• 2 nVC Kaas-Stadt, äussere Mauer von Kaas-Stadt, 1143 Ortszeit, abends


    Es war eine übliche Nacht, wäre da nicht der fehlende Regen gewesen. Abergläubische und esoterische Bürger hätten an dieser Stelle wohl bereits das Unheil prophezeit, doch der rational denkende Gardist nahm es als willkommene Abwechslung. Der kühle Nachtwind vertrieb zudem ein Stück weit die schwüle und feuchte Luft vom dichten Dschungel, die tagsüber den Dienst in voller Ausrüstung zur Qual machte. So wähnte der Wachhaltende sich in einem falschen Hoch, wie ein schlafendes Beutetier, welches jeden Moment von einer der hiesigen monströsen Dschungelkatzen angefallen werden konnte.


    Der reinblütige Gardist ging auf seinem Posten, welcher von einem provisorischen Wellblech-Dach vor dem ausgebliebenen Regen geschützt wurde, auf und ab. Er hielt rund um Kaas-Stadt nun schon beinahe elf Jahre Wache und allein für dieses kleine Stück des Komforts musste er unzählige Formulare und Anträge an das Logistikministerium stellen, so dass ihm das Vorhaben einen richtigen Unterstand zu errichten noch im selben Moment wieder ausgetrieben wurde. Schon die Wachberichte in dreifacher Ausführung waren ihm genug Papierarbeit, passierte doch ohnehin jede Nacht dasselbe: Rein gar nichts! Doch er hatte sich noch nie beklagt, denn als Mitglied der dunklen Ehrenwache, wie sie auch genannt wurde, hatte man an seiner Lage nichts auszusetzen. Es wurde einem schliesslich die Ehre zuteil dem Imperator höchstpersönlich zu dienen. Unter Gardisten gab es deshalb auch ein scherzhaftes Zitat, das da lautete: „Ich diene, also bin ich“.


    So stand der unbehelmte Gardist also da, unter dem Desh-Dach und schloss die Augen, da er seine Umgebung mittlerweile im Schlaf vor sich projizieren konnte. Auf der unmittelbaren linken Seite des Unterstands, fing nach ungefähr zehn Metern die Durastahl-Aussenmauer der gewaltigen imperialen Hauptstadt Kaas-Stadt an und zog sich nach dem rechtwinkligen Ecken Klick um Klick in den Dschungel hinein. Etwa eine Daumenbreite neben dem linken vorderen Pfeiler des Regendachs mündete die breite Strasse in den Dschungel, die zum örtlichen Raumhafen führte. Die Schneise die dort in den Dschungel geschlagen wurde, reichte bis nach ganz oben in die Kronen der höchsten Bäume, um auch Repulsorliftfahrzeugen einen problemlosen Verkehr zu erlauben. Während den frühen Morgenstunden und abends, wenn die Reisenden zurückkehrten herrschte hier reger Betrieb und nicht selten hallten wütende Flüche über den Platz, die aber meist von dem Lärm des Verkehrs verschluckt wurden. Direkt vor ihm zog sich dann der Rand des Dschungels um Kaas-Stadt, der sich zu seiner rechten verlor. Etwa dort wo sich der rechte vordere Pfeiler befand war vor einigen Wochen ein Blitz in einen Baum eingeschlagen, weshalb dieser nun verkohlt und umgestürzt da lag. Der Gardist öffnete wieder seine Augen und nickte, als er die Landschaft vor seinem inneren Auge mit der tatsächlichen verglich und keine wesentlichen Unterschiede vorfand.


    In der Ferne, irgendwo in der Nähe des Raumhafens, erhellte sich der Nachthimmel kurz und er wartete darauf, dass sich der Donner hören liess. Einige Sekunden stand er lauschend da, bis er bemerkte, dass nun schon mehr als eine halbe Minute vergangen sein musste, seit er das gesehen hatte, was er für einen Blitz gehalten hatte. Auf der Holokarte, die auf dem Tisch lag überschlug er eilig die Distanz zum Raumhafen und kam auf ein Ergebnis das ihn stutzen liess. Selbst wenn der Blitz irgendwo hinter dem Raumhafen eingeschlagen hatte, wäre die Verzögerung, mit der sich der Donner hören lassen würde, nicht mal halb so lang wie er gewartet hatte. Dabei hatte er den Donner überhaupt nicht gehört. Er teilte einem Waffenbruder über sein Komlink kurz mit, dass er seinen Posten verlassen würde um dem Geschehen auf die Spur zu gehen.


    „Irgendwo hinter dem Raummhafen wurde eine unbekannte Lichtquelle gesichtet. Ich werde dem nachgehen und verlasse dafür meinen Posten.“


    „Verstanden und bestätigt“ kam es zurück.


    Dann bestieg er den Gleiter und startete mit einem dumpfen Gefühl im Magen den Motor. Die Fahrt durch den Dschungel dauerte unter normalen Umständen ungefähr 15 Minuten, wenn man die Tempolimite ausnutzte, doch Gardist Melnarr stellte in dieser Hinsicht wohl einen neuen Rekord auf, bei dem es einen jeden Renn-Piloten in den Fingern gekitzelt hätte, die Zeit zu schlagen. In weniger als 8 Minuten und mit einem halsbrecherischen Tempo raste er die leere Strasse entlang, immer wieder auf den Navigationscomputer schauend in der Hoffnung dies könnte ihn seinem Ziel irgendwie näher bringen. Als er schliesslich in die Nähe der Lichtung kam, verlangsamte er den Gleiter und stellte ihn 50 Schritte vom Weg ab in das Dickicht. Er näherte sich nun vorsichtig dem Rand der Lichtung, die einen Durchmesser von ungefähr 100 Metern hatte. Er hörte nun bereits einige Stimmen die hektisch in einer ihm unbekannten Sprache redeten und er griff vorsorgend zum Komlink, aus welchem er aber nur das monotone Rauschen eines Störsenders hörte. Den Elektrostab vom Rücken lockernd duckte er sich unweit des Randes in das Unterholz und spähte durch die Pflanzen. Was er sah liess ihn sprachlos…


    Enten legen ihre Eier in Stille. Hühner gackern dabei wie verrückt. Was ist die Folge? Alle Welt isst Hühnereier.


    - Henry Ford

    Einmal editiert, zuletzt von Kom'rk Ordo ()

  • 2 nVC Raumhafen ausserhalb Kaas-Stadt, 1258 Ortszeit, abends


    Eine Gruppe grau verhüllter Gestalten verluden auf dem Platz vor dem Raumhafen Frachtkisten auf einen Truppentransporter. Einige andere zogen die Leichen der Soldaten weg, in Richtung Dschungel, glücklicherweise weit ab des Verstecks von Telorak. Er liess den Komlink nun sinken, den er immer noch auf Kopfhöhe gehoben hatte und zählte währenddessen so gut es ging die Eindringlinge. Nach zwei Mal Durchzählen kam er zum Schluss, dass es mehr als zwei Dutzend Leute sein mussten, die da auf der Lichtung offenbar etwas gegen das Imperium planten. Und ausser dem Gardist, den er vor dem Verlassen seines Postens informiert hatte, wusste bisher noch niemand von der nahenden Bedrohung. In diesem Moment verfluchte er seine auffällig rote Rüstung, die zwar in offenen Kämpfen durch ihren Bekanntheitsgrad einige Vorteile hatte, doch hier nutzte ihm die Färbung nur wenig. So wagte er nicht sich weiter vor zu wagen und beobachtete einige Sekunden die Umgebung. Unweit des Lichtungsrandes wo er sich versteckt hielt brannte ein kleines Feuer im hohen Gras, daneben lag eine weitere Leiche eines Soldaten, der eine Signalpistole in der schlaffen Hand hielt.


    „Das muss wohl der vermeintliche Blitz gewesen sein“ murmelte er und wandte sich dann wieder dem Geschehen zu.


    Die verhüllten Gestalten hatten mittlerweile fast alle Leichen weggeschafft und auch der Truppentransporter füllte sich mehr und mehr mit den Frachtkisten, die das aufgedruckte imperiale Herrschaftssymbol trugen. Schräg vor ihm standen zwei der Gestalten etwas weiter ab des Geschehen und redeten im Flüsterton weiter in derselben ihm unbekannten Sprache. Ihre Rücken waren Telorak zugewandt, so dass sie ihn nicht sehen konnten. Es musste sich bei ihnen um die Anführer der Gruppe handeln mutmasste er, weshalb er nun die Initiative ergreifen wollte. Ihm war bewusst, dass er sich kaum gegen zwei Dutzend Gegner halten konnte, geschweige denn sich gegen sie durchzusetzen. Dennoch war entschlossen nicht regungslos in dem Busch zu verharren, sondern noch möglichst viele der augenscheinlichen Verrätern mit in den Tod zu reissen. Es wurde von ihm verlangt, denn diese war seine Pflicht. Er hatte einen Eid geschworen, welchen er zu erfüllen beabsichtigt hatte.


    Nach einem gemurmelten „Für den Imperator“ erhob er sich und näherte sich dem Rand der Lichtung, bis er schliesslich der Meinung war, dass er nicht mehr weiter gehen konnte, ohne eine frühzeitige Entdeckung zu riskieren. So lautlos es ihm in seiner Ausrüstung gelang sprang er aus dem Dickicht heraus und hielt direkt auf die beiden ihm abgewandten Sprechenden zu, den Elektrostab zu einem schrägen Hieb über den Kopf des rechten Sprechers erhoben. Der Truppentransporter verhinderte den Sichtkontakt der meisten Arbeitenden zum Gardisten, so dass er fast die ganze Strecke überwinden konnte, bevor der erste gedämpfte Warnruf von einer der Gestalten kam. Telorak befand sich bereits im Sprung und war noch etwa eine volle Armspanne von seinem Ziel entfernt, als dieser den Ruf hörte und sich ungewöhnlich schnell mit einem Blaster in der Hand umdrehte. Den Schwung und die Masse, die der Gardist in seinen Sprung gelegt hatte, beförderten diesen weiter in die Richtung der nun bewaffneten Gestalt. Als er schliesslich zur Landung ansetzte, traf der Elektrostab nicht wie gewollt den Kopf des Widersachers, sondern den Lauf seiner Waffe, die er reflexartig schützend vor den Kopf gezogen hatte. Mit einem schrillen Kreischen schrammte der Kopf des Elektrostabs am verlängerten Lauf entlang und entriss die Waffe seinem Besitzer. Telorak nutzte den noch anwährenden Moment der Überraschung und trat den Blaster am Boden mit dem Hacken seines Stiefels fort in den aufgeweichten Boden. Simultan versuchte er das Ende seines Elektrostabs der Kapuzengestalt in den Magen zu rammen, als im selben Moment der Gesprächspartner eben jener Gestalt vor diesen sprang und so den tödlichen Stoss elektrischer Energie und die reine physische Wucht des schweren Elektrostabs auf die rechte Hälfte seines Brustkorbs kassierte. Der Stoss beförderte ihn und das ursprüngliche Ziel des Gardisten mehrere Meter durch die Luft, bevor sie schlitternd auf dem nassen Boden zum Stehen kamen, wo sich der Getroffene wimmernd zusammenzog. Die restlichen Gestalten befreiten sich unterdessen von ihrer Schockstarre und mehr als zwanzig Verhüllte stürmten auf den Gardisten zu, die nächste Gruppe war kaum fünf Meter von ihm entfernt. Doch auch Telorak blieb nicht tatenlos stehen und stürmte seinerseits auf die kleine Gruppe aus drei Verrätern zu, die bereits ihre Blastergewehre zur Salve anlegten. Unter der ihm entgegen fliegenden Salve wegduckend, überbrückte er die fünf Meter schnell und riss die erste Kapuzengestalt mit einem tief angesetzten Hieb von den Füssen und setzte zum Schlag gegen den rechten Oberschenkel der zweiten Gestalt an. Das Ziel des Gardisten entzog sein Bein dem Angriff jedoch und so traf lediglich die Spitze des Stabs das Ziel. Trotzdem ging dieser schreiend zu Boden, während Telorak wieder neuen Stand suchte und sich dem letzten Verhüllten annehmen wollte, der eine Vibroklinge in den Händen hielt, die er nun dem Gardisten in den Unterleib stechen wollte. Mit dem Elektrostab schlug er die Klinge zur Seite weg und manövrierte gleichzeitig das andere Ende in Richtung Gesicht seines Gegners. Dieser wich erschreckt dem Ende des Stabs aus, doch die Waffe krachte nun mit demselben Schwung auf die Schulter des Verhüllten, welcher in Folge dessen sofort zusammenbrach. Bevor sich Gardist Melnarr umsehen konnte, um die nächsten Feinde zu empfangen traf ihn ein Blasterbolzen in den Rücken, der ihn mit dem Gesicht voran in den Schlamm beförderte.


    Für einen Moment herrschte Stille auf dem Platz. Die Spannung fiel sichtlich von den immer noch verhüllten Gestalten ab, als zwei davon den Gardisten unter den Armen packten und auf den Truppentransporter schleiften. Anscheinend hatte man nicht mit voller Leistung geschossen, denn es waren keine äusseren Wunden an dem erschlafften Reinblut zu erkennen. Die Eindringlinge brachten die Verwundeten in den Raumhafen hinein, wo ein Landungsschiff mit offener Ladeklappe stand. Nach einer Zählung ergab sich, dass sie fünf Verletzte und einen Toten zu beklagen hatten. Der Gesprächspartner des anscheinenden Anführers, der vor den Schlag des Gardisten gesprungen war, erlag noch auf dem Platz seinen Verletzungen und verletzte beim Sturz auf den Boden auch den Anführer selbst, der unter ihm lag und einige Prellungen und Quetschungen davontrug. Die restlichen stiegen alle in den nachtschwarz angestrichenen Transporter und hoben samt dem gefesselten Gefangenen Richtung Wildnis ab.


    Enten legen ihre Eier in Stille. Hühner gackern dabei wie verrückt. Was ist die Folge? Alle Welt isst Hühnereier.


    - Henry Ford

    Einmal editiert, zuletzt von Kom'rk Ordo ()

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