18 NVC - Das Unerwartete

Das Rauschen des Wasserfalls war wie eine Welle, die durch jegliche Konzentration brechen konnte. Es war prägnant, penetrant und laut doch es war auch eben konstant.

Diese dauerhafte Frequenz, die das Ohr auf verschiedene Weise beschallte konnte auch beruhigend wirken. In einem reißenden Fluss aus Gedanken war der Wasserfall das konstante Nadelöhr in dem jeder Wirbel, jede Wendung sich der Schwerkraft ergeben musste. Mit der Zeit konnte das Rauschen in den Hintergrund treten und übrig blieben vollkommene Ruhe und Harmonie.


Der Kopf des jungen Menschen hob sich und die Augen blickten in die Ferne. Mit einem Pfeifen rauschte der heiße Wind an ihm vorbei und ließ die weiße Leinenkleidung erzittern.


Vor zwei Tagen hatten sie Morwena bei einer Mission zurückgelassen. Zakuul griff an und ohne das Xine es selbst wusste sprang man spontan in den Hyperraum. Natürlich war es seine Schuld, denn seine Befehle waren missverständlich doch man ließ Morwena in ihrem Jäger zurück, bei den Zakuul. Zuerst dachte der Ritter, dass er alles im Griff hatte, dass er die jetzige katastrophale Situation noch etwas drehen könnte so dass man entkam. Zwar hätte dies Verluste nach sich gezogen aber er wollte an das Limit gehen und nur die Verluste erzeugen, die notwendig waren, die unvermeidbar waren. Als die Hammerhead in den Hyperraum sprang war es wie ein kalte Schauer, der ihm durch den Körper fuhr. Eigentlich wollte er, dass die Jäger noch in den Hangar kamen, eigentlich wollte er die Staffel noch zurückholen aber als sich die Sterne zu Linien verzogen war eben dieser Plan vernichtet worden und man selbst im Blindsprung. 120 Sekunden später war man mitten im nirgendwo und hatte neben den zahlreichen Verlusten auch einfach die gesamte Jägerstaffel zurückgelassen. Der Mensch fühlte sich furchtbar, wie ein Verräter und Feigling. Schuldzuweisungen prallten im Sekundentakt auf den Menschen ein und sein Geist arbeitete auf Höchstleistung. Am Ende hatte er damit gekämpft und verarbeitet. Zumindest war er so weit damit durch, dass er nicht mehr darüber aktiv nachdachte. Für ihn waren diese Handlungen nun mehr mit der logischen Konsequenz verbunden. Irgendjemand würde fragen und dann würde er sich dem stellen. Irgendjemand konnte der Ansicht seien, dass er sie verraten hatte und auch dem musste er sich stellen. Ebenso müsste er sich Ritter Torn stellen, wenn er ihm berichten müsste wie Morwena verloren ging, unter welchen Umständen und unter welcher Verantwortung. Ritter Torn war immer noch der Mentor von Morwena und es erfüllte den jungen Menschen mit Scham seine Pflicht doch in einem solchen Fehlschlag wieder zu finden.


Mit beiden Händen griff Xine nach der Felsbrüstung und hob sich herauf. Der Wasserfall verteilte einen seichten Sprühnebel den der junge Ritter herzlich willkommen hieß. Er breitete die Arme aus und ließ sich von dem kühlen Nebel treffen.


Nicht mal ganz einen Tag nach Morwenas Verschwinden orderte Xine eine Defender. Gestern waren sie aufgebrochen und hatten Morwena gesucht. Kria, Minuial und er. So viel passierte und erneut ging so viel schief. Immer wieder traf man auf Zakuul und immer wieder offenbarte sich die immense Gewalt dieses Gegners. Ohne Minuial wären sie alle bei der Macht. Ohne Kria vermutlich auch. Sein Handeln schien für ihn das einzig überflüssige gewesen zu sein. Eine Illusion seines Geistes auf den Fehlschlag, dass man Morwena nicht finden konnte. Statt Morwena traf man auf eine neue Zakuul-Einheit. Wahnsinnig talentiert in der Macht und vor allem auf Zukunftsvisionen beschränkt.


"Wo ihr es nicht erwartet."


Die Lippen wiederholten stumm die gehörten Worte. Der Zakuul-Machtanwender hat in seiner rätselhaften, illusionären Art behauptet, dass Morwena an einem Ort sei, denn sie nicht erwarteten. Auf die Frage wann sie Morwena finden würden war die Antwort "Vermutlich nie". Überraschenderweise war es kein Schock der ihn traf. Zwei Dinge schossen ihm durch den Kopf, die da waren, dass der Zakuul lügen konnte um sie fernzuhalten. Das Andere war, dass es vielleicht eben das war. Vielleicht waren sie einfach nicht diejenigen, die Morwena finden sollten. Vielleicht hatte die Macht andere Pläne oder vielleicht hatte Morwena andere Pläne.


Zeigefinge und Mittelfinger rieben zuerst das linke und dann das rechte Auge.


Morwena war momentan sehr oft in seinen Gedanken und nicht nur weil sie verschollen war. Wohin sollte es mit ihr weitergehen? Gab es ein weitergehen? Gab es eine Zukunft? Eine Möglichkeit? Lag diese Möglichkeit in ihm für sie? Als Morwena ihn fragte ob er sie lehren wollte, war er glücklich und vewirrt. Er kam nicht rum sich so zu fühlen als ob es mehr eine Ausweichoption war. Die Option die man wählte, wenn alles andere einfach nicht grad verfügbar war. Die Frage platze aus ihm raus und trotz der Antwort, fühlte es sich nicht zufriedenstellend an. Die Frage blieb, sie blieb auf der Avalon und sie blieb jetzt. Wohin? Warum? Was?


Der Ritter setzte sich hin und faltete die Hände in dne Schoss. Angenehm fühlte sich der Schleier aus Wassernebel an und so schloss er die Augen mit einem leichten Lächeln.


Die Geräusche der Macht fühlten sich uneindeutig an. Zakuul, Morwena, Helfen. Alles war vernetzt, verbunden und doch unterschiedlich. Wieder war er vor einer Hürde in seinem Voranschreiten gekommen. Eine Entscheidung, die ihn definierte. Den Weg und den Geist.


"...etwas, was ich nicht erwarte."