
"Lauf, Lauf!", brüllte das Rothaar den Snivvian an, der sich schnell hinter irgend etwas hinwarf und die Finger über den Kopf schlug. Blasterbolzen flogen durch die Luft, Schweiß ran die Stirn hinab. Binnen von Sekunden zerstörten Explosionen, schweres Atmen und das penetrante Brummen zweier Lichtschwerter die Stille. Xine duckte sich, zog fließend über den Boden. Eine Faust traf den Magen eines Chelnok, die blaue Klinge fand die Brust des Nächsten und zog glühende Kennungen über die Brust. Ein Bolzen kam schneller als erwartet, Xine schrie, hielt sich den Arm, sofort war die Wunde verbrannt und der Jedi wieder im Geschehen. Ein rotes Lichtschwert, die dunkle Seite der Macht, dann das Aufeinandertreffen von Rot und Blau. Beständig und doch unterlegen weichte der Jedi zurück. Immer wieder segelten Blasterbolzen zwischen die zwei Kontrahenten. Xine sah kein Gesicht, nur ein Schemen in Gewand und schon segelte die Nebenhand in den Dreck. Wacker und schweißtreibend wurde er zurückgedrängt. Die Schritte waren schwer, der Atem erschöpft und die Zähne vor Anspannung fast am zerbersten. Noch ein Schuss, erneut zu schnell doch kein Aufschrei nur plötzliche Dunkelheit.
Ein Tropfen fiel auf den Boden. Noch einer. Und noch einer. Es folgten zahlreiche weitere Tropfen, die von einem undichten Rohr in der Decke hinab auf die Wasserlache fielen, die sich in der hinteren dunklen Ecke des kühlen Raumes gebildet hatte. Kaum nennenswertes Licht schien durch die Tür am anderen Ende hindurch und erzeugte nur eine Anmutung der Raumkulisse. Gerade genug, um die Hände vor den eigenen Augen sehen zu können. Die Geräusche von Rascheln zogen sich durch den Raum, als der Gefangene – welcher an Ketten von der Decke baumelte – langsam wieder zu Bewusstsein kam und sich reflexartig leichten Bewegungsschüben ergab. Das Rothaar murrte und versuchte Herr über seine Sinne und seinen Körper zu werden. Seine Haut fühlte sich taub und seine Gliedmaßen schwer an. Der Schädel brummte und allein der Versuch die Macht zu benutzen, ließ die Übelkeit in seinem Hals hinaufsteigen. Xine befand sich in einem Zustand der zwischen „Wach“ und „Schlafen“ einzuordnen gewesen wäre und sich beständig zu wechseln schien. Feuchte Tropfen liefen aus der Nase und der Jedi zog sie immer wieder mit einer angestrengten Miene hinauf, dabei das typische Geräusch dafür von sich gebend. Langsam öffnete er den Mund, atmete die kalte Luft ein und ächzte in die Stille hinein. Ganz vorsichtig bewegte er den Kopf umher, begutachtete seine Zelle und gliederte langsam die Ereignisse aneinander. Über die nackte Haut des Oberkörpers breitete sich die Feuchtigkeit aus, auf die sich ebenso sofort die Kälte stürzte. Seine Zehen berührten immer mal wieder den Boden und zwar derart leicht, dass es fast schon kitzelte. Ein abstraktes und verwirrendes Gefühl.
Weißes Licht strahlte von der Tür direkt in das Gesicht des Jedi und unterbrach dabei alle Gedanken. Lediglich brennender Schmerz, der sich tief in die Augenhöhlen trieb, erfüllte das Gesicht des Rothaars. Die Tür hatte sich geöffnet und jemand trat mit langsamen aber äußerst festen Schritten in den Raum hinein. Xine blinzelte dem Schemen entgegen und nachdem sich die Tür geschlossen hatte, entzündete sich die Deckenbeleuchtung, dabei den Raum in vollkommenes weiß tauchend. Mit einem Stöhnen schloss der Jedi die Augen und wendete den Kopf ab. Der plötzliche Lichtwechsel überforderte den Ritter und so liefen einige wenige Tränen das Gesicht hinab. Erneut klimperten die Ketten an denen der Mensch hing, als er sich des Schmerzes wegen wand. Der pulsierende Schmerz war unangenehm, zog sich vom Rücken, über die Schulterblätter zum Nacken hinauf, ziehend fast schon zerreißend. Jegliche Gegenwehr war nicht nur nutzlos, sondern noch vollkommen unmöglich, viel zu erschöpft fühlte er sich in der derzeitigen Situation.
„Kennst du den Kampf der zwei Wölfe?“, ertönte die tiefe, feste Stimme eines Mannes in den Ohren des Jedi, der sofort seine restliche Aufmerksamkeit auf das Schemen warf. Zu seiner benebelten Überraschung blickte Xine in ein Spiegelbild mit grünen Augen. Der Blick allerdings, bot eine Mischung aus Abscheu und Mitleid. Mitleid, dass nicht seiner Situation, sondern ihm selbst gewidmet war. Der Jedi bildete sich ein, dass er gerade bewertet, sondiert und für bemitleidenswert empfunden wurde. „Der Eine ist böse, voller Hass, Arroganz und Neid und der Andere...der Andere ist das Licht. Gesegnet mit Liebe, Zuneigung und Empathie. Rate welcher von beiden ich bin.“, kam es von dem zweiten Rothaar im Raum, welches die Regungen nur zu gerne sehr genau musterte, sich aber an eine deutliche Distanz hielt und mit verschränkten Armen sowie dem feinen, ordentlichen Offiziersanzug den Eindruck eines empathielosen Snobs verdeutlichte.
„...das kann nicht sein“, purzelte es aus dem Jedi langsam und undeutlich heraus, der die Situation kaum erfassen und interpretieren konnte.
„Tatsächlich kann es sein und ich bin durchaus real. Du bist auch nicht tot, sollte das die nächste Frage sein, die du hättest stellen wollen. Ich würde zwar gerne behaupten, dass es schön ist dich zu sehen, wenn wir aber ehrlich sind, gibst du gerade keinen sehr beneidenswerten Jedi ab.“, Enix pausierte.
„Kannst du dir denn vorstellen, was passiert ist oder wieso du hier bist?“, fragte der Sith mit entspannter und analytischer Stimme, dessen dunkle Präsenz Xine nun spüren konnte. "Ich...spreche...nicht...mit... Sith", gab Xine in Bruchstücken und mit längeren Atempausen von sich. Der Speichel lief ihm an den Mundwinkeln in Tropfen heraus und die Augenlider flackerte unter den schmerzhaften Licht.
"...wie schlagfertig", quittierte der Sith die Aussage mit vollkommener sarkastischer Tonlage.
"Euer Doktor, so rätselhaft er war, hat ebenso versucht bloß kein Wort mit einem bösen bösen Sith zu wechseln". Xine schloss die Augen länger und versuchte sich zu konzentrieren, was ihm Stück für Stück immer besser gelang. Aus einer Flut an Eindrücken in einem reißenden Sturm wurde lediglich ein Sturm und langsam ein ruhiges Gewässer doch jeder Schritt in Richtung Bewusstsein trieb den pochenden Schmerz in die Höhe. Der Jedi peinigte sich, seine Wahrnehmung zu schärfen und dabei nicht durch die Hitze in seinen Gliedmaßen aufzuschreien.
"Wach bleiben", befahl der Sith und untermauerte seine Aussage mit einer eindrucksvollen Backpfeife mit dem Handrücken, die das schon taube Gesicht impulsartig traf.
"Wehe dir, dass du..." - "Zu wenig, zu spät. Spar dir also deine leeren Drohungen. Dr. Traskana hat mir bereits erzählt was ich wissen musste, andernfalls wärst du nicht hier", unterbrach Enix seinen Bruder. Die Ketten klimperten als Xine daran riss. Der Frust aufgrund der Hilflosigkeit keimte auf, zu wenig um etwas zu bewegen, zu viel um passiv zu verharren. Der Sith blickte die Ketten hinauf und seufzte mitleidig über die Unfähigkeit des Jedi sich der Situation zu ergeben. Xine runzelte die Stirn hilflos, fast schon quiekend kam es aus dem Ritter heraus.
"Die Sith Enix? Du bist ein verfluchter Sith?". Genüsslich und in vollkommener Ruhe schloss der Angesprochene die Augen und setzte wenige Schritte zurück. Die Hände verschränkte er vor die Arme und begann langsam auf und ab zu laufen. "Naaaaa endlich. Ich hatte schon angenommen, dass du dich gar nicht mehr dafür interessieren würdest was aus mir geworden ist. Du hast es ja ziemlich lange durchgehalten mit so ungefähr 28 Jahren voller Desinteresse", begegnete Enix - der Situation zum Trotz - Xine mit der Leichtigkeit eines Kindes während der Gefangene einen Moment des Verschnaufens nutzte.
"...es geht hier lediglich um deine verletzen Gefühle? Enix, ich bin ein Jedi!", fauchte Xine mit einer Mischung aus Amüsement und Unverständnis zurück. Der Sith blieb stehen, blickte auf die kahlen Wände des kühlen Raumes. Seine Stimme wurde kalt, unnahbar und tief.
"Und was begründet diese Aussage? Erzähl es mir.", blickte Enix dann schleichend langsam zu seinem Bruder dem er nur ein schmerzhaftes Seufzen voller Müdigkeit entlocken konnte.
"Jedi haben keine Bindung zu ihren Verwandten...nur so können wir unsere Pflicht tun...die dunkle Seite von uns fern halten", erklärte sich der Jedi und spürte wie sein Bewusstsein erstarkte und er das Gefühl über seine Gliedmaßen wiedererlangte dabei immer mehr verwirrt darüber, weshalb er in diese Situation gelangt war. Die Sorge um Traskana und Skye flutete seinen Kopf und es wurde schwerer sich der Präsenz, die von Enix unausweichlich ausging, zu entziehen.
"Welche Pflicht hat ein Jedi denn so?", hakte Enix naiv nach sich vollkommen bewusst welcher Grundlagen sich die Jedi unterworfen hatten. Er wendete sich langsam um. "Welche Pflicht, Xine?". "Den Frieden zu wahren", begegnete der Jedi dem Sith mit Stolz und Zuversicht, wenn auch zumindest die Zuversicht gespielt war. Der Sith wandte sich zu seinem Gefangenen und löste die Verschränkung der Arme.
"Frieden? Ehrbares Ziel, aber du machst einen miesen Job. Ich war, wo du warst. Hörte, was du sagtest und sah was du getan hattest. Und weißt du was? Ich hab keinen Frieden gesehen, nur noch mehr Tod und Zerstörung.", Enix kam immer wieder wenige Schritte näher und Xine vermied es dem Sith in die Augen zu sehen, starrte stattdessen auf die Wand.
"Haeldra? Hm? Du hast es durch dein Einmischen geschafft, dass Zakuul den Planeten sogar dreimal angreift. Dort existiert kein Leben mehr.
Empress Teta? Wie viele haben den Angriff überlebt, den du verhindern wolltest? Null, oder? Null, Xine. Ich hab mich informiert und ich kann immer weiter machen.
Die Jagd des Schakals, die Toten auf Nelvaan, die republikanische Soldatin geht sicher auch auf dein Konto und dann Forthan", zählte Enix erbarmungslos auf und bediente sich dabei seiner Finger um jeden Punkt einzeln aufzuführen. Seine Stimme veränderte sich und klang nicht mehr leicht, sondern schwer und vorwurfsvoll fast schon erdrückend. Mit Erfolg, denn die Worte gingen nicht spurlos an dem Ritter vorbei. Schnell geriet die Frage woher der Sith die Informationen hatte in den Hintergrund und die Schuldfrage trat hervor eben jene Schuldfrage, jenes Versagen dass er nur allzu deutlich bereits verspürte.
"Forthan war anders" - "Inwieweit?" - "Wir wollten Freiheit bringen..." - "...und brachtet dennoch nur Chaos und Zerstörung, denn so sieht es momentan auf dem Planeten aus. Die Zakuul sind fort, dafür regieren jetzt geistliche Fanatiker.", beendete der Sith sein hartes und wenig schonende Fazit. Erneut trat er reserviert einige Schritte zurück und überließ Xine seiner gedanklichen Selbstgeißelung, die er durch den gesenkten Kopf, den abgewandten Blick und die verzogene Mimik vermutete. Der Ritter wurde so schnell von einer Person, die ihm derart fremd war, in der er eigentlich nur Böses sah, mit seinen eigenen Fehlern konfrontiert. Im Inneren des Jedi rasten die Gedanken umher, für den Moment war der reale Schmerz vergessen und die Empfindungen und Fehlschläge der letzten Monate hämmerten an den Verstand. Der Jedi war genau da, wo der Sith ihn hatte haben wollen, um ihm den letzten Dolchstoß zu verpassen.
"Als du gegangen bist, mussten wir fliehen. Ich musste stehlen, wurde geschnappt, entführt und kam zu den Sith. Alles nur deshalb, weil du ja ein Jedi werden wolltest", konfrontierte Enix seinen Bruder, der nur hilflos und in Gedanken versunken zu ihm blickte. "Ich war ein Kind", versuchte der Jedi irgendeine Form von Widerstand zu wirken, den ihm sein Kopf allerdings effektiv verwehrte. Bilder der Toten gingen ihm durch seinen Kopf und die verarbeitet geglaubten Emotionen entfalteten sich vollends im Jedi-Ritter.
"Es war nicht meine Entscheidung", verteidigte sich Xine.
"Ich hatte keine Wahl", stellte das Rothaar fest.
"Auch nicht, zurückzukehren?“, pausierte der Sith. „Was treibt dich denn an, Xine?", bohrte Enix unweigerlich nach um nicht nur die Psyche weiter zu quälen, sondern seinem Bruder auch mehr Informationen zu entlocken. Xine, allerdings, schwieg mit gequälten und gleichzeitig leerem Blick vor sich hin. Er blickte langsam umher. Der Sith ging einige Schritte an seinen Bruder heran und versuchte die Mimik seines Gefangenen zu deuten. Langsam kniff er die Augen zusammen, während Xine versuchte seinem Blick auszuweichen.
"...du weißt es nicht, oder? ...du hast keine Ahnung", stellte der Sith überrascht fest. Er blickte den Jedi für einige Sekunden an, sortierte seine eigenen Gedanken, um dieses überraschende Fazit zu verarbeiten. Langsam sank der Kopf von Enix und er blickte zum Boden ehe er mit langsamen Schritten in Richtung der Tür ging, keinen Blick zurückwerfend. Er versank seine Hände in den Manteltaschen und ließ das Licht erlöschen, so dass es sofort wieder dunkel in dem Raum wurde.
"Wer...wer gewinnt", erklang Xines Stimme in der vollkommenen Dunkelheit. Sein Ton vibrierte, zitterte und zeigte nur allzu gut, wie mental belastend er das Gespräch empfand.
"Von den Wölfen. Wer gewinnt?"
"Der, den du fütterst", beantwortete Enix und überließ Xine seinen Gedanken.