"The Darkest Enemy" Act 1: Coruscant - Chapter 1




  • „Ich hätte nie gedacht, dass es so endet…“



    „Die Macht ist stark in uns. Es muss nicht das Ende sein…“



    Gewaltige Hochhäuser und schillernde Neonreklamen zogen an ihr vorbei. Sie nahm es kaum wahr. Ihre blassen, blauen Augen lagen gedankenverloren auf dem schönen, jugendlichen Antlitz der durchsichtigen Frau, die ihre Mimik so perfekt nachahmte. Hinter den welligen Strähnen, die ihr im bleichen Antlitz lagen, sah sie so vieles… Stolz, Mut, Zuversicht… Unsicherheit… Furcht…


    „Rheyya?“


    Sie fühlte eine sanfte Berührung auf ihrer Schulter. Ihr Blick wandte sich endlich von ihrer eigenen Spiegelung im Fenster des Gleiters ab. Sie sah in das Gesicht von Velkarn, der neben ihr auf der Rückbank des Taxis saß. Mit forschenden Iriden musterte er seine Schwester. „Alles in Ordnung? Seit wir von Tython aufgebrochen sind, scheinst du mit dem Kopf ganz woanders zu sein.“ Rheyya nahm sich eine Sekunde, um seine Worte im Geiste zu verarbeiten, dann schüttelte sie sachte den Kopf. „Schon in Ordnung“, antwortete ihre tiefe, klare Stimme. Sie besaß einen sehr angenehmen Klang.


    Velkarn hob skeptisch die Brauen. „Ich kenne dich, seit du geboren wurdest, Schwesterchen. Denkst du ich weiß nicht, wann du besorgt bist?“, bohrte er nach. Kurz presste sie die Lippen aufeinander. Sie wandte den Blick ab, schob sich das Haar ein wenig aus dem Sichtfeld. „Wir wurden kaum zu Rittern des Ordens ernannt…“, sprach sie dann und machte eine kurze Pause, „Und jetzt habe ich schon das Kommando über ein Einsatzteam…“ Sie seufzte kaum hörbar, schüttelte den Kopf. „Ich wollte das nicht.“


    „Ich schon.“ Velkarn seufzte ebenfalls. „Aber jetzt hast du den Posten, Schwesterchen. Das ist eine große Ehre. Du hast den alten Leuten sehr imponiert.“ „Sicher…“, entgegnete Rheyya nur, wenig motiviert. Sie war noch jung, nicht einmal 21 Jahre alt und bekam bereits eine derartige Verantwortung auferlegt. So sehr sie auch versuchte, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten und ihre Angst in die Macht abzugeben, es wollte ihr nicht gelingen. Velkarn stützte die Arme auf seine Knie, um Augenkontakt herzustellen. „Rheyya… Viele, ich mitinbegriffen, würden eine Menge dafür geben, um solch eine Ehre zu erhalten. Hör auf, dir Sorgen zu machen. Du schaffst das.“ Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Und außerdem hast du immer noch mich, um dir unter die Arme zu greifen, wenn du es verbockst.“


    Rheyya verzog den Mund und schaute ihn kritisch an, musste dann jedoch leise lachen. Sie wandte den Blick von ihm ab, konzentrierte sich wieder auf die vorbei rauschende Aussicht. Velkarn ließ seinen Hals knacken. „Wo wollte sich dieser Kerl noch mal mit uns treffen?“, erkundigte er sich. „In den unteren Ebenen… an einem Ort, den man ‚Dagger Cantina‘ nennt“, antwortete Rheyya und beobachtete die vielen verschiedenen Gleiter, die zwischen den Türmen Coruscants hin und her sausten.


    Velkarn murrte abschätzig. „Ich verstehe immer noch nicht, warum du einen Piloten von zweifelhaftem Ruf anheuern willst…“ „Wir werden Kriegsgebiete betreten, auch welche, die vom Imperium besetzt sind. Bei einem Schmuggler würde man nie damit rechnen, dass er ein Jedi-Kommando transportiert.“ „Ich lege nicht unbedingt gern mein Leben in die Hände eines Verbrechers, der sich nur für seine Bezahlung interessiert.“ „Er wird uns am Leben halten. Den Großteil der Bezahlung bekommt er erst am Ende unserer Zusammenarbeit.“ Velkarn hob die Brauen. „Da bin ich aber erleichtert…“, erwiderte er voller Ironie.


    Das Taxi setzte zum Landeanflug an. Surrend kam es auf dem Straßengrund mitten im Gewirr Coruscants zum Stehen und öffnete seine Türen. „Wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen und wünschen Ihnen einen angenehmen Tag“, sprach der Droide am Steuer des Wagens, während Rheyya und Velkarn bereits aus diesem hüpften und ihre Roben straff zogen, ehe sie den Blick über ihre Umgebung schweifen ließen.


    Inmitten des ewigen Gedränges und des enormen Lärms befand sich ein kleines, eher schäbiges Gebäude, über dessen Tür in leuchtenden, flackernden Buchstaben das Wort ‚Dagger‘ funkelte. Durch die hohen Fenster erkannte man bereits einen Schankraum, in dem sich zwielichtige Gestalten heillos betranken, während sie fast nackten Tänzerinnen dabei zusahen, wie sie lasziv ihre Hüften schwangen. „Bei der Macht…“, murmelte Velkarn bei diesem ersten Eindruck und schüttelte den Kopf. Er verkniff sich jeden weiteren Kommentar und folgte stattdessen seiner Schwester zum Eingang der heruntergekommenen Cantina.


    Rheyya stieß die Tür auf und betrat das Lokal, dicht gefolgt von ihrem Bruder. Der Schankraum stank nach Alkohol und Zigaretten. Aus einer Jukebox drangen belustigende Melodien. Die beiden Jedi waren umgeben von lauten Gesprächen. Man musste die Worte nicht verstehen, um sich sicher zu sein, dass viele dieser Stimmen volltrunken waren. Nur leicht zog Rheyya in dieser Umgebung angewidert ihre Oberlippe höher. Dieser Ort erinnerte sie viel zu sehr an ihr früheres Leben, als sie noch gemeinsam mit Velkarn und ihrer kleinen Schwester Salwyn auf den Straßen Corellias ums nackte Überleben hatte kämpfen müssen. Sie war froh, dass diese Zeiten zwischen Gangern und Halsabschneidern vorbei waren.


    „Rheyya, diese Leute starren uns an…“, murmelte Velkarn mit einem wachsamen Blick durch den gesamten Raum. „Ist mir aufgefallen“, entgegnete Rheyya und schaute selbst noch einmal nach links und rechts. Tatsächlich hatten ein paar Gäste angefangen, die beiden sonderbaren Fremden argwöhnisch zu betrachten. Es war ungewohnt, hatte man sie und ihre Geschwister doch stets übersehen, als sie noch Straßenkinder waren und nur einander hatten. Als jedoch der Barkeeper auftauchte, ein eher korpulenter Zabrak, schüttelte Rheyya ihre Erinnerungen ab und wandte ihre Aufmerksamkeit diesem zu. „Was darf’s sein?“, grummelte der Kerl grobschlächtig. „Ein Mann namens Captain Lokhain sollte hier auf uns warten“, entgegnete Rheyya unbeeindruckt. Sie hatte diesen Piloten bisher noch nicht gesehen, war die Kontaktaufnahme doch nur über den Schriftverkehr abgelaufen. Der Wirt wiederum schien genau zu wissen, von wem die Rede war. Er verdrehte die Augen und deutete flüchtig auf einen seiner Gäste.


    Es handelte sich um einen jungen Mann, Mitte 20, mit blasser Haut und schwarzem, zurückgestrichenem Haar. Er saß an einem Pazaak-Tisch, der von einigen Leuten umgeben war. Allem Anschein nach hatte er eine glückliche Phase, denn während sich auf seinem, von Splitternarben gezeichneten, Gesicht ein unverschämt breites Grinsen finden ließ, so machte sein Gegner, ein Rhodianer in schmutziger Arbeiterkleidung, einen überaus nervösen und deprimierten Eindruck.


    Als Rheyya und Velkarn sich näherten, gab der Rhodianer einen kurzen Aufschrei von sich und führte die Hände an seinen Kopf. „So ein Pech… Ist dir schon das Geld ausgegangen, Neelo?“, meinte der Mann mit den Splitternarben und zog die Credits zu sich, die in der Mitte des Tisches ausgebreitet waren. Er ließ seine Zigarette von einem Mundwinkel in den anderen tanzen und grinste geradezu dreckig. „Fein, gibt’s hier noch jemanden, den ich noch nicht ausgenommen habe?“ „Du meinst ‚beschissen‘, Mistkerl“, brummte einer der Umstehenden. Der Mann mit den Splitternarben schaute provoziert auf. „Hey, Wampa-Fresse… So was will ich nicht hören! Ich spiele immer fair! Klar soweit?“ Er schien es todernst zu meinen.


    Rheyya kam unweit vom Pazaak-Tisch zum Stillstand und fixierte den Gewinner der letzten Partie. „Captain Lokhain?“, sprach sie ihn an. Der Mann mit den Splitternarben blickte auf und nahm die Zigarette aus seinem Mund. „Ich vertraue keinen schönen Augen. Vielleicht will die Dame sich ja zuerst vorstellen, bevor sie andere nach ihrem Namen fragt.“ „Das habe ich bereits“, entgegnete Rheyya, „Ich habe Euch kontaktiert. Ihr wolltet mich hier treffen.“


    Lokhain hob etwas überrascht die Brauen. „Ihr seid Rheyya Livindoe? Mh… Ich hatte etwas Älteres und weniger Hübsches erwartet…“, sagte er gelassen, nahm den Sargnagel wieder zwischen die Lippen und erhob sich langsam. Die losen Credits stopfte er dabei in die Innentasche seines abgetragenen Mantels. Das Kleidungsstück schien fast so alt zu sein wie er selbst. „Wunderbar… ein Schmuggler, ein Spieler und ein Schmierlappen…“, kommentierte Velkarn die Worte des Captains und verdrehte die Augen. „Wie bitte, Schmuggler?“, hinterfragte Lokhain die Aussage kühl, dass man meinen mochte, er meinte es ernst. Er schien einen sehr trockenen Humor zu besitzen.


    „Schafft den Kerl bloß weg von hier!“, schimpfte einer der anderen Gäste. „Genau! Elender Betrüger!“, fügte ein weiterer hinzu. Lokhain winkte die bösen Kommentare nur desinteressiert ab. Rheyya beobachtete jede seiner Bewegungen ausführlich. Ihm schien die allgemeine Meinung über ihn vollkommen egal zu sein - eine durchaus praktische Einstellung, wo viele Machtanwender doch von vornherein verurteilten. „Hier wird’s langsam zu ungemütlich wie Ihr seht… Verschwinden wir.“ Ohne ein weiteres Wort zog der Captain an den beiden Jedi vorbei und wanderte auf den Ausgang zu.


    Velkarn pfiff sich eine Strähne seines langen Haars aus dem Gesicht. „Glückwunsch, Rheyya… DEM kauft sicher keiner ab, dass er uns transportiert…“ Rheyya zuckte mit den Schultern. Ein triumphales Lächeln umspielte ihre Lippen. „Hab‘ ich doch gesagt…“, säuselte sie und folgte Lokhain dann gemeinsam mit ihrem Bruder nach draußen. Es war an der Zeit, zum Rest des Trupps zurückzukehren.

  • „Nein! Das ist nicht richtig!“



    „Bitte, tu das nicht. Wende dich nicht von mir ab!“



    „Was soll das heißen, hier drinnen sind keine Waffen gestattet?!“


    Lokhain verschränkte die Arme vor der Brust. Mürrisch starrte er in die metallene Visage des Security-Droiden. „In Quartieren des Senats herrscht ein striktes Waffenverbot. Bitte übergeben Sie mir Ihre Waffen. Sie erhalten sie zurück, sobald Sie das Gebäude verlassen“, wiederholte jener nur monoton. „Er wird nicht mit Euch verhandeln, darauf werden die Wacheinheiten nicht programmiert“, erklärte Rheyya ruhig und reichte dem Droiden ihr Lichtschwert. „Gebt ihm einfach Eure Blaster.“ Lokhain schaute sie unnachgiebig an. Seine abweisende Haltung glich einem Berg in einem Sturm. „Niemand nimmt mir die Waffen weg. Niemand“, betonte er.


    Genervt strich sich Velkarn durch das lange, braune Haar. „Wenn Ihr Eure Waffen nicht abgebt, werdet Ihr leider auch keinen Zugang zum Quartier erhalten.“ „Meinetwegen. Ihr habt meine Kom-Nummer. Ruft mich, wenn es losgeht“, entgegnete der Captain kühl und wandte sich ab. Rheyya und Velkarn runzelten die Stirn und schauten Lokhain nach, wie er einfach so wieder das Gebäude verließ und von dannen stapfte. „Ein richtiges Herzchen…“, kommentierte Velkarn den Abgang.


    Rheyya seufzte gestresst und führte die Fingerspitzen ihrer Rechten an die Stirn, während sie sich auf den Weg zum Fahrstuhl machte. Sie hatte den verbalen Schlagabtausch des Captains und ihres Bruders bereits auf der gesamten Rückfahrt ertragen müssen – und nun stellte sich heraus, dass sie es umsonst durchgestanden hatte, da Lokhain es vorzog woanders zu übernachten, wenn er seine Waffen nicht behalten durfte. „Ich… gebe zu, dass ich gerade leicht frustriert bin…“, erklärte sie so gefasst wie möglich. Velkarn lachte triumphal auf. „Das werde ich dir für den Rest deines Kommandos mit Freuden unter die Nase reiben, Schwesterchen.“ „Schon vergessen, dass ich Strafdienst vergeben kann?“, antwortete Rheyya frech und öffnete mit einem Knopfdruck den Lift zum Quartier ihres Einsatzteams.


    Der Weg führte hinauf in einen kleinen Wohnkomplex mit Blick auf die Wolkenkratzer von Coruscant. Entsprechend der Standards für Gäste des Senats waren die Räumlichkeiten sehr groß und nobel eingerichtet – im Grunde viel zu prunkvoll für eine Gruppe von Jedi-Rittern. Der übermäßige Komfort ermöglichte allerdings eine ruhige Atmosphäre, die bestens geeignet war, um seine Gedanken frei zu bekommen. Rheyya spürte direkt eine positive Energie, als sie den Eingangsbereich betrat. Ihr Atem wurde ruhiger und ihre Haltung ein wenig lockerer.


    Während Velkarn die Tür verschloss, kam den Livindoe-Geschwistern ein junger Mirialaner entgegen. Er besaß eine ruhige, ausgeglichene Miene und eine aufrechte Haltung. „Willkommen zurück“, sprach er und nickte zum Gruße. Obwohl er bereits die Roben eines vollwertigen Ritters trug, baumelte an der Seite seines lockigen, schwarzen Schopfes noch immer der Zopf eines Padawan. „Hallo, Quen“, grüßte Velkarn den Burschen mit dem entspannten Gesichtsausdruck, „Hast du uns etwa schon vermisst?“


    Quen nahm die Hände in seinem Schoß zusammen und richtete sich mit Verwunderung in den Augen direkt an Rheyya. „Ich dachte, du wolltest unseren Piloten abholen?“, erkundigte er sich höflich. Rheyya seufzte und winkte ab. „Oh wir haben ihn abgeholt“, antwortete Velkarn für sie, „und dann ist er knurrend davon gestakst, weil er seine Blaster nicht der Security übergeben wollte.“ „Müssen wir jemand anderen suchen?“ „Nein“, erwiderte Rheyya, bevor ihr Bruder etwas sagen konnte, „Er wird da sein, wenn wir ihn brauchen. Wo sind die anderen?“


    „Palphara und Laaz sind noch hier. Sie befinden sich im Gemeinschaftsraum“, entgegnete Quen prompt. Velkarn nickte kräftig. „Wenn es Tee gibt, bin ich dabei!“, meinte er als wäre es ein Befehl zum Angriff und schritt voran in den Gemeinschaftsraum. Quen blickte ihm nach, ehe er sich wieder an Rheyya wandte. „Milque und Kyuso sind noch in der Stadt unterwegs. Sie wollten aber bald zurück sein.“ Rheyya nickte. „Danke für das Status-Update.“ Quen lächelte sie sanft an. „Jederzeit. Wenn du die Bemerkung gestattest… Du… siehst ein wenig gestresst aus.“


    Rheyya seufzte leise und rieb sich noch einmal die Stirn. „Velkarn und dieser Captain Lokhain sind bereits ein Herz und eine Seele… kurzum, sie werden sich wohl permanent streiten.“ Quen schmunzelte. „Dann wird es ja nicht langweilig.“ Rheyya verzog den Mund und schaute ihn skeptisch an. „Babysitten gehörte eigentlich nicht zum Job, wenn ich mich recht erinnere…“ „Als Jedi verbreiten wir Frieden in der Galaxie. Ich denke, der Pilot und dein Bruder bieten uns da eine schöne, erste Herausforderung.“ Rheyya lockerte sich wieder etwas und holte tief Luft. „Warum hat man dich eigentlich nicht zu unserem Anführer ernannt?“ Quen hob erklärend eine Hand. „Weil wir uns mit militärischen Operationen beschäftigen und deine Talente im Umgang mit dem Lichtschwert weitaus besser sind als meine, vermute ich“, erklärte er genügsam und lachte leise auf. Er klopfte ihr dann auf die Schulter und wies auf die Tür des Gemeinschaftsraums. „Komm, wir können uns auch noch einen Tee genehmigen, meinst du nicht?“ „Unbedingt…“


    Recht müde setzte sich Rheyya in Bewegung. Gemeinsam mit Quen folgte sie Velkarn in das Wohnzimmer. Jener hatte sich bereits auf einem Sessel niedergelassen und trank aus einer kleinen Tasse seinen Tee. Neben ihm saß ein Duros, der ebenfalls mit einem heißen Getränk ausgestattet war. Üblich für seine Rasse hatte er einen kahlen, graublauen Kopf mit leuchtenden, roten Augen.


    Auf dem Tisch wiederum saß im Schneidersitz eine sehr hagere, junge Frau mit einer spitzen Nase und großen Augen. Ihr buschiges, blondbraunes Haar war zu einem Zopf gebunden, der tatsächlich eine Kugel formte. Als sie Rheyya sah, setzte sie ein breites Lächeln auf. „Oh, Rheyya! Du möchtest doch sicher auch einen Tee, oder?“, plapperte sie sofort vergnügt, während Quen gelassen seine Tasse vom Tisch griff und sich auf dem Sofa niederließ.


    Rheyya runzelte die Stirn und betrachtete die junge Frau einen Moment lang abwägend. „Palphara? Warum sitzt du auf dem Tisch?“ „Keine Ahnung, erst habe ich hier meditiert und dann bin ich einfach nicht mehr aufgestanden, als Laaz mit der Teekanne kam“, entgegnete die Hagere und gluckste gut gelaunt. Ich habe ihr bereits gesagt, sie solle vom Tisch steigen, aber sie meinte, das würde ihren Energiefluss stören. Komische Angewohnheit, kommentierte es der Duros in seiner Muttersprache und schüttelte den Kopf. „Hab dich nicht so, Laaz! Ich finde das köstlich!“, lachte Velkarn auf. „Du weißt, dass Laaz es strikt bevorzugt“, erwiderte Quen und lächelte. Laaz stellte seinen Becher ab. Äußere Ordnung ist der Schlüssel zu innerer Ordnung, behauptete er. „Hey, ich bin innerlich geordnet! Ähm… meistens!“, protestierte Palphara.


    Rheyya ließ sich zu einem stummen Auflachen hinreißen und wollte sich gerade zu den anderen setzen, als auf einmal ihr Kom anfing zu piepsen. Sie runzelte die Stirn und löste das Gerät von seiner Halterung an ihrem Gürtel. „Hat der irre Captain es sich überlegt?“, fragte Velkarn neugierig. Rheyya blieb konzentriert und reagierte nicht auf die Frage ihres Bruders. Stattdessen nahm sie mit einem Knopfdruck den Anruf entgegen. Auf dem Kommunikator erschien die holografische Darstellung eines jungen Mannes mit zerzaustem, dunklem Haar und einem markanten Kinn. „Milque“, grüßte Rheyya ihn knapp.


    Die Holofigur breitete mit einem verschmitzten Lächeln seine Arme kurz aus. Es schien, als wollte sie eine schlechte Nachricht damit kaschieren. „Hey, Rheyya!“, grüßte Milque sie ausschweifend. Rheyya zog ihre Brauen oberhalb der Nase zusammen. „Kyuso hat Ärger gemacht, oder?“ Milque verharrte kurz wie erstarrt und räusperte sich dann etwas verlegen. „Nun, ja und nein… wir sind an ein paar Schläger der Schwarzen Sonne geraten und… du kennst Kyuso… er äh… hat sie wohl durch seine Ruhe provoziert und nun haben wir hier ein paar Probleme.“ Es folgte noch ein Räuspern. „Zu meiner Verteidigung, ich habe wirklich versucht, Kyuso dazu zu bewegen, einfach mal weiterzugehen und nicht den großen Mann zu spielen!“ Erneut führte Rheyya ihre Hand an die Stirn. Verdrossen schloss sie kurz die Augen und prustete. „Milque… lass gut sein. Kein guter Tag, ja?“ „Nicht meine Schuld!“ „Schick mir die Koordinaten. Wir sind unterwegs.“ „Geht klar!“, antwortete Milque prompt und schon verschwand das kleine blau schimmernde Männchen auf dem Kommunikator.


    Palphara legte den Kopf schief. „Die Schwarze Sonne, hm? Hab gehört, das wären üble Jungs!“ „Klasse, dann bekommen wir endlich etwas zu tun“, meinte Velkarn und sprang auf. Du bist zu sehr von Tatendrang erfüllt, Velkarn, sprach Laaz und erhob sich in einer langsamen, flüssigen Bewegung. Palphara löste ihre Beine voneinander und stand wackelig wieder auf. „Oh je! Oh je! Eingeschlafene Beine! So ein Mist!“, schwatzte sie und verzog unangenehm das Gesicht.


    Rheyya beobachtete. Abgesehen von Quen, der sich schnell bereit und aufmerksam neben ihr einfand, war ihre Truppe recht lahm und nahm die Situation allem Anschein nach nicht ernst. Ihre Gefährten verhielten sich wie bei all den harmlosen Trainingseinheiten auf Tython, als warte nur eine weitere Übung auf sie. Sie schüttelte den Kopf und schien erstmals zu verstehen, warum sie die Führung aufgetragen bekommen hatte. „Schluss mit dem Geschwafel! Zwei unserer Leute befinden sich in Gefahr! Das ist ein ernsthafter Einsatz und ich erwarte Weitblick! Verstanden?“


    Im ersten Moment erstarrten die übrigen Jedi im Raum und schienen etwas überrascht von der plötzlichen Befehlsgewalt, die Rheyya ihnen gegenüber ausübte. Sie alle kannten einander seit mehreren Jahren. Sie waren Freunde und es dementsprechend nicht gewohnt, einer Befehlskette untereinander zu folgen. Endlich etwas Geradlinigkeit und Disziplin!, sprach Laaz dann auf einmal erfreut. „Natürlich, Rheyya! Stimmt! Wir beeilen uns!“, fügte Palphara einsichtig und wild nickend hinzu. Sie schüttelte ihre Beine dabei aus. Rheyya nickte zufrieden, wenn auch etwas überrascht durch die plötzliche Aufmerksamkeit ihrer Kameraden. Es war eigenartig, dermaßen über ihre Freunde zu bestimmen. Nichtsdestotrotz war es die Rolle, die sie auf dem Feld einnehmen musste. „Packt eure Sachen! Wir rücken aus!“, sprach sie also und holte noch einmal tief Luft. Sie fing an zu verstehen, warum sie zur Truppführerin ernannt worden war.

  • „Dann hör auf damit! Du musst nicht so weit gehen!“



    „Ich bin es bereits.“



    Rheyyas Blick fixierte den Boden. Der Atem war flach. Sie hatte die Hände auf ihre Knie gelegt, die Beine auf der Sitzfläche verschränkt. Ihr Körper schaukelte durch die Manöver des rasenden Transporters sachte hin und her. Die aufdringlichen Neonreklamen der unteren Ebenen Coruscants zogen an den Fenstern vorbei und hüllten den Innenraum des Gleiters in vorbei huschende, flackernde Lichter.


    Viel zu schnell jagte das Gefährt durch die dicht befahrenen, überfüllten Straßen. Mit einem lauten Surren schoss es in einer scharfen Kurve um eines der vielen Hochhäuser und wich nur knapp dem Gegenverkehr aus. Es polterte im Inneren des Wagens. Durch die riskanten Winkelzüge aus dem Gleichgewicht geworfen, richtete Laaz seinen Oberkörper wieder auf. Der Pilot besitzt einen albtraumhaften Flugstil, behauptete er trocken. Lokhain lehnte den Kopf etwas nach hinten, während er den Transporter durch eine enge Schneise zwischen zwei Gebäuden lenkte. „Was hat er gesagt?“, rief er konzentriert nach hinten. Scheinbar verstand er kein Nikto. „Er äußerte den Wunsch, dass Ihr etwas vorsichtiger fliegt“, übersetzte Quen weit untertrieben. Er klang ruhig genug, um glaubhaft zu sein. „Ihr wolltet es schnell, ich bin schnell“, antwortete Lokhain ungerührt, „Haltet Euch fest und hört auf zu jammern!“


    Palphara schluckte. „Ich hätte das gebratene Oro-Ei zum Frühstück auslassen sollen…“, murmelte sie und führte mit unangenehm geweiteten Augen eine Hand vor ihren Mund. „Wenn du dich übergeben musst… mach es bitte aus dem Fenster, ja?“, sagte Velkarn wenig feinfühlig. Palphara reagierte dennoch mit einem vorsichtigen Nicken darauf.


    Rheyya hob derweil stumm den Blick und schaute aus dem Fenster. Die Gegend war heruntergekommen und machte einen zweifelhaften Eindruck. Es schien nicht überraschend zu sein, dass eine Gang wie die Schwarze Sonne sich in diesen Gefilden ausgebreitet hatte und die Schwachen terrorisierte. Verglichen mit diesem Jammerbild war die Dagger Cantina ein vergleichsweise nobles Etablissement.


    „Wir sind da“, rief Lokhain nach hinten. Er senkte bereits die Flughöhe. Die Triebwerke heulten leiser und schlussendlich setzte sich der Transporter auf einer flachen Metallebene an der Hauptstraße ab. Die große Tür des Innenraums klappte nach oben auf. Rheyya löste ihre meditative Haltung und sprang von der Sitzbank. Sie war die Erste, die ausstieg. Prüfend ließ sie ihren Blick über die nahe Umgebung schweifen.


    „Ich kann Milque und Kyuso nirgends sehen…“, murmelte Quen leise und wohl auch ein wenig besorgt, während er sich neben die Truppführerin gesellte. „Es geht ihnen gut. Hört ihr die Schüsse?“, meinte Velkarn gelassen. „In dieser Gegend hört man immer Schüsse“, antwortete Lokhain trocken. „Diskutieren können wir später“, sprach Rheyya zielorientiert „Folgt mir.“


    Ohne Umschweife setzte sich Rheyya in Bewegung und folgte den verhallenden Lauten von Blastern und Explosionen. Mit jedem Schritt wurden sie lauter. Rheyya konnte spüren, dass sie und ihre Gefährten sich dem Gefahrenherd näherten. Nichtsdestotrotz blieben ihre Schritte strebsam und ihre Miene besonnen.


    Rheyya war nicht unbedingt bekannt dafür, sich vor einer physischen Auseinandersetzung zu fürchten. Bisher war sie stets verlustfrei und siegreich aus ihren Kämpfen hervorgegangen und dennoch besaß sie die Bescheidenheit, sich nicht damit zu rühmen. Die Galaxie war ein dunkler Ort. Als Kind hatte sie die Schatten der Gesellschaft gesehen und am Rande des Abgrunds gelebt. Dann kamen die Jedi und boten ihr die Möglichkeit, ihr Leben zu verändern. Sie hatte die Chance erhalten, Licht in die Finsternis zu bringen – sei es für ihre Freunde oder für alle, die zu schwach waren, um sich selbst zu wehren.


    „Rheyya!“


    Aus einer der Gassen stolperte Milque. Tönend ruhte ein bläulich leuchtendes Lichtschwert in seiner Rechten. Ein paar Schürfwunden ließen sich auf seinem sonst so charmanten Antlitz finden. Er war sichtlich außer Atem. „Milque, geht es dir gut?“, fragte Palphara sofort. Er hob beruhigend die freie Handfläche und holte einmal tief Luft. „Nichts, was du später nicht wieder flicken kannst“, entwarnte er sie. „Wo ist Kyuso?“, fragte Quen und schaute sich nach dem fehlenden Mitglied des Trupps um.


    Milque deutete in die Gasse, aus der er gekommen war. „Die Schwarze Sonne hat uns voneinander getrennt. Allein konnte ich nicht zu ihm durchdringen. Na ja, zumindest nicht, wenn ich am Ende noch atmen will.“ Lokhain zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, Ihr Jedi wärt so organisiert…“ Rheyya wandte sich zu dem Captain um. „Kyuso wurde als Sith geboren. Er befindet sich auf dem richtigen Weg, doch er hat manchmal noch Schwierigkeiten, unseren Lehren zu folgen.“ „Er ist eigentlich noch ein Padawan. Wir sollen ein Auge auf ihn haben und ihn in die richtige Richtung lenken“, fügte Velkarn hinzu. „Und jetzt läuft der Bursche Amok?“, entgegnete Lokhain und hob die Brauen, „Gute Arbeit, Milque…“ „Nicht – meine – Schuld!“, antwortete Milque prompt, „Können wir jetzt los? Ich hab keine Ahnung, wie gut sich Kyuso schlägt!“ Rheyya nickte resolut und wies den Trupp in die Gasse. „Vorwärts.“


    Vorsorglich griff Rheyya nach ihrem Lichtschwert und betätigte dessen Schalter. Mit einem Zischen schob sich eine gelb leuchtende Klinge aus dem Griff und leuchtete den Weg voran ins Feindgebiet. Nun griffen auch die anderen nach ihren Waffen. War der Großteil der Gruppe sich der Ernsthaftigkeit der Situation bewusst, so erschien auf Lokhains Gesicht ein breites Grinsen. „Ich gebe zu, ich habe mich schon eine Weile lang nach Action gesehnt…“, meinte er und entsicherte seine Blaster. „Wir machen das hier eigentlich nicht aus Spaß“, erklärte Quen ein wenig überrascht von der Einstellung des Captains. „Ihr vielleicht nicht…“, entgegnete dieser trocken. „Großartig, das zeugt von Reife!“, kommentierte Velkarn die Antwort und schüttelte den Kopf. Lokhain brummte. „Hab ich Euch nach Eurer Meinung gefragt, Banthagesicht?“ Rheyya fasste sich an die Stirn und stöhnte genervt. „Könntet ihr beide mal den Mund halten?“


    Milque eilte an Rheyya vorbei, als sie eine Verwinkelung der Durchgänge erreichten. „Hier entlang“, sagte er und lief auf einen der Pfade zu, „Wir müss…“ Mit einem Mal stürzte ihm ein Bandenschläger der Schwarzen Sonne entgegen. Milque konnte dem Körper gerade noch rechtzeitig ausweichen, um nicht unter ihm und der schweren Rüstung begraben zu werden. Kurz darauf tauchte jemand aus den Schatten auf – ein großer, muskulöser Zabrak mit schwarzer Haut und roten Zeichen im Gesicht. Sein dunkles Haar war an den Seiten geschoren und hing ihm als geflochtener Zopf über den Hinterkopf. „Ihr habt lange gebraucht…“, brummte er und ließ sein Lichtschwert kurz in der Hand kreisen, um das Handgelenk zu lockern.


    „Kyuso“, grüßte Rheyya ihn ruhig, „Wir hatten dich gebeten, dich von Ärger fernzuhalten.“ „Allerdings!“, stimmte Milque frustriert zu. „Ein Berg weicht einem Sturm nicht aus. Diese Gangmitglieder wollten einen Kampf, weil ich standhaft geblieben bin. Es ist ihre eigene Schuld“, erklärte Kyuso. Laaz schüttelte den Kopf. Er hat noch einen weiten Weg vor sich… „Schon mal was von ‚Der Klügere gibt nach gehört‘?“, brummte Milque, als plötzlich Schüsse ertönten.


    Kyuso hastete es der Gasse hinaus. Auch die anderen wichen beiseite, um nicht getroffen zu werden. Wie viele Feinde bedrohen uns?, fragte Laaz mit dem Blick zu Kyuso, der wohl noch den besten Durchblick hatte. „Was hat er gesagt?“, brummte Lokhain genervt. „Er will wissen, wie viele Gangmitglieder hier auf uns lauern“, erklärte Palphara rasch. „Ich habe vier von ihnen getötet. Elf habe ich gezählt“, antwortete Kyuso.


    Von einem Moment zum Nächsten verstummten die Schüsse. „Ich habe euch gesehen!“, rief eine raue Stimme auf der anderen Seite des dunklen Ganges. „Äh… schön für Euch?“, antwortete Velkarn wenig respektvoll. Quen stieß ihn an, woraufhin er das Gesicht verzog und den Mirialaner mahnend anschaute. „Au!“, flüsterte er, damit die Schwarze Sonne es nicht hörte.


    „Mein Name ist Boggart. Ich bin zuständig für diesen Distrikt“, antwortete die raue Stimme, „Ich will kein Gemetzel. Gebt uns den Zabrak und niemand muss mehr sterben.“ „Ich bin Rheyya Livindoe, Ritterin vom Orden der Jedi. Ich verhandle nicht mit Verbrechern. Senkt die Waffen und wir gehen unserer Wege.“ „Vier meiner Leute sind tot. Ich gehe nicht ohne den Zabrak!“


    Schon eröffnete die Schwarze Sonne wieder das Feuer. Schritte in der Gasse zeugten davon, dass der Feind sich näherte. „Wollen die uns direkt angreifen? Sind die verrückt?“, fragte Palphara und blinzelte verwirrt. „Das sind dämliche Ganger, was zum Flatterwedler erwartet Ihr?!“, entgegnete Lokhain. Auf einmal verstummten die Schritte und im nächsten Moment kullerte eine Granate direkt in die Gruppe. In Deckung!, brüllte Laaz und warf sich fort. Rheyya griff Velkarns Kragen und zog ihn mit sich nach hinten, als der Sprengkörper auch schon explodierte und sie alle zu Boden schleuderte.


    Unsanft landete Rheyya auf dem Rücken, doch trotz aller Schmerzen sprang sie sofort wieder auf die Beine. Palphara schleifte gerade ächzend Laaz und Milque beiseite, als die Kämpfer der Schwarzen Sonne aus der Gasse strömten. Gezielt konzentrierten jene sich sofort auf die Verwundeten, doch bevor sie irgendetwas tun konnten, schnellte Rheyya zwischen sie. In einer Drehung wirbelte sie ihre Klinge um sich und schnitt dem ersten Gegner den Bauch auf. Sie duckte sich dann wie aus Reflex, denn ihr Bruder startete ebenfalls einen Angriff. Sein Hieb sauste über ihren Schädel hinweg und schnitt den eines weiteren Gangmitglieds von den Schultern.


    Quen streckte seinen Arm aus und warf mit einem Machtstoß einen weiteren Gegner gegen dessen Kameraden. „Nicht übel“, bemerkte Lokhain ein wenig brummig vor Schmerzen, hob seine beiden Blaster und exekutierte die Feinde am Boden einfach, bis Quen ihm die Arme herunter drückte. „Wir töten niemanden, der sich nicht wehren kann!“ Lokhain riss sich los. „Spielverderber…“


    Unterdessen schmetterte Kyuso tödlich in die feindliche Linie und stieß die wenigen, die noch standen, gegen die stählernen Mauern der Gasse. Bedauerlicherweise war er groß und behäbig dabei. Kurz bevor er Boggart erreichen konnte, hob dieser seinen Blaster und schoss dem Zabrak ins Bein. Knirschend ging dieser zu Boden und hielt sich die Wunde. Boggart zielte rasch auf den Schädel des Verwundeten und ging dabei bereits ein paar Schritte zurück, wohl um nach dem Schuss das Weite zu suchen.


    Plötzlich sprang Rheyya jedoch über Kyuso hinweg. Ihr Schwert schnitt durch die Luft und mit einem brennenden Laut trennte es die Hände des Ganganführers von seinen Armen. Boggart schrie auf und krümmte sich vor Schmerz, während er ein paar Schritte nach hinten stolperte. „Nein! Bitte nicht!“, schrie er wimmernd, „Das war ein Missverständnis!“


    Rheyya stellte sich wieder aufrecht hin und richtete ihre Waffe auf den Verbrecher. „Geht“, befahl sie, „Ich gebe Euch die Chance, Euer Leben zu überdenken und eine andere Richtung einzuschlagen.“ Boggart starrte sie entgeistert an. „D-danke! Ihr werdet nichts mehr von mir hören!“, stammelte er und lief eilig davon. Rheyya sah ihm einen Moment lang nach, dann deaktivierte sie ihr Lichtschwert.


    „Pff… ich hätte ihn umgelegt“, brummte Lokhain und schob seine Blaster zurück in die Holster. „Das ist nicht der Weg der Jedi, Captain“, erklärte Quen freundlich. Velkarn blickte Boggart einen Moment lang nach, ehe auch er seine Waffe ausschaltete. „Glaubst du wirklich, dass er sich ändern wird?“, fragte er seine Schwester skeptisch. „Wir würden es nie erfahren, wenn wir gnadenlos gewesen wären“, antwortete sie ruhig und schaute fragend zu Palphara. „Alles gut! Alles ist gut“, erklärte sie rasch, „Laaz und Milque sind nur bewusstlos!“ „Dann hilf Kyuso.“ „Geht klar!“ Palphara sprang auf und eilte zu dem Zabrak. „Beeil dich“, meinte Velkarn und verschränkte die Arme. „Ich habe für den Rest meines Lebens genug von diesem Distrikt…“


    Rheyya grinste ihn an. „Schon? Wir haben doch gerade erst angefangen…“

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    Lokhain stürzte mit einem Aufschrei in den Korridor des Schiffs.
    Mit einem lauten Poltern knallte er gegen die Metallwand. Unweit von ihm stand Velkarn, eine dampfende Tasse in der Hand haltend und unbeeindruckt zu dem Captain hinunter schauend. „Ich weiß, du stehst auf meine Schwester, aber dass du sie beim Duschen beobachtest…“ Er schüttelte den Kopf. Lokhain rieb sich murrend den Hinterkopf. „Zum Donner! Ich hatte keine Ahnung, dass sie da drin ist, verstanden?!“, knirschte er. Velkarn nickte langsam. „Sicher…“, meinte er nicht wirklich überzeugt.
    Rheyya tauchte im Türrahmen des Badezimmers auf, den Leib umschlungen mit einem großen Handtuch. Das rotbraune Haar hing ihr nass über die Schultern. Erbost schaute sie zu Lokhain herunter. „Wehe, du versuchst das noch einmal!“, zischte sie in einer Mischung aus Wut und Schock. „Verflucht, es war keine Absicht!“, keifte Lokhain und rieb sich den Hinterkopf, „Verdammte Machttricks…“ „Sorg‘ lieber für eine unauffällige, sichere Landung! Du hast gesagt, wir wären fast da!“
    Lokhain rappelte sich langsam wieder auf. „Ja, ja… Scheißdreck!“, brummte er und machte sich auf den Weg ins Cockpit seines Frachters. Velkarn versuchte, sich ein verschmitztes Grinsen zu verkneifen, doch war er dazu kaum in der Lage. „Du weißt, dass er auf dich steht, oder?“ Rheyya verzog das Gesicht. „Lokhain steht auf alles, was hübsche Augen und ein Paar Brüste hat…“ Velkarn lachte auf und trank einen Schluck aus seinem Becher. „Vielleicht solltest du dir etwas anziehen, Schwesterchen. Nicht, dass er gleich wiederkommt…“ Rheyya gab Velkarn einen leichten Schubs. „Hey, hey! Die Tasse!“, rief er und versuchte nichts zu verschütten, während sie in das Bad zurückkehrte.
    Sie seufzte schwer und stellte dieses Mal sicher, dass die Tür verschlossen war, ehe sie das Handtuch fallen ließ und ihre Haare zu einem lockeren Zopf schnürte. Sie blickte kurz an sich hinab und ließ sich gedankenverloren von den schwarzen Mustern ablenken, die ihre Arme und Beine zierten. Sie war das Interesse durch Männer nicht wirklich gewohnt. Wenngleich Lokhain nicht unbedingt vor Charisma und Feingefühl strotzte, war es schmeichelhaft, aber nach wie vor durch den Orden verboten. Sie schüttelte den Kopf, um die Überlegung abzuwerfen, bevor sie überhaupt zustande kommen konnte, dann griff sie nach ihren Kleidern und streifte sie über ihren Leib.
    Als sie das Bad verließ, kam ihr gerade Quen entgegen. „Rheyya. Ich habe soeben mit General Honsley gesprochen“, erklärte er ruhig, wenn auch etwas bedrückt, „Sein Schiff ist in einen Konflikt mit einigen imperialen Jägern geraten. Seine Ankunft auf Balmorra wird sich dadurch verzögern. Die Schäden müssen erst repariert werden.“ „Dann fällt Honsley raus?“, erkundigte sich Rheyya. Sie war in der Tat froh, dass ein sachliches Thema ihre emotionalen verdrängte – obschon die Botschaft alles andere als gut war. „Entweder das oder wir warten noch ein paar Tage bis er eintrifft“, erklärte Quen. Rheyya schüttelte den Kopf. „Dazu fehlt uns die Zeit. Wir brauchen die Pläne für diese künstliche Seuche, bevor das Imperium sie einsetzen kann“, sagte sie und machte sich auf den Weg. „Sehr richtig. Honsley musste uns daher an Major Knothole verweisen“, erläuterte Quen und folgte ihr, „Knothole ist nicht unbedingt für seine strategische Finesse oder sein einlenkendes Wesen bekannt.“ „Also wird es kompliziert… Wunderbar…“
    Mit langen, schnellen Schritten bewegte sich Rheyya zum Cockpit, wo Lokhain seinen Platz auf dem Pilotensitz eingenommen hatte und einen Schluck Caf trank. Velkarn saß auf dem Sitz des Copiloten, wirkte aber eher gelangweilt als geschäftig. „Wie lange, bis wir gelandet sind?“, fragte Rheyya. „Etwa zwanzig Minuten“, antwortete der Captain, „Und schließ‘ das nächste Mal die Tür ab, wenn du das Badezimmer betrittst.“
    Quen runzelte die Stirn und schaute fragend zu Rheyya, die genervt die Lippen verzog. Velkarn lachte auf. „Guck nicht so neugierig, Quen. Ich bezweifle, dass meine Schwester darüber reden will.“ „Du hast es erfasst, Bruderherz… und jetzt heb‘ deinen Hintern an. Ich will, dass alle abmarschbereit sind, wenn diese Kiste hier unten ist.“ „Diese ‚Kiste‘ hat uns vor einem Piratenüberfall gerettet und hört auf den Namen Swordfish. Verstanden?“, brummte Lokhain ruhig.
    Velkarn stand langsam auf und streckte sich kurz. „Du bist immer so schnell stinkig, Löckchen, ist doch kein Wunder, dass dich alle so gern ärgern.“ „Velkarn…“, mahnte Rheyya. Ihr Bruder seufzte. „Bist du meine Schwester oder meine Mutter?“ Quen belächelte das Geplänkel nur und wandte sich ab. „Ich gebe mal den anderen Bescheid, dass sie sich vorbereiten sollen.“ „Danke, Quen“, sagte Rheyya und nickte ihm verbunden zu. Quen sagte nichts weiter und wanderte einfach in den hinteren Bereich des Schiffs.
    Rheyya blickte ihm kurz nach, dann schob sie Velkarn mit sich in eine stille Ecke. Er schaute sie zwar verdutzt an, ließ es aber mit sich machen, ohne auffällige Laute oder Worte von sich zu geben. „Alles in Ordnung?“, fragte er dann leise, als Quen und Lokhain außer Reichweite waren. „Honsley schafft es nicht… Ich bin nervös…“, erklärte Rheyya und presste die Lippen aufeinander. Velkarn verzog den Mund. „Unschön, aber nicht weiter wild“, sagte er und legte Rheyya die Hand auf die Schulter, „Atme mal tief durch und hör auf, dir den Kopf zu zerbrechen. Du machst das schon, nein warte, wir machen das schon.“ Er lächelte und nickte ihr zu. Sie wiederum holte tief Luft. „Gut… danke… Genau das habe ich gebraucht…“, murmelte sie – immer noch nervös, aber zumindest ein bisschen beruhigt.

  • „Argh, verdammt! Es tut weh!“


    „Entspann dich, es ist nur ein aufgeschlagenes Knie. Soll ich dich tragen?“



    Ihre Finger gruben sich in die Lehne des Pilotensitzes wie die Krallen eines Raubvogels dessen Beute umklammerten. Ihr Atem war flach und ihre Stirn lag in Falten. Ihre Augen ruhten auf der schwer bewachten Militärbasis, die durch das Sichtfenster des Cockpits zu erkennen war. Die Mauern von dunklem Metall waren behangen mit roten Bannern, auf denen das Wappen des galaktischen Imperiums prangte.


    „Ich sage dir, wenn du das Leder meines Sessels zerkratzt, haben wir beide ein Problem“, brummte Lokhain, ohne einen Blick hinter sich zu werfen. Scheinbar konnte selbst er die Nervosität, die Rheyya ausstrahlte, spüren. „Bisher hatten wir nur ein paar Scharmützel auf offenem Feld. Die Infiltration einer imperialen Basis ist eine neue Liga“, antwortete die Anführerin des kleinen Trupps eher geistesabwesend. „Schön, das heißt trotzdem nicht, dass du mir den Sessel versauen darfst. Hast du eine Ahnung, wie teuer das Scheißding war? Das ist feinstes Uxi-Leder, Schätzchen!“ „Nenn‘ mich noch mal ‚Schätzchen‘ und ich werfe dich aus der Luftschleuse.“ „Jedi können witzig sein? Ich bin beeindruckt...“
    Der Lautsprecher auf der Armatur gab einen Laut von sich. Rheyya spannte sich an und auch auf Lokhains Miene kehrte ein ernsterer Gesichtsausdruck zurück. „Corellianischer XS-Frachter ‚Swordfish‘, Landerlaubnis erteilt. Steuern Sie Landeplattform 2 an und bereiten Sie sich auf eine Durchsuchung Ihres Schiffes vor.“ Lokhain betätigte den Sprechknopf seiner Anlage. „Ja, ja, was auch immer. Danke und so.“

    Der Captain nahm gelassen den Finger wieder vom Schalter und blickte mit einem triumphalen Grinsen über seine Schulter zu Rheyya hinauf. „Siehst du? Kein Grund zur Sorge.“ „Vorausgesetzt, dein Schmugglerversteck ist so sicher, wie du behauptest.“ Lokhain schnaubte verächtlich. „Bitte! Ich bin schon ein paar Jahre im Geschäft! Sie werden euch nicht entdecken, außer ihr fangt alle auf einmal an, die corellianische Nationalhymne zu singen.“ Rheyya verdrehte die Augen. „Halte dich an den Plan“, murrte sie nur, dann stieß sie sich von seinem Stuhl ab und eilte schnellen Schrittes aus dem Cockpit. Lokhain blickte ihr nach. „Dein Humor ist unübertroffen...“

    Rheyya antwortete nicht. Ihr Weg führte sie ohne Umschweife in den Kommunikationsraum, wo sie eine der Schrauben in der Wand in ihre Fassung hinein drückte. Kurz darauf schob sich der massive Holokommunikator ein Stück weit beiseite und gab den Blick auf eine Treppe frei. In einem kleineren, geheimen Frachtraum saßen bereits die anderen Jedi des Einsatzteams. Besonnen schritt sie die wenigen Stufen in die Kammer hinab und betätigte mit einem bloßen Wink ihrer Hand abermals den Schraubenknopf, woraufhin sich der Holokommunikator über ihrem Kopf wieder an seine rechtmäßige Position schob, als wäre dort nie etwas gewesen.


    Die Jedi warteten still und leise in dem engen Schmugglerversteck, während der Captain sein Schiff in den imperialen Hangar lenkte und dort landete. Anfangs waren sie noch von Stille umgeben, doch schon bald drangen Schritte an Rheyyas Ohren, gefolgt vom dumpfen Klang der Stimmen. Die Worte waren kaum zu verstehen, doch es war offensichtlich, dass Lokhain dem imperialen Suchteam Fragen beantwortete. Es war nicht überraschend, dass sein Tonfall dabei abweisend und herablassend klang. Dumpf vernahm sie die Diskussion, die er mit dem Anführer der Imperialen führte. Unfähig den Sinn ihres Gesprächs zu erfassen, breitete sich in ihr mit jeder weiteren Minute ein immer stärker werdendes Gefühl der Sorge aus, das sie sich selbst kaum erklären konnte.


    Das ewige Hin und Her der Suchtruppen schien eine halbe Ewigkeit anzudauern, doch trotz ihrer Anspannung blieb Rheyya ruhig und nahezu bewegungslos auf ihrem Platz sitzen, so wie es auch ihre Kameraden taten. Mehrere Stunden vergingen, in denen niemand etwas tat oder sagte. Geduldig warteten sie, dann endlich öffnete sich der Eingang der Kammer wieder. Am oberen Ende der Treppe stand Lokhain, die Gruppe forsch aus dem Versteck nickend. „Ich hoffe, ihr habt noch nicht Schimmel angesetzt“, meinte er trocken, „Ich habe diese komische Sonde oder was auch immer das war bei einem der Wartungsdroiden eingesetzt. Wenn Knothole Recht hat, ist der Alarm vorerst deaktiviert, also Beeilung!“

    Die Jedi sprangen geradezu synchron von ihren Sitzen auf und stiegen schnellen Schrittes die Stufen hinauf zurück ins Licht. „Übrigens, da drin stinkt's wie das Hinterteil eines Rancors“, kommentierte Velkarn dabei und klopfte dem Captain provokant auf die Schulter. „Velkarn...“, mahnte Rheyya knapp. Ihr Bruder lachte nur auf und schlug konsequent den Weg zum Schiffsausgang ein. Lokhain sah ihm mit verengten Augen nach. „Damit zeigt er seine Zuneigung! Nicht vergessen!“, erinnerte Palphara ihn mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht, ehe sie Velkarn rasch folgte. Auch Laaz, Milque und Kyuso setzten sich zielgerichtet in Bewegung.


    „Hast du eine Karte der Anlage ergattern können?“, erkundigte sich Quen drängend und doch erstaunlich gesittet bei Lokhain. „Klar. Viel Spaß damit“, antwortete Lokhain und drückte dem Mirialaner ein Pad in die Hand, das er aus dem Inneren seines abgewetzten Mantels zog. „Ausgezeichnet. Wir sind dir zu Dank verpflichtet.“ „Die Republik soll mich weiterhin so gut bezahlen. Das reicht mir als Dank. Wenn mich jemand sucht... Ich sitze im Cockpit und tue so, als würdde ich von der ganzen Scheiße nichts wissen“, brummte Lokhain und wanderte gelassen ins Cockpit des Schiffs.


    Quen aktivierte unterdessen das Pad und warf einen kurzen, prüfenden Blick auf die dargestellte Karte. „In Ordnung. Ich denke, ich kann uns schnell durch diesen Komplex führen.“ Rheyya klopfte ihm kameradschaftlich auf den Oberarm. „Dann los. Wir haben nicht viel Zeit.“

    Kaum hatten die beiden das Schiff verlassen, übernahm Quen auch schon die Führung. „Folgt mir!“, forderte er die anderen nur kurz auf. Seine Schritte waren geschwind und doch erstaunlich leise. Schweigsam hefteten sich die übrigen Jedi an seine Fersen und drangen in den dunklen Schlund der Basis ein.


    Achtsam bewegte sich die Gruppe durch die Gänge und Hallen, darauf bedacht, nicht unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. In erster Linie wurde versucht, Wachposten zu umgehen. War dies nicht möglich, bestand keine andere Wahl, als sie schnell auszuschalten. Rheyya hasste es zu töten, doch es war wichtig, dass sie schnell vorankamen.


    „Wir haben die Labore fast erreicht“, erklärte Quen, nachdem er die Gruppe quer durch die halbe Anlage geführt hatte. „Na endlich“, antwortete Milque bereits leicht außer Atem, „Diese Basis sah von außen viel kleiner aus.“ Die Architektur des Imperiums ist verworren, fügte Laaz hinzu. „Der verwinkelte Aufbau dient dazu, feindliche Infiltratoren zu verwirren“, erklärte Kyuso recht beiläufig. „Ist ihnen gelungen. Ich bin froh, dass Lokhain eine Karte auftreiben konnte“, erwiderte Milque und schüttelte den Kopf. „Seid still!“, befahl Rheyya zischend, „Wollt ihr, dass man uns hört?!“

    Quen schaute konzentriert auf die Karte. „Offen gesagt überrascht es mich, dass wir nur so wenigen Wachposten begegnet sind.“ Kyuso murrte bejahend. „Eine Basis von der Wichtigkeit sollte strenger bewacht werden...“ „Vielleicht versuchen sie durch weniges Wachpersonal ja 'unwichtiger' zu wirken“, mutmaßte Palphara. „Es könnte um die Labore herum stärkere Patrouillen geben...“, fügte Milque hinzu, als sich vor ihnen auf einmal eine Tür verschloss, bevor sie hindurch schlüpfen konnten. Er ließ die Schultern leicht hängen. „Oder ein Hinterhalt... natürlich...“

    Rheyya wandte sich um, als sie stampfende Schritte vernahm, die scheinbar durch die Korridore auf sie zu eilten. „Quen?“, sprach sie ihren Kameraden an, während sie ihr Lichtschwert ergriff und es aktivierte. Der Mirialaner widmete sich bereits dem Problem mit der Tür. „Biometrisches Schloss. Wir brauchen die Hand einer Wache.“ „Das sollte nicht schwierig sein“, sprach Kyuso, während auch er seine Waffe einschaltete. „So hat er das nicht gemeint!“, antwortete Palphara erschrocken, als auch schon feindliche Soldaten aus den Abzweigungen in den Gang strömten und das Feuer eröffneten, während sie sich Deckung suchten.


    Die verschiedenfarbigen Klingen wirbelten surrend durch die Luft. Zischende Geräusche ertönten, als die Projektile mit blitzschnellen Bewegungen gekonnt abgefangen wurden. Elegant bahnten sich die Ritter ihren Weg durch die Salven aus roten Lichtblitzen zu der Position ihrer Gegner. Diese versuchten zurückzuweichen, um Abstand zu gewinnen, doch mit der Schnelligkeit von Jedi konnten sie es nicht aufnehmen. Die ersten Hiebe erfolgten mit kreischenden Tönen und brachten einen Verteidiger nach dem anderen zu Fall.


    Quen streckte seine Hand aus und zog einen der unverletzten Feinde mithilfe der Macht zu sich. Schreiend stieß der Soldat gegen die versperrte Metallpforte und sackte ohnmächtig neben Quen am Boden zusammen. Jener packte den Bewusstlosen und presste dessen Hand auf den biometrischen Scanner des Türschlosses. Ein grünes Lämpchen blinkte auf, woraufhin das Tor den Weg wieder freigab.


    Rheyya streckte gerade einen weiteren Gegner nieder, als sie bemerkte, dass Quen Erfolg hatte. Sie wollte ihrer Truppe gerade befehlen, in Richtung der Labore zurückzuweichen, als sich mit einem Mal ein weiterer Soldatentrupp der Wacheinheit anschloss, begleitet von einer düsteren Figur, die nichts anderes als ein Sith sein konnte – eine sehr dürre Frau mit ausgeprägten Wangenknochen und weißblondem Haar. Mit verhängnisvoller Miene betätigte sie den Schalter an ihrem verzierten Lichtschwert, das daraufhin seine markante, rote Klinge preisgab.


    „Velkarn, Kyuso! Wir halten sie hier beschäftigt! Quen schnapp dir den Rest und beeil dich!“, befahl Rheyya und bewegte sich durch das Gefecht zielstrebig auf die gefährlichste Gestalt unter ihren Gegnern zu. Quen nickte nur verständig und eilte sofort los, dicht gefolgt von Milque, Palphara und Laaz.


    Bevor Rheyya die Sith erreichen konnte, stellte sich Kyuso zwischen die beiden, während er einen der Soldaten erschlug. „Du gestattest, Rheyya?“, fragte er ruhig. Rheyya hielt verdutzt inne, hatte jedoch nicht die Zeit nachzufragen, als eine der Wachen das Feuer auf sie eröffnete und sie gezwungen war, die Geschosse abzuwehren.


    Indes bewegte die blonde Sith ihre Mundwinkel zu einem bösartigen Grinsen. „Kyuso, mein Lieblingsverräter... Was für eine angenehme Überraschung. Mein Meister wird sich freuen, wenn ich ihm deinen Kopf bringe...“ „Stretta...“, entgegnete Kyuso nur kalt mit einem schwachen, kaum höflichen Nicken zum Gruß. Kurz darauf schwang die Sith auch schon die Waffe in ihrer ersten Attacke durch die Luft.


    Velkarn kämpfte sich zu Rheyya durch und erstach einen Imperialen, der versuchte, sie von hinten anzugreifen. „Quen musste ja auch unbedingt erwähnen, wie wenige Wachen hier drinnen doch sind, was?“, spaßte er außer Atem. „Falsche Situation!“, antwortete Rheyya konzentriert auf das Gefecht. Nur kurz warf sie einen Blick über ihre Schulter. Kyuso schlug sich wacker im Kampf mit der Sith, doch er tat es ruhig und aufmerksam, nicht im Zorn. Der Moment war dafür ungeeignet, doch kurz flammte in ihrem Geist der Gedanke auf, dass der ehemalige Sith-Schüler sich auf einem guten Weg befand.


    Mit einem Mal bebte die Erde, begleitet von den Klängen gewaltiger Explosionen. Die Kämpfer gerieten kurzzeitig ins Stolpern. Kyuso konnte sich rasch fangen und nutzte die Chance um seine Rivalin mit einem Machtstoß fortzuschleudern. „Das muss das Labor gewesen sein!“, rief Velkarn, als auch schon Rheyyas Ohrkommunikator einen Ton von sich gab.


    In einer schnellen Bewegung nahm sie den eingehenden Anruf entgegen, ehe sie langsam zurückwich, um vor der feindlichen Übermacht zu flüchten. Milques Stimme ertönte in ihrem Ohr. „Wir haben die Formel der Viper-8-Seuche und das Labor ist erledigt! Laaz ist verletzt. Wir nehmen einen anderen Weg zum Hangar. Trefft uns dort!“ „Verstanden“, antwortete Rheyya und schaltete den Kommunikator wieder ab. „Rückzug! Rückzug!“, befahl sie.


    Während Kyuso ihr direkt folgte, versetzte Velkarn der Sith im Lauf noch einen Tritt, um sicherzugehen, dass sie ihnen auf der Flucht keine weiteren Schwierigkeiten machte. Er grinste kurz kess, dann aber traf ihn ein Projektil an der Schulter. Ein Aufschrei drang aus seiner Kehle.


    „Velkarn!“, rief Rheyya und machte sofort kehrt. Während sie Velkarn dabei half, sich trotz der Schmerzen in Bewegung zu setzen, gab Kyuso ihnen Deckung und blockte weitere Schüsse, rückwärts hinter den Geschwistern her eilend.


    „Das war dumm, Velkarn!“, wies Rheyya ihren Bruder mit bebender Stimme zurecht. „Ich wollte sichergehen, dass sie uns nicht folgt“, antwortete er ächzend. „Es war dumm!“ „Besprecht das später! Rheyya, du musst konzentriert bleiben!“, rief Kyuso den beiden zu. Rheyya blickte kurz hinter sich zu dem Zabrak-Krieger, dann nickte sie. „Schaffst du's, Velkarn?“ „Denkst du, ich breche jetzt schon zusammen?“, antwortete er und zwang sich zu seinem schelmischen Grinsen. Rheyya nickte anerkennend und hob wieder ihre Waffe, den Blick nach vorn gerichtet, um entgegenkommende Feinde abwehren zu können.
    Der Rückweg erschien ihr nur halb so lang wie der Hinweg. Das Adrenalin floss durch ihren gesamten Körper. Schließlich erreichten sie gehetzt den Hangar. Die Tür war aufgesprengt worden und die Swordfish umzingelt von feindlichen Soldaten.


    Die Geschütze des Schiffs hatten bereits beträchtlichen Schaden verursacht und als sich Rheyya, Velkarn und Kyuso einen Weg durch die Feinde bahnten, öffnete sich die Eingangsluke bereits für sie. Lokhain eilte aus dieser heraus, bewaffnet mit einem schweren Blastergewehr. Ohne zu zögern eröffnete er das Feuer und gab den anderen die Deckung, die sie benötigten. „Wo zum Huttenarsch sind die anderen?!“

    Rheyya schob ihren Bruder in das innere des Schiffs, ehe sie sich Lokhain zuwandte. „Unterwegs.“ „Wir halten hier aber nicht mehr lange durch, verflucht!“ „Sie werden kommen“, bestätigte Kyuso seine Anführerin, dann sprang er auch schon wieder von der Rampe in die Menge wie ein Berserker. Lokhain hob die Brauen. „Dieser Zabrak ist völlig irre!“ „Gib uns Deckung“, antwortete Rheyya und schon folgte sie Kyuso nach unten, um ihn zu unterstützen.


    Der Geruch von verbranntem Fleisch und geschmolzenem Metall lag in der Luft, während die beiden Jedi die Stellung hielten. Rheyyas Herz sprang ihr beinahe aus der Brust. Jeder Atemzug schien wie eine Stunde, die verstrich. Plötzlich kamen die anderen endlich durch die aufgeschossene Tür in den Hangar geströmt. Hastig rannten auch sie auf das Schiff zu und schlossen sich Rheyya, Kyuso und Lokhain im Kampf an. Gemeinsam zogen sie sich immer weiter zurück, bis sie ins Innere der Swordfish fliehen konnten.


    Rheyya deaktivierte außer Atem ihr Lichtschwert. „Palphara! Kümmere dich um Velkarn und Laaz! Und Lokhain...“ „Losfliegen, ja, ja!“, unterbrach er sie und rannte ins Cockpit, wo er sofort die Triebwerke startete. „Das klingt vielleicht absurd, aber ich war noch nie so froh über einen Hangar ohne Abschottung...“, murmelte Milque, als sich auch schon das Schiff vom Boden hob und die Besatzung kräftig durchschüttelte. Rheyya stürzte fast, als das Schiff sich ausrichtete und dann sogleich mit vollem Schub aus dem Hangar schoss...

  • „Sei froh, dass dieser Akkhund dich verfehlt hat!“



    „Ich bin froh, dass du so gut mit Tieren umgehen kannst.“



    Milque stellte seinen Becher ab und pustete sich seine zerzausten Locken aus dem Angesicht. „Bei der Macht Rheyya...“, sagte er, „Atme einmal tief durch und gönn' dir etwas Ruhe. Die Labore sind zerstört und die Pläne der Viper-8-Seuche geborgen. Der SID arbeitet in dieser Sekunde an einem Heilmittel. Es gibt keinen Grund sich weiter zu sorgen.“ Palphara nickte energisch auf seine Worte und blickte mit großen Augen in das Gesicht der Truppführerin. „Da muss ich zustimmen“, erklärte sie mit einem Schulterzucken, „Ich meine, wenn selbst Milque das sagt...“ Milque legte die Stirn in Falten. „Hey!“


    Rheyya verzog ihre Lippen. Wortlos klemmte sie sich eine lose Strähne hinter ihr Ohr, die ihr neckisch ins Gesicht gefallen war. Das blasse Blau ihrer Augen spiegelte Sorge wider, die sie nur schwer vor den anderen verbergen konnte. Nach mehreren Sekunden des Schweigens hob sie schließlich den Blick und sah ernst in die Runde. „Wir haben die Situation unterschätzt“, hielt sie fest, „Velkarn und Laaz wurden verwundet. Wäre der Alarm nicht deaktiviert gewesen, hätte uns das vermutlich umgebracht.“ Velkarn hob seine Brauen. „Ich armes, verletztes Kerlchen bin übrigens hier und sage dir ebenfalls, dass du dir darüber nicht weiter den Kopf zerbrechen solltest“, bemerkte er schalkhaft wie üblich. Man lernt aus seinen Fehlern. Nichtsdestotrotz ist keiner von uns gefallen und die Aufgabe wurde erfüllt. Das war ein Sieg, fügte Laaz ihm hinzu.


    Rheyya schnaubte nur und wich einer Reaktion aus, indem sie einen großen Schluck aus ihrem Glas zu sich nahm. Es war das erste Mal, dass sie in einer einfachen Kneipe wie dieser trank. Im Grunde war dieses Lokal alles andere als das, was sie und die anderen gewohnt waren, aber was sollte man in der Ländlichkeit von Balmorra auch anderes erwarten? Die Stadt war durch republikanische Soldaten befestigt worden und da es nur eine Cantina im Ort gab, traf sich jedermann an diesem Ort, ob einfacher Bauer oder hochrangiger Offizier. Lokhain hätte sich an einem Ort wie diesem vermutlich wohlgefühlt. Sie wollte sich selbst dafür ohrfeigen, doch insgeheim fand sie es schade, dass er gerade nicht zugegen war.


    Mit einem Mal legte Quen seine Hand auf ihre Schulter und lächelte sie ermutigend an. „Du strebst zu sehr nach Perfektion, Rheyya“, erklärte seine ruhige Stimme, „Du weißt, dass niemand sie erreichen kann. Du hast dir eine Pause und ein paar angenehme Gedanken verdient.“ Rheyya wandte ihm ihren Blick zu. Seine Augen waren warmherzig und schienen irgendwie durch sie hindurch zu blicken. Es war, als hätte der Mirialaner soeben gespürt, dass sie Lokhain vermisste. Hastig trank sie noch einen Schluck. „Was ist mit der Sith?“, lenkte sie schnell ab und blickte forschend in Kyusos Richtung.


    Der ehemalige Sith-Schüler saß recht schweigsam unter seinen Kameraden. Er redete allgemein nur selten aus dem Nähkästchen und lauschte eher. Mitunter war diese Haltung ein Grund dafür, dass die meisten Jedi ihm auch weiterhin nur wenig Vertrauen entgegen brachten. Man ging davon aus, dass er zuhörte, um Informationen zu sammeln. Rheyya sah dies anders. Kyuso bereute frühere Taten. Irgendwie spürte sie, dass sein Herz am rechten Fleck saß.


    „Du nanntest diese Frau Stretta“, erinnerte Rheyya den Zabrak, „Woher kennst du sie?“ Velkarn verdrehte unauffällig die Augen. „Warum wundert es mich nicht, dass du da sofort nachbohrst?“ „Hättest du dich öfter über deine Feinde informiert, wärst du damals auf Corellia nur halb so oft verdroschen worden, Bruderherz“, entgegnete Rheyya mit einem schiefen Grinsen. „Davon abgesehen ist es immer gut, seinen Feind zu kennen“, ergänzte Kyuso, ehe er seine Augen auf Rheyyas blasses Antlitz richtete, „Stretta ist eine der durchtriebensten Personen, die ich kennen lernen musste. Ich war mit ihr auf Korriban. Inzwischen ist sie vermutlich ein Lord und trägt einen anderen Namen.“ Er hob kurz unwissend die Schultern. „Üblicherweise vergreift sie sich an weit Schwächeren. Ihr Mundwerk ist weit größer als ihre Fähigkeiten im Kampf, glaubt mir. Viel mehr Sorge bereitet mir der Meister, den sie erwähnt hat.“ „Du weißt, um wen es geht?“, erkundigte sich Palphara neugierig. Kyuso nickte. „Ich vermute es zumindest. Als ich noch ein Anwärter der Sith war, war Darth Ogus an Stretta und mir interessiert.“


    „Ist dieser Darth Ogus überhaupt ernstzunehmen, wenn er sich eine Schülerin nimmt, die laut deinen Worten nichts taugt?“, fragte Velkarn. „Du solltest Stretta trotz ihrer Schwächen nicht unterschätzen. Sie ist sehr grausam. Ich vermute, dass Ogus sie daher unter seine Fittiche genommen hat. Und was ihn angeht... Er ist ein Darth. Allein diese Tatsache macht ihn gefährlicher als alle Gegner, denen wir auf unseren bisherigen Missionen begegnet sind.“ „Glaubst du, er ist auch hier auf Balmorra?“, erkundigte sich Quen. „Möglich. Ich habe ihn nie im Kampf beobachtet, aber er soll sehr behände mit dem Lichtschwert sein. Außerdem spinnt er ein weites Netzwerk an Intrigen. Vorsicht ist geboten“, erklärte Kyuso.


    Palphara blinzelte und holte tief Luft. „Jetzt haben wir also schon die Aufmerksamkeit eines Darths. Ich kann nicht sagen, dass mir dieser Umstand gefällt. Vielleicht sollten wir den Rat der Jedi um Unterstützung bitten?“ „Nun, wir sollten ihn zumindest darüber in Kenntnis setzen“, antwortete Quen. Einen starken Gegner zu unterschätzen hat schon viele das Leben gekostet, erklärte Laaz mit einem Nicken. Auch Rheyya zeigte sich einverstanden. „Ich werde einen Bericht nach Tython senden. Etwas frische Luft wäre mir ohnehin ganz lieb...“ „Frische Luft... genau...“, meinte Velkarn sarkastisch, „Viel Spaß, Schwesterchen.“


    Als Rheyya sich von ihrem Stuhl erhob, stand auch Quen auf. „Ich werde dich begleiten“, erklärte er ruhig. Rheyya hielt kurz inne. Sie hatte diesen durchschauenden Blick nicht übersehen und wirkte einen Moment lang verunsichert, dann jedoch nickte sie sachte. „Natürlich, Quen.“ „Kommt ihr hier her zurück oder treffen wir uns in den Quartieren?“, erkundigte sich Palphara mit einem sanften Lächeln. „Ihr müsst euch nicht nach uns richten“, antwortete Rheyya und bewegte sich daraufhin auf den Ausgang zu, dicht gefolgt von Quen.


    Die Tür war kaum hinter beiden zugefallen, als Rheyya auch schon geschlagen seufzte. „Ich vermute, du willst mit mir über etwas reden?“ Quen schmunzelte. „Es freut mich, dass du noch immer aufmerksam bist“, antwortete er gelassen, „Lokhain ist dir sehr sympathisch, nicht wahr?“ „Für einen Gauner ist er ein guter Mann“, antwortete Rheyya und strich sich über den Nacken. „Natürlich, aber deswegen allein nimmt Velkarn wohl kaum gewisse Schwingungen zwischen euch wahr.“ Rheyya verdrehte die Augen. „Velkarn macht ständig Andeutungen. Darauf solltest du nichts geben.“ Quen lachte auf. „Normalerweise nehme ich ihn auch nicht allzu ernst, da er gerne mit beißendem Humor um sich wirft, aber ich bemerke es ebenfalls.“


    Rheyya holte tief Luft, dennoch fiel es ihr schwer, ihre Lungen vollständig zu füllen. „Worauf willst du hinaus?“, erkundigte sie sich und versuchte, ihre Nervosität zu verbergen. „Wir sind Jedi, Rheyya. Du bist meine beste Freundin, daher werde ich mich dir nicht entgegen stellen. Ich vertraue dir, aber dennoch möchte ich daran erinnern, was es bedeutet, dem Orden anzugehören.“ Rheyya seufzte. „Ich verstehe“, erklärte sie. Man konnte deutlich hören, wie unangenehm ihr diese Unterhaltung war. „Ich will dich nicht bedrängen“, antwortete Quen, „Was immer du tust... Sei bitte einfach vorsichtig.“ Rheyya nickte knapp, vielleicht etwas zaghaft. „Danke Quen.“


    Plötzlich ertönten Schüsse, gefolgt von einer Explosion.


    Rheyya und Quen hielten schlagartig inne. „Was geht da vor sich?!“, fragte Quen erschrocken, „Ein Vergeltungsschlag des Imperiums?“ Rheyya schüttelte den Kopf. „Dafür sind die Schüsse nicht zahlreich genug. Komm!“ Sie rannte sofort los, folgte dem Lärm.


    Wenige Sekunden später erreichten die beiden Jedi einen kleinen Platz, welcher der Quell der Schusslaute war. Am Boden befanden sich ein paar kleinere, schwarze Krater. Ein großer, dunkelhäutiger Mann in schwerer Rüstung hatte Lokhain am Hals gegriffen und stieß ihn mit dem Rücken voran gegen eine der Mauern. Neben ihm stand ein junges Twi'lek Mädchen – eine Rutian von kaum 13 Jahren, die ebenfalls eine Rüstung und ein Gewehr bei sich trug. Ein Sklavenhalsband zierte ihren Hals.


    Als Rheyya dieses Bild sah, griff sie zu ihrem Lichtschwert und aktivierte es. Der zischende Laut ließ den Fremden in der Rüstung innehalten und sich umdrehen. Lokhain wiederum setzte ein breites, triumphales Grinsen auf. „Perfektes Timing!“ „Was geht hier vor sich?“, fragte Rheyya mit strenger Stimme und blickte in das Gesicht des Unbekannten, der sich jedoch nicht dem Geringsten von ihr einschüchtern ließ.


    „Diese Sache betrifft Euch nicht, Jedi“, erklärte der dunkelhäutige Mann kühl. Lokhain lachte auf. „Wenn du wüsstest...“, kommentierte er die Worte des anderen, wofür er direkt einen Faustschlag ins Gesicht erhielt. Mit einem Ächzen sackte Lokhain auf seinen Hosenboden. Der Fremde nickte dem Twi'lek-Mädchen grob zu, woraufhin sie ihr Scharfschützengewehr ergriff und es wortlos auf Lokhain richtete. Er selbst wiederum griff sich an die Seite und humpelte ein paar Schritte auf Rheyya und Quen zu. Scheinbar hatte Lokhain ihn ebenfalls erwischt.


    „Wer seid Ihr?“, erkundigte sich Quen und legte kurz seine Hand auf Rheyyas Schulter, um sie dazu zu bewegen, ihre Waffe zu deaktivieren. Sie blieb jedoch achtsam stehen und musterte jede Bewegung des Unbekannten. „Stannis Xevver“, antwortete dieser knurrend, „Ich bin Kopfgeldjäger. Dieser Sandwurm dort...“ Er verwies auf Lokhain. „...mischt sich seit Jahren in meine Geschäfte ein.“ „Und Ihr seid ihm bis hier her gefolgt?“, fragte Quen. „Nein. Ich bin wegen eines Jobs hier. Dass ich auf diesen Mistkerl gestoßen bin war nur eine glückliche Fügung.“


    Rheyya legte den Kopf leicht schief und verengte die Augen. „Auf wen habt Ihr es abgesehen?“ „Denkt Ihr, dass ich Euch das verrate?“, brummte Xevver. „Ihr befindet Euch auf republikanischem Boden. Wir könnten Euch arrestieren.“ Der Kopfgeldjäger schaute verärgert zwischen beiden Jedi hin und her. „Der Job ist ohnehin geplatzt. Ich wurde beauftragt, einen General Honsley auszuschalten, aber er ist nicht hier.“


    Quen schaute verdutzt und blickte fragend in das Gesicht von Rheyya. Diese konnte sich jedoch auch keinen Reim darauf machen. „Verschwindet“, forderte sie Xevver stattdessen auf. „Was ist mit ihm?“ Mit seiner Waffe deutete er auf Lokhain. „Er arbeitet für uns und steht daher unter unserem Schutz. Lasst ihn in Ruhe und Ihr dürft in Frieden abziehen“, knirschte Rheyya einschüchternd. Xevver schien jedoch nur verärgert darüber zu sein und wandte sich ab. „Du hast Glück, Mistkerl“, fauchte er Lokhain an und blickte dann in das Gesicht des Twi'lek-Mädchens. „Drella!“


    Augenblicklich senkte das Mädchen ihr Gewehr und schloss sich dem Kopfgeldjäger an, als dieser die Szenerie verlassen wollte. „Wartet!“, rief Rheyya noch. Xevver blieb stehen und schaute sich über die Schulter. Rheyya blickte kurz zu dem Mädchen, dann zu ihm. „Eure Sklavin... Ich will sie kaufen“, sagte Rheyya und deaktivierte endlich ihr Lichtschwert. „Unverkäuflich“, brummte Xevver nur, wandte sich ab und stieß die Twi'lek grob voran in die nächtlichen Schatten.


    Lokhain rappelte sich langsam auf, während die beiden verschwanden. Ächzend wischte er sich etwas Blut von der Nase und strich im Anschluss seinen Mantel wieder glatt. „Mach dir nichts draus, Rhey... Dieses Gör ist ungefähr genauso irre wie diese hässliche Banthavisage. Da kommt jede Hilfe zu spät.“ „Hilfe kommt nie zu spät, Lokhain“, antwortete Rheyya, während sie sich ihm näherte. Sie berührte seine Schulter. „Geht es dir gut?“ Er nickte nur. „Ein paar Beulen, ein paar Kratzer... Ich habe ihn schlimmer erwischt.“ „Palphara sollte sich das dennoch einmal ansehen“, erklärte Quen, „Komm. Sie ist vermutlich noch in der Cantina.“ „Wunderbar, dann kann ich mir gleich einen Abrax gönnen!“, antwortete Lokhain und zog das Blut seine Nase hinauf, während er Rheyya und Quen folgte.


    Quen warf Rheyya einen kurzen Blick zu. Sie wusste, was er ihr damit sagen wollte...

  • „Ich habe Angst. Auf einmal ist alles anders...“



    „Alles wird gut. Ich bin für dich da. Jederzeit.“



    Ihre Augen waren glasig und blickten starr aus dem Sichtfenster. Sie lehnte regungslos an der Transportertür, die Stirn ermattet gegen ihren Unterarm gelegt, an dem sie sich stützte. Ihre Schläfen schmerzten. Unzählige Gedanken wirbelten in ihrem Kopf herum und doch fühlte sie sich zeitgleich leer und abgestumpft. Ihr Atem war flach, das Herz hingegen schlug schnell. Es war lange her, seit sie zuletzt so gefühlt hatte. Damals hatte ein ruchloser Straßengauner ihre kleine Schwester bedroht. Diesmal war es noch schlimmer.


    „Rheyya, ist alles in Ordnung? Du bist so still...“, wisperte Palphara mit besorgter Miene, „Stiller als sonst.“ Quen wandte recht langsam seinen Blick von der Anführerin ab und schaute sanft in das Gesicht der schonungsvollen Kameradin. „Auch für einen Jedi ist es schwer, den Umgang mit Verlusten zu erlernen“, erklärte er leise.


    „Wir haben ihn nicht verloren“, protestierte Rheyya mit emotionsloser Stimme. Endlich stieß sie sich von der Transportertür ab. Der Flug war dieses Mal unnatürlich reibungslos und erschien schneckenlahm. Mit Nachdruck schweiften ihre blauen Augen einmal über die Gesichter ihrer Begleiter, „Wir holen ihn zurück. Verstanden?“


    Einen Moment lang schien niemand etwas sagen zu wollen. Erst nach einigen endlos erscheinenden Sekunden beugte Velkarn sich etwas vor, um tiefer in die Seelenspiegel seiner Schwester blicken zu können. „Ja, tun wir“, sagte er dann leise, aber bestimmt. Rheyyas Anspannung schwand leicht, als sie diese Antwort hörte. Sie blieb dennoch sehr sichtbar.


    Milque hatte eine nachdenkliche Miene aufgesetzt, seit sie die Nachricht erhalten hatten. „Es geht nicht in meinen Kopf...“, murmelte er kaum hörbar, „Warum sollten die imperialen Streitkräfte an Lokhain interessiert sein? Ich will nichts Falsches sagen, es ist einfach...“ Er ist ein Schmuggler, der ausgebildete, militärische Führungspersönlichkeiten nicht interessiert. Eine Entführung ist daher verständlicherweise nur schwer zu glauben, meinte Laaz kühl, der mit verschränkten Armen neben Milque saß.


    Rheyya schlug ihre Faust gegen den Rahmen der Seitentür. „Mir ist egal, warum sie ihn gefangen genommen haben. Niemand wird zurückgelassen!“, hielt sie klar und deutlich fest, ehe ihr Blick zum Pilotensitz herüber glitt. Da Lokhain fort war, ließ sich das Team von einem Droiden fliegen. Zwar führte die republikanische Armee einen simultanen Angriff gegen die imperiale Basis aus, allerdings hatte keiner der Soldaten freiwillig an einem Direktangriff auf das Herz der Einrichtung teilnehmen wollen. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, allerdings hatte Rheyya sich dazu entschieden, niemanden für diese Mission zu verpflichten. Sie hoffte inständig, dass sie mit dieser Nachsicht keinen Fehler begangen hatte.


    „Wie lange?“, fragte sie den Droiden. „Das Ziel ist fast erreicht. Bitte halten Sie sich für den Absprung bereit“, reagierte dieser mechanisch, „Die Gefangenenzellen liegen laut Bauplan direkt unter dem Innenhof der Basis, allerdings fürchte ich, wird die Gegenwehr enorm sein.“ Rheyya nickte nur bestätigend und wandte sich wieder an das Team. „Ihr habt ihn gehört. Macht euch bereit“, befahl sie.


    Recht langsam erhoben sich die übrigen Jedi von ihren Plätzen. Sie wirkten gedrückt. Es schien, als läge eine unsichtbare Dunkelheit auf dem Transporter und Rheyya konnte spüren, dass es nicht die Sorge um Lokhain war, die ihre Gefährten so sehr verunsicherte. Ihre Miene war blass. Sie versuchte Blickkontakt zu vermeiden, vor allem als sie diesen besorgten Blick von Quen im Augenwinkel erkannte. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt.


    „Wir erscheinen auf dem Feindradar in 17 Sekunden. Bitte halten Sie sich bereit“, kündigte der Flugdroide an. Schweigend griff Rheyyas Rechte nach ihrem Lichtschwert, während sie sich herum drehte, um aus dem Gefährt zu springen, sobald sich die Türen öffneten. Sie nahm einen tiefen Atemzug und schloss einen Moment lang die Augen. Sie wusste um ihre dunklen Gefühle und versuchte, sie in die Macht abzugeben. Es war schwer.


    Dumpf hörte sie das Zischen von Geschossen, die dann unweit vom Transporter entfernt explodierten. Das Fahrzeug polterte. Sie konnte spüren, wie es den Angriffen auswich. In dieser Situation erwies sich der Droide als weit ungeschickter als Lokhain. Der Captain war ungestüm und draufgängerisch, doch er wusste einen Gleiter zu steuern, wenn es ernst wurde. Das war eine der vielen Eigenschaften an ihm, die Rheyya bewunderte. Das Zischen der Türverriegelung drang an ihr Ohr. Ihre Lider hoben sich wieder. Sie musste ihn da raus holen...


    Sie lehnte sich nach vorn, ließ sich einfach aus dem Transporter fallen und aktivierte dabei ihr Lichtschwert. Ihre Muskeln spannten sich an, ihre Beine bildeten eine Gerade mit ihrem Rumpf, während sie auf den Hof der Basis zu stürzte. Perfekt abgestimmt nutzte ihr Körper selbst kleinste Regungen, um jedem Schuss auszuweichen, der in ihre Richtung ging, dann verlagerte sie ihr Gewicht. Ihr Leib drehte sich herum, der Boden kam immer näher.


    Zischend schwang sie die gelb leuchtende Klinge durch die Luft. Ächzend ging einer der imperialen Soldaten zu Boden, noch während Rheyya sich auf dem staubigen Boden abrollte. Ohne die Bewegung zu stoppen schwang sie sich zurück auf ihre Füße und wirbelte konzentriert ihre Waffe um sich, um jedes Projektil abzuwehren, das man ihr entgegen feuerte.


    Ihre Miene war verhärtet. Um sie herum erschien alles viel langsamer. Tatsächlich war es leicht, die Angriffe abzuwehren und als sie sich schließlich in Bewegung setzte, wichen die Feinde fast augenblicklich zurück. Sie bekamen Angst. Rheyya wusste nicht, was sie ausstrahlte, aber ihre Entschlossenheit ging tiefer als alles andere bisher. Diese Sache war persönlich.


    „Wir müssen durch eines der Tore und dann in den nächsten Fahrstuhl!“, brüllte Kyuso laut. Rheyya hatte ihre Kameraden bis zu diesem Punkt kaum mehr wahrgenommen. Sie war auf ihr Ziel fokussiert gewesen. Erst jetzt kehrte sie gedanklich in die Realität zurück. Ihr Lichtschwert zerschnitt den Brustkorb eines Gegners. Vor ihr lag bereits eines der Tore. Sie wirbelte herum und schaute sich nach ihren Kameraden um. Sie alle waren ihr gefolgt.


    Milque und Laaz stießen gerade zu den anderen, dicht gefolgt von Kyuso, der die Gruppe gedeckt hatte. „Dieser Außenposten ist verloren und die Imperialen wissen das, trotzdem wird Stretta nicht fliehen“, erklärte der ehemalige Sith-Schüler mit herber Stimme, „Es ist besser standzuhalten, als den Zorn von Darth Ogus auf sich zu lenken, weil man versagt.“ „Wird sie sich uns in den Weg stellen?“, fragte Rheyya, während Quen bereits daran arbeitete, das Tor aufzubekommen. „Die Nachricht, dass ein Trupp Jedi in den Innenhof eingefallen ist, wird sicher bereits zu ihr durchgedrungen sein. Dennoch... Sie wird bleiben“, verdeutlichte Kyuso noch einmal. Rheyya nickte nur. „So sei es.“ Ihr Blick ging zu ihrem mirialanischen Begleiter. „Quen? Wie weit bist du?“, wollte sie wissen.


    Quen war noch immer damit beschäftigt, mit dem Lichtschwert ein Loch in das Tor zu schneiden, kam jedoch nur langsam voran. „Einen Moment noch!“, knirschte er angestrengt dabei. Milque eilte zu ihm und stieß ebenfalls die Waffe in das Metall, um seinem Schnitt entgegen steuern zu können. „Ihr habt ihn gehört. Deckung aufrecht erhalten!“, orderte Rheyya und positionierte sich schützend vor den beiden Türknackern.


    Velkarn kam etwas näher und positionierte sich dicht neben ihr. „Hab dich noch nie so zielgerichtet erlebt...“, flüsterte er ihr zu und wehrte einen feindlichen Angriff ab, woraufhin er den Schützen mit einem Machtstoß weit nach hinten schleuderte. Rheyya warf ihrem Bruder einen kurzen Blick zu, konzentrierte sich dann aber ohne eine Antwort zu geben wieder auf die Verteidigung von Quen und Milque. „Du warst schon mal redseliger...“, fügte Velkarn einen Moment später hinzu, weiterhin damit beschäftigt, gemeinsam mit seiner Schwester weitere Schüsse abzuwehren, „Wir sollten mal miteinander sprechen...“ „Es gibt nichts zu besprechen“, erwiderte sie konzentriert. Quen hatte schon einmal versucht, ihr etwas aufzuschwatzen. Von Velkarn würde sie sich noch viel weniger etwas anhören wollen. Jener presste enttäuscht die Lippen aufeinander und wandte den Blick ab, danach schwieg er.


    Ein metallisches Poltern ertönte hinter den Livindoe-Geschwistern. „Geschafft!“, rief Milque laut und als Rheyya sich zu ihm und Quen umdrehte, winkte er die anderen bereits hinein. Rheyya setzte sich in Bewegung und ging voraus, dicht gefolgt vom Rest ihres Teams. Lediglich Kyuso hielt inne. „Nach dir, Lockenschopf“, brummte er Milque an, „Ich kann unseren Rücken besser sichern als du.“ „Klingt... glaubwürdig...“, antwortete Milque unsicher, räusperte sich und eilte ebenfalls ins Innere des Baus, woraufhin Kyuso ihm rückwärts folgte. Inzwischen hatten Rheyya und Velkarn bereits die Führung übernommen und die Angriffe der Wachposten erwidert, welche ebenso wie ihre Kameraden bereits nach hinten auswichen. Der Großteil der Garnison war auf den Hauptangriff der Republik fixiert. Ein paar Schützen waren längst keine Hürde mehr.


    Rheyya sprang über ihren Bruder hinweg und spürte, wie ein paar Schüsse in der Luft an ihr vorbei glitten, ehe sie zwischen den feindlichen Truppen landete. Sie lehnte sich nach hinten, streckte den Waffenarm aus und ließ ihren Oberkörper einmal kreisen, wobei sie die Gegner um sie herum mit einem ringförmigen Schnitt niederstreckte. Anschließend richtete sie sich wieder auf und schritt ohne einen Gedanken zu verschwenden zur Tür des nächsten Fahrstuhls.


    Die Gruppe sammelte sich im Inneren des Aufzugs. Kaum waren die Türen geschlossen, schlug Rheyya auch schon ungeduldig ihre Faust auf den unteren Knopf. Ihr Blick kreuzte anschließend scheinbar zufällig den von Quen. Eine fast strafende und enttäuschte Miene lag auf seinen Zügen. Rasch wandte sie sich von ihm ab, während der Lift sich in Bewegung setzte.


    Sie war wütend. Sie wollte es nicht zugeben, aber sie war wütend. Das Imperium hatte Lokhain entführt und nun schauten alle sie so eigenartig an, als wäre sie nicht wiederzuerkennen. Sie fühlte, wie ihre Muskelpartie sich vor Ärger verhärtete bei dem Gedanken daran. Es war ungerecht von ihr eine derartige Teilnahmslosigkeit zu erwarten.


    Konzentriert wurde der Angriff fortgesetzt, kaum dass sich die Türen des Fahrstuhls wieder geöffnet hatten. Einige Soldaten hatten das Team von Jedi-Rittern erwartet, doch damit hatte Rheyya gerechnet. Sie schritt aus der Kabine in den nächsten Korridor hinein und wehrte die Schüsse ab, die ihr entgegen flogen, lenkte sie sogar zum Teil zurück, um die Imperialen zu verunsichern. Tatsächlich löste sich die Ordnung der feindlichen Truppen zunehmend auf. Keiner von ihnen wollte sich unnötig töten lassen und so sank der Widerstand. Die letzten Schritte bis zu den Zellen waren sogar ohne Feindkontakt schnell hinter sich gebracht.


    Ohne zu zögern stieß Rheyya ihr Lichtschwert in das Schloss der Eingangstür, welche in den Gefängnisabschnitt führte. Das Metall schob sich beiseite und gab den Blick auf eine Folterkammer frei, die umringt war von abgegrenzten Zellen. In ihrer Mitte stand eine senkrechte Torturplattform an die man Lokhain geschnallt hatte. Sein Oberkörper lag frei und wies einige Verletzungen auf. Er war regelrecht übersät mit Verbrennungen, Einstichen, Schnitten und blauen Flecken. Rheyya erstarrte regelrecht bei diesem Anblick.


    „Ihr seid also hier um den General zu retten, was?“


    Die Blicke der Jedi richteten sich in aller Verwunderung auf Stretta, die unweit von ihnen entfernt auf einem Metallstuhl saß. Sie sah mit leerem Gesichtsausdruck hinab auf den Boden und ihre Stimme klang resigniert, fast als wüsste sie genau, dass es kein Entkommen mehr für sie gab. Rheyya schenkte ihr keine Beachtung, sondern schnellte augenblicklich auf den Gefangenen zu. „Lokhain!“, hauchte sie mit blassem Antlitz und machte sich eilig daran, seine Fesseln zu lösen, „Wir sind da! Wir bringen dich hier raus.“


    Schwach hob Lokhain seine Lider und schaute einen Moment lang still in Rheyyas geweitete Augen, als wäre er unsicher, ob sie nicht nur eine Einbildung war. „Sie... haben mich für diesen General Honsley gehalten...“, wisperte er kraftlos, „Meinten, ich hätte mich verkleidet... Ich habe ihnen gesagt, dass das Quatsch ist, aber... dafür haben sie nur... noch mehr...“ Er kniff die Augen zu, presste die Lippen aufeinander, senkte den Blick. Rheyya legte ihre Hand an seine Wange. „Es ist okay... Du bist jetzt in Sicherheit...“, hauchte sie und unterdrückte selbst Tränen. Sie durfte vor ihren Kameraden nicht weinen. Palphara erschien neben ihr und half dabei, die Schläuche und Fesseln zu entfernen. Auch sie schaute mitfühlend zu dem Captain auf. „Wir bringen dich auf eine Krankenstation. Alles wird gut!“


    Kyuso lachte verächtlich auf und schritt auf Stretta zu. „Ihr habt diesen Mann für einen Inkognito-General gehalten? Zwei Tage lang? Das brauchst du mir nicht erzählen, Stretta...“ Die Sith-Schülerin sah nicht zu dem bulligen Zabrak auf und schwieg. Die Art und Weise, in der sie ihre Augen verengte, ließ durchscheinen, dass sie Lokhain schlussendlich wohl nur aus Vergnügen weiter gefoltert hatte. Laaz schüttelte den Kopf und auch Milque zeigte sich entsetzt über diese Erkenntnis.
    Ächzend fiel Lokhain den beiden Frauen beinahe entgegen, als diese ihn endlich aus den Ketten befreit hatten. Rheyya wickelte die Arme um seinen Leib, um ihn aufrecht zu halten. „Gib mir seinen Mantel“, wies sie Palphara an, als sie das Kleidungsstück auf einem Tisch entdeckte. Jene nickte nur verständig, holte die Jacke herbei und legte sie dem Verletzten über die Schultern.


    Velkarn stampfte auf Stretta zu. „Wir werden dafür sorgen, dass Ihr für lange Zeit in einem republikanischen Gefängnis verschwindet!“, knirschte er eindringlich. Stretta schien dies bereits akzeptiert zu haben. Sie erinnerte an ein Mädchen, das nicht einsah, warum seine Eltern es gescholten hatten.


    „Nein...“, keuchte Lokhain und löste sich von Rheyya. Die Blicke gingen überrascht zu ihm. Seine Miene blitzte puren Hass in Strettas Richtung, während er sich zu einer halbwegs aufrechten Haltung zwang und ein wenig auf sie zu humpelte. „Diese Frau... verdient... weit Schlimmeres!“, verlangte er und stützte sich auf den Tisch neben der Folterbank. Er konnte kaum stehen, doch er setzte wohl alles daran, noch einen Moment lang durchzuhalten.


    „Sie wird eine gerechte Strafe für ihre Taten erhalten, Lokhain“, versuchte Quen ihn zu beruhigen. Lokhain schwieg. Nach wenigen Sekunden nickte er. „Ja... das wird sie...“, flüsterte er leise. Plötzlich griff er sich eines der Torturmesser vom Tisch, stieß diesen beiseite und stürzte wahnhaft brüllend auf Stretta zu, die erschrocken die Lider aufriss.


    Die Klinge glitt in ihr Auge. Nach einem kurzen Aufschrei war es vorbei...

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    „Rheyya... Ich will dir keine Vorschriften machen, aber ich weiß, dass du es während des Angriffs gespürt hast. Es... muss aufhören...“

    Sie hatte den Blick gesenkt, die Arme verschränkt. Sie wollte Quen gerade nicht ansehen. Sie ertrug diese leidige, ermahnende und zeitgleich sorgevolle Miene gerade nicht. Die langen, rotbraunen Strähnen waren zerzaust und schwarze Augenringe bewiesen die schlaflosen Nächte, seit man Lokhain in medizinisch geschulte Hände gegeben hatte. Seitdem hatte sie das Militärkrankenhaus nicht mehr verlassen und war dem Captain praktisch nie weit von der Seite gewichen.
    Quen stand wie angewurzelt neben ihr. „Du weißt, dass ich nur das Beste für dich im Sinn habe. Ich möchte auf dich aufpassen!“, erklärte er eindringlich. „Ich weiß nicht, wovon du redest...“, entgegnete Rheyya. Es war gelogen.
    Mit einem enttäuschten Seufzen senkte Quen den Blick. „Bitte, Rheyya... Geh in dich. Komm zur Vernunft. Ich will nicht, dass du etwas tust, was du bereuen könntest...“ Noch immer würdigte Rheyya ihn keines Blickes. „Du bildest dir etwas ein“, log sie erneut. Dieses Mal reagierte ihr alter Freund nicht mehr darauf. Langsam wandte er sich ab und überließ die Anführerin des Trupps wieder sich selbst.
    Erst jetzt sah Rheyya ihm hinterher und tatsächlich bildete sich eine leidige Miene auf ihrem Antlitz. So viele verbotene Gefühle schwirrten durch ihren Geist. Angst... Zorn... Leidenschaft... Sie wusste, dass es falsch war. Sie wusste, dass Quen zu Recht auf sie einredete und doch wollte sie es nicht wahr haben. Der Rat der Jedi bestand aus alten Männern und Frauen, die die Sicht für das Wesentliche aus den Augen verloren hatten. Ihre Lehren waren veraltet, sie waren nicht mehr zeitgemäß. Es war besser, wenn sie ihre eigenen Entscheidungen traf und nicht blind dem Gerede von laufenden Fossilien gehorchte.
    Sie stieß sich von der Wand ab und löste die Überkreuzung ihrer Arme. Ihre Hand betätigte den Türschalter, woraufhin sich das Krankenzimmer mit einem künstlichen Surren auftat. Ihre Augen überflogen die sterile Einrichtung in weiß und blau. Lokhain lag im Bett, doch er wandte ihr sofort den Blick zu, als er die Tür vernahm. „Rheyya...“, stellte er fest, als er sie sah und setzte ein schwaches, aber ehrliches Lächeln auf. Sie erwiderte es zaghaft.
    Mit langsamen Schritten betrat sie den Raum und näherte sich dem Bett. „Es tut mir leid, dass ich dich jetzt erst besuche...“, sagte sie leise und wischte sich fast schüchtern eine Strähne aus dem Gesicht. Es klang fast wie ein Geständnis. Lokhain winkte es schwach ab. „Ist schon okay... Ich habe ohnehin die meiste Zeit geschlafen“, sprach er locker und versuchte, für sie draufgängerisch zu grinsen. Er klang trotzdem immer noch etwas ausgelaugt. Nichtsdestotrotz entlockte er ihr ein kurzes, verlegenes Lachen.
    Lokhain zog einmal tief Luft in seine Lungen und setzte eine ernstere Miene auf. „Habe ich viel versäumt?“ Rheyya schüttelte den Kopf. „In den letzten Tagen waren es nur wenige Missionen... Du... fehlst uns“, sagte sie und setzte sich achtsam auf den Stuhl neben dem Bett, die Augen auf ihre Schuhspitzen gerichtet. „Du fehlst mir“, fügte sie kleinlaut hinzu.
    Einen Augenblick lang schwieg Lokhain, auch wenn seine Augen fest auf die von Rheyya fixiert waren. „Sie haben mir eine Menge angetan, es... war ein Albtraum...“, gestand er leise und schaute an die Decke, „Und dann warst du da... hast dich meiner angenommen... mir gut zugeredet und... mich so angesehen, als... bräche dir dieser Anblick das Herz.“ Rheyya nickte zaghaft. „Ja...“, bestätigte sie ihn nur hauchend. „Das hat noch nie jemand für mich empfunden...“, sagte Lokhain und zuckte knapp mit den Schultern, „Meine Eltern vielleicht, aber die sind längst tot und begraben. Der Rest? Keine Ahnung... ich war immer mehr 'ne Last für alle, denke ich...“
    Rheyya hob den Blick und schaute ihn mit großen Augen an. „Nicht für mich!“, sagte sie sofort und schob die untere Lippe gegen die obere. „Du bist eine Jedi“, erinnerte Lokhain sie. Seinem Tonfall nach war er genauso verwirrt und unsicher wie sie es war. Sie reagierte lediglich mit einem Nicken. „Ich weiß... Es ist alles so... kompliziert! Ich... Ich hatte Angst dich zu verlieren... Das kann ich nicht einfach weg argumentieren, indem ich mich darauf besinne, dass ich eine Jedi bin...“
    Lokhain sah sie wieder an, viel ernster als sonst. „Angst mich zu verlieren... Das... ist viel gesagt“, sagte er, „Willst du das wirklich für einen dahergelaufenen Schmuggler riskieren?“ Rheyya schüttelte den Kopf – eine Geste, die zunächst eine enttäuschte, gar traurige Miene auf Lokhains vernarbtem Antlitz erscheinen ließ. „Mir ist egal, was du bist...“, sagte sie dann, „Du bist du und... ich... habe die Monate an deiner Seite sehr genossen. Ich brauche dich! Alles... ist so schwer geworden. Quen versteht mich nicht, Velkarn schweigt mich in den letzten Tagen an, die anderen benehmen sich so...“ Sie murrte frustriert und schloss ihre Augen. „Nur du ergibst noch einen Sinn. Ich... weiß, dass ich das nicht darf, aber... etwas sagt mir, dass ich offen damit umgehen soll. Ich will offen damit umgehen, verstehst du? Ich... ich liebe dich, Lokhain...“ Vorsichtig schlug sie die Augen wieder auf und sah ihn an. Er schien zuerst etwas geschockt, fing dann aber an, sie seicht anzulächeln. „Ich liebe dich auch...“, flüsterte er, „Hab ich immer getan... Irgendwie wusste ich von Anfang an, dass du... na ja... meinem Leben einen Sinn gibst... und... das tust du auf so viele verschiedene Arten und Weisen... Es ist vielleicht komisch, ich hatte so etwas vorher noch nie, aber... ich möchte mir ein Leben ohne dich irgendwie nicht mehr vorstellen...“
    Etwas unbeholfen richtete Lokhain seinen Oberkörper auf und überwand dafür auch seine Restschmerzen. Er sah tief in ihre Augen und wickelte sachte einen Arm um sie. Darf... ich dich küssen?, fragte sie unsicher. Er lachte mild auf. Das wurde ich noch nie gefragt..., sagte er, als sei es eine schöne Erfahrung für ihn. Langsam näherte er sich ihr. Ihr Körper spannte sich an, die Finger krallten sich in ihre Knie, dann senkte sie die Lider wieder. Ihre Lippen pressten sich auf seine. Ihre Zunge begann sanft mit seiner zu spielen. Ein Feuer brannte durch ihren Körper und wischte alles hinfort, was vorher da war. Sie hatte ihren Kodex gebrochen und sie war stolz darauf...
    Ihr war auch nicht bewusst, dass außerhalb des Krankenzimmers Velkarn am Türrahmen lehnte und die Szenerie durch einen Türspalt mitangesehen hatte...

  • „Es ist meine Schuld... Es ist alles meine Schuld...“



    „...“




    Dumpf drang das Grollen mächtiger Explosionen durch die Gänge des Verwaltungsgebäudes. Die Erde bebte und der Hof war gepflastert von Brandflecken und Kratern. Der Geruch von verbranntem Fleisch erfüllte die Luft. Es gab so viele Tote. Befehle wurden gebrüllt, Deckungen gesucht, Waffen abgefeuert... Es war ein Gemetzel.


    Das Imperium hatte eine Vielzahl an Gefängniskomplexen aufgebrochen und schon kurze Zeit später war ganz Belsavis übersät gewesen mit skrupellosen Großkriminellen, die nur allzu gern Rache an der Republik und an ihren Soldaten üben wollten. Man hatte Rheyya und ihr Team darüber informiert, doch die Realität war weit schlimmer als jeder Spähbericht. Friedliche Lösungen waren längst nicht mehr möglich. Inzwischen ging es nur noch um das Brechen der Aufstände.


    „Dass sie es wagen, ausgerechnet hier anzugreifen...“, brummte Rheyya und spähte achtsam hinter dem zerstörten Geschützturm hervor, bei dem sie Deckung gesucht hatte. „Das war absehbar“, antwortete Kyuso, der direkt neben ihr hockte, „Diese Männer und Frauen sind Sträflinge, die ihre Freiheit zurück wollen. Mal davon abgesehen, dass hier die Raumfähren starten, reibt sich das Imperium die Hände, wenn die Republik ihren Zugangspunkt verliert.“ „Wir verlieren heute überhaupt nichts. Halt die Stellung und lass niemanden hinein!“, entgegnete Rheyya, wartete einen geeigneten Zeitpunkt ab und kam aus der Deckung.


    Geübt wirbelte sie ihr Lichtschwert um sich, als man sogleich das Feuer auf sie eröffnete. Konzentriert wurden die Schüsse abgewehrt, während sie einen Weg über die Hauptstraße suchte und sich schließlich hinter einer Erhöhung niederließ, um kurz zu Verschnaufen.


    „Rheyya! Hier drüben!“


    Sie hob den Kopf und erkannte unweit von sich entfernt Lokhain, Quen und Laaz, die hinter einem abgestürzten Transporter unter einer der Brücken Schutz gesucht hatten. Ein achtsamer Blick ging über ihre nahe Umgebung, ehe sie abermals aufsprang und auf das zerstörte Gefährt zu lief. Als einer der imperialen Kampfdroiden sie entdeckte und das Feuer auf sie eröffnete, ließ sie sich fallen und schlitterte den letzten Meter hinter den Gleiter, um zu ihren Kameraden zu stoßen.


    Schwer außer Atem holte sie tief Luft und lehnte ihren Rücken gegen den Transporter, ehe sie ihre Freunde fixierte. „Alles in Ordnung bei euch?“ „Soweit schon“, brummte Lokhain, der achtsam an dem Fahrzeug vorbei spähte und die Feindbewegungen im Auge behielt. „Wir haben versucht, zu Palphara und Milque zu stoßen“, fügte Quen hinzu. „Wo sind die beiden?“, fragte Rheyya. Quen wies in die Richtung des Waldes. „Sie wurden von uns abgeschnitten und ins Geäst getrieben. Velkarn versucht bereits zu ihnen zu stoßen, aber er wurde scheinbar auf dem Weg in Kämpfe verwickelt.“


    Rheyya schwieg einen Augenblick und dachte nach. Ihr Blick ging kurz zurück zum Haupteingang der Gefängnisverwaltung, wo Kyuso inzwischen die Führung der Truppen übernommen hatte und versuchte, den Feind zurückzuhalten. Sie prustete und nickte kurz. „In Ordnung...“, sagte sie und schaute in die Gesichter ihrer Kameraden, „Lokhain, Laaz... zieht euch zurück und unterstützt Kyuso bei der Verteidigung. Niemand darf die Fähren erreichen! Quen... Du kommst mit mir. Wir unterstützen Milque und Palphara.“ „Der Pilot und ich werden dafür sorgen, dass niemand den Toren zu nahe kommt, bestätigte Laaz. Lokhain seufzte. „Was hat er gesagt?“ „Er hat den Befehl bestätigt“, erklärte Quen, „Möge die Macht mit euch sein.“ „Ja, ja, wir schaffen das schon“, antwortete Lokhain. Ein schiefes Grinsen erreichte Rheyya, ehe e r Laaz auf die Schulter klopfte. „Bist du bereit?“ Laaz nickte. Ich gehe voraus, antwortete er kühl, dann sprang er auch schon auf. Lokhain schaute kurz etwas perplex drein. „Wir sehen uns später!“, meinte er noch, dann rappelte auch er sich übereilt auf und schloss sich Laaz an, diesem Feuerschutz gebend, als er todesmutig den Kampfdroiden anging.


    Rheyya sah den beiden einen Augenblick lang unsicher nach. Dieser Zwiespalt ging jedoch nicht an Quen vorbei. „Sie werden zurechtkommen“, entwarnte er sie. Sein Tonfall verriet aufs Neue, dass er sie längst durchschaut hatte und wusste, dass ihre Hauptsorge Lokhain galt. Rheyya sah ihn kurz mahnend an, entschied sich allerdings, nichts auf seine Worte zu antworten. „Milque und Palphara brauchen uns. Los geht’s!“, befahl sie stattdessen und verließ ebenfalls die Deckung.


    Der Weg führte die beiden über die Wiesen und Hügel, direkt ins exotische Gehölz von Belsavis. Zwischen den Stämmen der mächtigen Bäume lagen bereits einige Leichen, dennoch konnte man deutlich hören, dass die Kämpfe immer noch im Gang waren. Ein paar versprengte, feindliche Soldaten stellten sich Rheyya und Quen in den Weg, allerdings bot die hiesige Flora genügend Schutz, um den Jedi die Gefechte zu vereinfachen.


    Es dauerte nur wenige Minuten, bis die beiden eine kleine Lichtung erreichten. Einige republikanische Soldaten waren dort von imperialen Streitkräften und entflohenen Sträflingen eingekreist worden und hatten sich in das Innere eines hastig aufgestellten Ringwalls bestehend aus Schuttteilen, einem umgeworfenen Stamm und zerstörten Droiden zurückgezogen. Vermutlich hatten Palphara und Milque ihn mithilfe der Macht aufgestellt, um die verbündeten Truppen zu decken. Die beiden saßen in einem Krater und ließen vorerst das Feuer über sich ergehen.


    „Da sind sie!“, rief Rheyya, als sie ihre Kameraden erspähte. Quen nickte kurz. „Beeilen wir uns!“ Ohne Umschweife stürzten sich die beiden erneut ins Gefecht und durchbrachen die Belagerung des Ringwalls. Die ersten Angriffe sorgten für einen Überraschungsmoment, der das gezielte Feuer der Feinde unterbrach und es den Verbündeten ermöglichte, mehr Grund zu gewinnen. Die Soldaten der Republik trauten sich im richtigen Moment wieder aus der Deckung und gaben den Jedi-Rittern sogleich Feuerunterstützung.


    „Schön, euch zu sehen!“, rief Palphara mit einem erleichterten Lächeln, als Rheyya und Quen sich ihr und Milque näherten. „Dem kann ich mich anschließen“, sagte Milque, „Einen Moment lang dachte ich, die kriegen uns klein.“ „Habt ihr Velkarn gesehen?“, fragte Rheyya, nachdem sie in den Krater gesprungen war. Palphara schüttelte allerdings seicht den Kopf. „Wir haben zwar vorhin über Holokommunikation mitbekommen, dass er zu uns stoßen wollte, aber bis jetzt haben wir ihn noch nicht gesehen.“ „Er sagte, er steckt am Südtor fest. Ich bin sicher, dass er noch immer dort kämpft“, fügte Milque hinzu.


    Mit einem Mal wurde ein republikanischer Soldat laut schreiend über die Köpfe der Gruppe hinweg geschleudert. Ächzend stieß er gegen ein paar Schrottteile des Schutzwalls und ging zu Boden. Die Jedi richteten ihre Blicke auf den Ursprung des Wurfs und erkannten eine schwarz gekleidete Gestalt, die sich mit einem Lichtschwert durch die verbündeten Streitkräfte schnitt und dem Ringwall immer näher kam – ein kraftvoller Togruta mit bleicher Haut und Schnittnarben in seinem zornigen Gesicht.


    „Wer ist das?“, fragte Palphara erschrocken, als sie sah, wie dieser Fremde sich problemlos an allen Soldaten vorbei kämpfte. „Das ist Darth Ogus...“, erwiderte Milque leise, „Kyuso hat mir von ihm erzählt.“ „Mir ist egal, wer er ist. Er hat es auf den Stützpunkt abgesehen. Wir müssen ihn zurückdrängen!“, warf Rheyya beherzt ein und sprang aus dem Krater, um sich dem Sith zu stellen. „Rheyya, warte!“, rief Quen und folgte ihr eilig, dicht gefolgt von Milque und Palphara.


    Umgeben von Schüssen und Explosionen bildete sich um die Machtanwender herum ein unsichtbarer Kreis. Es schien, als wagte es keiner der Soldaten, ob nun auf Seiten der Republik oder des Imperiums, ihnen allzu nahe zu kommen. Darth Ogus blieb daher gänzlich unbesorgt vor der Gruppe von Jedi stehen und deaktivierte sein Lichtschwert. Seine gelben Augen inspizierten die einzelnen Gesichter seiner Gegner und blieben schließlich an dem von Rheyya haften.


    „Du...“, sprach Ogus' rauchige Stimme ruhig, aber beherzt, „Du bist die Anführerin. Du hast auf Balmorra meine Schülerin besiegt. Ich spüre ihre Niederlage an dir kleben.“ Rheyya betätigte den Knopf an ihrem Lichtschwert. Zischend kam die Klinge wieder hervor. „Ich sehe, Ihr seid gut informiert...“, erwiderte sie, während auch ihre Freunde die Waffen zogen. Ogus jedoch blieb ruhig. Er nickte kurz, nachdem er die Bestätigung seiner Vermutung erhalten hatte. „Wir haben keinen Grund weiterhin ein Gespräch miteinander zu führen, nicht wahr?“, sagte er unbeeindruckt von der Überzahl seiner Gegner. Rheyya schwieg. Auch die anderen antworteten nicht auf die Worte des Sith. Er schien dies als Bestätigung zu erachten und nickte leicht. „Das dachte ich mir...“, sagte er, dann reaktivierte er sein Lichtschwert.


    Von einer Sekunde zur nächsten reckte Ogus seine freie Hand empor. Noch bevor irgendjemand reagieren konnte, zog er Milque zu sich heran, der mit einem Aufschrei durch die Luft wirbelte. Die rote Klinge sauste durch die Luft und Rheyya erkannte, wie Milque unsanft hinter dem Sith zu Boden stürzte, während sein Waffenarm in eine völlig andere Richtung geschleudert wurde.


    „Milque!“, rief Palphara erschrocken und löste sich aus der Formation, um ihrem Freund zur Hilfe zu eilen. Zeitgleich stieß Rheyya einen Kampfschrei aus und stürzte auf den machtvollen Feind zu. Knisternd trafen die Klingen aufeinander. Auf Ogus Lippen erschien ein selbstgerechtes Grinsen. „Ich kann deine Wut fühlen“, flüsterte er ihr zu, dann versetzte er ihr einen Tritt, um ein wenig Abstand zu gewinnen.


    Quen fand sich neben Rheyya ein. Seine Augen fixierten den Sith, während er die Waffe hob, um seine Anführerin zu unterstützen. Der Darth lockerte das Handgelenk, das Lichtschwert kurz in der Luft kreisen lassend, während er die beiden Jedi abwechselnd betrachtete und scheinbar auf den richtigen Augenblick wartete. Als Rheyya dann einen sorgsamen Blick herüber zu Palphara und Milque warf, sah der Sith seine Chance gekommen und sprang ihr entgegen. Rheyya gelang es rechtzeitig zu reagieren und die Attacke abzuwehren. Auch Quen ging nun in die Offensive über, doch Ogus war schnell und konnte dessen Angriff rasch zurückschlagen. Im Anschluss griff er den Mirialaner mithilfe der Macht und schleuderte ihn seiner Gefährtin entgegen.


    Mit einem Aufschrei prallte Quen auf Rheyya. Er riss sie um und rollte über sie hinweg, woraufhin er unsanft zurück in den Krater stürzte. Einen Wimpernschlag lang blickte die Anführerin ihm nach, ehe sie in einem Salto aufsprang, als sie die Sith-Schneide mit einem Mal in ihre Richtung schwingen sah. Kaum wieder auf den Füßen holte sie zum Gegenstreich aus, dem Darth Ogus problemlos ausweichen konnte. Wieder und wieder prallten die Klingen fauchend aufeinander und während Rheyya vor Anstrengung die Zähne fletschte, blieb Ogus sehr konzentriert und verbrauchte weit weniger Atem.


    Aus dem Augenwinkel erkannte Rheyya, dass Palphara Milque auf die Beine gezogen und sich seinen verbliebenen Arm über die Schulter gelegt hatte, um sich mit ihm aus dem Konflikt zurückzuziehen. Es war dieser kurze Moment der Unachtsamkeit, der es dem Darth erlaubte, Rheyya mit einem erneuten Machtstoß umzuwerfen. Ächzend stürzte Rheyya auf ihren Rücken. Das Lichtschwert glitt ihr aus der Hand. Ogus sprang ihr nach und reckte dabei die Waffe empor, um sie zu durchbohren.


    Rheyya griff nach ihrem Schwert, doch sie war zu langsam, um den Stich noch abzuwenden. Plötzlich erschien Quen. Blitzschnell warf er sich zwischen sie und Darth Ogus. Ein loderndes Geräusch ertönte.


    Quen erstarrte und weitete seine Augen. Seine Lippen öffneten sich. Er blinzelte mehrere Male unkontrolliert, dann senkte er langsam den Blick und betrachtete die rot glühende Klinge, die in seiner Brust steckte.


    „NEIN!!!“


    Rheyya schrie, als sie beobachtete, wie Ogus seine Waffe aus dem Brustkorb ihres Freundes zog, der daraufhin steif auf seine Knie fiel und anschließend kraftlos zur Seite umkippte. Der Sith sah zu ihm hinunter und hob ungerührt seine Brauen. „Jämmerlich...“, kommentierte er das Opfer des jungen Jedi-Ritters, ehe er Rheyya wieder ins Auge fasste. Fassungslos starrte sie Quen an. Ihr Atem ging schnell und stark. Sie konnte sich nicht rühren.


    Ogus schüttelte den Kopf. „Was ist ein Sieg über ein hilfloses Kind?“, murrte er, dann deaktivierte er seine Klinge, wandte sich ab und ging ohne Weiteres. Rheyya blickte ihm nicht nach. Sie nahm kaum wahr, dass der Sith überhaupt verschwand. Ihre Augen lagen starr auf Quen, der sich nach Luft ringend am Boden windete.


    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Rheyyas Muskeln endlich wieder reagierten. Ihre Augen waren feucht. Ein frustrierter und schmerzlicher Laut entwich ihrer Kehle, als es ihr endlich gelang, sich auf ihre Knie zu schwingen und Quen in ihre Arme zu ziehen. Er war viel blasser geworden und sah mit großen Augen zu ihr auf. „T-tut mir leid...“, hauchte er. „Shhh! Alles wird gut!“, erwiderte Rheyya hastig. Ihre Stimme bebte schluchzend, „Ich bringe dich zurück ins Lager. Sie werden deine Wunde versorgen und... und du kommst wieder auf die Beine!“


    Quen legte seine Hand zittrig auf Rheyyas Oberarm, um sie zu beruhigen. Er wusste, dass sie lediglich versuchte, sich selbst davon zu überzeugen. Sein Griff war fest, seine Glieder zuckten vor Anstrengung. „Es gibt keinen Tod...“, flüsterte er und sog noch einmal tief Luft in seine Lungen, „Hab... keine Angst, Rheyya...“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein!“, wisperte sie, als bettelte sie darum, dass er blieb, doch seine Hand löste sich wieder von ihr und legte sich in aller Ruhe auf seinem Bauch nieder. Langsam schlossen sich seine Lider. Die Luft glitt aus seinen Lungen. Er neigte den Kopf vorsichtig nach hinten und hörte auf sich zu rühren.


    Rheyya starrte ihn fassungslos an. Tränen rannen über ihre Wangen hinweg. Ein schluchzender, kurzer Aufschrei entwich ihrer Kehle und wurde zu einem Wimmern. Sie beugte sich vor und presste den Körper ihres Freundes eng an sich.

  • „Meine Fehler verfolgen mich! Es gibt keinen Ausweg mehr!“


    „…“



    Es war kaum eine Woche her, seit sie Quen den Flammen übergeben hatten, doch für Rheyya war die Erinnerung an seinen Tod noch immer so real wie ihr letzter Wimpernschlag. Schlafen und Essen fiel ihr schwer. Ihre Haut war blass geworden und ihre Wangen leicht eingefallen. Lokhain hatte alles versucht, um ihr in diesen schweren Tagen Trost zu spenden. Er schien der Einzige zu sein, der ihren Verlust verstehen wollte. Milque hatte man zur Behandlung fortgebracht. Die anderen gaben sich damit zufrieden, dass Quen in die Tiefen der Macht eingegangen war. Auf einmal erschienen die Lehren der Jedi so unsinnig und weit hergeholt.


    Velkarn war der Einzige, der sich diesem Gerede nicht angeschlossen hatte, allerdings verhielt er sich in letzter Zeit genauso schweigsam und zurückgezogen wie seine Schwester. Rheyya hatte versucht mit ihm zu reden. Quen war für ihn immerhin ebenso ein Freund gewesen wie für sie. Nichtsdestotrotz schien er dem Thema aus dem Weg zu gehen. Vielleicht wollte er es einfach nicht wahrhaben.


    In dieser Nacht war selbst das Zirpen der Grillen zu laut für Rheyya. Sie war ins Dickicht nahe dem Stützpunkt gegangen, den sie am Vortag erreicht hatten. Die anderen schliefen schon lange, auch wenn sie kaum nachvollziehen konnte, wie es ihnen gelang, nachdem Quens Asche kaum erkaltet war. Es kam ihr nicht richtig vor zu rasten, während Darth Ogus noch immer durch die Wildnis des Planeten streifte und Haftkomplex um Haftkomplex befreite. Sie fühlte sich verhöhnt von diesem Sith. Allein der Gedanke an den selbstsicheren Ausdruck seines vernarbten Gesichts brachte ihr Blut zum Kochen.


    „Hier bist du…“


    Sie schaute über ihre Schulter und erkannte Lokhain, der gerade einen Ast beiseiteschob und zu ihr auf die kleine Lichtung trat. Seine sonst so herbe und rauchige Stimme klang erstaunlich sanft – wie es wohl nur für ihre Ohren bestimmt war. Die Augen lagen mitfühlend auf ihr, als er sich schließlich in einer langsamen Bewegung neben ihr niederließ.


    Rheyya senkte den Blick hinab auf ihren Schoß. „Wie hast du mich gefunden?“, murmelte sie leise. „Instinkt. Ich weiß inzwischen wie du tickst…“, antwortete er behutsam. Er schwieg eine Sekunde lang, dann zuckte er mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein suche ich dich schon seit fast zwei Stunden.“ Seine Worte entlockten ihr nur ein kurzes und nicht sehr aufrichtiges Lächeln.


    Lokhain seufzte leise und schaute ebenfalls hinunter auf den grasigen Grund. „Ich kann nicht behaupten, dass ich weiß, wie du dich fühlst, aber… ich weiß, wie es ist, einen Menschen zu verlieren, der einem nahesteht.“ Rheyya lauschte seinen Worten, doch sie antwortete nicht darauf. Sie wusste nicht, was sie ihm hätte antworten können. Ihre Miene war starr und gequält. Ihre Lippen zitterten. Sie fühlte sich innerlich zerrissen und irgendwie fehl am Platz.


    Plötzlich spürte sie, wie er sanft seinen Arm um sie legte und sie an sich zog. Sie presste die Lippen aufeinander. „Ich bin verwirrt…“, wisperte sie. Ihre Stimme vibrierte und ihre Augen wurden etwas feucht. „Ich weiß“, antwortete er. Seine Hand strich fürsorglich über ihre Schulter. Rheyya führte rasch eine Hand zu ihrem Antlitz und wischte eine Träne fort. „Er hat sich für mich geopfert… Er ist gestorben, um mich zu retten und ich? Ich verrate den Orden… und ich fühle mich nicht einmal mehr schlecht dabei. Es… ist schön. Und das gibt mir Schuldgefühle…“, hauchte sie, „Ist das verrückt?“


    Lokhain schien einen Moment lang darüber nachzudenken, dann aber schüttelte er den Kopf. „Nein“, antwortete er ihr, „Das mag von mir vielleicht nicht viel heißen, aber… du bist keine Maschine. Du bist ein Mensch. Du hast Gefühle.“ Er holte einmal tief Luft und gab im Anschluss ein leises Brummen von sich. „Es kann nicht gut sein, so etwas zu unterdrücken.“ Rheyya schnaubte. „Du bist mehr als ein zwielichtiger Schmuggler. Das sollte jeder sehen…“ Lokhain schmunzelte. „Mir reicht es, wenn du es siehst“, erwiderte er, „Und ganz gleich, was auch passiert… ich bin für dich da. Ich…“ Er brummte abermals, dieses Mal etwas unbeholfen. „Ist irgendwie komisch, so etwas zu sagen. Scheiße, es klingt so verflucht kitschig… Ich will tun was ich kann, um dich glücklich zu machen.“


    Rheyya schloss ihre Augen. Seine Worte füllten ihr Herz mit Wärme. Schlagartig drehte sie ihm ihren Oberkörper zu. Ihre Arme wickelten sich um seinen Hals. Ihre Lippen legten sich auf seine. Er legte die Hände an ihre Hüften und erwiderte den Kuss. Ihre Zungen umschlangen einander für eine kleine Ewigkeit, bis sie sich schließlich wieder von seinem Mund löste und ihn mit großen, wässrigen und doch irgendwie hoffnungsvollen Augen anstarrte. „Ich liebe dich“, flüsterte sie. Lokhain musste lächeln, fast schüchtern sogar. „Ich dich auch“, antwortete er und kam langsam näher, um den Kuss fortzusetzen.


    Ihre Hände fuhren über seine Schultern, streiften zitternd seinen Mantel hinab. Der Kuss wurde schlagartig ungezügelter und leidenschaftlicher, als er im Gegenzug anfing, sie von ihren Roben zu befreien. Ihr wurde heiß. All das war völlig neu für sie und obwohl sie nervös war, wurde dieses Gefühl von Sekunde zu Sekunde schöner. Sie klammerte sich an ihn und wollte ihn am liebsten nie wieder loslassen. Jede Berührung war ein Segen. Jeder Kuss war eine Offenbarung. Alles andere rückte in den Hintergrund. Es gab nur noch sie und ihn und nichts war schöner, als mit ihm vereint zu sein…


    Zeit hatte ihre Bedeutung verloren. Sie hatte vergessen, wie lange sie mit ihm auf dieser Wiese zusammen war. Es war ihr auch egal. Für den Augenblick gab es nichts Schöneres, nichts Erfüllenderes als neben ihm zu liegen. Sie hätte sich ewig an ihn schmiegen können.


    Der Tagesanbruch hüllte ihre Körper in ein warmes, rotes Licht und brachte ihre Haut zum Glänzen. Zum ersten Mal in ihrem Leben bedauerte sie es, einen Sonnenaufgang zu beobachten, denn es bedeutete, dass sie bald zurück sein und sich wieder um ihre Pflichten kümmern mussten. Der Krieg zwischen der Republik und dem Imperium erschien ihr auf einmal so unnötig und belanglos.


    Ihre Finger klammerten sich an seine nackte Brust. Ihre Hüften schmiegten sich an seine Hände. Ihre Lippen hauchten seinem Hals einen Kuss auf. „Wenn das hier vorbei ist…“, säuselte sie besinnlich mit einem befreiten, sanften Lächeln in ihrem Antlitz, „…werde ich bei dir bleiben…“ Er sah sie an und hob leicht seine Brauen. Er schien es kaum glauben zu können, doch war er ihren Worten alles andere als abgeneigt. „Bist du dir sicher?“, fragte er erstaunt und auch etwas vorfreudig. Sie nickte sachte, kuschelte dabei ihre Wange verträumt an seine Halsbeuge. Seine Umarmung wurde direkt ein wenig enger. Sie genoss es sehr.


    Ihr Körper spannte sich schlagartig an. Sie schreckte hoch.


    Verwirrt hob Lokhain den Blick. „Was ist los?“, fragte er besorgt und sah in ihr erschrockenes Gesicht. Rheyya führte eine Hand an ihre Stirn und atmete mehrere Male schwer ein und aus. „Ich… spüre eine Erschütterung der Macht…“, murmelte sie und wandte ihm bestürzt den Blick zu, „Wir müssen zurück!“


    Einen Moment lang starrte er sie verwirrt an, dann aber sprang er auch schon auf und griff hastig nach seiner Kleidung. Sie tat das Nämliche, schlang lediglich mangelhaft die Gewänder um ihre Statur, ehe sie auch schon mit wild klopfendem Herzen los eilte. Irgendetwas Schreckliches war passiert. Sie konnte es deutlich in ihrer Brust spüren. Ihre Füße trugen sie geschwind durch die Wälder, vorbei an Ästen und Büschen, über Steine und Wurzeln hinweg. Sie schaute nicht zurück. Ihr Blick war starr geradeaus gerichtet, bis ihre Augen endlich die metallische Konstruktion des kleinen Außenpostens wiederentdeckten.


    Sie hielt inne und betrachtete das Gebäude mit verfestigter, panischer Miene, während Lokhain sie völlig außer Atem erreichte und das Gebäude selbst besah, während er sich eine lose Strähne in den schwarzen Stoff zurückstrich. „Es sieht alles normal aus“, hechelte er und sah Rheyya fragend an. Diese schüttelte jedoch nur den Kopf und sprang jäh den Hügel hinunter, auf den Eingang des Stützpunktes zusteuernd. Die Wachposten fehlten. Nirgendwo war ein Soldat oder ein Droide zu sehen und ein Blick über ihre Schulter verriet ihr, dass nun auch Lokhain Verdacht schöpfte.


    „Was ist hier los?“, flüsterte er und zog achtsam einen seiner Blaster aus dem Holster. Rheyyas Finger schnellten derweil über die Tasten des Panels am Haupteingang. Ihre Lungen pumpten – nicht wegen des Laufs, sondern wegen des Schocks, der immer noch regelrecht in ihr pulsierte. Die Tore hatten sich kaum aufgeschoben, da stürmte sie schon ins Innere der Basis.


    Sie hatte kaum drei Schritte getan, als sie schon wie eingefroren stehen blieb.


    Der Korridor, der sich vor ihr erstreckte, war gefüllt von den Leichen republikanischer Soldaten. „Nein…“, hauchte sie. Bebend führte sie ihre Hände an den Kopf. „Nein, nein, nein!“ Lokhain trat mit ebenso entsetztem Gesichtsausduck an ihr vorbei. Er war noch bleicher als sonst. „Verdammt! Was ist hier passiert?!“ „Das kann nicht sein… Das kann nicht sein…“, wiederholte Rheyya immer wieder. Ihre Beine zitterten. Sie konnte kaum stehen bleiben.


    Lokhain wirbelte herum und sah ernst in ihre Augen. „Rheyya!“, versuchte er sie wachzurütteln. Sie sah zu ihm auf. „Wir müssen die anderen finden!“, fügte er hinzu. Sie nickte. Ihre Rechte griff nach dem Lichtschwert an ihrem Gürtel, als sie sich auch schon wieder in Bewegung setzte und sprunghaft durch den Gang raste, über all die Toten hinweg steigend.


    Alles war still, während die beiden durch das Innere des Gebäudes streiften. Was auch immer geschehen war, schien Stunden her zu sein. Die Angreifer hatten alles Leben einfach ausgelöscht. Soldaten, Offiziere, nicht einmal mehr einfache Arbeitskräfte… Niemand war verschont worden. Der Stützpunkt war zu einem Friedhof geworden und mit jedem weiteren Schritt schlug ihr Herz rascher.


    Als sie die Quartiere des Teams erreichten, schlug Lokhain ohne Umschweife auf den Schalter an der Tür. Vorsorglich richtete er die Waffen auf den Raum, als das Portal sich öffnete. Rheyya hielt die Luft an. In Gedanken bettelte und flehte sie, doch als ihr Blick letztlich auf das Innere des Schlafgemachs fiel, entfuhr ihr ein entsetzter, gequälter Aufschrei.


    Palphara… Laaz… Kyuso…


    Sie alle lagen niedergestreckt und leblos in der verwüsteten Kammer. Die Augen waren leer, die Glieder schlaff und verdreht. Mehrere Wunden fanden sich unter zerrissenen Schlaftrachten auf ihren Leibern. Sie hatten wohl keinerlei Chance gehabt.


    Lokhain machte ein paar wackelige Schritte in das Quartier hinein und schüttelte ungläubig den Kopf. Sein Mund stand offen und seine Schultern waren kraft- und hoffnungslos gesenkt. Ihm fielen die Blaster aus der Hand, ehe er sich an die Stirn griff. „Was… ist passiert?! Wann sind sie…?! Wie konnten sie…?!“ Seine Stimme stockte. Er konnte kaum noch einen Satz zu Ende bringen. Geradezu hilfesuchend drehte er sich zu Rheyya um, als diese langsam ins Zimmer stolperte.


    Sie ließ sich bei Palphara auf die Knie fallen, nahm sie behutsam in ihre Arme. Ein unveränderlicher Ausdruck des Schreckens war in ihr Antlitz gebrannt. Sie war wohl die Erste gewesen, die dem Feind zum Opfer gefallen war. Rheyyas Muskeln spannten sich an. Sie presste die Verstorbene eng an sich und kniff voller Schmerz die Augen zu. Noch immer stand ihr ganzer Körper unter Anspannung, doch war es keine Trauer, die sie fühlte. Es war eine grenzenlose Wut.


    „Wie sind sie reingekommen?“, flüsterte Lokhain unverständig und ließ bei einem missmutigen Schulterzucken die Arme gegen seine Oberschenkel fallen, „Die Türen wurden nicht aufgesprengt…“ Vorsichtig legte Rheyya Palpharas toten Körper ab, woraufhin sie die Hände des armen Mädchens zusammen auf deren Brust platzierte. Schnaubend erhob sie sich dann wieder. Ihre Fäuste ballten sich. „Wir wurden verraten…“, antwortete ihre Stimme tief und zornverzerrt.


    Lokhain drehte sich zu ihr um. Sein Antlitz gab zu verstehen, dass er diese Aussage kaum glauben konnte. Rheyya sah ihn an. Ein Feuer loderte in ihren Augen. Eine tiefe Falte hatte sich zwischen ihren Brauen eingeprägt. „Velkarn ist nicht hier…“, knirschte sie. Lokhain blinzelte sie ungläubig an. „Was?!“, entfuhr es ihm, „Er ist… dein Bruder! Du denkst doch nicht wirklich, dass…“ „Wer weiß, wie lange er schon in Kontakt mit Darth Ogus steht? Ich bin so dumm!“ Sie streckte mit einem Mal den Arm aus. Mit der Macht griff sie einen Schrank, den sie vor Wut einmal quer durch den Raum schleuderte. Das laute Poltern ließ sogar Lokhain zusammen zucken.


    Rheyya schrie innerlich. Ihr eigener Bruder hatte sich gegen sie gewandt und das Vertrauen seiner Gefährten schamlos zu deren Todesurteil erklärt. Sie war so verzweifelt, so verletzt, so unfassbar wütend – auf Ogus, auf Velkarn und vor allem auf sich selbst. In ihrer emotionalen Verwirrung hatte sie alle Anzeichen übersehen und ihre Pflichten vernachlässigt. Nun hatten alle dafür zahlen müssen. Sie hätte umsichtiger sein müssen. Warum war sie nicht da gewesen? Warum hatte sie all das nicht verhindert?


    Sie stampfte los. Unaufhaltsam näherte sie sich dem zerbrochenen Spiegel gegenüber der Eingangstür. Auf dem Weg dorthin fischte sie eine Farbschatulle aus Kyusos Gepäck, mit der er vor seinem Ableben seine Kriegsbemalung aufgetragen hatte. Lokhain sah ihr hinterher. „Was hast du jetzt vor?“, fragte er unschlüssig. Rheyya schraubte zielgerichtet die Dose auf und tauchte eine Fingerspitze in die Farbe, ehe sie damit ihre Augen umrahmte und ihre Lippen zeichnete. Durch den Spiegel hindurch sah sie in ein wehleidiges, aber bei Weitem nicht gebrochenes Antlitz. „Ich werde meine Freunde rächen…“

  • „Ich weiß nicht mehr, wer ich bin. Es ist auch nicht mehr wichtig…“



    „…“



    Ein Monat…


    Die Kämpfe auf Belsavis tobten. Ganze Landstriche waren zu Staub und Asche zerfallen. Mit jedem neuen Morgen zählte man Hunderte weitere Tote – Leute aus der Republik, aus dem Imperium und vor allem aus den Massen an Zellblöcken, die mit der Zeit aufgebrochen oder zerstört worden waren. Die Flammen des Gefechts unterschieden nicht in mutig oder feige, in stark oder schwach, in gut oder böse. Schwarz und Weiß waren ineinander verschwommen. Der Krieg war außer Kontrolle geraten und formte wieder und wieder neue Schrecken.


    Einer von ihnen war Rheyya.


    Sie hatte sich in eine Jägerin verwandelt. In nicht einmal vier Wochen hatte sie massiv dazu beigetragen, Belsavis Stück für Stück zurückzuerobern und über die Gegner der Republik zu richten. Unzählige Feinde, darunter eine Vielzahl dunkler Machtnutzer, waren ihrer Klinge zum Opfer gefallen. Man nannte sie inzwischen ‚Sith-Schlächter‘ – voller Ehrfurcht, voller Angst.


    Ihre Geschichte hatte sich an den Fronten verbreitet. Die meisten schienen zu wissen, dass Rheyyas Kampf sehr persönlich war. Nicht selten hatten neugierige Gemüter sie nach Einzelheiten ausfragen wollen. Sie hatte immer geschwiegen. Niemand musste wissen, dass sie ein Verhältnis mit einem Schmuggler begonnen hatte. Niemand musste wissen, wie tief der Schmerz darüber saß, dass ein Sith-Lord ihren Bruder korrumpiert und gegen seinesgleichen gewendet hatte. Niemand musste wissen, wie sehr der Hass auf Darth Ogus in ihrer Brust brodelte.


    Unentwegt hatte sie ihn gejagt. Alle anderen Feinde auf ihrem Weg hatte sie lediglich niedergestreckt, um Ogus zu zeigen, was ihn erwartete. Sein schwarzer Einfluss hatte ihre Familie zerstört und ihre Freunde das Leben gekostet. Diese Tat konnte nicht vergeben werden und sie hatte seither alles daran gesetzt, Gerechtigkeit walten zu lassen. Jetzt endlich, nach all diesen Tagen, war ihr Ziel in greifbare Nähe gerückt…


    Seit Velkarns Verrat hatte sie gezielt Offiziere und Sith des Imperiums aufgespürt und sie vor eine simple Wahl gestellt: Entweder sie redeten oder sie starben. Die wenigsten hatten ihre Gnade ausgeschlagen. Die Suche ging daher sogar schneller vorwärts als gehofft und hatte Rheyya und Lokhain auf einen schneebehangenen Gipfel in der Wildnis des Planeten geführt.


    „Der Letzte war erstaunlich gesprächig… Bist du sicher, dass das hier keine Falle ist?“ Lokhain sprach mit flüsternder, kratziger Stimme. Seine Augen lagen zielgerichtet auf Rheyyas bemaltem Antlitz, während diese das abgelegene Lager durch ihr Fernglas inspizierte. „Ich konnte seine Angst fühlen“, antwortete sie leise und ohne den Hauch von Reue, weiterhin auf das konzentriert, was die Linsen ihr präsentierten. Die Feindstellung war nicht mehr als eine Ansammlung windschiefer Zelte mit Thermoüberzug, dazu ein Shuttle, das scheinbar die rasche Beweglichkeit von Darth Ogus Trupp erklärte.


    Lokhain atmete vorsichtig den Rauch durch die Nasenlöcher aus, ehe er den Blick wieder geradeaus richtete und seinen Zigarettenstummel locker hinter sich warf. „Und du bist sicher, dass er wirklich hier ist?“ „Wenn nicht, suchen wir ihn weiter“, antwortete Rheyya ebenso monoton. Lokhain schwieg einen Augenblick, in dem er seine Blaster überprüfte. „Was tust du, wenn du Velkarn siehst?“, fragte er dann gedämpft. Rheyya senkte das Fernglas. „Ogus hat ihn verändert. Er hätte uns nie aus eigenem Antrieb verraten“, sagte sie mit fester Überzeugung, „Ich werde das ungeschehen machen.“


    Eines der Zelte öffnete sich und aus seinem Inneren trat die stämmige Gestalt von Darth Ogus. Rheyya presste vor Anspannung die Lippen aufeinander. Sie sah ihn zum ersten Mal seit er Quen getötet hatte und sie würde dafür sorgen, dass es auch das letzte Mal war. „Hast du alles vorbereitet?“, fragte sie ihren Gefährten, ohne die Augen von dem verhassten Sith abzuwenden. Lokhain zog eine kleine Fernbedienung aus seinem Mantel. „Sicher… Ich kümmere mich um die Soldaten, du übernimmst den Sith. Der übliche Plan“, antwortete er trocken, „Sag mir, wenn du bereit bist.“ „Das bin ich seit Wochen…“, antwortete Rheyya geradezu knurrend. Lokhain nickte. „Dann lass uns die Show beginnen…“


    Mit diesen Worten betätigte er einen der Knöpfe und plötzlich kam es unweit vom Lager zu einer lauten Explosion, die ihre Flammen in den Himmel schleuderte. Den imperialen Soldaten entfuhren erschrockene Aufschreie. Sie zuckten zusammen, griffen reflexartig nach ihren Waffen und suchten Deckung. Lediglich der Darth nahm in aller Ruhe die Hände hinter seinem Rücken zusammen und wies seine Leute mit nicht mehr als einem Nicken an, der Sache nachzugehen.


    Lokhain schnaubte amüsiert, als die Garde des Siths sich vorsichtig auf den Weg zum Explosionsort machte. „Die lernen auch nie dazu…“, brummte er und betätigte gleich mehrere Schalter seiner Fernbedienung, kaum dass die Gegner dort angelangt waren, wo er sie haben wollte. Es knallte laut. Schreie ertönten. Mehrere Feuerfontänen ließen die Erde kurz beben und warfen die Imperialen durch die Luft. „Hol ihn dir, Kleines“, flüsterte Lokhain, dann sprang er auf und eilte los, um den Feinden den Rest zu geben.


    Rheyya richtete sich ebenfalls auf. Dabei griff sie nach dem Sack, der neben ihr ruhte. Mit langsamen Schritten stieg sie aus dem Geäst des Gebirgswaldes und näherte sich Darth Ogus, der seine gelben Augen längst in ihre Richtung gelenkt hatte. Einer seiner Mundwinkel zog sich belustigt nach oben. Während erste Blasterschüsse in ihrer Nähe ertönten, kam eine weitere Gestalt aufgeschreckt aus dem Zelt hervor – Velkarn, welcher direkt erstarrte und nahezu augenblicklich verblasste, als er die kaltherzige Miene seiner Schwester sah, die unweit von beiden schließlich zum Stillstand kam und ihnen den Sack vor die Füße warf. Aus dem Stoff kullerten mehrere zerschlagene Lichtschwerter.


    „Das ist nur ein Bruchteil“, kommentierte Rheyya die Sammlung, voller unterdrücktem Zorn in die Visage des Sith-Lords starrend, als hätte sie ihren Bruder noch gar nicht bemerkt. Ogus betrachtete die erbeuteten Waffen kurz, dann entwich seiner Kehle ein heiteres, wenn auch düsteres Lachen. „Was sagt man dazu?“, sprach er dann, „Dem wehrlosen Kind sind Krallen und Zähne gewachsen. Ich bin beeindruckt!“


    Rheyya griff nach ihrer Waffe und aktivierte die golden leuchtende Klinge. „Meine Freunde sind tot. Ich fordere Gerechtigkeit“, sagte sie. Ogus hob grinsend die Brauen. „Ach, und was noch?“ „Ich will meinen Bruder zurück!“


    Bei diesem Anspruch wandte der Sith sich an den Burschen an seiner Seite. „Velkarn…“, sagte er sanft, doch mit einem gewissen Nachdruck, „Willst du mit deiner Schwester gehen? Es ist deine Entscheidung.“ Erst jetzt fiel Velkarns anfänglicher Schock über das Auftauchen von Rheyya ab. Er fasste sie ins Auge und nahm eine aufrechte und felsenfeste Haltung an. „Nein“, sagte er dann mit bestimmter Stimme.


    Rheyya zeigte nach außen keinerlei Regung, doch der Griff um ihr Lichtschwert festigte sich im selben Augenblick. Noch immer sah sie in das selbstgerechte Gesicht von Ogus, doch ihre Ohren waren auf die Stimme ihres Bruders fixiert. „Sie alle haben dich geliebt… Du warst immer unsere ‚große Heldin‘, Rheyya… Obwohl du die Jüngere von uns bist, warst du immer die Bessere“, sagte Velkarn ernst, „Und trotzdem warst du die Einzige, die mich verstanden hat… bis du dich von diesem schmierigen Verbrecher verführen lassen hast.“


    Rheyya weitete ihre Augen. „Du wusstest davon?“ „Es war offensichtlich… und ich habe es selbst gesehen, als du in diesem Krankenhaus alles verraten hast, wofür wir standen“, reagierte Velkarn. Mit jedem seiner Worte war es dieses Mal Rheyya, die immer blasser wurde. „Du hast es gesehen…“, wiederholte sie wispernd. „Und du hast es sogar vor mir verheimlicht!“, warf Velkarn ihr vor.


    Sie senkte den Blick. Ihr Atem wurde flach. Er hatte Recht. Sie selbst war es gewesen, die Darth Ogus den Boden geliefert hatte, um ihren Bruder zu manipulieren und schlagartig verwandelten sich ihre Trauer und ihr Zorn wieder in Schuld. Sie hatte nicht nur ihre Pflichten vernachlässigt, sondern sogar das Vertrauen ihres Bruders gebrochen. Darth Ogus war nicht die Wurzel, er hatte sie lediglich bewässert. Wie sollte sie sich davon nur reinwaschen?


    Einen Moment lang kniff sie schmerzvoll ihre Augen zu, doch sie musste sich zusammenreißen. Sie gönnte diesem Sith den Triumph nicht, sie zu einem emotionalen Ausbruch zu bewegen. Als sie die Lider wieder hob, sah sie endlich in das Gesicht von Velkarn. „Ich habe einen Fehler gemacht...“, gestand sie. Sie dachte dabei weniger an den tatsächlichen Bruch ihres Kodex, wenngleich ihr dies erneut hart ins Bewusstsein rückte. Viel mehr war es die Tatsache, dass sie sich Velkarn von Anfang an nicht anvertraut hatte. „Komm mit mir... “, fuhr sie bittend fort, „Wir fangen von vorn an. Lass diesen Mörder hinter dir!“


    „Mörder?“ Ogus musste lachen. „Was ist mit denen, die du auf deinem Weg hier her ausgelöscht hast, Kind?“ Sein Blick richtete sich auf die Lichtschwertsammlung, die Rheyya ihm vor die Füße geworfen hatte. „Sith... zerstören!“, reagierte Rheyya scharf, „Ich habe sie getötet, weil sie selbst nur den Tod bringen. Sie haben es nicht besser verdient!“ Ogus schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Es überrascht mich, dass du dich 'Jedi' nennst...“ Velkarns Miene war ebenfalls hart und standfest geformt. „Du kannst nicht verändern, was geschehen ist. Darth Ogus hat mir Möglichkeiten versprochen, die sich die Jedi nicht einmal in ihren kühnsten Träumen erdenken. Die dunkle Seite bietet die Größe, die der Orden mir verwehrt hat!“


    Rheyyas Hände begannen zu zittern. „Velkarn...Bitte!“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist zu spät, Rheyya!“ Seine Antwort kam augenblicklich und ohne Zweifel. Sie senkte den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass es so endet...“ Velkarn sah kurz zu Ogus, dann machte er einen Schritt auf seine Schwester zu. „Die Macht ist stark in uns. Es muss nicht das Ende sein...“


    Es traf Rheyya wie ein Schlag ins Gesicht. Sie wusste, was ihr Bruder da versuchte. „Velkarn...“ Bevor sie mehr sagen konnte, sprach er dazwischen. „Ich hätte diesen Weg nicht eingeschlagen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass du uns folgen könntest! Das Lager... war eine Demonstration. Diese Macht kann auch uns gehören!“ „Nein!“, entfuhr es ihr sofort, „Das ist nicht richtig!“ Velkarn schien enttäuscht, fast etwas überrascht von dieser vehementen Negativreaktion. „Bitte, tu das nicht. Wende dich nicht von mir ab!“ „Dann hör auf damit! Du musst nicht so weit gehen!“ „Ich bin es bereits.“ Velkarn tat eine wegwischende Geste und ging auf sie zu. „Unsere Freunde sind tot. Sie behindern mich nicht mehr. Sie behindern UNS nicht mehr!“


    Rheyya presste die Zähne aufeinander, dann hob sie ihre Klinge und richtete sie auf Ogus und ihren Bruder. Velkarn blieb schlagartig stehen. Der Sith an seiner Seite schüttelte über diese klare Geste nur den Kopf. „Schluss mit dieser Farce. Velkarn? Du gestattest?“ Rheyya richtete ihre Waffe auf ihn. Ihr Blick lag beharrlich, aber dennoch flehend auf Velkarns Antlitz. Dieser aber wandte sich von ihr ab. „Sie gehört ganz Euch, Meister. Sie ist schwach!“, flüsterte er freudlos und trat beiseite. Darth Ogus griff sogleich nach seinem Lichtschwert und betätigte dessen Schalter, woraufhin seine rote Klinge surrend zum Vorschein kam. Er nickte Rheyya gewährend zu und grinste schief dabei. „Los geht's.“


    Rheyyas Füße lösten sich vom Boden. Sie machte einen Satz auf den Sith zu. Ihr Schwert sauste durch die Luft und traf laut zischend auf die des Feindes. Ogus löste die Verbindung und wirbelte die Waffe einmal geschickt um sich herum, ehe er zum Gegenangriff ausholte. Nur knapp konnte Rheyya mit einem Schritt zur Seite ausweichen. Sie prustete kurz. Fast hatte dieses Monstrum sie erwischt und noch ehe sie dies verwunden hatte, erfolgte eine weitere Attacke. Sie lehnte sich nach hinten, um die rote Schneide über sich hinweg schwingen zu lassen, doch da spürte sie auch schon den Machtgriff des dunklen Lords, der sie plötzlich vom Boden riss und einen Sprung weit seitlich wegschleuderte. Keuchend schlug sie auf dem steinigen Boden auf. Ihr Körper überschlug sich und ächzend blieb sie schließlich auf dem Bauch liegen.


    Gefahrvoll langsam schritt Ogus auf die geschwächte Ritterin zu, die sich in Schmerzen wieder auf ihre Arme stützte und ihren Oberkörper aufrichtete. Sie wollte gerade einen Abwehrschlag vollführen, als Ogus völlig unerwartet innehielt und das Kinn hob. Mit einem Mal streckte er seinen Arm aus. Rheyyas Augen folgten der Richtung, in die der Sith seine Hand ausstreckte und erkannte Lokhain, dem Ogus mit Leichtigkeit seinen Blaster aus der Hand riss.


    Der Captain war zunächst etwas verdutzt, griff jedoch sofort nach seiner Zweitwaffe, allerdings spürte er den Machtgriff des Darths um seinen Hals, noch bevor er einen Schuss abgeben konnte. Er griff sich an die Kehle und fing gequält an zu zittern, während er nach Luft rang. Als Rheyya dies sah, erschien eine erzürnte Miene auf ihrem Gesicht. Im selben Moment sprang sie mit neuer Kraft zurück auf ihre Beine und warf den Dunklen mithilfe der Macht von den Füßen, bevor Lokhain den Atem verlieren konnte. Kaum war er von der Umklammerung seiner Kehle befreit, sank er keuchend auf die Knie.


    Mit einem kurzen Aufschrei schwang Ogus sich im letzten Moment noch in der Luft herum und landete wieder auf den Beinen. Dabei setzte Rheyya bereits zu einem neuen Angriff an. „Du hast Quen getötet...“, knirschte sie und attackierte den Sith, wenngleich dieser rechtzeitig parierte. Das hielt sie nun jedoch nicht mehr auf. „Du hast meine Leute getötet...“, fuhr sie nur fort und nutzte den Schwung seines Konters direkt für den nächsten Angriff. Auch diesen konnte Ogus abwehren, auch wenn er dabei zurückweichen musste. „Du wirst IHN nicht auch noch töten!“ Damit durchbrach sie endlich die Verteidigung des Siths und stieß ihn mit einem gezielten Tritt zu Boden.


    Alles geschah in nur wenigen Sekunden. Der Darth landete gerade auf dem Rücken, als Rheyya ihm schon ihre Waffe durch die Brust stieß. Im selben Augenblick hörte sie, wie ein weiteres Lichtschwert aktiviert wurde. Sie drehte sich gerade zu Velkarn, als sie dessen Klinge auch schon in ihre Richtung schwingen sah. Hastig riss sie ihre Arme hoch und blockte den Schlag, was die Schwerter zum Knistern brachte. „Velkarn!“, hauchte sie entsetzt darüber, dass ihr Bruder so weit ging. Jener blitzte sie voller Wut an. „Was hast du getan?! Er hätte mich so vieles lehren können!“


    Rheyya stieß Velkarn von sich. „Komm zur Vernunft! Das bist nicht du!“, ersuchte sie ihn. „Zum ersten Mal bin ich völlig klar im Kopf!“, widersprach ihr Bruder und attackierte sie erneut. Rheyya wich zurück und wehrte seine Hiebe ab. „Zwing mich nicht dazu!“ „Du wirst dafür bezahlen!“, keifte Velkarn, während er Schlag um Schlag tat, „Ich werde mächtiger werden als du es jemals sein könntest!“ Rheyya machte einen Satz nach hinten, um etwas Abstand zu gewinnen. Sie holte ein paar Male tief Luft und sah voller Erschütterung in das von Hass verformte Gesicht ihres Bruders. Seine blauen Augen hatten einen schwachen, gelblichen Ton angenommen, der einen bis jetzt völlig unbekannten Schmerz in ihrer Brust auslöste.


    „Für dich war ich doch nie mehr als ein Hampelmann... Aber ich werde nie wieder in deinem Schatten stehen!“, knurrte Velkarn und beendete die Pause, indem er zu einem weiteren Ansturm ansetzte. Plötzlich ertönte jedoch ein Schuss und das Lichtschwert flog dem Burschen aus der Hand. Beide Livindoe-Geschwister wandten ihre Häupter um und sahen zu Lokhain, der sich mit einer Hand den Hals hielt, während er mit der anderen den Blaster auf Velkarn richtete. „Du bist ja völlig durchgedreht...“, röchelte er hervor.


    Rheyya richtete ihr Schwert auf ihren Bruder, um ihn zu stellen. „Es ist vorbei, Velkarn!“, sagte sie mit starker Stimme, doch auch jetzt lag noch ein bittender Ton darin. Velkarn verharrte einen Augenblick und fletschte unnachgiebig die Zähne. In einer schnellen Bewegung stieß er seine Schwester mithilfe der Macht von sich, ehe er auf den Transporter hinter sich zulief. Lokhain gab ein paar Schüsse ab. Jeder von ihnen zog an Velkarn vorbei und kaum einen Moment später war er auch schon im Inneren des Gefährts verschwunden.


    Rheyya rappelte sich übereilt wieder auf. „Nein, nein, nein!“, zischte sie und lief auf den Transporter zu, doch dieser startete bereits die Triebwerke und hob sich vom Boden. Während sie darauf zustolperte, setzte sich das Fahrzeug bereits in Bewegung und riss auf der Flucht eines der Zelte um, dann entglitt es ihrer Reichweite und tauchte kurz darauf im bergigen Terrain von Belsavis unter.


    „NEIN!“, schrie Rheyya und ließ sich auf die Knie fallen. In der Zwischenzeit erreichte Lokhain sie und sah dem Truppentransporter ebenso niedergeschlagen nach wie sie es tat. Keiner von beiden brachte auch nur ein Wort hervor. Velkarn war geflohen und die dunkle Seite brannte stärker in ihm als zuvor...

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    Schweigsam hatte sie sich auf einem Felsen niedergelassen. In ihrer entkräfteten Hand lag Velkarns Lichtschwert. Müde betrachtete sie den schwarzen Brandfleck, den Lokhains Blaster auf dem ehemals blanken Metall hinterlassen hatte. Das Haar klebte ihr strähnig und verschwitzt im Gesicht. Die Kleidung hatte Dreck eingesogen. Es war ihr egal. Sie fühlte sich leer und mutlos. Ihre Jagd war völlig umsonst gewesen und ihr Bruder für immer verloren.
    „Also? Was machen wir jetzt?“, fragte Lokhain und kam unweit hinter ihr zum Stillstand, nachdem er einen genaueren Blick auf das ausgehobene Sith-Lager geworfen hatte. Allem Anschein nach hatte er keinerlei Hinweise darauf finden können, wo Velkarn hingereist sein könnte. Seine Stimme klang mitfühlend und niedergeschlagen, jedoch ebenso voller Tatendrang.
    Rheyyas Finger schlossen sich um Velkarns Waffe, die sie daraufhin in ihrer Robe verstaute. Sie holte tief Luft und stand in einer langsamen, aber flüssigen Bewegung auf. „Nichts“, antwortete sie dabei ausdruckslos. Lokhain legte die Stirn in Falten. „Nichts?“, wiederholte er perplex. Als sie sich in Bewegung setzen wollte, machte er einen schnellen Schritt auf sie zu und berührte sie an der Schulter. „Was soll das heißen? Nichts?“
    Sie sah ermattet über ihre Schulter hinweg in sein Gesicht. „Darth Ogus hatte nicht Unrecht...“, sagte sie nahezu seelenlos, „Ich habe vergessen, was es heißt, eine Jedi zu sein. Ich habe vergessen, warum ich zu einer wurde.“ Ihre Hand wies auf das zerstörte imperiale Lager und auf die Toten, die sie und er dort hinterlassen hatten. „Ich habe einen Pfad der Verwüstung auf diesem Planeten geschlagen... weil ich es gern so wollte.“ Rheyya schüttelte den Kopf. Noch immer zeigte ihr Gesicht keinerlei Regung, nur eine trübe Leere. „Ich habe mich von Angst und Leidenschaft beeinflussen lassen. Nur deswegen wurde der Verstand meines Bruders vergiftet. Nur deswegen sind alle unsere Freunde gestorben. Und nur deswegen habe ich so viele getötet, die für meinen Schmerz nicht einmal verantwortlich waren.“
    Lokhain drehte sie mit einem festen Ruck vollständig zu sich herum. „Red' keinen Scheiß! Du kannst dir für das, was passiert ist, nicht allein die Schuld geben.“ „Ich habe daraus gelernt“, erwiderte Rheyya nur stumpf, „Ich werde nicht noch einmal so dumm sein.“ Unverständig blinzelte Lokhain sie an. Sein Mund stand offen. Er zuckte angespannt mit den Schultern. „Was meinst du damit?“, fragte er drängend und doch verstand sie einen Hauch von Angst in seinen Worten.
    Noch an diesem Morgen hätte sie vermutlich den Blick abgewandt, doch nun sah sie starr in seine Augen. Etwas in ihr schien abgestorben zu sein. „Es gibt kein Vertrauen, Lokhain... Ich war achtlos, weil ich dachte, dass mein Bruder mir nie etwas antun könnte. Ich habe mich getäuscht. Alles ist in ständigem Wandel und die Leute sind keine Ausnahme. Ich verstehe jetzt, warum der Kodex besagt, dass es keine Gefühle gibt. Jeder kann uns enttäuschen und hintergehen, wenn sich Absichten wandeln und wir selbst zu unvorsichtig sind.Vertrauen ist nicht mehr als eine Illusion.“
    Lokhain sah sie an. Einen Moment lang schien er nicht zu wissen, was er sagen sollte. Rheyya spürte regelrecht seinen erhöhten Herzschlag. Er wusste genau, worauf diese Unterhaltung hinauslaufen sollte. „Rheyya...“, sagte er beschwörend, „Ich liebe dich!“ Ein Schweigen entstand zwischen ihnen. Es waren endlose Sekunden, in denen Rheyya ihn nur neutral anblickte. „Ich danke dir für alles, Lokhain... aber ich bin eine Jedi und kann mich nicht länger einem Wunschbild hingeben.“
    Er schüttelte den Kopf. Verzweiflung erschien in seinen blauen Augen. Er konnte nicht glauben, was sie soeben gesagt hatte. „Nein... bitte! Tu mir das nicht an!“, flehte er, doch sie wandte sich schon ohne ein Zeichen der Reue von ihm ab. „Rheyya!“, rief er ihr nach und seine Stimme begann zu zittern. „Rheyya! Geh nicht! Ich flehe dich an!“ Er stapfte ihr schwach nach und schien sich tatsächlich eilig eine Träne aus dem Antlitz zu wischen. „Rheyya!!!“
    Sie blieb nicht stehen. Sie zögerte nicht eine Sekunde lang. Sie fühlte sich leer und ebenso matt und emotionslos war auch ihr Gesichtsausdruck, als sie Lokhain auf diesem kalten Berg verließ. Sie war eine Jedi. In Gedanken wiederholte sie immer wieder, dass es keine Gefühle gab. Es gab keine Gefühle...

  • Hier ist, was ich bisher weiß...
    Rheyya Livindoe hat sich in nur wenigen Jahren zu einer mächtigen Jedi entwickelt, deren Fähigkeiten laut Berichten der Republik selbst die erfahrener Meister in ihren Schatten stellen. Als ich ihr das erste Mal begegnete, war sie die Einsatzleiterin eines Sonderkommandos junger Jedi-Ritter, die verschiedene Geheimmissionen überall in der bekannten Galaxie durchgeführt haben. Sie war außerdem die erste Person, die tatsächlich Interesse an meinem Wohlergehen gezeigt hat.
    Psychologischen Analysen ihrer Persönlichkeit von Tython zufolge zeigte Rheyya sich im Zuge ihrer Ausbildung stets überaus engagiert und zielstrebig. Wissen wurde von ihr äußerst schnell aufgenommen und auch praktische Tests bestand sie mit Bravour. Obwohl die Jedi keine genaue Bewertung nutzen, gibt es in den Aufzeichnungen des Ordens mehrere Andeutungen, dass sie die Beste ihres Jahrgangs war und man große Hoffnungen in sie gesetzt hatte. Dass man ihr das Kommando über einen eigenen Trupp zuteilte war zwar nicht verwunderlich, aber vielleicht dennoch etwas übereilt.
    Da sie als Waise in den Straßen von Corellia aufgewachsen war, gemeinsam mit ihrem älteren Bruder Velkarn und ihrer jüngeren Schwester Salwyn, war sie nicht von Geburt an in der Obhut des Tempels aufgewachsen. Ihre familiäre Bindung zu ihren Geschwistern und ihre Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit saßen daher weit tiefer als es den Richtlinien der Jedi entspricht – eine Tatsache, die ihr auf Belsavis schließlich zum Verhängnis wurde...
    Die heimliche Beziehung zu Captain E. Lokhain, der Tod des Großteils ihrer Freunde und nicht zuletzt der Verrat ihres Bruders stellten sie auf eine viel härtere Probe als ursprünglich erwartet. Damals rückte sie nicht nur der 'dunklen Seite' sehr nahe, sondern verlor beinahe den Verstand. Man kann es ihr mittlerweile nur schwer ansehen, doch tatsächlich haben die Vorfälle auf dem Gefängnisplaneten tiefe Narben in ihrer Psyche hinterlassen.
    Im Vergleich zu damals hat sich ihre Einstellung nahezu vollständig verändert. Sowohl in ihrer Mimik als auch in der Variation ihrer Stimme zeigt sie nur noch wenige Gefühlsregungen. Sie beschränkt ihr Sozialverhalten auf eine rein zweckorientierte Ebene und bleibt unter anderen Personen dauerhaft in ihrer Rolle als Jedi-Ritterin. Persönliche Interaktionen erregen kaum bis gar nicht ihr Interesse und werden daher auf ein Minimum beschränkt. Sie ist nicht auf der Suche nach Freunden und stößt mit ihrer kaltherzigen Art und Weise jeden von sich, der versucht, ihre harte Schale zu öffnen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Rheyya den Großteil ihrer Zeit mit Training und Meditation verbringt, wenn sie nicht gerade auf Mission ist.
    Nach den Vorfällen auf Belsavis erhielt sie den Rang eines Commanders. In den vergangenen Jahren hat sie die republikanischen Truppen in mehreren Einsätzen und Schlachten gegen die des Imperiums geführt. Ebenso verteidigte sie die bekannte Galaxie gegen die Invasion durch die ewige Flotte von Zakuul. Als der Orden der Jedi schließlich zerschlagen wurde, ging sie ins Exil, trotzdem hat sie ihre Aufgabe nicht niedergelegt. Nach wie vor reist sie umher und versucht im Alleingang die Schwachen zu schützen und den Frieden zu wahren oder wiederherzustellen.
    Ihre Methoden sind dabei nicht selten extremer Natur. Nicht umsonst haften ihr die Titel 'Schlächterin von Belsavis' und 'Vollstreckerin des Ordens' noch immer an. Wer Böses tut und keine Reue zeigt, erfährt nur selten Gnade von ihr. Einen von sich überzeugten Massenmörder würde Rheyya wohl ohne mit der Wimper zu zucken exekutieren. Das entspricht nicht den Lehren der Jedi, doch schon vor dem Fall des Ordens wurde darüber oft hinweg gesehen. Ihre Ergebnisse sprechen für sich, aber zum Feind sollte man sie sich nicht machen. Das Kämpfen und Töten bereitet ihr kein Vergnügen, dennoch schreckt sie nicht davor zurück.
    Da sie sich von humanoiden Lebensformen distanziert hat, hat sich bei Rheyya zudem eine starke Verbundenheit zur Welt der Fauna ausgeprägt. Nur wenige Tiere scheinen Angst vor ihr zu haben. Einige hat sie sogar abgerichtet, beispielsweise ihren ständigen Begleiter Skye – eine erstaunlich intelligente Echsenfledermaus von Balmorra, die seit mehreren Jahren an ihrer Seite ist und sie sogar im Kampf unterstützt. Man kann wohl sagen, dass dieses Tier mittlerweile so etwas wie ihr bester Freund ist.
    Soweit ich weiß, hat Rheyya nur noch wenige feste Kontakte außerhalb der Tierwelt. Seit Belsavis sind sieben Jahre vergangen, in denen sie ihren alten Kameraden Milque – den letzten überlebenden Jedi aus ihrer damaligen Einheit – aus den Augen verloren hat. Mit Lokhain steht sie seit etwa drei Jahren wieder in Verbindung. Die alte Liebe ist nie wieder aufgeflammt. Rheyya bezeichnet ihn maximal als vorteilhaften Verbündeten. Zumindest waren seine bisherigen Versuche, sie zumindest als Freundin zu gewinnen, erfolglos. Gleiches gilt für mich. Erstaunlicherweise hat sie sich direkt bereit erklärt, mir Nahkampftechniken beizubringen, als ich sie danach fragte.
    Nichtsdestotrotz bleibt Rheyya eine Einzelgängerin. Sie spricht selten über sich selbst und besitzt meist die Miene einer unbeweglichen Porzellanpuppe. Auch die furchteinflößenden Bemalungen, die sie erstmals auf Belsavis aufgetragen hat, sind mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Ich selbst habe sie noch nie ohne sie zu Gesicht bekommen, wenn man von unserer Begegnung auf Balmorra absieht. In Kombination mit ihrer strikten Kleidung und dem praktisch orientierten Undercut, den sie inzwischen trägt, erinnert sie mich an einen Geist.
    Es ist schwer, Rheyyas Gedanken zu erfassen. Sie ist undurchsichtiger als alle Leute, denen ich bisher begegnet sind und gleicht in ihrer Persönlichkeit mehr einem Droiden als einem Menschen. Berichte über ihr früheres Auftreten wirken daher beinahe schon unglaubwürdig, sind aber nicht von der Hand zu weisen. Ich hätte gern mehr von ihrem Verhalten erlebt, bevor sie von ihrem Bruder verraten wurde.
    Obwohl man ihr Denken kaum deuten kann, bezweifle ich, dass sie tatsächlich vollständig mit allem abgeschlossen hat. Für jemanden, der sich gegenüber dem Persönlichen verschließt, zeigt sie erstaunlich viel Interesse am Wohlergehen der Leute, die sie umgeben. Sie schiebt dies zwar auf den Kodex, allerdings glaube ich nicht, dass sie wirklich zu einem solchen Eisklotz geworden ist, wie es ihr selbst lieb wäre. Die Frage ist, wie sehr die unbewegliche und emotionslose Miene wahrhaftig und wie viel sie nur eine Maske der emotionalen Frau ist, die sie heute verleugnet...

    Private Psychoanalyse #17
    Subjekt: Livindoe, Rheyya


    Logbuch von Drella Scronto

  • „Ich bin ein Werkzeug der Gerechtigkeit.“
    [- The End is near -]



    „Komm raus, Rheyya! Komm raus, komm raus zum Spielen!“


    Sie atmete tief ein und aus. Jeder ihrer Nerven war angespannt. Ihr Körper fühlte sich mit einem Mal steif und unbeweglich an, während sie ihren Rücken gegen die metallische Oberfläche des Containers presste, hinter dem sie Schutz gesucht hatte. Die ganze Mission war schief gelaufen. Sie hatte erwartet, eine Kultstätte abtrünniger Sith auszuheben, sie hatte sogar damit gerechnet, dass das Imperium dieses Ziel ebenfalls verfolgte, aber er? Es waren sieben Jahre vergangen. Sie hätte nie erwartet, dass ausgerechnet er auftauchen würde.


    Velkarn hatte sich so verändert. Seine Haut hatte die weißgraue Färbung eines Toten angenommen und seine gelben Augen waren umrahmt von dunklen Ringen. Sogar sein Haar war mittlerweile pechschwarz geworden und hing ihm strähnig und fettig im Gesicht. Der Wahnsinn hatte ihn zerfressen und seine bloße Erscheinung pulsierte regelrecht vor dunkler Energie.


    Er hatte Rheyya und ihre Leute überrascht. Sie hatte geglaubt, den Ermittlungen des Imperiums auf Rishi noch einen Schritt voraus zu sein, doch Velkarns gezielter Angriff sprach dafür, dass er seiner Schwester durchdacht aufgelauert und den richtigen Augenblick abgewartet hatte. Zuerst hatte er sie die Kultisten erledigen lassen, dann hatte er die Falle zuschnappen lassen... und nun lagen Sera und Leiv in seiner Gewalt.


    Rheyya wandte den Blick zur Seite und schaute zu Illwariel herüber. Als Velkarns Hinterhalt die vierköpfige Gruppe erwischte, hatte sich die Echani ebenfalls rechtzeitig in Sicherheit begeben können. Die Miene des Mädchens verriet, dass sie auf Rheyyas Kommando oder irgendeinen Plan ihrerseits wartete. Sie war bereit gegen Velkarn zu kämpfen. Rheyya schüttelte jedoch den Kopf in ihre Richtung. Sie waren umzingelt von imperialen Soldaten. Das allein minderte ihre Chancen bereits stark, doch bei einem offenen Gefecht würde Velkarn sicher nicht mehr zögern, Seras und Leivs Leben zu beenden.


    „Traust du dich immer noch nicht heraus, Schwesterchen?“, rief Velkarn durch die Halle, „Lass mich dir ein wenig helfen! Ich werde jetzt bis fünf zählen...“ Rheyya konnte hören, wie er sein Lichtschwert aktivierte. Sicher drohte er damit, ihre Verbündeten hinzurichten. „Eins...“ Rheyya schloss einen Moment lang die Augen und holte tief Luft. „Zwei...“ Sie hatte nicht viele Möglichkeiten, in dieser Situation sicher zu handeln und ein optimales Ergebnis damit zu erreichen. „Drei...“


    „Velkarn!“, rief sie und das Zählen ihres Bruders kam zu einem erwartungsvollen Ende. Ein weiteres Mal atmete Rheyya tief durch und ihre innere Ruhe kehrte zurück. „Lass meine Gefährten in Frieden abziehen und ich biete dir ein Duell... Nur du und ich. Wenn du immer noch beweisen willst, dass du der Bessere von uns bist, ist das deine Chance.“


    Ein kurzer Moment der Stille trat ein, dann hörte sie, wie Velkarn seine Waffe wieder abschaltete. „Gebt den beiden ein Stim, damit sie ihre Kadaver hier herausschaffen können!“, befahl er seinen Leuten. Rheyya konnte regelrecht hören, dass ein zufriedenes Grinsen sein deformiertes Gesicht zierte.


    Illwariel sah geradezu schockiert in Rheyyas Gesicht. „Meisterin Livindoe!“, flüsterte sie, „Ich werde nicht...“ „Es ist in Ordnung, Miss Illwariel. Bringt Mr. Egilson und Miss Ther'sera hier heraus“, antwortete Rheyyas tiefe, klare Stimme beruhigend, „Ich schaffe das.“ Illwariel schwieg einen Moment lang. Man sah ihr an, dass sie mit dieser Entscheidung nicht zufrieden war. Rheyya hingegen umfasste den Griff ihrer Waffe und trat vorsichtig zuerst aus der Deckung heraus. Als niemand das Feuer eröffnete, wagte sich auch Illwariel aus den Schatten. Die Imperialen sahen die beiden zwar aufmerksam an, hatten jedoch bereits die Waffen gesenkt.


    Illwariel schaute noch einmal zu Rheyya herüber, nun da feststand, dass Velkarn sich wirklich auf diesen Deal einließ. „Möge die Macht Euch dienen, Meisterin Livindoe...“ Ihre Stimme war gesenkt und nur sehr leise. Als sie die Stufen hinauf schritt, machten ihr die imperialen Soldaten Platz. Man hatte Sera und Leiv bereits zurück auf die Beine gezogen. Illwariel stützte vor allem Letzteren, da es diesen am schwersten getroffen hatte.


    „Verschwindet, bevor ich es mir anders überlege“, zischte Velkarn der Echani zu, die er wohl als Rheyyas Stellvertreterin wahrnahm. Illwariel antwortete nicht darauf. Sie warf einen letzten Blick über ihre Schulter hinab zu Rheyya, dann schlang sie Leivs massigen Arm um ihre schmalen Schultern und führte ihn hinaus aus der Halle.


    Rheyya spürte einen gewissen Hauch der Erleichterung, während sie im Zentrum der Halle auf ihren Bruder wartete, allerdings gab sie diese Gefühle rasch in die Tiefen der Macht ab. Sie schaute auf zur Decke. Skye wartete dort oben. Durch seine Tarnung musste selbst ein Machtanwender genau aufpassen, um die Echsenfledermaus zu bemerken. Vorerst war er also in Sicherheit.


    Ohne auch nur die geringste Gesichtsregung sah Rheyya dann Velkarn entgegen, als dieser nun langsam die Stufen zu ihr hinunter schritt und dabei erneut sein Lichtschwert einschaltete. Er richtete die Klinge mit einem finsteren Grinsen auf seine Schwester. „Ich bin jetzt für unser kleines Tänzchen bereit.“


    Rheyya führte ihre Hand an den Griff ihrer Waffe, welcher noch in der Halterung an ihrem Gürtel hing. Als Velkarn anfing, lauernd um sie herum zu schreiten, setzte sie sich ebenfalls in Bewegung und setzte in das Umkreisen ein. Ihre Augen lagen auf den seinen. Er schien diesen Augenblick zu genießen und ihr emotionsloser, konzentrierter Gesichtsausdruck schien seine Freude nur noch zu vergrößern.


    Plötzlich presste er die Zähne aufeinander. Rheyya sah den Schlag bereits, bevor Velkarn überhaupt wirklich dazu ansetzte. Sie tat einen Schritt zur Seite, drehte sich um sich selbst um Schwung zu holen und aktivierte ihr Lichtschwert, während sie es aus der Halterung zog. Velkarn hatte damit nicht gerechnet, doch es gelang ihm, seinen Hieb herumzureißen und ihren Angriff zu Blocken. Rheyya tat einen Schritt rückwärts, um wieder Abstand herzustellen, deaktivierte die Waffe und tat sie zurück an den Gürtel, sie jedoch weiterhin kampfbereit umgreifend.


    Velkarn wandte sich ihr wieder zu, die Klinge auf sie richtend. Das Grinsen war verschwunden und nun auch bei ihm der Aufmerksamkeit gewichen. Er hatte ihre Fähigkeiten unterschätzt, das erkannte Rheyya sofort, doch diesen Fehler würde er nicht erneut machen. Erst jetzt ging der wirkliche Kampf zwischen ihnen los.


    Abermals umschlichen sich die Geschwister einen Augenblick lang. Anspannung lag in der Luft. Plötzlich ging Rheyya in die Offensive. Erneut zog und aktivierte sie ihre Waffe, schwang sie geübt durch die Luft. Velkarn wehrte ihre Hiebe ab, wich dabei jedoch Schritt um Schritt zurück. Er machte schließlich einen kleinen Satz nach hinten und ließ Rheyyas Schneide an sich vorbei sausen. Diese hielt kurz inne, dann jedoch drehte Velkarn den Spieß um und startete seinerseits einen Angriff. Rheyya wich seinem Schlag aus und konterte, allerdings deaktivierte sie ihre Waffe, bevor sie Velkarns Torso treffen konnte. „Ich will dich nicht töten, Velkarn.“ Ihr Bruder stellte den Abstand wieder her, indem er sein Lichtschwert seitlich durch die Luft schwang und sie dadurch zu einem rückwärtigen Sprung zwang. „Zu schade!“, zischte er, „Ich will dich nämlich töten!“


    Sogleich wirbelte Velkarn abermals seine Schneide um sich. Voller Aggression war er es nun, der Rheyya zurücktrieb. Jene parierte gekonnt, dann aber stieß sie mit dem Rücken gegen eine der Kisten. Knisternd trafen die beiden Waffen aufeinander. Rheyya stemmte sich dagegen und presste angestrengt die Lippen aufeinander.


    „Der Orden ist am Ende, Rheyya! Genauso wie du“, keifte Velkarn, „Du bist nicht mehr als das jämmerliche Überbleibsel eines toten Kodex und toter Bekenntnisse!“ Mit einem kurzen Aufschrei versetzte Rheyya ihm einen Kniestoß in den Bauch ehe sie ihn von sich stieß. „Nein!“, schrie sie, „Du hast genauso an diesen Kodex geglaubt wie ich!“ Velkarn lachte amüsiert auf. „Niemals! Das habe ich nie getan!“


    Falten bildeten sich auf Rheyyas Stirn, als Velkarn sie erneut angriff. Sie wich zur Seite aus, um nicht wieder die Kiste im Rücken zu haben, dennoch entfernte sie sich ein paar kleine Schritte von ihrem Bruder. „Du wolltest die Welt verbessern! Du wolltest Recht und Ordnung in der Galaxie verbreiten!“ „Ich wollte kein jämmerliches Leben auf der Straße führen! Ich wollte jemand sein!“, erwiderte Velkarn kaltherzig. „Du hast von ganzem Herzen an den Kodex geglaubt! Er war ein Teil von dir!“ Die Verzweiflung in Rheyyas Gesicht wurde immer größer. „Der Orden hat mich stark gemacht! Alles andere habe ich nur getan, weil du und all die anderen es unbedingt wollten!“


    Rheyyas Atem ging immer schneller. Sie schüttelte den Kopf. Das wollte sie einfach nicht glauben. „Nein! Das ist nicht wahr!“ Velkarn attackierte sie erneut, doch noch immer konnte sie sich verteidigen und startete anschließend einen Konter. Velkarn duckte sie unter ihm hinweg. „Du willst es nicht wahr haben! Das wolltest du nie!“, lachte er und stach zu.


    Rheyya schrie auf, als die brennende Klinge ihres Bruders sich in ihre rechte Schulter bohrte und stolperte zurück, woraufhin sie aufs Knie hinunter sackte und ächzend ihre Hand auf die Wunde presste. Sie senkte den Blick. Ihr Herz schmerzte mehr als die Verletzung. Das triumphale Grinsen kehrte auf Velkarns Antlitz zurück, als er erneut seine rot leuchtende Waffe auf das Gesicht seiner Schwester richtete. „Es war schön, dich wiederzusehen, Schwesterchen...“


    Velkarn holte aus, doch bevor er den finalen Streich ausführen konnte, schrie er plötzlich auf und wurde zur Seite umgeworfen. Rheyya sah auf. Obwohl er immer noch getarnt war und sie ihn gerade kaum erspüren konnte, wusste sie, dass es Skye war, der sie gerade gerettet hatte. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie nicht einfach aufgeben durfte.


    Hastig sprang Rheyya auf und machte einen Satz über Velkarn hinweg, der mit dem Kopf gegen die metallenen Kisten gestoßen war und sich benommen an die Stirn faste, während er unkoordiniert sein Lichtschwert hin und her schwang, in der Hoffnung zufällig den getarnten Angreifer zu erwischen.


    Die imperialen Soldaten eröffneten das Feuer, als Rheyya die Flucht antrat. Glücklicherweise boten all die Kisten und Container genügend Deckung, um zur nächsten Ausgangstür zu gelangen. Sich noch immer die Schulter haltend, trat sie die Tür einfach auf und schlüpfte hinaus ins Freie, während die Imperialen bereits die Verfolgung aufnahmen. Sie musste sich nicht lange umsehen, um zu wissen, wie es weiter ging. Ohne zu zögern rannte sie auf das nächstbeste Swoop-Bike zu und sprang auf dessen Sattel. Mit einem kurzen Krächzen riss sie die Schutzplatte durch die Nutzung der Macht mit der Linken aus dem Metall, woraufhin sie sich an den Kurzschluss des Gefährts machte. In den letzten Jahren war sie häufig auf diesen Trick angewiesen gewesen, wenngleich sie dieses Mal weniger Feingefühl nutzen konnte.


    Der Antrieb des Gefährts fing gerade an zu jaulen, als die imperialen Soldaten sie eingeholt hatten und das Feuer eröffneten. Gerade als sich das Bike in Bewegung setzte, zischte ein Projektil direkt auf ihren Schädel zu, doch es stoppte mitten im Flug. Ein tierisches Keuchen ertönte und als Rheyya den Blick umwandte, gerade als der Antrieb beschleunigte, erkannte sie noch wie Skyes Tarnung flackernd seine Anwesenheit preisgab und das Tier tot aus der Luft stürzte. „NEIN!“, schrie sie, doch sie konnte nicht anhalten. Das Bike jagte in die nächste Gasse, raus aus der Reichweite der Feinde, doch Skye musste sie zurücklassen...

  • „Ich bin eine verirrte Kriegerin.“
    [- The end is the beginning -]



    Es regnete in Strömen und doch blieb der Boden weitestgehend trocken. Die dichten Baumkronen und gewaltigen Blätter des Dschungels verhinderten, dass sie selbst bei jenem Wetter allzu nass wurde und ihr nächtliches Feuer vorzeitig erlosch.


    Starr blickte sie in die Flammen. Ihr Haar klebte ihr noch immer gänzlich durchnässt im Gesicht. Die Bemalungen waren von ihrem bleichen Antlitz gewaschen. Sie hatte ihren Mantel eng um sich geschlungen und den Kragen hochgeklappt, um sich zu wärmen. In ihren Augen lag noch immer der Schock über die Wahrheit. Seit dem Duell mit Velkarn auf Rishi vor drei Wochen, seit dem Verlust ihres treuen Gefährten Skye hatte sie kaum mehr ein Auge zu getan und nur wenig gegessen. Sie fühlte sich zurückversetzt in die Vorfälle auf Belsavis. Eine alte Wunde war aufgerissen und blutete nun umso stärker.


    Jahrelang hatte Rheyya sich Vorwürfe gemacht. Sie hatte sich selbst die Schuld an Velkarns Fall gegeben. Sie war stets fest davon überzeugt gewesen, dass es Darth Ogus war, der seinen Verstand und sein Herz vergiftet hatte, doch die Worte ihres Bruders auf Rishi gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf, denn sie waren so furchtbar wahr. Sie hatte nicht wahrhaben wollen, dass ihr Bruder nie anders war. Ihr Unterbewusstsein hatte jedes Anzeichen übersehen. Sie war geblendet gewesen und hatte jeden Verdacht im Keim erstickt, weil sie ihm mehr als jedem anderen vertraut hatte. Erst jetzt, wo die Gewissheit da war, konnte sie ihr Leben reflektieren und erkennen, dass Velkarn schon immer verdorben war und sich lediglich gut verkauft hatte. Sie war so naiv gewesen...


    Lange hatte Rheyya geglaubt, diese Schmerzen bereits verwunden zu haben. Nun waren sie genauso stark wie vor all der Zeit, die ins Land gegangen war. Nichts hatte sich geändert, abgesehen davon, dass sie vergessen hatte wer sie überhaupt war und wofür sie noch kämpfte. Sie hatte sich nach Vodran zurückgezogen, um sich zu erinnern. Die Macht war stark an diesem Ort. Dennoch schwiegen die Energien und Rheyya wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Sie fühlte sich leer und hoffnungslos. Sie war nicht einmal mehr traurig. Es war einfach nichts mehr da.


    Vielleicht würde sie an diesem Ort bleiben, fernab von all den Kriegen, all dem Leid und all der Sinnlosigkeit. Sie hatte zu viele sterben sehen. Ganz gleich wie viele Schlachten sie auch gewonnen oder verloren hatte, es waren immer weitere da gewesen und es würden auch immer wieder welche da sein. Vielleicht musste sie sich damit abfinden, dass sie in Wahrheit an der Seite ihrer Kameraden auf Belsavis gestorben war und ihr Körper nun geist- und ziellos durch die Galaxis reiste und kläglich versuchte, alte Fehler wiedergutzumachen...


    Ein heller Lichtschein flammte unweit von ihr entfernt auf.


    Geblendet von dem reinen, weißen Leuchten hob sie schützend ihren unverletzten Arm vor ihre Augen. Kaum hatten diese sich an den Schein gewöhnt, weiteten sie sich in purem Staunen. Ihre Lippen öffneten sich und in einer langsamen, fließenden Bewegung richtete sie sich auf, um sich dem Phänomen zu nähern.


    Je näher sie dem Leuchten kam, desto fühlbarer wurde eine lange vergessene Wärme in ihrer Brust. Ihre Schritte wurden schneller. Über Wurzeln und Steine hinweg steigend schob sie Ast um Ast beiseite, bis sie auf einer kleinen Lichtung, mitten im Regen, vor dem unnatürlichen Licht stand, welches sie in seinen wohligen Schein hüllte. Dann plötzlich echote ihre eigene Stimme sanft und doch kraftvoll aus dem Strahlen hervor.


    „Die Jedi sind die Friedenswächter der Galaxis!“, sprach das Echo. Rheyyas Herz raste und ihre Schultern spannten sich an. Sie ballte ihre Fäuste und schlagartig nahm sie eine stolze und aufrechte Haltung an. „Die Jedi sind die Friedenswächter der Galaxis!“, wiederholte sie laut.


    „Ihre Kraft dient dem Schutz anderer, nicht dem Angriff!“ „Ihre Kraft dient dem Schutz anderer, nicht dem Angriff!“


    „Sie achten alles Leben, ganz gleich in welcher Form!“ „Sie achten alles Leben, ganz gleich in welcher Form!“


    „Sie dienen den Schwachen, anstatt über sie zu herrschen!“ „Sie dienen den Schwachen, anstatt über sie zu herrschen!“


    „Sie streben nach Vervollkommnung durch Wissen und Ausbildung!“ „Sie streben nach Vervollkommnung durch Wissen und Ausbildung!“


    „Es gibt keine Gefühle, nur Frieden!“ „Es gibt keine Gefühle, nur Frieden!“


    „Es gibt keine Unwissenheit, nur Wissen!“ „Es gibt keine Unwissenheit, nur Wissen!“


    „Es gibt keine Leidenschaft, nur Gelassenheit!“ „Es gibt keine Leidenschaft, nur Gelassenheit!“


    „Es gibt kein Chaos, nur Harmonie!“ „Es gibt kein Chaos, nur Harmonie!“


    „Es gibt keinen Tod, nur die Macht!“ „Es gibt keinen Tod... nur die Macht!“


    Rheyyas Atem zitterte und als sie schließlich zum letzten Mal ihr eigenes Echo wiederholt hatte, löste sich das Licht vor ihr langsam auf und ließ sie allein im Regen und in der Dunkelheit zurück. Dennoch, obwohl die Nacht sie eingehüllt hatte, fühlte sie sich nicht mehr von ihr aufgefressen. Es brannte in ihrem Herzen. Sie spürte eine helle Kraft in sich. Sie spürte nach all der Zeit endlich wieder sich selbst. „Ich bin... eine Jedi...“, flüsterte sie sich selbst zu.


    Als sie den Blick senkte, erkannte sie zwischen einigen Steinen die Schemen eines zerstampfen Nestes. Mehrere kaputte Eier lagen in seiner Mitte, nur eines war unbeschädigt. Langsam kniete sie sich hinunter und umfasste das Ei mit beiden Händen. Sie hatte solche Exemplare bereits gesehen. Es war das Ei einer Echsenfledermaus, zeitgleich jedoch weitaus mehr. Es war ein Zeichen. Rheyya hatte Hoffnung geschöpft.


    Sie hörte ein Ringen hinter sich, welches aus ihrem Lager stammte. Es war ihr Kommunikator, der an einem derart abgelegenen Ort wie diesem tatsächlich ein Signal empfangen konnte. Es grenzte wahrlich an ein Wunder, dass dies überhaupt möglich war. Eilig klemmte Rheyya sich das Ei unter ihren Arm, dann trat sie raschen Schrittes den Rückweg an und kehrte zu ihrem Feuer zurück. Das Ei wurde behutsam am Feuer abgesetzt, dann griff sie nach ihrer Tasche und fischte den klingelnden Kommunikator aus jener hervor. Einen Moment lang betrachtete sie untersuchend die Nummer, die das Display anzeigte. Sie kannte sie.


    Ihr Daumen betätigte den Schalter und das Gerät schuf ein Hologramm, das einen recht schmal gebauten Herrn darstellte mit vollem Bart und zurück gestrichenem, dunklem Haar. Er hatte sich sehr verändert, dennoch erkannte Rheyya ihn sofort wieder. „Milque!“, sagte sie überrascht und formte ihre Lippen zu einem erfreuten Lächeln, wie sie es seit Jahren nicht mehr getan hatte.


    Das Hologramm von Milque hob die Brauen und wirkte selbst etwas überrascht. „Bei der Macht! Rheyya! Ich hätte nicht wirklich gedacht, dich zu erreichen!“, sagte er. Seinem Tonfall nach hatte er schon häufiger versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Nachdem er auf Belsavis verletzt worden war, hatte Rheyya ihn nur ein einziges Mal gesehen, bevor die Kriege gegen das Imperium und gegen Zakuul jedes weitere Treffen verhindert hatten. Dass die beiden nun endlich wieder in Kontakt gelangten musste eine Vorhersehung der Macht sein.


    „Es ist schön, dich zu sehen“, sagte Rheyya und nickte anerkennend. Er erwiderte diese Geste und musste seinen plötzlichen Erfolg gedanklich wohl erst einmal verarbeiten, ehe er dazu in der Lage war zu antworten. „Rheyya... Es ist gut, dass ich dich erreiche“, sprach er dann mit ernster Stimme. „Sprich, alter Freund“, erwiderte sie aufmerksam.


    Milque führte eine metallische, rechte Hand an sein Kinn und fuhr sich durch den Bart. „Ich bin kürzlich auf unseren alten Freund Velkarn aufmerksam geworden. Er hat beunruhigende Dinge geäußert, also bin ich ihm heimlich nach Dromund Kaas gefolgt. Das war gefahrvoller als es mir lieb gewesen wäre... Ich kann mich glücklich schätzen, dass mich zwei Söldner von dort gerettet haben. So eine junge Twi'lek und ein wahrer Berg von einem Kerl.“ Er schüttelte fahrig den Kopf. „Egal!“, tat er die Erzählung rasch ab, „Ich bin gemeinsam mit ein paar anderen Jedi in einer Siedlung auf Tatooine untergetaucht. Velkarn hat uns ausfindig gemacht und plant einen Angriff. Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können. Die meisten von uns sind nicht mehr als Padawane oder haben seit Jahren nicht mehr gekämpft.“


    Rheyya schwieg einen Moment, nachdem Milque ihr dies anvertraut hatte, dann nickte sie erneut. „Gib mir die Koordinaten und ich reise dorthin. Ich werde tun, was ich kann, um euch zu helfen.“ Ein dankbares Lächeln erschien auf Milques Gesicht. „Danke, Rheyya... Ich könnte mir keine Bessere an meiner Seite vorstellen.“


    Rheyya neigte den Kopf, das Kompliment ehrfürchtig entgegen nehmend. „Haltet die Stellung. Ich mache mich sofort auf den Weg. Wir sehen uns dort.“ „Wir treffen alle Vorbereitungen für die Verteidigung“, erwiderte Milque, dann beendete er den Anruf und das Hologramm verschwand wieder.


    Ohne Umschweife steckte Rheyya das Gerät in die Innentasche ihres Mantels, ehe sie sich daran machte, ihre Sachen wieder einzupacken und das Feuer zu löschen. Schlussendlich griff sie nach dem Echsenfledermaus-Ei, zu welchem die Macht sie geführt hatte. Sie betrachtete es einen Moment, dann wickelte sie es behutsam in eine Decke ein und verstaute es sanft in ihrem Gepäck. Danach warf sie sich den Seesack über die Schulter und setzte sich in Bewegung, um zu ihrem Schiff zurückzukehren. „Ich bin eine Jedi!“, sagte sie dabei noch einmal leise, aber entschlossen zu sich selbst.

  • „Ich bin eine Hüterin des Friedens.“
    [- The beginning is near -]



    Die Flammen verschlangen die Häuser und Straßen und der heulende Wind trug Sand und Staub durch die sengende Luft. Es war ein einziges, tobendes Inferno. Der Bombenabwurf der imperialen Truppen hatte die ganze Ortschaft in Schutt und Asche gelegt. Ihre Schiffe schwebten noch immer bedrohlich über dem Trümmerfeld. Kleinere Suchtrupps waren bereits ausgeschwärmt, um die Ruinen nach Überlebenden zu untersuchen, wenngleich es unwahrscheinlich war, nach all den Explosionen und Bränden noch jemanden zu finden, der noch nicht zu Asche zerfallen war.


    Ein siegreiches Grinsen hatte sich voller Schadenfreue auf Velkarns Gesicht ausgebreitet, während er in Begleitung zweier Leibwächter durch das rasende Flammenmeer hindurch schritt und das Werk seines verheerenden Befehls begutachtete. Er bezweifelte, dass auch nur irgendjemand den Luftangriff überlebt hatte. Ihm ging es nicht um die Kontrolle, sondern um die Freude, die all jene Zerstörung in seinem verdorbenen Herzen hervorrief. Dies war ein Sieg des Imperiums und die vollständige und immerwährende Auslöschung des Jedi-Ordens war nur noch eine Frage der Zeit. Diese Zuflucht jedenfalls war am Ende...


    Schlagartig blieb Velkarn stehen und weitete die Augen.


    Inmitten all des Feuers erkannte er an einer halbwegs sicheren Stelle eine ruhige, kniende Gestalt. Seine Augen weiteten sich. Seine Oberlippe zuckte. „Bereit halten!“, wisperte er seinen beiden Leibwächtern zu, woraufhin seine Beine sich wieder regten und ihn wesentlich steifer und angespannter in die Richtung der verdächtigen Silhouette trugen. Es war eigentlich unmöglich und doch saß dort jemand völlig unversehrt.


    Als Velkarn sich dem Schatten näherte, richtete dieser sich in einer langsamen, fließenden Bewegung auf, was ihn dazu brachte ebenso abrupt zum Stehen zu kommen wie beim ersten Mal. „Du?!“, knurrte er erbost bei dem Anblick, der sich ihm bot.


    Es war Rheyya, die allem Anschein nach in aller Geduld sein Eintreffen erwartet hatte. Ruhig führte sie ihre Hand an den Griff ihres Lichtschwerts, während ihre Augen die ihres Bruders fixierten. „Dein Plan ist gescheitert, Velkarn. Ich habe ein paar Gefallen eingefordert und veranlasst, dass das Dorf evakuiert wird. Du hast einige Heime zerstört, jedoch keine Person.“ Als er nun auch noch diese Worte von seiner Schwester vernahm, zitterte Velkarns Lippe nur noch mehr. Rheyya konnte spüren, wie der Zorn in seinem Inneren regelrecht loderte.


    „Was willst du hier, Schwester?“, brummte er bedrohlich, „Du bist doch sicher nicht hier, nur um mir zu sagen, dass du meinen Plan vereitelt hast...“ Rheyya schüttelte den Kopf. „Nein“, antwortete sie ausgeglichen, „Ich will dasselbe wie auch vor sieben Jahren. Ich will, dass du diesen Pfad der Zerstörung und Machtgier hinter dir lässt.“ Velkarn musste lachen. Er schien diese Aussage sehr albern zu finden. Kurz darauf wurde seine Miene jedoch mit einem Mal schrecklich ernst. „Tötet sie“, wies er dann seine Wachen an. „Tut das nicht“, reagierte Rheyya und wandte sich selbst an das Gefolge ihres Bruders, „Es muss nicht unnötig Blut vergossen werden.“


    Als die imperialen Soldaten dennoch die Gewehre hoben, zog Rheyya ihre Waffe. Ihre Reaktion war derart schnell, dass sie ihre Klinge bereits in die richtigen Bahnen lenkte, noch bevor die beiden Angreifer ihre Abzugfinger durchgebogen hatten. Kreischend prallten die Schüsse an dem Lichtschwert ab, flogen zurück und trafen die Schützen selbst, welche nacheinander ächzend zu Boden stürzten.


    Velkarn schmunzelte schnaubend. „Ich hätte wissen sollen, dass die beiden keine Chance gegen dich haben...“, resumierte er, „Ich kenne dich zu gut. Ich weiß auch, dass du dich nicht einfach so zwischen feindliche Patrouillen schleichen würdest. Was also ist mit meinen anderen Trupps passiert?“ „Erinnerst du dich an General Honsley und Major Knothole?“, erkundigte sich Rheyya. Velkarns Blick verfinsterte sich noch etwas mehr, doch seine Schwester fuhr ruhig fort. „Sie kümmern sich in diesem Augenblick um deine Bomberstaffel im Orbit und überzeugen sie davon, dass eine Kapitulation ihr einziger Ausweg ist“, sagte sie, „Deine Bodentruppen wiederum wurden bereits gefangen genommen. Es gibt nur noch dich und mich.“


    Velkarn öffnete den Verschluss seines Umhangs und ließ ihn achtlos zu Boden fallen, ehe er nach seinem Lichtschwert griff und dieses einschaltete. „Dann lass es uns beenden. Ein für alle Mal...“, sagte er voller Abscheu. Rheyya wiederum deaktivierte ihre Waffe, wenngleich sie dennoch vorsorglich aus ihrem Mantel schlüpfte. „Bitte, Velkarn. Gib auf. Lass dir helfen.“ Einen Moment schwieg er. Er hatte ihre Worte scheinbar nicht erwartet. „Nein!“, brüllte er dann zornig und tat dabei eine wischende Geste mit der freien Hand, „Nur Schwächlinge wie du sind auf Hilfe angewiesen! Mag sein, dass du mir zuvor gekommen bist, aber ich werde deine kleinen Jedi-Flüchtlinge finden und auslöschen! Sie können sich nicht ewig vor mir verstecken!“ „Du bist besigt, Velkarn“, erwiderte Rheyya ersuchend. „Ich besorge mir ein neues Gefolge! In spätestens einem Jahr bin ich zurück... aber du wirst dann nicht mehr da sein!“


    Velkarns Füße lösten sich vom Boden. Mit einem fürchterlichen Aufschrei riss er seine Klinge empor und stürzte sich auf Rheyya. Diese schaltete ihre Waffe rasch wieder ein und parierte seinen Hieb rechtzeitig. Seine Kraft brachte sie jedoch aus dem Gleichgewicht. Ein paar Schritte stolperte sie zurück, ehe sie ihn abermals auf sich zustürmen sah. Ihre Schneiden trafen leuchtend und rasselnd aufeinander, während der Bruder die Schwester immer weiter zurückdrängte – direkt ins Zentrum des brennenden Orkus, den die imperialen Schiffe hinterlassen hatten.


    Rheyya sprang nach hinten über eine der gewaltigen Flammen hinweg und landete auf dem Dach eines niedrigen Hauses in deren Schatten. „Hör auf damit, Velkarn!“ Sie löste ihre Deckung auf, um ihre Arme leicht auszubreiten. „Wir sind eine Familie!“ „Ich brauche keine Familie!“, schrie Velkarn. Seine gelben Augen glühten regelrecht, als er ihren Sprung nachahmte und ihr auf das Dach folgte.


    Wieder wehrte Rheyya seinen Ansturm, dieses Mal standfester als beim ersten Mal, sodass sie zu einer Gegenoffensive ansetzen konnte. Sie schwang ihr Schwert durch die trocken heiße Luft und ließ es auf das ihres Bruders treffen, welcher Zähne knirschend immer wieder versuchte, ihre Verteidigung zu brechen. Seine Technik war nicht wie zuletzt von Finesse geprägt. Er kämpfte nur noch mit roher Gewalt.


    Während Rheyya seinen Schlägen auswich und sich erneut rückwärts treiben ließ, erkannte sie deutlich die bebenden Adern an seinen Schläfen und seinem Hals. Seine Miene war verzerrt und geradezu abscheulich vor Wut. „Ich brauche niemanden!“, schrie er wie ein wildes Tier und doch schien er eher sich selbst davon überzeugen zu wollen als sie. Er reckte den Arm voraus und versetzte seiner Gegnerin einen Machtstoß. Rheyya zog es vom Boden und sie stieß rücklings durch das Fenster eines nahen Turmes.


    Ächzend stürzte Rheyya auf ihren Rücken im unteren Stockwerk des Gebäudes. Voller Schmerz verzog sie ihr Gesicht und verkrampfte kurz ihren Körper. Dann aber sah sie wie Velkarn direkt auf sie zu flog und drohte, ihr seine Klinge in den Bauch zu rammen. Hastig rollte sie sich über den Boden zur Seite hinweg. Ihr Bruder landete daraufhin direkt neben ihr und sein Schwert bohrte sich in den Grund.


    Während Velkarn bereits einen weiteren Hieb in ihre Richtung ausführte, nutzte Rheyya die Macht um schnellstmöglich wieder aufspringen und zeitgleich der glühenden Schneide ausweichen zu können, ehe sie die nächsten Schläge und Stiche ihres Bruders abwehren konnte. „Warum stirbst du nicht?!“, knirschte er fast ein wenig verzweifelt, wieder und wieder auf sie einschlagend. „Ich bin da Velkarn!“, antwortete sie erbaulich, „Hör damit auf!“


    Ihre ständigen Versuche, ihn zur Vernunft zu bringen, steigerten bedauerlicherweise seine ungezügelte Aggression nur ins Unermessliche. Brüllend ließ er seine Waffe ein ums andere Mal auf sie hernieder fahren, doch Rheyya blieb standhaft. Plötzlich brach jedoch ein Holzbalken krachend aus der Decke und trennte die Geschwister voneinander. Das Gebäude war im Begriff einzustürzen.


    Rheyya nutzte die Chance und rannte auf die Tür des Hauses zu, die sich kaum noch im Rahmen hielt. Ein Tritt reichte, um sie aus den Angeln zu werfen und nach draußen entschlüpfen zu können. „Wag es nicht vor mir zu fliehen!“, hörte sie ihren Bruder schreien. Sie war gerade zurück im Freien, als Velkarn durch eines der Fenster sprang und direkt vor ihr wieder landete. Rheyya wich zurück und parierte einen weiteren Hieb seinerseits, woraufhin sie dazu überging, selbst einige Streiche auszuführen, um ihn von dem einstürzenden Gebäude wegzudrängen.


    „Komm mit mir! Du musst das nicht tun!“, sagte sie so beruhigend wie möglich, doch es hielt Velkarn nicht auf, der einem ihrer Angriffe auswich und anschließend einen Konter versuchte. „Glaub nicht, ich würde mich von dir beeinflussen lassen!“, zischte er und schwang sein Schwert um sich herum, „Du bedeutest mir nichts! Du willst mich davon abhalten, mein wirkliches Potential auszuschöpfen!“ Rheyya lenkte seine Klinge mit einem Gegenschlag zur Seite ab. „Du hast Potential!“, bestätigte sie ihn, „Aber das hier ist Wahnsinn! Lass es an dir vorbei ziehen! Es ist nicht zu spät!“


    „Nein!!!“, schrie er. Man mochte fast meinen, dass er es nicht wahrhaben wollte, aus Angst sich einem Fehler zu stellen. Velkarn griff mithilfe der Macht nach einem Brocken einer zerstörten Mauer und schleuderte ihn knurrend seiner Schwester entgegen. Diese fing ihn jedoch mit derselben Technik in der Luft auf und warf ihn beiseite. Mehr als diesen kurzen Moment der Ablenkung brauchte Velkarn nicht. Er stürzte auf sie zu und versuchte einen seitlichen Hieb. Es zischte Lautstark und Rheyyas gelbe Klinge verschwand, während der obere Teil ihres Lichtschwerts dampfend in den Sand stürzte. Besonnen ließ sie den Rest der zerstörten Waffe fallen und duckte sich unter seinem nächsten Schlag hinweg, ehe sie ihn beidhändig mit der Macht von sich warf.


    Keuchend krachte Velkarn mit dem Rücken gegen eine der wenigen verbliebenen Wände. Er röchelte kurz, dann aber schüttelte er wild den Kopf und sprang wieder auf. Er rannte sogleich wieder auf seine Feindin zu, reckte dabei bedrohlich sein Lichtschwert empor.


    Rheyya beobachtete jeden seiner Schritte. Einen Moment lang war es, als hätte sich die Zeit um sie herum verlangsamt und dann wurde alles mit einem Mal wieder um ein Vielfaches schneller. Sie streckte ihren Arm aus. Das Lichtschwert löste sich aus Velkarns Hand und flog durch die Luft direkt in ihre. Sie stieß reflexartig ihren Arm nach vorn. Zischend bohrte sich die Klinge durch Velkarns Oberleib. Sein Angriffsschrei erstickte. Er riss die Augen auf.


    Rheyya fing ihn auf. Ihre freie Hand legte sich behutsam um seinen Rücken. „Es tut mir leid, Velkarn...“, sagte sie sehr leise, dann deaktivierte sie die Waffe und warf sie im Anschluss achtlos beiseite, um auch den anderen Arm fest um ihn wickeln zu können. Velkarn zitterte. Er schnappte nach Luft und starrte sie in regelrechtem Schock an. Seine Beine wurden schwächer, weshalb Rheyya sich mit ihm auf die Knie fallen ließ.


    Sie sah ihn mitfühlend an und gestattete sich einen Funken von Trauer in ihren Augen. Mehr jedoch lag eine versöhnliche Ruhe in ihrem Gesicht. „Es gibt keinen Tod, nur die Macht...“, sagte sie sanft. Tatsächlich schien das Entsetzen in seinem Antlitz nach diesen Worten langsam zu sinken. Sie drückte ihn daraufhin noch einmal an sich, wobei sie ihr Kinn auf seiner Schulter ablegte, „Du bist lange gereist. Ruh dich aus, Bruder...“


    Ihre Finger klammerten sich an seinen Rücken, während sein rasselnder Atem erst sachter, dann schwächer und schließlich still wurde. Sein Zittern stoppte, seine Anspannung löste sich und sein Körper kam zur ewigen Ruhe. Einen Moment lang hielt Rheyya ihn weiterhin fest. Ihre Miene war trüb, aber dennoch friedlich, als sie nach einer Weile ihre Lider aufschlug.


    Behutsam legte sie den Leichnam ihres Bruders auf den Rücken. Weiterhin neben ihm kniend griff sie dann in ihre Robe und holte ein altes Lichtschwert mit einem schwarzen Brandfleck aus jener hervor – dieselbe Waffe, die sie Velkarn auf Belsavis abgenommen hatte. Schweigend platzierte sie die Waffe in den Händen ihres Bruders auf dessen Brust, ehe sie vorsichtig seine Augen mit zwei Fingerspitzen schloss. „Lebewohl, Velkarn...“, sagte sie leise und erhob sich in einer gemächlichen, aber durchgehenden Bewegung.


    Die Flammen um sie herum verschlangen die Überreste des Dorfes und ihr Knistern drang von allen Seiten her an Rheyyas Ohren. Sie hob das Kinn. Hinter all dem Feuer sah sie, dass am Horizont die Sonnen Tatooines aufgingen. Ein tiefer Atemzug füllte ihre Lungen, während sie den Verlust und auch die Trauer akzeptierte und dadurch überwand. Der lange Kampf gegen ihren Bruder und gegen sich selbst war vorbei und nach all den Mühen, nach all dem Zorn und all der Verzweiflung waren es Wärme und Hoffnung, die zurückblieben...


    ENDE


    Ich danke allen Lesern für das große Interesse, die Treue und die vielen Likes. Ich hoffe, ihr habt beim lesen genauso geschmunzelt, mitgefiebert und getrauert wie ich es selbst beim Schreiben getan habe. Über Kommentare, Fragen und Anmerkungen im Fanfictions-Thread würde ich mich freuen - vor allem da es für mich immer schwer ist, eine Geschichte abzuschließen und so zumindest das Echo noch da ist. ^^' Außerdem fänd' ich es natürlich super, wenn ihr die Geschichte weiter empfehlt! Freut euch auf weitere Fanfictions von meiner Seite! Eure Livi.

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