24 NVC - Der weiße Wolf

Prasselnder Regen fiel von den dunklen, graudurchzogenen Wolken am Himmel herunter auf den Durchweichten Boden. Pfützen hatten sich gebildet wo zuvor noch festgetretene Wege fahren. In Strömen lief das Wasser die schrägen und lädierten Hausfassaden ab. Überall bahnte sich das Wasser seinen Weg durch und sickerte durch die feinen Spalte der Felsen hinab in die Höhle.


Hawk murrte, als ihm der Tropfen ins Gesicht fiel und sich über sein verschmutztes Anlitz bahnte. Er wischte sich durchs Gesicht und verschmierte damit nur noch mehr den Dreck, der sich nun verteilte. Er blickte kurz nach oben ehe er den Blick von Skye suchte, die sich nachdenklich auf einem Felsen in der Höhle niedergelassen hatte. Die Ritterin wirkte zermürbt und erschöpft, fast schon niedergeschlagen. Wie sie da hing. Ihr Bein durchgestreckt aber schwingend vom Felsen hinab während das andere unter ihrem Oberschenkel ruhte. Ihr Pferdeschwanz zerpflückt und das Gesicht in den Händen vergraben. Xine, der nur wenige Meter daneben saß und wie in Lethargie auf den Höhlen Ausgang starrte, durch den das Wasser in feinen Strömen hineinlief. Er sah kaum besser aus als Skye, seine Füße waren fest auf dem Boden doch der Körper nach unten gesenkt, die Hände gefalten, stütze er sich mit den Ellenbogen auf den eigenen Oberschenkel ab. Das Gesicht war zerkratzt, die Robe zerschlissen und Schmutz hatte ihn, wie sie alle, bereits befallen. Es war ein besonders anstrengender Tag gewesen, seid sie auf der Flucht waren, ausgestoßen und zurückgelassen in einem Niemandsland. Sie hatten hier, mitten in diesem Dilemma, bereits mehrere Kameraden verloren und jeden Tag verloren sie wieder etwas Land, gaben den nächsten Perimeter auf. Tag für Tag. Stück für Stück. Hawk ballte die Hand zur Faust, irgendetwas mussten sie tun können.


Dann blickten alle auf. Hawk, Illay, Skye und Xine. "Sie kommen", sagte der Jedi, als bereits für alle offensichtlich die Geräusche eines wütenden Mobs hindurchdrangen. In der Ferne erkannte man die Flammen von Fackeln, die selbst durch den mittlerweile starken Regen brannten, als ob sie Böses für immer auszulöschen schworen und niemals ruhen würden. "Was jetzt?", kam es von Hawk doch keiner konnte ihm antworten. "Wollen wir uns jetzt abmetzeln lassen?", kam es energischer von ihm. Doch erneut konnte ihm niemand antworten. Die Hoffnungslosigkeit saß ein und erfasste auch Hawk selbst, der sich seufzend wieder niederließ. So viel Kraft war aufgebraucht worden, so viel wurde verloren und sie hatten nichts erreicht. Keinen Ausweg gefunden, nur das unweigerliche hinausgezögert. "Das war es jetzt also?", Sprach der schweigsame Illay und blickte dabei zuerst zu seinem neuen Captain und dann zu den Jedi. Die Jedi fühlten den Druck und die Schuld, die auf ihren Schultern lastete. Sie sollten einen Weg finden, doch wie wenn es keinen gab. Skye und Xine hatten alles versucht, alles getan und es reichte nicht. Es war schwer sich dem Kreislauf der Demoral zu entziehen. Ein Fehler, ein einziger Fehler hatte alles vernichtet und nun gab es kein entkommen, nur Blut würde sie retten.


Xine erhob seinen Kopf. Erst langsam und dann schlagartig weitete er die Augen. Die Trance erfasste ihn. Es war Erkenntnis, die sich bei ihm hatte eingenistet. Kurz atmete er durch, blickte auf seine Stiefel und nahm dann in Ruhe die Lichtschwerter von seinem Gürtel, legte sie neben sich auf den Felsen. Dann Stand er auf, begleitet von den skeptischen Blicken der Anderen. "Was tust du?", fragte ihn Skye. Der Jedi entledigte sich seiner blauen Robe, faltete sie sorgfältig und legte sie Skye in die zitternden Hände. "Was wird denn das?", zitterte die junge Jedi vor sich hin. Die Sorge war ihr mittlerweile anzusehen und sie klammerte, wollte die Hand des Rotschopfs nicht loslassen, doch dieser zog und riss sich los, dann wendete er sich zu dem durch Wasser getränkten Ausgang.


Xine atmete tief durch, sein Körper löste jede Anspannung und als er den ersten Schritt machte, viel die Sorge und die Angst einem Gefühl der Zuversicht. Aus der Höhle heraus in den strömenden Regen, der sofort sein Haupt erfasste. Das Wasser lief über die Haare durch das Gesicht und der Jedi wurde in ein dunkles Kleid gehüllt. Fassungslos saß Skye mit den Soldaten in der Höhle bis sie Begriff, was gerade passierte und aufstand. Hawk kam ihr zuvor, hielt sie zurück und als sie schreien wollte, hier er ihr den Mund zu so dass nur ein dumpfes Murren hindurch klang. Skye hätte sich befreien können und Hawk hätte sie gehen lassen können, doch sie beide bemerkten, dass sich nur das Unausweichliche war, dass sich bereits angebahnt hatte. Xine schritt voran, über die grauen Felsen in den Schlamm. Er bildete sich in diesem Moment ein, durch die Macht geleitet zu werden. Trance ähnlich mit einer gewissen Zufriedenheit zu sich selbst, begleiteten die verschiedenen Personen aus seiner Vergangenheit den Ritter. Das Rotschopf erinnerte sich, bildete sich die Gesichter von Ohyn, Traskana, Sirkos, Sirali und vielen weiteren, wichtigen Personen ein. Er ging einige Schritte bis die Meute, die auf ihn zukam, sich selbst verlangsamte. Sie wollten Blut sehen und es war ihnen egal welches, solange es über den kargen Stein floss. Xine atmete durch, er blickte nach rechts und spürte die Anwesenheit von Meister Sirkos, er blickte nach links und glaubte an Siralis Präsenz, dann - im Einklang mit seinen Eindrücken - faltete er die Hände hinter den Kopf. Ein Mann mit einer Fackeln und einer Vibroklinge trat aus der mittlerweile stillen Meute hervor. Der Jedi fiel langsam auf die Knie und der Schlamm legte sich auf die Hose. Xine blickte nach oben und dem Schwert entgegen, er streckte die Brust raus, schloss die Augen. Ein Atemzug entfuhr aus dem Körper und mit ihm jegliche Anstrengung oder Zweifel. Für einen Moment herrschte Stille. In Gedanken eine Ewigkeit, genug Zeit um über alle Ereignisse zu philosophieren. In dem leeren gedanklichen Raum gab es allerdings keinen Inhalt zu überdenken. Dort war nur er selbst und so trieb sich ein schmales, aber wahrnehmbares, schmunzeln auf die zerbissenen Lippen. Als er Skyes Schrei vernahm, trieb die Klinge sich in seine Brust.


Der dumpfe Stoß riss den Jedi mit brennenden Schmerzen aus der Ohnmacht. Es klirrte und die lodernde Flamme verkam zu einem Zucken und Aufschrei. Die zwei Imperialen wichen zurück. Vor allem derjenige der seinen Gewehrkolben vorsichtig gegen das Brustbein des gefangenen Jedi gepresst hatte, um zu schauen ob der Rotschopf noch lebte. Xine atmete noch, auch wenn jeder Luftzug von Schmerz durchzogen war. Und er war wach, weitaus wacher als er erwartet hätte. Der Schmerz war unerträglich und er spürte den eisenhaltigen Geschmack der durch das heraustropfende Blut aus seinem Mundraum entstanden war. Der Fänger hatte sich geändert, aber Gefangenschaft blieb Gefangenschaft. Der Traum, aus dem ihm der Imperiale geholt hatte, war real, fühlte sich real an. Es war kein Traum, denn, da war sich der Jedi sicher, es fühlte sich ähnlich zur der Vorahnung auf Haeldra an. Eine dieser wenigen seltenen Vorahnungen, die gleichsam die Angewohnheit hatten, wahr zu werden. Es war ein Hinweis über sein Ende, dass es in Freiheit sein würde.


"Ob Jedi so grausam sind wie die Sith?", Fragte einer der Soldaten den Anderen. "Theoretisch heuchlerischer aber alle diese Machtis sind wahnsinnig", kam es von dem anderen. Xine jauchzte. Die Wachen blickten auf. Der Soldat, der ihm zuvor schon mit dem Kolben touchierte, näherte sich erneut. Xine gab etwas von sich. Ein Murmel, denn zu mehr war er auf Grund seiner Schwäche nicht im Stande. Unverständliches Getuschel zog sich über die trockenen Lippen. Er sammelte seine Kräfte. Erneut ging der Soldat einen Schritt näher.

"Ich werde euch alle töten", kam es dann fest, dunkel und mit letzter Kraft von dem Jedi. Sein Blick, feurig, bindend und durchbohrend. Der Soldat erstarrte und für wenige Augenblicke hielten sie den Augenkontakt. Xine dominierte, der Soldate versuchte die erste Reaktion zu überwinden. Langsam brach er den Kontakt, atmete durch und ging wenige Schritte zurück. Schweiß bildete sich und lief das Gesicht hinab. Nur ein wenig und nur in diesem Moment ehe er sich komplett fing und seine Rolle wieder einnahm. Xine war sich indes sicher, dass er hier nicht sterben würde.