Haus Riegenmaer

  • Haus Riegenmaer


    Irgendwo auf Alderaan, der Teil der Landkarte, der in keinem Geographieunterricht behandelt wird, der Teil der Landschaft, in dem die Bäume aufhören zu wachsen, die Blumen aufhören zu blühen, das Gras unter den mächtigen Massen von Schnee und Eis verstirbt... Irgendwo auf Alderaan liegt die Provinz Baelmoor, verwaltet durch das Adelsgeschlecht Riegenmaer.



    „Alice. Alice! Kommst du bitte?!“ Die energisch bestimmte Stimme war in dem hallenden Gewölbe der königlichen Residenz nur schwer zu überhören. Und obwohl der weibliche Klang keineswegs forsch und kräftig, sondern eher melodisch oder gar zierlich wirkte, schaffte er es dennoch die edel verzierte Eichentür mühelos zu durchdringen und seine Schallwellen bis hin in Joones Zimmer zu verbreiten. „Alice!“, das gewohnte Surren der Türsteuerung war zu vernehmen. Die hölzerne Schiebetür verschwand in der Decke über dem Bogeneingang zu dem Zimmer der Adelstochter. Mit einem Klicken rastete sie in ihrer Verankerung ein und offenbarte den Blick auf eine makellose Frau, dessen Antlitz in ein wunderschön genähtes Kleid, umwoben von einer schneeweißen Tunika, gehüllt war. Lediglich die in Falten gelegte Stirn, die vor Wut verzogenen Augenbrauen und das kleine Muttermal links über ihrem Mund zerstörten den Eindruck von Unfehlbarkeit.
    „Ja Mutter...“, murmelte Joone, mit einem Hauch von Desinteresse in der Stimme, bevor sie ihren Oberkörper von der warmen Umklammerung der Neilytfaser-Decke lossagte und sich erhob. Murrend ließ sie die Beine von der Bettkante hängen und beugte sich vorne über um den Nexu-Welpen von ihrem Arm zu lassen und seinem Winseln nach festem Boden unter den Tatzen entgegen zu kommen. Joone konnte das Wiederstreben des jungen Nexu-Hundes, in ihren wohlwollenden Armen gehalten zu werden, förmlich spüren. Als fühle sie die eigenwilligen Emotionen des tierischen Geschöpfes am eigenen Leib. Sie war genau so. Mittlerweile 17 Standardjahre alt und noch immer voller Mut genug sich gegen alle Vernunft ihren Eltern ab und an zu wiedersetzen.
    Ruhe, Ordnung und die gewohnte Emotionslosigkeit, die von ihrer Mutter ausging, breitete sich in ihrem warmen, herzlichen Zimmer aus, das einen derartigen Kontrast zum unbarmherzig kalten Winter vor der Tür bildete, wie Joones Definition von Pflichtbewusstsein zu der Ihrer Eltern. Sie schaute auf. Ihre Mutter nannte sie immer bei ihrem Zweitnamen. Schon seit Joone denken konnte vermied Irellia Joone von Riegenmaer es den Vornamen ihrer Tochter in den Mund zu nehmen. Sie hasste den Namen 'Joone', den sie selbst an zweiter Stelle trug. Joone wusste nicht recht, wieso ihre Mutter ihren Vornamen so verabscheute, aber sie hatte auch kein Problem damit von Irellia anders angesprochen zu werden. Überhaupt mochte sie den Namen 'Alice' gern und so rückte die Frage nach dem Wieso oder dem Warum in den Hintergrund.
    „Nun, meine Liebe, wir haben Besuch.“, abschätzend legte Irellia den Kopf schief und musterte Joone mit prüfender Miene von oben bis unten. Sie glitt an der weißen, einfach gehaltenen Bluse ihrer Tochter hinab und begutachtete ihren Gürtel mit der verzierten großen Schnalle, auf der der Kopf eines prachtvollen Vogels eingraviert war. An ihrer weiten und in erster Linie der Bequemlichkeit dienenden Stoffhose blieb Elisabeths Blick kritisierend haften. Sie verzog eine Augenbraue. „Sieh dich an. Du wirst bald heiraten, doch erweckst keineswegs dein Eindruck eine reife Frau zu sein. Tue etwas dagegen. Kleide dich um.“, abfällig wedelte sie mit einer Hand, „Ich lasse meine Tochter nicht in diesem Aufzug an einem hoheitlichen Bankett teil haben.“ Mit diesen Worten langte sie nach dem Ende ihrer hängenden Schleppe, wandte sich scharf auf der Stelle um und schritt erhobenen Hauptes zur Tür hinaus. Vor Erregung und freudiger Erwartung in Aufruhr versetzt rannte der flauschige Nexu hinter der Königin her und sprang durch die Tür hinaus aus Joones Zimmer.
    Das mechanische Geräusch der Tür ertönte wieder und zerriss die anbrechende Ruhe. Joone seufzte leise, stützte ihre Ellenbogen auf die Knie und ließt den Kopf hängen. Stille kehrt wieder ein. Stille, die ihre Schleier der Umarmung nach dem Mädchen reckte um sie zu verschlingen.

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