31 NVC - Der Kampf geht weiter

In den dunklen Gängen war die Stille bereits eingekehrt. Das rege Treiben verlagerte sich nach innen und wurde zunehmend zu einem ruhigen Schlummern. Kleine, metallische Beine tapsten zunächst den Flur entlang. Mit einem fließenden Zischen öffnete sich die Tür der dunklen und finsteren Schlafkammer, in die nur wenig fades Licht aus den reduziert beleuchteten Fluren des Tempels auf Tython hineinschien. Die kleine bipedale Droideneinheit beobachtete für eine Sekunde das Dunkle vor ihr, ehe sie sich tapfer und blindlings hineinbegab. Der kleine Körper verschwand als bald in dem Dunklen Nichts und zurückblieb das metallische Klackern der Füße, die auf den Boden hämmerten. Ein gewagter Sprung und dann ein Wackeln auf dem Tisch, welches in einem lauten Droidenpieps und einem heftigen Wumms auf dem Boden endete.


Der rothaarige Ritter wies mit der Hand über die Schaltfläche und ließ den Raum in Licht erstrahlen. Er selbst stand in der Tür an den Türrahmen gelehnt, einen Rucksack über der Schulter, ein Datapad in der Hand und das müde Gesicht mit einem leichten Schmunzeln belegt, welches selbst durch den Bart zu erkennen war. „Das mit den Restlichtrezeptoren klappe wunderbar, ich seh schon.“, spottete der Jedi gnadenlos und schüttelte dabei das Haupt so fassungslos wie auch amüsiert. Xine trat in sein Ritterzimmer hinein und ließ den ledernen Rucksack auf das Bett fallen, ehe er sich zum Schreibtisch begab, der am anderen Ende des Zimmers stand.


Sein zugeteiltes Zimmer war karg, was nicht sehr verwunderlich war, auch nicht, dass keinerlei persönliche Habseligkeiten zu finden waren. Immerhin war dies nicht sein Zimmer. Nach etwas mehr als 4 Jahren Funkstille, war niemand so wirklich auf seine Ankunft vorbereitet. Sein Fehler, er hatte auch niemandem Bescheid gegeben. Viel mehr hat er – und das sogar ganz bewusst – niemandem Bescheid gegeben, sondern stand vor wenigen Stunden unvermittelt auf der orbitalen Fußmatte der Raumstation. PD-1 piepte verzweifelt, hampelte umher und kam nicht so wirklich zurecht, seit er hinter den Schreibtisch gefallen war. Xine marschierte zum Schreibtisch, legte das Pad in die Mitte und lugte über die hintere Tischkante. Es war ein Streich von Alter, Gesundheit und Zynik zugleich, als die Luft gepresst und angestrengt aus ihm herauskam, nur weil er sich mit der Hand auf dem Tisch abstütze und hinübersah. Der kleine Droide war verkehrt herum auf seinem überdimensionierten Kopf gelandet und hatte Schwierigkeiten darin Halt zu finden. Ein weiches, väterliches Grinsen zog sich die Wangen fast bis zu den Augen hoch. Xine wedelte mit der Hand und ließ die Macht durch seinen Körper strömen, um den Droiden hochzuheben und auf den Tisch zu setzen. PD-1 konterte mit wildem, nervösem Piepen. „Entspann dich, ja? Ich mach das schon ein paar Tage“. Nachdem der Droide wieder auf dem Tisch Platz gefunden hatte, ließ sich der Jedi in voller Montur auf den Stuhl fallen. Entnervt legte er den Kopf in den Nacken und ließ die Luft gepresst aus den Lungen entweichen. Augenblicklich verließ jegliche Spannung den Körper und die Arme des Rothaares baumelten an den Seiten hinab. Das Auge des Jedi starrte Löcher in die Decke.


Da saßen sie nun. Der Empfang war herzlich, mit einer netten Begrüßung und Geleit zu den gläsernen Fahrstühlen durch die man – sobald es aufwärts ging - das ganze Foyer aus der Vogelperspektive sehen konnte. Die Büroräume waren modern, zeitgemäß, offen und voller vieler Holopanels geschmückt, auf denen die eine oder andere nützliche, wie auch potenziell unnützliche Information stand. Das Personal war bis dato ordentlich gekleidet, Anzug, Kleid, irgendetwas dazwischen, auf jeden ernstzunehmend, professionell. Und es wurde telefoniert, viel telefoniert. In Kabinen, am Platz und in Besprechungsräumen mit anderen Gleichgesinnten. Doch jetzt, jetzt saßen sie hier. Er und dieser Trandoshaner. In diesem viel zu großen Raum, mit viel zu großen Fenstern, an einem viel zu großen Tisch. Der Trandoshaner, Agent Sscorn, hatte wenigstens die Gastfreundschaft bewiesen sich zu dem Jedi ans Eck zu setzen und die Wahl des überdimensionierten Raums nicht noch unangenehmer zu gestalten.

„Z.E.R.A?“ – „Richtig, Zentraler Ermittlungsdienst republikanischer Abteilung. Wir bieten eine einheitliche organisatorischer Struktur, in der wir polizeiliche Kräfte und Informationen nach Bedarf zusammenziehen und verwalten können. Unser Ziel ist die überbehördliche Vernetzung zur Vermeidung oder Verfolgung von Straftaten“, erläuterte der Trandoshaner ruhig und mit blubbiger Stimme, ehe er eine Zigarette aus der Jackeninnentasche zog, sie gemächlich zwischen die Lippen presste und ansteckte. Der Rauch zog aus dem Glimmstängel in die Lungen des Agenten hinein und der toxische Rauch fuhr durch die Nasenlöcher des langgezogenen Gesichts wieder hinaus.


Xine hatte eine Millionen Gedanken. Zum einen hatte er noch nie einen Trandoshaner rauchen gesehen und war über diesen Umstand, sowie das Ereignis sehr fasziniert. Zum anderen fragte er sich penetrant wo denn das „d“ für „Dienst“ in Z.E.R.A vorkam und ob sie nicht vielmehr Z.Ed.R.A heißen sollten. Der Jedi wedelte mit der Hand vor sein Gesicht und vertrieb die Gedanken. Für seinen Gesprächspartner mochte das Rothaar vielleicht etwas verwirrt wirken. Agent Sscorn hingegen wirkte nahezu tiefenentspannt. Vor dem gut gekleideten Trandoshaner mit der Zigarette zwischen den Lippen, lag ein Datapad über das er mit seinen schuppigen Fingern hin und her wischte. Xine merkte, dass Sscorn bemerkte, dass Xine bemerkte, dass Sscorn ihn nur etwas warten ließ. Sscorn hob daher also den Kopf und blickte mit seinen Augen den Jedi nahezu fordernd bohrend an.


„Und, wieso habt Ihr mich eingeladen? Die Jedi unterstehen prinzipiell erstmal dem Orden und der wiederum mehr oder minder der Republik.“, hakte der Jedi kurzerhand nach. Sscorn tippte die Asche der Zigarette in einen Becher und schnalzte die lange Zunge. „Die Jedi und die Republik haben schon immer Seite an Seite Verbrechen bekämpft, Fälle gelöst und ermittelt. Die Z.E.R.A-Initiative wurde vor rund 30 Jahren ins Leben gerufen, als die Sith Coruscant überfielen. Wie ihr wisst, war das eine schwere Zeit für euren Orden und die Hilfe, die wir von euresgleichen benötigten, nur schwer zu bündeln. Es war nicht selbstverständlich, dass ein Jedi anwesend war. Und seit der Zakuul-Invasion hat sich die Lage nicht wirklich…naja“, er zögerte. „Ich glaube ihr wisst das am besten“, führte der Trandoshaner aus. Xine bemerkte wie Agent Sscorn zu keinem Zeitpunkt die mahnende Ernsthaftigkeit in der Stimme verlor und das Gefühl vermittelte, als ob er selbst bei allem persönlich beteiligt gewesen sei.

„Das hat meine Frage nicht beantwortet“, entgegnete der Jedi und fuhr die Augenbrauen zusammen. Sein Sitz war gefestigt, die Füße auf dem Boden zementiert und der Körper leicht nach vorne gebeugt.

„Da war diese Sache auf Metellos…“, fing Sscorn dann endlich an zur Sache zu kommen.


Ein kurzes Piepen, folgte zwei längeren Piepstönen. PD-1 stand auf dem Schreibtisch, am Kopfende des Datapads, über die die Finger des Jedi hoch und runter glitten. Mittlerweile hatte Xine sich seiner Reisekleidung entledigt und saß nun barfuß und nur leicht mit einer Tunika bedeckt, vor dem Schreibtisch. Seinen Zopf hatte er gelöst und das lange rote Haar hing zur Seite, während er seine rechte Faust in seinem Gesicht vergrub. „Ich weiß noch nicht, wie ich dazu stehen soll. Z.E.R.A, klingt ausgedacht“, monierte der Jedi-Ritter. PD-1 piepste zustimmend und skeptisch. Xine ließ von dem Datapad ab, atmete aus und verschränkte die Hände hinter den Kopf. Seine Mundwinkel verzogen sich und er blinzelte durch das Fenster nach draußen.


„Eine was, soll ich leiten?“, fragte der Ritter irritiert und überrascht nach. „Eine Z.E.R.A-Unit. Genau genommen die 14. Auf Coruscant. ZERA-Unit ‚C-Nen‘“, entgegnete Sccorn und ließ die Fantasie des Ritters damit allein, dass das C wohl für Coruscant stand. „Eingängig“, quittierte der Ritter die Beschreibung. „Ihr bildet eine weitere operative, autonome Einheit, dessen Aufgabe es ist Straftaten zu ahnden oder zu verhindern. Zu diesem Zweck besteht jede Unit aus mindestens einem Vertrauten der lokalen Polizeibehörde – in dem Fall die CSF –, einem SID-Kontakt sowie nach Möglichkeit einem Jedi, in diesem Fall wärt ihr das.“, führte Sscorn die Erklärung durch.


„Und in euren Units gibt es auch andere Mitglieder meines Ordens?“ – „Wenn eure Frage lautet, ob ihr die erste Person seid, die ich frage, dann nein. Es gibt noch mehr Units, nicht immer mit Jedi besetzt, aber eure wäre nur eine von einigen“


„Ihr sagtet autonom. Wie kann ich mir das vorstellen bezüglich der Strafverfolgung?“ –


„Meister Jedi, es besteht keine Sorge, dass es an Fällen mangelt. Die Behörden sind zweifelsohne überlastet und für jede Hilfe dankbar. Vertut euch allerdings nicht. Nach Möglichkeit werden euch die Inhalte zugewiesen für die das Personal, die Expertise oder schlicht die Kontakte fehlen. Die Alternative ist eure eigene Intuition. Wenn ihr selbst etwas auf der Spur seid, verfolgt es und schaut wohin es euch führt. Letzteres sollte euch ja bekanntlich Gefallen und ist auch genau der Grund, weshalb ich euch danach frage“, beendete der Trandoshaner den Schlagabtausch.


Xine schwieg. Sscorn schwieg. Einige Minuten verblieben sie in der Haltung, ehe der Trandoshaner die Stille aufbrach und sein Datapad über den zu großen Tisch zu dem Jedi hinüber schon. „Euer erster Fall“ blubberte der Agent und hinterließ einen irritierten Xine, der bereits in Abwehrhaltung auf seinem Stuhl saß und finster dreinblickte. „Ich hab noch nicht geantwortet“, entgegnete der Jedi. Sscorn schmunzelte, soweit das für einen Trandoshaner möglich war. „Ich bin zwar kein Jedi, aber wir beide wissen, dass ihr dies bereits getan habt“.


„Keessona Pal, 21 Standardjahre alt, nicht in Coruscant geboren, scheint hier aber wohnhaft zu sein. Auch…wenn niemand weiß wo“, kontemplierte der rothaarige Jedi. Er saß im Lotussitz auf dem Boden. PD-1 hatte es sich bereits vor Stunden auf dem Bett gemütlich gemacht und sparte Energie, während der Jedi-Ritter mittlerweile drei Pads vor sich liegen hatte und wild Informationen durchwühlte. So richtig war er sich nicht sicher, wieso er tat was er tat und warum Agent Sscorn ihm diesen Fall gegeben hatte, also suchte er nach allem, was irgendwie weiterhalf. Xine scrollte auf dem linken Pad nach oben, tippte mehrfach darauf und wendete sich dem rechten Pad zu auf dem er etwas mit dem mittleren verglich. Der Kopf schnellte hin und her. Dann blieb er steif sitzen.


„Beim heiligen Dreibeinigen“, entfuhr es ihm überlaut, so dass PD-1 seinen Ruhemodus beendete und aufgeschreckt piepte.


„Sie war machtsensitiv“.