Erinnerungen

  • Tython



    „AUUUU!“ Ich landete mit einem leisen Rumpeln auf der harten Erde. Sofort sprang ich auf, schloss die Faust fester um den Griff der kurzen Trainingsklinge, die ich in der Hand hielt. Meister Bannon befand sich vor mir, umkreiste mich mit wachsamen Schritten, ebenfalls ein Trainingsschwert in der Hand, dieses allerdings deutlich länger. Genau dieses Schwert war gerade verhältnismäßig hart gegen mein Schienbein gerumst und mich von den Beinen geholt. Vor kurzem war ich 10 Jahre alt geworden, mit stolzen 1,24m immer noch ein Winzling, aber gut ernährt, sehr ausdauernd und vor allem kerngesund.


    „Aufwachen, Kleines!“ tönte seine Stimme mahnend und er griff erneut an. Mittlerweile waren wir seit Stunden am Üben. Zuerst brachte er mir Abläufe bei, Bewegungen, die ich so lange wiederholen musste, bis meine Muskeln diese Bewegung einwandfrei reproduzieren konnten. Dann duellierte er sich mit mir. Diesmal griff er niedrig an, eine erneute Attacke des Djem-So, die meine Standfestigkeit in Verlegenheit gebracht hätte. Doch ich reagierte flink, sprang in einer Pirouette über seine Klinge hinweg und ließ die meinige in einem Halbkreis analog zu meiner Drehrichtung herumwirbeln, um ihn am Kopf zu treffen. Ich spürte, wie sein Kopf zur Seite ruckte und mein Schwert pfiff ins Leere. Zeit ließ er mir nicht. Kaum war ich gelandet drang er auf mich ein. Den ersten drei Attacken wich ich aus, bei der Vierten wollte ich sein Schwert beiseite schlagen, doch er fing meins ein, ließ es in einer Mühle kreisen und einen Herzschlag später wirbelte es mir aus den Fingern. „Autsch!“ quengelte ich, als er vordrang, Treffer an meinem Oberarm und der Hüfte landete und mich zu guter Letzt erneut zu Boden schickte. Ich saß dort eine Weile, verschnaufte und rappelte mich dann auf. „Was hab ich jetzt falsch gemacht?“ fragte ich in genervtem Tonfall. „Du hast dein Schwert zu sehr exponiert … führst du es zu weit vom Körper abseits, lädst du deinen Gegner förmlich dazu ein, dich zu entwaffnen.“ Antwortet er prompt. „Kann ich die Augenbinde abnehmen?“ murrte ich ihn dann an. DasTraining zeigte Wirkung. Ich war erschöpft, das Knie war offen und meine Arm- wie Beinmuskulatur brannte.„Darfst du, Kleines!“ Ich zog die Binde herunter, Licht eines sommerlichen Sonnenuntergangs auf Tython stach in meine Augen und ich musste einige Male blinzeln.


    Wir waren in die Berge gegangen. Dort waren wir schon öfter gewesen, hatten miteinander geübt. Bannon war ein Jedi-Ritter, wahrscheinlich der größte Fleischberg, den ich je gesehen hatte mit einem grob geschnittenen, bärtigen Gesicht und wachsamen Augen. Doch wie so oft täuschte das Äußere. Er war ein sehr warmherziger und gutmütiger Mann aber auch ein strenger Lehrer. Normalerweise trainierten wir Jünglinge untereinander in Gruppen, von einem der Meister im Tempel beaufsichtigt. Doch er nahm mich an den Wochenenden oft mit in die Berge. Dort trainierten wir viel individuell. Wir rannten um die Wette, schwammen in eiskalten Bergseen, duellierten uns in sich immer unterscheidendem Gelände. Jede Aktion ging Hand in Hand mit der Theorie. Er erklärte mir die Atmung und den Stoffwechsel beim Laufen, den Bewegungsapperat, zeigte mir, wie man mit einem gezielten Druck auf das Zwerchfell die Atmung regulieren konnte und vieles mehr. Unter der Woche war ich immer im Tempel, dort lernte ich die Macht kennen. Ich sollte Heilerin werden, das war jetzt schon gewiss, also hatte ich bereits Unterricht, der in eben diese Richtung ging, Anatomie des Körpers, Erste-Hilfe und teilweise schon etwas feineren Umgang mit der Macht.



    Er zerwuschelte mir das rabenschwarze, lange Haar. „Du wirst immer besser, Kleines!“ meinte er anerkennend. „Jetzt leg dich hin! Du musst später noch kochen.“ Ich legte mich auf den Bauch, er kniete sich neben mich und massierte mir die Krämpfe aus den Muskeln. „Warum muss ich heute schon wieder kochen.“ Brummte ich zu ihm auf und zuckte zusammen, als er seine Daumen tief in meine Wadenmuskulatur bohrte. „Weil …“ er ließ sich etwas Zeit „… du verloren hast.“ Ich konnte mir vorstellen, wie er sein süffisantes Grinsen zog. „Ich verlier ja immer, das ist einfach nur unfair.“ Protestierte ich sofort. Er knuffte mich in die Seite und ich musste lachen. „Beschwer dich nicht, Kleines. Ich kann nur Nudeln kochen und die nicht besonders gut!“ Da war etwas dran. Wann immer er kochte, waren es Nudeln … mal zu hart, mal deutlich zu weich, aber nie perfekt. Der Kerl war in Sachen Küche eine ziemliche Schnapsidee auf zwei Beinen. Er ließ von mir ab, ich richtete mich auf und blickte kurz hinab ins Tal, wo man den Tempel erkennen konnte. Sein Dach hatte durch die untergehende Sonne einen wunderschönen rotorangenen Farbton. Bannon stellte sich neben mich, fast doppelt so groß und wuschelte mir erneut durchs Haar. „Wunderschön, nicht wahr?“ sein bärtiges Gesicht grinste zu mir hinab.“… du hast exakt die gleiche Farbe, wenn du am Schwindeln bist, Kleines!“ neckte er mich mal wieder. Ich zog eine Schnute und er begann zu lachen. Kurz darauf machte ich mich zur Feuerstelle auf und bereitete das Essen vor. Er saß mit Blick aufs Tal da und meditierte, mit seinem olivgrünem Gewand ein Anblick, der ihn einem moosbewachsenen Geröllblock ähneln ließ. Den ganzen Abend musste ich deswegen grinsen.

  • Ein Körnchen Natur



    "Ihr mit eurer Naturverbundenheit" schnaufte ich miesepetrig in Richtung Rücken meines Meisters, als mir eine Felskante ein weiteres Mal durch die Handschuhe in die Hände schnitt. Doch ich hielt mich fest und schwang mich weiter den Hang hinauf. Ich konnte zwar nicht umhin, zuzugeben, dass Ankus mir gefiel. Zumindest die weitläufigen Wälder in den gemäßigten Klimazonen. Die trostlose Savanne, in der wir seit zwei Tagen campierten, jedoch war ein anderes Thema. Die Sonne brannte am Tag und wenn es endlich Abend wurde, hatte mein Meister nichts besseres zu tun, als steile Hänge mit scharfkantigen Felsen hochzuklettern. "Warum .."

    "Auf die Gefahr hin, dass ich es ein zehntes Mal sagen muss .. du wirst es schon sehen, Zira." unterbrach er mich sofort. Ich rümpfte die Nase, schwieg. "Ich weiß, dass Geduld überhaupt nicht zu deinen Stärken gehört aber gerade muss ich darauf bestehen!" fuhr er fort, drehte sich um und erklomm weiterhin den Hang. Ich verfluchte ihn innerlich und folgte ihm. Oben kamen wir auf einem Plateau an, das zu zwei Seiten steil ablief und über die übrigen nur über fels- und geröllbewehrte Hänge zu erreichen war. Ich sah ihn erwartungsvoll an, denn die schöne Aussicht auf den Fluss und die sichtbaren Waldabschnitte, waren es sicher nicht, die ihn hier hoch gebracht haben mussten. Er reichte mir sein Fernglas. "Schau dir die Herde dort an." sagte er teilnahmslos. Ich gehorchte und hob das Fernglas vor die Augen.


    Etwa zwölf Eopie standen dort arglos am Fluss. Ich besah sie eingehend, fand jedoch nichts besonderes an ihnen. "Was soll mit denen sein?" fragte ich ihn, ohne die Herde aus den Augen zu lassen. Er antwortete nicht, worauf ich das Fernglas abnahm. "Na sagt schon, ihr habt mich jetzt hierhergeschleppt wofür? Für einen Biologielehrgang? Die bekomme ich im Tempel doch auch!" er lächelte sanft und hob das Fernglas wieder vor meine Augen. "Schau weiter hin." sagte er mit einer seltsamen Gewissheit, die mich stutzen lies. Wieder gehorchte ich. Dann geschah es so schnell, dass ich kaum folgen konnte. Innerhalb eines Herzschlages war die Idylle am Wasser vorüber, als ein Reptil mit gewaltigem Maul und gebleckten Zähnen aus dem Wasser sprang, mit einem einzigen Satz eine stattliche Eopie-Kuh mit den Kiefern am Nacken packte sie zu Boden riss. Ich spürte sogar das feine Flüstern der Macht, als der Hals der Kuh brach und ihr Organismus schlagartig aufhörte zu existieren. Erstarrt sah ich zu Bannon, der reglos neben mir stand.


    "War .. war es das, was ihr mir zeigen wolltet?" fragte ich unsicher, doch sofort packte mich wieder die Neugier und ich hob das Fernglas vor die Augen. Er antwortete nicht. Die Herde war verschwunden und das Reptil fraß bereits. "Woher wusstet ihr, dass genau da so was passiert?" fuhr ich fort.

    "Warum hat der Nashtah nun diese Eopie gerissen, Zira?" fragte er, wobei mir seine stete Anweisung, eine Frage nicht mit einer Gegenfrage zu beantworten, durch den Kopf schoss. "Weil .. er Hunger hat?" erwiderte ich nach kurzem Zögern. Erneut setzte ich das Fernglas ab. "Richtig Zira, weil er Hunger hat. Was ist Hunger?" ich sah ihn irritiert an. "Das Hungergefühl ist ein Signal des Körpers an unser Gehirn, dass unser Körper zum Fortbestehen Nährstoffe benötigt und sie gerade knapp sind." antwortete ich. Er lächelte. "Korrekt. Mit anderen Worten: Hunger ist etwas, das jeder Organismus auf natürliche Art und Weise verspürt, nicht wahr?" mir fiel kein Gegenbeispiel ein, also nickte ich erneut. "Diese natürlichen Prinzipien sind es, auf die ich heute mit dir hinaus will, Zira. Wenn du dir die Galaxis ansiehst, wirst du viele natürliche Dinge beobachten können. So ein Angriff aufgrund des Hungergefühls ist eine Form der Natürlichkeit." ich sah ihn einigermaßen ratlos an und wagte einen erneuten Blick auf den Fressort des Nashtah. Die Eopie war bereits verspeist und das Reptil sank langsam ins Wasser zurück. Stille trat ein, die Bannon schließlich unterbrach.


    "Es gibt noch andere Worte, mit denen man diesen Vorfall dort unten bezeichnen kann, Kindchen. Der Nashtah hat getötet, um nicht selber an Hunger zu sterben und das ist eine der Grundprinzipien unserer Natur: Man tötet, um selbst am Leben zu bleiben. Überall kannst du das beobachten, nicht nur in der Tierwelt und nicht nur unter der Prämisse des Verhungerns. Kannst du es dir denken, wo noch?" er sah mich an, ich nickte. "Die Soldaten sagen immer, dass sie im Krieg töten, um selber am Leben zu bleiben." begann ich vorsichtig, er ließ mich ausreden. "Und die Sith, Meister .. Ihr Wesenskern beruht darauf, zu töten, um nicht getötet zu werden. So ist es auf Korriban, nicht wahr? So steigt man erst im Imperium ein." er nickte. "Ja, das stimmt. Im Sith-Orden regiert ein Prinzip der Natur: Man tötet seine Rivalen, bevor sie einen selber erwischen. Zwar haben sie gewisse Regelungen, die ein Miteinander ermöglichen doch im Wesenskern hat sich nie etwas daran geändert. Die Frage ist doch .. warum ist das nun so? Was macht ein Tier, wenn du es in die Ecke drängst und ihm den Fluchtweg nimmst?" .. "Es greift an, Meister!" sagte ich sofort.

    "Richtig, es greift an, Zira. Und wie immer liegt der Handlung ein Naturprinzip zugrunde: Die Sorge um das eigene Fortbestehen beziehungsweise Töten, bevor man selber getötet wird. Du weißt, dass im Tempel die Angst als der Ursprung allen Übels gesehen wird .. als der Pfad zur Dunklen Seite. Der Grund ist so einfach wie banal: Jemand, der Angst hat, greift an und tötet." Die Dunkelheit brach über uns herein.


    "Aber .. wenn der Sithorden so eine hohe Repräsentation in der Natur findet .. haben wir als Jedi dann auch eine?" ich sah zu ihm hoch. Er wuschelte mir durch den Haarschopf. "Ein Rudel Wölfe zum Beispiel hält zusammen, Ziri .. eine Nashtah-Mutter wird sich mit ähnlicher Sorgfalt um ihre Junge kümmern, wie du dich um dein Aussehen." ich reckte das Kinn in die Höhe. "Zuerst einmal ist es mir wichtig, dass du diese Prinzipien verstehst und sie erkennst, da sie dir ständig in unterschiedlichen Ausführungen begegnen werden. Sie sind eine wichtige Grundlage, auch für die Ausprägung deines Weltbildes." ich musterte ihn eine Weile. "Alsooo wollt ihr mir damit .." er unterbach mich sofort. "Zira, wie oft noch, man beginnt keinen Satz mit "Also" .. gewöhn dir das endlich ab. Und nein, ich mache dich vorerst nur darauf aufmerksam, darüber nachdenken musst du schon selber, Padawan." ich seufzte innerlich und sah noch einmal zum Wasser. Die Sterne spiegelten sich bereits und wir gingen den Rückweg an. "Was bedeuten diese Prinzipien dann für unser Dasein als Jedi?" fragte ich ihn, als wir den Fuß des Hanges erreichten. Sofort begannen wir, zu diskutieren . . .

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