Herz der Finsternis

  • ----- Bracca -----


    Lor Muchard war eine echte Zierde seiner Rasse. Die glibberig-grünliche Haut glänzte wie ein fettiger Pfannensatz. Seine klumpigen Konturen wiesen zumindest einige scharfe Kanten auf und seine roten Augen kamen denen eines Allergikers gleich. Die fehlende Nase lies sein Gesicht ungewöhnlich platt wirken und Falten an den Winkeln seines schmallippigen, breiten Mundes erhoben den Anschein er würde stets mies gelaunt sein. Sein dürrer Hals, gar seine ganze karge Figur wurde von einem aufwendigen, weiten, petrolfarbenen Gewand mit hochstehendem Kragen verdeckt, aus dem nur seine kümmerlichen Hände mit fünf langen Fingern und ungepflegten Nägeln hervorkamen. Auf seinem Kopf thronte ein gleichfarbiger, hoher Turban und um den Hals baumelte eine silberne Kette. Wie viele Neimoidianer kroch auch Lor Muchard als Larve aus einem Ei und ernährte sich die erste Zeit von einer schleimigen Substanz, die er seinen Mitlarven stahl und hortete. Noch heute zehrt er von dieser Substanz, während andere Artgenossen bereits gehobenere Mahlzeiten zu sich nahmen, wie die beliebten Mulchpilze. Und genau wie viele andere Neimoidianer hat er sich ganz der Gier und dem Handel verschrieben. Er residierte auf Cato Neimoidia, dem Juwel unter den neimoidianischen Börsenwelten. Nicht so verkommen wie Deko oder Koru Neimoidia. Aber nicht nur seine enorme Selbstverliebtheit haben ihn zum Vorsitzenden des Handelsmagistrats gemacht, sondern vor allem seine betrügerische, verschlagene und egozentrische Art.


    Mit klackenden Schritten und leichten Auf- und Abwärtsbewegungen bahnte sich der Mechno-Stuhl, auf dem er saß, den Weg durch die oberen Gänge der Produktionshalle. Durch die lange Glasfront hatte man einen freien Blick auf die Fließbänder und Maschinen, auf denen nach und nach Gussteile gefertigt und schließlich zusammengefügt wurden. Hier wurden Droiden gefertigt. Nicht nur irgendwelche, sondern State-of-the-Art Kampfdroiden aus Durastahl- und Polycarbon-Gerüsten, designt von MalTech Artifice und finanziert von der Bankengilde im Koradin-System. Erst kürzlich konnte das Handelsmagistrat einen Beschluss des republikanischen Senats erwirken, der dazu bemächtigte weitere Droiden zur Verteidigung der Handelsflotte zu produzieren. Die Handelsrouten im Outer Rim wurden gehäuft von Piraten überfallen, was den Gesellschaften große Umsatzeinbußen und den betroffenen Welten enorme wirtschaftliche Schäden einhandelte. Der Piratenbedrohung Herr zu werden kam aber einer Sisyphusarbeit gleich. Viele Politiker, Senatoren und Berater standen den Forderungen kritisch gegenüber. Man befürchtete, dass das Handelsmagistrat die angestrebten Regulierungen und Kontrollen der Droidenproduktion nicht einhalten würde, oder gar gegen die kriegsgebeutelte Republik rüsten könnte. Der Widerstand der Opposition verpuffte jedoch, als der Senator von Velga und stärkster Gegensprecher, Aristhod Hort, durch ein Attentat das Leben ließ.
    Insider, oder wissende Experten behaupten, dass das Handelsmagistrat schon lange vor der Zustimmung des Senats eine neue Droidenproduktionsstätte auf Bracca in Betrieb nahm und so bestehende Verträge brach. Diese Vorwürfe wurden aber von allen acht Vorsitzenden des Magistrats abgeschmettert. In Wahrheit war dem aber genauso, wie es die Insider erzählten. Schließlich musste eine Flotte von mehreren hundert Schiffen aufgerüstet werden. Ein Unterfangen, das erst durch die Akquisition der neuen Fabrik und der Erweiterung jener auf Eriadu, Sluis Van und Utapau ermöglicht werden konnte. Auch auf das Design der Droiden wurde großer Wert gelegt. Moderne Legierungen, erweiterte, optronische Sensorik, eine 1.21 GigaParr-Prozessoreinheit und autarke Kommandosubroutinen definieren das neue Modell, das künftig die Sicherheit der Handelskreuzer und Kernschiffe garantieren sollte. Es war zwar MalTech Artifice und dessen CEO Bhu Mallinor, der sich verantwortlich für die Entwicklung zeichnete, doch war ein gewisser ‚Rembrandt‘ der eigentliche Schöpfer. Er war jüngst aus dem Strafvollzug Bogdens entflohen, nachdem er für die Organisation einer separatistischen Bewegung, illegaler Produktion einer Droidenarmee und Invasion der friedlichen Welt Arilia - einschließlich der begangenen Verletzung der meisten Wesensrechte - verurteilt wurde. Alleine der mangelnden Zusammenarbeit arilianischer und republikanischer Staatsanwälte, sowie einem motivierten Rechtsbeistand war es zu verdanken, dass der selbsternannte Virtuose nunmehr erneut eine Chance zu ergreifen versuchte, die Republik zu stürzen, statt sich der Todesstrafe zu stellen, die auf Hochverrat stand.
    Dass das Handelsmagistrat mit einem verurteilen Separatisten kooperierte, störte keinen der Vorsitzenden weniger als Lor Muchard. Er sah die Jahrhunderte alten Geschicke des Handelsmagistrats schon zu lange, zu strikt von der Republik kontrolliert und entschied für sich, dass es Zeit war einen Umsturz zu wagen. Erst der Einfluss und die Vision seines neusten Gönners brachten ihm jedoch die Mittel und Wege, sowie die plötzliche Zustimmung der restlichen Magistratsvorsitzenden ein. Aber auch so wurde Lor Muchards Geduld auf eine Probe gestellt, denn die benötigten Droiden produzierten sich nicht von alleine und auch nicht so schnell, wie es der Neimoidianer gerne hätte.


    „Ich versichere Ihnen, Vorsitzender, die Maschinen arbeiten mit maximaler Effizienz und die Produktion wird wie geplant fortschreiten. Die Jedi werden bezahlen.“, erklärt der großgewachsene Rembrandt, als er vor einem Abschnitt der Glasfront zum Stehen kam. Sein adretter Haarschnitt und die kahl rasierten Wangen fügten sich nahtlos in das teure, schwarze Designergewand ein.
    Lor Muchard hielt neben ihm, schnaubte jedoch nur abfällig. „Die Jedi sind mir egal. Lord Patavius hat mir den Fall der Republik versprochen und mehr Credits, als ich zählen könne.“ - „Vorsitzender, ich denke Ihr unterschätzt die Macht der Jedi. Sie sind es, was die Republik noch zusammenhält. Wenn…“
    Der Separatist wurde jedoch vor Lor Muchard unterbrochen: „Und Ihr unterschätzt die Macht von Lord Patavius, Rembrandt. Er hat die Kontrolle über die Ämter und den Orden der Jedi. Das hat er mir versichert.“ Rembrandt nickte mit einem pfahlen Lächeln auf seinen Lippen, dann hielt er die Erwiderung aber recht kurz. „Natürlich, Vorsitzender. Ich kümmere mich um alles, Ihr könnt Euch entspannen. Vorausgesetzt die Jedi Marsadi gehört mir.“




    ----- Coruscant -----


    Hell klimpernd schlug das dünne Messer dreifach gegen das hohe, schmale Glas, welches mit einer leicht rosafarbenen, prickelnden Flüssigkeit gefüllt war. Skye räusperte sich, um zusätzlich die Aufmerksamkeit aller Gäste auf sich zu ziehen und versicherte sich, mit einem umherschweifenden Blick, dass sie auch jeder gut sehen konnte. Es war für sie noch immer ungewohnt mal keine Tunika, oder Robe des Ordens zu tragen, sondern festliche, gar feierliche Kleidung. Ihr mitternachtsblaues Kleid war am unteren Ende schräg beschnitten und ragte am tiefsten Punkt gerade einmal bis knapp über die Kniebeuge. Das schulterfreie Stück hatte rechts einen Ärmel, während der linke Arm frei blieb und so Platz für ein Armband ließ, das jedoch nicht ganz in den Stil des Abendkleides passen wollte. Wenn man genau hinsah erkannte man, dass das Accessoire handgemacht war und das Ordenssymbol trug. Eines der neueren Erinnerungsstücke der Jedi-Ritterin, welches sie stets an ihren alten Padawan Daeron Ashar erinnern sollte. Aus dem tiefen Blau des Stoffes, die Nachmittagssonne reflektierend, stachen einige funkelnde Fasern hervor. Und auch die hochhakigen Schuhe standen im starken Kontrast zu den halbhohen Stiefeln der klassischen Jedi-Tracht. Auch für einige der Anwesenden war der Anblick von Skye in einem Kleid eher ungewohnt oder befremdlich, da die Robe, oder auch ihre Kampfrüstung nicht zu zeigen vermochte, welch grazile Figur sich darunter verbarg. Heute war ihr Lichtschwert ferner von ihr, als es jemals in den vergangenen sechs Jahren war. Skye hatte sich nicht lange auf diese Laudatio vorbereiten können, weshalb sie sich, wie so oft, auf das verließ, was die Macht ihr flüsterte.


    „Sehr geehrte Damen und Herren, wir erheben unsere Gläser heute auf Mister und Misses Captain Jaizen Hawk, deren Licht der Liebe und Zuneigung jede noch so dunkle Stunde zu erhellen vermag. Und während ich leider nicht viel zu Evelyn sagen kann, fällt es mir schwer aus den Dutzenden Anekdoten, die ich mit Jaizen teile, die passendste herauszusuchen. Im Leben eines Jedi gibt es nicht viele Konstanten, nicht viel auf das man sich verlassen kann. Freundschaften gehören leider auch nicht dazu. Jedi retten Leben, schützen die Schwachen, oder versuchen es zumindest. Wir entsagen der Liebe, um diese Pflicht zu erfüllen. Aber Jaizen war es, der mir mehr als einmal das Leben gerettet hat. Mit dem ich das Schützenloch geteilt habe. Mit dem ich eine Verbindung habe, die sogar für einen Jedi außergewöhnlich und außergewöhnlich wertvoll ist. Jetzt ist es an der Zeit, dass du jemanden anderes beschützt. Wir heben unsere Gläser heute auf Captain Jaizen Hawk, hervorragender Offizier, liebender Ehemann und kühnster aller Höllenhunde.“


    Während moderater Applaus durch die sitzende Menge rauscht und Skye es schafft sich einzelne Tränen zu verkneifen, verriet ihr Blick zu Hawk, dass er sich nicht beherrschen konnte. In Mitten des Chaos, das der Krieg über die Galaxis brachte, gab es doch immer Momente des Friedens, wie diesen, in denen alles gut schien. Für Skye auch immer eine Zeit großer Demut und Nachdenklichkeit. Erst kürzlich konnte das Imperium von Tepasi vertrieben werden, nachdem es die friedliche Welt in einem Blitzschlag eroberte. Skye beerdigte Ritter Faren Unari, der sie ein langes Stück ihres Weges begleitete, ihr mit Rat und Tat zur Seite stand und dem sie ihre Probleme klagen konnte. Sie hatte ihrem Padawan, Daeron, die Ritterprüfungen abgenommen und ihm kurz darauf mitgeteilt, dass er jetzt selbst einen Padawan haben würde. Bald würde er seinen eigenen Weg gehen. Jaizen Hawk wurde nach ihrem Einsatz und seiner Verwundung auf Saleucami befördert und bekam das Ja-Wort seiner Frau noch oben drauf. So endete auch sein Weg an Skyes Seite, nachdem beide über fünf Jahre gegen Zakuul und das Imperium kämpften. Aber für Skye war es genauso, wie sie es auch sagte. Es gehörte dazu, dass ein Jedi auf lange Sicht nur den Orden hat - Freunde gehen eigene Wege, oder finden den Tod. Skye war es gewohnt, hat sie doch nicht nur einen Padawan, sondern auch ihre drei besten Freunde aus ihrer Anwärterzeit verloren. Unweigerlich führte dies zu einer unnahbaren, harten Fassade und das unterbewusste Distanzieren von zu engen Beziehungen. Verluste waren für Skye noch immer nicht leicht, aber die Erkenntnis, dass jene, die in die Macht eingehen, ihren Frieden finden, hält deutlich schneller Einzug, als noch vor wenigen Jahren.
    Ruhige Streichmusik setzte ein und motivierte einige Gäste dazu langsam zu tanzen. Skye konnte nicht tanzen. Sie vermochte sich zeitgleich gegen vier, oder auch fünf bewaffnete Wachen durchzusetzen und ein Ataru anzuwenden, das seines Gleichen suchte. Aber die Beinarbeit, die bei einem simplen Walzer gebraucht wurde, stellte die Ritterin vor eine ganz eigene, nicht zu meisternde Herausforderung. Stattdessen wanderte ihr Blick an den Rand der Hochzeitsgesellschaft, wo ein Herr in Jedi-Roben stand und Skye subtil herüber orderte. Bastion Martiis war ein weiterer, enger Vertrauter Skyes, den sie während ihres Einsatzes auf Bacara kennenlernte. Er hat den vollen, runden Bart behalten, mit dem sie ihn kennenlernte. Die schwarzen Haare waren inzwischen aber lang gewachsen und zu einem Zopf gebunden. Zwischen den dunklen Haaren, entlang des linken Auges, war eine blassblaue Linie sichtbar. Wenngleich Bastion seit nunmehr 40 Jahren im Orden ist, trug er die traditionelle Kiffar-Clanverzierung mit Stolz. In der Erwartung schlechter Neuigkeiten, denn Bastion tauchte nur dann bei Privatveranstaltungen auf, wenn es irgendwo brannte, schob sich Skye zu ihm hinüber. Dabei fielen ihr auch die zwei Pads auf, die Bastion in seiner Hand hielt.


    Skye atmete tief durch und begann das vermutlich verheißungsvolle Gespräch mit einem Tipp aus blauem Dunst: „Hat das Imperium wieder eine Offensive gestartet?“
    Bastion schüttelte den Kopf und reichte ihr zunächst wortlos eines der Pads. Skye überflog den Inhalt neugierig, dann irritiert. Mit genau so einem Blick schaute sie dann zu Bastion hoch.
    „Ein Padawan? Oh nein… nein. Bastion, ich habe Daeron gerade erst fertig ausgebildet.“ - „Das ist wahr und das macht dich zu einer Ritterin, die einen neuen Padawan ausbilden kann. Genauso wie Daeron direkt einen Schüler zugewiesen bekommen hat.“
    Der Orden hat jüngst begonnen diversen schülerlosen Rittern einen Padawan zuzuweisen, um die durch Zakuul und den Krieg ausgedünnten Reihen der Jedi wieder mit einer neuen Generation Machtanwender zu versorgen. Dass ein Ritter, der lange keinen Schüler erwählt hatte, früher oder später einen Padawan vom Rat zugewiesen bekam, war nicht unüblich. Schließlich gehörte es auch zu den Pflichten eines Ritters weitere Jedi auszubilden. In so einem großen Stil hatte Skye es jedoch bislang noch nicht mitbekommen.
    Skye schloss einen Moment die Augen und atmete erneut tief durch. „Ich dachte ich hätte jetzt endlich mal sowas wie ‚frei‘.“
    Bastion hob das zweite Pad und schmunzelte durch den dichten Bart: „Ich schließe mich dir an. Du hängst da nicht alleine drin, Skye.“
    Erneut ging Skyes Blick auf ihr Pad, um den Namen ihres neuen Schülers zu lesen. Airen Enda, 14 Jahre.




    [align=center]----- Tython -----


    „Aua!“, fuhr es aus Airen heraus, „Pass doch auf!“
    Kandri hingegen zog noch weiter an der langen dunkelbraunen Haarsträhne, die künftig den traditionellen Padawanzopf bilden sollte. „Stell dich nicht so an, Mann! Du willst doch einen guten ersten Eindruck bei Meisterin Marsadi hinterlassen, oder etwa nicht?“
    „Natürlich!“, entgegnete er. Trotzdem musst du mir deswegen nicht gleich die Haare ausreißen, ergänzten seine Gedanken stillschweigend. Airen war nervös, wenn nicht sogar aufgekratzt, denn gleich würde er seine neue Meisterin Skye Marsadi kennenlernen. Der 14-jährige hatte das Gefühl eine ganz besondere Last auf den Schultern zu tragen. Der Name Enda brachte seit Jahrhunderten machtsensitive Abkömmlinge hervor und wurde nicht selten mit berühmten Jedi-Dynastien, wie der Familie Shan, genannt. So empfand Airen es, dass von ihm Großes verlangt wurde. Und zu Großem war er auch bestimmt, da war er sich sicher. Normalerweise wurden Kinder von Familien, die mit dem Orden verbandelt waren, weitaus früher an die Jedi übergeben, als erst mit fünf. Aber die Zakuul-Herrschaft hatte vieles erschwert. Airen erinnerte sich, wie ein großgewachsener Lasat nach Brentaal IV kam und ihn mit zu einer kleinen Siedlung auf Charra nahm. Dort lebten mehrere Jedi zusammen und dort lernte er das erste Mal aus erster Hand, was die Macht war. Vor fünf Jahren war er dann nach Tython gekommen. Zum Tempel. Kandri hingegen wuchs bis zu ihrem zehnten Lebensjahr auf ihrer Heimatwelt Mikkia auf und wurde dort von einem ithorianischen Jedi entdeckt, der eigentlich seine Vorräte aufstocken wollte. Sie hat noch sehr gute Erinnerungen an das Gespräch zwischen dem Jedi und ihren Eltern, in der Kandri als Hoffnung für die Republik bezeichnet wurde. Sie kam direkt nach Tython und lernte dort, im Clan, Airen kennen. Dass beide nun zeitgleich zu Padawanen ernannt wurden lag auch daran, dass Kandri in den vier Jahren ihrer bisherigen Ausbildung ein hohes Maß an Reife zeigte. Die blauhäutige Mikkianerin mit den tiefvioletten Augen sollte die neue Schülerin von Bastion Martiis werden. Mikkianer verfügten weder über Ohren, noch Haare. Stattdessen entwuchsen dem Kopf mehrere tentakelähnliche Ranken, die als Hörorgane fungierten und so beweglich waren, dass sie zu schweben schienen. Das machte das Flechten eines Padawanzopfes jedoch schwierig. Stattdessen entschied sich die quirlige Jedi dazu, ähnlich wie viele Togruta und Twi’lek, eine kleine Perlenkette an ihrem Haupt zu befestigen.
    „Glaubst du, dass wir sofort nach Ilum aufbrechen, um unsere Kristalle zu finden?“, fragte Airen schließlich eindeutig neugierig, was Kandri dazu wohl dachte. Diese antwortete jedoch gewohnt besserwisserisch.
    „Unsere Meister wollen uns sicher erst einmal vernünftig kennenlernen. Schließlich wurden wir nicht erwählt, sondern zugeordnet. Außerdem findet der Kristall den Jedi, nicht umgekehrt. Und Ilum ist nach wie vor Kriegsgebiet. Ich denke nicht, dass Meister Martiis sich auf eine solche Odyssee einlassen würde.“ - „Hey, Meisterin Marsadi sicherlich auch nicht!“, grätschte Airen ihr ins Wort, „Sie ist bestimmt sehr weise. Und stark! Ich habe von ihren Kriegseinsätzen gelesen. Irre, was sie schon alles erlebt hat!“
    „Das ist kein Wettkampf, Airen.“, entgegnete Kandri mit einem kecken Schmunzeln auf den Lippen, „Und jetzt komm. Die beiden warten sicherlich schon auf uns!“


    Airen und Kandri standen auf, zogen mit geschickten Griffen ihre Tuniken zurecht und warfen sich die Mäntel über, in denen sich die Jedi seit jeher verbargen. Was seltsam war, denn wenn man durch die Ebenen Coruscants, oder durch Aldera wanderte, sah man nur ganz wenige Leute mit solchen Mänteln und dennoch schien nie jemand einen Jedi als solchen zu erkennen. Fast, als kämen sie einem Tarnumhang gleich. Die beiden angehenden Padawane verließen das Quartier, in dem Airen, zusammen mit sieben weiteren Anwärtern untergebracht war. Viel Raum für Persönlichkeit oder Individualisierung war hier nicht. Je zwei Schüler teilten sich ein Etagenbett. Gelernt wurde in Gruppen, sogenannten Clans, gemeinsam mit einem Meister. Airen und Kandri wurden dem Squall-Clan zugeordnet und gemeinsam in der Grundform des Lichtschwertkampfes, dem Shii-Cho, sowie diversen weltlichen, philosophischen und machtzentrierten Feldern geschult. Der Tempel auf Tython bot den Jedi nun schon über ein Vierteljahrhundert eine Zuflucht. Zumindest in den meisten Fällen. Bereits zwei Mal mussten sich die Jedi gegen Eindringlinge zur Wehr setzen - wurden beim zweiten Mal sogar vertrieben und beinahe ausgelöscht. Aber die Jedi kehrten zurück, wie immer, und bauten den Tempel wieder auf. Nun erinnerte nur noch wenig an den Überfall der Zakuul, der sich inzwischen zum zwölften Mal jährte. Airen und Kandri gingen in die große Hall, von wo zwei große Bögen den Weg in die erste Etage wiesen. In Mitten dieser Bögen erblickten sie das riesige, schwebende Dodekaeder, das sofort an ein Jedi-Holocron erinnerte. Das ‚Eye of Zallow‘, benannt zu Ehren von Jedi-Meister Ven Zallow, der beim Sith-Überfall auf Coruscant sein Leben ließ. Airens Blick wanderte durch die Halle und fing eine Vielzahl vom Jedi diverser Spezies auf. Einige unterhielten sich, entweder mit anderen Rittern und Meistern, oder mit ihren Padawanen. Andere studierten Pads, oder gingen hinaus ins Freie. Man merkte nur wenig vom Chaos des Krieges, welches seit einigen Jahren in der Galaxis Einzug hielt und jeden Beteiligten eine gewisse Anspannung aufzwang. Statt jedoch raus zu gehen gingen die beiden Padawane in den Westflügel des Tempels, in eine der zahlreichen Mediationskammern. Der vereinbarte Treffpunkt. Hier, sobald sich die Tür schloss, war es vollkommen still. Lediglich vier rot gepolsterte Sitzgelegenheiten standen zueinander ausgerichtet in der Mitte des Raumes. Pfahles Licht drang durch die Lamellen an den Fenstern. Keine Ablenkungen von außen, damit man sich ungestört auf die Meditation konzentrieren konnte. Doch sie schienen zu früh zu sein. Meisterin Marsadi und Meister Martiis waren noch nicht da.


    „Sind wir auch wirklich im richtigen Raum?“, fragte Airen, der sich zwar sicher war, sich aber gerne nochmal versicherte. Schließlich wusste er, dass auf Kandri immer Verlass war, wenn es darum ging aufmerksam zu sein. Die Frage beantwortete sich jedoch von selbst, als sich die Tür zur Kammer aufschob und zwei Jedi mit strammen Schritten hineinkamen. Er mit schwarzen, langen Haaren und buschigem Rundbart. Sie mit aschblondem Zopf und königsblauen Augen. Airen und Kandri erschraken zeitgleich und wandten sich zur Tür um. Der überraschte Blick der beiden Padawane musterte die hinzugestoßenen Ritter aufmerksam, ehe die Erkenntnis einsetze und man sich hochachtungsvoll verbeugte.
    „Meister!“, entfuhr es beiden gedrückt, voller Demut und eventuell auch etwas Angst. Die beiden Ritter schmunzelten jedoch und schauten sich ein wenig amüsiert an. Dann nickte Skye. „Und ihr müsst Airen und Kandri sein. Schön euch kennenzulernen.“

  • ----- Orbit über Piobant -----


    Mit einem tiefen Wummern verließ das republikanische Schiff der Guardian-Klasse, die Radiant II, den Hyperraum. Die rostrote Lackierung, zusammen mit weissen Insignien, wieß es als leichten Kreuzer des Republican Supervision Corps aus, das sich mit allen interplanetaren Sicherheitsbelangen auseinandersetzen musste. Dies reichte von der Routinekontrolle der Hyperraumknoten im republikanischen Raum, bis hin zur Überprüfung, ob Sicherheitsmaßnahmen privatfinanzierter Unternehmen, die als paramilitärisch einzustufen waren, ordnungsgemäß eingehalten wurden. Als solches war die Radiant II nur leicht bewaffnet und verfügte über minimale Schilde - schließlich handelte es sich beim RSC um eine reine Prüfinstitution, eine Kontrollinstanz. Der Blick aus dem Sichtschirm im geräumigen Cockpit zeigte die grün-gräuliche Welt Piobant mit weitläufigen, blauen Ozeanen. Es gab viele Welten entlang der Rimma-Handelsroute, einige waren ausschließlich bekannt für wirtschaftliche Erzeugnisse. So auch Piobant, wo der größte Abbau an Tibanna-Gas im gesamten Inner Rim zu verzeichnen war. Es gab sogar Zeiten, vorallem die Jahre direkt nach der Zakuul-Herrschaft, in denen nur Bespin mehr Tibanna-Gas förderte und Schiffswerften in der gesamten Galaxis belieferte. Inzwischen unterstand Piobants Wirtschaftssystem fast ausschließlich dem Handelsmagistrat, das das Gas kaufte und in die Kernwelten oder zu Vertragspartnern im Mid und Outer Rim exportierte und gleichzeitig Importgüter, wie landwirtschaftliche Erzeugnisse, Medizin und Technologie einschiffte. Um den Handel so effizient wie möglich zu gestalten, wurde eine dauerhafte Präsenz von Schiffen des Handelsmagsitrats im Orbit von Piobant positioniert. Drei Megaclite-Klasse X-10 schwere Kargofrachter, sowie vier leichte Frigatten der Minbari-Klasse hielten in Formation ihre Position über dem Planeten, von wo aus das Handelsmagistrat ankommende Lieferungen empfing, oder Exportflüge abwickelte. Viel interessanter war jedoch das imposante Mercury-Klasse SCS-4 Droidenkontrollschiff, von wo aus die gesamten Handelsmagistratdroiden auf den Schiffen und auf Piobant gesteuert wurden. Mit einer Seitenlänge von 2150 Metern stach das diamantförmige Konstrukt aus jeder Flotte heraus und war auch in Sachen Feuerkraft nicht zu unterschätzen. Die meisten Schiffe des Magistrats, so auch die Kontrollschiffe, wurden von Flux Industries produziert, deren Geschäftsführerin Jemalla Kirat ebenfalls eine der acht Vorsitzenden des Handelsmagistrats war. Erst vor Kurzem stand sie zweimal im Fokus der medialen Aufmerksamkeit, als ihr Unternehmen zunächst zu Unrecht einer Kooperation mit 'Rembrandt' beschuldigt wurde, nachdem dessen geheime Droidenproduktion auf Sluis Van aufflog - ein Umstand, der sich mitterlweile umgekehrt hatte. Und eine Fehlfunktion, auf einem der Kontrollschiffe, anschließend dafür sorgte, dass die Droiden des Handelsmagistrats die Bevölkerung von Gerrenthum als Geisel nahm. Letzteres sorgte ultimativ dafür, dass ein neues Droidenmodell designt wurde. Auch, um der Kritik des republikanischen Senats zu entfleuchen.


    Im Cockpit der Radiant II saßen Captain Jallo Dangan, sowie die RSC-Inspektoren Alyla Minne und Squill. Letzterer, ein Quarren mit trüben Augen und langen Tentakeln dort, wo eigentlich das Kinn anderer humanoider Spezies war und einem dreieckigen Kopf, forderte den Captain auf einen Kanal zum Kontrollschiff zu öffnen.
    "Hier spricht Inspektor Squill vom Republican Supervision Corps. Wir bitten an Bord kommen zu dürfen, um eine unangemeldete Kontroll der Sicherheitsbestimmungen durchzuführen."
    Eine Antwort blieb zunächst aus. Dabei war Captain Jallo Dangan so garnicht nach warten zumute. Er konnte es kaum erwarten nach Hause, nach Coruscant, zu kommen und seiner langjährigen Ehefrau das Hochzeitstagsgeschenk zu überreichen, für das er schon seit Monaten seine Credits sparte. Eine Halskette mit einem echten, pantoranischen Rubin. Außerdem würde er sich endlich trauen und sie fragen, ob sie bereit für den nächsten Schritt sei. Seit einiger Zeit hegte er bereits den Kinderwunsch, doch hatte er bislang das Gefühl, dass dieser Wunsch nicht erwidert wurde. Zwei Stunden für die Inspektion und nochmal acht für die Rückreise nach Coruscant - jede Chance püntklich zu sein, dachte Jallo sich, der innerlich bereits begann die Minuten zu zählen.


    Mit ernstem Blick betrachtete Jemalla Kirat die stationäre Radiant II, die in Nahaufnahme auf dem Holoschirm abgebildet war. Der Ruf von Inspektor Squill war längst eingegangen und an sie weitergeleitet worden, doch sie gab die Orde keine Antwort zu senden. Noch nicht. Zu groß war das Risiko, dass die Inspektoren die große Anzahl nicht gemeldeter, einsatzbereiter Kampfdroiden an Bord finden könnten, die zur Zeit für die Eroberung Piobants vorbereitet wurden. Innerlich verfluchte sie Lor Muchard dafür, dass er einer zwielichten Person, wie Lord Patavius vertraute. Und sie verfluchte sich selbst dafür, dass sie seiner Aussage, er habe die Kontrolle über die Kontrollinstanzen, auch nur ein Mindestmaß an Vertrauen schenkte. Oder verfolgte er etwa einen größeren Plan, in den sie und die restlichen Vorsitzenden nicht eingeweiht wurde? In diesem Moment schossen viele Gedanken durch Jemallas Kopf. Sollte sie das Risiko eingehen und die Republik tatsächlich das Vorhaben aufdecken lassen nur, um Patavius eins auszuwischen? Oder war ihr ihre eigene Integrität und Karriere wichtiger, als irgendwelche Machtspielchen? Mit einem kräftigen Atemzug füllte sie ihre Lungen mit der künstlich angefeuchteten Raumschiffluft und wandte sich dann an den neimoidianischen Offizier an der taktischen Konsole.
    "Turbolaserbatterie 4 laden. Nehmen Sie die Radiant ins Ziel. Feuer auf mein Befehl.", kam es ohne, dass Jemalla eine weitere Miene verzog. Zu wichtig war es in dieser Situation die eiskalte Fassade aufrecht zu erhalten. Der neimoidianische Offizier jedoch haderte.
    "Aber Vorsitzende..." - "Habe ich mich unklar ausgedrückt? Zerstören Sie die Radiant! Jetzt!"
    Kurz darauf nahmen drei Turbolasergeschütze das rostrote Schiff ins Visier und feuerten strahlend grüne Laserprojektile auf die Radiant II. Bereits nach dem vierten Treffer versagten die Schilde des kleinen Schiffes, welches beim nächsten Treffer explodierte und in abertausende Trümmerteile zerstäubte. Damit wurden auch die Hoffnungen und Träume von Captain Jallo Dangan zerstört. Jemalla hingegen beobachtete das kleine Feuerwerk auf ihrem Holoschirm mit Genugtuung.
    "Geben Sie Lord Patavius Meldung, dass wir die Eroberung vorverlegen." Damit ging sie geraden Schritten durch das Haupttor der Brücke.




    ----- M'haeli -----


    "Der Kristall ist das Herz eines Jedi.", erklärte Skye, die sich gegenüber von Airen, im Cockpit des kleinen Frachters, hingesetzt hatte, "Der Kristall sucht den Jedi, nicht andersherum. Und er ist eine direkte Reflektion deiner Persönlichkeit."
    Airen nickte verstehend. "Ich bin mir sicher, dass ich jede Herausforderung darin meistern werde!", entfuhr es ihm schließlich doch in einem Anflug von Selbstsicherheit. Skye hingegen blickte ihn mit einer steinharten Miene an.
    "Es geht nicht darum zu zeigen wie toll du bist - darum geht es nie. Es geht darum, dass du dich auf das Wesentliche konzentrierst. Dass du dich in die Macht fallen lassen kannst. Die Kristallsuche ist ein wichtiger Bestandteil auf dem Weg ein vollwertiger Jedi zu werden."
    Airens Blick zeigte einen Schimmer Demut. Jede Reise beginnt mit einem Schritt, dachte sich Skye.
    "Ich kann dich nicht begleiten. Das würde deiner Reise die Bedeutung nehmen.", ergänzte sie ihre Gedanken bezüglich Airens erster Mission als Padawan, wenn man es ganz eng nahm. Und in gewisser Weise auch seine erste Reise alleine. Mit nachdenklichem Blick schaute sie ihrem neuen Schützling hinterher, der sich mit eiligem Schritt einen Weg zur Höhle bahnte. Ist er wirklich schon bereit dafür? Was, wenn er sich überschätzt?, fragte sie sich. Schließlich war nicht abzuschätzen welche Gefahren in dieser Höhle auf ihren Padawan warteten. Meister Sintral würde ihn sicherlich ganz anders anpacken. Sie hingegen hatte dank Daerons eher selbstkritischer Persönlichkeit mehr damit zu kämpfen gehabt den Rotschopf aufzubauen, wenn etwas nicht recht nach Plan lief. Und das passierte öfter als gedacht. Skye entschied sich mit Airen nach M'haeli zu reisen, um die Kristallsuche zu vollziehen. Ilum war, wie immer, durch das reiche Kybervorkommen ein begehrtes Ziel des Imperiums und nachwievor Kriegsgebiet. M'haeli hingegen lag noch einige tausend Parsec im republikanischen Raum und somit weit weg vom tobenden Krieg im Mid Rim. Bastion Martiis entschied sich mit Kandri nach Jeddha zu gehen, um dort die Suche zu beginnen. Er befürchtete, ähnlich wie Skye, dass die Freundschaft der beiden Padawane eher hinderlich sein könnte. Nicht selten kam es vor, dass eine Kristallsuche über fünfzehn Stunden dauerte. Einige, wie Skye ihrer Zeit, benötigten sogar mehr als einen ganzen Tag. Sie wollte diese Zeit nutzen, um zu meditieren und so vielleicht einen wagen Einblick in das zu erhalten, was sich die Macht für die beiden bereit hielt.


    Je tiefer Airen in das Innere der Höhle vordrang, desto kühler wurde es. M'haeli zählte generell nicht zu den wärmsten Planeten, doch die Abstinenz von Sonnenstrahlen trug dazu bei, dass Airen bald fror. Das Tropfen von Wasser hallte zwischen den Steinwänden wider. Stellenweise bildeten sich glatte, funkelnde Eisschichten auf den Felsbrocken, sodass Airen sich in ihnen spiegeln konnte. Aber von den glitzernden Kyberkristallen fehlt bislang jede Spur. Airen war sich nicht sicher, wonach der überhaupt die Augen offen halten sollte. Lass dich von deinen Instinkten leiten, legte ihm Skye noch nahe, als sie auf dem Weg nach M'haeli waren. Im Moment rieten seine Instinkte ihm, dass er sich in eine dicke Decke einkuscheln sollte. Es schien, als würde Airen ein totes Ende der eigentlich sehr linearen Höhle erreichen. Nach und nach wurde es dusterer, da das Licht vom Eingang nicht so tief in die Höhle vorzudringen vermochte. Dadurch wurde es zusätzlich schwierig den weiterführenden Weg zu entdecken. Der Padawan musste jedoch feststellen, dass sich die Macht, wie so häufig, selbst einen Weg suchte. Als Airen suchend durch die Dunkelheit tappte, gab unter einem seiner Schritte ein Stein nach. Ohne die Möglichkeit sich festhalten zu können, rutschte Airen eine glatte, eisige Rutsche hinunter. Ähnlich wie zuvor die Tropfen, schallte nun sein Geschrei durch die Höhle und verlor sich daraufhin in einem größeren Hohlraum, in den die Rutsche mündete. Unkontrolliert schlidderte er über den Boden, der von einer leichten Wasserschicht bedeckt war, die seine Tunika sofort durchweichte. Durch einen Spalt in der Decke der hohen Kammer drang ironischerweise das Sonnenlicht herein und erhellte den Raum teilweise. Airen beeilte sich schnell wieder auf die Beine zu kommen und bemerkte erst garnicht, dass er bereits kritisch beobachtet wurde.
    "Du hast es geschafft, mein Freund.", ertönte eine raue, aber herzliche Stimme aus dem Schatten der Höhle. Aus diesem trat ein großgewachsener, grauhaariger Mann hervor. Sein Gesicht wurde von einem prächtigen Vollbart geziert. Die Haare waren lang und zu einem Zopf gebunden. Die Roben ähnelten denen des Jedi-Ordens und das Lichtschwert am Gürtel schien den ersten Eindruck zu bestätigen.
    Airen hingegen war überfordert. Wurde er erwartet? Wieso schien dieser Mann ihn zu kennen? Hektisch blinzelte er ein paar Mal, um sicherzustellen, dass er sich nichts einbildete. Und dennoch konnte er sich nicht sicher sein. Nur mit Mühe bekam er statt Gestammel doch einen geraden Satz heraus.
    "W-Was habe ich geschafft?"
    Der Mann begann zu schmunzeln, gar leicht zu lachen, ehe er mit einer weiten Geste in die Höhle hinein deutete.
    "Hierher zu kommen, natürlich."
    Mit langsamen Schritten ging der stemmige Jedi auf eine Gesteinsformation zu, auf dessen Spitze etwas zu funkelte. Nur einer der begehrten Kyberkristalle. Ausreichend, um den Bau eines Lichtschwertes zu ermöglichen.
    "Seit Jahrhunderten begeben sich Jedi-Lehrlinge in die Kristallhöhlen der Galaxis, um dort von ihrem Kristall gefunden zu werden. Erst dann sei man ein vollwertiger Padawan. Ich selbst habe diese Reise zwölf Mal bewältigt - einmal bei meiner Ernennung und elf weitere mit meinen Schülern zusammen. Und jede war außergewöhnlich." - "Seid... seid Ihr mein... Wegweiser?", setze Airen nach, der noch immer nicht recht einzuordnen vermochte, wer da vor ihm stand. Dieser Gegenüber jedoch lachte erneut.
    "Wenn du möchtest bin ich auch dein Wegweiser. Komm her, mein Freund. Ich möchte dir etwas erklären."
    Irritiert und vorsichtig trat Airen einige Schritte näher an den Mann und die Felsformation heran. Erst auf das eindringliche Winken des Wegweisers in Spe stellte Airen sich genau neben ihn. Er spürte, wie er seine Hand auf Airens Schulter legte. Nicht nur wegen des leichten Kontaktes, sondern wegen der Wärme, die er ausstrahlte. Fast, als wäre er ein wandelnder Taschenwärmer. Airen war von sich überrascht, denn er akzeptierte den Sachverhalt sehr schnell, dass ein fremder Mann scheinbar auf ihn gewartet hatte. In einer kalten Höhle, auf einer von zehntausenden Welten.
    "Dieser Kristall ist ein Unikat und für die Verwendung in einem Lichtschwert bestimmt. Aber niemand hat ihm jemals erklärt, wie er seiner Bestimmung gerecht wird. Dennoch... wird er es schaffen. Nicht wahr, mein Freund?"
    Airen blickte den Mann verwirrt an. Dann nickte er mit einem fragenden Blick. "Mit Sicherheit. Aber... was soll mir das sagen?"
    "Das wirst du noch früh genug herausfinden.", nickte der Mann und deutete auf den kleinen Kristall, "Nimm ihn. Vertraue mir."
    Ein Lächeln setzte sich auf Airens Züge. Mit Samthandschuhen und nur drei Fingern griff er den farblosen Kristall und löste ihn behutsam aus dem Felsen. Er konnte spüren, wie der Kristall von der Macht durchströmt wurde. Das Funkeln im Sonnenlicht spiegelte sich in den braunen Augen von Airen wider. Aus dem Lächeln wurde ein breites, zufriedenes Grinsen. Mein Kristall. Und aus dem farblosen Mineral wurde ein königsblauer Edelstein. Rasch schwenkte sein Blick zurück zu seinem 'Wegweiser'. Dieser war aber nirgendwo zu sehen. Verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Hatte Airen sich doch nur alles eingebildet? Oder hatte er sich schnell aus dem Staub gemacht, um diesen emotionalen Moment nicht zu stören? Airen schluckte und umklammerte den Kristall fest mit seiner linken Hand. Nun... musste er nur noch einen Weg herausfinden.


    Skye wurde vom Klingeln ihres Holokommunikators aus der Meditation gerissen. Es dauerte noch einen Moment, bis sie wieder alle Sinne beisammen hatte und in der Lage war das Gespräch entgegen zu nehmen. Da erschien auch schon die blaue Silhouette von Jedi-Meister Race Halcorr vor ihr. Race war ein dunkelhäutiger, glatzköpfiger Mensch und stammte von Haruun Kal. Er galt, durch seine Weitsicht und seine Einsatzbereitschaft, als ein vielversprechender Anwärter für einen Sitz im neuen Rat der Jedi. Skye hingegen gab wie immer nur sehr wenig auf solcherlei Spekulationen. Sie neigte ihr Haupt, um dem Meister Respekt zu zollen.
    "Meister Halcorr. Was verschafft mir die Ehre?" - "Unglücklicherweise die Pflicht, Skye. Ich weiß, dass du mit deinem Padawan zur Zeit auf M'haeli bist. Leider trifft sich das sehr gut.", erklärte der streng wirkende Jedi-Meister mit erstaunlich weicher Stimme. Skye verengte die Augen, wartete aber ab, bis Race die Situation dargelegt hatte.
    "Vor einem Tag verschwand ein Schiff der RSC. Die Inspektoren an Bord sollten Schiffe es Handelsmagistrats bei Piobant kontrollieren. Du, Skye, und dein Padawan seid am nächsten dran. Findet das Schiff und heraus, was mit ihm passiert ist."
    Skyes Blick wanderte von der kleinen Holofigur ab und fiel etwas leer in das Innere des Schiffes. Ihr Interesse für Politik hielt sich in Grenzen, doch den Streit zwischen dem Senat und dem Handelsmagistrat verfolgte sie durchaus. Jedoch viel mehr, weil sie befürchtete, dass die Republik sich einen weiteren Widersacher heranzüchtete. Für sie kamen die Forderungen des Handelsmagistrats zu plötzlich. Die Bedrohung durch die Piraten bestand schon seit einer Ewigkeit. Zuvor gab es keine vergleichbaren Forderungen des Magistrats, oder anderer Handelsorganisationen, um die Verluste durch Piraten zu reduzieren. Skye hatte das Gefühl, dass mehr dahintersteckte. Aber sie konnte nicht mehr tun, als ihre Bedenken an den Kontaktmann des Senats, Senator Callyn Janos, oder an die Meister des Ordens weiterzugeben. Die Reaktionen fielen dabei stets gemischt aus. Während Race ihren Bedenken Gehör und teilweise sogar Zustimmung schenkte, versicherte Senator Janos ihr, dass das Magistrat nur versuchte im Sinne der Republik zu handeln. Für sie die typische Aussage eines Politikers. Von einem Mann, dem sie nicht weiter traute, als einem Kopfgeldjäger.
    "Ich bin mir nicht sicher, ob Airen schon soweit ist.", räumte sie ihre Bedenken ein, "Er ist zu selbstsicher, ihm fehlt es an Demut, Meister."
    Race nickte wissend. "Der Entschluss des Rates steht. Ich bin mir sicher, dass der Junge sein Potenzial entfalten wird. Da vertraue ich auch in dich, Skye."
    Damit flackerte das kleine Holo, bis Race schließlich verschwand. Ich vertraue dir., wiederholte Skye innerlich. Als wäre sie der doppelte Boden, der Airen auffangen sollte, wenn er es verbockte. Meine erste Mission war diplomatisch und ich durfte die meiste Zeit nur daneben stehen. Bis ich gelernt hatte zuzuhören. Skye schüttelte den Kopf und damit die Gedanken weg. Hier ging es nicht um irgendwelche Vergleiche, sondern um die Erfüllung einer Mission. Sie versuchte das Positive zu sehen - Skye bekam die Möglichkeit Airens Fähigkeiten in einer ungeschönten Situation zu beurteilen. Kurz darauf fiel ihr Blick die Ladeluke hinunter, wo sie ihren Padawan, mit einem erhobenen Kristall in der linken Hand, auf das Schiff zurennen sah. Sie hob eine Augenbraue und blickte auf das Chrono. Elf Stunden.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!