Ich bin auch nicht davon ausgegangen, dass das jeder versteht.
Niemand hat behauptet, dass die Lore gut oder böse sei. Und über ihren Geltungsanspruch kann man ebensowenig diskutieren, wie über Religion.
Als die Figur Vader entstand, hat niemand geplant, ob er nun Blitze werfen kann oder nicht, das Thema existierte einfach nicht.
Es wurde einfach viel später zum Thema und irgendjemand hat dann - sehr richtig und schlau - entschieden, ihm diese Fähigkeit nicht nachträglich anzudichten, weil man es aus (vermute ich) dramaturgischen Gründen und der Integrität und Kontinuität der Figur besser fand. An ihrer Darstellung nichts derartiges zu ändern.
Natürlich - da gebe ich Dir Recht - hätte man es ändern können, so wie man viele Dinge konzeptionell im Laufe der Kanonbildenden Elemente angepasst hat. Ich kann aber beim besten Willen nicht der Annahme folgen, irgendjemand hätte sich hingestellt und gesagt "Mann, wäre das cool, wenn Vader jetzt blitzen könnte, aber Mist! das geht ja gar nicht ... Menno!". Unsinn. Die Figur Vader wurde nach Episode VI noch stark erweitert und abgewandelt... blieb für mich aber aus Storytelling-Sicht durchaus integer.
Palpatine, den Du als Beispiel anführst, unterscheidet sich in den Prequels durchaus deutlich vom Imperator in Episode VI. Hätzte man auch anders machen können, das Thema will ich jetzt nicht bewerten. Unstrittig ist jedoch, dass die Figur deutlich mehr Raum dafür bot, als die Figur Vader, der zu dem Zeitpunkt schon wesentlich definierter war. Überzeugt allerdings, bin ich davon, dass für den Umfang an Charakterentwicklung oder -adaption in allererster Linie künstlerische Aspekte eine Rolle spielen: Wie soll die Figur wirken? Welche Emotionen sollen beim Publikum in den zwei Stunden hervorgerufen werden? Welche Storyelement und welche Bilder will ich zeigen? Welche überraschenden Wendungen und dramatischen Momente bieten sich? Was gibt der Schauspieler her? Wie passt die Figur zu dessen Bild? Was kann ich an Special Effects zeigen, und was muss ich zeigen, damit das Publikum das entsprechende "Boah!" Gefühl hat? Das sind die Fragen, nach denen Drehbücher und Filme entstehen; die Kunst ist, die dann so umzusetzen, dass es noch halbwegs in die Gesamtgeschichte passt.
Irgendwelche Nerd-fragen, wie "geht das denn jetzt mit der Kybernetik?" haben nach meinem Verständnis weniger EInfluss auf das Entstehen von Geschichten. Die Fragen (bzw. Antworten) sind erst dann von Bedeutung, wenn die Besserwisser nach Plotholes suchen, damit man sie mit Pseudofacts ruhig stellen kann.
Disclaimer: Ich liebe Star Wars. Ich empfinde den Umfang und die Kontinuität des Star Wars Universum als großartig. Ich bewundere die Arbeit, die all die Autoren, Regisseure, Produzenten, Zeichner und überhaupt alle beteiligten Kreativen sowie die LSG geleistet haben, um diese Kontinuität herzustellen. Ich gebe mich diesbezüglich aber auch keinen Illusionen hin. Star Wars ist nicht Mittelerde. Für mich ging es bei Star Wars immer darum, großartige Geschichten zu erzählen, die peu-á-peu ein Universum zeichneten. Nicht darum ein perfektes, geschlossenes Universum zu entwerfen, in dem dann halt auch eine Geschichte spielt.