Trotz seiner Größe wirkte er klein, hilflos.
    Sie fühlte seinen Blick im Nacken als sie sich an ihm vorbei schob, die Tür entriegelte und schnellen Schrittes den Gang zum Hangarbereich entlangstiefelte. Sie drehte sich nicht um.


    Wenige Minuten später stand Trigger in der geöffneten Ladeluke der Bumblebee. Sie hatte eine außerordentliche Startgenehmigung angefordert von der sie wusste dass es nicht lange dauern würde bis die Genehmigung erteilt würde, zumindest, wenn der Tod der Frau, die dafür regelmäßig einen Haufen Credits hinblätterte, noch nicht bekannt geworden war, aber davon war auszugehen. Doch bevor sie das Schiff in den Himmel schickte, gab es noch etwas zu tun, nur eine Kleinigkeit.
    Sie zog ihr Com aus dem Werkzeuggürtel. Der Stick der Lady mit all ihren Daten und Kontakten steckte in der Hauptkonsole des Schiffs. Die halbe Million Credits die sich darauf befunden hatten, hatte Trigger bereits auf ein dutzend Blancochips umgebucht.
    Sie lehnte sich mit der Schulter gegen den Durastahl des Türrahmens und wählte die Nummer die sie in den Daten des Sticks unter B gefunden hatte. Baroggha der Hutte, die einzige Person in der ganzen verdammten Galaxis, vor der die Lady hatte ducken müssen.
    Die Stimme am anderen Ende war weiblich, hell und kultiviert, sehen konnte sie die Person nicht da sie das Combild beidseitig unterdrückt hatte.
    „Nar Chunna In- und Export, Hauptzentrale. Wie können wir Ihnen behilflich sein?“
    „Ich will Baroggha sprech'n.“
    Unangenehm klang das darauf folgende Lachen in den Ohren der Chiss nach. Es war viel zu hoch, gekünstelt und unverhohlen arrogant.
    Verzeihung, Ma'am, aber Sie haben es nicht einmal für notwendig erachtet mich wissen zu lassen wer Sie sind und Mister Baroggha ist ein vielbeschäftigt...“
    „Quatsch nich' dumm rum!“ Unterbrach Trigger die Frau gereizt. „Ich ruf im Nam'n der Lady an. 's geht'um das Gespräch von'vor ner halb'n Stannardstunne. Sag'n Sie ihm, 's geht um'den Deal.“
    Einen Moment herrschte am anderen Ende der Leitung Stille. Dann ein sehr knappes „Warten Sie einen Moment“, gefolgt von erneuter Stille.
    Hinter sich im Inneren des Schiffs nahm die Chiss das Piepen der eintreffenden Startgenehmigung wahr, doch sie blieb stehen, blickte in den Hangarraum hinaus und wartete.
    „Was will die Lady noch bereden? Der Deal ist abgeschlossen, es führt kein Weg drum herum!“ drang auf einmal die widerlich feuchte tiefe Stimme Barogghas auf Huttese an ihr Ohr. Sie verstand diese Sprache halbwegs, wenn es ihr auch schwerfiel die seltsamen Laute selber auszusprechen, man lebte nicht über ein Jahr auf Nar Chunna ohne sich wenigstens ein bisschen Huttese anzueignen.
    „Du irrst dich. 's gibt ein'n Weg drumrum. Die Lady is' tot, der Deal is' geplatzt“, sagte sie ruhig auf Basic in das Com, zog sich den Knopf aus dem Ohr und schmiss das Gerät ohne eine Antwort abzuwarten in den Hangar. Mit einem kühlen Lächeln schloss sie die Ladeluke. Es wurde Zeit, die Bumblebee zu den Sternen zu bringen.


    Es dauerte nicht einmal eine halbe Stunde, bis die Sprungtriebwerke der Bumblebee unter lautem Turbinendröhnen anfuhren. Ein Zittern ging durch das alte Schiff als die Sterne vor dem großen Frontfenster in einer leuchtenden Schlierenspur anzeigten dass der Normalraum dem Hyperraum wich.
    Trigger beobachtete mit einem konzentrierten Stirnrunzeln die Anzeigewerte auf der Hauptkonsole, der Andruckabsorber war wieder einmal mit einer Verzögerung von 0,3 Sekunden angesprungen. Das war kein dramatischer Messwert bei einer Toleranz von einer ganzen Sekunde, aber sie fand den Fehler einfach nicht, obwohl sie das gesamte Schiff mehrfach bis auf die kleinste Schraube untersucht hatte. Mit der Verzögerung weiterzufliegen war verflucht riskant. Den Ausfall des Absorbers würde man nur genau einmal mitmachen, die Hyperraumbeschleunigung würde einen einfach zerquetschen und die Eingeweide in einem abstrakten Muster auf der Brücke verteilen.
    Leise seufzend kaute die Chiss sich auf der Unterlippe herum, strich zärtlich mit den Fingerspitzen über die Konsole. Sie liebte die Bumblebee, das alte Schiff war ihr einziger Freund über die letzten Monate gewesen. Mit Leuten kam sie nicht zurecht, sie machten sie nervös und aggressiv, sie verstand die meisten ihrer Handlungen nicht, ihre Motive. Sie logen, sie betrogen. Sie waren falsch! Aber das Schiff; seine Kabel, seine Schaltkreise, das verstand sie. Es war logisch, es war gleichbleibend, etwas, worauf man sich verlassen konnte. Technik war aufrichtig, ehrlich!
    Sie fuhr sich mit der Hand durch die kinnlangen, zu wächsernen Dreads gedrehten Haare und schüttelte den Gedankengang ab. Routiniert löste sie die Sitzgurte und durchquerte mit zügigen Schritten das kleine Schiff. Mit einem gezielten Tritt entfernte sie die Abdeckplatte des Verteilerschachts, die sie vor ihrem Abflug nur festgeklemmt, nicht wieder verschweißt hatte. Sie ließ dich auf die Knie fallen, ihr Arm verschwand in dem dunklen Loch, tastete in dem Schwarz herum bis sich ihre Finger um den Metallgegenstand schlossen, den sie suchte. Fluchend ruckelte sie daran herum, der Start des Schiffes musste ihn so stark an die Wand gepresst haben, dass er sich in der Metallverstrebung der Außenwand verkeilt hatte. Es dauerte Minuten, doch die Chiss war beharrlicher als die Wand, Metall schabte über Metall, dann war der Gegenstand frei. Sie zog ihn heraus und legte ihn sich auf die Knie, betrachtete ihn nachdenklich.
    Die Westar 2-17 war kein wirklich gutes Scharfschützengewehr, der Schuss wurde beim Abfeuern viel zu wenig in Rotation versetzt um auch bei schwierigen Bedingungen genau zu bleiben. Aber es hatte gereicht. Es hatte reichen müssen denn es war das Einzige, was zur Verfügung stand. Trigger lächelte eisig. Aber es waren ja keine schwierigen Bedingungen gewesen, nur eine Glasscheibe.
    Sie packte die Waffe am Lauf, erhob sich und machte sich auf den Weg zur Abfallluke, um sie auf ihre letzte Reise in die Weiten des Alls zu schicken.



    "You cannot survive without that intangible quality we call heart. The mark of a top player is not how much he wins when he is winning but how he handles his losses. If you win for thirty days in a row, that makes no difference if on the thirty-first you have a bad night, go crazy, and throw it all away."
    (Billy Baldwin)

    Sabacc-Bildkarten II: The Star


    You have it in your power to turn a bad-beat around simply by realizing this simple truth: The more bad beats you encounter, the luckier you are. It's a sign that you are playing against opponents who continually take the worst of it, and if you can't beat someone who always takes the worst of it, you can't beat anyone.
    (Lou Krieger)


    Sie wurde aus ihrem Dämmerzustand gerissen als etwas Schweres gegen ihren Unterschlupf aus lose gestapelten alten Plastahl-Werbetafeln prallte und sie über ihr zusammenbrechen ließen, stechender Schmerz fuhr durch ihre linke Körperhälfte.
    Für einen kurzen Moment – wie immer wenn sie erwachte – fehlte ihr jegliche Orientierung, doch dann schlug die Realität wie mit Faustschlägen auf sie sein: Sie war niemand. Das wann und wo spielten keine Rolle.
    „enhaft schö“ teilte der Teil einer Werbetafel ihr in grau angelaufenen Buchstaben mit, dessen scharfkantige, abgesplitterte Ecke sich tief in das weiche Fleisch ihrer linken Seite gebohrt hatte, untermalt von dem Ausschnitt eines beinahe verzweifelt glücklich lächelnden Mundes, dessen einstmals blendend weiße Zähne und knallrote Lippen gräulich vom Alter geworden waren und schmutzigbraune Flecken aufwiesen, dort wo die Farbe abgeplatzt war.
    Sie schmeckte bittere Galle in ihrem Mund, als ihre Hand schmierige Feuchtigkeit am Zentrum des Schmerzes ertastete. Ihre Finger schlossen sich um das große Stück Plastahl und zogen daran, ihr schmerzgepeinigtes Stöhnen ging im Peitschen von Schüssen und wild durcheinander brüllenden Stimmen irgendwo jenseits ihres Unterschlupfs unter.
    Eine Weile konnte sie sich nicht regen, Schwindel erfasste sie, ihr eigenes Würgen hinderte sie zwar daran, das Bewusstsein zu verlieren, doch spürte sie, wie bei jeder Verkrampfung Blut aus der Wunde an ihrer Seite quoll.
    Die Stimmen beruhigten sich etwas, sie konnte wahrnehmen dass eine raue Unterhaltung stattfand, ohne in der Lage zu sein, ihre Bedeutung zu erfassen. Schwere Schritte näherten sich ihrem Versteck, wieder ein Rumpeln und Scheppern als ein Gewicht von den Platten gezerrt wurde, die abermals ins Rutschen gerieten.
    Mit verschwommenem Blick vor Schwindel und Übelkeit konnte sie durch eine Lücke in den Werbetafeln sehen, wie ein grobschlächtiger Kerl einen anderen weitaus schmaleren Mann an den Haaren gepackt hielt und von ihn von ihr wegzerrte. Die entstehende Blutspur zeigte an, dass der Kleinere stark verletzt war, wenn auch seine schwache Gegenwehr davon zeugte, dass er noch lebte.
    Sie blinzelte einige Male, langsam, um den Schleier von ihrer Sicht zu vertreiben. Allmählich gelang es ihr auch, aus den Stimmen Worte zu erkennen, Sätze, einen Sinn.
    „Creds. Das ist es doch was ihr wollt. Ich habe welche. Ihr könnt sie haben! Wirklich, ich bin reich!“ winselte der kleinere Mann mit sich vor Panik überschlagender hoher Stimme.
    „Dafür isses zu spät, hättest lieber die Lady bezahlen sollen als de noch die Gelegenheit dazu hattest. Jetzt willse deinen Kopf un niemand is dumm genug sich mit der Lady anzulegen“ grollte der Klotz schmutzig nuschelnd. Er ließ den anderen los, der auf dem Beton zusammenbrach.
    Da waren noch andere, zwei. Sie konnte die Füße sehen. Schwere Stiefel, Beine die in weiten Armeehosen verschwanden.
    Der schmale Mann, ein Bündel Elend, wimmerte wieder, unverständlich, doch es brach abrupt ab als drei schnelle Blasterschüsse sein von Rotz und Tränen verschmiertes Gesicht zerfetzten.
    „Wir solln hier warten, Banjo. Die Lady is auf dem Weg.“ Eins der Beinpaare. Er klang jung. Näselnd, vielleicht verschnupft.
    Der Klotz, Banjo wohl, denn er nickte in die Richtung der anderen, kniete sich zu dem blutenden Bündel zu seinen Füßen herunter, legte seinen Blaster auf den Boden und begann die Taschen seines Opfers zu durchwühlen. „Für dreitausend Creds warten wir. Kein Problem, das...“ sein Blick richtete sich beim Umsehen auf den Plastahl-Haufen, die wulstigen Augenbrauen zogen sich finster zusammen. „Scheiße, wir ham nen Zeugen!“ Er giff nach seinem Blaster und richtete die Mündung in ihre Richtung. „Steht da nicht rum wie beschissene Anfänger, kümmert euch darum“ blaffte er, gefolgt von dem Geräusch zwei Paar schwerer Schritte, die sich ihr schnell näherten.
    Sie kniff die Augen zusammen als die Platten von ihr herunter gerissen worden. Es war nicht hell in dem nie fertiggestellten Hochhausrohbau. Es war hier nie hell, denn es gab keinen Strom. Doch es war heller als in ihrem kleinen Versteck und sie war empfindlich genug dass der Unterschied ihr Schmerzen bereitete.
    „Huttenscheiße, was isn das?!“ Eine ihr bisher unbekannte Stimme, brüchig, unangenehm schrill. „Hat von euch schonmal wer ne blauhäutige Spicenutte gesehn?“ Die grellen Punkte vor ihren Augen stellten langsam ihren Tanz ein und sie konnte den Sprecher ausmachen. Ein menschliches Gesicht, aufgedunsen von zu vielen Drogen, teigig weiß.
    „Alter, die Augen!“ schräg hinter dem anderen, wieder die Stimme des Jungen, gefolgt von einem Schniefen. Sie wusste nicht wie hübsche Menschen aussahen aber sie konnte sich vorstellen dass das einer war. Sein Gesicht war markant aber glatt, die Augen von einem warmen Braun. Nur die wunde, rote Nase störte den Gesamteindruck ein wenig.
    Sie stöhnte auf, als sie sich auf die Knie rollte, die linke Hand immer noch auf die Wunde auf ihrer Seite gepresst, als könne sie die Blutung stoppen.
    „Is mir scheißegal ob se blau is oder grün oder gestreift oder gepunktet! Isn Zeuge, knallt se ab“ bellte der Klotz.
    Der Aufgedunsene griff nach seinem Blaster an seiner rechten Seite. Verwundert bemerkte sie, wie ihr Körper sich straffte, ihre Beinmuskeln spannten sich und brachten sie in einer fließenden Bewegung zum Stehen, ihre blutverschmierte linke Hand griff nach der Hand des Mannes, kaum dass er die Waffe gezogen hatte, umschloss sie mit eisernem Griff und schmetterte sie mit Wucht, den Blasterkolben voran, dem Hübschen ins Gesicht.
    Beide Männer schrien auf, vor Schmerz der eine, vor Überraschung der andere. Der Hübsche taumelte zurück, beide Hände auf das Gesicht gepresst, rotziges Blut drang zwischen seinen Fingern hervor und sein Schrei verebbte in einem jammernden Weinen.
    Adrenalin flutete ihr Hirn, spülte den Schmerz weg, die Verwirrung, sogar die Leere, die sie für allgegenwärtig gehalten hatte. Längst vergessen geglaubte Instinkte übernahmen von ihrem Körper Besitz, eins ihrer Knie rammte sich in die Niere des Aufgedunsenen, ihre rechte Hand packte ihm im Nacken, sie machte einen Schritt zur Seite und rammte seinen Kopf gegen die Ecke einer der Plastahl-Platten. Sie packte den Hübschen, noch bevor der leblose Körper des Aufgedunsenen zu Boden ging und schirmte mit ihm die Blasterschüsse des Klotzes ab. Sie spürte die Einschläge, spürte wie ihr Schutzschild schwerer wurde als das Leben aus ihm wich.
    Mit dem Wissen, er würde nicht rechtzeitig auf die Beine kommen um sich in Deckung zu bewegen, in eine Position, die ihn retten würde, machte sie einige schnelle Schritte auf den Klotz zu.
    Achtlos ließ sie den Körper des Hübschen fallen, als sie den Mann erreicht hatte. Er hatte ihr gute Dienste geleistet, keiner der panisch abgefeuerten Blasterschüsse hatte eine Chance gehabt, ihren Schutz zu überwinden, doch jetzt war er nutzlos, hinderlich.
    Es knackte trocken als sie den Waffenarm des Mannes nach unten drückte und gleichzeitig mit Wucht gegen seinen Oberarm trat, das Geräusch weckte eine unbekannte Genugtuung in ihr, erschreckend und erfüllend zugleich.
    Sie beachtete den Blaster in der Hand des Mannes nicht mehr. Sie wusste, er würde ihn nicht mehr abfeuern können, sein Arm war nutzlos geworden. Als der Kochen seiner Nase auf ihrem Knie splitterte hörte sie wie die Waffe neben ihn auf den Boden fiel, nahe genug dass sie ihn problemlos hätte an sich nehmen können um dem ein Ende zu bereiten, aber sie brauchte keine Waffe, wollte keine Waffe.
    Der Klotz sackte in sich zusammen, Warme Nässe breitete sich auf der Hose zwischen seinen Beinen aus, begleitet vom scharfen Geruch von Urin. Sie ließ sich neben ihm auf die Knie fallen, ihre Hand packte fest die Haare an seinem Hinterkopf und schmetterte seinen Schädel auf den harten Boden. Wieder und wieder kollidierten Knochen und Beton, verwandelten sein Gesicht in eine blutige mit weißen Splittern gespickte Landschaft. Sie ließ ihn erst los, als er lange tot war.
    Der Schmerz kehrte zurück, und mit ihm das Gefühl der Leere. Sie krümmte sich zusammen, stützte die Hände auf den blutverschmierten Boden, hustete. Sie wusste nicht, wie viel Blut von ihr war, aber sie spürte, dass es zu viel war, dass sie nicht überleben würde. Dennoch spaltete ein rohes Lächeln ihre Lippen. Ja, sie würde hier sterben, in den Slums von Nar Chunna, vergessen und allein, dachte sie, als die Ohnmacht unnachgiebig nach ihr griff. Aber einen Moment vorher, da hatte sie sich das erste Mal in ihrer ganzen verdammten Existenz wirklich lebendig gefühlt!


    Geräusche durchdrangen das Schwarz was sie umgab, weit weg scheinend, gedämpft, als würde Glaswolle ihre Ohren verstopfen. Rote tanzende Lichter brannten sich in ihre Netzhaut und sie brauchte eine Weile zu begreifen, dass es die Farbe des Blutes auf dem Boden war, dass sie zumindest halbwegs das Bewusstsein wieder erlangt hatte und ihre Augen offen waren.
    Stöhnend versuchte sie den Kopf zu heben. Ein Bläschen aus Blut und Speichel kitzelte ihre Oberlippe, es wuchs, während sie ausatmete, zerplatzte dann. Sie gab auf. So sehr sie sich anstrengte, es gelang ihr nicht genug Kraft in ihre Nackenmuskeln zu legen.
    Klack... klack... Schritte. Dünne Absätze, die auf den Beton trafen. Verstärkt und zurückgeworfen von den nackten Wänden des Rohbaus.
    Etwas Kaltes in ihrem Nacken. Ein Blasterlauf. Eine Stimme hinter ihr, männlich, tief und ruhig „Hier lebt noch was, Lady.“
    Klack... klack... klack... die Schritte näherten sich. Kamen kurz vor ihr zum Stehen. Ein gequältes Ächzen bahnte sich den Weg durch ihre blutverschmierten Lippen als sie noch einmal mit aller Macht versuchte den Kopf zu heben. Zitternd stützten ihre Hände sich auf der schleimigen Schicht auf dem Boden ab. Jetzt gelang es ihr, wenige Zentimeter nur. Verschwommen konnte sie rote Pumps ausmachen, dunkler als das Blut in dem sie standen. Die Beine der Person waren schlank, haarlos und steckten in einer dünnen Schicht Perlon. Der linke Schuh schob langsam, begleitet von einem feucht schmatzenden Geräusch, den Blaster des Klotzes aus ihrer Reichweite. Sie konzentrierte ihren Blick auf die Spur die er in dem Rot hinterließ, kniff die Augen zusammen, versuchte, klar zu sehen, wenigstens diese eine Linie deutlich zu erkennen.
    „Was für ein erbärmlicher Haufen Elend“, eine Frauenstimme. Melodisch aber abweisend, kalt. Den Akzent im Basic konnte sie nicht einordnen, aber er verlieh dem Ton etwas Arrogantes.
    Der Druck des Blasterlaufs verstärkte sich „Ein Wort von Ihnen und es ist ein toter erbärmlicher Haufen Elend, Lady.“
    Stille, lange Zeit. Das leise Rascheln synthetischem Stoffs verriet ihr dass die Frau vor ihr sich regte. Ein gereiztes Seufzen. „Nein. Noch nicht.“
    Die Frau ging in die Hocke, Knie schoben sich in ihr Blickfeld, Beine, schlank, die in einem kurzen engen Rock von der gleichen Farbe der Pumps verschwanden. Eine feingliedrige Hand mit ebenso rot lackierten Fingernägeln kam auf sie zu, die Finger legten sich unter ihr Kinn, kühl, halfen ihr mit sanftem Druck, den Kopf zu heben. Trotz der Unterstützung verlangte die Bewegung ihr ein angestrengtes Krächzen ab.
    Sie blickte in das schöne aber vollkommen künstlich wirkende Gesicht einer Menschenfrau dessen Alter nicht zu bestimmen war. Zu viel Make-Up verbarg wie die Person da drunter wohl aussehen mochte. Der glänzend rot geschminkte Mund formte ein überraschtes O, als die Frau den Kopf schief legte und sie ansah, doch die Überraschung wirkte gekünstelt, selbst die Art wie die blond gewellten langen Haare ihr ins Gesicht fielen als die Frau den Kopf bewegte machte den Eindruck, einstudiert zu sein.
    „Kannst du mich hören? Verstehen?“
    Ein Nicken, schwach.
    „Du hast diese Männer getötet, nicht wahr?“
    Wieder ein Nicken.
    „Sie haben für mich gearbeitet, weißt du?“ Etwas Bedrohliches schlich sich in die melodische Stimme der Frau.
    Sie reagierte nicht. Selbst wenn sie hätte sprechen können, was hätte sie sagen sollen?
    Die Frau seufzte unwirsch, zog die Hand weg. Ihr Kopf sackte wieder auf die Brust, zu schwer ihn aufrecht zu halten. Sie konnte hören wie die Frau sich wieder aufrichtete und ein leises, nachdenkliches „Hm...“ murmelte.
    Dann, nach einer Weile: „Weißt du überhaupt, wer ich bin?“
    Der Versuch eines Nickens. Natürlich wusste sie wer die Lady war. Jeder in diesem Teil Nar Chunnas wusste das. Sie war an jedem Cred beteiligt, der hier floss. Sie drückte Anteile an irgendeinen Hutten ab, aber sonst war sie ihr eigener Herr. Die unangefochtene Königin des Viertels.
    „Und wie ist dein Name?“
    Wieder wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Ihren Namen hatte sie in einem Hangar viele Lichtjahre von hier entfernt unter ihrem Stiefel zermalmt. Wie lange war das her? Monate?
    Ihr Blick war auf den Blaster des Klotzes gerichtet, der dort im Blut lag, gerade außerhalb ihrer Reichweite. Ein viel zu weiß leuchtender Knochensplitter klebte an seinem Abzug, stach hervor aus dem Rot, zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    „Ich fragte, wie dein Name ist!“ Kühl schwingende Ungeduld verzerrte nun die Melodie der Frauenstimme.
    „Trigger“, krächzte sie, den Blick auf den Abzug der Waffe geheftet, ihre Stimmbänder schmerzten, zu lange hatte sie nicht mehr gesprochen.
    „Also gut, Trigger.“ Ein rechteckiger Gegenstand landete mit einem leise schmatzenden Geräusch knapp neben dem Blaster im langsam gerinnenden Blut. Digitale Zahlen darauf zeigten eine Drei, gefolgt von drei Nullen. „Das ist für dich. Ich bin hierhergekommen um für einen erledigten Auftrag zu bezahlen und ich sehe keinen Grund, warum ich davon abweichen sollte.“
    Trügerische Wärme färbte die Stimme der Lady samtig als sie weitersprach. „Aber ich bezweifle, dass du damit viel anfangen kannst. Du stirbst nämlich. So eine Bauchwunde ist eine unschöne Sache. Es dauert Stunden, vielleicht Tage, aber letztendlich kannst du nichts tun, um es aufzuhalten. Zumindest nicht ohne Kolto.“
    Wieder nickte sie. Sie hatte abgeschlossen, vielleicht vor Monaten schon. Dass ihr Körper nun aufhören würde zu funktionieren war nur eine logische Konsequenz.
    „Ich habe Kolto, Trigger.“ Immer noch diese falsche Wärme. „Ich kann dein Leben retten. Du brauchst nur zu nicken. Natürlich schuldest du mir dafür etwas.“
    Die drei digitalen Nullen und die Drei tanzten vor ihren Augen eng umschlungen mit dem Abzug und dem Knochensplitter. Hier sterben, ganz Teil der Leere werden, die ihr so vertraut war, es war verlockend. Einfach loszulassen, zu warten bis es vorbei war. Und doch... die Erinnerung daran wie lebendig sie sich gefühlt hatte als die drei Männer starben, wie erfüllend das Geräusch brechender Knochen in ihren Ohren gehallt hatte...
    Langsam tastete sich ihre Hand zu dem Creditchip vor, umfasste ihn, ballte sich zur Faust. Sie schloss die Augen und nickte.
    „Wunderbar! Dann, Trigger, habe ich einen Job für dich.“ Sie konnte das eisige Lächeln auf dem Gesicht der Frau sehen als der Mann hinter ihr unter ihre Arme griff und ihren Körper auf die Beine zog.
    Sie hatte wieder einen Namen. Sie war nun Trigger. Und sie würde leben. Diese Gedanken nahmen sie an der Hand und begleiteten sie in die Ohnmacht. Die Leere schlossen sie aus.



    Life is like a game of cards. The hand that is dealt you is determinism; thou the way you play it is free will.
    (Jawaharlal Nehru)

    Sabacc-Bildkarten I: Demise


    „The strong point in sabacc is never to lose your temper, either with those you are playing with or, more particularly, with the cards. There is no sympathy in sabacc. Always keep cool. If you lose your head you will lose all your chips.“
    (William J. Florence über Poker)


    Ein blau, so hell dass es fast weiß wirkte, war die vorherrschende Farbe der schroffen, unberührt wirkenden Eislandschaft, die unter Tirag'reshk'ashirs Shuttle nur so dahinflog. Selbst das fahle Licht der drei Monde, die auch die kleinste Unebenheit der Oberfläche Csillas in ein Spiel von bleicher Helligkeit und dunkler Schattentiefe tauchten, hatte einen bläulichen Stich.
    Doch die Chiss hatte kein Auge für die eisige Schönheit des Planeten, sie achtete einzig auf die immer wieder aus dem Eis ragenden stählernen Masten, die ihr den Weg wiesen.


    Nachdenklich beobachtete sie das stetige Blinken der Konsolenlichter. Etwas war beunruhigend. Die Nachricht ihres Vorgesetzten hatte sie erreicht kaum dass sie auf der Raumstation ihres Heimatplaneten eingetroffen war, und sie vermittelte den Eindruck oberster Dringlichkeit. Nicht einmal ihren Vorbericht wollte er abwarten, und das erschien ihr mehr als seltsam.
    Auch der Ort des persönlichen Treffens wollte ihr nicht gefallen; üblicherweise kehrte sie nach einer beendeten Operation in die Militärbasis von Csaplar – der Hauptstadt des unterirdischen Reichs Csillas – zurück, wo sie während der vorgeschriebenen zweitägigen Quarantäne für Einzelpersonen die das System verlassen hatten, ihren Vorbericht weiter ausführen und ein wenig Entspannung finden würde ehe sie ihr Briefing für den nächsten Auftrag erhielt.
    Tirag'reshk'ashir lächelte dünn. Quarantäne. Das Wort fühlte sich falsch an für die physischen und psychischen Tests denen ein Agent im Außendienst unterzogen werden musste, wann immer er wieder heimatlichen Boden betrat. Eigentlich ging es darum zu prüfen, ob er weiterhin dem Druck standhalten konnte, als Einzelner in den fremdartigen und barbarischen Welten der Galaxis zu bestehen. Ob er körperlichen oder – schlimmer – geistigen Schaden davongetragen hatte bei seinem Außeneinsatz. Ob er weiter funktionieren oder zu einem Risiko werden würde.
    Mit einer gereizten Handbewegung schob die Chiss diese Gedankengänge zur Seite. Sie funktionierte. Funktionierte immer! Sie war von klein auf zu militärischer Perfektion erzogen worden. Medizinische Behandlungen seit ihrer frühen Kindheit hatten einen Körper geformt der ziemlich nah an das Idealbild eines Soldaten herankam, hormonelle Behandlungen, Drogen und Stims. Sie wusste nicht genau, was die Militärärzte getan hatten um sie zu dem zu machen was sie war. Und sie fragte nicht. Das war nicht ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe war es Befehle zu befolgen.


    Das schrille Piepen des Autopiloten riss Tirag'reshk'ashir aus ihren Gedankengängen. Sie würde ihr Ziel gleich erreicht haben. Mit routinierten Bewegungen flogen ihre Hände über die Konsole, um die schnelle Fahrt ihres Shuttles etwas auszubremsen. Auf dem Radar tauchte die Torstation auf, die ihr Zugang zu den Eingeweiden Csillas gewähren würde – einem Tunnelnetz von Verbindungen all der unterirdischen Städte und Stationen die die Chiss vor Äonen tief in den Stein unter dem Eis getrieben hatten.
    Langsamer näherte sie sich, sendete ihre ID. Mit wenigen Sekunden Verzögerung erhielt sie positive Antwort. Auf dem Radar tauchte die Wärmekennung ihres Shuttles ihr Ziel in tiefrotes Licht als die Tore der Station sich öffneten und einen Teil der sehr viel wärmeren Luft des Inneren in die kalte Außentemperatur entließen.
    Sie fütterte den Autopiloten mit den ihr zugesendeten Shuttleplatzdaten und lehnte sich zurück. Sobald sie gelandet war würde sie die langwierige aber notwendige Prozedur des Eincheckens hinter sich bringen und dann sofort ihren Vorgesetzten in der Militärbasis dieser kleinen Station die sie vorher noch nie betreten hatte aufsuchen.


    Die metallischen Türen zu dem in klinischem Weiß eingerichteten Militärbüro öffneten sich mit einem leisen Zischen, kurz nachdem das System die Kennungsdaten aus dem kleinen Chip in Tirag'reshk'ashirs rechten Oberarm ins Innere geleitet hatte.
    Die Chiss spürte einen Anflug von Nervosität gefolgt von Ärger, als sie über die Schwelle trat. Nervosität weil sie wusste dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war und Ärger über sich selbst, darüber dass sie diese Nervosität verspürte, die an ihren Eingeweiden nagte.
    Die blieb stehen, eine Sekunde, höchstens zwei, drängte diese beiden unwillkommenen Emotionen zurück, dann setzte sie sich mit einem Ruck in Bewegung, vier schnelle Schritte um den Raum zur Hälfte zu durchqueren und am Rand des Elektrotischs stehenzubleiben, hinter dem ihr Vorgesetzter, Verbindungsoffizier Meraj'amre'oran, stand. Er hatte ihr den Rücken zugewandt, den Blick auf den hinter dem Tisch an der Wand befindlichen Bildschirm gerichtet, über den in hoher Geschwindigkeit Textzeilen flackerten, seine Hände auf dem Rücken ineinander verschränkt.
    „Sir!“ Tirag'reshk'ashir salutierte und verharrte in dieser Position während der Mann sich langsam umdrehte.
    Einen Moment lang musterte der Chiss die jüngere, wenngleich einen halben Kopf größere Person, dann nickte er ihr zu. „Rühren, Greshka!“
    Seine Stimme war leise, doch klar und deutlich und fuhr wie Messer in ihre Eingeweide. Greshka! Er hatte sie noch nie bei ihrem Kernnamen genannt, ihren Rang ignoriert. Was stimmte hier nicht?! Die eben noch erfolgreich zurückgedrängte Nervosität meldete sich mit aller Macht zurück, durchflutete ihr Denken wie Wellen, die sich langsam zu einer leichten Panik auftürmten.
    Doch sie hatte sich unter Kontrolle. Körperlich zumindest. Sie war sich ziemlich sicher dass ihr - bis auf ein leichtes Zusammenzucken bei der Nennung ihres Namens – äußerlich nicht anzusehen war, dass man ihren geistigen Zustand im Moment als alles andere als stabil bezeichnen müsste.
    Die Chiss ließ die Arme sinken und atmete langsam und tief durch die Nase ein um Zeit zu überbrücken aus der Befürchtung heraus, ihre Stimme könne nicht fest sein, würde sie sofort sprechen.
    „Sie haben mich hierher bestellt, Sir“, brachte sie nach einer Weile hervor, langsam, auf Neutralität der Tonlage konzentriert. Ihre Stirn war leicht gerunzelt als sie im Gesicht ihres Gegenübers nach Auffälligkeiten suchte.
    Der Verbindungsoffizier deutete mit einer knappen Handbewegung auf einen der Stühle vor dem Elektrotisch. „Setz dich, Greshka“ Langsam, sehr darauf konzentriert, als würde er sich zum ersten Mal setzen, zog der Mann sich selber den Stuhl hinter dem Tisch zurecht und ließ sich nieder.
    Dieses Mal war Tirag'reshk'ashir vorbereitet, ein weiteres Zucken bei der Nennung dieses Namens blieb aus. Mechanisch ließ sie sich auf dem Stuhl nieder, sie legte die Hände auf ihre Knie, höchstens eine minimale Krümmung der Finger hätte darauf schließen lassen dass sie dort nicht locker lagen sondern unter höchster Anspannung.
    „Du wirst Csilla verlassen.“ Meraj'amre'oran wendete seinen Blick ab und richtete ihn auf den im Tisch eingelassenen Monitor.
    „Natürlich, Sir. Wohin auch immer mein Auftrag mich führt“. Erleichtert bemerkte die junge Chiss, dass ihre Stimme vollkommen neutral und sicher klang.
    Sehr langsam schüttelte der Mann den Kopf, weiter auf den Monitor konzentriert. Als er sprach, schwang etwas Fremdes in seinem Tonfall mit. Was war es? Bedauern? „Das meine ich nicht. Du wirst keinen Auftrag bekommen. Du wirst Csilla verlassen. Heute noch. Für immer.“
    Das entsetzte Keuchen war zu schnell da als dass Tirag'reshk'ashir es hätte unterdrücken können. „Sir. Ich verstehe nicht!“ krächzte sie heiser, ihre aufgerissenen Augen wirkten viel zu groß in dem blassblauen Gesicht aus dem beinahe alles Blut gewichen war.
    Mit einem leichten Seufzen wendete der ältere Chiss ihr den Kopf zu. „Ich werde es dir erklären. Weil du es verdient hast. Weil es nicht dein Fehler war.“ Er lehnte sich zurück und faltete die Hände auf seinem Schoß. Das Bedauern in seiner Stimme war nunmehr nicht mehr versteckt oder verschleiert, es war deutlich zu hören. „Bei deinem letzten Auftrag auf Hoth ist etwas...“ der Mann machte eine kurze Pause, suchte nach den richtigen Worten „...nicht nach Plan verlaufen.“
    Die Chiss brauchte nur wenige Sekunden um die Operation noch einmal vor ihrem geistigen Auge durchzugehen. Ein republikanischer Gesandter. Auf diplomatischer Mission zu den Talz. Ihre Aufgabe war es gewesen dass er das Ziel nie erreichen würde. 600 Meter. Ein Schuss. Als sie seinen Körper erreicht hatte und in einer der tiefen Gletscherspalten Hoths verschwinden ließ war er bereits steif gefroren. Keine Zeugen. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Sir. Ich verstehe immer noch nicht.“ Tonlos und flach drangen ihre Worte an ihre Ohren.
    Beschwichtigend hob ihr Gegenüber die Hände, der ungewohnte Anblick eines mitfühlenden Lächelns ließ seine Züge weich wirken. „Du hast Recht. Du verstehst nicht. Du kannst nicht verstehen. Deine Ausführung war zweifellos sauber. Es ist das Ziel, was zu Problemen führt.“ Wieder seufzte Meraj'amre'oran leise. „Der Mann war ein imperialer Agent. Wir haben es zu spät erfahren.“
    Ruhig blickte der Mann Tirag'reshk'ashir an, wartete ab, beobachtete wie die Bedeutung dessen was er gerade gesagt hatte in ihr Gehirn einsickerte. Dann sprach er weiter, jetzt nüchtern und professionell, die Emotionen aus seinem Ton verbannt. „Wir haben unwissentlich eine geheime Operation unserer Verbündeten sabotiert. Dass wir nicht ausreichend informiert waren, dass unsere Absichten im Sinne des Imperiums lagen, all das spielt keine Rolle. Wir haben versagt, und dieses Versagen verlangt nach einem Opfer. Als das ausführende Organ in dieser unrühmlichen Angelegenheit wirst du dieses Opfer bringen. Das ist es was Csilla von dir erwartet.“
    Lange Zeit war es still in dem Büro, während sich der Verbindungsoffizier und die junge Soldatin über den Tisch hinweg ansahen.
    Er konnte in ihrem Gesicht deutlich die Emotionen sehen die sie überwältigen: zuerst abstreitend, protestierend, dann begreifend, schlussendlich resignierend. Er ließ sie gewähren, unterbrach sie nicht, verachtete sie nicht für das, was sie empfand. Deswegen hatte er sie hierher gerufen, zu einem Gespräch unter vier Augen. Um ihr zu ersparen diesen Moment vor anderen ausbreiten zu müssen. Sie war immer ein guter Soldat gewesen, 15 lange Jahre, professionell und ergeben. Sie hatte es verdient dass man sich so an sie erinnerte und nicht als jemanden, den die Welt jenseits Csillas gebrochen hatte.
    Meraj'amre'oran nickte der Chiss knapp zu, eine Geste des Respekts, als er erkannte dass sie allmählich die Kontrolle wiedererlangte.
    „Wo werde ich zu meiner Hinrichtung erwartet?“ Ihre Stimme war nüchtern, Minuten später, ihr Gesicht zeigte nur noch steinerne Leere.
    Der Verbindungsoffizier schüttelte den Kopf. „Keine Hinrichtung. Es war unsere Operation und so obliegt es uns, ein Urteil zu fällen.“
    „Also werde ich verbannt. Ich würde den Tod vorziehen, das wissen Sie, Sir.“
    Der Mann atmete langsam tief ein, erwiderte ihren ausdruckslosen Blick, schüttelte wieder leicht den Kopf. „Nein, keine Verbannung. Nicht wenn du Csilla verlässt. So viel konnte ich für dich erreichen. Ein Bann tritt erst in Kraft, solltest du je wieder zurückkehren. Nur aus dem Militär wirst du entlassen.“
    Tirag'reshk'ashir nickte, eine mechanisch wirkende Geste. Natürlich wusste sie dass es einen Unterschied machte. Dass sie Chiss bleiben würde. Dass ihr Vorgesetzter mit dieser Feinheit alles für sie erreicht hatte, was er in dieser Situation erreichen konnte. Sie wusste es, aber sie fühlte es nicht. Sie fühlte nur eine Leere, die sich in ihr ausbreitete, die alles fraß was je von Bedeutung war und nichts zurückließ. Dennoch nickte sie. „Ich verstehe, Sir. Wohin soll ich gehen?“
    Meraj'amre'oran stand auf, die Hände schwer auf den Elektrotisch gestützt. „Diese Frage kann ich dir nicht beantworten. Mein letzter Befehl an dich lautet, dass du Csilla verlässt. Dein Schiff steht für dich bereit, alle Genehmigungen sind bereits erteilt. Wohin du gehst...“ er richtete sich auf und zuckte mit den Schultern. „...liegt ganz alleine in deiner Hand. Ich wünsche dir viel Glück. Es war mir eine Ehre.“ Der Verbindungsoffizier straffte sich und salutierte.
    Automatisch stand die Soldatin auf, stand stramm und salutierte ebenfalls, ein letztes Mal in ihrem Leben. Dann drehte sie sich wortlos auf dem Absatz um und verließ das Büro, die Station, den Planeten.


    Tirag'reshk'ashir stand vor der Rampe zu ihrem Schiff und starrte unschlüssig auf das dunkle Loch des Eingangs, das wenige Meter vor ihr klaffte.
    Sie befand sich zwar nicht mehr auf dem Planeten, doch die orbitale Raumstation über Csilla galt natürlich noch als csillischer Boden. Ein Schritt noch, ein einziger Schritt, trennte sie davon, für immer ihre Heimat zu verlassen.
    Frustriert fuhr sie sich mit der Hand durch die kurzen Haare, legte sie in ihren Nacken und umklammerte ihn fest. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wohin sie gehen sollte. Sie hatte die Militärschule besucht seitdem sie vier war. War in den aktiven Dienst eingetreten, kaum hatte sie das neunte Lebensjahr erreicht. Sie war nichts anderes als das, was man nun von ihr verlangte hier zurückzulassen.
    Sie bückte sich und zog ein Messer aus ihrem Stiefel, per Knopfdruck versetzte sie die Klinge in Vibrationen. Die Zeit dehnte sich, sie hätte nicht sagen können ob sie Sekunden oder Stunden auf den kalten Stahl sah, der die Lichter des Hangars verzerrt reflektierte.
    Ihre Zähne schmerzten als sie die Kiefer fest aufeinander presste, mit einem schnellen Schnitt spaltete sie den schweren Stoff ihres Hemdsärmels und trieb die Klinge dann tief in ihren rechten Oberarm, begleitet von einem unterdrückten Stöhnen.
    Sie ließ das Messer fallen und versenkte Daumen und Zeigefinger der linken Hand in der klaffenden Wunde. Blut rann über ihren Arm und ein metallischer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus, als sie den Identitätschip des Militärs von Csilla ertasten konnte. Sie hieß den Schmerz willkommen, der ihr Tränen in die Augen trieb, er füllte die Leere. Sie schrie gepresst auf, ihre Finger rutschten mehrfach ab, doch dann schaffte sie es, den Chip aus ihrem Fleisch zu ziehen.
    Er machte kein Geräusch, als er auf dem kalten grauen Boden des Hangars aufkam. Er prallte auch nicht ab, dafür war er zu klebrig vor Blut und Muskefaserresten.
    Sie senkte den Kopf, das Bild, wie der Chip silbern und rot das Licht der Hangarbeleuchtung spiegelte würde sich für den Rest ihres Lebens in ihr Gehirn brennen. Er knirschte unter ihrer Sohle als sie den Schritt machte der sie aufhören ließ Tirag'reshk'ashir zu sein. Ohne sich umzudrehen ging die nun namenlose Chiss die Rampe hoch und ließ sich verschlingen. Von der Dunkelheit des Schifssinnenraums und von der Leere in ihrem Inneren.


    The sabbac player learns that sometimes both science and common sense are wrong; that the bumblebee can fly; that, perhaps, one should never trust an expert; that there are more things in heaven and earth than are dreamt of by those with an academic bent (David Mamet über Poker)