24 NVC - Hey du, Jedi

Gelb, Rot und Grau jagten wahnwitzig aneinander vorbei. Zischend, nahezu ohrenbetäubend pfeifend, ertönte der Hall energiegeladener Triebwerke. Der feste Ruck brach die harmonische Formation und ein kurzer Moment des Chaos offenbarte, dass diese Perfektion keinesfalls stabil war. Huttische Flüche wurden gegenseitig ausgetauscht ohne dass doch nur eines seinen Weg zu dem Anderen finden würde. Wut stieg auf und zerkochte so schnell, wie sie gekommen war. Ein fast fataler, ewig gefühlter Moment, löste sich binnen weniger Augenblicke wieder auf. Von hier unten, in der Nähe des Vergnügungssektors, bekam man nichts davon mit. Eine perfekte Symphonie der verschiedener Gleiterbahnen erstreckte sich über den Himmel hinaus, so dass dieser winzige Ausbruch nicht mehr als ein Blinzeln andauerte.


Der fade Blick wollte sich nur widerwillig von der hypnotischen Wirkung des fernen Himmels lösen und sich den Reizen der nahen, unmittelbaren Realität widmen. Mit langsamen Schritten eröffneten die tiefen Bassklänge und das Neonfarbene Licht nur einen winzigen Einblick in die vermeintlich endlosen Möglichkeiten, die jeden erwarten sollten, der sich ihnen hingeben wollte. Es war unverständlich, welche magnetische Wirkung diese Gebiete auf die Bewohner hatten, doch so unverständlich es war, fühlte auch er sich dort immer wieder. Keine Anziehung, kein offensichtlicher Grund, aber jeder Besuch des Planeten führte unmittelbar immer wieder in diesen Sektor. So hatte wohl dieser Ort auch eine Anziehung auf ihn selbst, so schwer er sich auch tat dies vollends zu akzeptieren. Mit jedem Schritt durch die einladende Promenade, empfingen die Lokalitäten ihre Gäste offenherziger, schnell ließ man die ersten Geschäfte hinter sich, es folgten unzählige weitere. Man nahm den verheerenden Unfall eines Swoop-Bike wahr, in waghalsigen Geschwindigkeiten rasten Pod-Renner auf Malastare um eine Menge Geld, das Grüne war schneller als das Blaue, Getränke gab es zum halben Preis und bei all dem Geruch von süßen Leckereien wurde man überhäuft von Eindrücken, politischen Aussagen und unterschwellige Beeinflussungen. Nach fünf Minuten hatte man mehr über Sport gelernt, als man je wissen wollte. Hatte einen Hunger auf Dinge entwickelt, die man zuvor nicht kannte und war von mehr Leuten entdeckt worden, als man erahnen wollte.


Leben pulsierte zwischen den Reklametafeln nicht, es brannte förmlich in wildschlagenden Flammen und entzündete jeden, der sich traute nur einen Schritt näher zu treten. Nach all der Kriege und der Toten, nach all den Verlusten, Ängsten und Schwierigkeiten, hatte nichts davon diesen Ort erschüttert. In nostalgischer, monotoner Unwichtigkeit konsumierten alle Anwesenden weiter ohne auch nur einen Gedanken zu verschwenden. Eben diese besondere Anziehung und diese hypnotisierende Wirkung der absoluten Isolation von der harten Realität, machte diesen Ort so attraktiv. Er atmete mit tiefen Lungen ein und zog die süßen Gerüche durch die Nase in das tiefste Innere. Selbst surreales Leben konnte sich entspannend anfühlen und bestärken. Hätte das Lichtpanel bereits seit Minuten in sein Gesicht geschienen, hätte er wohl gar nicht bemerkt wie eine Stimme daraus rief. „Jedi, hey Jedi“, warf die Tafel über die Promenade hinweg. Für einige Sekunden mussten sich seine Ohren erst an dieses Geräusch gewöhnen, so tosend wie die anderen Eindrücke alles überlagerten. „Hey Jedi! Ja, genau du!“, sprach die Tafel in die Menge hinein. Fast fühlte es sich wie eine Dauerschleife an, eine Werbemaßnahme und ebenso wurde sie behandelt. Fotos, Aufnahmen, ein kurzes Lachen. Er schaute sich fragend um, ob denn jemand auf diese Aufforderung reagierten wollte. Ein aufkommenden Lichtstrahl blendete ihm ins Gesicht und nachdem er sich Augen gerieben hatte, war er sich nicht sicher ob er gerade jemand hatte laufen gesehen oder dies nur eine optische Täuschung war.


Das Rothaar hatte die Augen weit aufgerissen und presste sich gegen die Wand der kleinen Nebenstraße. Sein Herz bebte vor Aufregung, überrumpelt von der derzeitigen Situation. Er schaute sich kurz um, ob er beobachtet wurde, ehe die in der Nebenstraße befindlichen Tafel umschalteten und einen Chor aus synchron sprechenden Digitalstimmen bildeten. „Hey,…Jedi…kommt her…na los“, ertönte es in Richtung des Rothaars, dass sich gewiss war, gemeint zu sein. Hurtig platzierte sich Xine vor den Monitor. Ein zischendes „Was?“, entfuhr seinen Lippen. „Ihr schuldet mir noch einen oder zwei Gefallen. Ich fordere nun einen ein“, kam es bewusst dominant und herrschend von der Tafel. „Hier!?“, gab der Ritter entrüstet zurück dabei nur wenig Rücksicht darauf nehmend, wie paradox das Gespräch mit der Tafel wirken mochte. Noch ehe die Lippen, die letzten Worte gesagt hatten, blinkte auf der Tafel eine Anschrift auf inklusiver der Anweisung sich dorthin zu geben und das dortige Comlink aufzunehmen. Langsam hob sich eine skeptische Augenbraue und Xine wollte etwas sagen, wurde dennoch kurz darauf von der typischen Werbung für Energiegetränke in unverhältnismäßig hoher Lautstärke angebrüllt. Der Jedi erstarrte vor Schreck und bewegte sich dann in kurzen Schritten von der Werbetafel weg. Er hatte binnen von wenigen Sekunden bereut jemandem einen Gefallen zu schulden.