Fortsetzung von Clash of Cultures
Erwachen
Andenus erwachte.
Der Raum war dunkel – oder aber seine Augen, die trüb in die schummrige Umgebung blickten. Er hatte nur einen Gedanken: Durst. Als er versuchte sich zu bewegen, brannte eine Woge brachialer Schmerzen über ihn hinweg. Er verlor das Bewusstsein.
Als er die Augen wieder öffnete, erinnerte er sich nicht mehr an die vorherige Episode. Wieder versuchte er den Raum auszumachen, in dem er sich befand – doch seine Augen klärten sich nur langsam und begannen die düsteren Umrisse zu Gegenständen zu wandeln. Der Raum nahm Gestalt an. Er lag auf einer Liege, mit Kabelbindern an dem Gerüst befestigt, die Einrichtung karg (Andenus befand sich wohl im Inneren eines Gebäudes), Rohre und Kabel waren offen an den Wänden, einige einfache Schränke komplettierten die Möblierung. Fast hätte er den Hocker übersehen, auf dem sich eine Gestalt leicht nach vorne beugte.
„Na, genug geschlafen?“ blaffte die weibliche Stimme in seine Richtung. Andenus nahm den Blaster wahr, die die Frau auf ihn gerichtet hielt. Der Ritter blinzelte, um die Person besser einzuordnen. Die katzenähnlichen Züge verrieten sie als Cather, die gelben Augen als wachsame Beobachterin. Der Jedi konnte ihr alter bei dem schummrigen Licht nicht schätzen, sondern richtete seinen Blick wieder gegen die Zimmerdecke als ihm die Anstrengung zu viel wurde.
„Ich rede mit Ihnen.“ Die tiefe Stimme der Frau ließ nicht locker. Andenus wollte antworten, doch brachte nur ein unverständliches Röcheln zustande. Die Katzenfrau bewegte sich agil vom Hocker auf ihn zu, packte einen Plastikbecher, der auf einem Beistelltisch stand, und flößte dem wehrlosen Jedi etwas Wasser ein.
Andenus trank gierig, jeder Schluck ein bisschen mehr Lebenskraft. Er spürte, wie das taube Gefühl in seinem Mund langsam abebbte.
„Danke“ murmelte der Ritter mit rauer Stimme – er fühlte sich mit einem Male unendlich müde und schloss die Augen. Traumloser Schlaf umfing hin.
Wie lange er geschlafen hatte, konnte er nicht sagen. Aber als er erwachte, war der Jedi alleine. Er atmete langsam ein und aus und fokussierte seinen Geist – wie war er hierhergekommen?
Er war nach Denon geflogen, um nach Takoob zu sehen. Takoob – des Ritter Gedanken begannen sich langsam zu klären – war gefallen. Mitheos, die versteckte Klinge. Die freie Hand tastete nach der Stelle wo die hinterlistige Klinge seine Brust getroffen hatte. Sie war verbunden – fachmännisch wie Andenus das sehen konnte. Was war geschahen? Wie hatte er den sicheren Tod ein weiteres Mal überstanden? Hielt die Macht tatsächlich ihre schützende Hand über den alternden Jedi-Ritter?
Doch mit dem Gefühl der Erleichterung noch am Leben zu sein, zogen dunkle Gedanken auf, die Ereignisse mit Mitheos sich in seinem Geiste schärften.
Wieso war er so aus der Rolle gefallen? Wie konnte er, der seit Jahrzehnten seine Emotionen unter Kontrolle hatte, so von ihnen mitgerissen werden?
Andenus Kopf schwirrte noch – wohl von dem wahrscheinlichen Blutverlust und der Narkose. Doch er wusste, dass er diese Situation für sich klären musste. Nur wenn er mit sich im reinen war, könnte er sich in die dringend benötige Heilungstrance versetzen, um herauszufinden wo er sich gerade befand.
Der Ritter schloss die Augen und begann langsam ein- und auszuatmen. Sein Geist begann sich zu fokussieren, während sich sein Körper entspannte.
Er rief sich die Situation wieder vor das innere Auge. Takoob lag verkrümmt mit leeren Augen vor ihm, Mitheos Bösartigkeit lies seine Machtsinne vibrieren – als sich die Dunkelheit seiner bemächtigte.
Andenus atmete konzentriert ein.
Woher kam sie? Wieso jetzt? Wieso war er nicht gewappnet?
Langsam und sorgfältig fädelte der Ritter die verschiedenen Gründe und Ursachen auseinander, in der Hoffnung das Geschehene zu begreifen.
Zum einen war da eine gewisse Selbstsicherheit. Die meisten Versuchungen der dunklen Seite, war er bisher nicht erlegen und bisher viel ihm das nicht mal sonderlich schwer. Macht für sich interessierte ihn nicht, körperliche Begehren reizten ihn kaum und sein kritischer Geist hatte bisher verhindert, dass ihn selbstgefällige Arroganz lange halten konnte. Der Kampf machte ihm zwar Freude, aber nicht das Töten. Seine Glauben an die Prinzipien des Ordens war stets fest und in seinen Augen ohne Konkurrenz.
Diese Einstellung und Erfahrungen hatten dazu geführt, dass er selbstsicher wurde. Vorallem in den letzten Jahren, in denen er nicht in ständiger Auseinandersetzung mit den Sith leben, sich nicht mehr den Traumata des Schlachtfeldes entgegenstellen musste, hatte sich diese Haltung der Selbstsicherheit gefestigt – gefährlich, weil man die leisen Stimmen der Vorsicht und der Demut nicht mehr vernahm.
Bestärkt wurde diese Haltung durch den mangelnden Austausch mit Gleichgesinnten der letzten Jahre. Die Truppe der Countersphere war zwar freundlich, doch er konnte mit ihnen nicht über die dunkle Seite sprechen, sich keinen Rat holen, sich nicht in den Diskurs über solche Themen begeben. Und er lebte als Philosoph den Diskurs - für ihn war das ein elementarer Weg zu Erkenntnissen. Denn in der Diskussion wurde man für die Ansichten und Herausforderungen anderer sensibilisiert – und konnte damit seine eigenen Schwächen auf den Prüfstein hieven. All das gab es in den letzten Jahren nicht und Andenus hatte gar nicht bemerkt, wie schnell man durch den Verlust eines Gegenübers, mehr mit sich selbst interagiert – und damit Reflektionsfähigkeit einbüßt.
Als dritten Punkt nahm der Ritter eine generelle Herausforderung war: Emotionale Gleichgültigkeit. Durch die Jahrzehnte des Trainings hatte er seine Gefühle unter Kontrolle – und stand nicht in Harmonie mit ihnen, wie es der Jedi-Kodex vorschreibt. Sie hatten nicht mehr die Schärfe von einst, als er noch ein Jüngling war. Sie waren etwas verblasst und kraftlos. Andenus hatte es lange als Stärke angesehen, dass er von Gefühlen nicht mehr so stark heimgesucht wurde, hatte es als Produkt der Übung und Verinnerlichen der Jedi-Lehre begriffen. Doch vielleicht war es das gar nicht. Sondern ein Abstumpfen, ein mangelndes Hören auf das was in seinem inneren vorging. Sein Verstand war ihm lange die wichtigste Entscheidungsebene, nach der Folter von Lord Kifdas war Machtvertrauen dazugekommen. Nun hier – in einem kühlen, kargen, dunklen Raum wurde ihm bewusst, wie wichtig Emotionen waren. Emotionen waren für Andenus nicht die unkontrollierten Gefühle, denen der Jedi-Kodex Gelassenheit entgegensetze – sondern sie waren Indikatoren, halfen den Verstand sich zu orientieren und auch sie beinhalteten Wahrheit.
Andenus atmete aus.
Er spürte wie sich in seinem Inneren langsam lang vergessene Emotionen zu regen begannen. Andenus nahm sie dankbar auf und begann sich langsam in die harmonische Geisteshaltung zu begeben, für die Jedi bekannt sind.
Die Situation - sein Ausfall hatte seinen Schrecken verloren, er war wieder bei sich, wieder ein Diener der Macht.
Der Ritter ließ die Macht vorsichtig durch seinen Körper gleiten, als er begann sich die Heilungstrance zu begeben. Er spürte ihren festen und doch liebkosenden Griff wie sie warm durch seinen Körper floss – Andenus war in diesem Moment ganz ein Gefäß der Macht.
Mit einem Zischen öffnete sich die Tür. Die Cather trat ein und lächelte, die spitzen Zähne zeigend.
„Na also, dann können wir uns jetzt unterhalten“
Andenus entging der Blaster an ihrer Seite nicht.