Andenus Dexter - Resurrection

  • Fortsetzung von Clash of Cultures


    Erwachen


    Andenus erwachte.


    Der Raum war dunkel – oder aber seine Augen, die trüb in die schummrige Umgebung blickten. Er hatte nur einen Gedanken: Durst. Als er versuchte sich zu bewegen, brannte eine Woge brachialer Schmerzen über ihn hinweg. Er verlor das Bewusstsein.



    Als er die Augen wieder öffnete, erinnerte er sich nicht mehr an die vorherige Episode. Wieder versuchte er den Raum auszumachen, in dem er sich befand – doch seine Augen klärten sich nur langsam und begannen die düsteren Umrisse zu Gegenständen zu wandeln. Der Raum nahm Gestalt an. Er lag auf einer Liege, mit Kabelbindern an dem Gerüst befestigt, die Einrichtung karg (Andenus befand sich wohl im Inneren eines Gebäudes), Rohre und Kabel waren offen an den Wänden, einige einfache Schränke komplettierten die Möblierung. Fast hätte er den Hocker übersehen, auf dem sich eine Gestalt leicht nach vorne beugte.


    „Na, genug geschlafen?“ blaffte die weibliche Stimme in seine Richtung. Andenus nahm den Blaster wahr, die die Frau auf ihn gerichtet hielt. Der Ritter blinzelte, um die Person besser einzuordnen. Die katzenähnlichen Züge verrieten sie als Cather, die gelben Augen als wachsame Beobachterin. Der Jedi konnte ihr alter bei dem schummrigen Licht nicht schätzen, sondern richtete seinen Blick wieder gegen die Zimmerdecke als ihm die Anstrengung zu viel wurde.


    „Ich rede mit Ihnen.“ Die tiefe Stimme der Frau ließ nicht locker. Andenus wollte antworten, doch brachte nur ein unverständliches Röcheln zustande. Die Katzenfrau bewegte sich agil vom Hocker auf ihn zu, packte einen Plastikbecher, der auf einem Beistelltisch stand, und flößte dem wehrlosen Jedi etwas Wasser ein.


    Andenus trank gierig, jeder Schluck ein bisschen mehr Lebenskraft. Er spürte, wie das taube Gefühl in seinem Mund langsam abebbte.


    „Danke“ murmelte der Ritter mit rauer Stimme – er fühlte sich mit einem Male unendlich müde und schloss die Augen. Traumloser Schlaf umfing hin.



    Wie lange er geschlafen hatte, konnte er nicht sagen. Aber als er erwachte, war der Jedi alleine. Er atmete langsam ein und aus und fokussierte seinen Geist – wie war er hierhergekommen?


    Er war nach Denon geflogen, um nach Takoob zu sehen. Takoob – des Ritter Gedanken begannen sich langsam zu klären – war gefallen. Mitheos, die versteckte Klinge. Die freie Hand tastete nach der Stelle wo die hinterlistige Klinge seine Brust getroffen hatte. Sie war verbunden – fachmännisch wie Andenus das sehen konnte. Was war geschahen? Wie hatte er den sicheren Tod ein weiteres Mal überstanden? Hielt die Macht tatsächlich ihre schützende Hand über den alternden Jedi-Ritter?


    Doch mit dem Gefühl der Erleichterung noch am Leben zu sein, zogen dunkle Gedanken auf, die Ereignisse mit Mitheos sich in seinem Geiste schärften.


    Wieso war er so aus der Rolle gefallen? Wie konnte er, der seit Jahrzehnten seine Emotionen unter Kontrolle hatte, so von ihnen mitgerissen werden?


    Andenus Kopf schwirrte noch – wohl von dem wahrscheinlichen Blutverlust und der Narkose. Doch er wusste, dass er diese Situation für sich klären musste. Nur wenn er mit sich im reinen war, könnte er sich in die dringend benötige Heilungstrance versetzen, um herauszufinden wo er sich gerade befand.


    Der Ritter schloss die Augen und begann langsam ein- und auszuatmen. Sein Geist begann sich zu fokussieren, während sich sein Körper entspannte.


    Er rief sich die Situation wieder vor das innere Auge. Takoob lag verkrümmt mit leeren Augen vor ihm, Mitheos Bösartigkeit lies seine Machtsinne vibrieren – als sich die Dunkelheit seiner bemächtigte.


    Andenus atmete konzentriert ein.


    Woher kam sie? Wieso jetzt? Wieso war er nicht gewappnet?


    Langsam und sorgfältig fädelte der Ritter die verschiedenen Gründe und Ursachen auseinander, in der Hoffnung das Geschehene zu begreifen.


    Zum einen war da eine gewisse Selbstsicherheit. Die meisten Versuchungen der dunklen Seite, war er bisher nicht erlegen und bisher viel ihm das nicht mal sonderlich schwer. Macht für sich interessierte ihn nicht, körperliche Begehren reizten ihn kaum und sein kritischer Geist hatte bisher verhindert, dass ihn selbstgefällige Arroganz lange halten konnte. Der Kampf machte ihm zwar Freude, aber nicht das Töten. Seine Glauben an die Prinzipien des Ordens war stets fest und in seinen Augen ohne Konkurrenz.


    Diese Einstellung und Erfahrungen hatten dazu geführt, dass er selbstsicher wurde. Vorallem in den letzten Jahren, in denen er nicht in ständiger Auseinandersetzung mit den Sith leben, sich nicht mehr den Traumata des Schlachtfeldes entgegenstellen musste, hatte sich diese Haltung der Selbstsicherheit gefestigt – gefährlich, weil man die leisen Stimmen der Vorsicht und der Demut nicht mehr vernahm.


    Bestärkt wurde diese Haltung durch den mangelnden Austausch mit Gleichgesinnten der letzten Jahre. Die Truppe der Countersphere war zwar freundlich, doch er konnte mit ihnen nicht über die dunkle Seite sprechen, sich keinen Rat holen, sich nicht in den Diskurs über solche Themen begeben. Und er lebte als Philosoph den Diskurs - für ihn war das ein elementarer Weg zu Erkenntnissen. Denn in der Diskussion wurde man für die Ansichten und Herausforderungen anderer sensibilisiert – und konnte damit seine eigenen Schwächen auf den Prüfstein hieven. All das gab es in den letzten Jahren nicht und Andenus hatte gar nicht bemerkt, wie schnell man durch den Verlust eines Gegenübers, mehr mit sich selbst interagiert – und damit Reflektionsfähigkeit einbüßt.


    Als dritten Punkt nahm der Ritter eine generelle Herausforderung war: Emotionale Gleichgültigkeit. Durch die Jahrzehnte des Trainings hatte er seine Gefühle unter Kontrolle – und stand nicht in Harmonie mit ihnen, wie es der Jedi-Kodex vorschreibt. Sie hatten nicht mehr die Schärfe von einst, als er noch ein Jüngling war. Sie waren etwas verblasst und kraftlos. Andenus hatte es lange als Stärke angesehen, dass er von Gefühlen nicht mehr so stark heimgesucht wurde, hatte es als Produkt der Übung und Verinnerlichen der Jedi-Lehre begriffen. Doch vielleicht war es das gar nicht. Sondern ein Abstumpfen, ein mangelndes Hören auf das was in seinem inneren vorging. Sein Verstand war ihm lange die wichtigste Entscheidungsebene, nach der Folter von Lord Kifdas war Machtvertrauen dazugekommen. Nun hier – in einem kühlen, kargen, dunklen Raum wurde ihm bewusst, wie wichtig Emotionen waren. Emotionen waren für Andenus nicht die unkontrollierten Gefühle, denen der Jedi-Kodex Gelassenheit entgegensetze – sondern sie waren Indikatoren, halfen den Verstand sich zu orientieren und auch sie beinhalteten Wahrheit.


    Andenus atmete aus.


    Er spürte wie sich in seinem Inneren langsam lang vergessene Emotionen zu regen begannen. Andenus nahm sie dankbar auf und begann sich langsam in die harmonische Geisteshaltung zu begeben, für die Jedi bekannt sind.


    Die Situation - sein Ausfall hatte seinen Schrecken verloren, er war wieder bei sich, wieder ein Diener der Macht.


    Der Ritter ließ die Macht vorsichtig durch seinen Körper gleiten, als er begann sich die Heilungstrance zu begeben. Er spürte ihren festen und doch liebkosenden Griff wie sie warm durch seinen Körper floss – Andenus war in diesem Moment ganz ein Gefäß der Macht.


    Mit einem Zischen öffnete sich die Tür. Die Cather trat ein und lächelte, die spitzen Zähne zeigend.


    „Na also, dann können wir uns jetzt unterhalten“


    Andenus entging der Blaster an ihrer Seite nicht.

  • Freund oder Feind


    Die Cathar bewegte sich kraftvoll und sie wirkte auf den verwundeten Jedi muskulös gebaut, soweit er das unter ihrer weiten Kleidung wahrnehmen konnte.


    „Das wichtigste zuerst: Ich habe dir das Leben gerettet, Kumpel – du schuldest mir also etwas.“ Die Stimme der Frau war scharf, und Andenus spürte die Skepsis mit der sie ihm gegenübertrat.


    Sie zog sich den Hocker heran, blieb aber in einiger Entfernung sitzen. Den Blaster zog sie demonstrativ aus dem Holster und legte ihn auf ihre Knie.


    „Als erstes kannst du mir verraten, wer du bist und wie du es wie zum Sarlacc geschafft hast dich hier aufspießen zu lassen.“ Sie lehnte sich etwas nach vorne.


    Andenus ließ die Machtheilung langsam abebben. Die Gedanken hinter seiner Stirn eilten. Sollte er die Wahrheit sagen? Wer war sein Gegenüber? Was war ihre Intention?


    Der Ritter entschied sich für Vorsicht.


    „Mein Name ist Baruch Verane. ich war auf Geschäftsreise hier, als ich angegriffen wurde. Ich bin Ihnen für die Rettung meines Lebens zu tiefstem Dank verpflichtet.“ Andenus Stimme war noch rau, als ob er sie seit Wochen nicht genutzt hätte.


    „Ganz schlechter Start Kumpel“ Ihre Finger glitten zum Blaster und Andenus hatte keinen Zweifel, dass sie eine schnelle Schützin war.


    „Ich weiß, dass du und ein anderer Typ euch mit euren Lichtsäbeln gekloppt habt. Die Frage, die sich mir nun stellt: warst du derjenige mit dem blauen oder dem roten Knüppel?“


    Die Frage verriet, dass sie nicht zum ersten Mal auf Sith oder Jedi getroffen war. Interessant, dachte sich Andenus – diese Frau war mehr als auf den ersten Blick ersichtlich. Die Cathar taxierte den Jedi mit wachsamen Blicke.


    Andenus entschied sich daraufhin für die Wahrheit, Denon war ein republikanischer Planet –als Jedi war er hier sicherlich besser gelitten.


    Andenus Dexter ist mein Name, ich bin ein Jedi-Ritter, verzeiht meine Täuschung von eben.“


    „Und ich soll dir das glauben, Meister Jedi?“ Die Betonung der letzten beiden Worte schienen Andenus spöttisch. „Weißt du etwas, ich habe eine Idee“, fuhr sie fort.


    Sie drückte sich vom Hocker ab und marschierte aus dem Raum. Andenus schloss kurz die Augen, Kräfte sammelnd für was auch immer kommen würde.


    Als sie wiederkam, hielt sie eine Box in der Hand, die sie hinter sich stellte.


    „Die Kiddies, die dich hierhergebracht haben, haben neben der exzellent gefälschten ID-Card und ein paar anderer Dinge, auch die beiden Leuchtstängel mitgebracht. Beschreibt mir das mit der blauen Klinge.“


    Andenus tat wie geheißen, mühelos die kleinsten Details seines Lichtschwerts rezitierend.


    Die Cathar nickte ohne mit der Mine zu zucken.


    „Tatsächlich ein echter Jedi-Ritter – ich dachte ihr wäret ausgestorben?“
    „Wir dienen der Macht – solange sie unser bedarf, werden wir existieren“, antwortete Andenus heiser und mit Bestimmung.


    Die Cathar hob eine Augenbraue und Andenus vernahm Gemurmel, dass sich nach„typisch Jedi“ anhörte. Er räusperte sich.


    „Aber mit wem habe ich die Ehre?“


    Die farbigen Augen der Cathar musterten den Jedi misstrauisch.


    Dann zuckte sie mit den Schultern und antwortete.


    „Die Leute hier in den tiefen Bezirken nennen mich Stitches – ich bin soetwas wie ein unlizensierter Doktor für diejenigen, die sich die feinen Ärtze oben nicht leisten können – und das sind einige.“


    „Es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen,“ sprach Andenus, die Erleichterung kaum verbergend als Stitches ihm die Handfessel löste.


    Seine Genesung schritt recht zügig voran. Unter den wachsamen Augen der Ärztin und mit Hilfe der Macht schloss sich die Wunde – wenn auch eine Narbe zurückbleiben würde, die aber auf dem Narbengeflecht, das sein Körper war, nicht weiter auffallen dürfte.



    Stitches hieß eigentlich Ava Salome und Andenus wurde das Gefühl nicht los, dass sich hinter ihrer schnippischen Art und Raubeinigkeit mehr verbarg. Viele ihrer Bewegungen ließen auf militärisches Training schließen und sie schien mehr über Medizin zu wissen als ein Feldsanitäter. Doch sie erzählte nichts weiter davon und Andenus insistierte nicht. In ihren Gesprächen erfuhr er zumindest, dass auch sie von Denon stammte und irgendwann in den letzten fünf Jahren hierher zurückgekehrt war, um etwas praktischer zu helfen.


    Als seine Kräfte wieder zurückkehrten und er die ersten Schritte ohne Hilfe gehen konnte, dachte er daran Agent Trigger eine Nachricht zukommen zu lassen. Doch er wollte keine Hardware seiner Gastgeberin verwenden und außerdem befürchtete er kommerzielle Überwachung der lokalen, freien Holonetze – die meisten Soldaten wurden im republikanischen Raum als Fahnenflüchtige gesehen, es war Vorsicht angebracht.


    Die Tage vergingen, und seine Wunde verheilte – wohl auch dank der Macht – schnell. Mit den zurückkehrenden Lebensgeistern, schärften sich seine Gedanken und das Geschehene ordnete sich harmonisch in das Innere des Jedi ein.


    Neben dem Lichtschwert, hatte seine Gastgeberin auch noch andere Gegenstände vor den Behörden und seinen kindlichen Rettern bergen können. Zwar waren seine Creditsticks merklich geschrumpft („He, die Kinder müssen doch für ihren heroischen Einsatz belohnt werden – und außerdem hast du fast meine gesamten Blutvorräte aufgebraucht, Meister Jedi“) , aber Ava überreichte ihm seine ID und ein Datapad des Sith-Lords.


    Die Credits waren für Andenus nicht das Wichtigste: Aber dass die Behörden seine ID nicht gefunden hatten, erhöhte die Chance, dass seine Legende nicht verbrannt war. Und das Datapad würde womöglich Antworten finden, wie der Sith Takoob finden konnte.


    Leider war es verschlüsselt und Andenus wusste nicht, wie er die Sperrung umgehen konnte. Junior würde ihm sicherlich helfen können, doch dieser war auf Carida. Außerdem zögerte Andenus – vielleicht wurde er gerade durch die Behörden gesucht oder das Datapad hatte einen Tracker integriert – das letzte was er wollte, war Sith zum Stützpunkt der Countersphere zu locken.


    Der Jedi fuhr sich über die Adlernase als sich ein Plan in seinem Geist zu formen begann. Vielleicht gab es eine andere Möglichkeit ... anspruchsvolle Zeiten erfordern anspruchsvolle Mittel. Er erhob sich, hinterließ seiner Lebensretterin einen kurzen Gruß und trat auf die Straße.


    Es gab viel zu tun.

  • Abwarten


    Herbst 17 NVC – Tatooine


    Das Wasser, das Andenus die Kehle befeuchtete, hatte einen leicht metallenen Geschmack. Er stellte das milchige Glas auf den Tresen und fuhr sich über den Bart.


    Seit fast einem Monat war er auf dem Wüstenplaneten – nachdem er einige Wochen durch die Galaxis gereist war.


    Es war nicht leicht gewesen von Denon aufzubrechen ohne große Creditbestände und mit einer ID, die vermutlich von der Denon Security Force, gesucht wurde. Der Macht sei Dank, hatte er in seiner Zeit bei der DSF einiges an Agententricks mitgenommen und sich einen Plan B zurechtgelegt. Seine zweite ID und einige Creditsticks hatte er in einem Schließfach am Raumhafen verstaut und war damit zumindest etwas mobil.
    Das größere Problem lag darin, dass er keinen Kontakt zur DSF aufnehmen konnte – das öffentliche Holonetz war ihm hier zu unsicher, schließlich wurden ihre Mitglieder von der Republik als fahnenflüchtig betrachtet.


    Mit dem Datapad von Lord Mitheos hatte er zudem eine neue Aufgabe gewonnen, in die er die Agenten der DSF ungern hinziehen wollte. Wenn sich tatsächlich irgendwo Jedi versammelt hatten, war es seine Pflicht sie zu finden.


    Doch wie sollte er das schaffen? Die Informationen, die der Sith-Lord entschlüsseln konnte, waren nicht vollständig, sie schienen ihm vielmehr nur Indizien zu sein, die mit anderen Datenquellen abgeglichen werden mussten. Wo würde Meister Vandorack diese Informationen verbergen, fragte sich Andenus. Womöglich auf Coruscant – in den Ruinen des alten Tempels, möglicherweise auch an anderen ehemaligen Stätten wie Dantooine oder Teya.


    Die Macht würde ihn schon in die richtige Richtung lenken, nur brauchte er für diese Suchmission größere Ressourcen als ihm die paar Creditsticks erlaubten. Auch wenn die Jedi nicht mehr viele Freunde hatten, hatte Andenus vielleicht auf Denon noch welche.


    Der alte Schulfreund war skeptisch, doch als erfolgreicher Geschäftsmann verschloss er sich nicht der Argumentation des Ritters, dass die Jedi ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Zakuul sein würde – und die Zakuul durch ihre hohen Tributzahlungen Investitionen erschwerten.


    So stellte er dem Jedi einen bescheidenen Frachter und eine kleine Summe zu Verfügung, mit der er sich auf die Suche begeben könnte.


    Und so führte ihn die Macht nach Tatooine.


    Andenus kannte den Planeten ein wenig, doch mit dem Einfall der Zakuul und dem Einrichten einer Sternenfestung, hatte er sich verändert. Die Leute sprachen in der Cantina leiser und viele der kriminellen Gruppierungen, die früher den Ton angaben, traten weniger offensichtlich auf.


    Der Jedi verdingte sich als selbständiger Übersetzer, während er die Informationen von Meister Vandorack verifizierte. Die Gefahr in eine Falle zu tappen – ganz besonders, da er die Hinweise von einem Sith erhalten hatte – war nicht zu negieren.


    Er würde geduldig sein. Wenn es der Wille der Macht war, würde er hier fündig werden.


    Der Jedi erhob sich, zog die Kapuze tief ins Gesicht und trat aus der dunklen Cantina in das gleißende Sonnenlicht.

  • Alte Freunde


    // Tatooine – 21 NVC


    Der Sandsturm zog unbarmherzig über die Dächer des kleinen Stützpunktes. Das grobe Heulen drückte sich gemeinsam mit dem körnigen Sand durch die Ritzen der einfachen Hütte.


    Das Leben auf Tatooine war härter als er sich vorgestellt hatte. Es waren nicht die harschen Bedingungen, sondern die generelle Lethargie, die sich unter den Jedi ausgebreitet hatte. Andenus hatte gehofft als er vor wenigen Jahren auf die Enklave stieß, dass er einen Ort vorfinden würde, der sich zur Kontemplation zurückgezogen hatte. Doch das war nicht der Fall, auch wenn mehr und mehr Jedi durch die Macht zum Posten geführt wurden, war der Alltag von harter Arbeit geprägt.


    Ohne die Ressourcen des Ordens lag es an jedem selbst für sich und die Enklave zu sorgen, ein Vorhaben, das auf dem kargen Planeten mit der kleinen Wirtschaft nur schwer voranging. Am Abend waren viele der Brüder und Schwestern ermüdet und nicht immer hatten sie Zeit, die jungen Jedi so auszubilden, wie es sinnvoll gewesen wäre.


    Hinzukam die bedenkliche Sicherheitslage. Die ehemaligen TSF-Soldaten, die sich nun als die Nail Company ausgaben, waren gut ausgebildet, doch die zahlreichen Jedi, die in den letzten Monaten zu ihnen gefunden hatten, machten eine Koordination schwer möglich – eine unbedingte Voraussetzung für hohe Sicherheitsstandards. Meisterin Savoth war vor einigen Monaten aufgebrochen, um Spuren von anderen Jedi nachzugehen und vermochte sogar Förderer gewinnen, womit die Notwendigkeit eines jeden gewöhnlicher Arbeit nachzugehen verringert wurde.


    Dennoch lag viel an Meister Gregorius, der nach der Abreise von Meisterin Eryada, alleine den Rat ausfüllte. Andenus war als ob der Jedi-Meister in den letzten Wochen müde wirkte.


    Trotz all dem spürte er die Freude, alte Bekannte und Freunde wiederzusehen. Anscheinend war er nicht der einzige Jedi, der die Ereignisse des Angriffs überlebt hatte.


    Hisoka war hier, ebenso wie der junge Ritter Erauqs, Ritter Djerak, Ritter Jarok, Padawan Risu und einige andere. Besonders hatte er sich gefreut als er Ritterin Deikan wiedersah.


    Der Anfang ihrer Gespräche war etwas ... holprig – es war als ob etwas zwischen ihnen Stand. Ihr Verhalten war zögerlich, distanziert und Andenus hatte eingangs Probleme darauf angemessen zu reagieren. Ihm war, als ob sie etwas belasten würde und sie schien sich nicht sicher zu sein, diese Belastung auf ihn zu übertragen.


    Andenus dünne Lippen kräuselten sich leicht als er die braune Tunika in den Wasserbottich tauchte und sich bemühte mit Seife die Ölflecken herauszuwaschen.


    Als sie ihm doch von ihrem Geheimnis berichtete musste der Jedi lachen. Das war es also, das Yerana wie ein Stein auf der Seele lastete. Sie hatte in den letzten Jahren ein Kind geboren und trug diesen Fehler wie ein Kreuz auf ihren Schultern. Es verwunderte Andenus etwas, dass ihr der „Fehltritt“ größere Schwierigkeiten zu bereiten schien, als der Fakt, dass sie ihr Kind zurückgelassen hatte – doch es machte Sinn. Für Yerana war ihre Pflicht als Jedi heilig und sie fühlte sich als eine schlechtere Jedi, da sie in der Situation der Empfängnis nicht als Jedi sondern als Freu gehandelt hatte. Sie versucht ihre Pflicht durch pure Willenskraft und ausgiebige Meditation zu erlangen, doch in Andenus Augen verlief das Leben nicht so. Es war kein Kampf gegen Gelüste, kein kontrolliere ausüben, sondern der Wunsch Harmonie in sich herzustellen. Harmonie bedeutete für ihn auch Friede mit seinen Fehlern zu schließen und dann nach vorne zu schauen und wieder seine Pflicht aufnehmen.


    Und Yerana hatte auch so gehandelt: Sie hatte ihr Kind verlassen, ein Schritt, der so schwer gewesen sein musste, dass er Andenus Vorstellungskraft überstieg. Doch damit schien sie Frieden geschlossen zu haben – weil das ja im Sinne der Jedi-Pflichten geschah. Andenus bewunderte sie für diesen Akt -unsicher, ob er selbst so stark gewesen wäre.


    Der Ritter hing die Tunika über eine Stuhllehne und machte sich daran, die Leinenhose zu säubern.


    Es war faszinierend zu sehen, wie ähnlich und doch wie unterschiedlich sie waren. Für sie beide war ihre Pflicht als Jedi oberstes Prinzip, doch was das für sie persönlich bedeutete, war unterschiedlich. Nicht nur in punkto Fähigkeiten, sondern auch in Belange der Einstellung. Für Andenus waren Fehler nicht per se schlecht, schließlich ermöglichten sie Wachstum und Lernen. Yerana schien es anders zu sehen.


    In ihren Gesprächen hatte sie ihn als weise bezeichnet. Das Wort lag schwer auf der Zunge: Weise waren für ihn die Meister, seine Lehrer. Er selbst hatte in den letzten Jahren viel Wissen gesammelt, aber war er weise? Was war das eigentlich?


    Er machte sich eine gedankliche Notiz über Weisheit in kürze näher nachdenken und die Schriften der alten Meister zu konsultieren.


    Die triefend nasse Hose tropfte auf den Lehmboden als er sie aus dem Bottich zog und neben die Tunika hing.


  • Stärken und Schwächen

    // Hyperraum – 22 NVC


    Das dumpfe Dröhnen der Triebwerke, die durch den Hyperraum glitten, registrierte Andenus kaum. Er hatte die Augen geschlossen und fokussierte sich auf sein Inneres – eine bewährte Technik gegen die Flugübelkeit, die ihn regelmäßig überkam.


    Teya IV – eine neue Chance für die gebeutelten Jedi. Der Ausblick, ein altes Praxeum zu beziehen, an einem Ort wieder mehr sie selbst zu sein, war verlockend. Der Planet hatte beim Ritter einen prägenden Eindruck hinterlassen, als sie ihn im Auftrag des Enklavenrates untersuchten. Es war nicht nur das Wissen, dass dieser Ort einst so wichtig für den Orden war, sondern er hatte auch etwas Spirituelles, etwas das beruhigende Wellen in der Macht auslöste.


    Meister Gregorius hatte Andenus gebeten, den diplomatischen Gesandtschaft anzuführen und er hatte mit den Rittern Tal’oona und Baan sowie dem jungen Padawan Amren eine diverse Gruppe als Begleitung ausgewählt. Diese Diversität dürfte ihnen von Vorteil sein, wenn die Verhandlungen eine unerwartete Wendung erfuhren. Andenus erwartetet etwas derartiges, denn die Informationen waren dünn und ohne den Jedi-Orden im Hintergrund fehlte ihnen viel an verhandlungstaktischen Inhalten. Der Ritter lehnte sich etwas zurück und dachte an Aloncor. Es war schade, dass der Freund nicht mit ihnen hier war – er war Andenus Augen einer der fähigsten Diplomaten des Ordens. Er hatte als Anwärter lange gebraucht herauszufinden, warum der Freund so viel besser in diplomatischen Belangen war als er selbst: Aloncor besaß die Fähigkeit sich in den Gegenüber hineinzufühlen, seine Motivation zu erkennen – ein sehr hilfreiches Talent in der Diplomatie, besonders wenn man so wenig Informationen wie bei diesem Einsatz hatte.


    Andenus schmunzelte sacht.


    Früher war er unsicher: Warum war der einfache Junge von Druckenwell so viel begabter als er, Sohn eines Spitzenpolitikers und Senators? Heute wusste er: Weil ihm diese Befähigung zur Empathie fehlte. Dennoch wusste Andenus, dass er kein schlechter Diplomat war. Er hatte das theoretische Wissen, den Fleiß sich auch durch komplizierte und langatmige Informationen durchzuarbeiten und die Erfahrung bereits einige Verhandlungen geführt zu haben – dennoch würde er nie solche Exzellenz erreichen, wie der Freund.


    Das galt auch in anderen Belangen. Er würde nie so gut Truppen führen können wie Ritter Djerak, mit außerordentlicher taktische Finesse seine Gegner auf dem Schlachtfeld überlisten – auch wenn er im Krieg gegen die Sith und Zakuul auch als Truppenanführer gedient hatte und sich mehr oder minder ordentlich geschlagen hatte.


    Der absurde Humor der Macht wollte es – wie Ritter Dresarius sagen würde – dass sein besonderes Talent im Führen des Lichtschwerts lag. Ihn, der sich mit Vorliebe mit alten Philosophen beschäftigte und mit anderen den verbalen Diskurs suchte, hatte die Macht mit der Fähigkeit gesegnet, besonders gut mit der Klinge umzugehen. Er genoss den Kampf – nirgendwo war er so nah bei sich, so tief in der Macht versunken, wie wenn um ihn herum das Chaos des Gefechts tobte. Es war nicht wie bei Meister Vandorack, der eiserne Kontrolle mit dem wilden Chaos des Kampfes verband, wenn er mit Juyo über Schlachtfelder fegte – sondern es war die Harmonie seines Inneren, die sich wie aus Trotz besonders dann einstellte, wenn um ihn herum Unruhe herrschte, wenn die Einsätze besonders hoch waren.


    Der Jedi schüttelte schmunzeld den Kopf und öffnete die Augen, den Blick auf Padawan Amren gerichtet, dessen leichte Anspannung er spüren konnte. Nein, nicht spüren – er wusste das sie da war, denn er konnte die leicht verkrampfte Haltung, den fokussierten Blick einordnen und daraus Schlüsse ziehen. Das war der Unterschied zu Aloncors Empathiefähigkeit.


    Andenus spürte wie sein Magen sich zusammenzog als sie aus dem Hyperraum austraten. Er schob die Gedanken zur Seite und rief sich die Fakten für die kommende Verhandlung in den Geist. Der Ritter atmete langsam ein und Aus und die Übelkeit, die ihn unbarmherzig im Griff hielt, wich leicht zurück.


    „Wenn Wissen und Gelassenheit sich gegenseitig ergänzen, erstehen Harmonie und Ordnung“ murmelte er zu sich und lächelte sacht.


    So die Macht mit Ihnen war, würde die Verhandlung ein Erfolg werden.


  • Pflicht trifft Zeit


    //Teya IV, 22 NVC


    Der Ritter lehnte sich zurück und fuhr sich unwillkürlich über den krummen Nasenrücken während der Regen auf das Zeltdach niederprasselte. Nach den Jahren auf Tatooine hatte das feuchte Aufschlagen der Regentropfen etwas Befreiendes. Mitsamt der frischen Luft, die in das Zelt floss, begann Andenus ein Gefühl von Erfrischung wahrzunehmen – auch wenn das wohl nur eine Illusion war.


    Seit sie auf Teya angekommen waren, befand sich der Ritter permanent in Bewegung. Koordinierte er anfangs noch die diplomatischen Verhandlungen und zwischendrin die Aufbauarbeiten, hatte nun der Rat beschlossen ihn mit dem Oberkommando der Praxeums-Sicherheitskräfte zu betrauen. Andenus war nicht ganz klar, warum man ihn dafür ausgewählt hatte. Zwar hatte er bereits Truppen kommandiert, aber spätestens seit seiner Zeit bei der DSF war ihm bewusst, dass hier nicht seine größte Stärke lag. Deswegen hatte er das meiste Operative dem erfahrenen Captain Piela überlassen, der in der Abwesenheit Ritter Djeraks sowieso das Kommando der „Nails“ übernommen hatte. Dieser war etwas überrascht als der Ritter ihm eröffnete, er würde sich eher um den Papierkram, Versorgung und generelle Richtlinien kümmern – anscheinend erwartete eher einen Jedi, der direkt ins Geschehen eingreifen wollte. Andenus war es aber ganz recht, nicht die Soldaten stets kommandieren zu müssen, sondern sich im Hintergrund zu halten und sich mit Captain Piela zu besprechen.


    Insofern war der der Rat doch weiser als er anfangs angenommen hatte. Captian Piela war für die Sicherheit des Praxeums bestens ausgebildet, hatte auf Tython und Tatooine exzellente Arbeit geleistet und Andenus sollte ihn formal stützen und ein Bindeglied zwischen Sicherheitskräften und Jedi darstellen.


    Und so engagierte sich der Ritter mit dem ihm eigenen Fleiß daran, über alle Prozesse, alle Patrouillen, alle Soldaten, alle Ausrüstung und so weiter Bescheid zu wissen und das Terrain zu begutachten. Er hatte mit Captain Piela und Sergeant Connor bereits die besten Positionen für Überwachungsanlagen ausgewählt – sobald sie die finanziellen Mittel dafür hatten, würden sie da wohl investieren, wenn dies auch der Quartiermeisterin nicht zusagen würde. Sie versuchte natürlich mit den Mitteln so sparsam wie möglich umzugehen und war nicht begeistert, als Andenus mit ihr heute über der finanziellen Zuwendung der Sicherheitskräfte sprach. Aber sie einigten sich auf ein Kompromiss und Andenus hoffte, dass das allen Beteiligten zusagen würde.


    Neben dieser Angelegenheit hatte er einen wirklich vollen Tag hinter sich: Morgenübungen mit Padawan Amren und Jüngling Hanaa, dann Briefing mit Captain Piela. Es folgte die Einführung von Ritter Andall und zwei Übungen mit den Soldaten zum Kampf gegen Lichtschwerter, eine Lehreinheit mit dem Tauntaun-Clan zur Philosophie, Ressourcenplanung, Terminkoordination und seine eigenen Übungen, die er die letzten Tage sträflich vernachlässigt hatte.


    Padawan Amren war ein aufmerksamer Schüler, der bemüht war alles richtig zu machen. Er übte sich in absolutem Gehorsam und Fleiß – beides Eigenschaften, die Andenus schätzte. Doch zugleich hatte der Padawan seinen Weg noch nicht gefunden, der Ritter konnte die Unsicherheit spüren, die tief im Inneren des Jüngeren schlummerte. Deswegen hatte er sich ihm etwas als Mentor angenommen, denn für mehr reichte ihm die Zeit nicht.


    Auch Jüngling Hanaa Garrde versuchte er etwas zu fordern. Er sah in ihr viel Potential – diesen Wissensdurst, den er und Aloncor vor all den Jahren hatten gemischt mit dieser Unbeschwertheit, die er nie hatten, könnten sie zu einer sehr guten Jedi machen. Doch er vermisste manchmal den Fokus, diese Konzentration auf das „Jetzt“. Sie fand immer wieder neue Projekte, immer wieder ein neues Engagement, Andenus würde sie ab irgendeinem Punkt zurückhalten müssen.


    Die Macht würde zeigen, wie sich das weiter entwickeln können.


    Dass Aloncor Teye gefunden hatte, beruhigte ihn. Nach dem Tod seiner Meister, seines Padawans und all der anderen waren nicht mehr viele übrig, die Andenus als Freund bezeichnen musste. Wesen, in deren Gegenwart die Last auf seinen Schultern etwas leichter zu werden schien.


    Wenigstens begann das Praxeum langsam wieder in altem Glanz zu erstrahlen. Jeder packte mit an, die Dächer wurden reperariert, das Gerümpel aussortiert. Ein Büro konnte der Jedi noch nicht sein eigen nennen, aber er genoss die Zeit hier, im Zelt – so nah an der Natur.


    Er aktivierte das Datapad und rief die Ulraubsanträge der Soldaten auf den Bildschirm. Er tippte sich auf die Lippen und machte sich an die Arbeit.


  • Quo vadis?


    Die festen Stiefel hinterließen Spuren im feuchten Gras. Der weite Mantel der an den Enden die saftige Nässe aufsog, wurde von einem plötzlichen Windstoß aufgeweht. Unbeirrt schritt der hakennasige Jedi weiter, ein Ziel dennoch nur vage im Kopf.


    Er hatte sich aufgemacht, die Positionen für die Sensoren außerhalb des Praxeums eigenhändig zu prüfen – doch das war ehrlicherweise nur Vorwand. Ein Grund für ihn, das eilige Treiben innerhalb der Enklave einmal zu verlassen und den Kopf zu befreien.


    Denn er suchte nach einer anderen Art der Befreiung als es die täglichen Meditationen gewährten. Er wollte für den Moment nicht den Willen der Macht fühlen, nicht seinen Verstand der Macht unterordnen, sondern ihn als ein Instrument der Ergründung nutzen, um auch von dieser Seite die Erlebnisse der Höhle der Wahrheit zu beleuchten.


    Auch wenn er sich gleich im Anschluss wieder in Arbeit und Verpflichtung gestürzt hatte, beschäftigte ihn das Erlebte die nächsten Tage sehr. Es waren Prüfungen gewesen, irgendwie rein und zugleich fordernd, seine Haltung, sein Selbst auf den Prüfstein stellend. Aloncor und er wurden in den Sog des Siegels eingezogen und sie sahen das gleiche – und doch musste jeder seine eigene Prüfung bestehen.


    Er konnte nur erahnen, welche Herausforderung Aloncor bestehen musste: Vielleicht sich der Rolle von Gefühlen und Beziehung klarwerden, womöglich seine Fähigkeit zwischen Vision und Realität zu unterscheiden unter Beweis stellen – oder sich schlicht seiner Bestimmung als Jedi bewusstwerden.


    Denn der letzte Punkt war die Frage gewesen, die über Andenus Prüfungen schwebte. Zumindest glaubte er das. Die alten Wächter wollten testen, inwieweit sie würdig waren, die Höhle, diesen mächtigen Macht-Nexus zu öffnen.


    Allem Anschein nach, hatten sowohl Aloncor als auch Andenus bestanden – doch das war nur die eine Seite der Medaille.


    Denn wie jede Prüfung, trug auch diese zu seinem Wachstum bei. Er schien durch diese tiefschürfenden Erlebnisse mit etwas mehr Klarheit gesegnet worden zu sein, was seinen eigenen Lebensweg anbelangte.


    Ganz in sich gekehrt, bemerkte Andenus nicht, wie einige fremdartige Nager den fremden Menschen neugierig begutachteten und dann geschwind verschwanden – ob aus Fluchtinstinkt oder Desinteresse.


    Er war als Politiker geboren worden, als jemand der das Verhandeln und das Ränke schmieden, die Rhetorik und die Manipulation quasi mit der Muttermilch aufgenommen hatte. Sein Vater scheute weder Kosten, noch Mühen ihn zu einem Spitzenpolitiker zu machen: Und Andenus spiegelte einige der Fähigkeiten wieder, für die sein Vater bekannt war: Er konnte seine wahren Intentionen hinter einer undurchsichtigen Maske verbergen und zugleich so zugewandt agieren, dass man ihm vertraute. Er vermochte komplexe Sachverhalte zu begreifen und sie in verständliche Worte zu verpacken. Und besaß die elementare Fähigkeit, gut zuhören zu können.


    Ihm fehlte allerdings das, was seinen Vater zu dem exzellenten Politiker machte, der er war: Machtbewusstsein und –willen. Es war ihm schon als Kind nicht wichtig, Einfluss zu haben – am liebsten verkroch er sich in den hintersten Winkel der prachtvollen Bauten, in denen seine Familie residierte, um dort zu lesen und mit seinen Gedanken alleine zu sein. Auf eine introvertierte Art und Weise, war er sich selbst bereits in jungen Jahren genug.


    Und dann kam das Leben als Jedi. Alle seine Fähigkeiten und Talente prädestinierten ihn dazu, ein Diplomat des Ordens zu werden. Doch die Macht hatte einen anderen Plan als sie ihn mit Meister Eron Valkaris verband. Er fand sich dem Bekannten entfremdet und wurde nun in allen Belangen geschult, die den Kampf und den Schutz der Galaxis betrafen.


    Es war eine Zeit des Krieges und die Macht suchte Krieger – auch wenn ihm das damals nicht bewusst war. Es waren harte Zeiten als Padawan, der das Studium dem Kampfe vorzog, von einem einem rastlosen Meister zu lernen, der sich gegen die Sith stellte, wo er konnte. Doch er fügte sich in sein Schicksal, wenn er sich auch gelegentlich leise fragte, ob dies der richtige Weg war – ob seine Fähigkeiten hier richtig eingesetzt waren.


    Eine Chance erhielt er mit dem Tod seines Meister und der Ausbildung der Diplomatin Elaya. Sie war in vielem das Gegenteil seines alten Meisters, auch in den Dingen, die er lernte. Die Schlachtfelder tauschte er mit Verhandlungsräumen aus, seine Rüstung mit einer verzierten Diplomatenrobe.


    So war er mit der Abtrennung seines Padawanzopfes ein Hybrid – halb Krieger, halb Diplomat. In der Zeit des kalten Krieges war das eine hilfreiche Kombination, doch spätestens seit sich der Krieg mit dem Sith-Imperium wieder erhitzte, spürte er den Ruf der Macht an die Front.


    Er folgte ihm, wie er stets dem Ruf der Macht folgte – doch sein Herz und Kopf waren nicht im Gleichklang. Es war wohl dem undurchschaubaren Humor der Macht zuzuschreiben, dass er, der Harmonie als das wichtigste Prinzip der Macht verstand, nicht in völliger Harmonie zwischen Kopf und Herz lebte. Wenn er in diplomatischer Mission unterwegs war, flüsterte eine leise Stimme, ob er nicht besser an der Front sein sollte – ebenso umgekehrt.


    Festelan war ein erster Wendepunkt gewesen. Die Folter von Lord Kifdas hatte ihm fast all das genommen, das ihn ausmachte. Er fühlte sich hohl, leer und dennoch auf eine unbeschreibliche Weise stärker mit der Macht verbunden als jemals zuvor. Diese Machtverbundenheit war vielleicht das einzige, was von ihm übrig geblieben war, nachdem das Imperium mit ihm fertig war.


    Diese Verbundenheit war geblieben und sie führte zu einer neuen Form der Gelassenheit, doch noch immer war dieser fast nicht wahrnehmbare Missklang in ihm, eine Unsicherheit, was seine Rolle im Orden, seine Bestimmung in der Macht sei.


    Er war dabei gewesen als Tython fiel, als er entschied sich nicht zu opfern, sondern zu fliehen. Er war dabei gewesen als der Orden sich zerstreute und verschwand. Und er war dabei, als er sich einige Jedi wieder sammelten, erst auf Tatooine und nun auf Teya.


    Doch was war seine Rolle, was seine Bestimmung? Wohin sollte sein Pfad führen?


    Andenus wurde einen Moment aus seinen Gedanken gerissen als er den Ruf eines heimischen Vogels – vielleicht eines Falken – vernahm. Suchend blickten die grünen Augen nach oben, doch fanden sie nur das Gelb des Himmelsfirmaments vor.


    Während seine Füße weiter den physischen Pfad unter ihm wanderten, begann er über den metaphysischen Pfad zu sinnieren, den die Macht ihm weisen wollte.


    Denn in den Prüfungen, der es bedurfte, um die Schutzsiegel der Höhle der Wahrheit zu brechen, kam eine Seite zum Vorschein, die ihn in ihrer Deutlichkeit doch überraschte.


    Er löste beide Prüfungen wie ein Krieger – die erste indem er sich gewahr wurde, wann er kämpfen musste und wann Kampf kein Ausweg war, die zweite indem er innerhalb eines Kampfes zwischen unvereinbaren Pflichten wählen musste.


    Die Erkenntnis daraus traf ihn einige Stunden nach den Ereignissen der Höhle wie ein Schlag. Es war nicht nur eine Prüfung zum Brechen eines Siegels gewesen, sondern zugleich auch ein Zeichen der Macht, wo seine Bestimmung lag.


    Er war dazu berufen worden, die Reste des Ordens zu schützen, dem Gegner auf dem Schlachtfeld die Stirn zu bieten. Vielleicht nicht als Stratege hinter den Kulissen, sondern dort wo der Kampf am heißesten tobte. Dort, wo die Gelassenheit eines Jedi wie Licht in Dunkelheit strahlte.


    Er war ein Verteidiger der Schutzlosen
    Ein Bollwerk gegen die Dunkelheit.
    Andenus war ein Krieger der Macht.


  • Standhaftigkeit


    Das sonore Summen der Klinge erfüllte die kühle Luft mit Spannung. Der Ritter atmete schwer als das blaue Licht den gelben Abend durchschnitt. Salzige Schweißperlen hatten sich an seiner Stirn und Schläfe gebildet und hinterließen ein unangenehm brennendes Gefühl in seinen grünen Augen.


    Seine Knie waren leicht gebeugt als er mit exakten Schritten eine Sequenz beendete. Diese Präzision spiegelte sich in der Schwertführung wieder: die Klinge fand stets genau den Punkt, den der Ritter anvisiert, wich nicht einen Millimeter ab. Andenus schloss in einer fließenden Bewegung die nächste Sequenz an – den Geist eisern fokussiert.


    Makashi besaß viele Parallelen zu Soresu. Beide waren sehr effiziente Stile, keine Bewegung war zu weit oder mit zu viel Kraft geführt, sondern nur mit der Energie versehen, dass sie ihr Ziel erreichte. Beide profitierten wie keine andere Form von der Genauigkeit der Beinarbeit – und dennoch waren sie grundverschieden.


    In keinem anderen Stil, war Andenus so tief in der Macht versunken wie im Soresu. Er hatte sein ganzes Leben als Jedi den Weg des Mynocks geübt, Bewegungsabläufe einstudiert und vor allem die Fähigkeit gemeistert sich von einem Moment in den anderen in eine meditative Geisteshaltung zu bringen, die ihn zum Gefäß der Macht werden ließ. Die Lebendige Macht war es nämlich, die die Klinge führte, auf die eintrainierten Sequenzen zurückgriff und den Jedi in völliger Harmonie verteidigte.


    In Soresu überließ er der Macht selbst die Kontrolle über seinen Körper, er selbst Diener und Werkzeug. Der Stil spiegelte seine innere Philosophie wieder, mit Gelassenheit und Machtvertrauen auf das zu reagieren, was passierte. Und auch einfach abzuwarten, nicht gleich aktiv zu werden spiegelte sich in der Haltung des mittelalten Jedi wieder. Die Form war so unverwüstlich wie der Ritter selbst – deswegen nannten sie einige auch die Unverwüstlichkeitsform.


    Der Weg des Ysalamir bildete dazu einen deutlichen Kontrast. Hier war es nicht die Macht, die das Schwert führte, sondern der Jedi selber. Wie keine andere Form, war Makashi ein Stil der Technik und der Übung. Andenus war nicht besonders stark in der Macht, nicht so wie seine ehemalige Padawan Hisoka, der Dinge mit der Macht immer rasch zu gelingen schienen. Für den Ritter war es stete Übung und eiserne Disziplin, die ihm erlaubten, die wundersamen Dinge zu tun, für die Jedi bekannt waren. Deshalb hatte ihn Meister Eron schon früh in diesem Stil unterrichtet, er hatte in dem Padawan die Voraussetzungen gesehen, die ihn für diese Form prädestinierten. Die absolute Bereitschaft hart an sich zu arbeiten, auf jedes Detail zu achten und sich nicht auf die Macht zu verlassen. Makashi stand für Respekt gegenüber seinem Kontrahenten, für die brutale Eleganz und tiefe Wahrheit, die in jedem Kampf steckt – etwas, das den Echani-Lehren recht nahe kam, die sein Meister ihn lehrte.


    Form II war nicht umsonst nach dem Wesen benannt wurde, das die Macht um sich herum negiert. Das Hauptaugenmerk lag in überlegende Klingentechnik, nicht im übermäßigen Gebrauch von Machttechniken. Natürlich waren die wundersameren Fähigkeiten, die sich auf Geschwindigkeit, Ausdauer und Wahrnehmung auswirkten noch immer Teil des Stils, doch im Vergleich mit anderen Formen waren sie nicht integraler Bestandteil. Beim Shi-Choo wurde die Macht kanalisiert um mit einfachen Bewegungen, unerwartbare Angriffe ausführen zu können, Ataru setzte fast ausschließlich auf die Beweglichkeit durch die Macht, Form V basierte auf der erhöhten Ausdauer und Stärke, die die Macht offenbarte und Niman war als Stil darauf ausgelegt mit der Macht umzugehen.


    Makashi besaß mehrere Schwächen, in Andenus Augen war die größte allerdings, dass durch den mangelnden Machteinsatz die Bewegungen vorhersehbar waren. Wenn man alle Techniken der Form verstand, waren die Sequenzen erwartbar und einfach abzuwehren. Jeder erfahrenere Makashi-Anwender arbeitete deshalb daran, den Stil sich zu eigen zu machen und eigene Techniken zu entwickeln, die es dem Gegner erschweren sollte die Angriffe abzuwehren. Andenus arbeitete deshalb spätestens seit er Ritter war daran, neue Wege für den Stil zu finden.


    Der erste Weg war, Machtangriffe in seine Sequenzen einzubauen. Es war immer schwierig Lichtschwertkampf mit Machtattacken zu verbinden – deswegen wurde ja mit Niman ein eigener Stil dafür entworfen, der diese Unterschiedlichkeit vereinbarte. Aber zugleich hatte Andenus häufig eine frei und er hatte hart trainiert mit dieser Hand scheinbar mühelos Machtangriffe durchzuführen, seien es Stöße, Griffe oder Defensivschilde. Der zweite Weg, war unter Jedi umstritten. Tràkata war die Technik, sein Lichtschwert mitten im Kampf zu deaktivieren, um andere Klingen zu überbrücken oder den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bringen. Es war ein Akt der Täuschung und widersprach dem Prinzip von Makashi – und war dennoch tödlich effektiv. Andenus hatte schwer mit sich gerungen, Tràkate in seine Sequenzen einzubauen, zu stark wiedersprach es seiner inneren Haltung, seiner eigenen Geradlinigkeit. Aber genau deswegen, hatte er sich entschlossen es anzuwenden. Wie der Krieg, das Töten den Jedi fremd war und sie es dennoch tun mussten, war auch diese Technik Andenus fremd und er würde sie einsetzen, wenn er musste. Als er mit Ritter Dresarius den Kampf gegen Sith übte, war ihm bewusst geworden, dass das der Preis war, den er zahlen musste.


    Der hakenasige Ritter deaktivierte das Schwert. Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von der Stirn, während er mit der anderen die grobe Tunika bewegte, damit die Luft seinem Körper etwas Abkühlung verschaffen konnte.


    Das war ein gutes Training gewesen, dachte er für sich. Es machte sich bezahlt, dass er in den letzten Jahren kaum etwas Anderes gemacht hatte als geübt und sich für den Zeitpunkt gestählt, wann die Macht ihn wieder in den Kampf schicken würde. Er wusste nicht, wann genau dieser Zeitpunkt eintreten würde, aber er wusste, dass er kommen würde.


    Mit zielsicheren Schritten ging er in Richtung der provisorischen Sanitäranlagen. Er war bereit, doch wie war es mit den anderen? Mit den jungen Padawan und Rittern, würden sie bereit sein?


    Was konnte er tun, um sie vorzubereiten? Der erste Schritt war getan: das Praxeum stand, hier konnten sie lernen, kontemplieren und sich gegen die Dunkelheit wappnen, die auf den Schlachtfeldern der Zukunft wartete.


    Seine Gedanken wanderten zu dem jungen Rhyess Amren. Die Vision der Höhle der Wahrheit hatten ihn gezeigt, war das vielleicht ein Zeichen? Dass er sein Training mit ihm beginnen sollte? Als sein Meister?


    Der Magen des Ritters zog sich zusammen, zu frisch war noch die Erinnerung an Takoobs leblosen Körper und den Sith, der grinsend über ihm stand. Er atmete einmal aus.
    In würde nicht Furch oder sein eigenes Scheitern aufhalten seine Pflicht zu tun. Wenn es der Wunsch der Macht war, den Jungen auszubilden – dann würde es so geschehen.


    Andenus war angekommen und befreite sich von der Tunika, die an seiner feuchten Haut zu kleben schien. Der Ritter warf einen Blick in den Spiegel, sah das dichte Narbengeflecht, das von seinem rechten Ohr abwärts seinen Körper übersäte. Die Säurespuren waren noch immer so deutlich wie kurz nach der Folter. Doch Andenus störten sie nicht, sie waren ein Memento, eine Erinnerung standhaft zu bleiben.


    Standhaftigkeit würde weiterhin von ihm erwartet werden und er würde nicht wanken.


    Niemals.

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