21 NVC - Ein Makel unter vielen

Schüsse ertönten im Hall. Xine legte den Kopf nach links. Schweiß ran seine Stirn über die Wange hinab. Er hatte die Augen fest verschlossen und sein Gesicht war verzehrt vor Schmerz und ekel, wie immer wenn er von Alpträumen heimgesucht wurde. Krampfhaft krallten sich seine Finger in das Netz der Hängematte. Ein weiteres Mal legte er den Kopf auf die andere Seite. Explosionen, Schutt, Asche und Schreie schallten im Traum durch den Kopf des Ritters. Er träumte erneut von den Toten und Vergessenen, erneut von seinen Fehlern und Sünden. Augenblicklich lösten sich seine Finger aus dem Netz und er begann ruhig zu atmen.


"...wie oft sucht ihr mich noch heim?", formte der Ritter fast lautlos und erschöpft seine Lippen. Die Augenlider waren schwer und es benötigte etwas Zeit und Kraft diese zu heben. Seine Augen blickten in eine tiefe Dunkelheit in der er nur schwer Umrisse aus machen konnte. Er zog die Luft durch die Nase ein und vernahm den Geruch von abgestandenem Droidenöl und dieser besonderen Gier die einzigartig für Theexl war. Die rechte Hand wanderte zur Stirn um den Schweiß abzutragen während er sich aufsetzte und den Augen Zeit gab sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.


Schon wieder führten ihn seine Träume nach Haeldra und schon wieder konfrontierten sie ihn mit Schuld und Hoffnungslosigkeit. Xine spürte wie Missmut und Schmerz seinen Körper erfüllte. Sein Herzschlag war heute besonders kräftig zu spüren und so senkte er den Kopf, legte seine Hand auf die Brust und lauschte für einige Sekunden.


"Ruhig...ganz ruhig", flüsterte er sich selbst zu. Vor einigen Jahren hätte er sich solche schwachen Momente nicht eingestanden. Viel mehr hätte er sie direkt gekontert doch mittlerweile war vieles anders und er lauschte lieber diesen schwachen Momenten als ihnen entgegen zu streben. Er hob den Kopf an, mittlerweile hatten die Augen es geschafft zumindest klare Umrisse der Umgebung zu zeichnen. Sofort fiel sein Blick auf den Staubmantel der über den Stuhl gelehnt war. Die Macht ging von ihm aus und rief den Ritter zu sich. Zweifellos waren es die Kristalle zu denen er sich verbunden fühlte.


Xine grub die Hände in das Netz, stützte sich ab und beförderte die müden Füße auf den kalten Boden. Auf Zehenspitzen doch aufrechtem Gang bewegte er sich zwischen den Droiden zu dem Mantel um aus den Innentaschen beide Lichtschwerter hervor zu bringen. Die beiden Waffen in der Hand zu halten erzeugte ein Gefühl von Vertrautheit doch ebenso Unbehagen. Schon lange hatte er sie nicht mehr im Einsatz gehabt, vermutlich würden sie nicht mal mehr richtig funktionieren, dachte er sich.


Wenige Sekunden vergingen und dem Gedanken folgte ein zweiter Gedanke, der den Ritter animierte den Kopf zu schütteln. Sie würden schon funktionieren wenn ihre Zeit gekommen war, dachte er sich. Während seine Augen die Griffe der Klingen musterten, gelangten seine Gedanken unweigerlich zu der jungen Twi'lek Padawan woraufhin er seicht schmunzelte und das traurige Gesicht mit etwas Freude füllte.


Sie hatte alles versucht um ihn von der Enklave fernzuhalten selbst wenn dies bedeutet hätte sich vollkommen lächerlich zu machen. Ihre Methoden waren zwar lustig aber ineffektiv doch vielmehr hatte ihr Selbstbewusstsein und ihr Pflichtgefühl imponiert. Xine musste sich tatsächlich eingestehen, dass er in diesem kurzen Moment doch sehr stolz auf die Padawan war obwohl sie sich zuvor noch nie gesehen hatten. Es war dieses Pflichtgefühl dass er schätze und bei manchen Rittern und Meistern immer noch als fehlend ansah, doch wie solle er selbst urteilen können. In seiner momentanen Verfassung war er niemand, dem er selbst vertrauen würde. Wie sollten dann andere Wesen ihm vertrauen oder auf ihn bauen?


Xine legte die Schwerter wieder zurück an ihren Platz und schlich über den kahlen Boden mit nackten Füßen aus der Droidenwerkstatt zum Arbeitsbereich von Theexl. Zahlreiche Datapads waren unordentlich auf dem Tisch gestapelt. Xine lehnte sich an den Türrahmen und fokussierte den Blick. Er hatte Theexl heute sprechen hören, über einen anderen Händler der wohl Verstärkung durch eine Mirialanerin bekommen hatte. Ganz zum Ärgernis von Theexl war diese sogar wohl noch ausgesprochen bewandert in ihrem Tun. Ein Makel an der Person Noah Arcus, welchen Theexl bereits ausführlich aufgezeigt hatte. Xine interessierte sich nicht für Theexls Geschäfte oder die Beleidigungen doch er traute dem Rodianer viele Dinge zu, ebenso dass er seinem Konkurrenten doch erhebliche Schwierigkeiten machen würde. Noch war sich der Ritter nicht sicher ob er eingreifen wollte und wenn er dies täte, wie er es tarnen sollte.


Angestrengt presste der Mann die Luft aus den Lungen über die Lippen hinaus und wendete sich wieder ab, sein Weg führte ihn zurück zu seiner Hängematte auf der er den Körper wieder ablegte. Die Träume wurden mittlerweile intensiver und anstrengender, das hatte Xine mittlerweile bemerken müssen. Der Schlaf fehlte und wirkte nicht mehr so erfrischend wie noch vor einigen Wochen. Kurz streifte ihn der Gedanke, dass es mit den fehlenden Meditationen zusammen hängen würde doch der Gedanke verflog so schnell wie er gekommen war.


Der Ritter legte sich in die Matte und schloss die Augen. Er atmete schwer durch und dachte erneut an die Opfer von Haeldra, an Sirali und auch an Adrasteya, die er schon seit mehr als vier Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ob es ihr gut geht? Ob sie eine neue Heimat gefunden hat? Je mehr Fragen sich Xine stellte, desto mehr spürte er wie viel Schmerz noch darauf wartete entdeckt zu werden. Er beließ es bei den heutigen Eindrücken und versuchte zu schlafen. So sehr er den Jedi treu blieb und der Macht dienen wollte, so sehr fühlte er sich von der Macht entfernt. Noch nie hatte er sich so weit von der Macht entfernt gefühlt wie in letzter Zeit.