22 NVC - In Gedenken

Ein lauer Wind blies durch die Kronen der Bäume hindurch, trug die
rötlichen Blätter hinfort, verteilte sie über das Land. Das rote
Haar und die Robe wurden aufgewirbelt, als der Wind zu einem
zweiten Stoß ansetzte. Einzig eine schmale Kerze mit ihrer fackelnden Krone hielt stand. Sie verbog sich, sie krümmte sich nur
um sich erneut aufzurichten und weiterhin standhaft zu bleiben. Verflossener Wachs zeigte die Spuren der Bemühungen, wilde und unstrukturierte Linien.

"Alles stirbt, doch lebt in Macht
weiter."

Die Gedenkfeier war verheerend auf seine eigene absurde Weise. Sich erneut mit den Vergangenen auseinander zu setzen
und ihren Taten noch eine Wertigkeit geben zu müssen, war schmerzhaft. Es kostete viele Mühen durch die Vergangenheit zu
reisen und abzuwägen welcher Verlust nun auf einen Stein geschrieben gehörte. Je schwerer die Auswahl fiel, desto mehr stellte Xine fest,
dass der Krieg mehr als nur Leben nahm sondern auch Hoffnung, Prinzipien und schlussendlich den Willen verschlang. Das Ergebnis der
Bemühungen war Siralis Name auf einem unförmigen Stein. Mit kühlen Augen fixierte Xine die wärmende Flamme der kleinen Kerze.

"Wir sind heute nicht hier, um zu trauern..."

Und doch kam er nicht herum trauernde Gedanken sein eigen nennen zu dürfen. Sirali
war ein Teil seines Lebens gewesen und auch wenn es immer wieder Tiefen in der sanften Melodie gab, so waren es gemeinsame Tiefen. Die
Macht war nur ein minderer Trost, denn Sirali würde diese Einsicht nichts bringen. Sie war fort und ihre Geschichte damit zu Ende. Ihre
Geschichte, die Teil seiner war.

"Über 900 Jahre lang haben Jedi bereits in dieser Enklave gelebt und gelernt und nun ist
es an uns, diese Tradition mit Respekt und Stolz weiter zu führen.

Schwer wiegten die Augenlider, die sich langsam über die Augen legten und die Sicht des Jedi in eine tiefe Schwärze
tränkten. Der Wind umspielte die Gesichtszüge und glich einer sanften, beruhigenden Berührung. Er dachte viel über sich nach,
über sein Leben, seine Taten und seine Zukunft. Was so erbarmungslos egozentrisch klang war etwas, dass nicht nur Jedi sondern jedes
andere Individuum von Zeit zu Zeit tat. Sie blickten nach hinten, nutzen ihr jetziges Wissen um den Weg vor ihnen zu verstehen. Wege
einzelner kreuzten sich, verwoben sich zu neuen Geschichten und trennten sich erneut. Die Galaxie war ein gigantisches Netz an
einzelnen Geschichten zusammengefasst in einem Buch. Doch gar zu minimalistisch war der Anteil jedes Einzelnen. Immer zu reflektierten
sie um zu erkennen welche Geschichte ihr Leben schrieb.

"Worte und Erinnerungen haben Kraft und auch wenn jene, die unser Selbst auf
ihrer Reise berührten, nun eins mit der Macht sind, werden sie uns nie vollständig verlassen."

Es pulsierte, tief im Inneren seines Herzens. Der Wunsch zu behaupten, dass die eigene
Geschichte von Verlust geprägt war. Doch so stark der Wunsch war, so klar war auch die Erkenntnis, dass es stets jemanden gab, der noch
mehr Verlust erlitten hatte. Mehr Schmerz ertrug, als der junge Ritter jemals ertragen hatte. Xine trauerte den Geschichten nach,
nicht nur derer die vergangen waren sondern auch derer, die er vermutlich nie wieder sehen würde. Seine Geschichte war kein Verlust
sondern eine abstruse Balance. Ein stetiges Auf und Ab von Freunden, Feinden und Fremden.

"Bilder mögen verblassen, Erinnerungen uns trügen, doch die Momente, in denen sie unser Leben geprägt haben, werden immer weiter bestehen."

Der junge Ritter hielt es nur für wünschenswert wenn mehr Freunde an seine Seite gestanden hätten als Steine im Kreis lagen.